Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 01.09.1997

OVG NRW (antragsteller, aufschiebende wirkung, genehmigung, stand der technik, prüfung, wirkung, interesse, lärm, beurteilung, 1995)

Oberverwaltungsgericht NRW, 20 B 713/95.AK
Datum:
01.09.1997
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
20. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
20 B 713/95.AK
Tenor:
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Der Streitwert wird auf
10.000,-- DM festgesetzt. Der Beschlußausspruch soll den Beteiligten
vorab fernmündlich bekanntgegeben werden.
Gründe Der Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage OVG NW
20 D 30/95.AK gegen den Planfeststellungsbeschluß der Antragsgegnerin vom 16.
Januar 1995 (53.5.8 - 4/90) anzuordnen, ist zulässig. Er ist namentlich nicht erledigt,
weil auf seiten der Beigeladenen erwogen wird, das planfestgestellte Vorhaben
teilweise anders auszuführen. Die in Erwägung gezogene Änderung stellt weder das
Gesamtvorhaben zur Diskussion noch würde, auch wenn die Überlegungen in eine
Planänderung umgemünzt werden sollten, die Rechtsbetroffenheit der Antragsteller
beeinflußt. Denn eine Änderung beträfe lediglich die Streckenführung nördlich des O.
bis zur Endhaltestelle am G. ; hingegen soll der Bauabschnitt von der heutigen
Endhaltestelle B. bis zum Bereich des Wohngrundstücks der Antragsteller (gegenüber
der Haltestelle K. ) in jedem Falle übereinstimmend mit dem festgestellten Plan
verwirklicht werden. Daß die Haltestelle K. im Zuge einer etwaigen Planänderung
dauernd oder auch nur vorübergehend in eine Endhaltestelle umgewandelt werden
könnte, steht nicht in Rede und würde im übrigen eine selbständig anfechtbare
Planänderung voraussetzen. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist
nicht begründet. Die gemäß §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu
Lasten der Antragsteller aus. Das in § 29 Abs. 6 Satz 2 Personenbeförderungsgesetz
(PBefG) zugrunde gelegte öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des
Planfeststellungsbeschlusses, d.h. an der alsbaldigen Realisierung des Vorhabens
durch die Beigeladene, überwiegt das Interesse der Antragsteller, von den Folgen der
Ausnutzung des Planfeststellungsbeschlusses bis zu dessen endgültiger Überprüfung
im Klageverfahren verschont zu bleiben. Dies hat seinen Grund vor allem darin, daß die
Anfechtungsklage der Antragsteller (§ 42 Abs. 1 VwGO) bei der im Rahmen des
summarischen Verfahrens gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage
voraussichtlich nicht zu der in der Hauptsache beanspruchten Aufhebung des
Planfeststellungsbeschlusses führen wird. Das Maß für die Überprüfung der Sach- und
Rechtslage richtet sich dabei insbesondere daran aus, daß in Fällen wie hier die dem
1
Senat obliegende Entscheidung in der einen oder anderen Richtung gleichermaßen
geeignet ist, die Entscheidung der Hauptsache faktisch weitgehend vorzuprägen. Eine
Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses, der gegenüber den Antragstellern keine
enteignungsrechtliche Vorwirkung entfaltet, können die Antragsteller nicht schlechthin,
unter jedem denkbaren Gesichtspunkt, sondern nur im Hinblick auf ihre eigenen
Rechtspositionen und rechtlich geschützten Belange verlangen. Unter diesem
Blickwinkel ergibt das Antrags- bzw. Klagevorbringen keine Anhaltspunkte von Gewicht
dafür, daß der Planfeststellungsbeschluß aus Gründen rechtswidrig sein könnte, die
eine Rechtsverletzung der Antragsteller beinhalten und eine Aufhebung des
Beschlusses rechtfertigen. Die Antragsteller können zunächst nichts daraus für sich
herleiten, daß die Genehmigung des planfestgestellten Vorhabens nach § 9 Abs. 1 Nr. 1
PBefG erst nach Erlaß des Planfeststellungsbeschlusses erteilt worden ist. Beide
Rechtsakte - Vorhabengenehmigung und Planfeststellung - sind hier erforderlich.
