Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 28.10.2008

OVG NRW: anspruch auf rechtliches gehör, anhörung, perpetuatio fori, aufschiebende wirkung, befangenheit, rüge, vollstreckungstitel, selbstanzeige, aussetzung, gerichtsakte

Oberverwaltungsgericht NRW, 12 E 1271/08
Datum:
28.10.2008
Gericht:
Oberverwaltungsgericht NRW
Spruchkörper:
12. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
12 E 1271/08
Vorinstanz:
Verwaltungsgericht Münster, 11 M 9/08
Tenor:
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Pfändungs- und
Überweisungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts Münster vom 12.
August 2008 wird abgelehnt.
Der Vollstreckungsschuldner trägt die Kosten des gerichtskostenfreien
Beschwerdeverfahrens.
G r ü n d e :
1
Der Berichterstatter, Richter am Oberverwaltungsgericht X. , ist nicht an einer
Entscheidung über die Beschwerde gehindert. Ein Ablehnungsgesuch, das nach § 54
Abs. 1 VwGO i.V.m. § 47 Abs. 1 ZPO zu einer Beschränkung des Berichterstatters auf
unaufschiebbare Amtshandlungen führen würde, hat der Vollstreckungsschuldner
ersichtlich nicht gestellt. Der Berichterstatter hat auch eine Selbstanzeige nach § 54
Abs. 1 VwGO i.V.m. § 48 Halbsatz 1 ZPO nicht erstattet, so dass eine vorherige
gerichtliche Entscheidung hierüber nicht angezeigt ist.
2
Gründe für eine Selbstanzeige sind offensichtlich nicht gegeben. Fehler eines Richters
in der Prozessleitung, fehlerhafte Entscheidungen oder Verfahrensverstöße begründen
für sich genommen noch nicht Besorgnis der Befangenheit.
3
Vgl. etwa Czybulka, in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 54 Rn. 68 m.w.N.
4
Etwas anderes würde allenfalls dann gelten, wenn das fehlerhafte Vorgehen des
Richters jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehrt und sich so sehr von dem normal
geübten Verfahren entfernt, dass sich für die dadurch getroffene Partei der Eindruck
einer sachwidrigen Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängt.
5
So etwa: Vollkommer, in. Zöller, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 42 Rn. 24 m.w.N.
6
Verfahrensfehler des Berichterstatters - erst recht so gravierende - lässt die
Beschwerdebegründung des Vollstreckungsschuldners nicht einmal ansatzweise
erkennen.
7
Die Niederschrift vom 4. Mai 2007 hat bei der Beschlussfassung am 29. Mai 2007 im
Beschwerdeverfahren 12 E 418/07 Berücksichtigung gefunden. Gegenteiliges lässt sich
dem Mitteilungsschreiben des Berichterstatters an den Antragsgegner vom 18. Juni
2007 nicht entnehmen. Dieses Schreiben bezieht sich nur auf den am 14. Juni 2007 bei
Gericht eingegangenen Schriftsatz des Antragsgegners vom 4. Juni 2007.
8
Etwas anderes ergibt sich auch nicht etwa daraus, dass das in der Niederschrift vom 4.
Mai 2007 angesprochene, erstmalig („nun") auf Seite 8 des Schriftsatzes vom 15. (nicht:
16.) April 2007 formulierte Ablehnungsgesuch gegen den Richter am
Verwaltungsgericht Dr. S. , bei dem - entgegen der nunmehrigen Behauptung des
Vollstreckungsschuldners - an keiner Stelle auf eine angebliche
Offenbarungsverpflichtung des Richters abgehoben worden ist, in der Begründung des
Beschlusses vom 29. Mai 2007 - 12 E 418/07 - keine Erwähnung gefunden hat.
Spätestens mit der (bereits nicht mehr von Richter am Verwaltungsgericht Dr. S.
gefertigten) Nichtabhilfeentscheidung vom 16. April 2007 ist die Instanz beendet
gewesen, so dass das unter dem 15. April 2007 gefertigte und erst nach Beendigung der
Dienststunden am 16. April 2007 in den Nachtbriefkasten des Verwaltungsgerichts
eingelegte Ablehnungsgesuch nicht mehr greifen konnte.
