Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 24.06.1998

OVG NRW (höhe, 1995, kag, berechnung, de lege ferenda, verwaltungsgericht, kläger, stadt, anschaffungswert, betrag)

Oberverwaltungsgericht NRW, 9 A 1925/98
Datum:
24.06.1998
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
9. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 A 1925/98
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 13 K 5876/95
Tenor:
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des
Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks H. straße 42 in G. , das an die städtischen
Einrichtungen der Abwasserbeseitigung und der Straßenreinigung angeschlossen ist.
Mit Heranziehungsbescheid über Grundbesitzabgaben vom 21. Januar 1995 zog der
Beklagte den Kläger für das genannte Grundstück und das Jahr 1995 unter anderem zu
Entwässerungsgebühren und Straßenreinigungsgebühren heran; wegen der
Berechnung im einzelnen wird auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides Bezug
genommen.
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Nach erfolglosem Vorverfahren hat der Kläger hiergegen Klage erhoben und im
wesentlichen eine Überhöhung der Gebührensätze geltend gemacht.
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Der Kläger hat beantragt,
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den Grundbesitzabgabenbescheid vom 21. Januar 1995 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides vom 4. August 1995 hinsichtlich der Schmutzwasser-,
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Niederschlagswasser- und Straßenreinigungsgebühren aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er ist der Auffassung gewesen, daß die den maßgeblichen Gebührensatzungen und
damit der Gebührenerhebung zugrundeliegenden Kalkulationen den gesetzlichen
Anforderungen entsprächen.
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Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Zur
Begründung hat es im wesentlichen folgendes ausgeführt: Die Berechnung der
kalkulatorischen Zinsen mit einem Nominalzinssatz auf der Grundlage des
Anschaffungswertes i.V.m. der hier gegebenen Abschreibung auf der Grundlage von
Wiederbeschaffungszeitwerten sei unzulässig. Wegen der fraglos bestehenden
Interdependenz kalkulatorischer Abschreibungen und Zinsen dürften diese Kostenarten
nicht isoliert, sondern müßten gemeinsam betrachtet werden. Wenn man akzeptiere,
daß es Ziel einer Gebührenkalkulation sein müsse, die dauerhafte Betriebsfähigkeit der
öffentlichen Einrichtung sicherzustellen, wobei der Gemeinde durch die in einen
eigenen Betrieb getätigten Investitionen auf Dauer weder ein Nutzen entstehen noch ein
solcher entzogen werden dürfe, und weiterhin die Methoden der Investitionsrechnung in
Blick nehme, so führe die gebotene gemeinsame Betrachtungsweise zu der Erkenntnis,
daß man prinzipiell nur dann zu einer widerspruchsfreien Lösung gelange, wenn man -
alternativ - eines der folgenden Kalkulationsverfahren anwende: Kalkulatorische
Abschreibungen auf der Grundlage von Anschaffungswerten bei einer kalkulatorischen
Nominalverzinsung des jeweiligen Restkapitals auf Anschaffungswertbasis
(Anschaffungswertmodell = Nominalzinsmethode) oder kalkulatorische Abschreibungen
auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten bei einer kalkulatorischen
Realverzinsung des jeweiligen Restkapitals auf Wiederbeschaffungszeitwertbasis
(Wiederbeschaffungszeitwertmodell = Realzinsmethode). Da hier ein Nominalzinssatz
gewählt worden sei, könnten die Abschreibungen nur noch auf der Grundlage des
Anschaffungswertes und nicht, wie vorliegend erfolgt, auf
Wiederbeschaffungszeitwertbasis vorgenommen werden. Lege man bei den
Entwässerungsgebühren als Abschreibungsbasis den Anschaffungswert zugrunde,
ergebe sich eine Überdeckung von 9,8 %, die weit über der von dem Berufungsgericht
für richtig gehaltenen Erheblichkeitsgrenze von 3 % liege. Bei dem hier gebotenen
Anschaffungswertmodell werde allerdings ein Inflationsausgleich für das zuschuß- und
beitragsfinanzierte Kapital nicht erwirtschaftet. Selbst wenn man aber zum Ausgleich zu
den ansatzfähigen kalkulatorischen Kosten einen Inflationsausgleich in Höhe von
anzunehmenden 4 % des Abzugskapitals hinzurechne, der bei einem Nominalzinssatz
von 8 % gerechtfertigt sein dürfe, wäre die Erheblichkeitsgrenze bei einer sich dann
ergebenden Überdeckung von ca. 6,9 % ebenfalls deutlich überschritten. Zu
beanstanden sei des weiteren, daß in dem Anschaffungsrestwert als Basis für die
Berechnung der kalkulatorischen Zinsen auch "im Bau befindliche Anlagen" mit einem
Kostenansatz berücksichtigt worden seien, die in dem Veranlagungszeitraum (1995)
noch nicht Bestandteil der Einrichtung Abwasserbeseitigung gewesen seien. Im übrigen
bestünden Bedenken gegen die in der Gebührenbedarfsberechnung angesetzten
Kosten für die "Fortführung des Kanalkatasters". Nach Auffassung der Kammer könnten
diese Kosten als Aufwendungen für immaterielle Vermögensgegenstände oder
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nicht als Betriebskosten in dem Jahr angesetzt
werden, in dem sie anfielen, sondern seien beim Ansatz von Abschreibungen zu
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berücksichtigen. Die schon unabhängig von den beiden vorgenannten Gründen
aufgrund der fehlerhaften Methodik überhöhten Gebührensätze würden auch nicht durch
die zwischenzeitlich vorgelegte Betriebsabrechnung gerechtfertigt. Nach den
Berechnungen des Beklagten ergäben sich bei der Anwendung des
Anschaffungswertmodells Gesamtkosten von 65.534.750,-- DM. Demgegenüber seien
jedoch Gebühreneinnahmen in Höhe von 72.105.273,-- DM erzielt worden. Damit liege -
auch bei Hinzurechnung eines Inflationsausgleiches in Höhe von 4 % des
Abzugskapitals (= 1.793.184,-- DM) - eine beachtliche Überdeckung vor.