Gemäß § 9 PBefG setzen der Bau, der Betrieb und die Linienführung eines
beabsichtigten Verkehrs mit Straßenbahnen eine besondere, dem Unternehmer zu
erteilende öffentlich-rechtliche Gestattung voraus. Diese bedarf, soweit Betriebsanlagen
für Straßenbahnen gebaut werden sollen - hierum handelt es sich vorliegend, vgl. § 4
Abs. 1 PBefG -, der Ergänzung durch eine personenbeförderungsrechtliche
Planfeststellung, § 28 Abs. 1 Satz 1 PBefG. Wie § 28 Abs. 4 PBefG unzweideutig zu
entnehmen ist, kann die Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 PBefG nur vor einem
Planfeststellungsbeschluß, wie er hier ergangen ist, oder gleichzeitig mit seinem Erlaß
ausgesprochen werden. Eine spätere Erteilung ist weder vom Wortlaut noch vom Sinn
dieser Bestimmung gedeckt; sie führt zu einem Rechtsverstoß. Dies erklärt sich ohne
weiteres aus der Bedeutung der Vorhabengenehmigung als
Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für das Planfeststellungsverfahren: Die Genehmigung
ist eine eigenständige, im öffentlichen Personennahverkehr schwerpunktmäßig auf die
Belange des Verkehrs zielende Regelung. Sie legt den Gegenstand des Unternehmens
fest, der seinerseits darüber entscheidet, ob ein Planfeststellungsverfahren
durchzuführen ist. Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 22. März 1974 - 4 C 42.73 -, Buchholz
442.40 § 6 LuftVG Nr. 6 (S. 24); Urteil vom 20. November 1987 - 4 C 39.84 -, Buchholz
442.40 § 6 LuftVG Nr. 17 (S. 2) m.w.N., jeweils zum im wesentlichen gleichgelagerten
Verhältnis von luftrechtlicher Genehmigung und Planfeststellung nach früherem Recht.
Der Fehler nachträglicher Genehmigungserteilung kann sich auf die Rechtmäßigkeit
des Planfeststellungsbeschlusses unter verschiedenen Gesichtspunkten auswirken. Es
ist vorliegend indes nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, daß ein aus der
gesetzwidrigen Umkehrung der Stufenfolge der Verwaltungsverfahren resultierender
Rechtsmangel zugleich die Rechtssphäre der Antragsteller berührt. Auf die Verletzung
des § 28 Abs. 4 Satz 2 PBefG, die durch Nachholung der Genehmigung nicht geheilt
werden kann, können sich die Antragsteller nicht berufen; dieser Bestimmung über das
Verwaltungsverfahren kommt für sich genommen keine von den materiellen Rechten der
Antragsteller gelöste drittschützende Wirkung zu. Senatsurteil vom 29. Oktober 1987 -
20 AK 14/86 -, (amtlicher Umdruck S. 8). Allerdings kann die nachträgliche
Genehmigung zu einem Abwägungsmangel im Planfeststellungsverfahren führen, in
dem die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich
der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen sind (§ 28 Abs.
