Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 07.09.2004

OVG NRW: wiederverheiratung, familie, uvg, unterlassen, doppelbelastung, datum

Oberverwaltungsgericht NRW, 16 A 2275/03
Datum:
07.09.2004
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
16. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 A 2275/03
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Minden, 7 K 1067/00
Tenor:
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund
mündlicher Verhandlung vom 27. Januar 2003 ergangene Urteil des
Verwaltungsgerichts Minden wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien
Zulassungsverfahrens.
Gründe:
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Der im Wesentlichen auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 4 VwGO
gestützte Zulassungsantrag bleibt ohne Erfolg.
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Soweit die Kläger die Annahme des Verwaltungsgerichts angreifen, die Klägerin zu 1.
habe nach der erneuten Eheschließung ihres Vaters am 26. Juli 1999 gemäß § 1 Abs. 1
Nr. 2 UVG keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz mehr
besessen, rufen sie weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen
Urteils iSv § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hervor noch lassen sich ihren auf die
Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG bezogenen Darlegungen
hinreichende Anhaltspunkte für besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten
der Rechtssache iSv § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO oder für einen fortbestehenden
grundsätzlichen Klärungsbedarf iSv § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entnehmen. Denn sowohl
die Anwendbarkeit der genannten Ausschlussregelung auf Fälle der
Wiederverheiratung als auch die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit dieser
Regelung ist in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur geklärt, nachdem sowohl der
Senat
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vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. September 1999 - 16 A 1491/99 -, FamRZ 2000,775 =
NWVBl. 2000,101; ebenso zuvor schon OVG NRW, Beschlüsse vom 22. April 1987 - 8
B 556/87 -, NJW 1988, 508 = FamRZ 1987, 1197, vom 23. Dezember 1996 - 8 B
2935/96 - und vom 25. März 1997 - 8 E 830/96 -
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als auch andere Oberverwaltungsgerichte
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vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 31. März 1983 - Nr. 12 S. 83 A 440 -, FEVS 32,
410; OVG Lüneburg, Beschluss vom 5. Februar 1996 - 12 M 6848/95 -, Juris; OVG
Frankfurt/Oder, Urteil vom 22. August 1996 - 4 A 196/95 -, FEVS 47, 416
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und schließlich das Bundesverwaltungsgericht
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vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2000 - 5 C 42.99 -, BVerwGE 112, 259 = FEVS
52, 529 = NJW 2001, 3205 = DVBl. 2001, 1697
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unter eingehender Erörterung auch der verfassungsrechtlichen Problematik die
anspruchsausschließende Wirkung der Wiederverheiratung des bis dahin
alleinerziehenden Elternteils bejaht haben. Auch das zwischenzeitliche Ergehen eines
diese Problematik aufgreifenden Vorlagebeschlusses an das Bundesverfassungsgericht
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vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 29. September 1999 - 2 A 2045/96 -, FamRZ 2001,
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ist jedenfalls gegenwärtig kein hinreichender Grund mehr, von einer weiteren
Klärungsbedarf begründenden Offenheit der Rechtslage auszugehen. Denn inzwischen
hat das Bundesverfassungsgericht die Vorlage als unzulässig verworfen und die
verfassungsrechtlichen Einwände des vorlegenden VG Göttingen als schon im
Ausgangspunkt fehlgehend bewertet.
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Vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvL 13/00 -, Juris.
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Das Bundesverfassungsgericht hat dabei insbesondere betont, dass der Gesetzgeber
die Differenzierung im Unterhaltsvorschussrecht zwischen Kindern (nicht
wiederverheirateter) Alleinerziehender und Kindern in "Stiefelternfamilien" nicht allein
mit der "unterhaltsrechtlichen Doppelbelastung" des vom getrenntlebenden Elternteil
nicht unterstützten Alleinerziehenden, mit der sich der Vorlagebeschluss des VG
Göttingen indes ausschließlich befasse, sondern auch mit der nach einer
Wiederverheiratung eintretenden Verbesserung der Gesamtsituation des Kindes
(Einbettung in eine vollständige Familie, Teilnahme am sozialen Stand der neuen
Familie) begründet habe. Ebenso wenig wie dem Vorlagebeschluss des VG Göttingen
kann auch dem Zulassungsvorbringen der Kläger etwas entnommen werden, was die
Stichhaltigkeit dieses zuletzt genannten gesetzgeberischen Differenzierungsgrundes in
Frage stellen und somit erneuten bzw. weitergehenden Klärungsbedarf hervorrufen
könnte.
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Den darüber hinaus angeführten Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO
(Abweichung von ober- bzw. höchstrichterlicher Rechtsprechung) haben die Kläger
schon im Ansatz nicht ausreichend dargelegt. Es fehlt bereits an der Benennung einer
ober- bzw. höchstrichterlichen Entscheidung, von welcher das angefochtene Urteil in
ergebnistragender Weise abwiche. Der pauschale Verweis auf den Vorlagebeschluss
des VG Göttingen, der im Rahmen seiner - allerdings die verfassungsrechtliche
Problematik unzureichend aufarbeitenden - Erörterungen seinerseits eine Vielzahl von
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aufgreift, genügt insoweit nicht.
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Schließlich ist auch der beiläufig benannte Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5
VwGO nicht hinreichend dargelegt worden. Aus dem Vorstehenden folgt, dass die allein
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auf die finanziellen Belastungen Alleinerziehender abstellenden
Sachverhaltsfeststellungen, deren Unterlassen die Kläger rügen, nicht zu einem
anderen Ergebnis geführt hätten.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 und 188 Satz 2 VwGO.
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Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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