Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 22.06.2009

OVG NRW: satzung, reservefonds, kapitalerhöhung, fremdfinanzierung, aufgabenbereich, allgemeines verwaltungsrecht, systematische auslegung, aktionär, öffentlich, anteil

Oberverwaltungsgericht NRW, 16 A 3137/08
Datum:
22.06.2009
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
16. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 A 3137/08
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Münster, 1 K 2113/07
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
Münster vom 24. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme
der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Die Klägerin ist Mitglied des Beklagten. Sie wendet sich gegen die Beteiligung des
Beklagten an einer Kapitalerhöhung bei der WestLB AG, deren Finanzierung durch
Begebung einer Anleihe sowie die Bildung eines Reservefonds.
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Die zuvor als Anstalt des öffentlichen Rechts betriebene Westdeutsche Landesbank
Girozentrale wurde 2002 in die Landesbank Nordrhein-Westfalen (heute: NRW.BANK),
eine Anstalt des öffentlichen Rechts, und eine Aktiengesellschaft, die WestLB AG,
aufgespalten. Nach der Aufspaltung obliegen der WestLB AG die Aufgaben einer
Sparkassenzentralbank und einer Kommunalbank. Daneben betreibt sie Bankgeschäfte
aller Art. Das gesamte Grundkapital der WestLB AG hielt zunächst die Landesbank
Nordrhein-Westfalen. Gewährträger der Landesbank Nordrhein-Westfalen waren das
Land Nordrhein-Westfalen, der Beklagte, der Rheinische Sparkassen- und Giroverband
sowie die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe. Mit Ausnahme des
Landes Nordrhein-Westfalen waren die Gewährträger berechtigt, aus dem Kreis der
Gewährträger der Landesbank Nordrhein- Westfalen auszuscheiden und statt dessen
einen dem Wert ihrer jeweiligen Gewährträgerschaft entsprechenden Anteil am
Grundkapital der WestLB AG zu erwerben.
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In den Jahren 2002 und 2003 wurden erhebliche finanzielle Probleme der WestLB AG
bekannt. Das Institut erwirtschaftete 2002 einen Verlust von ca. 1,7 Mrd. EUR. 2003
wies es einen Fehlbetrag von 1,9 Mrd. EUR aus. Es war zu erwarten, dass die großen
Ratingagenturen im Sommer 2004 ein Rating für die WestLB AG veröffentlichen
würden, das die Bonität des Instituts nach Wegfall von Anstaltslast und
Gewährträgerhaftung im Juli 2005 beschreiben sollte. Vor diesem Hintergrund berief der
Vorstand des Beklagten eine außerordentliche Verbandsversammlung für den 21. April
2004 ein. Dieser schlug er vor, die Option einer Direktbeteiligung an der WestLB AG
auszuüben und eine ausschließlich von den Sparkassen- und Giroverbänden getragene
Kapitalerhöhung der WestLB AG um 1,5 Mrd. EUR durchzuführen. Zur Begründung
führte er aus, es sei davon auszugehen, dass die WestLB AG ohne die Kapitalerhöhung
ein A-Rating verfehlen werde. In diesem Fall drohten der Bank weitere Verluste,
sinkende Geschäftsmöglichkeiten und eventuell ein Eingreifen der Bankenaufsicht. Es
sei nicht auszuschließen, dass die westfälisch-lippischen Sparkassen in diesem Fall
aufgrund ihrer Anstaltslast Kapitalzuführungen an die WestLB AG erbringen müssten.
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Die außerordentliche Verbandsversammlung am 21. April 2004 stimmte der
Wahrnehmung der Option einstimmig zu (Tagesordnungspunkt 2) und erklärte bei zwei
Gegenstimmen - darunter die der Klägerin - und zwei Enthaltungen, sie stehe einer
Beteiligung an einer Kapitalmaßnahme bei der WestLB AG grundsätzlich positiv
gegenüber (Tagesordnungspunkt 3). Die ordentliche Verbandsversammlung am 16.
Juni 2004 beschloss unter Tagesordnungspunkt 6 bei vier Gegenstimmen - darunter die
der Klägerin - und drei Enthaltungen, dass der Beklagte sich mit der Hälfte an einer
allein von ihm und dem Rheinischen Sparkassen- und Giroverband getragenen
Kapitalerhöhung bei der WestLB AG mit einem Volumen von insgesamt 1,5 Mio. EUR
beteiligen sollte. Der Anteil des Beklagten von 750 Mio. EUR sollte fremdfinanziert
werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der
Verbandsversammlung (Bl. 146 Beiakte 3) Bezug genommen.
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Am 29. Juni 2004 schloss der Beklagte mit dem Rheinischen Sparkassen- und
Giroverband, den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe, dem Land
Nordrhein-Westfalen, der NRW.BANK sowie der WestLB AG eine Vereinbarung, in der
unter anderem die Durchführung der Kapitalerhöhung geregelt war. Zur Finanzierung
seines Anteils an der Kapitalerhöhung begab der Beklagte eine Anleihe in Form einer
Fremdschuldverschreibung mit einer Laufzeit bis 2014. Die Kosten dieser
Fremdfinanzierung werden durch eine jährliche Umlage der Mitgliedssparkassen
aufgebracht.
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Der Vorstand des Beklagten berief für den 21. Juli 2004 eine weitere außerordentliche
Verbandsversammlung ein. Dieser schlug er vor, zur Sicherung der
Mitgliedssparkassen und der WestLB AG einen Reservefonds mit einem
Gesamtvolumen von 500 Mio. EUR als unselbständiges Sondervermögen des
Beklagten zu bilden. 250 Mio. EUR hiervon sollten durch jährliche Einzahlungen der
WestLB AG und des Beklagten von jeweils 12,5 Mio. EUR aufgebracht werden. Im
Übrigen war eine Nachschusspflicht der WestLB AG und des Beklagten für den Fall
fehlender Barmittel vorgesehen. Die Bildung des Fonds sollte durch (die mit dem
Vorschlag auch schon zur Beschlussfassung vorgelegte) Satzung erfolgen. Diese wies
die Entscheidung über Hilfsmaßnahmen dem Reservefondsausschuss zu. Der
Ausschuss sollte sich aus zehn Mitgliedern des Verbandsvorstands und dem
Verbandsvorsteher des Beklagten sowie aus zwei Vertretern der WestLB AG
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zusammensetzen. Zur Finanzierung der Einzahlungen des Beklagten schlug der
Vorstand eine jährliche Umlage der Mitgliedssparkassen vor. Zur Begründung legte der
Vorstand dar, die Ratingagentur T. & Q. ´s habe ein Rating im mittleren A-Bereich für die
WestLB AG nur für den Fall in Aussicht gestellt, dass seitens der Sparkassen- und
Giroverbände ein „materiell unterlegtes Zeichen der Verbundenheit" erfolge. Der
Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht habe eindringlich vor den
Folgen einer Einstufung der WestLB AG unterhalb eines Ratings im A-Bereich gewarnt
und für diesen Fall bankenaufsichtsrechtliche Maßnahmen ausdrücklich nicht
ausgeschlossen. Wenn es hierzu komme, seien die Investitionen der nordrhein-
westfälischen Sparkassen in die WestLB AG von insgesamt mehr als 2,4 Mrd. EUR
massiv gefährdet. Von den zur Sicherung eines A- Ratings der WestLB AG in Betracht
kommenden Maßnahmen sei die Bildung eines Reservefonds die günstigste. Als
Gegenleistung hierfür sei eine Erhöhung der für sechs Jahre vereinbarten
Vorzugsdividende auf die von den Sparkassen- und Giroverbänden gehaltenen Aktien
an der WestLB AG in Aussicht gestellt worden. Die Verbandsversammlung am 21. Juli
2004 stimmte dem Beschlussvorschlag des Vorstands unter Tagesordnungspunkt 2 mit
vier Gegenstimmen - darunter die der Klägerin - zu. Durch Vereinbarung der WestLB AG
und ihrer Aktionäre vom 23. März 2005 wurde die Vorzugsdividende erhöht.
Für die fremdfinanzierte Kapitalerhöhung bei der WestLB AG forderte der Beklagte von
der Klägerin eine Umlage von 25.567,40 EUR im Jahr 2004, von 307.029,38 EUR im
Jahr 2005, von 309.159,13 EUR im Jahr 2006 und von 323.854,27 EUR im Jahr 2007.
Die von der Klägerin verlangte Umlage zur Bedienung des Reservefonds betrug
74.860,15 EUR im Jahr 2004, 78.494,53 EUR im Jahr 2005, 77.822,25 EUR im Jahr
2006 und 34.689,26 EUR im Jahr 2007. Die Umlageforderungen für die Jahre 2004 und
2005 in Höhe von insgesamt 485.951,46 EUR beglich die Klägerin unter Vorbehalt. Für
die folgenden Jahre leistete sie keine Zahlungen. Hinsichtlich der Umlageforderungen
für das Jahr 2006 und eines Teils der Umlageforderungen für 2007 erklärte der Beklagte
die Aufrechnung mit gegen ihn bestehenden Ansprüchen der Klägerin auf
Ausschüttungen.