1 Satz 2 PBefG). Namentlich die im Genehmigungsverfahren zu ermittelnden
öffentlichen Verkehrsinteressen (vgl. § 13 Abs. 2, 2a, § 13a PBefG) müssen in die
Abwägung eingehen; sie bilden einen Teil des Abwägungsmaterials der
Planfeststellung. Indessen ist auch insoweit die Kontrolle begrenzt. Zum einen ist sie,
wie dargelegt, auf die Prüfung konzentriert, ob die Abwägung mit Bezug auf rechtlich
geschützte Positionen der Antragsteller fehlerhaft ist. Zum anderen sind Mängel bei der
Abwägung nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von
Einfluß gewesen sind (§ 29 Abs. 8 Satz 1 PBefG). Nach diesen Maßstäben beachtliche
Abwägungsmängel sind nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht festzustellen. Es
spricht bei summarischer Prüfung nichts dafür, daß die widerstreitenden Belange - vor
allem die Verkehrsinteressen, wie sie sich insbesondere in der Beurteilung von Bedarf
und Verkehrsauswirkungen widerspiegeln - bei vorhergehender oder gleichzeitiger
Genehmigung umfassender oder abweichend ermittelt oder bewertet worden wären, als
dies im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens der Fall gewesen ist. Auch die
Antragsteller machen dies nicht geltend. Ihnen geht es vielmehr nach wie vor um die
Lärmimmissionen aus dem Betrieb der Stadtbahn im Bereich der Haltestelle K. und die
(vermeintlich) daraus resultierenden Beeinträchtigungen ihrer Gesundheit und der
Wohnruhe. Den Bedenken gegen die Bewältigung der Körperschall- und
Erschütterungssituation in der ursprünglichen Fassung des
Planfeststellungsbeschlusses, die aus den diesbezüglichen Angriffen der Antragsteller
abzuleiten gewesen sein mögen, hat die Planergänzung vom 28. Juli 1997 bei
summarischer Prüfung die Grundlage entzogen. Insoweit ist in der Rechtsprechung
geklärt, daß Planfeststellungsbeschlüsse grundsätzlich auch noch während eines
gerichtlichen Verfahrens geändert werden dürfen, um nachträglich erkannte
Rechtsmängel zu heilen. Dies ergibt sich allgemein aus § 76
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) und findet sich für das
Personenbeförderungsgesetz in § 29 Abs. 8 Satz 2 PBefG bestätigt. Vgl. BVerwG,
Beschluß vom 24. Oktober 1991 - 7 B 65.91 -, Buchholz 451.22 AbfG Nr. 44 (S. 99 f.) So
liegen die Dinge hier, weil die Antragsgegnerin durch die Planergänzung den Fehler
beseitigt hat, der sich möglicherweise daraus ergab, daß das Problem der Lärm- und
Erschütterungsbelastung der Antragsteller im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluß
nicht ausreichend bewältigt worden war, obwohl dies möglich und geboten war. Gegen
den Planfeststellungsbeschluß in der Fassung seiner Ergänzung vom 28. Juli 1997 ist
nichts Durchgreifendes zu erinnern. Das von den Antragstellern aufgezeigte Problem
der auf ihrem Grundstück zu erwartenden Immissionen von Körperschall und
Erschütterungen ist aller Voraussicht nach als gelöst anzusehen. Dabei ist nicht zu
kritisieren, daß die Antragsgegnerin diese Frage dadurch bewältigt hat, daß sie der
Beigeladenen den Einbau eines schwingungsisolierten Oberbaus entsprechend dem
Stand der Technik und die Einhaltung von Grenzwerten für Körperschall und
Erschütterungen aufgegeben hat. Diese Auflage greift deutlich weiter als die - von den
Antragstellern geforderte - bloße Aktualisierung des schall- und
schwingungstechnischen Prognosegutachtens des Ingenieurbüros U. vom 11.
September 1991. Überdies kommt die Antragsgegnerin damit der Empfehlung des
Gutachters nach, die seinerzeit prognostizierte teilweise Überschreitung von
Anhaltswerten durch einen schwingungsisolierten Gleisoberbau entscheidend zu
mindern (S. 66 f. des Gutachtens); die entsprechende Auflage entspricht auch der
neuerlich bestätigten Einschätzung des Gutachters vom 11. Juli 1997, daß bei diesem
Oberbau die von ihm zugrunde gelegten, den festgesetzten Grenzwerten
entsprechenden Orientierungswerte eingehalten werden. Die Höhe der festgesetzten
Grenzwerte ist nicht zu beanstanden. Was den Luftschall anlangt, sind die Grenzwerte
der 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes- Immissionsschutzgesetzes
(Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV) vom 12. Juni 1990, BGBl. I S. 1036,
verbindlich, wie die Planergänzung nochmals klarstellt. Daß diese Werte eingehalten
werden, weisen bereits die Berechnungen des Prognosegutachtens des Ingenieurbüros
U. für den Immissionsort Querschnitt E/1 - E/1 (Grundstück K. ) aus. Davon geht auch
der Planfeststellungsbeschluß, dessen Bestandteil das Prognosegutachten ist, aus
(Abschnitt II Nr. 4.1.3, S. 44); auch die Antragsteller bezweifeln dies nicht, zumal ihr
Haus etwa 21 m weiter von der planfestgestellten Trasse nach Deckblatt P-BM-102
entfernt liegt als der begutachtete Immissionsort und im Planfeststellungsbeschluß (S.
