Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 10.09.2008

OVG NRW: besoldung, europäischer gerichtshof, mehrarbeit, pflichtstundenzahl, vergütung, diskriminierung, eugh, vergleich, geschlecht, realschule

Oberverwaltungsgericht NRW, 6 A 2446/05
Datum:
10.09.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 A 2446/05
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Minden, 4 K 880/04
Tenor:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Das beklagte Land trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das
beklagte Land darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages
abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in
Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
1
I.
2
Die am 15. Oktober 1954 geborene Klägerin steht als teilzeitbeschäftigte Lehrerin im
Beamtenverhältnis (Besoldungsgruppe A 13 BBesO) an der H. -C. -Realschule in C1.
im Dienst des beklagten Landes. Ihre Pflichtstundenzahl war im streitbetroffenen
Zeitraum vom 1. September 1999 bis zum 31. Juli 2004 wie folgt reduziert:
3
Zeitraum Pflichtstundenzahl
4
01.09.1999 bis 06.02.2000 14
5
07.02.2000 bis 28.06.2000 18
6
29.06.2000 bis 18.08.2001 14
7
19.08.2001 bis 11.10.2001 17
8
12.10.2001 bis 06.10.2002 15
9
07.10.2002 bis 31.01.2003 17
10
01.02.2003 bis 13.09.2003 15
11
14.09.2003 bis 31.07.2004 16
12
Über dieses Pflichtstundenmaß hinaus leistete die Klägerin auf Anordnung der
Schulleitung zusätzliche Unterrichtsstunden in folgendem Umfang:
13
Im Monat Stundenzahl
14
September 1999 2
15
Dezember 1999 3
16
Juni 2000 3
17
Oktober 2000 3
18
Dezember 2000 1
19
Januar 2001 1
20
April 2001 1
21
Mai 2001 3
22
Oktober 2001 3
23
November 2001 3
24
Dezember 2001 3
25
Februar 2002 1
26
April 2002 1
27
November 2002 2
28
Dezember 2002 3
29
Juli 2003 2
30
Oktober 2003 2
31
Februar 2004 1
32
März 2004 1
33
April 2004 1
34
Juni 2004 2
35
Juli 2004 2
36
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2000, 14. März und 1. Dezember 2004 beantragte die
Klägerin für diese Stunden eine zeitanteilige Besoldung aus ihrer Besoldungsgruppe.
Sie verwies u.a. auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 21. April 1999 - 5
AZR 200/98 -.
37
Die Bezirksregierung E. lehnte diese Anträge mit Bescheiden vom 18. Oktober 2000, 23.
März 2004 und 27. Januar 2005 ab. Sie führte aus, der von der Klägerin über ihre
individuelle Pflichtstundenzahl hinaus erteilte Unterricht sei Mehrarbeit, die nicht mit
regelmäßiger Arbeit gleichzusetzen sei. Eine Vergütung hierfür könne die Klägerin
mangels Überschreitung der Mindeststundenzahl nach der
Mehrarbeitsvergütungsverordnung (MVergV) nicht beanspruchen.
38
Die Klägerin erhob jeweils Widerspruch. Sie trug vor, die Mindeststundenzahl
benachteilige ohne rechtfertigenden Grund teilzeitbeschäftigte Lehrer, weil sie für diese
eine größere Belastung als für vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte darstelle. Sie sei daher bei
Teilzeitbeschäftigten in dem Verhältnis ihrer individuellen Pflichtstundenzahl zur
Pflichtstundenzahl für Vollzeitbeschäftigte herabzusetzen.
39
Die Bezirksregierung E. wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheiden vom 18.
Februar 2004, 3. Mai 2004 und 22. Februar 2005 zurück.
40
Am 4. März 2004 hat die Klägerin Klage auf zeitanteilige Besoldung für die zusätzlichen
Unterrichtsstunden im Zeitraum von September 1999 bis Oktober 2000 erhoben. Sie hat
die Klage am 13. Mai 2004 auf den in dem Zeitraum von Dezember 2000 bis Juli 2003
zusätzlich erteilten Unterricht und am 3. März 2005 auf die Mehrstunden in dem
Zeitraum von Oktober 2003 bis Juli 2004 erweitert.
41
Sie hat auf das Urteil des Senats vom 30. Juni 2003 - 6 A 4424/01 - verwiesen und
ausgeführt, sie erhalte für dieselbe Zahl von Unterrichtsstunden ein geringeres Entgelt
als eine vollzeitbeschäftigte Lehrkraft, weil die Mehrarbeitsvergütung nach der MVergV
nicht die Höhe der anteiligen Besoldung erreiche. Hierin liege ein Verstoß gegen den
Entgeltgleichheitsgrundsatz aus Art. 141 EG-Vertrag (EGV).
