Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2009

OVG NRW (kläger, gemeinde, treu und glauben, höhe, auflage, anlage, zuwendung, land, widerruf, stadt)

Oberverwaltungsgericht NRW, 10 A 2298/08
Datum:
30.10.2009
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
10 A 2298/08
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
Gelsenkirchen vom 9. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsver-fahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die
Beklagte kann die Voll¬strec¬kung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn der Kläger
nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
1
Der Kläger wendet sich gegen einen Widerrufs- und Rückforderungsbescheid der
Beklagten hinsichtlich bewilligter Landeszuschüsse zur Erhaltung und Erneuerung des
Wasserschlosses C. in D. -S. .
2
Das denkmalgeschützte Schloss C. existiert seit dem 14. Jahrhundert. Erhalt und
Nutzung des weitläufigen Gebäudekomplexes ist seit vielen Jahren Gegenstand der
Stadtplanung in D. -S. . Nach längeren Vorgesprächen erwarb Dr. I. -K.
C1. (Investor) die zugehörigen Grundstücke mit dem Ziel, die Schlossanlage zu
sanieren und insbesondere zu Wohnzwecken umzubauen. Die Eigentumseintragung
erfolgte am 23. Juli 1996. Der neue Eigentümer war zum damaligen Zeitpunkt in
mehrere Schlosssanierungsprojekte eingebunden, u.a. in Kooperation mit dem Land
Nordrhein-Westfalen in die Sanierung von Schloss C2. . Über das Nutzungskonzept
des Schlosses C. wurden seit etwa 1994 Gespräche mit der Stadt D. -S. ,
dem Westfälischen Amt für Denkmalpflege, der Bezirksregierung N. und des
Ministeriums für Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen geführt.
Gegenstand dieser Gespräche war u.a. die Möglichkeit der Förderung der Sanierung mit
öffentlichen Mitteln nach den Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur
Förderung von Maßnahmen zur Stadterneuerung (im Folgenden: Förderrichtlinien
3
Stadterneuerung) – Runderlass des Ministeriums für Stadtentwicklung und Verkehr vom
5. Dezember 1992 (MBl. NRW 1993, 84 ff.).
Am 7. November 1996 beantragte der Investor beim Kläger die Bewilligung
entsprechender Fördermittel nach Ziffern 20, 21 der Förderrichtlinien Stadterneuerung.
Von den geplanten Gesamtausgaben in Höhe von 2.329.807,00 DM (1.191.211,40
Euro) entfielen 520.000,00 DM (265.871,78 Euro) auf die Erneuerung einer privaten Hof-
und Hausfläche nach Ziffer 20 der Förderrichtlinien Stadterneuerung (gemeindlicher
Eigenanteil 10 %) und 1.809.000,00 DM (924.927,01 Euro) auf eine
Ergänzungsförderung zur Modernisierung von Wohnraum nach Ziffer 21 der
Förderrichtlinien Stadterneuerung (gemeindlicher Eigenanteil 20 %). Unter
Bezugnahme auf diesen Förderantrag beantragte der Kläger bei der Beklagten unter
dem 5. Dezember 1996 eine Zuwendung in einer Gesamthöhe von 1.915.842,00 DM
(979.554,46 Euro).
4
Mit Bescheid vom 9. Dezember 1996 bewilligte die Beklagte eine Landeszuwendung in
Höhe von 1.915.000,00 DM (979.123,95 Euro) für Erhalt und Erneuerung des
Wasserschlosses C. für den Zeitraum vom 9. Dezember 1996 bis 31. Dezember
2000. Der Bewilligungszeitraum wurde später mehrfach verlängert, zuletzt mit Bescheid
vom 25. Juli 2003 bis zum 31. Dezember 2004. Hiervon entfielen 468.000,00 DM
(239.284,60 Euro) auf eine Förderung nach Ziffer 20 der Förderrichtlinien
Stadterneuerung (private Hof- und Hausfläche) und 1.447.000,00 DM (739.839,35 Euro)
auf eine Förderung nach Ziffer 21 der Förderrichtlinien Stadterneuerung (städtebauliche
Ergänzungsförderung). Der Bewilligungsbescheid enthält neben den allgemeinen
Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung an Gemeinden (ANBest-
G) in den Anlagen 1 bis 3 weitere Nebenbestimmungen für die Durchführung der
Maßnahmen und den Einsatz der Mittel. Ziffer 1.1 der Anlage 1 enthält folgende
Regelung:
5
Für die Durchführung der Maßnahmen und den Einsatz der Mittel gelten die
"Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von
Maßnahmen der Stadterneuerung (Förderrichtlinien Stadterneuerung)" des
Ministeriums für Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-
Westfalen vom 15. Dezember 1992 (SMBl. NW 2313), insbesondere die
Ziffern 1 bis 8 (allgemeiner Teil- und Förderungsgrundsätze; außerdem die
Ziffer 20, 21 (Teilmaßnahmen im Einzelnen).
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Die Anlage 2 zum Zuwendungsbescheid enthält Regelungen nach Ziffern 9 bis 15, 20
der Förderrichtlinien für die Förderung der privaten Hof- und Hausflächen.
7
Die Anlage 3 zum Zuwendungsbescheid betrifft die Ziffer 21 der Förderrichtlinien. Sie
lautet:
8
1. Die Gemeinde hat darauf hinzuwirken, dass durch möglichst gleichzeitige
Bewilligung der Modernisierungs- bzw. Wohnungsbaumittel die
Gesamtfinanzierung gesichert ist.
9
2. Die bewilligten Stadterneuerungsmittel sind zusammen mit den
Gemeindemitteln (Eigenanteil) an den Grundeigentümer oder die sonstigen
Verfügungsberechtigten weiterzuleiten.
10
3. Für die Weitergabe der Zuwendung (Stadterneuerungsmittel und
Gemeindemittel) sind die von der WFA bekanntgegebenen Vordrucke zu
verwenden.
11
4. Mit dem Zuwendungsbescheid der Gemeinde zur Weitergabe der Mittel
sind dem Grundeigentümer folgende Nebenbestimmungen – soweit
zutreffend – aufzugeben:
12
4.1 Der geförderte Wohnraum darf innerhalb der Zweckbindungsfrist von 25
Jahren nur zu Wohnzwecken verwandt und innerhalb dieses Zeitraums nur
dem in § 25 Abs. 2 WoBauG genannten Personenkreis zum Gebrauch
überlassen werden; der Gemeinde ist das Recht einzuräumen,
entsprechende Mieter und Mieterinnen zu benennen, ...
13
Bei Verstößen gegen vorstehende Bindungen oder bei Veräußerung des
Gebäudes vor Ablauf der allgemeinen Zweckbindungsfrist ist die
Zuwendung zurückzuzahlen. Im Falle einer Rückzahlung, die der
Grundstückseigentümer zu vertreten hat, wirken vorstehende Bindungen bis
zum Ablauf des 5. Kalenderjahres nach dem Jahr der Rückzahlung fort.
14
Die vorstehenden Bindungen und der sich daraus ergebende
Rückzahlungsanspruch sind durch Eintragung einer brieflosen Grundschuld
an bereitester Stelle im Grundbuch zu Gunsten der Gemeinde zu sichern.
15
4.2 Das Anforderungs- und Auszahlungsverfahren bei der Gemeinde richtet
sich bei gleichzeitiger Inanspruchnahme von Modernisierungsmitteln
sinngemäß nach Nr. 2.5 ModR 1990 und bei gleichzeitiger
Inanspruchnahme von Wohnungsbaumitteln sinngemäß nach Nrn. 7.31 und
8.32 WFB 1984. Für den Kostennachweis sind die nach dem ModR 1990
bzw. den WFB 1984 vorgeschriebenen Vordrucke zu verwenden ...