44, 59) die Errichtung einer Schallschutzwand verbindlich vorgesehen und seitens der
Beigeladenen ausdrücklich zugesagt worden ist. Hinsichtlich des Körperschalls und der
Erschütterungen hat die Antragsgegnerin - dem Prognosegutachten folgend - bereits im
ursprünglichen Planfeststellungsbeschluß erkannt, daß beim oberirdischen Betrieb der
Bahn mit Beeinträchtigungen durch Erschütterungs- und Körperschallimmissionen zu
rechnen ist, die "im zulässigen Rahmen und zumutbaren Umfang zu halten" sind (II. Nr.
4.1.3, S. 45 des Beschlusses). Den zumutbaren Umfang dieser Immissionen hat sie
durch die planergänzend festgesetzten Grenzwerte konkretisiert. Dies ist im Ansatz
rechtlichen Zweifeln entzogen. Bindende numerische Vorgaben darüber, welche
Grenzwerte für Körperschall und Erschütterungen einzuhalten sind, bestehen nämlich
nicht. Körperschall (im Sinne sekundären Luftschalls) unterfällt insbesondere nicht der
Regelung der 16. BImSchV. Das in §§ 41 ff. BImSchG normierte Lärmschutzsystem
weist hinsichtlich der durch den Schienenverkehr verursachten Erschütterungen und
des sekundären Luftschalls eine Lücke auf, die nur durch einen Rückgriff auf § 74 Abs. 2
Sätze 2 und 3 VwVfG geschlossen werden kann. Die Beurteilung der Zumutbarkeit bzw.
Unzumutbarkeit von Körperschall richtet sich daher nach den Grundsätzen, die vor
Inkrafttreten der 16. BImSchV von der Rechtsprechung für die Beurteilung
verkehrsbedingter Immissionen entwickelt worden sind. Danach wird die
Schutzbedürftigkeit der betroffenen Nutzung vor allem durch den jeweiligen
Gebietscharakter und durch die planerische und tatsächliche Vorbelastung bestimmt.
Vgl. BVerwG, Beschluß vom 10. Oktober 1995 - 11 B 100.95 -, Beschlußabdruck S. 16.
Nach diesen Maßstäben liegt die den Antragstellern noch zugemutete Lärm- und
Erschütterungsbelastung aus dem Bahnbetrieb nicht in einem Bereich, der ihre rechtlich
geschützten Belange beeinträchtigt. Die durch Art. 2 Abs. 2 und 14 Abs. 1 GG gezogene
Grenze wird bei den festgesetzten Werten offensichtlich bei weitem nicht erreicht. Die
verbleibenden, als abwägungserheblich zu berücksichtigenden Immissionen sind den
Antragstellern nicht offensichtlich unzumutbar; es fehlt jeder greifbare Anhalt dafür, daß
ihr Interesse, auch von Auswirkungen in der festgesetzten Größenordnung verschont zu
bleiben, nicht im Rahmen gerechter Abwägung mit den widerstreitenden öffentlichen
Interessen überwunden werden konnte. Der Senat legt - ebenso wie der Gutachter und
die Antragsgegnerin in ihrer Planergänzung - dieser Bewertung zugrunde, daß der DIN
4150 Teil 2 "Erschütterungen im Bauwesen, Einwirkung auf Menschen in Gebäuden"
auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Anhaltswerte für die
Zumutbarkeitsbeurteilung von Erschütterungen entnommen werden können. Vgl.