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Am 20. Januar 2008 prognostizierte der Vorstand der WestLB AG einen Jahresverlust
von ca. 1 Mrd. EUR für 2007. Zusätzlich seien nicht dauerhafte Wertminderungen in
etwa gleicher Höhe zu berücksichtigen. Am 21. Januar 2008 beschlossen der
Reservefondsausschuss des Beklagten und der Reservefondsausschuss des beim
Rheinischen Sparkassen- und Giroverband gebildeten Reservefonds, der WestLB AG
kurzfristige Hilfen in Höhe von bis zu 500 Mio. EUR zu gewähren. Hiervon entfiel auf die
Klägerin ein Nachschuss von 3.653.934,88 EUR.
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Bereits am 18. Dezember 2007 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie
im Wesentlichen ausgeführt, sie habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der
Rechtswidrigkeit der Beschlüsse, weil diese den Rechtsgrund für die vom Beklagten
geforderten Umlagen darstellten. Beschlüsse der Verbandsversammlung des Beklagten
seien für sie als Pflichtmitglied nur bindend, wenn sie rechtmäßig seien. Es bestünden
Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der auf den Verbandsversammlungen am
21. April 2004 und am 21. Juli 2004 gefassten Beschlüsse. Die Ladungsfrist von einem
Monat sei nicht eingehalten und es sei nicht belegt, dass der Verbandsvorstand der
Verkürzung der Ladungsfrist zugestimmt habe. Durch die beschlossenen Maßnahmen
habe der Beklagte seinen gesetzlichen Aufgabenbereich überschritten. Ein
Kapitalbedarf der WestLB AG habe nur bestanden, weil diese durch risikoreiche
Tätigkeiten als Geschäftsbank Verluste erlitten habe. Es sei nicht Aufgabe des
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Beklagten gewesen, diese Verluste auszugleichen, die in keinem Zusammenhang zur
Tätigkeit der WestLB AG als Sparkassenzentralbank oder Kommunalbank gestanden
hätten. Die Beteiligung an einer zu einem solchen Zweck erfolgenden Kapitalerhöhung
sei von der gesetzlichen Ermächtigung des Beklagten nicht gedeckt, Anteile an der
WestLB AG zu erwerben. Etwas anderes ergebe sich nicht daraus, dass der Beklagte
als Gewährträger für Verluste der WestLB AG habe in Anspruch genommen werden
können. Ein solcher Haftungsfall habe nicht vorgelegen. Zudem wären die bei Eintritt
des Haftungsfalls vom Beklagten zu tragenden finanziellen Belastungen wesentlich
niedriger gewesen. Auch die Bildung des Reservefonds sei rechtswidrig gewesen. Die
Satzung des Beklagten sehe die Bildung eines Stützungsfonds für die
Mitgliedssparkassen vor. Der Reservefonds sei jedoch nicht für die Mitgliedssparkassen
gebildet worden, sondern ausschließlich um ein positives Rating der WestLB AG zu
erreichen. Die angefochtenen Maßnahmen schränkten ihre - der Klägerin - Möglichkeit
unangemessen ein, als gemeindliches Wirtschaftsunternehmen eigenständige
unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Der Zahlungsanspruch ergebe sich
daraus, dass sie aufgrund der Rechtswidrigkeit der Beschlüsse ohne Rechtsgrund
geleistet habe.
Die Klägerin hat beantragt,
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festzustellen, dass die in Umsetzung der Beschlüsse der Verbandsversammlung des
Beklagten vom 21. April 2004 (dort: unter Tagesordnungspunkt 3) und 16. Juni 2004
(dort: unter Tagesordnungspunkt 6) erfolgte Beteiligung des Beklagten an einer
Kapitalerhöhung bei der WestLB in Höhe von 750 Mio. EUR und deren
Fremdfinanzierung sowie die Beschlüsse selbst rechtswidrig waren,
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festzustellen, dass die in Umsetzung des Beschlusses der Verbandsversammlung des
Beklagten vom 21. Juli 2004 (dort: zu Tagesordnungspunkt 2) erfolgte Bildung eines
Reservefonds sowie der genannte Beschluss selbst rechtswidrig waren,
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den Beklagten zu verurteilen, an sie 485.951,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21. Dezember 2007 zu zahlen.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung hat er vorgetragen, die Feststellungsanträge seien bereits unzulässig.
Unabhängig hiervon seien die angegriffenen Maßnahmen nicht zu beanstanden. Die
Beschlüsse seien ordnungsgemäß zustande gekommen. Die Maßnahmen dienten der
Förderung des Sparkassenwesens und seien daher von seinem gesetzlichen
Aufgabenkreis erfasst. Dass hierunter auch die Befugnis falle, sich am Grundkapital der
WestLB AG zu beteiligen, folge aus der ihm gesetzlich eingeräumten Option einer
solchen Beteiligung. An Kapitalerhöhungsmaßnahmen teilzunehmen, sei originäre
Aufgabe eines Aktionärs. Bei der Auswahl der geeigneten
Kapitalbeschaffungsmaßnahmen habe ihm ein großer Gestaltungsspielraum
zugestanden. Mit welchen Mitteln er seine Aufgaben erfülle, liege in seinem Ermessen
und entziehe sich grundsätzlich einer gerichtlichen Nachprüfung. Rechtlich untersagt
seien Maßnahmen, die sachlich nicht vertretbar seien. Die Kapitalerhöhung sei jedoch
sachgerecht gewesen. Dies gelte auch für die Fremdfinanzierung, weil sie die
Eigenkapitalspielräume der Sparkassen nicht eingeengt habe. Eine unangemessene
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Einschränkung der Eigenständigkeit der Klägerin sei mit Blick auf den Anteil der
Umlagen an ihrem Jahresüberschuss nicht erkennbar. Zudem sei eine Kompensation
der Umlagezahlungen durch Ausschüttungen der WestLB AG erfolgt. Die Bildung des
Reservefonds habe der Förderung des Sparkassenwesens und der
Wettbewerbsfähigkeit der Sparkassen gedient. Mit dem Reservefonds sei nicht nur eine
Sicherung der WestLB AG, sondern auch unmittelbar eine Sicherung der
Mitgliedssparkassen beabsichtigt gewesen. Die Ratingstabilisierung der WestLB AG
habe zu seinen Aufgaben als Aktionär gehört. Mit einem Rating unterhalb des A-
Bereichs wäre die Bank längerfristig nicht überlebensfähig und die Kapitalinvestitionen
der Sparkassen massiv gefährdet gewesen. Die Klägerin habe bereits deshalb keinen
Anspruch auf Erstattung der von ihr erbrachten Umlagen, weil die zugrundeliegenden
Beschlüsse rechtmäßig gewesen seien. Unabhängig hiervon setze die Erhebung einer
Umlage materiell- rechtlich nur voraus, dass seine Erträge zur Deckung der
Aufwendungen nicht ausreichten.
Mit Urteil vom 24. Oktober 2008 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur
Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei mangels Klagebefugnis
der Klägerin bereits unzulässig, soweit sie auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der
Beschlüsse der Verbandsversammlungen gerichtet sei. Im Übrigen sei die
Feststellungsklage zulässig, aber nicht begründet. Die Umsetzung der Beschlüsse sei
rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Bei der Beurteilung, ob
bestimmte Maßnahmen das Sparkassenwesen fördern würden, stehe dem Beklagten
eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Einschätzungsprärogative zu. Die
gerichtliche Überprüfung sei darauf beschränkt, ob das vom Beklagten bei der
Beschlussfassung angenommene Szenario der wirtschaftlichen Entwicklung plausibel
erscheine und die Maßnahmen nicht offensichtlich ungeeignet gewesen seien, die
erwarteten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zugunsten der Verbandsmitglieder zu
beeinflussen. Die Einschätzung, dass die WestLB ohne A-Rating weitere Verluste
erwirtschaftet hätte, sei in sich schlüssig und ohne weiteres nachvollziehbar. Angesichts
dessen sei eine Kapitalerhöhung nicht offensichtlich ungeeignet gewesen, die
Rahmenbedingungen für die Mitgliedssparkassen zu verbessern. Die Beteiligung des
Beklagten an der Kapitalerhöhung habe nicht den Wertungen des Gesetzgebers bei der
Neuregelung des öffentlichen Bankensektors widersprochen. Auch die Entscheidung,
die Kosten der Kapitalerhöhung fremdzufinanzieren, sei vom Gestaltungsspielraum des
Beklagten gedeckt. Die Bildung des Reservefonds sei ebenfalls nicht offensichtlich
ungeeignet, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Mitgliedssparkassen zu
verbessern. Ein unangemessener Eingriff in die Kompetenzen der
Entscheidungsorgane der Klägerin und in ihre Eigenständigkeit als gemeindliches
Wirtschaftsunternehmen liege nicht vor. Aus den dargelegten Gründen bestehe auch
kein Anspruch auf Erstattung der gezahlten Umlagen. Außerdem seien die
Umlagebescheide bestandskräftig und der Einwand einer rechtswidrigen
Aufgabenwahrnehmung gegen sie ohnehin nicht möglich.
