Urteil des OVG Niedersachsen vom 02.07.2013

OVG Lüneburg: gemeinde, ex nunc, öffentliche bekanntmachung, öffentlichkeit, mangel, kanal, grundstück, niedersachsen, upr, wasser

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Normenkontrolleilrechtsschutz trotz Anzeige
genehmigungsfreien Bauens
1. In Niedersachsen kann dem Normenkontroll-Eilantragsteller auch dann das
Rechtsschutzbedürfnis zur Seite stehen, wenn die Planfestsetzungen ohne
Genehmigung ausgenutzt werden können und noch nicht (weitgehend) durch
Fertigstellung der Gebäude ausgenutzt worden sind.
2. Zu den notwendigen Angaben (Arten umweltbezogener Informationen) in
der Auslegungsbekanntmachung.
OVG Lüneburg 1. Senat, Beschluss vom 02.07.2013, 1 MN 90/13
§ 1 Abs 3 BauGB, § 214 Abs 1 S 1 Nr 2 BauGB, § 3 Abs 2 S 2 BauGB, § 62 Abs 11
BauO ND, § 69a Abs 10 BauO ND, § 47 Abs 6 VwGO
Gründe
Der Antragsteller wendet sich aus vielerlei Gründen gegen den im Tenor
genannten Bebauungsplan. Er sieht namentlich sein Grundstück planbedingt
verstärkt dem Zufluss von Oberflächenwasser ausgesetzt und mehrere
Umweltbelange als formell und materiell unzureichend behandelt an.
Der Antragsteller ist Eigentümer des im Aktivrubrum genannten, mit einem
Wohnhaus bebauten und zum Teil anders genutzten Grundstücks. Dieses liegt
an der Nordseite des C. -weges. Dieser bildet den südwestlichen Abschluss der
(Wohn-)Bebauung auf dem Gebiet der Antragsgegnerin. Er verläuft in etwa
westöstlich. Er beginnt im Westen am D. weg und führt im spitzen Winkel auf
den Heideweg, der kurz darauf die nordsüdlich verlaufende Bergstraße kreuzt;
im Heideweg liegt der zunächst nach Osten, dann nach Norden verlaufende
Regenwasserkanal. Die Nordseite des C. -weges ist durchweg bebaut. An
seiner Südseite stehen im östlichen Bereich, das heißt im spitz zulaufenden
Zwickel zum Heideweg drei Wohngebäude. Das trapezförmig geschnittene
Plangebiet beginnt westlich davon und nimmt den restlichen Bereich des
beschriebenen Geländedreiecks ein. Dieser stärker gewellte Bereich
(Flurstück 18/1, Flur 1 der Gemarkung B.) steht im Eigentum des Landes
Niedersachsen (Forstverwaltung) und hat folgende Besonderheiten:
Er fällt recht deutlich von Süden nach Norden ab; der Höhenunterschied
zwischen der Südwest- und der Nordostecke beträgt etwa 11,8 m. Der
Untergrund besteht aus Gestein. Die Bodenstruktur (Ton/Schluff) machte
Rammsondierungen sowie Sondierungsbohrungen unmöglich. Die darauf
liegende Bodenschicht hat eine Stärke zwischen 0,2 und 0,45 m. Das Gelände
war bis zum Sturm Kyrill (Januar 2007) mit Nadelbäumen bestanden. Die
Verwüstungen von Kyrill sind beim Vergleich der Luftbilder von bing (Altzustand)
und google-maps (Neuzustand) gut zu sehen. Danach wurden unter anderem
im Bereich zwischen dem Heideweg im Süden bis über den D. weg hinaus bis
hin zur B 65 (Bremer Straße) die Bäume zu wesentlichen Teilen umgeworfen.