Entsprechendes gelte im Ergebnis auch für die Heranziehung zu den
Straßenreinigungsgebühren. Auch insoweit sei bei dem fehlerhaften Ansatz der
Abschreibungen nach dem Wiederbeschaffungszeitwert ein Betrag von 153.172,-- DM
zu viel angesetzt worden. Unter Berücksichtigung des Stadtanteils von 25 % hätte sich
daraus ein um 114.879,-- DM geringerer Gebührenbedarf ergeben, was zu einem
niedrigeren Gebührensatz geführt hätte. Auf eine Erheblichkeit der Kostenüberdeckung
komme es bei den Straßenreinigungsgebühren nicht an. Die hiernach überhöhten
Gebührensätze würden auch nicht durch die Betriebsabrechnung gerechtfertigt.
Hiernach ergäben sich bei Ansatz der Abschreibungen nach Anschaffungswerten
tatsächliche Gesamtkosten in Höhe von 13.130.368,-- DM, denen Gebühreneinnahmen
in Höhe von 13.143.753,-- DM gegenüberstünden, die zu einer Überdeckung von
13.385,-- DM führten.
Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Berufung des
Beklagten, zu deren Begründung er im wesentlichen folgendes vorträgt: Die nach
Auffassung des Verwaltungsgerichts bestehende Interdependenz kalkulatorischer
Abschreibungen und Zinsen werde bisher nur im Schrifttum und fast ausschließlich nur
bezüglich kommunaler Benutzungsgebühren vertreten. Es sei aber keineswegs so, daß
generell in der Betriebswirtschaftslehre im Hinblick auf allgemeine Wirtschaftsbetriebe
diese Interdependenz festgestellt werde. Auch das Kalkulationsverfahren, das die Stadt
G. angewendet habe, werde von betriebswirtschaftlichen Lehrmeinungen vertreten. Dies
habe das Berufungsgericht mit seinem Urteil vom 19. Mai 1998 im Verfahren 9 A
5709/97 festgestellt. Solange aber mehrere betriebswirtschaftliche Meinungen
existierten, hätten die Gemeinden und damit auch die Stadt G. ein Wahlrecht zwischen
den bestehenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Soweit vereinzelt auch für die
kalkulatorischen Kosten allgemeiner Wirtschaftsbetriebe die Interdependenzlehre
vertreten werde, brauche die Stadt G. dem daher nicht zu folgen. Die angebliche
Interdependenz widerspreche im übrigen auch der unterschiedlichen Funktion von
Abschreibung und Zinsen. Solle die Abschreibung den Wertverzehr des Anlagegutes
erfassen und dadurch ermöglichen, daß stets die für die Leistung erforderliche Anlage
zur Verfügung stehen könne, so sollten die Zinsen entgelten, daß infolge der
Kapitalbindung in der Anlage Fremdkapital für diese oder andere Anlagen eingesetzt
und verzinst oder auf eine verzinsliche Anlage des Eigenkapitals verzichtet werden
müsse. Diesen unterschiedlichen Funktionen trage die Rechtsprechung des
Berufungsgerichts Rechnung. Hierbei komme es zwar zwangsläufig dazu, daß die
Geldentwertung doppelt erfaßt werde, dies sei jedoch wegen der unterschiedlichen
Funktion von Abschreibung und Verzinsung erforderlich und werde durch die
Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes nicht ausgeschlossen. Vielmehr räume §
6 Abs. 2 Satz 2 des Kommunalabgabengesetzes den Gemeinden eine angemessene
Verzinsung ein. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien die Kosten für
die Fortführung des Kanalkatasters als Betriebskosten ansatzfähig. Soweit das
Verwaltungsgericht bei den Straßenreinigungsgebühren auf der Grundlage der
Betriebsabrechnung eine Überdeckung von mehr als 75 % festgestellt habe, sei dies
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unzutreffend. Der Deckungsgrad betrage lediglich 74,86% und liege daher noch
innerhalb des durch § 3 Abs. 1 Satz 3 des Straßenreinigungsgesetzes gezogenen
Rahmens von 75 %.
Der Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
12
Der Kläger beantragt,
13
die Berufung zurückzuweisen.
14
Er beharrt auf seinem Rechtsstandpunkt und schließt sich im übrigen der Auffassung
des Verwaltungsgerichts an.
15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, des hierzu beigezogenen
Verwaltungsvorgangs des Beklagten und der zum Verfahren 9 A 1926/98 beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die sämtlich zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.
16
Entscheidungsgründe:
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Die zugelassene Berufung des Beklagten ist begründet.