16
Dem Zuwendungsantrag vom 5. Dezember 1996 waren u.a. Schreiben des Klägers
beigefügt, wonach die Stadt D. -S. keinerlei finanziellen Einsatz für die
vorgesehenen Maßnahmen übernehme und übernehmen könne. Der Investor habe sich
vielmehr verpflichtet, den städtischen Eigenanteil von 10 bzw. 20 % der Fördersumme
selbst zu übernehmen und auf entsprechende Leistungen der Stadt zu verzichten. Aus
dem ebenfalls beigefügten Bericht der Kommunalaufsicht zur finanziellen Situation der
Stadt D. -S. sowie aus dem Bericht zur Durchführung des
Haushaltssicherungskonzeptes ergibt sich, dass die Kommunalaufsicht einen aus
Rechtsgründen in jedem Fall vorzuhaltenden Eigenanteil von ca. 50.000,00 DM für die
Maßnahmen nach Ziffer 20 der Förderrichtlinien Stadterneuerung für gerade noch
vertretbar hält.
17
Mit Schreiben vom 28. Februar 2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten förmlich,
von der Zahlung des Eigenanteils zu der nach Nr. 20 der Förderrichtlinien
Stadterneuerung freigestellt zu werden. Am 2. März 2000 erweiterte er diesen Antrag auf
den städtischen Eigenanteil nach Nr. 21 der Richtlinien. Zugleich bestätigte er, dass
eine Spende des Investors zur Verkürzung des Eigenanteils der Stadt für einen
besonders förderungswürdigen Zweck im Hinblick auf den Eigenanteil zu Nr. 20
vorliege. Mit Schreiben vom 19. März 2000 ließ die Beklagte gestützt auf einen Erlass
des Ministeriums für Stadtentwicklung, Kultur und Sport des Landes NRW vom
18
10.10.1995 zu, dass eine Spende Dritter auf die kommunale Eigenleistung angerechnet
werden könne.
Am 20. bzw. 23. März übersandte der Kläger der Beklagten den Entwurf seines
Bewilligungsbescheides an den Investor zu Nr. 21 der Förderrichtlinien
Stadterneuerung und bat um Bestätigung, dass die Auflagen aus dem
Bewilligungsbescheid vom 9. Dezember 1996 erfüllt seien. Mit Schreiben vom 28. März
2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass keine Bedenken gegen die gewählte
Form des Bewilligungsbescheides und des privatrechtlichen Zuschussvertrages
bestünden.
19
Mit Bescheid vom 20. April 2000 bewilligte der Kläger dem Investor aus Mitteln des
Landes NRW einen Kostenzuschuss in Höhe von 1.447.000,00 DM (739.839,35 Euro)
zweckgebunden zur Erhaltung und Erneuerung des Wasserschlosses C. zur
Abdeckung von Mehrkosten für die Durchführung von Maßnahmen im
Zuwendungsbereich städtebaulicher Ergänzungsförderung gemäß Ziffer 21 der
Förderrichtlinien Stadterneuerung. Die Zuwendung werde in Form der
Anteilsfinanzierung durch das Land NRW in Höhe von 80 % der zuwendungsfähigen
Gesamtkosten in Höhe von 1.809.000,00 DM als Zuschuss gewährt. Neben den
Zuwendungen des Landes in Höhe von 1.447.000,00 DM (739.839,35 Euro) trage der
Investor einen Eigenanteil in Höhe von 362.000,00 DM (185.087,66 Euro) selbst. Der
Bewilligungsbescheid enthält mehrere Bedingungen und Auflagen nach dem von der
landeseigenen Wohnungsbauförderungsanstalt (WFA) zur Verfügung gestellten
Vordruck "ST". Er enthält nach dem beigefügten Merkblatt für die Gemeinden den
Hinweis, dass die "Anlage zum Bewilligungsbescheid ... alle nach den
Förderungsbestimmungen möglichen Auflagen (enthält). Auflagen, die im einzelnen
nicht zutreffen, müssen deshalb von der Gemeinde gestrichen werden."
20
Zu diesen Bedingungen und Auflagen gehören u.a.:
21
11. Der geförderte Wohnraum unterliegt einer allgemeinen
Zweckbindungsfrist von 25 Jahren. Während dieser Zeit darf er nur zu
Wohnzwecken verwendet werden. ....
22
13. Bei Verstößen gegen Auflagen dieses Bescheides und bei Veräußerung
des Gebäudes innerhalb der Zweckbindungsfrist von 25 Jahren ist die
Zuwendung zurückzuzahlen. Im Falle einer Rückzahlung, die der
Zuwendungsempfänger zu vertreten hat, wirken die vorgenannten
Bindungen bis zum Ablauf des 5. Kalenderjahres nach dem Jahr der
Rückzahlung fort.
23
17. Die sich aus diesen Auflagen und Bedingungen ergebenden
Verpflichtungen sind in einem Vertrag zwischen Gemeinde und
Bescheidempfänger schuldrechtlich zu vereinbaren.
24
18. Der bewilligte Betrag und die Belegungsbindung sind grundbuchlich
durch Eintragung einer Hypothek und einer beschränkten persönlichen
Dienstbarkeit an rangbereitester Stelle zu Gunsten der Gemeinde dinglich
abzusichern. ...
25
21. Weitere Bedingungen und Auflagen: Siehe beigefügte Anlagen 1. und 3.
26
zum Zuwendungsbescheid Nr. 06/65/96.
Unter demselben Datum schlossen der Kläger und der Investor einen mit dem
Bewilligungsbescheid im Wesentlichen identischen Zuschussvertrag. Dieser enthält
ergänzend insbesondere konkrete Regelungen hinsichtlich Rückforderung und
Nichtauszahlung von Zuschüssen, etwa für den Fall der Eröffnung eines
Konkursverfahrens.
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Mit notariellem Vertrag vom 26. April 2000 gab der Investor gegenüber der Stadt D. -
S. ein Schuldversprechen in Höhe von 1.447.000,00 DM (739.839,35 Euro) ab, das
durch eine Buchhypothek in derselben Höhe dinglich gesichert wurde. Gleichzeitig
räumte er der Stadt eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zur Sicherung ihres
Besetzungsrechtes hinsichtlich der geförderten Wohnungen im Schloss C. ein.
Diesen Grundbucheintragungen gingen zwei Grundpfandrechte der Sparkasse D. -
S. in Höhe von insgesamt 4,4 Mio. DM und zwei Grundpfandrechte der WFA in Höhe
von insgesamt 1.251.000,00 DM im Range vor.
28
Mit Bescheid vom 28. Juli 2000 bewilligte der Kläger dem Investor einen
Kostenzuschuss in Höhe von 468.000,00 DM (239.284,60 Euro) aus Mitteln des Landes
NRW zur Erhaltung und Erneuerung des Wasserschlosses C. zur Abdeckung von
Mehrkosten für die Durchführung von Maßnahmen im Zuwendungsbereich privater
Haus- und Hofflächen und schloss mit ihm einen privatrechtlichen Zuschussvertrag, der
inhaltlich dem am 20. April 2000 geschlossenen entspricht.
29
Im Rahmen einer Ortsbesichtigung am 20. Februar 2001 stellten Vertreter des Klägers
und der Investor übereinstimmend fest, dass alle 16 Wohnungen fertiggestellt worden
seien. In der Folgezeit wurden die Landesmittel nach Ziffer 21 der Förderrichtlinie
Stadterneuerung in Höhe von 1.447.000,00 DM (739.839,35 Euro) voll ausgezahlt. Von
den Mitteln nach Nr. 20 der Richtlinie wurde ein Teilbetrag in Höhe von 104.834,60 DM
(53.601,08 Euro) nicht ausgekehrt. Im Herbst 2001 begründete der Investor mit
Genehmigung des Klägers und des Landes NRW, vertreten durch die Beklagte,
Teileigentum an den verschiedenen Wohneinheiten im Schloss C. und veräußerte
einzelne, nicht von den Zuwendungsbescheiden erfasste Wohnungen an Dritte.