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Am 8. Dezember 2008 hat die Klägerin die vom Verwaltungsgericht zugelassene
Berufung gegen das ihr am 10. November 2008 zugestellte Urteil eingelegt. Zur
Begründung wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen und führt ergänzend
aus: Die Klage sei auch insoweit zulässig, als sie auf die Feststellung der
Rechtswidrigkeit der Beschlüsse der Verbandsversammlungen gerichtet sei. Sie habe
ein schützenswertes Interesse daran, dass schon der Rechtsschein einer möglichen
Grundlage für Umsetzungsmaßnahmen beseitigt werde. Gegen die formelle
Rechtmäßigkeit der auf den Verbandsversammlungen am 21. April 2004 und am 21. Juli
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2004 gefassten Beschlüsse spreche, dass es sich um nichtöffentliche Sitzungen
gehandelt habe, zu denen jedoch zahlreiche Gäste begrüßt worden seien. Ob die
Tätigkeit eines öffentlich-rechtlichen Zweckverbands von dessen Aufgabenkreis
gedeckt ist, habe das Verwaltungsgericht vollumfänglich zu prüfen. Eine gerichtlich nur
eingeschränkt überprüfbare Einschätzungsprärogative stehe dem Zweckverband nicht
zu, zumal die Verbandsversammlung keine besondere Sachkunde besitze. Nur ein
Drittel ihrer Mitglieder, nämlich die Vorstandsmitglieder der Sparkassen, sei von Berufs
wegen in Finanzwirtschaft und Sparkassenwesen kompetent. Der Rest bestehe aus
Mitgliedern der Vertretungen der Träger und Hauptverwaltungsbeamten der Träger. Die
beschlossenen Maßnahmen seien nicht von der Aufgabe des Beklagten gedeckt, das
Sparkassenwesen zu fördern. Diese Aufgabe umfasse nur Serviceleistungen wie
Beratung, Unterstützung des Erfahrungsaustauschs und Vertretung der gemeinsamen
Interessen. Etwas anderes ergebe sich nicht daraus, dass der Gesetzgeber dem
Beklagten ermöglicht habe, sich an der WestLB AG zu beteiligen. Die
Kapitalmaßnahme sei von diesem Aufgabenkreis des Beklagten nicht gedeckt, weil sie
dazu gedient habe, aus der Tätigkeit der WestLB als Geschäftsbank entstandene
Verluste auszugleichen. Für die Kapitalmaßnahme fehle zudem eine gesetzliche
Grundlage. Eine solche sei allenfalls für Sanierungsmaßnahmen anzunehmen, die dem
Ausgleich von Verlusten dienten, die durch die Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher
Aufgaben entstanden seien. Durch die Maßnahmen werde die Kompetenz der
zuständigen Organe der Mitgliedssparkassen unangemessen ausgehöhlt. Dies stelle
einen Eingriff in die ununterbrochene Legitimationskette und damit einen Verstoß gegen
das Demokratieprinzip dar. Der Rückzahlung stünden keine bestandskräftigen
Umlagebescheide entgegen. Es sei bereits fraglich, ob der Beklagte überhaupt
berechtigt sei, Umlagen durch Erlass von Verwaltungsakten geltend zu machen.
Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 24. Oktober 2008 zu ändern und
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festzustellen, dass die in Umsetzung der Beschlüsse der Verbandsversammlung des
Beklagten vom 21. April 2004 (dort: unter Tagesordnungspunkt 3) und 16. Juni 2004
(dort: unter Tagesordnungspunkt 6) erfolgte Beteiligung des Beklagten an einer
Kapitalerhöhung bei der WestLB in Höhe von 750 Mio. EUR und deren
Fremdfinanzierung sowie die Beschlüsse selbst rechtswidrig waren,
22
festzustellen, dass die in Umsetzung des Beschlusses der Verbandsversammlung des
Beklagten vom 21. Juli 2004 (dort: zu Tagesordnungspunkt 2) erfolgte Bildung eines
Reservefonds sowie der genannte Beschluss selbst rechtswidrig waren,
23
den Beklagten zu verurteilen, an sie 485.951,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21. Dezember 2007 zu zahlen.
24
Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Zur Begründung führt er in Ergänzung seines erstinstanzlichen Vortrags aus, die
Feststellungsklage sei insgesamt unzulässig. Die Maßnahmen seien bereits umgesetzt,
so dass ein Feststellungsinteresse nur gegeben sei, wenn Wiederholungsgefahr
bestehe oder ein Rehabilitationsinteresse bejaht werden könne. Eine hier allein in
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Betracht kommende Wiederholungsgefahr sei nicht hinreichend konkret. Ob die
gegenwärtige Situation an den Finanzmärkten im Allgemeinen und die Diskussion um
die WestLB AG im Besonderen weitere Kapitalmaßnahmen erforderlich machten, sei
offen. Außerdem bestehe aufgrund des zwischenzeitlich erlassenen
Finanzmarkstabilisierungsgesetzes eine andere rechtliche Situation. Die Klage sei aber
jedenfalls unbegründet. Die Beschlüsse der Verbandsversammlungen am 21. April
2004 und am 21. Juli 2004 seien formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Der
Verbandsvorstand habe den Verkürzungen der Ladungsfristen für die
Verbandsversammlungen zugestimmt. Die Teilnahme von Gästen widerspreche nach
der Satzung des Beklagten nicht der Durchführung als nichtöffentliche Versammlungen.
Die Entscheidung, mit welchen Mitteln der Beklagte seine ihm gesetzlich zugewiesenen
Aufgaben erfüllt, enthalte in erheblichem Umfang prognostische Elemente und sei nur
eingeschränkt gerichtlich überprüfbar. Die Verbandsversammlung besitze insoweit eine
besondere Kompetenz. Die Personen, die ihr neben den Vorstandsvorsitzenden der
Mitgliedssparkassen angehörten, seienMitglieder der Verwaltungsräte und der
Kreditausschüsse der Sparkassen. Nicht jede Maßnahme zum Nachteil von Sparkassen
sei aufgrund der hiermit verbundenen finanziellen Belastung per se unzulässig. Eine
rechtliche Grenze sei erst erreicht, wenn die finanziellen Belastungen so hoch seien,
dass die Entscheidungsspielräume der Geschäftsleiter substanziell eingeschränkt
würden. Das sei hier nicht der Fall. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte
ausgeführt, der Reservefonds sei als nicht rechtsfähiges Sondervermögen eine
organisatorisch verselbständigte Vermögensmasse. Der Reservefondsausschuss sei
Organ des Reservefonds. Er - der Beklagte - dürfe aufgrund seiner Organisationsgewalt
Organe bilden, die im Sparkassengesetz nicht genannt seien. Der Übertragung von
Entscheidungsbefugnissen auf den Reservefondsausschuss stehe die sogenannte
Wesentlichkeitstheorie nicht entgegen. Diese sei für das Verhältnis zwischen
Legislative und Exekutive entwickelt worden und gelte für das Verhältnis zwischen
Sparkassenverbänden und den von ihnen gebildeten Reservefonds nicht. Zudem sei
zweifelhaft, ob der Reservefondsausschuss in diesem Sinne wesentliche
Entscheidungen treffe.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
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Sie nimmt auf das Vorbringen der Klägerin zur Rechtswidrigkeit der Bildung des
Reservefonds Bezug. Ergänzend macht sie geltend, die Satzung des Reservefonds sei
rechtswidrig, weil der Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, durch die Bildung des
Reservefondsausschusses ein weiteres Verbandsorgan zu schaffen, das im
Sparkassengesetz und der Satzung des Beklagten nicht vorgesehen sei. Unabhängig
hiervon müsse gewährleistet sein, dass alle wesentlichen Entscheidungen des
Beklagten durch die Verbandsversammlung als das Verbandsorgan getroffen würden,
an dessen Willensbildungsprozess sämtliche Mitgliedssparkassen beteiligt seien. Die
Übertragung weitreichender Entscheidungsbefugnisse auf den Reservefondsausschuss
sei hiermit nicht vereinbar. Zudem widerspreche es der Stellung des Reservefonds als
Sondervermögen des Beklagten, dass Vertreter der WestLB AG im
Reservefondsausschuss an seinen Entscheidungen mitwirkten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die
Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage
insgesamt zu Recht abgewiesen.
32
Die Feststellungsklage (Klageanträge zu 1. und 2.) ist jedenfalls unbegründet. Ob die
Klage insoweit schon ganz oder teilweise unzulässig ist, kann offen bleiben. Dadurch
entsteht den Beteiligten kein Nachteil.
