Urteil des OVG Niedersachsen vom 25.03.2013
OVG Lüneburg: vorläufige dienstenthebung, schule, schüler, verfügung, niedersachsen, anschluss, kurs, wahrscheinlichkeit, suspendierung, pauschal
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Vorläufige Dienstenthebung im Disziplinarverfahren
Die vorläufige Dienstenthebung eines Beamten nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG
wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes oder der
Ermittlungen kommt aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen qualifizierten
Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit regelmäßig nur in Betracht,
wenn als Disziplinarmaßnahme voraussichtlich mindestens eine Kürzung der
Dienstbezüge verhängt werden wird.
OVG Lüneburg 19. Senat, Beschluss vom 25.03.2013, 19 ZD 4/13
§ 38 Abs 1 Nr 2 DG ND, § 58 Abs 2 DG ND
Gründe
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts Hannover vom 25. Februar 2013 hat keinen Erfolg. Denn
das Verwaltungsgericht ist rechtsfehlerfrei zu der Einschätzung gelangt, dass
die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Antragsgegnerin vom 14. Dezember
2012, die Antragstellerin (seinerzeit gestützt vorrangig auf § 38 Abs. 1 Nr. 1
NDiszG, „hilfsweise“ auf § 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG) vorläufig des Dienstes zu
entheben, ernstlichen Zweifeln im Sinne des § 58 Abs. 2 NDiszG begegnet.
1. Der Senat geht ungeachtet der Frage, ob die in § 146 Abs. 4 VwGO geregelte
Beschränkung des Prüfungsumfangs durch das Beschwerdegericht über § 4
NDiszG auch im Beschwerdeverfahren gegen eine Entscheidung im Rahmen
des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 58 NDiszG gilt (vgl. hierzu Senat,
Beschl. v. 15.10.2012 - 19 ZD 10/12 -, NdsRPfl. 2013, 28 = juris Langtext Rdnr.
5 ff.), mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die von der Antragsgegnerin
angeordnete vorläufige Dienstenthebung der Antragstellerin (auch im
Beschwerdeverfahren) letztlich nur anhand der Kriterien des § 38 Abs. 1 Nr. 2
NDiszG (vorläufige Dienstenthebung aus Gründen der wesentlichen
Beeinträchtigung des Dienstbetriebs oder der Ermittlungen) und nicht des § 38
Abs. 1 Nr. 1 NDiszG (entfernungsvorbereitende vorläufige Dienstenthebung) zu
überprüfen ist. Die Antragsgegnerin hat bereits während des Verfahrens in erster
Instanz mit Verfügung vom 14. Februar 2013 gegenüber der Antragstellerin und
im Anschluss hieran auch gegenüber dem Verwaltungsgericht klargestellt, die
Suspendierung werde nunmehr allein auf die erstgenannte Vorschrift gestützt,
mithin die angegriffene und zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Verfügung
ausdrücklich abgeändert. Daher stellt sich nicht die Frage, ob und inwieweit eine
Verfügung über die vorläufige Dienstenthebung der Ergänzung und Begründung
im gerichtlichen Verfahren fähig ist (vgl. hierzu Senat, Beschl. v. 12.2.2008 - 19
ZD 11/07 -; Nds. OVG, Beschl. v. 16.3.2010 - 20 ZD 1/10 -, dort jeweils offen
gelassen).
2. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin in der Verfügung vom 14. Februar
2013 angekündigt hat, die vorläufige Dienstenthebung mit Wirkung vom 3. April
2013 ab Unterrichtsbeginn nach den diesjährigen Osterferien aufzuheben, hat
bisher - hierauf hat zu Recht bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen - nicht
zu einer Erledigung des Rechtsstreits geführt. Abgesehen davon, dass es sich
zurzeit lediglich um eine bloße Absichtserklärung der Antragsgegnerin handelt,
ohne dass die vorläufige Dienstenthebung bereits der Sache nach befristet
worden und das genannte Datum bereits verstrichen ist, ist auch im Zeitpunkt
der Entscheidung des Senats noch nicht verlässlich absehbar, ob es nach den
Osterferien tatsächlich zu einer derartigen Aufhebung der streitgegenständlichen
Maßnahme kommt. Denn die Antragsgegnerin hat ihre Ankündigung der
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Aufhebung der vorläufigen Dienstenthebung mit dem ausdrücklichen Hinweis
verbunden, es sei beabsichtigt, die Antragstellerin an eine andere Schule
abzuordnen. Ob es zu einer derartigen Abordnung kommt, ist zurzeit noch offen,
da die Antragsgegnerin eine künftige Einsatzschule mangels Auswertung der
Statistik der allgemeinen Unterrichtsversorgung der Schulen in Niedersachsen
noch nicht benannt hat und - soweit ersichtlich - gegenwärtig noch nicht nennen
kann, zumal sie eine anderweitige Verwendung der Antragstellerin an einer
Schule im D. Bereich von vornherein ausschließt.
3. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass auf der Grundlage des
Maßstabs des § 58 Abs. 2 NDiszG die Voraussetzungen für eine vorläufige
Dienstenthebung nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG nicht gegeben sind. Der Senat
verweist zunächst auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem
angefochtenen Beschluss, dessen Begründung er sich zu Eigen macht (§§ 4
NDiszG, 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Das Beschwerdevorbringen der
Antragsgegnerin rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht, veranlasst den
Senat aber - teilweise wiederholend, teilweise ergänzend - zu folgenden
Ausführungen:
Nach § 58 Abs. 2 NDiszG ist die vorläufige Dienstenthebung nach § 38 NDiszG
im Wege der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes auszusetzen, wenn
ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Ernstliche Zweifel im Sinne
dieser Bestimmung liegen vor, wenn die Wahrscheinlichkeit des Nichtvorliegens
der Voraussetzungen der Anordnung größer ist als die Wahrscheinlichkeit, dass
die Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei ist das Gericht darauf beschränkt, die
Ermessensausübung durch die Disziplinarbehörde nach den Maßstäben der §§
4 NDiszG, 114 VwGO zu überprüfen und dabei die aktuellen
Entscheidungsgrundlagen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung
zugrunde zu legen. Es darf keine eigene Ermessensentscheidung treffen und
kann, sollten Ermessensfehler vorliegen, nur die vorläufige Dienstenthebung in
ihrer Gesamtheit aufheben (Senat, Beschl. v. 5.2.2012 - 19 ZD 8/11 -; Beschl. v.
9.10.2008 - 19 ZD 11/08 -, NVwZ-RR 2009, 125). Auf der Grundlage dieses
Maßstabes liegen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen
Dienstenthebung der Antragstellerin gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG vor.
Die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung auf der genannten
Rechtsgrundlage hat zum einen zur Voraussetzung, dass durch ein Verbleiben
des Beamten oder der Beamtin im Dienst der Dienstbetrieb oder die
Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden. Zum anderen darf diese
Maßnahme zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden
Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis stehen. Schließlich steht die
Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung im Ermessen der
Disziplinarbehörde. Eine auf diese Vorschrift gestützte Anordnung bedarf daher
unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eines besonderen
rechtfertigenden Grundes. Dabei sind die entscheidungserheblichen
Ermessenserwägungen konkret und nachvollziehbar darzulegen. Anderenfalls
kann nicht festgestellt werden, ob die Behörde von ihrem Ermessen in einer dem
Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Nds.
OVG, Beschl. v. 16.3.2010 - 20 ZD 1/10 -; vgl. zudem BVerwG, Beschl. v.
7.12.2006 - BVerwG 2 WDB 3.06 -, juris). Diese Voraussetzungen sind nicht
gegeben.
a) Die Antragsgegnerin hat - wie zuvor im erstinstanzlichen Verfahren - im
Beschwerdeverfahren nicht hinreichend deutlich machen können, warum durch
ein Verbleiben der Antragstellerin an dem Gymnasium E. in F. der Dienstbetrieb
oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden.
aa) Eine wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebs ist vor allem dann zu
besorgen, wenn auf Grund von Umständen, die mit dem mutmaßlich
begangenen Dienstvergehen in Zusammenhang stehen, eine gedeihliche, der
Dienstverrichtung dienende Zusammenarbeit mit dem Beamten gefährdet ist
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und hierunter die Aufgabenerledigung ernsthaft leiden kann. Anhaltspunkte
hierfür können sich aus den bereits eingetretenen Folgen des mutmaßlichen
Dienstvergehens ergeben. Auswirkungen auf den Dienstbetrieb sind weiterhin
zu befürchten, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte mit einer Fortsetzung
der Begehung des Dienstvergehens zu rechnen ist (Gansen, Disziplinarrecht in
Bund und Ländern, Stand: Oktober 2012, § 38 Rdnr. 16). Im vorliegenden Fall
fehlt es an derartigen hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten. Soweit die
Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren ausführt, einer expliziten Darlegung
