Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 01.12.2003

OVG NRW: grundstück, gebäude, lärmschutzwand, mauer, wahrscheinlichkeit, auflage, ausfahrt, zumutbarkeit, grenzbereich, datum

Oberverwaltungsgericht NRW, 7 B 2600/03
Datum:
01.12.2003
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 B 2600/03
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Köln, 2 L 2592/03
Tenor:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,-- EUR
festgesetzt.
G r ü n d e :
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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
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Aus den mit der Beschwerde dargelegten Gründen, auf deren Prüfung die Entscheidung
des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergibt sich keine
überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Annahme, die der Beigeladenen erteilte
Baugenehmigung vom 21. Juli 2003 zur Errichtung eines Wohngebäudes mit 44
Wohnungen, einer Tiefgarage mit 25 Stellplätzen und 18 oberirdischen Stellplätzen auf
den Grundstücken Gemarkung F. , Flur 17, Flurstücke 244 und 245 (C. Straße 31 - 35 in
L. -F. ) könnte mit die Antragstellerin schützenden, im vorliegenden Verfahren zu
prüfenden Vorschriften des Bauplanungs- oder des Bauordnungsrechts unvereinbar
sein. Das Interesse der Beigeladenen, von der Baugenehmigung Gebrauch zu machen,
überwiegt daher das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der
aufschiebenden Wirkung ihres gegen die Baugenehmigung gerichteten Widerspruchs.
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Der Senat teilt die Bewertung des Verwaltungsgerichts, die Tiefgaragenzufahrt, die
Stellplatzzufahrt entlang der Grenze zum Grundstück der Antragstellerin sowie die im
rückwärtigen Grundstücksbereich vorgesehenen 9 Stellplätzen seien der Antragstellerin
zumutbar, nämlich vereinbar mit den sich aus § 51 Abs. 7 BauO NRW ergebenden
Anforderungen. Das Verwaltungsgericht hat in seine Bewertung zutreffend die
Vorbelastung des Grundstücks der Antragstellerin (durch 8 Garagen zuzüglich 4
Stellplätzen in einer Entfernung von 6 m bis 7 m zur Grenze des Grundstücks der
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Antragstellerin), die der Beigeladenen auferlegten Schallschutzmaßnahmen
(Lärmschutzwand bzw. Lärmschutzzaun entlang der Grenze zum Grundstück der
Antragstellerin, Einhausung der Tiefgaragenzufahrt nebst vorgelagerter (Stütz-)Mauer)
sowie die Lage der Stellplätze und der Tiefgaragenzufahrt einbezogen. Aus der
Beschwerde ergibt sich nichts, was diese Bewertung im Ergebnis in Frage stellen
würde.
Die Antragstellerin wendet ein, die nach § 51 Abs. 7 BauO NRW erforderliche
Zumutbarkeitsbewertung dürfe nicht zu Lasten des Nachbarn deshalb beschränkt
werden, weil § 6 Abs. 11 Satz 1 Nr. 1 BauO NRW überdachte Stellplätze und Garagen
abstandrechtlich privilegiere, denn privilegiert sei nur ein Stellplatz bzw. eine
Grenzgarage. Die vom Verwaltungsgericht zitierte Entscheidung des Senats vom 13.
Oktober 1999 - 7 A 1230/99 - würde allerdings überinterpretiert, sollte ihr entnommen
werden, Zufahrten zu Stellplätzen seien entlang einer Grundstücksgrenze ungeachtet
der Frage, in welchem Ausmaß sie für Zu- und Abfahrtsverkehr genutzt werden, schon
deshalb mit den sich aus § 51 Abs. 7 BauO NRW ergebenden Anforderungen vereinbar,
weil § 6 Abs. 11 Satz 1 Nr. 1 BauO NRW Grenzgaragen und Stellplätze
abstandrechtlich privilegiert. § 6 Abs. 11 Satz 1 Nr. 1 BauO NRW geht von einer Zufahrt
zu im Grenzbereich privilegierten überdachten Stellplätzen und Garagen bis zu einer
Gesamtlänge von 9 m aus, verhält sich jedoch nicht zur Zumutbarkeit der Nutzung einer
entlang der Nachbargrenze führenden Stellplatzzufahrt, die über privilegierte
Grenzgaragen und Stellplätze hinaus weitere Stellplätze und Garagen erschließt. Ob
eine solche Zufahrt dem Nachbarn zumutbar ist, bedarf einer über die sich aus § 6 Abs.