9
Die vom Verwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren 12 E 418/07 nachgereichte
Beschwerdebegründung vom 15. April 2007 hat ausweislich des Umstandes, dass sich
der Beschluss vom 29. Mai 2007 in diesem Verfahren mit der nur in dieser Begründung
angesprochenen Problematik der „perpetuatio fori" auseinander setzt, erkennbar
Berücksichtigung gefunden; damit ist im Übrigen auch der Rüge zu Ziff. 1 der
Niederschrift vom 4. Mai 2007 Rechnung getragen worden.
10
Dass das Verwaltungsgericht erst das am 14. Juni 2007 bei dem
Oberverwaltungsgericht eingegangene Schreiben des Vollstreckungsschuldners an das
OVG NRW vom 4. Juni 2007 zum Anlass genommen hat, sich mit dem
Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Verwaltungsgericht Dr. S. zu befassen,
rechtfertigt nicht die Annahme, dass das im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung
anhängige Ablehnungsgesuch bei der Beschwerdeentscheidung keine
Berücksichtigung gefunden hat.
11
Im übrigen hätte ein entsprechender Gehörsverstoß nur im Wege der fristgebundenen
Anhörungsrüge nach § 152a VwGO geltend gemacht werden können, was indes
ausweislich des am 9. Juli 2007 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen
Schriftsatzes des Vollstreckungsgläubigers vom 3. Juli 2007 und seines am 10. Juli
2007 eingegangenen Schriftsatzes vom gleichen Tage jedoch nicht erfolgt ist. Eine
zusätzliche Niederschrift bei der Rechtsantragsstelle vom 10. Juli 2007, bei der dem
Vollstreckungsschuldner bereits ein Aktenzeichen für seine Anhörungsrüge hätte
mitgeteilt werden können und mit der die Nichtberücksichtigung der mit der Niederschrift
vom 4. Mai 2007 erhobenen Rügen doch noch geltend gemacht worden sein soll, lässt
sich den dem Senat vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen.
12
Unsubstantiiert und deshalb von vornherein nicht berücksichtigungsfähig ist ferner die
sinngemäße Behauptung des Schuldners, auch sein Schriftsatz vom 10. Juli 2007 habe
keine Berücksichtigung gefunden; der Senatsbeschluss vom 6. August 2007 - 12 E
746/07 - stellt nämlich ausdrücklich auch auf den am 10. Juli 2007 eingegangenen
Schriftsatz vom gleichen Tage ab.
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Dass dem Vollstreckungsschuldner bei der Vielzahl der ergangenen und ihm auch
zugegangenen gerichtlichen Entscheidungen gerade der - von der
Senatsgeschäftsstelle abgesandte - Beschluss vom 29. Mai 2007 - 12 E 418/07 - nicht
zugegangen sein soll, ist unglaubhaft. Bezeichnenderweise hat der
Vollstreckungsschuldner bei einer im Verwaltungsgericht Münster am 25. Oktober 2007
vorgenommenen Akteneinsicht in die auch die o.g. Beschwerdeentscheidung
enthaltende Gerichtsakte zahlreiche Kopien aus der Gerichtsakte fertigen lassen.
Darunter befanden sich auch Kopien der dem auf den Seiten 484 und 485 der
Gerichtsakte abgehefteten Beschluss vom 29. Mai 2007 unmittelbar vorgehenden
Seiten 481, 482 und 483 (Vor- und Rückseite), sowie der dem Beschluss
nachgehefteten Seiten 487, 488, 489, 490 und 491 (Vor- und Rückseite). Diese
zielgerichtete Auswahl von aus der Sicht des Vollstreckungsschuldners relevanten
Schriftstücken unter Ausschluss gerade des genannten Beschlusses, obwohl dieser
beim Aufblättern der Rückseite der Seite 483 offen zutage gelegen hat, lässt nur die
Annahme zu, dass dem Vollstreckungsschuldner dieser für ihn nicht minder
bedeutsame Beschluss bekannt gewesen ist. Eine weitere Substantiierung ist denn
auch auf den Vorhalt im Schreiben des Senates vom 22. September 2008, auf das
Bezug genommen wird, nicht erfolgt.