18
Der Grundbesitzabgabenbescheid des Beklagten vom 21. Januar 1995 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 4. August 1995 ist rechtmäßig und verletzt den
Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), soweit darin
Straßenreinigungsgebühren und Entwässerungsgebühren (Schmutzwasser- und
Niederschlagswassergebühren) festgesetzt worden sind.
19
Rechtsgrundlage der angefochtenen Erhebung der Straßenreinigungsgebühren sind die
§§ 1, 4 bis 8 der Straßenreinigungs- und Gebührensatzung der Stadt G. vom 16. Juli
1986 i.d.F. der 8. Änderungssatzung vom 23. Dezember 1994 (SGS).
20
Die genannten Regelungen sind formell gültiges Satzungsrecht und auch in materiell-
rechtlicher Hinsicht unbedenklich.
21
Insbesondere liegt ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1
Satz 3 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG) i. V.
m. § 3 Abs. 1 Satz 3 des Straßenreinigungsgesetzes NW (StrReinG NW) nicht vor.
Kosten, die ihrer Art nach gemäß § 6 Abs. 2 KAG nicht hätten angesetzt werden dürfen,
sind in der Gebührenbedarfsberechnung nicht enthalten; insbesondere sind die nicht
ansatzfähigen Kosten für die Papierkorbentleerung (600.000,-- DM),
22
vgl. zur Unzulässigkeit dieses Kostenansatzes im Rahmen der
Straßenreinigungsgebühren: OVG NW, Urteil vom 30. März 1990 - 9 A 987/88 -,
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bei der Ermittlung des Gebührensatzes nicht berücksichtigt worden.
24
Die einzelnen Kostenpositionen sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden; dies
25
gilt insbesondere für die Methode der Berechnung der kalkulatorischen Kosten
(Abschreibungen und Zinsen).
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sind kalkulatorische Zinsen auf der
Grundlage von Anschaffungswerten i.V.m. einem Nominalzins auch dann nach § 6 Abs.
2 Satz 2 1. Halbsatz i.V.m. § 6 Abs. 1 KAG zulässig, wenn die kalkulatorischen
Abschreibungen, wie hier, auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten
berechnet werden.
26
Auf welcher Basis die kalkulatorische Verzinsung berechnet wird, ergibt sich in
Ermangelung sonstiger eindeutiger gesetzlicher Vorgaben ausschließlich aus § 6 Abs.
2 Satz 1 KAG.
27
Vgl. OVG NW, Urteil vom 5. August 1994 - 9 A 1248/92 -, GemH 1994, 233 (238).
28
Hiernach sind Kosten i.S.d. § 6 Abs. 1 KAG die nach betriebswirtschaftlichen
Grundsätzen ansatzfähigen Kosten.
29
Unter betriebswirtschaftlichen Grundsätzen i.S.d. § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG sind
betriebswirtschaftliche Lehrmeinungen zu verstehen, die in der wissenschaftlichen
Literatur mit beachtlichem Gewicht vertreten werden, ohne jedoch notwendig eine
Mehrheitsmeinung darzustellen, und die zumindest teilweise Eingang in die
betriebswirtschaftliche Praxis gefunden haben. Dabei ist entscheidend, daß es sich bei
der betriebswirtschaftlichen Lehrmeinung um eine solche handeln muß, die allgemein
für Wirtschaftsbetriebe und nicht speziell für Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand
gilt, wobei es ausreicht, daß eine Meinung mit beachtlichem Gewicht vertreten wird.
Wenn in einer Streitfrage ein betriebswirtschaftlicher Theorienstreit besteht, so sind die
Gemeinden kraft der gesetzlichen Regelung berechtigt, zwischen mehreren etwa
bestehenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen auszuwählen.
30
Vgl. OVG NW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 233.
31
Der erkennende Senat hat im Verfahren 9 A 1248/92 auf der Grundlage eines
betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens festgestellt, daß es einen
betriebswirtschaftlichen Grundsatz, wonach eine kalkulatorische (Real-)Verzinsung auf
der Grundlage eines Wiederbeschaffungszeitwertes, mithin eines Fiktivvermögens,
erfolgen kann, nicht gibt,
32
vgl. OVG NW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 238,
33
so daß das vom Verwaltungsgericht als „Wiederbeschaffungszeit-wertmodell"
bezeichnete Kalkulationsverfahren von vornherein unzulässig ist und im übrigen schon
aufgrund der gebotenen periodenbezogenen Betrachtungsweise auch nicht mit dem
Hinweis auf eine lediglich den gesamten Abschreibungszeitraum in den Blick
nehmende „finanzmathematische Gleichwertigkeit" gerechtfertigt werden kann.
34
Vgl. OVG NW, Urteil vom 19. Mai 1995 - 9 A 560/93 -, StuGR 1995, 315.
35
Die Unzulässigkeit des „Wiederbeschaffungszeitwertmodells" führt nicht dazu, daß
allein das „Anschaffungswertmodell" mit einer Beschränkung der
Bemessungsgrundlage für die kalkulatorischen Abschreibungen ausschließlich auf den
36
Anschaffungswert Geltung beansprucht.