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Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. November 1967 - IB 91.67 -, juris Rdnr. 3 (= BayVBl
1968, 214); BFH, Beschluss vom 11. Februar 1987 - II B 140/86 -, juris Rdnr. 8 (= BFHE
148, 494); BGH, Urteil vom 10. Juli 1987 - V ZR 285/85 -, juris Rdnr. 11 (= BGHZ 101,
290); Bay. VGH, Urteil vom 27. März 1987 - 11 B 83 A.2132 -, BayVBl 1988, 212;
Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. (2007), vor § 40 Rdnr. 10.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Beschlüsse der
Verbandsversammlungen des Beklagten bzw. die in ihrer Umsetzung getroffenen
Maßnahmen rechtswidrig waren. Weder die Beteiligung des Beklagten an der
Kapitalerhöhung bei der WestLB AG und deren Fremdfinanzierung (Beschlüsse der
Verbandsversammlungen vom 21. April 2004 und vom 16. Juni 2004 bzw. deren
Umsetzung) noch die Bildung eines Reservefonds (Beschluss der
Verbandsversammlung vom 21. Juli 2004 bzw. seine Umsetzung) sind rechtlich zu
beanstanden. Sie entsprechen den Vorgaben des bei Fassung der Beschlüsse und
deren Umsetzung geltenden Gesetzes über die Sparkassen sowie über die Landesbank
Nordrhein-Westfalen und Sparkassen- und Giroverbände vom 18. Oktober 2002
(Sparkassengesetz - SpkG 2002). Verstöße gegen die seinerzeit geltende Satzung des
Beklagten vom 20. Juni 2000 (Satzung 2000) liegen ebenfalls nicht vor.
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Die Beschlüsse sind formell nicht zu beanstanden. Die außerordentlichen
Verbandsversammlungen des Beklagten am 21. April 2004 und am 21. Juli 2004
wurden ordnungsgemäß einberufen. Die in § 7 Abs. 2 Satz 1 der Satzung 2000
grundsätzlich vorgesehene Einladungsfrist von einem Monat wurde zulässigerweise
nach § 7 Abs. 2 Satz 2 der Satzung 2000 abgekürzt. Die hierfür erforderlichen
Voraussetzungen - besondere Dringlichkeit sowie ein Beschluss des
Verbandsvorstands - lagen vor. Die besondere Dringlichkeit ergab sich daraus, dass die
ins Auge gefassten Maßnahmen kurzfristig erfolgen mussten, um Einfluss auf das für
den Sommer 2004 angekündigte Rating der WestLB AG nehmen zu können. Der
Verbandsvorstand hat die Verkürzung der Einladungsfrist für die Verbandsversammlung
am 21. April 2004 auf seiner Sitzung am 31. März 2004 beschlossen (S. 13 der
Ergebnisniederschrift, Beiakte 8, Anlage B 2). Für die Verbandsversammlung am 21.
Juli 2004 hat er einen entsprechenden Beschluss auf seiner Sitzung am 1. Juli 2004
gefasst (S. 12 der Ergebnisniederschrift, Beiakte 8, Anlage B 4).
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Gegen den Teilnehmerkreis der außerordentlichen Verbandsversammlungen am 21.
April 2004 und am 21. Juli 2004 bestehen ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken.
Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 der Satzung 2000 waren die Sitzungen der
Verbandsversammlung nicht öffentlich. Dem stand die Anwesenheit von Gästen jedoch
nicht entgegen. Das vorsitzende Mitglied der Versammlung konnte nach § 7 Abs. 4 Satz
2 der Satzung 2000 Dritten die Teilnahme gestatten. Von dieser Möglichkeit hat es
zumindest konkludent Gebrauch gemacht, als es Gäste begrüßte.
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Die Beschlüsse der Verbandsversammlungen bzw. die zu ihrer Umsetzung getroffenen
Maßnahmen sind auch materiell nicht zu beanstanden. Sie stehen im Einklang mit den
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gesetzlichen Vorgaben, maßgeblich mit § 49 SpkG 2002, sowie mit den Regelungen in
der Satzung 2000. Der Beklagte durfte als Aktionär der WestLB AG Maßnahmen zur
Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation ergreifen. Er hat dadurch keine Ziele
verfolgt, die nicht von seinem Aufgabenbereich gedeckt gewesen wären. Der Beklagte
war zu den konkreten Maßnahmen der fremdfinanzierten Kapitalerhöhung und der
Bildung eines Reservefonds grundsätzlich berechtigt. Er durfte sie 2004 als geeignet
ansehen, seine Ziele zu erreichen. Er hat sich damals auch im Übrigen für diese und
gegen andere Maßnahmen entschieden, ohne damit seine Einschätzungsprärogative
bzw. seinen Beurteilungsspielraum zu verlassen.
Das Handeln der Verwaltung ist von den Gerichten grundsätzlich in tatsächlicher und
rechtlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Ausnahmsweise kann der Gesetzgeber
der Verwaltung jedoch die Letztentscheidungsbefugnis über die Konkretisierung und
Individualisierung eines unbestimmten Rechtsbegriffs auf Tatbestandsseite einräumen
(sogenannte Einschätzungsprärogative bzw. Beurteilungsspielraum).
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Vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 u. a. -, juris Rdnr. 45 ff. (=
BVerfGE 84, 34); BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2007 - 3 C 8.06 -, juris Rdnr. 26 (=
BVerwGE 129, 27); Jestaedt, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13.
Aufl. (2005), § 10 Rdnr. 44 ff., jeweils m. w. N.
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Eine solche Möglichkeit ist insbesondere für Verwaltungsentscheidungen anerkannt, die
auf Prognosen und Abwägungen beruhen und eine Bewertung politischer,
wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Gesamtzusammenhänge erfordern.
41
Vgl. BVerwG, Urteile vom 13. September 2005 - 2 WD 31.04 -, juris Rdnr. 100 (= DÖV
2006, 913) (Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit); vom 7. Oktober 1988 - 7
C 65.87 -, juris Rdnr. 38 (= BVerwGE 80, 279) (Güterfernverkehrsrecht); vom 15. April
1988 - 7 C 94.86 -, juris Rdnr. 12 (= BVerwGE 79, 208) (öffentliches Verkehrsinteresse
beim Taxenverkehr); vom 24. April 1987 - 7 C 12.85 -, juris Rdnr. 14 (= NJW 1988, 276)
(regionalwirtschaftliche Gegebenheiten im Investitionszulagenrecht); vom 22. Februar
1972 - I C 24.69 -, juris Rdnr. 17 (= BVerwGE 39, 329) (wirtschaftliche Betätigung von
Gemeinden); OVG NRW, Beschluss vom 1. April 2008 - 15 B 122/08 -, www.nrwe.de
(Rechtsprechungsdatenbank des Landes Nordrhein- Westfalen) Rdnr. 79 ff.
(wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden); VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13.
Dezember 2002 - 1 S 2480/02 -, juris Rdnr. 13 (= NVwZ-RR 2003, 653) (Zuweisung von
Übertragungskapazitäten); Bay. VGH, Urteil vom 8. November 1995 - 4 B 95.1221 -, juris
Rdnr. 11 (= BayVBl 1996, 176) (Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes).
42
Es spricht für die Einräumung einer Einschätzungsprärogative, wenn die Entscheidung
selbst oder eine wesentliche Mitwirkung an dieser einem weisungsfreien Gremium
übertragen ist, das interessenpluralistisch und/oder aufgrund besonderer Sachkunde
der Mitglieder zusammengesetzt ist.
43
Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2007 - 3 C 8.06 -, juris Rdnr. 27 (= BVerwGE 129, 27);
Urteil vom 3. März 1987 - 1 C 16.86 -, juris Rdnr. 11 (= BVerwGE 77, 75); VGH Bad.-
Württ., Beschluss vom 13. Dezember 2002 - 1 S 2480/02 -, juris Rdnr. 13 (= NVwZ-RR
2003, 653).
44
Soweit eine Einschätzungsprärogative besteht, hat das Gericht die
Behördenentscheidung nur daraufhin zu überprüfen, ob die Behörde den maßgeblichen
45
Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt sowie die entscheidungserheblichen
Gesichtpunkte erkannt hat und ob ihre Prognose über den möglichen Verlauf der
Entwicklung fehlerhaft ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. September 2005 - 2 WD 31.04 -, juris Rdnr. 100 (= DÖV
2006, 913); Urteil vom 15. April 1988 - 7 C 94.86 -, juris Rdnr. 12 (= BVerwGE 79, 208);
VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 13. Dezember 2002 - 1 S 2480/02 -, juris Rdnr. 13 (=
NVwZ-RR 2003, 653); Bay. VGH, Urteil vom 8. November 1995 - 4 B 95.1221 -, juris
Rdnr. 11 (= BayVBl 1996, 176).
46
Nach diesen Kriterien unterliegt es voller gerichtlicher Kontrolle, ob die Maßnahmen
nach den mit ihnen verfolgten Zielen vom Aufgabenbereich des Beklagten gedeckt sind
und ob der Beklagte grundsätzlich zum Einsatz der gewählten Mittel berechtigt ist.
Insoweit bedarf es keiner Wertungsentscheidungen. Die vorzunehmende Auslegung der
in den gesetzlichen und satzungsmäßigen Aufgaben- und Befugnisnormen verwandten
unbestimmten Rechtsbegriffe ist originäre Aufgabe der Verwaltungsgerichte.
