Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 03.06.1998

OVG NRW (bundesrepublik deutschland, deutschland, verwaltungsgericht, marokko, aufenthalt, umstand, einreise, leben, 1995, aufgabe)

Oberverwaltungsgericht NRW, 17 A 975/97
Datum:
03.06.1998
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
17. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 A 975/97
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 12 K 3966/95
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 8.000,-- DM
festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Der Senat entscheidet durch Beschluß, da er die Berufung einstimmig für unbegründet
und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, § 130 a Satz 1 VwGO. Den
Beteiligten ist Gelegenheit zur diesbezüglichen Stellungnahme gegeben worden, §§
130 a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO.
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Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht
abgewiesen. Die Versagung des begehrten Visums durch die Bescheide des
Vizekonsulats der Beklagten in Tanger vom 2. Dezember 1994 und 26. April 1995 ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1
VwGO.
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Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Visums nicht zu.
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Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt, daß ein Kindernachzug auf der
Grundlage von § 20 Abs. 2 bis 4 AuslG nicht in Betracht kommt, da die Klägerin nicht
das Kind des Ehepaares D. A. , zu dem es ziehen möchte, ist. Auf die diesbezüglichen
Ausführungen des angefochtenen Urteils wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug
genommen. Namentlich geht auch der Senat in ständiger Rechtsprechung davon aus,
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daß dem marokkanischen Recht ein der Adoption vergleichbares Rechtsinstitut mit den
entsprechenden familienrechtlichen Wirkungen fremd ist,
vgl. Beschlüsse vom 19. August 1996 - 17 B 1590/96 -, vom 22. April 1996 - 17 B
2859/94 - und vom 21. März 1996 - 17 B 1936/94 -.
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Ferner liegen aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen auch die
Voraussetzungen des § 22 AuslG nicht vor.
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Das Berufungsvorbringen veranlaßt keine der Klägerin günstigere Beurteilung ihres
Begehrens.
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Die Herrn D. unter dem 28. Juli 1995 von einem marokkanischen Gericht erteilte
"Genehmigung", die Klägerin nach Deutschland mitzunehmen, ist nicht geeignet, eine
familienrechtliche Beziehung zwischen der Klägerin und Herrn D. zu begründen.
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Soweit die Klägerin geltend macht, ihr sei der Aufenthalt in Deutschland - wenn schon
nicht im Wege der Familienzusammenführung, so doch jedenfalls - aus humanitären
Gründen zu ermöglichen, kann dem nicht gefolgt werden. Denn die rechtlichen
Voraussetzungen der insoweit allein in Betracht kommenden Regelung des § 30 Abs. 1
AuslG liegen nicht vor. Hiernach wird die Aufenthaltsgenehmigung als
Aufenthaltsbefugnis u.a. dann erteilt, wenn einem Ausländer aus dringenden
humanitären Gründen Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet erlaubt werden soll und
die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen ist. Derartige dringende
humanitäre Gründe sind hier nicht gegeben. Namentlich gebietet es der von der
Klägerin angeführte Gesichtspunkt des Kindeswohles nicht, ihr die erstmalige
Begründung einer "sozialen" Familie mit den Eheleuten D. A. zu ermöglichen. Die
Klägerin hat ihr gesamtes bisheriges Leben in Marokko verbracht und konnte aufgrund
der räumlichen Entfernung keine persönliche Bindung zu dem Ehepaar D. A. herstellen.
Bei dieser Sachlage kann dem Kindeswohl hinreichend dadurch Rechnung getragen
werden, daß die Eheleute D. A. die Klägerin von Deutschland aus in materieller und
ideeller Form unterstützen. Der Umstand, daß die Klägerin angeblich nicht mehr bei der
Schwester der Frau A. leben kann, weil diese - wie nunmehr vorgetragen - erkrankt sein
soll, führt nicht auf einen dringenden humanitären Grund im Sinne von § 30 Abs. 1
AuslG, da die Fürsorge für elternlose Kinder eine Aufgabe des jeweiligen
Herkunftstaates ist und im übrigen die Eheleute Charuiti/ A. gegebenenfalls von
Deutschland aus dabei behilflich sein können, für eine anderweitige Unterbringung der
Klägerin in Marokko zu sorgen. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die
Bundesrepublik Deutschland nicht verpflichtet, elternlosen Kindern "einen Elternersatz
zu gewährleisten".
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Soweit die Klägerin geltend macht, daß "der Wille des Staates in Marokko (ergebe), daß
die Pflegeeltern in der BRD (die) Sorge zugesprochen bekommen haben", vermag
dieser Umstand für sich genommen kein Einreise- und Aufenthaltsrecht zu begründen.
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Ein Anspruch auf Neubescheidung kommt nicht in Betracht, da das begehrte Visum -
wie dargelegt - bereits aus Rechtsgründen zu versagen ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht
billigem Ermessen, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für nicht
erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen Antrag gestellt und sich infolgedessen
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keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Zulassungsgründe vorliegen, §§ 130 a Satz
2, 125 Abs. 2 Satz 4, 132 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
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