Der erkennende Senat hat in dem Verfahren 9 A 1248/92 hinsichtlich der
kalkulatorischen Abschreibungen - ebenfalls auf der Grundlage eines
betriebswirtschaftlichen Sachverständigengutachtens - festgestellt, daß die
„Verwendung von Wiederbeschaffungswerten in der Kostenrechnung ... in der
Betriebswirtschaftslehre nach wie vor als richtig anerkannt" ist,
37
vgl. OVG NW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O., S. 236,
38
so daß nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen sowohl die Bemessung der
kalkulatorischen Abschreibungen nach Anschaffungswerten als auch nach
Wiederbeschaffungszeitwerten zulässig ist. Die Gemeinden sind damit befugt, zwischen
diesen Methoden auszuwählen, so daß das „Anschaffungswertmodell" allenfalls als
Möglichkeit, nicht aber als zwingende Vorgabe in Betracht kommt.
39
Ein allgemeiner Wandel in den betriebswirtschaftlichen Lehrmeinungen dahingehend,
daß es jetzt allgemein bei Wirtschaftsbetrieben (und nicht nur bei Wirtschaftsbetrieben
der öffentlichen Hand) zulässig sein soll, kalkulatorische Zinsen auf der Grundlage
eines Fiktivvermögens i.V.m. einem Realzins zu berechnen und im übrigen nur noch
eine kalkulatorische Nominalverzinsung auf der Grundlage von Anschaffungswerten
ausschließlich i.V.m. Abschreibungen ebenfalls auf Anschaffungswertbasis
betriebswirtschaftlich vertretbar ist, ist nicht eingetreten.
40
So wird etwa in dem betriebswirtschaftlichen Standardwerk des ausgewiesenen
Betriebswirtschaftlers Prof. Dr. Dr. h. c. mult. W. , „Einführung in die Allgemeine
Betriebswirtschaftslehre", das bereits in der Fassung der 17. Auflage 1990 im Urteil des
Senats vom 5. August 1994, a.a.O., S. 235, als Lehrmeinung mit beachtlichem Gewicht
qualifiziert worden und das im Jahr 1996 nunmehr in der 19. neubearbeiteten und
insgesamt einer kritischen Durchsicht unterzogenen (vgl. Vorwort zur 19. Auflage)
Auflage erschienen ist, für den Bereich der kalkulatorischen Kostenarten nach wie vor
ausdrücklich vertreten, daß die kalkulatorischen Abschreibungen „auf der Basis der
Wiederbeschaffungskosten der jeweiligen Rechnungsperiode" vorgenommen würden,
41
vgl. W. , a.a.O., S. 1263,
42
und die Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals zum Kalkulationszinsfuß, "d.h. zu
den Konditionen der günstigsten Fremdkapitalbeschaffungsmöglichkeit bzw. den
Konditionen der optimalen Alternativanlage", die kalkulatorischen Zinsen darstelle.
43
vgl. W. , a.a.O., S. 1266 f..
44
Unter den „Konditionen der günstigsten Fremdkapitalbeschaffungsmöglichkeit" kann nur
ein Nominalzins verstanden werden, da in der Praxis Fremdkapital grundsätzlich nur zu
Nominalzinsen zu beschaffen ist.
45
Aufgrund der durch die ständige Befassung mit der Materie vorhandenen und durch das
vorgenannte betriebswirtschaftliche Lehrbuch dem Senat zusätzlich vermittelten
eigenen Sachkunde war im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes die Einholung
eines Sachverständigengutachtens nicht geboten.
46
Vgl. zur Ablehnung eines Beweisantrages auf Einholung eines
Sachverständigengutachtens wegen eigener Sachkunde des Gerichts: BVerwG, Urteil
vom 10. November 1983 - 3 C 56.82 -, BVerwGE 68, 177 (182).
47
Das Verwaltungsgericht hat eine Änderung der allgemein für Wirtschaftsbetriebe
geltenden betriebswirtschaftlichen Grundsätze nicht festgestellt, sondern sich darauf
beschränkt, zwei Berechnungsmodelle zu favorisieren, die, was der erkennende Senat
nicht zu überprüfen braucht, nach Ablauf der gesamten Nutzungsdauer zu identischen,
allerdings abstrakten und damit schon nicht auf die konkreten Verhältnisse in der Stadt
G. bezogenen Endbeträgen führen sollen. Die insoweit allein entscheidende Frage,
warum es bei der gemeindlichen Gebührenkalkulation gerade auf diese - abstrakten -
Endbeträge ankommen soll, ist jedoch durch vom Verwaltungsgericht ermittelte und
allgemein für Wirtschaftsbetriebe geltende betriebswirtschaftliche Grundsätze i.S.d. § 6
Abs. 2 Satz 1 KAG nicht belegt worden.
48
Dies gilt schon im Hinblick auf die nach Auffassung des Verwaltungsgerichts „fraglos"
bestehende Interdependenz zwischen kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen,
die, so das Verwaltungsgericht, eine gemeinsame Betrachtung beider Kostenarten
erfordere (S. 9 des Urteilsabdrucks). Die verwendeten Begriffe „Interdependenz" und
„gemeinsame Betrachtung" erweisen sich ohne die erforderliche und im einzelnen
begründete Vorgabe des eigentlichen Ziels der gemeinsamen Betrachtung als
weitgehend nichtssagende Leerformeln. Soweit das Verwaltungsgericht auf Seite 10
des Urteilsabdrucks die insoweit erforderliche Zielvorgabe für die „gemeinsame
Betrachtung" von kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen wie folgt formuliert hat:
49
„Wenn man akzeptiert, daß es Ziel einer Gebührenkalkulation sein muß, die dauerhafte
Betriebsfähigkeit der öffentlichen Einrichtung sicherzustellen, wobei der Gemeinde
durch die in einen eigenen Betrieb getätigten Investitionen auf Dauer weder Nutzen
entstehen noch ein solcher entzogen werden darf, und weiterhin die Methoden der
Investitionsrechnung in Blick nimmt, so führt die gebotene gemeinsame
Betrachtungsweise zu der Erkenntnis, daß man prinzipiell nur dann zur
widerspruchsfreien Lösung gelangt, wenn man - alternativ - eines der folgenden
Kalkulationsverfahren anwendet: ...",
50
enthebt sich diese Zielbeschreibung selbst angesichts des Umstandes, daß sie lediglich
unter der Bedingung der Akzeptanz steht, einer nachvollziehbaren Begründung.