14
Der Einwand des Vollstreckungsschuldners, der Beschluss vom 29. Mai 2007 - 12 E
418/07 - hätte, um wirksam zu sein, zugestellt werden müssen, geht fehl. Der Beschluss
war nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Er setzte i.S.v. § 56 Abs. 1 VwGO eine Frist
nicht in Lauf und musste deshalb nicht förmlich zugestellt, sondern konnte nach § 173
VwGO i.V.m. § 329 Abs. 2 Satz 1 ZPO formlos mitgeteilt werden. Aus § 122 VwGO
ergibt sich eine Pflicht zur förmlichen Zustellung nicht.
15
Auch einer den Anforderungen des § 122 Abs. 2 VwGO genügenden Begründung
ermangelte es dem Beschluss vom 29. Mai 2007 nicht, als er die Überlegungen
erkennen lässt, welche in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht für die richterliche
16
Überzeugungsbildung maßgeblich gewesen sind. Ungeachtet all dessen hat der Senat
dem Antragsgegner aus Gründen der prozessualen Fürsorgepflicht vor seiner
Entscheidung dem Antragsgegner nochmals eine Ausfertigung des Beschlusses vom
29. Mai 2007 - 12 E 418/07 - zur Kenntnisnahme übersandt.
17
So ist es auch mit dem - in gleicher Weise den Anforderungen des § 122 Abs. 2 VwGO
entsprechend ausreichend begründeten und nicht förmlich zustellungsbedürftigen -
Senatsbeschluss vom 6. August 2007 - 12 E 746/07 - geschehen, mit dem die
Anhörungsrüge des Vollstreckungsschuldners gegen den Beschluss vom 29. Mai 2007 -
12 E 418/07 - zurückgewiesen worden ist. Abgesehen davon, dass relevante
Auswirkungen einer Unwirksamkeit des Beschlusses vom 6. August 2007 für das
vorliegende Beschwerdeverfahren weder substantiiert vorgetragen noch sonst wie
erkennbar sind, nimmt der Senat dem Vollstreckungsschuldner auch insoweit nicht ab,
den Beschluss nicht erhalten zu haben. Auch diesen Beschluss hat der
Vollstreckungsschuldner im Rahmen seiner Akteneinsicht bei der Auswahl der zu
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fertigenden Kopien zielgerichtet ausgespart. Eine ausreichende Substantiierung der
Behauptung, von der Entscheidung nicht in Kenntnis gesetzt worden zu sein, ist mit der
ergänzenden Beschwerdebegründung vom 8. Oktober 2008 ebenfalls nicht erfolgt.
Der Senat nimmt das Vorbringen des Vollstreckungsschuldners zu dem
Themenkomplex „Richterablehnung" zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass er zukünftig
gleichgelagerte Einwände des Vollstreckungsschuldners als rechtsmissbräuchlich
werten wird. Dieser Wertung liegt zugrunde, dass der Vollstreckungsschuldner bislang
in nahezu jedem gerichtlichen Verfahren, das im Zusammenhang mit dem
Vergütungsstreit zwischen dem Vollstreckungsschuldner und seinem Rechtsanwalt
steht, nahezu jeden Entscheidungsträger, der eine ihm nachteilige Entscheidung
getroffen hat, mit dem Vorwurf der Voreingenommenheit überzogen hat, sei es direkt
oder auf dem Umweg der Rüge, eine Selbstanzeige unterlassen zu haben. Zur
Begründung beruft sich der Vollstreckungsschuldner regelmäßig auf angebliche
Verfahrensfehler, die nach Art und Gewicht - selbst wenn sie vorlägen - die Besorgnis
der Befangenheit nicht einmal ansatzweise zu rechtfertigen vermögen. Ein solches
procedere lässt eine nachhaltige rechtsmissbräuchliche Instrumentalisierung des
Instituts der Richterablehnung zu dem alleinigen sachfremden Zweck, die Zahlung der
streitigen Gebührenforderung zu verhindern, offenkundig werden.
19
Vgl. zur Rechtsmissbräuchlichkeit eines Rechtsmittels, wenn es offensichtlich der
Verfolgung sachfremder Interessen dient: OVG NRW, Beschluss vom 12. Dezember
1995 - 7 A 1469/94 -, Juris, bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 22. Februar 1996
20
- 4 B 23.96 -, Buchholz 310, § 82 VwGO Nr. 17.