47
Demgegenüber steht dem Beklagten eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare
Einschätzungsprärogative zu, ob er überhaupt zur Erreichung der von seinem
Aufgabenbereich gedeckten Ziele tätig werden will, welche Mittel zur Erreichung der
Ziele geeignet sind und welche von mehreren zur Verfügung stehenden Mitteln zur
Anwendung gelangen sollen. Diese Entscheidungen sind typischerweise von
wirtschaftlichen und politischen Prognosen und Abwägungen abhängig, die einer
uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle entgegenstehen. Um diese Entscheidungen
sachgerecht treffen zu können, bedarf es genauer Analysen nicht nur der Interessen,
Ertragslage, künftigen Geschäftsentwicklung und finanziellen Möglichkeiten der
Mitgliedssparkassen. Zusätzlich sind die gesamtwirtschaftliche Situation, die Lage an
den Finanzmärkten sowie die (kommunal-) politischen Folgen der gegebenen
Handlungsmöglichkeiten in den Blick zu nehmen.
48
Für die Annahme einer gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren
Einschätzungsprärogative spricht zudem, dass nach der internen Organisation des
Beklagten die wesentlichen und grundsätzlichen Entscheidungen - wie auch die hier in
Rede stehenden Beschlüsse - in die Zuständigkeit der Verbandsversammlung fallen (§
6 der Satzung 2000). Die Verbandsversammlung ist ein weisungsfreies Gremium, das
interessenpluralistisch und/oder aufgrund besonderer Sachkunde der Mitglieder
zusammengesetzt ist. Ihre Mitglieder handeln nach ihrer freien, nur durch die Rücksicht
auf das öffentliche Wohl und die Aufgaben des Verbands bestimmten Überzeugung. Sie
sind an Weisungen nicht gebunden (§ 7 Abs. 5 der Satzung 2000). Die pluralistische
Zusammensetzung der Verbandsversammlung wird durch § 5 Abs. 2 der Satzung 2000
gewährleistet. Hiernach setzt sie sich aus je drei Vertretern aller Mitgliedssparkassen
des Beklagten zusammen. Die Vertreter verfügen aufgrund ihrer verschiedenen
Funktionen innerhalb der Sparkassen (als Vorstandsvorsitzende, Mitglieder des
Verwaltungsrats bzw. des Kreditausschusses) über unterschiedliche Erfahrungen. Zum
Teil gehören sie als Hauptverwaltungsbeamte bzw. als Mitglied der Vertretung des
Gewährträgers auch dem politischen Raum an. Entgegen der Ansicht der Klägerin
bewirkt diese Zusammensetzung eine besondere Sachkunde der
Verbandsversammlung. Sämtliche Mitglieder der Verbandsversammlung sind in
herausgehobenen Funktionen in den Mitgliedssparkassen tätig. Die
Vorstandsvorsitzenden besitzen aufgrund dieser hauptberuflichen Tätigkeit besondere
Sachkunde in Finanzwirtschaft und Sparkassenwesen. Die übrigen Mitglieder der
49
Verbandsversammlung, die in diesen Bereichen meist keine Ausbildung besitzen,
bringen demgegenüber die vom Satzungsgeber gewollte Fachkunde in anderen
Bereichen mit. Sie verfügen über die für sachgerechte Entscheidungen der
Verbandsversammlung erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen in politischen und
Verwaltungsangelegenheiten.
Vom Aufgabenbereich des Beklagten ist zunächst das mit der Beteiligung an der
Kapitalerhöhung bei der WestLB AG verfolgte Ziel gedeckt, in einer für die WestLB AG
schwierigen wirtschaftlichen Situation die Grundlage für eine positive Entwicklung des
Unternehmens zu schaffen. Was die Kapitalerhöhung im Einzelnen bewirken sollte,
lässt sich der Vorlage zu Tagesordnungspunkt 3 der Verbandsversammlung am 21.
April 2004 (Bl. 22 Beiakte 3) entnehmen: Es sollte erreicht werden, dass die WestLB AG
bei der Bewertung ihrer Bonität nach Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung
ein Rating im A- Bereich erhielt, um die bei einer schlechteren Bewertung befürchteten
Konsequenzen abzuwenden. Für den Fall, dass ein A-Rating verfehlt worden wäre,
erwartete der Beklagte weitere Verluste der WestLB AG, sinkende
Geschäftsmöglichkeiten sowie ein Eingreifen der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht. Wenn nicht schnell geeignete Maßnahmen ergriffen
würden, sah der Beklagte eine Inanspruchnahme aufgrund seiner gesetzlich
angeordneten Haftung für Verbindlichkeiten der WestLB AG nicht als ausgeschlossen
an.
50
Zur Gewährträgerhaftung vgl. Art. 1 § 11 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 § 59 Abs. 5 und
Abs. 6 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der öffentlich-rechtlichen
Kreditinstitute in Nordrhein-Westfalen vom 2. Juli 2002 - Neuregelungsgesetz -. Mit dem
Tag der Eintragung der Umwandlung der WestLB AG in eine Aktiengesellschaft wurden
Art. 3 § 59 Abs. 5 und Abs. 6 Neuregelungsgesetz nach Art. 1 § 1 Abs. 3 Satz 2
Neuregelungsgesetz als § 39 Abs. 5 und Abs. 6 in das Sparkassengesetz übernommen.
51
Als Aktionär der WestLB AG Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen
Situation des Instituts zu ergreifen, war vom gesetzlichen Aufgabenbereich des
Beklagten gedeckt. Nach § 49 SpkG 2002 hat der Beklagte unter anderem - die weiteren
in dieser Vorschrift genannten Aufgabenbereiche kommen ersichtlich nicht in Betracht -
die Aufgabe, das Sparkassenwesen zu fördern. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist
der Beklagte aufgrund dieser Aufgabenzuweisung nicht nur berechtigt,
Serviceleistungen für die Mitgliedssparkassen zu erbringen, indem er sie berät, den
Erfahrungsaustausch unterstützt und ihre gemeinsamen Interessen vertritt. Die
Förderung des Sparkassenwesens umfasst derartige Tätigkeiten, ist aber nicht hierauf
beschränkt. Vielmehr hat der Gesetzgeber dem Beklagten durch Art. 3 § 59 Abs. 5
Neuregelungsgesetz,
52
mit dem Tag der Eintragung der Umwandlung der WestLB AG § 39 Abs. 5 SpkG 2002,
53
ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt, sich als Aktionär an der WestLB AG zu
beteiligen. Dies entspricht den traditionellen Befugnissen der Sparkassen- und
Giroverbände. Bereits die Satzung des Beklagten vom 28. August 1950,
54
MinBl. 1950, Spalte 815,
55
regelte in § 5 einen über die von der Klägerin als zulässig angesehenen
Serviceleistungen hinausgehenden Aufgabenbereich und sah in § 6 die Möglichkeit vor,
56
dass sich der Verband an Rechtspersonen des öffentlichen und privaten Rechts
beteiligt. Entsprechende Regelungen enthielten §§ 5 und 6 der Satzung des
Rheinischen Sparkassen- und Giroverbandes vom 15. Januar 1951.
MinBl. 1951, Spalte 30.
57
Diesen Rechtszustand wollte der Gesetzgeber bestätigen, als er in §§ 43 ff. des
Sparkassengesetzes vom 7. Januar 1958,
58
GVBl. 1958, S. 5,
59
die Tätigkeit der Sparkassen- und Giroverbände regelte und ihnen in § 45 unter
anderem die Aufgabe zuwies, das Sparkassenwesen zu fördern.
60
Vgl. LT-Drs. 3/430, S. 32.
61
Dementsprechend hat er - unter Beibehaltung dieser Aufgabenzuweisung - stets eine
Beteiligung der Sparkassen- und Giroverbände am Stammkapital der bis 2002 als
Anstalt des öffentlichen Rechts geführten WestLB gebilligt.
62
Vgl. § 37 des Sparkassengesetzes vom 10. Juli 1970, §§ 38, 39 des
Sparkassengesetzes vom 2. Juli 1975, §§ 39, 41 des Sparkassengesetzes vom 25.
Januar 1995.
63
Auch das Schrifttum sieht eine solche Beteiligung als zulässig an, vgl. Böhm, Die
Inanspruchnahme von Sparkassen für Verbandslasten, DÖV 2008, 547 (549); Gerick;
Die Beteilung der Sparkassen- und Giroverbände an den Landesbanken (1996), S. 36 f.;
Heinevetter, Sparkassengesetz Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. (Stand: August 1992), § 47
Anm. 2; Schlierbach, Das Sparkassenrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 5. Aufl.
(2003), S. 294.
64
Wenn das Sparkassengesetz und in seiner Ausfüllung auch die Satzung des Beklagten
(vgl. § 2 Abs. 5 der Satzung 2000) dem Beklagten die Möglichkeit einräumen, sich an
der WestLB AG zu beteiligen, umfasst diese Ermächtigung grundsätzlich zugleich das
Recht, die Befugnisse eines Aktionärs wahrzunehmen. Dies gilt jedenfalls für die hier in
Rede stehende Inanspruchnahme aktienrechtlicher Möglichkeiten, um den Fortbestand
des Unternehmens zu sichern. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist insoweit
unerheblich, was Ursache für die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der WestLB AG war.