30
Mit Beschluss vom 6. Mai 2002 ordnete das Amtsgericht D. -S. auf Antrag der
Stadtsparkasse D. -S. die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung
hinsichtlich der auf den Namen Dr. I. -K. C1. eingetragenen zum Schloss
C. gehörigen Grundstücke einschließlich seines Sondereigentums an
Räumlichkeiten des Schlosses an. Der Kläger erhielt hiervon am 17. Mai 2002, die
Beklagte am 22. Mai 2002 Kenntnis. Unter Hinweis auf § 7 des Zuschussvertrages vom
28. Juli 2000 stoppte der Kläger daraufhin die Auszahlung noch ausstehender
Fördermittel in Höhe von 53.600,00 Euro. Am 20. September 2002 kündigte er beide
Zuschussverträge. Die zurückzufordernden Fördermittel in Höhe von 961.872,87 Euro
(1.881.259,82 DM) meldete er als Insolvenzforderung an.
31
Mit Schreiben vom 11. Juli 2002 bat der Kläger die Beklagte um Zustimmung zur
Löschung der grundbuchlichen Sicherung der Belegungsbindung. Nur unter dieser
Voraussetzung wolle die Sparkasse D. -S. die noch ausstehenden
Sanierungsarbeiten zu Ende führen und die Wohnungen am Markt absetzen. Im Falle
der drohenden Zwangsversteigerung gingen die Belegungsbindung und das
Besetzungsrecht ohnehin unter. Die Sparkasse sei bereit, der WFA die gewährten
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Darlehen zurückzuzahlen. Eine Rückzahlung der Zuschüsse aus der
Städtebauförderung sei dagegen nicht vorgesehen und für die Sparkasse wirtschaftlich
nicht tragfähig. Die hierfür eingetragenen Sicherungshypotheken würden bei einer
Zwangsversteigerung voraussichtlich nicht realisiert werden können. Das zuständige
Ministerium wies die Beklagte im August 2002 an, der von dem Kläger beabsichtigten
Löschungsbewilligung nicht zuzustimmen sowie Schritte zur Rückforderung der
Städtebauförderungsmittel in Höhe von 1.915.000,00 DM einzuleiten.
Mit Schreiben vom 26. September 2002 hörte die Beklagte den Kläger zum
beabsichtigten Widerruf des Bescheides vom 9. Dezember 1996 und zur Rückforderung
der tatsächlich ausgezahlten Städtebaumittel in Höhe von 1.810.165,40 DM (925.522,87
Euro) an. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2002 erklärte der Kläger, die Stadt habe die
Zuschussverträge gegenüber dem Investor gekündigt und ihre Forderung beim
Insolvenzverwalter angemeldet. Eine Rückforderung des Zuschusses nach Nr. 20 der
Richtlinien Stadterneuerung scheide ohnehin aus, weil deren Zweck nicht gefährdet sei.
33
Im Verfahren zur Zwangsversteigerung betreffend die Grundstücke sowie das
Wohnungs- und Teileigentum bezüglich des Wasserschlosses C. ergab ein
Wertgutachten einen Gesamtwert von 2.024.962,00 Euro. Im
Zwangsversteigerungstermin am 17. Februar 2006 erhielt die Sparkasse W.
S1. (Rechtsnachfolgerin der Sparkasse D. -S. ) den Zuschlag für
800.000,00 Euro. Leitungsrechte für die F. S2. AG und Geh- und Fahrrechte für
den Regionalverband Ruhrgebiet blieben bestehen. Alle anderen grundbuchlich
gesicherten Rechte wurden gelöscht.
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Mit dem hier angefochtenen Änderungsbescheid Nr. 06/23/06 vom 21. April 2006
widerrief die Beklagte den Zuwendungsbescheid vom 9. Dezember 1996 in Höhe von
548.713,58 Euro und forderte den Beklagten zur Rückzahlung eines Betrages von
495.112,50 Euro auf. Die gewährte Zuwendung wurde – informatorisch – auf
430.410,37 Euro neu festgesetzt. Nach § 49 Abs. 3 VwVfG NRW dürfe ein rechtmäßiger
Verwaltungsakt u.a. dann widerrufen werden, wenn mit ihm eine Auflage verbunden sei
und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt
habe. Dies sei hier der Fall. Durch den Wegfall der Belegungsbindung sei eine
wesentliche Bedingung des Zuwendungsbescheides nicht mehr gegeben. Die
Rückzahlungsverpflichtung ergebe sich aus § 49 a VwVfG NRW. Auf den Widerruf und
die Neufestsetzung habe nicht verzichtet werden können, da es nicht im öffentlichen
Interesse liege, zuerkannte Landesmittel zu belassen, wenn die der Bewilligung
zugrundeliegenden Auflagen tatsächlich nicht erfüllt seien. Weder die Finanzlage des
Landes NRW noch die angespannte Haushaltslage der Stadt D. -S. führten zu
einer anderen Ermessensentscheidung. Die Höhe der Rückforderung ergebe sich aus
der Differenz der abgerufenen Fördermittel abzüglich der nicht an den Investor
ausgezahlten und der bestimmungsgemäß verwandten Mittel. Die Zuwendung nach
Ziffer 20 der Förderrichtlinien Stadterneuerung werde nicht zurückgefordert. Insoweit sei
der Zuwendungszweck nicht gefährdet. Hinsichtlich der Förderung nach Ziffer 21 sei
von einer 62 monatigen zweckgerechten Mittelverwendung auszugehen. Insgesamt
ergebe sich so der Widerrufsbetrag von 548.713,58 Euro und der Rückforderungsbetrag
von 495.112,50 Euro. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Begründung
des Bescheides vom 21. April 2006 Bezug genommen.
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Gegen diesen am 2. Mai 2006 zugestellten Bescheid legte der Kläger am 29. Mai 2006
Widerspruch ein. Eine Nichterfüllung von Auflagen durch ihn liege nicht vor. Er habe
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seine Verpflichtungen durch Weitergabe der Zweckbestimmung an den
Zuwendungsempfänger (Investor) erfüllt. Das Erlöschen der grundbuchlich gesicherten
Belegungsbindung ändere nichts daran, dass der Kläger sich auflagengemäß verhalten
habe. Die Nichteinhaltung der Zweckbestimmung durch den Investor wirke sich nicht auf
das Subventionsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten aus. Im Übrigen
habe die Beklagte ermessensfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass der Kläger das
Zwangsversteigerungsverfahren nicht zu vertreten habe. Der Erstattungsanspruch
scheitere jedenfalls an einer Entreicherung des Klägers sowie an den Grundsätzen von
Treu und Glauben.
Mit Bescheid vom 20. Oktober 2006, zugestellt am 14. November 2006, wies die
Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Regelungen in Nr. 21.4 der
Förderrichtlinien Stadterneuerung stellten eine Auflage dar, die in der Anlage 3
Bestandteil des Zuwendungsbescheides geworden sei. Diese Auflage beinhalte die
Verpflichtung zur zweckgebundenen Verwendung der Mittel über 25 Jahre. Diese
Auflage habe der Kläger insofern nicht erfüllt, als durch den Wegfall der
Belegungsbindung in der Zwangsversteigerung diese Frist nicht mehr einzuhalten sei.