42
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
43
das beklagte Land unter Aufhebung der Bescheide der Bezirksregierung E. vom 18.
Oktober 2000, vom 23. März 2004 und vom 27. Januar 2005 sowie der
Widerspruchsbescheide vom 18. Februar 2004, vom 3. Mai 2004 und vom 22. Februar
2005 zu verpflichten, ihr - der Klägerin - für die in dem Zeitraum von September 1999 bis
Juli 2004 geleistete Mehrarbeit im Umfang von insgesamt 44 Unterrichtsstunden
anteilige Besoldung aus der Besoldungsgruppe A 13 BBesO zu gewähren.
44
Das beklagte Land hat beantragt,
45
die Klage abzuweisen.
46
Das Verwaltungsgericht Minden hat das beklagte Land mit Urteil vom 18. Mai 2005
unter teilweiser Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, der Klägerin
Mehrarbeitsvergütung für die in den Monaten September und Dezember 1999, Juni und
Oktober 2000, Mai, Oktober, November und Dezember 2001, November und Dezember
2002, Juli und Oktober 2003 sowie Juni und Juli 2004 zusätzlich geleisteten
Unterrichtsstunden zu gewähren und dabei den Stundensatz zu Grunde zu legen, der
sich in dem jeweiligen Monat für eine gleich alte vollzeitbeschäftigte Inhaberin eines
Lehramtes derselben Besoldungsgruppe an einer Realschule als Besoldung errechne.
Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die MVergV sei im vorliegenden Fall
einschlägig. Die in den §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 5 Abs. 2 MVergV festgelegte
Mindeststundenzahl sei jedoch unanwendbar, weil sie gegen Art. 141 EGV und die
Richtlinie 75/117/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften (Richtlinie
75/117/EWG) verstoße. Teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte würden hierdurch benachteiligt,
weil eine Mehrarbeit von drei Stunden für sie eine relativ größere Belastung darstelle als
für vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte. Die Mindeststundenzahl sei daher für
Teilzeitbeschäftigte in dem Verhältnis herabzusetzen, in dem der Umfang der
Teilzeitbeschäftigung zu der regelmäßigen wöchentlichen Pflichtstundenzahl bei
Vollzeitbeschäftigung stehe. Das hiernach erforderliche Maß an Mehrarbeit habe die
Klägerin in den im Tenor aufgeführten Monaten erreicht und in den von der
Klageabweisung im Übrigen betroffenen Monaten unterschritten. Die Höhe der zu
zahlenden Mehrarbeitsvergütung bestimme sich nicht nach den in § 4 MVergV
bestimmten Stundensätzen, weil dies eine Art. 141 EGV und der Richtlinie 75/117/EWG
widersprechende Ungleichbehandlung der Klägerin im Vergleich zu
vollzeitbeschäftigten Lehrkräften zur Folge hätte. Zugrunde zu legen sei der höhere
Stundensatz für einen vollzeitbeschäftigten Realschullehrer der Besoldungsgruppe A 13
BBesO.
47
Gegen das dem beklagten Land am 13. Juni 2005 zugestellte Urteil hat dieses am 4.
Juli 2005 die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 2. August 2006,
dem beklagten Land zugestellt am 8. August 2006, hat der Senat die Berufung
zugelassen.
48
Mit seiner am 7. September 2006 bei Gericht eingegangenen Berufungsbegründung
trägt das beklagte Land vor, der Tenor des angefochtenen Urteils sei nicht vollstreckbar,
weil sich aus ihm nicht ergebe, dass die Zahlung der weiteren Mehrarbeitsvergütung
unter Abzug der bereits geleisteten Mehrarbeitsvergütung zu erfolgen habe. Die
Ungleichbehandlung von teilzeit- und vollzeitbeschäftigten Lehrkräften durch die sog.
"Bagatellgrenze" der §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 5 Abs. 2 Nr. 1 MVergV sei durch das Gebot der
Rechtsklarheit sowie zur Vermeidung eines hohen Verwaltungsaufwands gerechtfertigt,
der bei einer gesonderten Berechnung der Mindeststundengrenze in jedem Einzelfall
entstehen würde. Die Vergütung für Mehrarbeit sei für alle Beamten gleich hoch und
führe daher nicht zu einer Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten gegenüber
Vollzeitbeschäftigten. Jedenfalls sei ein derart festgelegter Stundensatz aus den
gleichen Gründen gerechtfertigt wie die Bestimmung einer für alle Beamten geltenden
Mindeststundenzahl.