der erheblichen Störung des Dienstbetriebs bedürfe es angesichts der Natur der
gegen die Antragstellerin im Raum stehenden Vorwürfe der sexuellen
Belästigung (Fassen an die Brüste einer 17jährigen Schülerin), der Verwendung
von Vulgärausdrücken zur Qualifizierung menschlichen Verhaltens im
Religionsunterricht („Ficken“, „Hochficken“), des wiederholten Abbruchs des
Unterrichts und des fortlaufenden Verwendens der rassistisch konnotierten
Bezeichnung „Bimbo“ auf die zu einfachen Hilfsdiensten eingeteilten
Schülerinnen und Schüler nicht, so folgt der Senat dem wie bereits zuvor das
Verwaltungsgericht nicht. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass es Fälle gibt,
in denen aufgrund der Natur und des Gewichts des vorgeworfenen
Dienstvergehens zugleich ohne weitere Darlegungen eine wesentliche
Beeinträchtigung des Dienstbetriebs ersichtlich ist. Die hier im Raum stehenden
Vorwürfe rechtfertigen eine solche Schlussfolgerung hingegen nicht. Durch die
von der Antragsgegnerin am 12. Februar 2013 durchgeführte Beweisaufnahme
hat sich ein einheitliches Bild bisher nicht ergeben. Den Aussagen von einigen
Schülern, in denen die gegen die Antragstellerin erhobenen Vorwürfe bestätigt
werden, stehen Aussagen anderer Schüler gegenüber, die dies entweder nicht
bestätigen können oder abschwächend relativieren. Im Ergebnis ergibt sich für
den Senat der Eindruck, dass die Antragstellerin durch ihre Ausdrucksweise und
ihr Verhalten einen „lockeren“ Unterricht habe machen und den Schülerinnen
und Schülern „auf Augenhöhe“ habe begegnen wollen, dass ihr dies aber nur
bedingt gelungen ist. Die Antragstellerin hat durchaus mitunter aufgrund von
unangemessenen Äußerungen und Handlungsweisen die gebotene Distanz
vermissen lassen. Welche disziplinarrechtliche Relevanz dieses Verhalten
sowohl auf der Tatbestands- als auch auf der Rechtsfolgenebene hat, ist offen.
Es kann auch unter Berücksichtigung der sie belastenden Zeugenaussagen
nicht der Schluss gezogen werden, dass die Antragstellerin an ihrer bisherigen
Schule untragbar geworden wäre, weil sie sowohl in der Schülerschaft als auch
im Kollegenkreis „unten durch“ sei und nicht mehr akzeptiert würde, sodass ein
vernünftiger Unterricht nicht mehr möglich wäre. Jedenfalls reicht es nicht aus,
wenn die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung pauschal auf eine
nicht näher bezeichnete „anschwellende Unruhe in der Schule“ verweist, ohne
dies durch individualisierbare Aussagen zu untermauern.
Insbesondere der Beschwerdeeinwand der Antragsgegnerin, gerade der
(schwerwiegendste) Vorwurf, eine 17jährige Schülerin an die Brüste gefasst und
im Unterricht sexuell motivierte Bewegungen ausgeführt zu haben, habe
angesichts des hochgradigen Erregungspotentials in der Öffentlichkeit
gegenüber sexuell intendierten Übergriffen und insbesondere in Reaktion auf
den in jüngster Vergangenheit vorgekommenen „Führstrickfall“ an einer anderen
Schule geradezu zwingend zu der vorläufigen Suspendierung der
Antragstellerin führen müssen, ist nicht gerechtfertigt. Die Antragstellerin hat eine
der vorgeworfenen Handlungen im Rahmen einer Aufwärmübung im Kurs
„Darstellendes Spiel“ vorgenommen. Nach der Aussage der Schülerin G. H. hat
die Antragstellerin die Schülerin I. J. im Rahmen der zweiten Aufwärmübung von
hinten an den Brüsten berührt. Da die Schülerin G. dies als schockierend
empfunden habe, sei diese Handlung anschließend unter den Schülerinnen und
Schülern Gesprächsgegenstand gewesen. Die betroffene Schülerin I. habe dies
als einzige hingegen nicht als so schlimm angesehen. Diese Schülerin hat
ausgesagt, die Antragstellerin habe sie an einem Tag, als sie (die Schülerin)
einen Satz aus dem einzuübenden Stück rezitiert habe, von hinten an ihren
Brüsten berührt. Dies habe sie (die Schülerin) aber nicht „so extrem gesehen“.
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Als sie an einem anderen Tag einen ganzen Monolog aus diesem Stück habe
rezitieren sollen, habe die Antragstellerin ihr eine mögliche Darstellung der
Szene vorgespielt, um ihrer Rolle die gebotene erotische Note zu geben. Die
Antragstellerin habe sich zu diesem Zweck zwar an den Beinen gestreichelt und
Hüftbewegungen vorgemacht. Dies sei aber nicht in der extremen Weise
geschehen, wie es später von anderer Seite wiedergegeben worden sei.