Die Ermessensausübung sei nach den Grundsätzen des intendierten Ermessens nicht
zu beanstanden. Bei rechtswidrigen Verwaltungsakten sei im Regelfall das Ermessen
nur durch eine Entscheidung für die Rücknahme fehlerfrei auszuüben. Ein vom
Regelfall abweichender Sachverhalt liege nicht vor. Eine umfassende Abwägung
hinsichtlich der Frage, ob der Zuwendungsbescheid zu widerrufen sei, sei deshalb nicht
erforderlich. Der Umfang der Rücknahme richte sich nach dem Interesse der
Allgemeinheit an der ordnungsgemäßen Verwendung öffentlicher Mittel sowie bei
einem Verstoß gegen die landesweit geltenden Förderrichtlinien nach dem
Grundgedanken der Generalprävention zur Vermeidung von Nachahmung und
Mitnahmeeffekten. Gemessen daran sei die Zwangsversteigerung des Objektes kein
außergewöhnlicher Umstand. Bei derartigen Restaurierungsprojekten sei immer auch
die Insolvenz des Zuwendungsempfängers zu befürchten. Das Risiko, dass dieser nicht
entsprechend dem Bewilligungsbescheid zwischen Zuwendungsgeber und
Zuwendungsempfänger handele, und damit auch das Insolvenzrisiko lägen in der
Sphäre der Gemeinde. Ob sie auf eine Sicherung verzichte, diese versäume oder eine
nicht taugliche Sicherung wähle, sei für den Zuwendungsgeber nicht von Belang.
Entgegen seiner Auffassung sei der Kläger auch nicht nur als "Zahlstelle" zwischen
dem Land und dem Grundstückseigentümer zu betrachten. Auf den
Entreicherungseinwand könne sich eine Behörde grundsätzlich nicht berufen. Zudem
habe sich der Kläger bei der Weiterleitung der Zuwendungen über eventuelle
Nebenbestimmungen absichern können und auch müssen. Ihm bleibe die Möglichkeit,
sich direkt bei dem Empfänger der Zuwendung schadlos zu halten. Wegen dieser
Regressmöglichkeit gehe der Einwand treuwidrigen Verhaltens ins Leere.
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Am 12. Dezember 2006 hat der Kläger Klage erhoben. Der Bescheid sei
ermessensfehlerhaft, die Grundsätze des intendierten Ermessens habe die Beklagte zu
Unrecht angewandt. Sie sei ausdrücklich auf die besonderen Umstände hingewiesen
worden, die die Annahme eines atypischen Falles rechtfertigten. Hiermit habe sie sich
nicht hinreichend auseinandergesetzt. Unabhängig davon lägen die Voraussetzungen
für die Aufhebung des Zuwendungsbescheides nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwVfG
NRW nicht vor. Ziffer 21.4.1 der Förderrichtlinien verlange von ihm, dem Kläger, nur,
dass er bei Weitergabe der Zuwendung die Regelungen der Förderrichtlinie zum
Bestandteil des Zuwendungsbescheides an den Grundstückseigentümer mache. Durch
die so zweckbestimmte Weitergabe habe er seine Verpflichtungen erfüllt. Inhaltlich
38
könne die Pflicht zur Erfüllung dieser Regelung nur den Grundstückseigentümer treffen.
Erfülle er diese Verpflichtung nicht, müsse er die Zuwendung zurückzahlen. Er sei
jedoch nicht als weiterer Zuwendungsempfänger hierfür haftbar zu machen. Der
Zuwendungsbescheid vom 9. Dezember 1996 lege die Rechtsfolge der Rückerstattung
der Fördermittel jedenfalls nicht offen. Für einen objektiven Empfänger, der die
Fördermittel bestimmungsgemäß an den weiteren Zuwendungsempfänger
weitergegeben habe, werde nicht hinreichend deutlich, dass er unabhängig von der
Realisierung eines eigenen Erstattungsanspruches selbst zum rückzahlungspflichtigen
Zuwendungsempfänger zu werden drohe. Im Rahmen des Ermessens sei im Übrigen zu
berücksichtigen gewesen, dass aufgrund der bei Rückzahlung eintretenden
Verschlechterung der Haushaltslage der Stadt D. -S. die Gefahr bestehe, dass
öffentliche Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt werden könnten. Zudem bestehe hier
die Besonderheit, dass sich die Gründe für den Teilwiderruf nicht aus dem
Subventionsverhältnis zwischen der Beklagten und ihm, dem Kläger, ergäben, sondern
unmittelbar aus einem anderen Subventionsverhältnis. Eine solche Sachlage biete vom
Regelfall eines Subventionswiderrufs abweichende Umstände, die eine andere
Entscheidung als den Widerruf des Zuwendungsbescheides als möglich und
gegebenenfalls sogar geboten erscheinen lassen könnten. Dies gelte im vorliegenden
Fall umso mehr, als eine Subvention widerrufen werde, deren Vergabeverfahren die
Beklagte zu verantworten habe. Sie habe ihm die Bedingungen für eine Weitergabe der
Fördermittel präzise vorgeschrieben. Er habe erwarten dürfen, dass die Beklagte
aufgrund ihrer Erfahrungen bei der Bewilligung von Subventionen ihn inhaltlich
vollständig über die annähernd realistischen Risiken zum Schutz vor Insolvenzausfällen
informiert hätte. Die Beklagte gehe selbst davon aus, eine solche Gefahr bestehe immer.
Schließlich könne er sich nach dem Vertrauensschutzprinzip auch auf eine
Entreicherung berufen. Dies sei nur dann ausgeschlossen, wenn der Empfänger einer
Leistung diejenigen Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte,
die zur Unwirksamkeit des Bewilligungsbescheides geführt hätten. Dies könne man ihm
hier nicht vorwerfen. Er habe die Insolvenz des Grundstückseigentümers nicht zu
vertreten.
Der Kläger hat beantragt,
39
den Bescheid der Beklagten vom 21. April 2006 und deren
Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2006 aufzuheben.
40
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung hat sie auf die angefochtenen Bescheide verwiesen. Eine
Ermessensentscheidung sei getroffen, die Einwände des Klägers ausreichend
berücksichtigt worden. Maßgeblich für die Auflagenerfüllung sei, ob die
Belegungsbindung an dem geförderten Objekt auf Dauer tatsächlich gegeben sei. Dies
sei hier nicht der Fall gewesen. Soweit der Kläger davon ausgehe, der
Zuwendungsbescheid sei deshalb nicht hinreichend bestimmt, weil er nicht habe
erkennen können, dass er unabhängig von der Realisierung eines eigenen
Erstattungsanspruchs die Pflicht zur Rückzahlung der bewilligten Mittel habe, sei dies
als Schutzbehauptung zu bewerten. Wäre diese Auffassung richtig, trage letztlich das
Land das Risiko der Insolvenz des "End"zuwendungsempfängers. Dies solle durch die
Zwischenschaltung der Gemeinden aber gerade verhindert werden. Die unsubstantiierte
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Behauptung der Verschlechterung der Haushaltslage könne nicht zur Reduzierung des
Rückforderungsbetrages führen. Erkenne man einen solchen Einwand an, würde das
Regelprinzip der Rückforderung praktisch ausgehebelt.
Mit Urteil vom 9. Juli 2008, zugestellt am 24. Juli 2008, hat das Verwaltungsgericht der
Klage stattgegeben. Die Voraussetzungen für einen Widerruf nach § 49 Abs. 3 VwVfG
NRW lägen nicht vor. Der Kläger habe die in der Anlage 3 unter Ziffer 4 enthaltene
Nebenbestimmung erfüllt, in dem er sie in seinen eigenen, an den Investor gerichteten
Bewilligungsbescheid vom 20. April 2000 übernommen habe. Ein eigenes Tun in
unmittelbarem Bezug auf die Verwendung des geförderten Wohnraums zu
Wohnzwecken für 25 Jahre sei dem Kläger damit auch unter Berücksichtigung der Ziffer
1.1 der Anlage 1 nicht vorgeschrieben worden. Dies ergebe sich auch nicht aus Ziffer
21.6 der Förderrichtlinien Stadterneuerung. Der Zuwendungsbescheid der Beklagten
enthalte keine Nebenbestimmung, in der festgelegt sei, dass die Regelungen der Nr.