Senatsurteil vom 3. Dezember 1987 - 20 AK 5/86 -; Senatsbeschluß vom 30. Januar
1986 - 20 B 2557/85 -. Soweit es um Körperschall geht, hat sich die Planergänzung
offensichtlich an den in Teil 2 des Gutachtens U. vom 11. September 1991 (S. 10) in
Anlehnung an die VDI-Richtlinie 2058 bezeichneten Werten orientiert. Die Begründung
des Gutachters hierzu, es komme wegen der kurzen Vorbeifahrtszeit maßgeblich auf die
Spitzenpegel der Einzelschallereignisse an, ist plausibel, die daran anknüpfende
Festsetzung der Antragsgegnerin bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Der
Senat hat gleichlautende Grenzwerte im vorbezeichneten Urteil vom 3. Dezember 1987
(S. 12 f.) als ausreichend anerkannt. Daß diese im Fall der Antragsteller nach Lage der
Dinge unzumutbar sein könnten - die Antragsgegnerin mithin den ihr bei der Abwägung
konkret zustehenden Spielraum überschritten hätte -, ist jedenfalls nicht offensichtlich (§
29 Abs. 8 Satz 1 PBefG). Soweit die Antragsteller die festgesetzten Werte unter
Bezugnahme auf "Lärmpegel" aus der zivilrechtlichen Rechtsprechung für zu hoch
erachten, ist dem entgegenzuhalten, daß diese Werte den Luftschall betreffen, für den
hier - wie oben dargelegt - allein die 16. BImSchV maßgeblich ist. Deshalb bedarf keiner
Erörterung, ob und inwieweit Werte, die für die privatrechtliche
Nachbarschaftsbeziehung entwickelt worden sind, auf die Beurteilung der Zumutbarkeit
von Vorhaben, die dem öffentlichen Interesse dienen, übertragbar sind. Nicht zu
beanstanden ist weiter, daß Grenzwerte lediglich für die Innenwohnnutzung festgelegt
sind. Körperschall und Erschütterungen wirken sich nachteilig vornehmlich während des
Aufenthalts in Räumen aus. Für den Außenwohnbereich sind sie dagegen in der zu
erwartenden Größenordnung von zu vernachlässigender Bedeutung. Schließlich spricht
derzeit nichts dafür, daß die in der Planergänzung festgesetzten Werte unrealistisch
niedrig sind. Das Ingenieurbüro U. geht in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11.
Juli 1997 davon aus, daß die Grenzwerte beim Einbau des jetzt obligatorischen
schwingungsisolierten Oberbaus eingehalten werden. Dies ist von den Antragstellern
nicht substantiiert angegriffen worden. Soweit sich im Hinblick auf etwa verbleibende
prognostische Unsicherheiten über die einhaltbaren Werte - die auferlegte
Nachweisverpflichtung durch Kontrollmessungen könnte in diesem Sinne zu deuten
sein - als notwendig erweisen sollte, daß in den Planfeststellungsbeschluß ein
Vorbehalt der Planergänzung hätte aufgenommen werden müssen, so ergäbe sich auch
daraus kein zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führender Mangel; dies
ließe sich nachholen, ohne daß dadurch die Gesamtkonzeption der Planung in einem
wesentlichen Punkt berührt würde. Auch die weiteren Einwendungen der Antragsteller
führen nicht zum Erfolg des Aussetzungsantrags. Dies gilt insbesondere für ihre Angriffe
gegen die prognostizierte Lärm- und Abgasentwicklung aufgrund des Kreuzens der
Stadtbahn mit der M. . Es mag dahinstehen, ob die Antragsteller mit dieser Frage, die sie
erstmals mit Schriftsatz vom 13. März 1995 (im Verfahren zur Hauptsache OVG NW 20
D 30/95.AK) aufgeworfen haben, bereits ausgeschlossen sind. Denn ihre Rüge einer
unzureichenden Prognose der Lärm- und Abgasentwicklung greift in der Sache nicht
durch. Abgesehen davon, daß die Antragsteller den Bezug eines etwaigen Mangels zu
eigenen Rechten nicht thematisieren, beruht die Einwendung auf falschen
Voraussetzungen, was die Antragsgegnerin in den Schriftsätzen vom 5. April und 11.
Juli 1995 im einzelnen dargetan hat. Daß die Antragsteller die Erhebungen und
Einschätzungen der Antragsgegnerin und die Grundlagen des IVV- Verkehrsgutachtens
bezweifeln, stellt die dem Planfeststellungsbeschluß zugrundeliegende Prognose nicht
in einer Weise in Frage, die eine Aussetzung der Vollziehung rechtfertigte.