21
Die Beschwerde des Vollstreckungsschuldners ist unzulässig.
22
Der Vollstreckungsschuldner ist entgegen § 67 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1
VwGO nicht durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen
Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als
Bevollmächtigten vertreten. Eine derartige Vertretung ist in dem hier vorliegenden
Beschwerdeverfahren, das sich gegen die im Vollstreckungsverfahren nach vorheriger
Anhörung des Vollstreckungsschuldners erfolgte Entscheidung über den Erlass des
Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses richtet, nach § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO
i.V.m. § 147 Abs. 1 Satz 2 VwGO erforderlich. Dem steht § 11 Abs. 6 Satz 1 RVG,
wonach Anträge und Erklärungen zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben oder
schriftlich ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts eingereicht werden können, nicht
entgegen, weil diese Erleichterung lediglich für das Festsetzungsverfahren, nicht aber
für das hiervon zu trennende - zudem in der VwGO und nicht im RVG geregelte -
Beschwerdeverfahren im Vollstreckungsverfahren gilt.
23
Unabhängig davon wäre die Beschwerde auch unbegründet.
24
Die Vollstreckungsvoraussetzungen (Vollstreckungsantrag, hinreichend bestimmter,
wirksamer und vollstreckbarer Vollstreckungstitel - hier der dem
Vollstreckungsschuldner zugestellte Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 20.
Dezember 2006 als Vollstreckungstitel i.S.d. § 168 Abs. 1 Nr. 4 VwGO - und eine dem
Vollstreckungsgläubiger gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 795, 724 ZPO
erteilte Vollstreckungsklausel) liegen vor.
25
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Dezember 2007 - 12 E 1164/07 -.
26
Entgegen der Auffassung des Vollstreckungsschuldners handelt es sich bei dem
Vergütungsfestsetzungsbeschluss nicht um einen Vollstreckungstitel i.S.d. § 726 Abs. 1
ZPO. Vielmehr ist der Vergütungsfestsetzungsbeschluss kraft Gesetzes - ungeachtet
etwa des späteren Ausgangs eines gegen ihn gerichteten Erinnerungs-
27
oder Beschwerdeverfahrens - vollstreckbar. Ein Fall des § 750 Abs. 2 ZPO lag, wie der
Senat bereits in seinem o.g. Beschluss vom 11. Dezember 2007 - 12 E 1164/07 -
ausgeführt hat, offenkundig nicht vor, so dass schon die mit PZU vom 15. Dezem-ber
2006 dokumentierte Zustellung der Ausfertigung des
Vergütungsfeststellungsbeschlusses für die Vollstreckung ausreicht.
28
Die gegen die Wirksamkeit des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses vorgebrachten
Einwände des Vollstreckungsschuldners greifen nicht durch.
29
Die beim Erlass des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses unterbliebene Anhörung des
Vollstreckungsschuldners ist im Erinnerungsverfahren nachgeholt worden. Dem
Vollstreckungsschuldner ist - wie von ihm auf Seite 8 seines Schriftsatzes vom 28.
August 2008 eingeräumt - auf den entsprechenden Beschluss des Richters am
Verwaltungsgericht Dr. S. im Verfahren 11 K 1885/04 vom 27. März 2007, gegen den
der Schuldner unter dem Aktenzeichen 12 E 418/07 erfolglos Beschwerde eingelegt hat,
ausweislich des gegen PZU zugestellten Anhörungsschreibens vom 15. Oktober 2007,
dem eine Abschrift des Vergütungsfestsetzungsantrages des Gläubigers vom 20.
November 2006 beigefügt war, Gelegenheit gegeben worden, zu dem
Vergütungsfestsetzungsantrag Stellung zu nehmen. Dass ein Gehörsverstoß im
Erinnerungsverfahren durch Nachholung der Anhörung geheilt werden kann, entspricht
allgemeiner Auffassung.