21.4 für die Gemeinde selbst maßgebend sei. Anderenfalls wäre von dem Kläger auch
Unmögliches verlangt worden, da er nicht Verfügungsberechtigter und auch nicht
Beteiligter der abzuschließenden Mietverträge gewesen sei. Eine Umdeutung des
fehlerhaften Verwaltungsaktes in einen Widerruf nach § 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG NRW
scheide aus. Denn auch dessen Voraussetzungen lägen nicht vor. Die zweckwidrige
Verwendung der Zuwendung, die objektiv vorliege, sei dem Kläger nicht zuzurechnen.
Zwar verlange die Norm kein Verschulden, jedoch müsse die Zweckverfehlung im
Verantwortungsbereich des Begünstigten liegen. Eine eigene Verpflichtung zur
zweckgerechten Mittelverwendung hinsichtlich der Einhaltung der
Zweckbindungsfristen lasse sich dem Zuwendungsbescheid nicht entnehmen. Die
Regelung nach Ziffer 4.1 sei schon optisch so gestaltet, dass damit nur der Umfang der
an den Letztempfänger zu stellenden Anforderungen gemeint sein könne. Etwas
Anderes folge auch aus Ziffer 21.6 der Förderrichtlinien Stadterneuerung nicht. Eine
entsprechende Nebenbestimmung enthalte der Bescheid nicht.
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Mit ihrer am 22. August 2008 erhobenen und vom Senat zugelassenen Berufung macht
die Beklagte im Wesentlichen ergänzend geltend, das Verwaltungsgericht habe die
rechtliche Tragweite der in den Anlagen 1 bis 3 des Bescheides niedergelegten
Nebenbestimmungen verkannt. Nach Ziffer 1.1 ANBest-G sei die Regelung der Ziffer
21.6 Förderrichtlinien Stadterneuerung als Nebenbestimmung einbezogen worden. Die
von ihr unmissverständlich geforderte Bindung auch des Erstempfängers (Gemeinde) an
die Belegungsauflagen (Ziffer 21.4) werde also bereits unmittelbar durch die Anlage 1
Ziffer 1.1 umgesetzt. Die Auflage sei bestandskräftig und insbesondere nicht nichtig.
§ 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW erfasse nur die objektive Unmöglichkeit, hier liege jedoch
allenfalls subjektives Unvermögen vor. Auch § 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG NRW sei vom
Verwaltungsgericht unzutreffend gewürdigt worden. Hierfür bedürfe es keines über die
objektive Zweckvereitelung hinausgehenden Zurechnungszusammenhangs.
Insbesondere komme es nicht auf ein Vertreten müssen oder auf einen
Verantwortungsbereich an. Die nicht vom Leistungsempfänger zu vertretende
Unmöglichkeit sei ggf. im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen.
Entsprechende Erwägungen habe das Verwaltungsgericht jedoch nicht angestellt. Sie
hätten auch nicht zu dem Ergebnis geführt, dass der Bewilligungsbescheid hätte
geändert werden müssen. Denn dies widerspräche der einschlägigen Förderrichtlinie
und der Verwaltungspraxis. Die Mittel der Stadterneuerung dürften nur an Kommunen
bewilligt werden; diese hätten dem Land als Adressaten des Bewilligungsbescheides
grundsätzlich für jegliche objektive Zweckverfehlung einzustehen. Die Nutzung des
Instrumentes der Weiterleitung könne verschiedene Gründe haben. Sie könne – wie hier
45
– erwünscht sein, weil die Kommunen als "Projektsteuerer" den Überblick über eine
Vielzahl mit einem Projekt verbundener notwendiger Maßnahmen hätten oder weil sie
sich selbst finanziell an dem Projekt beteiligen sollten. Zweck könne aber auch sein,
dass das Land als Erstempfänger einen Zuwendungsempfänger suche und bevorzuge,
dessen Insolvenzrisiko gering sei. In einem solchen Fall könne sich das Land stets mit
seinem Rückforderungsverlangen an den Erstempfänger wenden. Unmittelbare
Zugriffsmöglichkeiten auf den Letztempfänger habe es dagegen nicht. Aus Landessicht
dürfte es unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts kaum
noch denkbar sein, Kommunen zu fördern, verbunden mit der Möglichkeit der
Weitergabe der Gelder an Dritte. Das Land könne sich dann nur noch durch Abtretung
der Forderung der Kommune gegen den Letztempfänger sichern. Das sei mit einem
unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verbunden.
Die Beklagte beantragt,
46
das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 9. Juli 2008
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
47
Der Kläger beantragt,
48
die Berufung zurückzuweisen.
49
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beteiligten Bezug
genommen.
50
Entscheidungsgründe:
51
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu
Recht stattgegeben.
52
Die Klage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Teilwiderrufs und
Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 21. April 2006 in Gestalt ihres
Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2006 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger
in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
53
Die Voraussetzungen für einen Teilwiderruf des Zuwendungsbescheides der Beklagten
vom 9. Dezember 1996 liegen nicht vor. Weder kommt ein Widerruf nach dem von der
Beklagten allein herangezogenen § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG NRW in Betracht (1.), noch
lässt sich die Ermessensentscheidung auf § 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG NRW stützen (2.).
Unabhängig davon ist die Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen, der Kläger könne
sich hinsichtlich des Rückforderungsbescheides nicht auf eine Entreicherung berufen
(3.).
54
1.
55
Die Beklagte hat ihren Widerrufsbescheid zu Unrecht auf § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG NRW
gestützt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt (1.1).
Die Widerrufsentscheidung leidet zudem unter durchgreifenden Ermessensfehlern (1.2).
56
1.1
57
Nach § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG NRW darf ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine
einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines
bestimmten Zweckes gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, auch nachdem er
unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit
nur widerrufen werden, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und
der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Ein
solcher Fall liegt hier nicht vor. Es lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger eine ihn
treffende Auflage nicht erfüllt hätte.
58
Zwar handelt es sich bei dem Zuwendungsbescheid der Beklagten vom 9. Dezember
1996 um einen Verwaltungsakt im Sinne dieser Vorschrift. Mit ihm hatte die Beklagte
auch zahlreiche Auflagen verbunden, darunter auch die Auflage bzw. Bedingung nach
Anlage 3 Ziffer 4.1 des Zuwendungsbescheides. Danach sind dem Grundeigentümer
mit dem Zuwendungsbescheid der Gemeinde zur Weitergabe der Fördermittel des
Landes bestimmte Nebenbestimmungen aufzugeben. Hierzu gehört, dass der geförderte
Wohnraum innerhalb der Zweckbindungsfrist von 25 Jahren nur zu Wohnzwecken
verwandt und innerhalb dieses Zeitraums nur dem in § 25 Abs. 2 WoBauG genannten
Personenkreis zum Gebrauch überlassen werden darf. Bei Veräußerung des Gebäudes
vor Ablauf der allgemeinen Zweckbindungsfrist ist die Zuwendung zurückzuzahlen.
Dieser Auflage ist der Kläger entgegen der von der Beklagten im angefochtenen
Bescheid vom 21. April 2006 und im Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2006
vertretenen Auffassung nachgekommen. Im Bewilligungsbescheid gegenüber dem
Grundstückseigentümer vom 20. April 2000 sind diese Bindungen dem Investor durch
ausdrückliche Nebenbestimmungen (Ziffern 11 und 13 des Bescheides vom 20. April
2000) sowie durch Verweis auf die in dem Zuwendungsbescheid vom 9. Dezember
1996 enthaltenen Anlagen 1 und 3 (Ziffer 21 der Auflagen zum Bescheid vom 20. April
2000) aufgegeben worden. Auch die in Anlage 3 Ziffer 4.1 zum Zuwendungsbescheid
vom 9. Dezember 1996 enthaltene Auflage, wonach die Belegungsbindung und ein
Rückzahlungsanspruch durch Eintragung einer brieflosen Grundschuld an bereitester
Stelle im Grundbuch zu Gunsten der Gemeinde zu sichern sind, findet sich im
Bewilligungsbescheid vom 20. April 2000 der Sache nach wieder (Ziffer 18). Beide
Verpflichtungen hat der Investor durch notariellen Vertrag vom 26. April 2000 erfüllt.