Den (größeren) Bereich westlich des D. -weges, der im Bereich eines (sich
südlich des Heide-weges fortsetzenden) Landschaftsschutzgebietes liegt, soll
wieder aufgeforstet werden, nicht aber der insgesamt 9.775 m² große
Planbereich. Dort ist nach dem Windwurf vom Januar 2007 eine zum Teil
verbuschte Spontanvegetation entstanden, die aus Ahorn, Birke, Esche, Pappel
sowie Vogel- und Brombeere besteht. Im südlichen Planbereich soll sie als so
genannte Maßnahmefläche von 4.800 m² Größe erhalten bleiben, das heißt
nicht wieder aufgeforstet werden. Dort soll eine Auffangmulde mit einem
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Fassungsvermögen von 150 m³ geschaffen werden, welche zum Kanal im D.
weg (Westen) eine Verbindung erhalten soll.
Als Bauland genutzt werden soll ein 30 m tiefer Streifen (4.652 m²), der an die
um 2 m (323 m²) verbreiterte Straße des C. -weges anschließt und als
allgemeines Wohngebiet mit einer Grundflächenzahl von 0,4 dienen soll.
Bislang hatte das Oberflächenwasser bei stärkeren Regenereignissen den mit
Betonverbundstein gepflasterten C. weg überquert und war auf die nördlich des
C. -weges gelegenen Grundstücke gelangt. Die Antragsgegnerin reagierte
hierauf mit der Planung eines 85 m langen Staukanals DN 1000 B, der an die
Stelle des bisher verlegten Regenwasserkanals DN 300 treten und gleichfalls
dem Gefälle folgend in östlicher Richtung entwässern soll. Sein Stauraum betrug
nach der bis zum Satzungsbeschluss verfolgten Projektierung ca. 65 m³. Eine
Klappe ermöglicht es, den Abfluss bei Starkregenereignissen auf 5 l/s*ha zu
drosseln. Damit soll die bisherige Abflussmenge beibehalten und so bei dem
zugrunde gelegten fünfjährigen Regenereignis eine Überlastung des
Regenwasserkanals vermieden werden, der im Heideweg verlegt ist. Dieser
Kanal verläuft zunächst im Heideweg, knickt mit ihm beim Bodelschwinghweg
nach Norden ab, setzt sich in der Ringstraße fort und mündet südlich der Straße
Im Winkel in den Icker Bach, der als Vorflut fungiert (vgl. Übersichtsplan der
Ingenieurplanung Wallenhorst - IPW -, welche für die Antragsgegnerin die
wasserwirtschaftlichen Ermittlungen und Berechnungen durchführt). Die bisher
unter anderem im Bereich des C. -weges entstandenen
Oberflächenwassermengen hatte dieser nach Einschätzung und Beobachtung
der Antragsgegnerin bewältigt.
Mit dieser Maßnahme hatte die Antragsgegnerin die Alternative verworfen, im
rückwärtigen Teil der Baugrundstücke zur Zurückhaltung des
Oberflächenwassers Zisternen anlegen zu lassen.
Der Antragsteller hält diese Retentionsmenge des Staukanals von 65 m³ für
deutlich zu niedrig und planbedingt das Erfordernis begründet, ein
Rückhaltevolumen von 166 m³ bzw. von 184 m³ (wenn die Maßnahmefläche
Richtung C. weg entwässern sollte) für erforderlich, andernfalls Überflutungen
der nördlich des C. -weges gelegenen Grundstücke zu erwarten seien.
Das Planaufstellungsverfahren vollzog sich in folgenden Schritten:
Den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans sowie zur 8. Änderung des
Flächennutzungsplans (dieser hatte dort bislang Wald dargestellt) fasste der
Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin am 3. September 2009. Die
Öffentlichkeit wurde vom 20. September bis zum 4. Oktober 2011 frühzeitig
beteiligt. Den Planentwurf legte die Antragsgegnerin das erste Mal in der Zeit
vom 1. März bis zum 2. April 2004 öffentlich aus. Wegen der insoweit erhobenen
Rügen kommt es auf den Text der Auslegungsbekanntmachung an. Dieser
lautet:
Öffentliche Bekanntmachung der Gemeinde B. über die öffentliche
Auslegung des Entwurfs des Bebauungsplans B. Nr. XLVII „C. weg“.