49
Das beklagte Land beantragt,
50
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
51
Die Klägerin beantragt,
52
die Berufung zurückzuweisen.
53
Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Die Berechnung der anteiligen
Besoldung erfordere keinen besonderen Verwaltungsaufwand. Inwiefern sie zu einer
Rechtsunsicherheit führen könnte, sei nicht nachvollziehbar.
54
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des beklagten Landes
Bezug genommen.
55
II.
56
Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung durch
Beschluss nach § 130a VwGO, weil er sie einstimmig für unbegründet und die
Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält.
57
Die Berufung ist unbegründet. Die Klage ist, soweit das Verwaltungsgericht ihr
stattgegeben hat, zulässig und begründet. Das beklagte Land ist verpflichtet, der
Klägerin für die in dem Tenor des angefochtenen Urteils aufgeführten
Unterrichtsstunden - die bisher nicht vergütet worden sind - eine Vergütung unter
Zugrundelegung des Stundensatzes zu zahlen, der sich in dem jeweiligen Monat für
eine gleich alte vollzeitbeschäftigte Inhaberin eines Lehramtes derselben
Besoldungsgruppe an einer Realschule als Besoldung je Unterrichtsstunde errechnet.
Der Anspruch auf anteilige Besoldung folgt aus den Regelungen des Art. 141 Abs. 1
und 2 EGV, die zusammen mit der Richtlinie 75/117/EWG das gemeinschaftsrechtliche
Gebot der Entgeltgleichheit enthalten. Dieses Gebot, das eine unmittelbare oder
mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verbietet, gilt auch im Verhältnis
zwischen öffentlichen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und für die den deutschen
Beamten aufgrund des Dienstverhältnisses gewährten Vergütungen.
58
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 13. März 2008 - 2 C 128/07 -, und
Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 6. Dezember 2007 - C -300/06 -.
59
Eine mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts ist beispielsweise
anzunehmen, wenn eine Entgeltregelung zwar formal nicht an das Geschlecht anknüpft,
durch die Regelung aber erheblich mehr Angehörige des einen Geschlechts tatsächlich
nachteilig betroffen werden als des anderen. Dies kann etwa bei nachteiligen
Regelungen für Teilzeitbeschäftigte gelten, wenn in der Gruppe der
Teilzeitbeschäftigten im Vergleich zur Gruppe der Vollzeitbeschäftigten der Anteil des
einen Geschlechts erheblich überwiegt. Unter diesen Voraussetzungen liegt eine
mittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts immer dann vor, wenn bei
gleicher Arbeit und gleicher Anzahl von Stunden, die aufgrund eines
Arbeitsverhältnisses geleistet wird, die den Vollzeitbeschäftigten gezahlte Vergütung
höher ist als die den Teilzeitbeschäftigten gezahlte und diese Ungleichbehandlung nicht
durch Faktoren sachlich gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund
des Geschlechts zu tun haben.
60
Vgl. EuGH, Urteile vom 6. Dezember 2007 - C -300/06 -, vom 15. Dezember 1994 - Rs.
C-399/92 u.a. -, Slg. 1994 I-5727, und vom 13. Mai 1986 - Rs. 170/74 -, NJW 1986,
3020.
61
Die Prüfung einer Ungleichbehandlung beschränkt sich nicht auf einen gesonderten
Vergleich der Entgeltbestandteile Besoldung und Mehrarbeitsvergütung.
Entscheidender Vergleichsmaßstab ist vielmehr die Vergütung für die insgesamt
geleisteten Unterrichtsstunden. Die Ungleichbehandlung endet erst dann, wenn der
teilzeitbeschäftigte Lehrer soviel Mehrarbeit leistet, dass deren Umfang auch die
reguläre Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Lehrers überschreitet.
62
Vgl. EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2007, a.a.O., Rdnr. 31; BVerwG, Urteil vom 13. März
2008, a.a.O.
63
Nach diesen Grundsätzen sind die hier streitigen zusätzlich geleisteten
Unterrichtsstunden nicht nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 MVergV, sondern im Wege
anteiliger Besoldung zu vergüten. Die Arbeitszeit der Klägerin überschritt in den im
Tenor des angefochtenen Urteils aufgeführten Monaten unter Einschluss der
streitbetroffenen Unterrichtsstunden die reguläre Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten
Lehrers nicht.
64
Der Senat geht davon aus, dass in der Gruppe der teilzeitbeschäftigten beamteten
Lehrkräfte Frauen proportional deutlich stärker vertreten sind als in der Gruppe der
vollzeitbeschäftigten beamteten Lehrer. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig und
entspricht der Lebenserfahrung.