Der Beklagte war nicht deshalb daran gehindert, die WestLB AG zu unterstützen, weil
die angefallenen Verluste bei deren Tätigkeit als Geschäftsbank und nicht in
Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben im engeren Sinne entstanden waren.
Jedenfalls wenn es - wie hier - um den Fortbestand der WestLB AG insgesamt geht,
verbietet es sich, die Tätigkeitsbereiche des Unternehmens getrennt zu betrachten. Die
Folgen einer weiteren Verschlechterung der Ertragslage bei der WestLB AG wären nicht
auf die Tätigkeit des Instituts als Geschäftsbank beschränkt gewesen. Die WestLB AG
hätte auch ihre Aufgaben als Sparkassenzentralbank und Kommunalbank wenn
überhaupt, nur noch zu deutlich schlechteren Konditionen wahrnehmen können. Ging
es damit aber auch und vor allem darum, die WestLB AG als Sparkassenzentralbank zu
erhalten, konnte sich schon allein deshalb die Beteiligung des Beklagten an der WestLB
AG nicht in eine unzulässige Beteiligung an einer bloßen Geschäftsbank umwandeln.
Für seine gegenteilige Auffassung hat der Vorstandsvorsitzende der Klägerin in der
65
mündlichen Verhandlung nichts dafür vorgetragen, dass das erklärte Ziel des Beklagten
bloß vorgeschoben gewesen sein könnte.
Der Beklagte war als Aktionär der WestLB AG grundsätzlich berechtigt, sich zur
Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens an einer
Kapitalerhöhung zu beteiligen. Dies ist originäre Aufgabe der Aktionäre einer
Aktiengesellschaft (vgl. § 186 Abs. 1 AktG). Einer über die Aufgabenzuweisung durch §
49 SpkG 2002 hinausgehenden gesetzlichen Ermächtigung bedurfte der Beklagte
hierzu nicht. Angesichts der sich aus dem Aktiengesetz ergebenden Befugnisse von
Aktionären hätte der Gesetzgeber vielmehr besondere Regelungen schaffen müssen,
wenn er eine Teilnahme des Beklagten an Kapitalerhöhungen generell hätte
ausschließen oder einschränken wollen. Derartige Einschränkungen enthält das
Sparkassenrecht nicht. Der Beklagte ist von Gesetzes wegen nicht verpflichtet, sich nur
an Kapitalerhöhungen zu beteiligten, die aufgrund von Verlusten der WestLB AG bei der
Wahrnehmung ihrer im engeren Sinne öffentlich-rechtlichen Aufgaben erforderlich sind
und an denen alle Aktionäre der WestLB AG entsprechend ihrer bisherigen Anteile an
dem Unternehmen mitwirken. Auch ergibt sich aus § 39 Abs. 5 SpkG 2002 entgegen der
Auffassung der Klägerin nicht, dass der Beklagte darauf beschränkt gewesen wäre,
einen dem Wert seiner Gewährträgerschaft an der Landesbank Nordrhein- Westfalen
entsprechenden Anteil am Grundkapital der WestLB AG zu erwerben bzw. zu halten. §
39 Abs. 5 SpkG 2002 normiert lediglich die Bedingungen, zu denen die bisherigen
Gewährträger (mit Ausnahme des Landes Nordrhein-Westfalen) aus dem Kreis der
Gewährträger der Landesbank ausscheiden und sich erstmals direkt an der WestLB AG
beteiligen können. Die Vorschrift sagt jedoch nichts darüber aus, welche Befugnisse ein
ausgeschiedener Gewährträger künftig als Aktionär der WestLB AG hat. Für eine solche
Regelung bestand in diesem Zusammenhang auch kein Bedürfnis, weil die sich aus Art.
1 § 11 Neuregelungsgesetz ergebende Haftung für Verbindlichkeiten der WestLB AG
durch das Ausscheiden aus dem Kreis der Gewährträger nicht berührt wird (§ 39 Abs. 6
Satz 2 SpkG 2002). Umgekehrt ist mit der Stellung als Aktionär keine weitergehende
Haftung verbunden.
66
Die Entscheidung des Beklagten, zur Unterstützung der WestLB AG tätig zu werden und
sich zu diesem Zweck mit 750 Mio. EUR an einer Kapitalerhöhung zu beteiligen, war
von seiner Einschätzungsprärogative gedeckt. Der Beklagte hat den Sachverhalt
fehlerfrei ermittelt und die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte erkannt. Seine
Erwartung, dass die WestLB AG ein A-Rating benötigte, um sinkende
Geschäftsmöglichkeiten und weitere Verluste zu vermeiden, war vertretbar. Gleiches gilt
für die Einschätzung, dass bei einem schlechteren Rating ein Eingreifen der
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie möglicherweise seine
Inanspruchnahme als Gewährträger im Raum standen. Die Kapitalerhöhung war nicht
offensichtlich ungeeignet, um ein A-Rating der WestLB AG zu erreichen und die
andernfalls möglichen Konsequenzen abzuwenden.
67
Sich nach Abwägung aller Vor- und Nachteile für die Beteiligung an einer
Kapitalerhöhung zu entscheiden, war vertretbar. Hierbei hatte der Beklagte nicht nur die
von der Klägerin hervorgehobenen finanziellen Belastungen des Verbands und seiner
Mitgliedssparkassen durch die Kapitalerhöhung sowie die Ursachen für die Verluste der
WestLB AG in den Blick zu nehmen. Zu berücksichtigen war auch die nachvollziehbare
Prognose, dass unterlassene Hilfsmaßnahmen höhere Refinanzierungskosten der
Sparkassen hätten nach sich ziehen können. Weitere finanzielle Belastungen hätten bei
einer Inanspruchnahme als Gewährträger entstehen können. Im ungünstigsten Fall hätte
68
es zur Abwicklung der WestLB AG und damit zum Verlust der Einlagen des Beklagten
bei dieser Aktiengesellschaft kommen können. Dabei hätte zudem Kapital für die
Gründung einer neuen Sparkassenzentralbank aufgebracht werden müssen. Über diese
finanziellen Auswirkungen hinaus musste der Beklagte bei seiner Entscheidung
berücksichtigen, dass das Vertrauen in das öffentliche Bankenwesen hätte Schaden
nehmen können, wenn die WestLB AG abgewickelt worden wäre oder ein Fall der
Gewährträgerhaftung eingetreten wäre. In den Blick zu nehmen waren schließlich die
Folgen eines solchen Szenarios für den Finanzmarkt insgesamt.
Dass sich der Beklagte, als er sich an der Kapitalerhöhung beteiligte, nicht über auf der
Hand liegende Bedenken hinweggesetzt hat, wird durch die EU-Kommission bestätigt,
die nach Prüfung der Maßnahme zu dem Ergebnis gelangt ist, es habe sich nicht um
eine Beihilfe gehandelt. Dabei hat die EU-Kommission darauf abgestellt, dass ein
umsichtiger, marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber, der in seinem
Bestreben um Gewinnmaximierung stets auch bedenkt, welches Risiko er einzugehen
bereit ist, um eine bestimmte Rendite zu erzielen, genauso gehandelt hätte wie der
Beklagte.
69
Vgl. Schreiben der EU-Kommission an das Auswärtige Amt vom 18. Juli 2007 - K(2007)
3258 -, Rdnr. 66 f., 98 ff. (Beiakte 8, Anlage B 1).
70
Die Entscheidung, die Kosten der Kapitalerhöhung durch die Begebung von
Fremdschuldverschreibungen fremdzufinanzieren, war ebenfalls von den Befugnissen
des Beklagten gedeckt.
71
Dass der Beklagte grundsätzlich berechtigt ist, sich die finanziellen Mittel zu beschaffen,
die zur Wahrnehmung der in seinen Aufgabenbereich fallenden Tätigkeiten benötigt
werden, bedarf keiner weiteren Darlegung. Der Beklagte durfte zu diesem Zweck auch
Fremdschuldverschreibungen begeben. Das Sparkassengesetz regelt nicht, wie die
Sparkassen- und Giroverbände ihre Verbandsaufwendungen bestreiten, sondern
überlässt dies den zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Verbände zu erlassenden
Satzungen (§ 48 Satz 1 SpkG 2002). Die Beteiligung des Beklagten an der
Kapitalerhöhung der WestLB AG begründete einen außerordentlichen Finanzbedarf. Zu
seiner Deckung konnte der Beklagte nach § 23 Abs. 2 der Satzung 2000 auf sein
Vermögen zurückgreifen, eine außerordentliche Umlage erheben oder Darlehen
aufnehmen. Von der Möglichkeit, Darlehen aufzunehmen, ist die Befugnis umfasst,
Fremdschuldverschreibungen zu begeben. Der in der Satzung verwandte Begriff des
Darlehens ist nicht technisch im Sinne von §§ 488 ff. BGB zu verstehen, sondern
gestattet auch die Inanspruchnahme anderer Möglichkeiten der Fremdfinanzierung. Die
Satzungsreglung beschränkt sich trotz ihres scheinbar eindeutigen Wortlauts darauf,
dem Beklagten in Fällen außerordentlichen Finanzbedarfs eine Fremdfinanzierung zu
ermöglichen und ihm so zusätzliche Handlungsmöglichkeiten einzuräumen. Während
die für die Verbandstätigkeit erforderlichen Mittel grundsätzlich aus Erträgen und
Umlagen zu bestreiten sind (§ 23 Abs. 1 der Satzung 2000), ist es bei
außerordentlichem Bedarf ausnahmsweise auch zulässig, auf das Vermögen
zurückzugreifen oder die Lasten durch Fremdfinanzierung in die Zukunft zu
verschieben. Diese systematische Auslegung wird durch den Zweck des § 23 Abs. 2 der
Satzung bestätigt. Der Beklagte sollte in die Lage versetzt werden, in
außergewöhnlichen finanziellen Situationen die nach Lage des Einzelfalls günstigste
Möglichkeit zur Deckung des Finanzbedarfs nutzen zu können. Gründe, die den
Satzungsgeber veranlasst haben könnten, dem Beklagten nur die Aufnahme von
72
Darlehen im Sinne vom §§ 488 ff. BGB zu gestatten, ihm jedoch andere, unter
Umstände im Einzelfall günstigere Möglichkeiten der Fremdfinanzierung zu versagen,
sind nicht ersichtlich.