Schließlich hat der Kläger auch den auf Grund der Vordrucke der WFA unter Ziffer 17
verlangten privatrechtlichen Vertrag mit dem Investor geschlossen.
59
Ein weitergehender Inhalt kommt der Auflage in Anlage 3 Ziffer 4.1 zum
Zuwendungsbescheid vom 9. Dezember 1996 nicht zu. Die Auflage kann entgegen der
Auffassung der Beklagten nicht der zusätzliche Inhalt beigemessen werden, auch der
Gemeinde werde die Einhaltung der 25jährigen Belegungsbindungsfrist selbst
aufgegeben. Hiergegen spricht bereits, dass die Verpflichtung nach Nr. 4.1 inhaltlich
eindeutig mit dem Einleitungssatz verbunden ist. Diese inhaltliche Eindeutigkeit wird
durch die Gliederung als Punkt 4.1 damit dem Gliederungspunkt 4 zu und
untergeordnet - sowie durch die optische Einrückung bestätigt. Die Auflage ist somit
inhaltlich nicht an die Gemeinde, sondern über die Gemeinde an den Letztempfänger
gerichtet.
60
Bestätigt wird diese Auslegung im Übrigen durch Ziffer 21.6 der Förderrichtlinien
Stadterneuerung. Danach ist in den Zuwendungsbescheid eine Nebenbestimmung
aufzunehmen, in der festzulegen ist, dass die Regelungen in den Nummern 21.4 und
21.5 für die Gemeinde maßgebend und von der Gemeinde in ihrem
61
Bewilligungsbescheid auch, soweit zutreffend, dem Grundstückseigentümer
aufzuerlegen sind. Die Förderrichtlinien unterscheiden insoweit eindeutig zwischen der
Gemeinde und dem Grundstückseigentümer hinsichtlich der Anforderung nach
Ziffer 21.4 der Förderrichtlinien Stadterneuerung. Diese sind inhaltlich im Wesentlichen
identisch mit denen der Ziffer 4 der Anlage 3 zum Zuwendungsbescheid vom
9. Dezember 1996.
In diesem Sinne hat auch die Beklagte ihre Nebenbestimmung offenbar ursprünglich
verstanden, wie sich aus ihrem Antwortschreiben vom 28. März 2000 auf die Bitte des
Klägers ergibt, zu prüfen und zu bestätigen, dass die Auflagen aus dem
Bewilligungsbescheid vom 9. Dezember 1996 mit den vorgelegten Bescheid und
Vertragsentwürfen erfüllt seien. Die Beklagte äußerte insoweit ausdrücklich keine
Bedenken und gab damit zumindest sinngemäß zu erkennen, dass sie die Auflagen als
erfüllt ansehe.
62
Entgegen der von der Beklagten allein im Berufungs(zulassungs)verfahren vertretenen
Auffassung enthält auch die Ziffer 1.1 der Anlage 1 zum Zuwendungsbescheid vom
9. Dezember 1996 keine weitergehende Auflage dahingehend, dass auch der Kläger
selbst für die Einhaltung der Zweckbindungsdauer einzustehen hätte. Dabei kann
dahinstehen, ob die Beklagte zu Recht davon ausgegangen ist, durch Ziffer 1.1 der
AnBestG (Anlage 1) sei auch die Regelung der Nr. 21.6 der Förderrichtlinien
Stadterneuerung eigenständig und erkennbar einbezogen worden. Dies liegt aus dem
Empfängerhorizont nach dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des
Bewilligungsbescheides vom 9. Dezember 1996 jedoch bereits fern. Neben dem
pauschalen Verweis in Ziffer 1.1 der Anlage 1 finden sich nämlich im Anhang 3, der sich
unmittelbar auf die Ziffer 21 der Förderrichtlinien Städtebau bezieht, große Teile der dort
enthaltenen Regelungen als eigenständige Auflagen wieder. Insbesondere wird die
Verpflichtung der Ziffer 21.4 der Förderrichtlinien Stadterneuerung ausdrücklich und im
Einzelnen aufgenommen. Verstünde man die Ziffer 1.1 der Anlage 1 in dem von der
Beklagten nunmehr vertretenen Sinne, wäre dies überflüssig gewesen. Umgekehrt kann
aus der gewählten Regelungssystematik letztlich nur geschlossen werden, dass
diejenigen Verpflichtungen, die zwar in Ziffer 21 der Förderrichtlinien Stadterneuerung
enthalten sind, jedoch nicht ausdrücklich in den Bewilligungsbescheid vom 9.
Dezember 1996 aufgenommen wurden, keine Anwendung finden sollten. Dies folgt
nicht zuletzt daraus, dass die Regelung der Ziffer 21.6 der Förderrichtlinien
Stadterneuerung hinsichtlich der dem Grundstückseigentümer aufzuerlegenden
Verpflichtung wörtlich in die Regelung nach Ziffer 4 der Anlage 3 (Einleitungssatz) zum
Zuwendungsbescheid vom 9. Dezember 1996 aufgenommen wurde. Für die
gleichermaßen zu verpflichtende Gemeinde fehlt indes eine vergleichbare Übernahme.
Dass trotzdem weitere verpflichtende Regelungen gelten könnten, war zumindest aus
dem Empfängerhorizont nicht zu erkennen, zumal die Förderrichtlinien Stadterneuerung
anders als die ebenfalls in Bezug genommenen AnBestG dem Bescheid nicht
beigefügt waren.
63
Diese Frage konnte jedoch letztlich dahingestellt bleiben, weil selbst bei einer
wirksamen Einbeziehung der Regelung der Ziffer 21.6 der Förderrichtlinien
Stadterneuerung der Zuwendungsbescheid vom 9. Dezember 1996 keine an die
Gemeinde gerichtete Auflage enthält. Ziffer 21.6 ist bereits nach ihrem Wortlaut ("ist ......
aufzunehmen") eine Verpflichtung der (Erst)Bewilligungsbehörde, also der Beklagten,
eine entsprechende Nebenbestimmung in ihren Bewilligungsbescheid aufzunehmen,
und nicht schon selbst eine Nebenbestimmung oder Auflage, die der Richtliniengeber
64
vorgegeben hätte und die durch bloße Inbezugnahme den Empfänger der Zuwendung
verpflichten könnte.
Zur Zulässigkeit einer entsprechenden allgemeinen Auflage vgl. nur OVG
NRW, Urteil vom 2.9.2008 15 A 2328/06 – DVBl. 2008, 1450 ff.; Urteil vom
12.6.2007 15 A 1243/05 , NWVBl 2008, 66.
65
In diesem Sinne wurde die Regelung der Ziffer 21.6 von der Beklagten im Hinblick auf
die Verpflichtung der Gemeinde, in ihrem Bewilligungsbescheid dem
Grundstückseigentümer Nebenbestimmungen zur Sicherung der Regelungen in den
Nummern 21.4 aufzuerlegen, auch verstanden, wie die Regelung der Ziffer 4 der Anlage
3 zeigt. Warum dies für die Gemeinde selbst anders zu sehen sein sollte, wird weder
begründet noch ist dies nachvollziehbar. Das folgt auch nicht daraus, dass nach dem
Wortlaut der Ziffer 21.6 Förderrichtlinien Stadterneuerung eine entsprechende
Nebenbestimmung nicht im Ermessen der Beklagten stand. Eine fehlende Umsetzung
macht den Verwaltungsakt allenfalls rechtswidrig, führt jedoch nicht dazu, dass er
inhaltlich zulasten des Adressaten zu ergänzen wäre.
66
Angesichts dessen konnte der Senat auch dahingestellt lassen, ob die nunmehr
vorgenommene Interpretation der Beklagten, die sie erstmals nach Abschluss des
erstinstanzlichen Verfahrens vorgenommen hat, im Hinblick auf § 45 Abs. 2 VwVfG
NRW grundsätzlich beachtlich ist.