51
Insoweit bleibt darauf hinzuweisen, daß eine ausdrückliche Zielbestimmung mit dem
seitens des Verwaltungsgerichts „akzeptierten" Inhalt im Gesetz nicht enthalten ist; das
Kostenüberschreitungsverbot i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG selbst ist insoweit ohne jede
Aussagekraft, da es lediglich an den Kostenbegriff des § 6 Abs. 2 KAG anknüpft, nicht
aber seinen Inhalt bestimmt.
52
Vgl. schon: OVG NW, Urteil vom 27. Oktober 1992 - 9 A 835/91 -, StuGR 1993, 313.
53
In Ermangelung einer ausdrücklichen Zielbestimmung im Gesetz kann damit ein
irgendwie geartetes „Ziel" einer Gebührenkalkulation nur aus den insoweit
einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, mithin vorrangig aus § 6 Abs. 2 KAG i.V.m.
den nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG maßgebenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen
abgeleitet werden. Da es aber, wie dargelegt, einerseits betriebswirtschaftliche
Grundsätze gibt, wonach kalkulatorische Abschreibungen sowohl nach dem
54
Anschaffungs- als auch nach dem Wiederbeschaffungszeitwert bemessen werden
können und in beiden Alternativen eine Kombination mit einer kalkulatorischen
Nominalverzinsung auf der Grundlage von Anschaffungswerten zulässig ist,
andererseits aber die zurückgeflossenen Abschreibungen haushaltsrechtlich den
Gemeinden zustehen und nicht den Gebührenpflichtigen zuzuschreiben sind,
vgl. insoweit OVG NW, Urteil vom 5. August 1994 - a.a.O., S. 236,
55
bestimmen ausschließlich diese Rahmenbedingungen das „Ziel" einer
Gebührenkalkulation.
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Die Prämisse des Verwaltungsgerichts, wonach es Ziel einer Gebührenkalkulation sein
müsse, die dauerhafte Betriebsfähigkeit der öffentlichen Einrichtung sicherzustellen,
wobei der Gemeinde durch die in einen eigenen Betrieb getätigten Investitionen auf
Dauer weder ein Nutzen entstehen noch ein solcher entzogen werden dürfe, legt damit
vorab ein Ziel der Gebührenkalkulation als feststehend zugrunde, was es jedoch erst
aus dem Gesetz, insbesondere aus den insoweit allgemein für Wirtschaftsbetriebe
anzuwendenden betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und dem gemeindlichen
Haushaltsrecht im einzelnen zu begründen gilt.
57
Die hiernach erforderliche, vom Verwaltungsgericht jedoch nicht gegebene Begründung
wird auch nicht durch die in der angefochtenen Entscheidung erfolgten Bezugnahmen
auf - ausgewählte - Veröffentlichungen ersetzt, zumal diesen Veröffentlichungen
allenfalls von der oben dargelegten Auffassung abweichende Meinungen
zugrundeliegen, die jedoch einen allgemeinen Wandel in der Betriebswirtschaftslehre
nicht zu belegen vermögen und im übrigen im wesentlichen bereits durch den
erkennenden Senat gewürdigt worden sind, mithin neue Gesichtspunkte nicht enthalten.
58
Vgl. insoweit OVG NW, Urteil vom 5. August 1994 - a.a.O., S. 235 f., sowie Urteil vom
19. Mai 1995, a.a.O., S. 316, in denen die Aufsätze von: Gawel, Zur Rechtfertigung von
Wiederbeschaffungszeitwerten in der Kalkulation kommunaler Benutzungsgebühren,
KStZ 1994, 81, ders., Zur kalkulatorischen Verzinsung des Kapitals kommunaler
Gebührenhaushalte, GemH 1994, 222, und Brüning, Der zulässige Rahmen für den
Ansatz kalkulatorischer Kosten, KStZ 1990, 41, ders., Gebührenkalkulation: Verdeckte
Gewinne sind weiterhin möglich, KStZ 1994, 201, einschließlich der von Brüning hierin
aufgestellten finanzmathematischen Beispielsrechnungen, auf die sich das
Verwaltungsgericht maßgeblich stützt, berücksichtigt worden sind.
59
Fehlt es danach an einer Änderung der nach § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG maßgeblichen
betriebswirtschaftlichen Grundsätze hinsichtlich der Zulässigkeit der kalkulatorischen
Nominalverzinsung auf Anschaffungswertbasis i.V.m. einer kalkulatorischen
Abschreibung auf der Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten, sieht der
erkennende Senat keinen Anlaß, den Berechnungen des Verwaltungsgerichts weiter
nachzugehen oder gar seine Rechtsprechung zu ändern.
