Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 05.02.2002

OVG NRW: wohnwagen, rückwirkung, satzung, rechtssicherheit, stadt, gemeinde, rechtsgrundlage, mangel, rechtsstaatsprinzip, gleichbehandlung

Oberverwaltungsgericht NRW, 14 A 4652/01
Datum:
05.02.2002
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
14. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 A 4652/01
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 20 K 8502/98
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 272,-- DM
festgesetzt.
Gründe:
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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1. Soweit der Kläger den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel geltend macht, kann
dahinstehen, ob insoweit dem Darlegungsgebot des hier gemäß § 194 Abs. 1 VwGO
idF. des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom
20. Dezember 2001 (BGBl I, S. 3987) noch anzuwendenden § 124a Abs. 1 Satz 4
VwGO a.F. genügt ist. Die Ausführungen des Klägers sind jedenfalls ungeeignet,
ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu
begründen.
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a) Soweit der Kläger ernstliche Zweifel an seiner Heranziehung zur
Zweitwohnungssteuer für seinen Wohnwagen mit einem behaupteten Verstoß gegen
den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG begründet, sind solche Zweifel nicht gegeben.
Das Verwaltungsgericht hat unter Anführung der Rechtsprechung auch des
erkennenden Gerichts zum weit gehenden Gestaltungsspielraum des
Steuersatzungsgebers gerade im Bereich der Aufwandsteuer dargelegt, dass für die
unterschiedliche Behandlung von nicht nur vorübergehend abgestellten Wohnwagen
pp. einerseits und Kleingartenanlagen und Hausboten andererseits sachliche
Gesichtspunkte sprechen, die unter den von der angeführten Rechtsprechung
angeführten Gesichtspunkten eine differenzierte Behandlung rechtfertigen. Diese
Gesichtspunkte werden durch den Zulassungsantrag nicht entkräftet. Der Kläger
verkennt, dass auch dann, wenn, wie er behauptet, der Aufwand für die Unterhaltung
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eines Kleingartens oder eines Hausbootes dem für das nicht nur vorübergehende
Aufstellen eines Wohnwagens pp. vergleichbar wäre, dies nicht zu einem
Gleichheitsverstoß führt, solange finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische
oder steuertechnische Erwägungen die verschiedene Behandlung motivieren. Die
Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers endet jedoch dort - aber auch erst dort -, wo die
gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer
am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also kein
einleuchtender Grund mehr für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung
besteht.
Vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325
(346 f.) = NJW 1984, 785 = DVBl 1984, 216 = DÖV 1984, 246, und vom 1. März 1997 - 2
BvR 1599/89 - u.a., DVBl 1997, 1053 = DÖV 1997, 637 = NVwZ 1997, 573 = GemHaush
1997, 106 = KStZ 1997, 113 = ZKF 1997, 251, mwN; ferner das vom Kläger selbst
angeführte Urteil des 22. Senats des erkennenden Gerichts vom 15. März 1999 - 22 A
391/98 -.
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Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung eine Reihe solcher
Gründe angeführt, die die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen, ohne dass diese
Erwägungen durch den Zulassungsantrag im Einzelnen in Frage gestellt würden.
Dieser beschränkt sich vielmehr darauf, einen Gleichheitsverstoß zu behaupten, ohne
auf die einzelnen, vom Verwaltungsgericht für eine zulässige Differenzierung
angeführten Gesichtspunkte einzugehen und darzulegen, weshalb diese im Sinne der
angeführten Rechtsprechung es nicht zu rechtfertigen vermögen, dass von einer
Besteuerung dieser Aufwandarten abgesehen wird, während das nicht nur
vorübergehende Aufstellen von Wohnwagen pp. im Gemeindegebiet einer
Aufwandsteuer unterworfen wird.