Die vom Beklagten getroffene Auswahl zwischen den zur Verfügung stehenden
Möglichkeiten, den durch die Kapitalerhöhung bei der WestLB AG entstandenen
außerordentlichen Finanzbedarf zu decken, hält sich im Rahmen seiner
Einschätzungsprärogative. Der Beklagte hat die mit einer Fremdfinanzierung
verbundenen Vor- und Nachteile erwogen (vgl. S. 6 f. der Vorlage zu
Tagesordnungspunkt 6 der Verbandsversammlung am 16. Juni 2004, Bl. 54 f. Beiakte 3)
und sich in vertretbarer Weise dafür entschieden, Fremdschuldverschreibungen zu
begeben. Trotz des mit einer Fremdfinanzierung verbundenen Nachteils zusätzlicher
Zinsbelastungen sprach für diese Maßnahme, dass sie die Eigenkapitalspielräume der
Mitgliedssparkassen nach den Großkreditvorschriften des Kreditwesengesetzes (vgl. §§
13 ff. KWG) nicht einengte.
73
Auch die mit der Bildung des Reservefonds vom Beklagten verfolgten Ziele sind von
seinem Aufgabenbereich gedeckt. Auch sie dienen der Förderung des
Sparkassenwesens im Sinne des § 49 SpkG 2002. Das liegt auf der Hand, soweit der
Reservefonds der Sicherung der Mitgliedssparkassen des Beklagten dient. Dieses Ziel
ergibt sich aus Nr. 3 Abs. 1 der Satzung des Reservefonds, wonach er bei drohenden
oder bestehenden finanziellen Schwierigkeiten Unterstützungsmaßnahmen ergreift.
Insoweit tritt der Reservefonds neben den traditionellen Stützungsfonds des Beklagten
(vgl. § 2 Abs. 1 Buchstabe e der Satzung 2000). Die Unterhaltung solcher Fonds stellt
eine Maßnahme zur Förderung des Sparkassenwesens dar. Sie dient dem
gemeinsamen Interesse der Mitgliedssparkassen und gehört zum überkommenen
Tätigkeitsbereich von Sparkassen- und Giroverbänden. Ihre Zulässigkeit wird in § 12
Abs. 1 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes und inzwischen
auch in § 34 Satz 2 des Sparkassengesetzes vom 18. November 2008 vorausgesetzt.
Sie ist in der Literatur seit jeher anerkannt.
74
Vgl. nur Heinevetter, Sparkassengesetz Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. (Stand: August
1992), § 47 Anm. 2; Schlierbach, Das Sparkassenrecht in der Bundesrepublik
Deutschland, 5. Aufl. (2003), S. 149 f., 298 f.
75
Aber auch das weitere Ziel, durch die Bildung des Reservefonds ein A-Rating der
WestLB AG zu ermöglichen und so zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation
dieses Instituts beizutragen, ist nach dem oben Ausgeführten Teil des
Aufgabenbereichs des Beklagten. Die Bildung des Reservefonds stellt auch mit Blick
auf die am 21. Juli 2004 beschlossene Satzung des Reservefonds kein Mittel dar, zu
dessen Einsatz der Beklagte nicht berechtigt ist. Es bestehen keine durchgreifenden
Bedenken dagegen, dass die Satzung in Nr. 6 Abs. 1 die Bildung eines
Reservefondsausschusses vorsieht und diesen mit weitreichenden Kompetenzen
ausstattet.
76
Mit dem Reservefondsausschuss wurde kein weiteres, in § 50 Abs. 1 SpkG 2002 und §
4 der Satzung des Beklagten vom 20. Juni 2000 nicht vorgesehenes Organ des
Beklagten geschaffen. Der Reservefondsausschuss ist kein Organ des Beklagten,
sondern ein Organ des Reservefonds. Dieser ist - wie der Stützungsfonds des
Beklagten,
77
vgl. Heinevetter, Sparkassengesetz Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. (Stand: August 1992),
§ 47 Anm. 2; Schlierbach, Das Sparkassenrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 5.
Aufl. (2003), S. 150,
78
- eine zwar rechtlich unselbständige, organisatorisch jedoch verselbständigte
Einrichtung, zu deren Gründung der Beklagte nach § 2 Abs. 5 seiner Satzung berechtigt
war. Dass mit dem Reservefonds etwas organisatorisch von den sonstigen
Verbandsstrukturen Unabhängiges geschaffen werden sollte, ergibt sich aus der
Verabschiedung einer seine Rechtsverhältnisse regelnden Satzung und seiner
Bezeichnung als Sondervermögen (Nr. 1 Abs. 1 dieser Satzung). Einrichtungen, die der
Beklagte nach seiner Satzung gründet oder an denen er sich beteiligt (vgl. § 2 Abs. 5
der Satzung 2000), handeln durch ihre eigenen Organe, die nicht mit Organen des
Beklagten identisch sein müssen. Weder das Sparkassengesetz noch die Satzung des
Beklagten schließen aus, dass in den Organen solcher Einrichtungen Verbandsfremde -
im Fall des Reservefondsausschusses Vertreter der WestLB AG - vertreten sind. Wenn
neben dem Beklagten Dritte an der Einrichtung beteiligt sind oder zu deren Unterhaltung
finanziell beitragen, wird dies sogar die Regel sein. Überdies kommt den beiden
Vertretern der WestLB AG im Reservefondsausschuss keine mit Blick auf das
Demokratieprinzip bedenkliche Stellung zu. Sie können die Entscheidungen des
Ausschusses nicht in der Weise beeinflussen, dass sie gegen die Mehrheit der Vertreter
des Beklagten zustande kommen.
79
Zu diesem Kriterium vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2002 - 2 BvL 5/98 u. a. -,
juris Rdnr. 159 ff. (= BVerfGE 107, 59).
80
Indem er die Entscheidung über Hilfsmaßnahmen durch den Reservefonds dem
Reservefondsausschuss übertragen hat, hat der Beklagte die ihm zustehende
Organisationsgewalt,
81
zur Organisationsgewalt eingehend VerfGH NRW, Urteil vom 9. Februar 1999 - 11/98 -,
juris (= OVGE 47, 280),
82
nicht überschritten. Er hat keine Kompetenzen übertragen, die der Gesetzgeber
ausdrücklich der Verbandsversammlung vorbehalten hat. Dieser hat sich darauf
beschränkt, in § 50 Abs. 1 SpkG 2002 Organe des Beklagten zu benennen sowie in §
50 Abs. 2 und Abs. 3 SpkG 2002 - hier nicht betroffene - punktuelle Regelungen für
deren Zusammensetzung und Entscheidungsfindung zu treffen. Im Übrigen hat er es mit
§ 50 Abs. 4 SpkG 2002 dem Beklagten überlassen, Zusammensetzung und Befugnis
seiner Organe durch Satzung zu regeln.
83
Der Rechtmäßigkeit der getroffenen Satzungsregelungen steht nicht der Grundsatz
entgegen, dass Körperschaften des öffentlichen Rechts Entscheidungen, die von
besonderem Gewicht sind, ihrem zentralen Kollegialorgan vorbehalten müssen.
84
Vgl. Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Band 3, 5. Aufl. (2004), § 87 Rdnr. 78.
85
Der Beklagte hat die im Zusammenhang mit der Bildung des Reservefonds zu fällenden
wesentlichen Entscheidungen durch die Verbandsversammlung als sein zentrales
Kollegialorgan getroffen. Diese hat in ihrer Sitzung am 21. Juli 2004 nicht nur über die
Einrichtung des Fonds als solche entschieden, sondern durch die von ihr
verabschiedete Satzung auch dessen Aufgaben und finanzielle Ausstattung festgelegt
86
sowie den Reservefondsausschuss geschaffen und seine Kompetenzen geregelt. Nach
Nr. 10 der Satzung des Reservefonds obliegen der Verbandsversammlung zudem
Änderungen der Satzung des Reservefonds sowie die Entscheidung über dessen
Auflösung.