30
Vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 2. August 1996
31
- 14 W 449/96 -, AGS 1997, 105 m.w.N.; Hartmann, Kostengesetze, 36. Aufl. 2008, § 11
RVG Rn. 43 a.E.; Schneider, Anmerkung zu LAG Hamm, Beschluss vom 27. September
1979 - 8 Ta 175/79 -, KostRsp. BRAGO § 19 Nr. 18 S. 28; Lappe, Anmerkung zu OLG
Frankfurt, Beschluss vom 11. Juli 1983 - 20 W 113/83 -, KostRsp. BRAGO § 19 Nr. 54 S.
46.
32
Nichts anderes ergibt sich insoweit aus der vom Vollstreckungsschuldner zitierten
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der die fehlende Anhörung
gemäß Art. 2 § 5 Abs. 1 Satz 3 EntlG zwingend zur Aufhebung der angefochtenen
Entscheidung führen musste.
33
Vgl. das von dem Vollstreckungsschuldner herangezogene Urteil vom 13. Dezember
1979 - 7 C 76.78 -, NJW 1980, 1810 sowie das Urteil vom 12. Dezember 1987 - 9 C
86.87 -, BayVbl 1988,350; vgl. ferner BVerwG, Beschluss vom 22. April 1999 - 9 B
1037/98 -, NVwZ 1999, 1107 (zu der Anhörung nach § 130a VwGO).
34
Denn diese Rechtsprechung kann schon deshalb offensichtlich nicht auf die hier in
Rede stehende Problematik übertragen werden, weil die Rüge, vor der
Vergütungsfestsetzung nicht gehört worden zu sein, anders als die Rüge, es fehle an
einer Anhörung vor der die Instanz abschließenden Entscheidung über die Berufung im
35
Beschlusswege, noch zu einer Korrektur durch das festsetzende Organ - den
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, § 11 Abs. 3 Satz 1 RVG - oder durch den
erstinstanzlich zuständigen Spruchkörper führen kann (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 2 RVG
i.V.m. §§ 165 Satz 2, 151 Satz 3, 148 Abs. 1, 150 VwGO).
Der Rüge des Vollstreckungsschuldners, der gegen den Abhilfebescheid der
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 22. Januar 2007 gerichtete Antrag des
Vollstreckungsgläubigers auf Entscheidung des Gerichts sei ihm nicht zwecks
Stellungnahme zur Kenntnis gegeben worden sei, widerspricht der in den Akten
befindlichen richterlichen Verfügung vom 14. Februar 2007 und dem entsprechenden
Absendevermerk der Geschäftsstelle; abgesehen davon ist eine mangelnde Gewährung
rechtlichen Gehörs mit der Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen den
Erinnerungsbeschluss vom 27. März 2007 - 11 K 1885/04 - geheilt worden.
36
Dementsprechend geht auch der Vorwurf des Vollstreckungsschuldners, Richter am
Verwaltungsgericht Dr. S. und die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle C. hätten eine
grobe Pflichtverletzung dadurch begangen, dass sie Ablehnungsgründe i.S.v. § 42 Abs.
2 ZPO nicht zur Anzeige gebracht und ihre Verfahrensbeteiligung eingestellt hätten, an
der maßgebenden Prozesslage vorbei. Auch fehlt es an greifbaren Umständen, die die
Besorgnis der Befangenheit hervorrufen und im vorliegenden Verfahren (noch)
Berücksichtigung finden könnten. Gegen die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist ein
Ablehnungsgesuch nicht gestellt worden; das Ablehnungsgesuch gegen den Richter
am Verwaltungsgericht Dr. S. ist mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster - 11 K
1885/04 - vom 17. Juli 2007 zurückgewiesen worden. Die Beschwerde dagegen hat der
beschließende Senat mit Senatsbeschluss vom 29. August 2007 - 12 E 923/07 - als
unzulässig verworfen. Auch ist die Anhörung des Vollstreckungsschuldners zum
Vergütungsfeststellungsantrag des Vollstreckungsgläubigers im Rahmen des
Erinnerungsverfahrens gerade aufgrund der entsprechenden Anweisung im Beschluss
des Richters am Verwaltungsgericht Dr. S. vom 27. März 2007 nachgeholt worden.