60
Der Umstand, daß die auf der Basis betriebswirtschaftlicher Grundsätze i.S.d. § 6 Abs. 2
Satz 1 KAG zulässige Kalkulationsmethode (kalkulatorische Abschreibungen auf der
Grundlage von Wiederbeschaffungszeitwerten i.V.m. einer kalkulatorischen
Nominalverzinsung auf Anschaffungswertbasis) nach Auffassung des
Verwaltungsgerichts gegenüber den von ihm angeführten zwei Berechnungsmethoden
zu einem „erhöhten Kapitalendwert" führt, mag - ungeachtet des bislang zumindest im
61
Hinblick auf das „Wiederbeschaffungszeitwertmodell" unter Berücksichtigung der
konkreten Verhältnisse der Stadt G. ausstehenden rechnerischen Nachweises - für die
Gemeinden im Rahmen der politischen Willensbildung von Bedeutung sein. Die
gerichtliche Überprüfung des Gebührensatzes hingegen beschränkt sich darauf, ob die
Grenzen des § 6 Abs. 2 KAG und - hierauf aufbauend - des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG
eingehalten worden sind. Wenn die Gemeinde bei ihrer Kalkulation die sich innerhalb
dieser Grenzen ergebenden Spielräume vollständig ausnutzt, ist hiergegen aus
Rechtsgründen nichts zu erinnern; die rudimentäre und damit notwendigerweise
lückenhafte Regelung des § 6 Abs. 2 KAG vermag ein umfassendes
Gerechtigkeitssystem, wie es dem Verwaltungsgericht und den Verfassern der von ihm
zitierten Aufsätze offenbar vorschwebt, von vornherein nicht zu gewährleisten.
Friktionen, die sich aus der Inkorporation von allgemeinen betriebswirtschaftlichen
Grundsätzen in die Grundlagen der Gebührenkalkulation von öffentlichen Einrichtungen
ergeben, mögen de lege ferenda bedenkenswert sein,
vgl. insoweit OVG NW, Urteil vom 5. August 1994 - a.a.O., S. 23; Urteil vom 6. Juni 1997
- 9 A 5742/95 -; Urteil vom 1. Juli 1997 - 9 A 6103/97;
62
als geltendes Recht ist § 6 Abs. 2 KAG jedoch in seiner verbindlichen inhaltlichen
Ausgestaltung der rechtlichen Bewertung zugrundezulegen, die, wie oben dargelegt,
den vom Verwaltungsgericht beanstandeten Ansatz der kalkulatorischen Kosten dem
Grunde nach zuläßt.
63
Die Höhe der für die Gebührensätze der Straßenreinigungsgebühren in der
Gebührenbedarfsberechnung für das Jahr 1995 ermittelten kalkulatorischen
Abschreibungen (1.000.000,-- DM) und kalkulatorischen Zinsen (400.000,-- DM)
begegnet keinen Bedenken. Der erkennende Senat hat die Berechnung für den
Veranlagungszeitraum 1993 bereits im Urteil vom 20. März 1997 im Verfahren 9 A
1921/95, NWVBl. 1997, 422, überprüft und den einzelnen Ansätzen nach für zulässig
erachtet. Wesentliche Abweichungen in der Berechnung für den hier maßgebenden
Veranlagungszeitraum 1995 sind nicht ersichtlich und im übrigen auch nicht geltend
gemacht worden.
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Von den danach unter Einbeziehung der zutreffend berechneten kalkulatorischen
Kosten in zulässiger Weise ermittelten Gesamtkosten von 13.116.000,-- DM, die auf die
Straßenreinigung entfallen, ist ein Betrag von 3.279.000,-- DM, mithin 25 %, abgezogen
und damit § 3 Abs. 1 Satz 3 StrReinG NW Rechnung getragen worden. Da die
Gebührensätze für die Straßenreinigungsgebühren bereits nach der
Gebührenbedarfsberechnung gerechtfertigt sind, kommt es auf den weiteren Vortrag des
Beklagten, wonach ausweislich der Betriebsabrechnung lediglich ein Deckungsgrad
von 74,86 % erreicht worden sei, nicht an.
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Anhaltspunkte dafür, daß die Heranziehung des Klägers zu Straßenreinigungsgebühren
auf der Grundlage der hiernach wirksamen Satzungsbestimmungen der Höhe nach
Fehler aufweist, sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden.
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Auch die Erhebung der Entwässerungsgebühren ist in materiell-rechtlicher Hinsicht im
Ergebnis nicht zu beanstanden.
67
Rechtsgrundlage der angefochtenen Erhebung der Entwässerungsgebühren sind die §§
1 bis 5, 7 bis 10 der Entwässerungsgebührensatzung der Stadt G. vom 17. Dezember
68
1992 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 23. Dezember 1994 und der 6.
Änderungssatzung vom 12. Februar 1996 (EGS).
Die Gebührenmaßstäbe in §§ 3 und 4 EGS einschließlich des in § 3 Abs. 2 EGS
enthaltenen Grenzwertes für den Abzug von nachweislich nicht in die öffentliche
Abwasseranlage gelangte Wassermengen von 20 m3 sind mit höherrangigem Recht
vereinbar.
69
Vgl. OVG NW, Urteil vom 20. März 1997, a.a.O.