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b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts
vermögen auch die Ausführungen des Klägers zur Rückwirkung der Besteuerung der
dauerhaften Aufstellung von Wohnwagen pp. nicht zu begründen.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der
Verwaltungsgerichte steht der Grundsatz des Vertrauensschutzes, der unter dem aus
dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden Gesichtspunkt der
Rechtssicherheit regelmäßig eine rückwirkende, an abgeschlossene Tatbestände
anknüpfende rechtliche Verschlechterung ausschließt, einer rückwirkenden rechtlichen
Regelung ausnahmsweise dann nicht entgegen, wenn das Vertrauen der Betroffenen in
eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt ist. So ist das Vertrauen u.a.
dann nicht schutzwürdig, wenn der Bürger in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der
Rechtsfolge von der Norm zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen musste.
Vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 -, BVerfGE 13, 261 (271 f.);
BVerwG, Urteil vom 15. April 1983 - 8 C 170.81 -, BVerwGE 67, 129 (131 f.) mwN.
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Das ist hier der Fall, da bereits im Zeitpunkt, für den sich die Satzung hier Rückwirkung
beimisst, die Besteuerung des nicht nur vorübergehenden Aufstellens von Wohnwagen
durch entsprechende - auch bekannt gemachte - Satzungen der Stadt Hennef
vorgesehen war. Niemand konnte deshalb darauf vertrauen, dass eventuelle Fehler
dieser Satzungen nicht rückwirkend behoben würden, nachdem der Wille der Gemeinde
zur Schaffung dieses Steuertatbestandes sich in so klarer Weise manifestiert hatte.
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Ferner bestehen keinerlei rechtliche Zweifel daran, dass der Mangel einer wirksamen
Rechtsgrundlage, an dem der streitige Abgabenbescheid litt, durch die rückwirkend in
Kraft getretene Zweitwohnungssteuersatzung geheilt worden ist. Dies folgt daraus, dass
es nach ständiger Rechtsprechung nicht nur der Verwaltungsgerichte, sondern auch des
BGH für die Beurteilung der materiellen Rechtmäßigkeit von Abgabenbescheiden auf
den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ankommt und deshalb rückwirkende
Satzungsregelungen, die eine bis dahin unwirksame Satzung ersetzen, einen
rechtswidrigen Abgabenbescheid zu heilen vermögen.
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Vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 1994 - III ZR 24/94 -, DVBl 1995, 109 = BGHZ 127,
223; VGH München, Urteil vom 08. Mai 1992 - 23 B 90.1777 -, KStZ 1992, 219 = NVwZ-
RR 1993, 100; OVG Münster, Urteil vom 29. September 1983 - 3 A 1635/82 -, NVwZ
1984, 321 = DÖV 84,598; BVerwG, Urteil vom 26. August 1983 - 8 C 140.81 -, NVwZ
1984, 648 = BRS 43 Nr. 147; BVerwG, Urteil vom 25. November 1981 - 8 C 14.81 -,
BVerwGE 64, 218 = NVwZ 1982, 375; BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1979 - IV C 12
- 16.77 -, KStZ 1980, 70 = DÖV 1980, 341; BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 1972 -
VII B 92.70 -, Buchholz 401.84, Nr. 13.
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2. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der rechtlichen Schwierigkeiten ist - seine
ordnungsgemäße Darlegung unterstellt - jedenfalls nicht gegeben, da die rechtlichen
Kriterien, nach denen die vom Kläger angesprochenen Rechtsfragen zu beurteilen sind,
sämtlich geklärt sind und die Beurteilung des vorliegenden Falles nach diesen Kriterien
rechtliche Schwierigkeiten nicht verursacht.
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3. Soweit der Kläger schließlich den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung
des Rechtsstreits (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend macht, ist der Antrag unzulässig,
weil er es unterlässt, eine bestimmte Rechtsfrage zu formulieren und darzulegen, dass
und warum ihr eine grundsätzliche Bedeutung zukommt, die eine obergerichtliche
Klärung erfordert.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Wertfestsetzung auf §§ 73
Abs. 1, 13 Abs. 2 GKG.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 13 Abs. 3 Satz 2 GKG).
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Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124a Abs. 2 Satz 3 VwGO a.F.).
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