37
Die in der Beschwerdebegründung darüber hinaus zum Ausdruck kommende Annahme
des Vollstreckungsschuldners, die gesamte Kammer des Verwaltungsgerichts
einschließlich des Vorsitzenden hätte ihn über das Vorliegen von Umständen
informieren müssen, die der betreffende Richter seinerseits nicht für eine Selbstanzeige
als erheblich oder ausreichend erachtet habe, geht schon deshalb fehl, weil - wie oben
dargelegt - kein Grund vorgetragen worden ist, der geeignet ist, Misstrauen gegen die
Unparteilichkeit des Richters am Verwaltungsgericht Dr. S. zu rechtfertigen.
38
Soweit der Vollstreckungsschuldner mit dem sinngemäßen Vortrag, die Richterin am
Verwaltungsgericht I. sei wegen Vorliegens eines der in § 42 Abs. 2 ZPO aufgeführten
Gründe ablehnbar, weil sie nach Maßgabe von § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 45, 48 ZPO
ihre - aus einer entsprechenden Anwendung von § 1036 Abs. 1 Satz 2 ZPO
hervorgehende - Amtspflicht zur entsprechenden Offenlegung von Ablehnungsgründen
verletzt habe, rügen will, das Gericht sei bei der Beschlussfassung über die Erinnerung
gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss am 21. August 2008 und bei dem Erlass
des Nichtabhilfebeschlusses vom 11. September 2008 nicht ordnungsgemäß durch den
gesetzlichen Richter besetzt gewesen (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 16 Satz 2 GVG),
greift der Einwand nicht durch.
39
Zum einen kann eine Entscheidung nicht mit der bloßen Begründung angefochten
werden, ein Richter hätte wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden können
40
bzw. habe seine Selbstablehnung erklären müssen.
Vgl. BGH, Urteil vom 9. November 1992
41
- II ZR 230/91 -, BGHZ 120, 142 (145) m.w.N; zu den Auswirkungen von
Besetzungsfehlern bei Nichtabhilfebeschlüssen vgl. im Übrigen: Meyer-
Ladewig/Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO, Stand März 2008, §
148 Rn. 10, m.w.N.;
42
Zum anderen ist der Vollstreckungsschuldner jeden plausiblen Vortrag zum
tatsächlichen Vorliegen einer Indiztatsache für eine Befangenheit der Richterin am
Verwaltungsgericht I. schuldig geblieben.
43
Das Ablehnungsgesuch des Vollstreckungsschuldners gegen die Richterin am
Verwaltungsgericht I. ist mit dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 2. August
2007 - 11 K 1885/04 - unanfechtbar zurückgewiesen worden, so dass es an jeglichem
rechtlich relevanten Anknüpfungspunkt dafür gefehlt hat, dass sich die Berichterstatterin
einer Mitwirkung an der Entscheidung über die Erinnerung zu enthalten hatte. Die
Begründung des Beschlusses genügt den Anforderungen des § 122 Abs. 2 VwGO.
44
Soweit Richterin am Verwaltungsgericht I. das Ablehnungsgesuch des
Vollstreckungsschuldners gegen Richter am Verwaltungsgericht Dr. S. mit Beschluss
vom 17. Juli 2007 - 11 K 1885/04 - zurückgewiesen und mit einem weiteren Beschluss
vom selben Tag den Antrag des Vollstreckungsschuldners auf einstweilige Aussetzung
der Vollstreckung des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses vom 12. Dezember 2006
abgelehnt hat, sind die hiergegen vom Vollstreckungsschuldner eingelegten
Rechtsmittel erfolglos geblieben,
45
vgl. OVG NRW, Beschlüsse jeweils vom 29. Juli 2007 - 12 E 923/07 - und - 12 E 854/07
-,
46
so dass auch hieraus ein Ablehnungsgrund nicht abgeleitet werden kann.
47
Abgesehen davon steht das Erinnerungsverfahren nach § 11 Abs. 3 Satz 2 RVG i.V.m.
§§ 165 Satz 2, 151 Satz 3 , 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Vollstreckbarkeit des
Vergütungsfestsetzungsbeschlusses nicht entgegen.
48
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Dezember 2007 - 12 E 1164/07 -.