67
1.2
68
Selbst wenn man jedoch entgegen der Auffassung des Senats davon ausginge, die
tatbestandlichen Voraussetzungen des § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG NRW lägen vor, wäre
der Bescheid der Beklagten vom 21. April 2006 in Gestalt ihres
Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2006 rechtswidrig. Denn die Beklagte hat
das ihr durch diese Vorschrift eingeräumte Widerrufsermessen in einer der Überprüfung
des Gerichts unterliegenden Weise (§ 114 Satz 1 VwGO) fehlerhaft ausgeübt.
69
Die Beklagte ist im maßgeblichen Widerspruchsbescheid bereits fehlerhaft von einem
rechtswidrigen Verwaltungsakt ausgegangen. Auf diese Annahme stützt sie ihre
Erwägungen zum intendierten Ermessen mit der angenommenen Folge eines
reduzierten Ermessens- und Begründungserfordernisses. Ein rechtswidriger
Verwaltungsakt lag jedoch zumindest nach ihrer Auffassung nicht vor.
70
Die Grundsätze eines intendierten Ermessens kamen hier jedoch vor allem deshalb
nicht zum Tragen, weil eine nach den Maßstäben des § 49 VwVfG NRW atypische
Sondersituation vorliegt. Denn die Subventionsgewährung im Dreiecksverhältnis oder
genauer Verlängerungsverhältnis mit zwei nacheinander geschalteten Empfängern der
gleichen Subvention stellt jedenfalls nicht den Regelfall dar, den der Gesetzgeber bei
Erlass des § 49 Abs. 3 VwVfG NRW im Auge hatte und der der einschlägigen
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegt. Die in einer solchen
Dreierbeziehung auftretenden Probleme entziehen sich typischerweise einer
schematischen Ermessensausübung. Die hinter der Annahme eines intendierten
Ermessens bei einem Widerruf eines Zuwendungsbescheides stehenden Erwägungen
eines Sanktionscharakters und des Schutz der öffentlichen Finanzen,
71
dazu BVerwG, Urteil vom 16.6.1997 - 3 C 22.96 -, BVerwGE 105, 55 ff.,
72
greifen jedenfalls dann nicht ohne weiteres durch, wenn der Grund für die Nichterfüllung
der Auflage – wie hier - nicht im Zuwendungsverhältnis der Beklagten zum Kläger,
sondern in demjenigen zwischen Kläger und Grundstückseigentümer liegt. In einer
solchen Konstellationen bedarf es stets einer dem Einzelfall gerecht werdenden
wertenden Betrachtung. Danach lag hier ein Widerruf zumindest nicht auf der Hand.
73
Die Beklagte hat – offenbar in Folge der unzulässigen Verengung ihres
Ermessensspielraums - im Rahmen ihrer Ermessensausübung nicht erkennbar
berücksichtigt, dass der Kläger trotz vollständiger Umsetzung der Vorgaben des Landes
für die konkrete Zuwendungsbewilligung in die Situation geraten ist, einen ihm
zweifellos zustehenden Rückforderungsanspruch nicht realisieren zu können. Insofern
kommt dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Kläger nach Ziffer 3 der
Anlage 3 zum Zuwendungsbescheid vom 9. Dezember 1996 verpflichtet war, die von
der WFA zur Verfügung gestellten Vordrucke bei der Weiterbewilligung einer
Zuwendung an den Grundstückseigentümer zu verwenden. Dieser Vordruck enthält für
die hier maßgebliche Zuwendung einer Gemeinde an einen Grundstückseigentümer
jedoch den ausdrücklichen Hinweis, dass nach den Förderbedingungen über die in dem
Vordruck vorhandenen Nebenbestimmungen hinaus keine weiteren Auflagen gemacht
werden dürften. Allenfalls die Streichung von Auflagen kommt danach in Betracht. Der
Kläger hätte sich jedoch gegen ein Insolvenzrisiko nur durch weitergehende Auflagen
etwa einer erstrangigen Sicherung effektiver absichern können. Dies war ihm nach den
ausdrücklich zu verwendenden Vordrucken jedoch gar nicht möglich. Der im
Widerspruchsbescheid enthaltene Vorwurf, der Kläger habe sich leichtfertig nicht
ausreichend abgesichert, fällt damit auf die Beklagte als Vertreterin des Landes zurück,
geht aber zumindest ins Leere.
74
Hinzu kommt, dass im konkreten Fall die Subventionsgewährung stets in enger
Abstimmung zwischen dem Kläger und der Beklagten erfolgte. Bereits im Vorfeld der
Projektplanung war die Beklagte in die Gespräche mit dem Investor eng eingebunden.
Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass die Auswahl des Letztempfängers eine
Entscheidung allein des Klägers war, der dementsprechend die Konsequenzen hätte
tragen müssen. Auch im eigentlichen Bewilligungsverfahren hat der Kläger die Beklagte
über jeden seiner Schritte informiert.
75
Vor diesem Hintergrund liegen die Ermessenserwägungen im Widerspruchsbescheid,
es gehe letztlich die Beklagte nichts an, wenn der Kläger unzureichende Sicherungen
wähle oder auf sie ganz verzichte, es habe dem Kläger frei gestanden, bei der
Weiterleitung der Zuwendungen über eventuelle Nebenbestimmungen sich gegen ein
Insolvenzrisiko abzusichern und ein Widerruf sei aus Gründen der Generalprävention
unausweichlich, neben der Sache. Die Beklagte als Vertreterin des Landes entzieht sich
damit zu Unrecht ihrer (Mit-) Verantwortung, statt sie – wie erforderlich – im Rahmen des
Ermessens zu berücksichtigen. Im übrigen ist nicht nachvollziehbar, warum es aus
generalpräventiven Gründen erforderlich sein soll, eine Gemeinde mit einer Sanktion zu
belegen, wenn sie in enger Absprache mit dem Land und unter vollständiger
Übernahme der vom Land vorgesehenen Auflagen eine Landessubvention an einen
Dritten weiterleitet.
76
Hinzu kommt, dass sich die Beklagte mit dem Widerruf und der Rückforderung eines
großen Teils der gewährten Zuwendung treuwidrig verhält.
77
Zur Anwendbarkeit des Grundsatzes von Treu und Glauben bei einem
Widerrufs- und Rückforderungsbescheid BVerwG, Urteil vom 18.1.2001 – 3
C 7.00 -, BVerwGE 112, 351 ff.
78
Ihr war bereits auf Grund der dem Antrag vom 5. Dezember 1996 beigefügten
Unterlagen bewusst, dass der Kläger sich nicht einmal in der Lage sah, den ihm an sich
obliegenden Eigenanteil von 10 und 20 % der Fördersumme aufzubringen. Auf Grund
des damals bestehenden Haushaltssicherungskonzeptes wäre dies von der
Kommunalaufsicht offensichtlich auch nicht genehmigt worden. Gleichzeitig hat die
Beklagte nach eigenen Angaben gewusst, dass gerade bei Sanierungsgroßvorhaben
ein relevantes Insolvenzrisiko des Zuwendungsempfängers besteht. Nach ihren
Angaben liegt hierin sogar ein wesentlicher Grund dafür, warum nicht das Land direkt
Subventionen an Dritte bewilligt, sondern die Städte und Gemeinden als Erstempfänger
einschaltet. Vor diesem Hintergrund hätte die Beklagte den Kläger zum einen auf dieses
Risiko ausdrücklich aufmerksam machen und zum anderen bei der von ihr
vorgenommenen Vorprüfung des Förderbescheides vom 20. April 2000 und der
Ausgestaltung des Zuschussverträge auf die nunmehr bemängelten unzureichenden
Sicherungen hinweisen müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Nimmt man die
Erwägungen im Widerspruchsbescheid ernst, hat die Beklagte den Kläger vielmehr
sehenden Auges in dieses Risiko laufen lassen.