Entscheidungserheblich ist ohnehin nicht, ob sich die Prognose als richtig erweist,
sondern vielmehr die Frage, ob die Prognose mit den bei Erlaß des
Planfeststellungsbeschlusses zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln unter
Berücksichtigung aller für sie erheblichen Umstände einwandfrei gestellt worden ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Juli 1978 - 4 C 79.76 u.a. -, BVerwGE 56, 111 (121). Für den
angegriffenen Planfeststellungsbeschluß kann dies nicht allein deshalb verneint
werden, weil die Antragsteller den tragenden behördlichen Erwägungen ihre
persönlichen Annahmen und subjektiven Befürchtungen entgegenstellen, so daß
insoweit offensichtliche und kausale Fehler zu verneinen sind. Auch die von den
Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage unabhängige Interessenabwägung fällt
zugunsten der Beigeladenen - und damit zu Lasten der Antragsteller - aus. Das vom
Senat im Hinweis vom 12. Juni 1997 aufgegriffene Bedenken, daß ein Vorhabenträger
vor Erteilung der Genehmigung nach § 9 PBefG nicht mit dem Bau beginnen darf und
ihm deshalb ein rechtlich beachtliches Interesse an der sofortigen Ausnutzung des
Planfeststellungsbeschlusses fehlt, vgl. Senatsbeschluß vom 20. Februar 1987 - 20 D
55/86 -, VRS Bd. 72, 467 = StädteT 1987, 344, ist mit Erteilung der Genehmigung vom 8.
August 1997 ausgeräumt. Die Genehmigung ist im vorliegenden Verfahren beachtlich.
Sie erlaubt der Beigeladenen vollziehbar die Durchführung des Vorhabens. Dies gilt
hier trotz des Umstands, daß die Antragsteller gegen die Genehmigung (vorsorglich)
Widerspruch eingelegt haben. Dieser Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung im
Sinne des § 80 Abs. 1 VwGO. Abgesehen von der Frage, ob Genehmigungen nach § 9
PBefG überhaupt von privaten Dritten angefochten werden können, verneinend für die
Genehmigung nach § 13 PBefG: BVerwG, Beschluß vom 20. Dezember 1989 - 7 B
188.89 -, Buchholz 442.01 § 13 PBefG Nr. 32, scheidet eine Anfechtung jedenfalls von
vornherein aus, weil sich die Genehmigung auf ein planfestzustellendes Vorhaben
bezieht. Der Vorhabenträger darf die ihm erteilte Genehmigung für sich allein nicht
ausnutzen. Erst der Planfeststellungsbeschluß wirkt auf den Rechtskreis der übrigen
Betroffenen ein; allein er regelt rechtsgestaltend alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen
zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen (vgl. § 75
Abs. 1 Satz 2 VwVfG). Eine Bindung an die Genehmigung besteht dabei, wie aus dem
obligatorischen Vorbehalt nach § 28 Abs. 4 Satz 1 PBefG zu folgern ist, in keiner
Hinsicht. Auch die Antragsteller sind demnach auf die Anfechtung des
Planfeststellungsbeschlusses beschränkt. Die öffentlichen Interessen an der
Realisierung des Vorhabens überwiegen auch ansonsten die Interessen der
Antragsteller. Ihren privaten Interessen steht namentlich das von der Beigeladenen
wahrgenommene, erhebliche Allgemeininteresse daran gegenüber, durch zügige
Realisierung des Vorhabens und die damit verbundene Verbesserung der Situation im
öffentlichen Personennahverkehr nachhaltig zur Bewältigung der Verkehrsprobleme im
Stadtbereich beizutragen. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3
VwGO. Die auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 GKG beruhende Streitwertfestsetzung entspricht
der Hälfte des im Streitwertkatalog vorgeschlagenen Wertes für Klagen drittbetroffener
Privater gegen Planungsentscheidungen wegen "sonstiger Beeinträchtigungen" (vgl.
DVBl. 1991, 1239, 1240 = DVBl. 1996, 605, II. Nrn. 33.3, 1.2.2). Der Beschluß ist nicht
anfechtbar.