Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 08.01.2007

OVG NRW: verwaltungsverfahren, untätigkeitsklage, vorverfahren, anwaltskosten, kostenregelung, vollzug, kompetenz, erlass, bestandteil, form

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 E 1328/06
Datum:
08.01.2007
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 E 1328/06
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Düsseldorf, 19 K 8253/04
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht
erhoben werden.
G r ü n d e :
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
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Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist zwar isoliert mit der Beschwerde
anfechtbar, weil § 158 Abs. 1 VwGO nur die Kostengrundentscheidung betrifft, nicht
aber die Kostenfestsetzung.
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Vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 162 Rdnr. 119.
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Die Beschwerde mit dem sinngemäßen Antrag,
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unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die vorprozessuale Zuziehung
eines Bevollmächtigten für notwendig zu erklären und festzustellen, dass die durch die
Inanspruchnahme des Bevollmächtigten dem Kläger vorprozessual entstandenen
Kosten im Rahmen der Kostenfestsetzung erstattungsfähig sind,
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ist jedoch - sofern die Regelung des § 146 Abs. 3 VwGO über den Beschwerdewert
nicht bereits der Zulässigkeit entgegensteht - nicht begründet, weil auch im Lichte des
Beschwerdevorbringens nicht vom Vorliegen einer ausreichenden Rechtsgrundlage für
die Erstattungsfähigkeit der anwaltlichen Kosten im gerichtlichen Verfahren auszugehen
ist, die wegen einer nach dem Vorbringen des Klägers nicht in der Frist des § 75 VwGO
erfolgten Behördenentscheidung vor Erhebung der Untätigkeitsklage entstanden sind.
Namentlich kommt eine entsprechende Anwendung des für das - insoweit hier nicht
vorliegende - Vorverfahren im Sinne der § 68 ff. VwGO geltenden § 162 Abs. 2 Satz 2
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VwGO nicht in Betracht. Die Vorschrift ist einer analogen Anwendung auf das außerhalb
des förmlichen Widerspruchsverfahren liegende Verwaltungsverfahren nicht zugänglich.
Vgl. im einzelnen: VGH Mannheim, Beschluss vom 27. Juni 2006 - 11 S 2613/05 -, NJW
2006, 2937.
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Wenn der Gesetzgeber in Ansehung des § 75 VwGO keine Regelung getroffen hat,
nach der die auf die Vorbereitung der Untätigkeitsklage entfallenden Anwaltskosten
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- anders als solche des behördlichen Ausgangsverfahrens - im Gerichtsverfahren
erstattet werden können, kann auch insoweit nicht von einer planwidrigen Gesetzes-
lücke die Rede sein. Darüber helfen auch die von der Beschwerde angestellten
Billigkeitserwägungen nicht hinweg. Auch im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG -
wird eine anwaltliche Tätigkeit im Vorfeld einer Untätigkeitsklage nicht von der
Beratung, der Begutachtung, der Vertretung und der Prüfung der Erfolgsaussichten
eines Rechtsmittels im übrigen vorprozessualen Verwaltungsverfahren unterschieden.
Es bleibt einem Kläger zudem unbenommen, den durch eine grundlose Verzögerung
einer Behörde entstandenen Schaden in Form von Anwaltskosten im Wege der
Amtshaftungsklage geltend zu machen.
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Vgl. dazu den vom Kläger angeführten Beschluss des BGH vom 25. Oktober 1990 - III
ZR 167/89 -, NVwZ 1991, 298.
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Die vereinfachte Erstattung der Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes in dem
einer Untätigkeitsklage vorangegangenen Verwaltungsverfahren ist hingegen
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- soweit kein Vorverfahren im Sinne der §§ 68 ff. VwGO durchgeführt worden ist -
ausgeschlossen.
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So auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 8. Oktober 1996 - 5 S 1345/96 -,
NVwZ-RR 1998, 402.
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Gegen eine entsprechende Anwendung des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO spricht im
Übrigen, dass eine Kostenregelung dieses Inhalts von der Gesetzgebungskompetenz
des Bundes nicht gedeckt wäre. Denn zumindest für Verwaltungsverfahren im Vollzug
von Landesrecht würde dem Bund die Kompetenz zum Erlass von - als Bestandteil des
Verwaltungsverfahrens anzusehenden - Kostenregelungen fehlen. Das gilt auch für das
einer Untätigkeitsklage vorgelagerte Verwaltungsverfahren. Nur hinsichtlich der Kosten
des Vorverfahrens im Sinne von §§ 68 ff. VwGO greift diese Einschränkung nicht, weil
das Vorverfahren Zulässigkeitsvoraussetzung des gerichtlichen Verfahrens und damit
diese Kostenregelung von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs.
1 Nr. 1 GG gedeckt ist.
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Vgl. zu diesem Aspekt: OVG NRW, Beschluss vom 6. September 2001 - 21 E 626/01 -,
NVwZ-RR 2002, 317.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 VwGO.
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Der Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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