79
Dieses Verhalten lässt sich auch nicht mit dem Hinweis darauf rechtfertigen, der Kläger
sei selbst hinreichend sachkundig und habe schon mehrere Förderfälle abgewickelt. Es
ist weder ersichtlich noch dargelegt, dass es in früheren Fällen zur Insolvenz des
Letztempfängers und zur Haftung des Klägers gekommen sein könnte. Auch auf
Nachfrage in der mündlichen Verhandlung konnten die Vertreter der Beklagten keinen
solchen Fall benennen. Im Gegenteil war eine ausdrückliche Aufklärung hier die
Richtigkeit der Auffassung der Beklagten unterstellt schon deshalb unabdingbar, weil
diese Selbsteinstandspflicht allenfalls mit einem erheblichen Interpretationsaufwand
dem Zuwendungsbescheid vom 9. Dezember 1996 entnommen werden konnte.
80
2.
81
Soweit die Beklagte im Anschluss an die Ausführungen des Verwaltungsgerichts
geltend macht, eine mögliche Umdeutung des Verwaltungsaktes in einen auf § 49
Abs. 3 Nr. 1 VwVfG NRW gestützten Widerruf sei nicht hinreichend abgearbeitet
worden, führt auch dies nicht zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Die
Voraussetzungen nach § 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG NRW liegen schon deshalb nicht vor,
weil wie die Beklagte in allerdings unzutreffendem Zusammenhang vorträgt bei
Anwendung dieser Vorschrift andere Ermessensgesichtspunkte insbesondere bezüglich
eines Zurechnungszusammenhangs und einer Verteilung von Risikosphären zu
berücksichtigen wären als bei der von der Beklagten tatsächlich ausschließlich
herangezogenen Regelung des § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG NRW. Insbesondere wäre in
diesem Zusammenhang mitentscheidend, inwieweit der in Anspruch genommene
Adressat eines begünstigenden Verwaltungsaktes die objektive Verfehlung des
Zweckes subjektiv zu vertreten hätte.
82
Vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG – Kommentar, 7. Aufl. 2008,
§ 49 Rn. 99 m.w.N.
83
Solche Erwägungen hat die Beklagte nicht angestellt. Denn sie hat die Regelung weder
84
angewandt noch ist zu erkennen, dass sie sie überhaupt als einschlägig in Erwägung
gezogen hat. Dies belegen insbesondere ihre gegen das erstinstanzliche Urteil
gerichteten Einwendungen im Berufungs(zulassungs)verfahren. Die Beklagte
bemängelt ausdrücklich, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Rechtsanwendung die
erforderlichen Ermessenserwägungen nicht angestellt. Sie übersieht dabei, dass es ihre
Aufgabe ist, ausreichende Ermessenserwägungen anzustellen, nicht diejenige des
Gerichtes. Es hat diese Ermessensentscheidung nur zu überprüfen. Dieser Mangel wäre
allenfalls bis zum Ende des Verfahrens erster Instanz zu heilen gewesen (vgl. § 45
Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG NRW; § 114 Satz 2 VwGO).
Vgl. zum Zusammenhang dieser Regelungen Wolff, in: Sodan/Ziekow,
VwGOKommentar, 2. Auflage 2006, § 114 Rn. 210 f.
85
Vor diesem Hintergrund kam es nicht darauf an, ob das Verwaltungsgericht zu Recht
von einer Umdeutung des fehlerhaften Verwaltungsaktes im Sinne von § 47 Abs. 1
VwVfG NRW ausgegangen ist oder ob hier lediglich eine neue Begründung des
gleichen Verwaltungsaktes in Rede steht. Nach § 47 VwVfG NRW kommt die
Umdeutung einer Ermessensentscheidung in eine andere Ermessensentscheidung nur
in Betracht, wenn die Behörde bei Erlass des fehlerhaften Verwaltungsaktes gleichzeitig
ihr Ermessen entsprechend der gesetzlichen Ermächtigung, die zum Erlass des
anderen VA berechtigt, ausgeübt und die für diesen Verwaltungsakt gezogenen
gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten hat. Eine Umdeutung in eine
tatsächlich nicht getroffene Ermessensentscheidung scheidet aus.
86
Vgl. Sachs, a.a.O., § 47 Rn. 43 m.w.N.; Kopp/Ramsauer, VwVfG-
Kommentar, 10. Aufl. 2008, § 47 Rn. 30.
87
3.
88
Der auf § 49 a Abs. 1 VwVfG NRW gestützte Rückforderungsbescheid in Höhe von
495.112,50 Euro ist schon deshalb rechtswidrig und aufzuheben, weil der
Teilwiderrufsbescheid vom 21. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
20. Oktober 2006 rechtswidrig ist. Zwar entfaltet der Kassationsausspruch hinsichtlich
des Widerrufsbescheides erst mit Rechtskraft dieses Urteils seine Wirkung (§§ 133
Abs. 4, 167 Abs. 2, 168 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), so dass zur Zeit die Rückforderung die
Voraussetzung eines Widerrufs mit Wirkung für die Vergangenheit vorliegt. Indes ergibt
sich aus § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 VwGO, dass dann, wenn die Aufhebung eines
Verwaltungsaktes weitere Ansprüche auslöst, das Verwaltungsgericht zugleich sowohl
über den Aufhebungsanspruch als auch über den gestuften Folgeanspruch im Interesse
der Prozessökonomie entscheiden kann.
89
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.3.2007 15 A 4729/04 , NwVBl. 2007, 310 f.;
Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 49 a Rn. 7.
90
Unabhängig davon ist der Rückforderungsbescheid jedoch auch deshalb rechtswidrig,
weil der Kläger gemäß § 49 a Abs. 2 VwVfG NRW entreichert ist. Dies hätte die
Beklagte zumindest im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung oder bei Ausübung
des ihr eingeräumten Ermessens prüfen müssen. Das ist nicht geschehen. Die Beklagte
ist vielmehr davon ausgegangen, dass sich der Kläger als Hoheitsträger gegenüber
einem öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruch nicht auf Vertrauensschutz und damit
auf den diesem dienenden Entreicherungseinwand berufen könne. Dies mag
91
grundsätzlich zutreffen, gilt jedoch für die hier vorliegende Fallkonstellation nicht. Der
Kläger hat mit der Zuwendung keine Verwendungen auf ihm obliegende
Verwaltungsaufgaben gemacht, deren objektive Erfüllung als eine Bereicherung im
Rechtssinne verstanden werden könnte. Vielmehr hat er im Ergebnis nur der Beklagten
seine Verwaltungskraft zur Verfügung gestellt und eine Landessubvention – hier sogar
mit Zustimmung der Beklagten ohne den an sich vorgesehenen kommunalen
Eigenanteil - an den begünstigten Grundstückseigentümer weitergeleitet. Er fungierte
insoweit letztlich als reine Zahlstelle. In einer solchen Konstellation ist ihm die
Entreicherungseinrede nicht von vornherein verwehrt.
Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.3.2007 15 A 4729/04 , NWVBl. 2007, 310 f.;
vgl. auch Sachs, a.a.O., § 49 a Rn. 46 m.w.N.
92
Nach § 818 Abs. 3 BGB ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des
Wertes ausgeschlossen, wenn der Empfänger nicht mehr bereichert ist und ihm insoweit
weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. Das ist hier der Fall. Der Kläger
hat den gesamten von der Rückforderung erfassten Förderungsbetrag an den Investor
ausgekehrt. Er ist allenfalls noch hinsichtlich eines Rückforderungsanspruches
bereichert, der wegen der Insolvenz des Letztempfängers praktisch wertlos ist. Im
Übrigen besteht kein Zweifel daran, dass der Kläger zur Herausgabe dieses
Anspruches an die Beklagte bereit ist.
93
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
94
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 1 VwGO
nicht vorliegen.
95