70
Auch für den Veranlagungszeitraum 1995 sind die durch den vorgenannten Grenzwert
bedingten Ungleichbehandlungen innerhalb der Gruppen der Gebührenpflichtigen
durch den Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität gerechtfertigt, zumal die sich
ergebenden Jahresbeträge für die Schmutzwasserbeseitigung mit 20,20 DM
(Verbandsmitglieder) bzw. 38,20 DM (Nichtverbandsmitglieder) nach wie vor im
Bagatellbereich anzusiedeln sind.
71
Die Gebührensätze der 2. Änderungssatzung haben auf der Grundlage der
Gebührenbedarfsberechnung 1995 und der in zulässiger Weise nachgereichten,
72
vgl. zur Zulässigkeit des Nachschiebens von Betriebsabrechnungen und sonstigen
Nachberechnungen: OVG NW, Urteil vom 5. August 1994, a.a.O, sowie etwa: OVG NW,
Urteil vom 19. September 1997 - 9 A 3373/96 - ,
73
Nachberechnung ebenfalls Bestand.
74
Daß in der Gebührenbedarfsberechnung i.V.m. mit der Nachberechnung Kosten
enthalten sind, die ihrer Art nach gemäß §§ 6 Abs. 2, 7 Abs. 1 KAG nicht hätten
angesetzt werden dürfen, ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen; insbesondere
sind nicht - wie noch in der Gebührenbedarfsberechnung für das Jahr 1993 -,
75
vgl. OVG NW, Urteil vom 20. März 1997, a.a.O.,
76
periodenfremde Leistungen an Wasserverbände in der Berechnung enthalten.
77
Die Gebührenbedarfsberechnung ist in Verbindung mit der Nachberechnung im
Ergebnis auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
78
Die aufgeführten Personalkosten in Höhe von 1.917.700,--DM sind ebenso wie die
"ZVK-Kosten" entsprechend der Rechtsprechung des erkennenden Senats,
79
vgl. OVG NW, Urteil vom 24. Juli 1995 - 9 A 2251/93 -, StuGR 1995, 486,
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um die anlagenbezogenen Eigenleistungen bereinigt worden.
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Die in der Nachberechnung nunmehr mit 11.025.701,-- DM ausgewiesenen
kalkulatorischen Abschreibungen sind, wie oben dargelegt, in methodischer Hinsicht in
zulässiger Weise nach dem Wiederbeschaffungszeitwert berechnet worden. Die zur
Anwendung gelangten Abschreibungssätze von 1,5 % (für vor 1962 hergestellte Kanäle)
und 1,0 % (für ab 1962 hergestellte Kanäle) hat der Senat ebenso für zulässig erachtet
wie die Einbeziehung von anlagenbezogenen Eigenleistungen in die Ermittlung des
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Wiederbeschaffungszeitwertes,
vgl. OVG NW, Urteil vom 20. März 1997, a.a.O.,
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die bislang lediglich für den Zeitraum ab 1987 berücksichtigt worden waren, in der
Nachberechnung nunmehr zu Recht auch für den Zeitraum bis 1986 einschließlich in
Ansatz gebracht worden sind. Methodische Fehler bei der nachträglichen Einbeziehung
dieser Kosten sind nicht ersichtlich; insbesondere ist der neu berücksichtigte Anteil der
Ingenieureigenleistungen von 5 % lediglich auf den Wiederbeschaffungszeitwert bis
1986 einschließlich bezogen worden. Die Höhe des insoweit zur Anwendung gelangten
Prozentsatzes von 5 % ist nicht zu beanstanden; Gegenteiliges ist nicht geltend
gemacht worden.
84
Demgegenüber war die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen in der
Gebührenbedarfsberechnung (22.237.500,--DM) fehlerhaft, da bei der Ermittlung des
Anschaffungswertes in unzulässiger Weise "Anlagen im Bau" mit 5.900.000,--DM
berücksichtigt worden sind und darüberhinaus der im Fall der Rückrechnung
grundsätzlich erforderliche Abschlag,
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vgl. OVG NW, Urteil vom 20. März 1997, a.a.O.,
86
unterblieben ist. Mit der vorliegenden, allerdings teilweise zu korrigierenden
Nachberechnung sind diese Fehler jedoch beseitigt. "Anlagen im Bau" sind in der
Berechnung des Anschaffungswertes nicht mehr enthalten.
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Die Methode der Ermittlung des Anschaffungswertes durch Rückrechnung für den
Zeitraum bis 31. Dezember 1990 aus dem nach dem Mengenverfahren ermittelten
Wiederbeschaffungszeitwert begegnet keinen Bedenken.
88
Vgl. im einzelnen: OVG NW, Urteil vom 20. März 1997, a.a.O.
89
Der Höhe nach ist der für den genannten Zeitraum ermittelte Anschaffungswert jedoch
um den im Falle der Rückrechnung grundsätzlich erforderlichen Abschlag zu
reduzieren. Daß unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse der Stadt G. auf
einen Abschlag völlig verzichtet werden kann, hat der Beklagte weder während des
Verfahrens 9 A 1921/95 noch während des jetzigen Berufungsverfahrens dargelegt; er
geht vielmehr selbst auf der Grundlage einer plausiblen und von dem Kläger nicht in
Frage gestellten Modellrechnung von einem notwendigen Abschlag von 8,44 % auf den
bis zum 31. Dezember 1990 ermittelten Anschaffungswert aus. Anhaltspunkte dafür, daß
dieser Prozentsatz noch zu erhöhen ist, sind weder ersichtlich noch geltend gemacht
worden.
