Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 27.08.1999

OVG NRW: wiedereinsetzung in den vorigen stand, grundsatz der freien beweiswürdigung, erzieher, auflage, verfahrensmangel, unterbringung, datum, zustellung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberverwaltungsgericht NRW, 16 E 649/99
27.08.1999
Oberverwaltungsgericht NRW
16. Senat
Beschluss
16 E 649/99
Verwaltungsgericht Minden, 7 K 2215/98
Der Antrag wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens
werden nicht erstattet.
G r ü n d e :
Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde wird abgelehnt, weil die gesetzlichen
Voraussetzungen für eine Zulassung nicht erfüllt sind.
Es kann offenbleiben, ob dem Erfolg des Antrags nicht schon die Versäumung der
Antragsfrist des § 146 Abs. 5 Satz 1 VwGO entgegen steht. Diese ist nach Zustellung des
angefochtenen Beschlusses am 2. August 1999 mit dem 16. August 1999 abgelaufen. Die
Antragsschrift ist aber erst am 17. August 1999, also bereits verspätet, bei dem
Oberverwaltungsgericht in Münster und - von hier aus weitergeleitet - erst am 18. August
1999 bei dem Verwaltungsgericht Minden eingegangen, worauf es nach § 146 Abs. 5 Satz
1 VwGO allein ankommt. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §
60 Abs. 1 VwGO sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Einer Zulassung der Beschwerde steht jedenfalls entgegen, daß Zulassungsgründe
entsprechend § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 VwGO nicht in ausreichendem Umfang dargetan
sind. Auf der Grundlage der nach § 146 Abs. 5 Satz 3 VwGO allein maßgeblichen
Darlegungen kann keiner der allenfalls geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß §
124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 4 oder Nr. 5 VwGO - jeweils nach § 146 Abs. 4 VwGO in
entsprechender Anwendung - angenommen werden.
Der Zulassungsgrund entsprechend § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung) ist allenfalls mit den Sätzen:
"Für den fraglichen Zeitraum war jedoch die Unterbringung nötig. Das hat das
Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung verkannt."
angesprochen, was eine ins einzelne gehende Auseinandersetzung mit den Gründen der
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angefochtenen Entscheidung vermissen läßt und den Darlegungsanforderungen daher
nicht genügt.
Anders als die Klägerin im Sinne der Divergenzrüge nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO
geltend macht, weicht das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung nicht von dem in der
Antragschrift wiedergegebenen Rechtssatz ab, der in dem Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 -, BVerwGE 96, 200, aufgestellt
wird. Wenn das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluß ausgeführt hat, nach
dem Akteninhalt sei ohne weitere Sachaufklärung davon auszugehen, daß die
Voraussetzungen für die Gewährung von Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 SGB VIII in dem
entscheidungserheblichen Zeitraum nicht vorlägen, so läßt sich dem nicht der Rechtssatz
entnehmen, der Grundsatz der freien Beweiswürdigung entbinde das Tatsachengericht von
der richtigen und vollständigen Erfassung der entscheidungserheblichen
Tatsachengrundlage bzw. die innere Überzeugungsbildung des Gerichts müsse nicht
nachvollziehbar begründet sein. Es wird vielmehr lediglich die im weiteren Verlauf der
Entscheidungsgründe auch näher begründete Auffassung des Verwaltungsgerichts zum
Ausdruck gebracht, eine weitere Sachaufklärung sei im konkreten Fall angesichts des in
den Akten festgehaltenen Geschehensablaufs nicht erforderlich.
Auch ein Zulassungsgrund entsprechend § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel, auf
dem die Entscheidung beruhen kann) ist nicht dargetan. Wenn die Klägerin geltend macht,
im Rahmen des Prozeßkostenhilfeverfahrens hätten Aussagen und Verhalten der
Jugendamtsmitarbeiter und Erzieher durch Beweiserhebung weiter aufgeklärt werden
müssen, übersieht sie, daß nach der über § 166 VwGO anwendbaren ausdrücklichen
Regelung des § 118 Abs. 2 Satz 3 ZPO Zeugen im Verfahren über die Bewilligung von
Prozeßkostenhilfe in der Regel gerade nicht vernommen werden. Umfangreiche
Beweisaufnahmen gehören vielmehr in das Hauptsacheverfahren.
Vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 11. Auflage, § 166 Rdnr. 8.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 188 Satz 2, 166 VwGO iVm § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluß ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.