Die dem Reservefondsausschuss übertragenen Entscheidungen über konkrete
Hilfsmaßnahmen haben demgegenüber für die Tätigkeit des Beklagten kein besonderes
Gewicht. Der Reservefondsausschuss ist darauf beschränkt, die von der
Verbandsversammlung getroffenen wesentlichen Entscheidungen umzusetzen. Er ist
sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen für Hilfsmaßnahmen (vgl. Nr. 4 und 5 der
Satzung des Reservefonds) als auch hinsichtlich der hierfür zur Verfügung stehenden
Mittel (Nr. 7 der Satzung) durch die von der Verbandsversammlung beschlossene
Satzung engen Bindungen unterworfen. Die Beschlüsse des Reservefondsausschusses
sind auch nicht aufgrund ihrer Auswirkungen als wesentlich zu qualifizieren. Allerdings
können die Beschlüsse eine Nachschusspflicht der Mitgliedssparkassen des Beklagten
in einer Höhe auslösen, die unter ungünstigen Umständen im Einzelfall eine
substanzielle Gefährdung einzelner Institute zur Folge haben kann. Unabhängig davon,
dass Nr. 7 Abs. 3 der Satzung des Reservefonds Vorkehrungen dagegen getroffen hat,
dass sich diese abstrakte Gefahr verwirklicht, entsteht das finanzielle Risiko für die
Mitgliedssparkassen jedoch nicht erst durch Beschlüsse des
Reservefondsausschusses. Die Höhe eventueller Nachschusspflichten ist vielmehr
zwangsläufige Folge der von der Verbandsversammlung beschlossenen
Satzungsbestimmungen zur Höhe der Mittel des Reservefonds und zu deren
Aufbringung.
87
Die Entscheidung des Beklagten, den Reservefonds zu bilden, hielt sich im Rahmen der
ihm zustehenden Einschätzungsprärogative. Die Annahme, dass ohne zusätzliche
Maßnahmen das angestrebte A-Rating für die WestLB AG nicht erreicht werden würde,
war plausibel. Erneut zugunsten der WestLB AG tätig zu werden, war vertretbar. Die
Gründe, die den Beklagten bereits zu der Kapitalerhöhung veranlasst hatten, galten fort.
Der Beklagte hat die Vor- und Nachteile der weiteren zur Ratingstabilisierung der
WestLB AG in Betracht kommenden Maßnahmen ausführlich erwogen (vgl. S. 3 ff. der
Vorlage zu Tagesordnungspunkt 2 der Verbandsversammlung am 21. Juli 2004, Bl. 168
ff. Beiakte 3). Die Erwartung, durch die Bildung des Reservefonds nicht nur das Rating
der WestLB AG, sondern auch das Rating der Sparkassen selbst verbessern zu können,
ist ebenso wie die weiteren für die getroffene Entscheidung angeführten Argumente
nachvollziehbar.
88
Schließlich engen die finanziellen Folgen der Maßnahmen auch zusammengenommen
den Entscheidungsspielraum der Klägerin und ihrer Entscheidungsorgane nicht in
einem Maße ein, das mit ihrer Eigenständigkeit als selbständiges gemeindliches
Wirtschaftsunternehmen nicht vereinbar wäre. Damit kann entgegen der Ansicht der
Klägerin auch kein Verstoß gegen das Demokratieprinzip in Gestalt eines unzulässigen
Eingriffs in die Kompetenzen ihrer Organe festgestellt werden.
89
Die Sonderumlagen, die der Beklagte erhoben hat, um die ihm durch die Umsetzung der
Beschlüsse entstandenen Kosten zu decken, haben der Klägerin seit 2004 erhebliche
Zahlungspflichten auferlegt. Für die Beurteilung der Auswirkungen dieser
Zahlungspflichten auf die Geschäftstätigkeit der Klägerin ist jedoch weniger deren
absolute Höhe als ihr Verhältnis zu Geschäftsvolumen und Gewinn von Bedeutung.
Nimmt man dies in den Blick, sind die Zahlungspflichten spürbar, es ist jedoch nicht
90
erkennbar, dass die Klägerin durch sie bislang in der Wahrnehmung der ihr
zugewiesenen Aufgaben (vgl. § 3 SpkG 2002) beeinträchtigt wurde oder künftig
beeinträchtigt werden könnte. Für eine wesentliche Einschränkung der Klägerin im
Betrieb ihrer Geschäfte ist gleichfalls nichts ersichtlich.
Die Klägerin musste 2004 für den Reservefonds und die Kapitalerhöhung bei der
WestLB AG insgesamt 100.427,55 EUR aufbringen. Das waren 0,01 % ihrer
Bilanzsumme von 917.004.000,- EUR und 0,9 % ihres Jahresüberschusses vor Steuern
von 11.148.000,- EUR. 2005 musste die Klägerin hierfür 385.523,91 EUR zahlen, was
0,04 % ihrer Bilanzsumme (935.757.000,- EUR) und 3,5 % ihres Jahresüberschusses
(10.995.000,- EUR) entsprach. 2006 wurden von der Klägerin zu diesem Zweck
Umlagen von insgesamt 386.981,38 EUR erhoben - 0,04 % ihrer Bilanzsumme
(994.450.000,- EUR) und 5,3 % ihres Jahresüberschusses (7.247.000,- EUR). Von 2004
bis 2006 konnte die Klägerin ihren Vorsorgereserven jährlich zwischen 2.700.000,- EUR
und 4.750.000,- EUR zuführen.
91
Bei der Beurteilung der Auswirkungen der Umsetzung der Beschlüsse der
Verbandsversammlungen auf den wirtschaftlichen Entscheidungsspielraum der
Klägerin ist weiter zu berücksichtigen, dass die von ihr bevorzugten Vorgehensweisen
(etwa eine Inkaufnahme der Inanspruchnahme als Gewährträger) gleichfalls nicht ohne
finanzielle Folgen für die Mitgliedssparkassen geblieben wären. Zudem hat der
Beklagte Vorsorge getroffen, um übermäßige Belastungen der Mitgliedssparkassen zu
vermeiden. So stellt Nr. 7 Abs. 3 der Satzung des Reservefonds sicher, dass eine
substanzielle Gefährdung einzelner Institute auch bei Inanspruchnahme aus der
Nachschusspflicht nicht eintritt.
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Dass die mit der Umsetzung der Beschlüsse für die Klägerin verbundenen Belastungen
für diese tragbar sind, ohne sie in ihrem wirtschaftlichen Entscheidungsspielraum
unzumutbar einzuschränken, wurde besonders im Jahr 2007 deutlich. In die Bilanz der
Klägerin für dieses Jahr sind zusätzlich zu den regelmäßigen Zahlungen für
Reservefonds und Fremdfinanzierung der Kapitalerhöhung 3.653.934,88 EUR
eingeflossen, die aufgrund eines Beschlusses des Reservefondsausschusses vom 21.
Januar 2008 von ihr als Nachschuss für den Reservefonds zu erbringen waren. Trotz
dieser unvorhergesehenen Belastung erzielte die Klägerin vor Steuern einen
Jahresüberschuss vom 3.484.000,- EUR und konnte ihren Vorsorgereserven weitere
1.750.000,- EUR zuführen. Angesichts dessen spricht alles dafür, dass die Klägerin
auch den von ihr voraussichtlich im Jahr 2014 zu leistenden Anteil an der Tilgung der
zur Finanzierung der Kapitalerhöhung begebenen Anleihe in Höhe von ca. 5.700.000,-
EUR aufbringen kann, ohne unzumutbar in ihren wirtschaftlichen
Entscheidungsspielräumen eingeschränkt zu werden.
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Durchgreifende Bedenken gegen die vom Beklagten beschlossenen Maßnahmen zur
Unterstützung der WestLB AG ergeben sich auch nicht mit Blick darauf, dass die zu ihrer
Finanzierung von der Klägerin zu erbringenden Umlagen insgesamt die Höhe
sogenannter Großkredite erreichen. Ein der vor Vergabe von Großkrediten
erforderlichen besonderen Risikoprüfung (insbesondere durch den Kreditausschuss)
vergleichbares Schutzniveau ist hier dadurch gewährleistet, dass alle
Mitgliedssparkassen über die Verbandsversammlung an der Entscheidungsfindung
mitwirken.
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Die zulässige Leistungsklage (Klageantrag zu 3.) ist nicht begründet. Die Klägerin hat
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jedenfalls deshalb keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung und
Verzinsung der im Zusammenhang mit der Umsetzung der Beschlüsse erbrachten
Zahlungen, weil die Beschlüsse bzw. deren Umsetzung rechtmäßig waren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die
Entscheidung über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in
Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 und § 713 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
nicht vorliegen. Die in Rede stehenden grundsätzlichen Rechtsfragen sind dem nicht
revisiblen Landesrecht zuzuordnen. Bundesrechtliche (insbesondere
verfassungsrechtliche) Fragen, die einer weitergehenden Klärung in einem
Revisionsverfahren bedürfen, stellen sich nicht.
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