90
Methodisch fehlerhaft ist die nachträgliche Berechnung jedoch insoweit, als der
Abschlag nicht von dem durch die Einbeziehung der Ingenieureigenleistungen erhöhten
Anschaffungswert vorgenommen worden ist, obwohl diese den Anschaffungswert der
Höhe nach mitbestimmen und der Zeitraum, für den die Ingenieureigenleistungen
angesetzt worden sind, der Rückrechnung unterliegt.
91
Ausgehend von einem hiernach anzusetzenden Anschaffungswert von 425.990.559,--
DM errechnet sich unter Berücksichtigung der nicht indexierten Abschreibungen
(120.352.492,--DM) ein Restbuchwert zum 31. Dezember 1995 in Höhe von
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305.638.067,-- DM. Dieser Betrag ist um die Ingenieureigenleistungen in Höhe von
12.594.109,--DM (5% von 251.882.185,--DM (Summe der Restbuchwerte für den
Zeitraum bis 1986 einschl.)) auf 318.232.176,--DM zu erhöhen.
Abzüglich der Restbuchwerte für den nicht der Rückrechnung unterliegenden Zeitraum
1991 bis 1995 (25.825.623,--DM) ergibt sich für die Berechnung des Abschlags als
Summe der Restbuchwerte für den Zeitraum vor 1991 ein Betrag von 292.406.553,--DM.
8,44 % hiervon machen 24.679.113,--DM aus, die den um die Abschreibungen
bereinigten und die Eigeningenieurleistungen erhöhten Anschaffungsrestbuchwert
(318.232.176,--DM) auf 293.553.063,-- DM vermindern.
93
Hiervon ist gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz KAG der noch nicht abgeschriebene
Teil des Abzugskapitals abzuziehen.
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Vgl. OVG NW, Urteil vom 20. März 1997, a.a.O..
95
Nach den Neuberechnungen des Beklagten, die der Berechnung des Senates im
Verfahren 9 A 1921/95 entsprechen, ergibt sich ein Betrag von 39.187.730,--DM.
96
Ausgehend von einem hieraus zu ermittelnden Restbuchwert von rund 254.365.333,--
DM errechnet sich unter Anwendung eines - wie oben dargelegt - zulässigen
Nominalzinssatzes von 8 % ein Betrag von rund 20.349.227,-- DM. Zuzüglich der Zinsen
für Geräte im Gebührenbereich in Höhe von 16.525,--DM ergibt sich danach ein
Zinsbetrag von insgesamt 20.365.752,--DM.
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Insgesamt errechnen sich unter Berücksichtigung der im übrigen unstreitigen Kosten der
Gebührenbedarfsberechnung 1995 - ohne die Kosten für die Fortführung des
Kanalkatasters (35.000,--DM) - Gesamtkosten in Höhe von 70.628.253,--DM. Der sich
gegenüber dem veranschlagten Gebührenaufkommen von 72.476.364,-- DM ergebende
Differenzbetrag (1.848.111,--DM) liegt mit 2,6 % vom gerechtfertigten Kostenansatz
unterhalb der Bagatellgrenze von 3 %. Die Gebührensätze haben danach auch ohne
eine Entscheidung darüber, ob Kosten der Fortführung des Kanalkatasters nur
abgeschrieben oder aber in voller Höhe der Zahlung angesetzt werden können,
Bestand.
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Gleichwohl weist der Senat rein vorsorglich darauf hin, daß er auch nach erneuter
Überprüfung nach wie vor eher dazu neigt, die Kanalbestandspläne/Kanalkataster,
soweit deren Erstellung nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit konkreten
anlagebezogenen Investitionen steht und hierauf begrenzt ist, nicht als Wirtschaftsgüter
anzusehen, die durch (Ab-)Nutzung oder sonstige Umstände einer im Wege der
Abschreibung zu erfassenden Entwertung unterliegen. Kosten der Erstellung derartiger
Pläne/Kataster dürften daher - ebenso wie Kosten für Reparaturen/Instandhaltungen,
die, wie die Kanalbestandspläne/Kanal-kataster, in ihrer funktionserhaltenden oder -
unterstützenden Wirkung über die einzelne Gebührenperiode hinausreichen, gleichwohl
nur in dem Jahr ihrer Entstehung ansatzfähig sind - in dem Jahr anzusetzen sein, in dem
sie anfallen; der schlichte Hinweis des Verwaltungsgerichts auf handelsrechtliche
Bilanzvorschriften oder Regelungen des Steuerrechts reicht insoweit ebensowenig aus
wie im Falle der Bestimmung des für die kalkulatorischen Kosten maßgebenden
Anlagenwerts.
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Hinsichtlich der konkreten Berechnung der Entwässerungsgebühren der Höhe nach,
100
insbesondere bei der Ermittlung des Wasserverbrauchs (§ 3 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 5
EGS), der angeschlossenen bebauten/befestigten Fläche (§ 4 Abs. 1 EGS) und bei der
Anwendung des einschlägigen Gebührensatzes (§ 5 Abs. 1a und b EGS) sind Fehler
nicht ersichtlich und auch nicht geltend gemacht worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht gegeben sind.
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