Vielmehr sei es so, dass einige Schülerinnen und Schüler in dem Kurs mit der
Art der Antragstellerin nicht richtig klargekommen seien, und dann Dinge
weitergetragen worden seien, die sich so nicht abgespielt hätten. Angesichts
dieser Zeugenaussagen kann nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen
von sexuellen Übergriffen der Antragstellerin gegenüber einer Schülerin keine
Rede sein.
bb) Eine wesentliche Beeinträchtigung der Ermittlungen ist zu befürchten, wenn
auf Grund konkreter Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass die während
des Disziplinarverfahrens durchzuführenden Ermittlungen bei einem Verbleib
des Beamten im Dienst nicht erfolgreich durchgeführt werden können. Davon ist
etwa dann auszugehen, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu erwarten
ist, der Beamte werde seinen Aufenthalt im Dienstgebäude zur Vernichtung von
Beweismitteln ausnutzen, oder wenn zu befürchten ist, dass Mitarbeiter oder
sonstige Angehörige der Dienstbehörde - wie hier Schülerinnen und Schüler
einer Schule - an der Aufklärung des Sachverhalts nicht konstruktiv mitwirken
(Gansen, a. a. O., § 38 Rdnr. 16b). Tragfähige und individualisierte
Anhaltspunkte für eine wesentliche Beeinträchtigung der Ermittlungen durch ein
Verbleiben der Antragstellerin an der bisherigen Schule sind weder von der
Antragsgegnerin dargelegt worden noch bestehen ansonsten hinreichend
konkrete Anhaltspunkte für eine derartige Situation. Die allgemeine Befürchtung,
eine derartige Situation könne eintreten, reicht nicht aus.
b) Ungeachtet dessen fehlt es an einer zureichenden Ausübung des Ermessens
seitens der Antragsgegnerin.
Die Entscheidung der Disziplinarbehörde über die Anordnung der vorläufigen
Dienst-enthebung ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Deren
Handlungsspielraum wird aber dadurch erheblich eingeschränkt, dass der
Gesetzgeber die vorläufige Dienstenthebung - unabhängig von der Frage, ob
eine wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebs oder der Ermittlungen
vorliegt - zusätzlich einer qualifizierten Prüfung des Grundsatzes der
Verhältnismäßigkeit unterstellt hat. Die vorläufige Dienstenthebung kann daher
auf der Grundlage des § 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG nur angeordnet werden, wenn
sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme
nicht außer Verhältnis steht. Die Sache muss deshalb - etwa in Anlehnung an
die Grundsätze der Verhältnismäßigkeitsprüfung bei der Beantragung von
Beschlagnahmen und Durchsuchungen seitens der Disziplinarbehörde gemäß
§ 28 NDiszG im Laufe des Disziplinarverfahrens (vgl. hierzu etwa Gansen, a. a.
O., § 27 Rdnr. 25 im Anschluss an BVerfG, Kammer-Beschl. v. 21.6.2006 - 2
BvR 1780/04 -, NVwZ 2006, 1282; Beschl. v. 14.11.2007 - 2 BvR 371/07 -, juris)
- von einigem Gewicht sein und sie muss mutmaßlich zu einer
Disziplinarmaßnahme führen, die eine vorläufige Dienstenthebung vertretbar
erscheinen lässt. Letzteres ist regelmäßig erst dann der Fall, wenn zumindest
eine Kürzung der Dienstbezüge gemäß § 9 NDiszG im Raum steht. Hieran fehlt
es vorliegend voraussichtlich. Der Senat geht zurzeit nach summarischer
Prüfung für das vorliegende Verfahren davon aus, dass die der Antragstellerin
letztlich durchgreifend vorzuhaltenden Dienstpflichtverletzungen nach den in §
14 Abs. 1 NDiszG niedergelegten Bemessungsmaßstäben lediglich eine
Disziplinarmaßnahme unterhalb der Kürzung der Dienstbezüge rechtfertigen
werden.
Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin liegt eine Ermessensreduzierung auf
Null nicht vor. Anders als die Antragsgegnerin meint, ist auch nicht die
Fallgruppe der sogenannten „intendierten Entscheidungen“ - die
Antragsgegnerin spricht in diesem Zusammenhang in ihrer
Beschwerdebegründung von „indiziertem Ermessen“ - einschlägig. Ein solcher
Fall ist nur gegeben, wenn die Auslegung eines Gesetzes ergibt, dass für die zu
treffende Entscheidung für den Regelfall eine bestimmte Entscheidung
vorgegeben ist, das heißt davon nur in besonders begründeten Ausnahmefällen
abgewichen werden soll (vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, §
114 Rdnr. 21b m. w. N.). Hiervon kann bei der Anordnung der vorläufigen
Dienstenthebung nach § 38 Abs. 1 NDiszG aufgrund des oben Gesagten keine
Rede sein.