11 Satz 1 Nr. 1 BauO NRW ergebenden Schlussfolgerung hinausführenden Bewertung
der Nachbarbelange. Auch von diesem Ausgangspunkt ausgehend hat die Beschwerde
keinen Erfolg.
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Die Antragstellerin wendet gegen die Zumutbarkeitsbewertung des Verwaltungsgerichts
ein, das Rolltor der Tiefgaragenzufahrt, das bei jeder Ein- oder Ausfahrt zweimal betätigt
werden müsse, mache dieselben Geräusche wie die Tore der Garagen, die früher auf
dem Grundstück der Beigeladenen standen. Dies dürfte angesichts der bauartbedingten
Unterschiede in der Sache nicht zutreffen, ist jedoch auch unerheblich. Wie das
Verwaltungsgericht bereits ausgeführt hat, wird das Rolltor unterirdisch errichtet. Seine
Emissionen werden durch die Einhausung der Tiefgaragenrampe abgeschirmt.
Weshalb Kraftfahrer vor dem Rolltor eine nennenswerte Zeitspanne warten müssten, ist
mit der Beschwerde nicht dargelegt. Üblicherweise wird das Rolltor einer Tiefgarage im
Bereich des Beginns der Zufahrtsrampe in Gang gesetzt, sodass es sich während der
Zufahrt über die Rampe öffnen kann. Das Verwaltungsgericht hat ferner nicht darauf
abgehoben, alle genehmigten Stellplätze würden näher an das Grundstück der
Antragstellerin heranrücken als die früher auf dem Grundstück der Beigeladenen
vorhandenen Stellplätze, sondern dies in Übereinstimmung mit der sich aus der
Baugenehmigung ergebenden Planung lediglich für die Stellplätze 1, 2 und 3
(Bezeichnung wie im Lageplan zur Baugenehmigung) festgestellt. Dies ist der
Antragstellerin wegen der auf ihrem Grundstück vorhandenen Mauer sowie der
Lärmschutzwand bzw. des Lärmschutzzauns, den die Beigeladene zu errichten hat,
unter Berücksichtigung der weiteren schon genannten Erwägungen zumutbar.
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Das Vorhaben der Beigeladenen übt auf das Grundstück der Antragstellerin keine
erdrückende Wirkung aus. Eine solche Wirkung ergibt sich auch nicht aus der von der
Antragstellerin mit der Beschwerde überreichten Fotodokumentation bzw. der
Fotomontage. Vielmehr spricht einiges dafür, dass die Antragsteller mit einem
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entsprechenden Maß baulicher Nutzung auf dem Grundstück der Beigeladenen
angesichts der parallel zur C. Straße vorhandenen, sich vergleichbar weit in nördlicher
Richtung erstreckenden Gebäude rechnen musste.
Soweit die Antragstellerin anführt, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit der
"Müllsituation" auseinandergesetzt, es werde hierzu auf "den Vortrag aus dem
erstinstanzlichen Verfahren" Bezug genommen, genügt die Beschwerde bereits den
sich aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ergebenden Anforderungen nicht, wonach in der
Beschwerde die Gründe für die Beschwerde darzulegen sind. Welche
nachbarrelevanten Vorschriften die Baugenehmigung hinsichtlich der "Müllsituation" zu
Lasten der Antragstellerin verletzen würde, führt die Beschwerde nicht aus.
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Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Baugenehmigung vom 21. Juli
2003. Ob die Errichtung weiterer Stellplätze zu befürchten ist, wie die Antragstellerin
unter Bezug auf die Baugenehmigung für das Gebäude Essener Straße 1 bis 3 vom 30.
März 1961 ausführt, ist daher nicht entscheidungserheblich; die Baugenehmigung vom
21. Juli 2003 sieht die Errichtung weiterer Stellplätze als der genehmigten nicht vor.
Weshalb sich aus der Auflage in der Baugenehmigung vom 30. März 1961, Stellplätze
auf dem Grundstück der Beigeladenen nachzuweisen, etwas für dessen nur
eingeschossige Bebaubarkeit ergeben sollte, ist unerfindlich.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
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