65
Eine Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung bei der Vergütung teilzeitbeschäftigter
Lehrer gegenüber vollzeitbeschäftigten Lehrkräften ist nicht erkennbar.
66
Bei der Prüfung, ob eine mittelbare Schlechterstellung des einen Geschlechts
gerechtfertigt ist, ist eine Abwägung vorzunehmen. Dabei sind das Interesse an der
Gleichbehandlung und der Zweck der Maßnahme, die faktisch das eine Geschlecht
stärker betrifft, einander gegenüberzustellen und zu gewichten.
67
Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom
30. Juni 2003 - 6 A 4424/01 -, NWVBl 2004, 104.
68
Dem Interesse an der Gleichbehandlung steht hier kein gleich gewichtiger Zweck
gegenüber. Er ergibt sich insbesondere nicht aus den vom beklagten Land geltend
gemachten Gründen der Verwaltungsvereinfachung. Die individuelle Berechnung des
für die anteilige Besoldung jeweils maßgeblichen Stundensatzes erfordert keinen
wesentlichen Verwaltungsaufwand. Er geht über den Aufwand nicht hinaus, der
beispielsweise mit der Berechnung der Besoldung bei erstmaliger Bewilligung oder
Änderung des Umfangs von Teilzeitbeschäftigung einhergeht. In beiden Fällen muss
die Anzahl der insgesamt geleisteten Unterrichtsstunden lediglich ins Verhältnis zu der
Pflichtstundenzahl eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Lehrers gesetzt werden.
Selbst wenn ein Interesse an der Vermeidung eines höheren Verwaltungsaufwands
unterstellt würde, ließe sich damit der Umfang der Schlechterstellung von
teilzeitbeschäftigten Lehrkräften - die anteilige Besoldung je Unterrichtsstunde beträgt
im Verhältnis zur Mehrarbeitsvergütung etwa 150 % - nicht rechtfertigen.
69
Der ferner angeführte Gesichtspunkt der Rechtsklarheit rechtfertigt die
Ungleichbehandlung ebenfalls nicht. Weshalb die Gewährung einer anteiligen
Besoldung für zusätzlich zum Teilzeitdeputat geleistete Unterrichtsstunden zu
Unklarheiten führen soll, hat das beklagte Land weder substantiiert vorgetragen noch ist
dies sonst ersichtlich.
70
Ein Verstoß gegen den Grundsatz des gleichen Entgelts hat unmittelbar zur Folge, dass
die Arbeitnehmer des benachteiligten Geschlechts einen Anspruch auf das Entgelt
gegen ihren Arbeitgeber haben, das dieser dem bevorzugten Geschlecht gewährt hat.
71
Vgl. EuGH, Urteil vom 7. Februar 1991 - Rs. C - 184/89 -, Slg. 1991, I-297, und Urteil
vom 27. Juni 1990 - Rs. C-33/89 -, Slg. 1990, I-2591; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom
30. Juni 2003, a.a.O.
72
Der Anspruch auf anteilige Besoldung setzt nicht voraus, dass die Grenze von drei
Unterrichtsstunden nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 1 MVergV oder eine
proportional zu der Arbeitszeit der teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte verminderte
Mindeststundengrenze überschritten wird. Die Anwendung einer solchen
"Bagatellgrenze" auf Stunden, die teilzeitbeschäftigte Lehrer über ihre individuelle
Arbeitszeit hinaus bis zu der regulären Arbeitszeit vollzeitbeschäftigter Lehrer leisten,
würde ebenfalls gegen den Entgeltgleichheitsgrundsatz verstoßen. Sie hätte zur Folge,
dass die betroffenen teilzeitbeschäftigten Lehrkräfte bei gleicher Arbeit und gleicher
Anzahl von Stunden eine geringere Vergütung erhielten als die vollzeitbeschäftigten
Lehrkräfte. Eine Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung ist nicht ersichtlich. Die
Bestimmung in § 3 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 1 MVergV beruht auf der Erwägung,
dass Beamte verpflichtet sind, in gewissem Umfang über die regelmäßige Arbeitszeit
hinaus ohne Entschädigung Dienst zu tun (§ 78 a Abs. 1 LBG). Diese Begründung trägt
hier nicht, weil die Mehrarbeit teilzeitbeschäftigter Lehrkräfte aufgrund der dargelegten
europarechtlichen Vorgaben dem Dienst vollzeitbeschäftigter Lehrer innerhalb der
regelmäßigen Arbeitszeit gleichzusetzen ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
74
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO
und des § 127 des Beamtenrechtsrahmengesetzes nicht erfüllt sind.
75
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