49
Die im Verfahren 12 E 1232/08 eingelegte Beschwerde hat zwar den Eintritt der
Rechtskraft, in die Beschlüsse im Vergütungsfestsetzungsverfahren erwachsen können,
50
vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, § 11 Rn. 335; N. Schneider,
in: Schneider/
51
Wolf, RVG, 3. Aufl. 2006, § 11 Rn. 231 m.w.N.,
52
gehemmt, besitzt aber nach § 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegenüber dem
Vollstreckungstitel keine aufschiebende Wirkung.
53
Vgl. auch Müller-Rabe, a.a.O., Rn. 299 und 347.
54
Mit seinen gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 20. Dezember 2006
gerichteten außergebührenrechtlichen Einwendungen kann der Schuldner im
vorliegenden Beschwerdeverfahren, in dem nicht der
Vergütungsfestsetzungsbeschluss, sondern allein der Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss vom 21. August 2008 Verfahrensgegenstand ist, nicht gehört
werden. Es reicht aus, dass - wie hier - der vollstreckbare Anspruch des Gläubigers
urkundlich durch einen Vollstreckungstitel ausgewiesen ist. Das Vollstreckungsorgan
hat diesen Anspruch nach dem Grundsatz der Trennung von Erkenntnis- und
Vollstreckungsverfahren weder festzustellen noch zu überprüfen, braucht mithin auch
nicht auf entsprechende Einwendungen des Schuldners einzugehen.
55
Vgl. etwa: Stöber, In: Zöller, ZPO, 25. Aufl. 2005, vor § 704 Rn. 14 m.w.N.
56
Abgesehen davon haben die Erinnerung des Vollstreckungsschuldners gegen den
Vergütungsfestsetzungsbeschluss und seine gegen die Zurückweisung seiner
Erinnerung eingelegte Beschwerde ausweislich des Senatsbeschlusses vom heutigen
Tag im Verfahren 12 E 1232/08 - keinen Erfolg gehabt; ebenso ist der Antrag auf
einstweilige Aussetzung der Vollziehung des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses
abgelehnt worden. Auf die Gründe des vorgenannten Beschlusses wird Bezug
genommen.
57
Die Einwände des Vollstreckungsschuldners gegen den nach Anhörung (vgl.
Anhörungsschreiben vom 5. August 2008) erlassenen Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss vom 21. August 2008 greifen ebenfalls nicht durch.
58
Soweit der Vollstreckungsschuldner wiederum mit dem sinngemäßen Vortrag, die
Richterin am Verwaltungsgericht I. sei wegen Vorliegens eines der in
59
§ 42 Abs. 2 ZPO aufgeführten Gründe ablehnbar, weil sie ihre Amtspflicht zur
entsprechenden Offenlegung von Ablehnungsgründen verletzt habe, auch eine nicht
ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts bei der Beschlussfassung über den
Pfändungs- und Überweisungsbeschluss rügen will, greift dieser Einwand zum einen
aus Rechtsgründen nicht durch.
60
Vgl. BGH, Urteil vom 9. November 1992
61
- II ZR 230/91 -, a.a.O.
62
Zum anderen ist der Vollstreckungsschuldner jeden plausiblen Vortrag zum
tatsächlichen Vorliegen einer Indiztatsache für eine Befangenheit der Richterin am
Verwaltungsgericht I. schuldig geblieben.
63
Verfahrensfehler der Berichterstatterin - erst recht ein gravierende Verfahrensfehler,
64
vgl. Czybulka, in Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 54 Rn. 68 m.w.N.; Vollkommer,
in. Zöller, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 42 Rn. 24 m.w.N. -
65
lassen sich der Beschwerdebegründung des Vollstreckungsschuldners nicht einmal
ansatzweise entnehmen. Insbesondere ist es abwegig, der Richterin am
Verwaltungsgericht I. als schweren Verstoß gegen den grundrechtlich geschützten
66
Anspruch auf rechtliches Gehör vorzuwerfen, den Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss auf der Grundlage des Vergütungsfeststellungsbeschlusses
vom 12. Dezember 2006 wegen eines Anspruchs in Höhe von 857,17 Euro nebst
Zinsen und Kosten erlassen zu haben. Denn eine Aufhebung des
Vergütungsfestsetzungsbeschlusses und der Erlass eines neuen
Vergütungsfestsetzungsbeschlusses waren zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs
des Vollstreckungsschuldners - wie
oben dargelegt - nicht erforderlich. Auch im Übrigen begegnet der
Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 12. Dezember 2006, wie ebenfalls oben unter
ergänzender Bezugnahme auf den Beschluss vom heutigen Tag im Verfahren 12 E
1232/08 dargelegt - keinen Bedenken.
67
Die - ohnehin fernliegende - Annahme rechtsrelevanter Auswirkungen des Verhaltens
der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle C. bzw. des Richters am Verwaltungsgerichts
Dr. S. („Einfluss durch Autorität richterlicher Handlungen") auf die
Unvoreingenommenheit der für den Erlass des Pfändungs- und
Überweisungsbeschlusses zuständigen Richterin am Verwaltungsgericht I. scheidet
schon deshalb aus, weil es für eine derartige Annahme an jeglicher tatsächlichen
Grundlage fehlt. Insbesondere lassen der Umstand, dass das Anhörungsschreiben vom
23. November 2006 den Vollstreckungsschuldner nach dessen Behauptung nicht
erreicht und deshalb eine Anhörung vor Erlass des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses
nicht stattgefunden habe, sowie die Nachholung der Anhörung im Erinnerungsverfahren
keinen Grund für die Befangenheit der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle C. oder des
Richters am Verwaltungsgericht Dr. S. erkennen, zumal die Ablehnung des
Letztgenannten ohnehin mit Beschluss des Verwaltungsgerichts im Verfahren 11 K
1885/04 vom 17. Juli 2007 in unanfechtbarer Weise,
68
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. August 2007
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- 12 E 923/07 -,
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zurückgewiesen worden ist.
71
Die Rüge, die Richterin am Verwaltungsgericht I. sei fälschlich von einer Bindung an
den rechtskräftig bestätigten Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Münster vom 12.
März 2008 - M - ausgegangen, verkennt, dass nach der mit Beschluss des Landgerichts
Münster vom 20. Mai 2008 - T - erfolgten Zurückweisung der Beschwerde gegen den
Verweisungsbeschluss und nach der Zurückweisung der Gegenvorstellung durch
Beschluss des Landgerichts Münster vom 4. Juli 2008 - T - alle
Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Verweisung ergebnislos ausgeschöpft worden
sind, und nach § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG die Verweisung nicht von dem Gericht, an das
verwiesen worden ist, in Frage gestellt werden kann. Dementsprechend würde es auf
einem Missverständnis beruhen, wenn der Vollstreckungsschuldner die ihm mit
Verfügung der Berichterstatterin vom 5. August 2008 eingeräumte Gelegenheit zur
Stellungnahme dennoch als Möglichkeit verstanden haben sollte, den
Verweisungsbeschluss des Amtsgerichtes doch noch zu Fall bringen zu können.
72
Der Einwand, Richterin am Verwaltungsgericht I. habe den Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss trotz des vom Vollstreckungsgläubiger auf der Grundlage des
zwischenzeitlich aufgehobenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des
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Amtsgerichts Münster erlangten Geldbetrages und damit trotz teilweise fehlenden
Rechtsschutzbedürfnisses erlassen, entbehrt jeder tatsächlichen Grundlage. So ist den
rein spekulativen Ausführungen des Vollstreckungsschuldners nicht einmal
ansatzweise zu entnehmen, dass der Vollstreckungsgläubiger den zwischenzeitlich
erlangten Geldbetrag trotz der Aufforderung des Drittschuldners vom 10. Dezember
2007 nicht längst an diesen zurückgezahlt hat. Auch berechtigt der neue Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss vom 21. August 2008 den Gläubiger zwar, wegen der
vollen Geldsumme zu vollstrecken; er gestattet diesem aber nicht zugleich, den zu
Unrecht bereits eingezogenen Forderungsbetrag als Erfüllungsleistung zu behalten.
Eine Aussetzung der Vollziehung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach
§ 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 570 Abs. 3 ZPO ist daher ebenso wenig angezeigt
wie der vom Vollstreckungsschuldner begehrte Erlass eines „Hängebeschlusses".
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 1, Halbsatz VwGO.
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Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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