Der Verwaltungsausschuss der Gemeinde B. hat in seiner Sitzung vom
09.02.2012 beschlossen, den Entwurf des Bebauungsplanes B.
Nr. XLVII „C. weg“, bestehend aus der Planzeichnung, den textlichen
Festsetzungen sowie den örtlichen Bauvorschriften und den Entwurf der
Begründung zu billigen und die öffentliche Auslegung gemäß § 3 Abs. 2
Baugesetzbuch durchzuführen.
Das Plangebiet liegt am südwestlichen bebauten Ortsrand der Ortslage
B. und grenzt an die Straße C. weg an. Der Planbereich ergibt sich aus
der nachstehenden Übersichtskarte. (Eine solche ist dann abgedruckt).
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Mit der Planaufstellung wird in einer Bautiefe von etwa 30 m parallel
zum C. weg die Schaffung von Wohnbauflächen angestrebt. Die
Ausweisung eines Allgemeinen Wohngebiets ist geplant. Die südliche
Resthälfte soll als Ausgleichsfläche festgesetzt werden.
Der Entwurf des Bebauungsplans B. Nr. XLVII „C. weg“ einschließlich
Begründung, Umweltbericht und Stellungnahmen aus der frühzeitigen
Öffentlichkeitsbeteiligung liegen vom
01.03.2012 bis einschließlich 02.04.2012
in der Gemeinde B. … während der Dienststunden zu jedermanns
Einsicht öffentlich aus.
Vom 19. Juni bis zum 3. Juli 2012 führte die Antragsgegnerin eine gemäß § 4a
Abs. 3 Sätze 2 bis 4 auf folgende Themen beschränkte erneute öffentliche
Auslegung durch:
- Die straßenseitige Höhe des fertigen Erdgeschossfußbodens wird auf
eine maximale Höhe von rund 2,50 m oberhalb C. weg geändert.
- Die Rückhaltung des Oberflächenwassers erfolgt durch den Bau
eines Staukanals.
- Notwendige Korrekturen in der Planzeichnung
gemäß Beschlussvorlage.
Gemäß § 4a Abs. 3 Sätze 2 bis 4 BauGB wird bestimmt, dass
Stellungnahmen nur zu den geänderten oder ergänzten Teilen
abgegeben werden können.
Eingangs dieser öffentlichen Bekanntmachung hatte es geheißen:
Der vom Verwaltungsausschuss der Gemeinde B. im Umlaufverfahren
vom 07.06.2012 gebilligte und zur erneuten Auslegung bestimmte
Entwurf des Bebauungsplans B. Nr. XLVII „C. weg“, bestehend aus der
Planzeichnung, textlichen Festsetzungen und den örtlichen
Bauvorschriften über die Gestaltung sowie der Entwurf der Begründung
liegen verkürzt vom
19.06.2012 bis einschließlich 03.07.2012
in der Gemeinde … zu jedermanns Einsicht öffentlich aus.
Auf dem Plangelände sollen insgesamt sieben Wohngrundstücke entstehen in
einer Größe zwischen 675, 690 und 982 m² (Flurstücke 18/2 bis 18/8). Für eines
(Flurstück 18/4, gegenüber dem Grundstück des Antragstellers) wurde am
13. Mai 2013 eine Baugenehmigung erteilt. Für das östliche Nachbargrundstück
(Flurstück 18/5) soll ein Bauantrag vorliegen. Im Übrigen sollen zum Teil
Bauanzeigen existieren.
Am 21. November 2012 hatte der Antragsteller zum Aktenzeichen 1 KN 208/12
den Bebauungsplan mit der Normenkontrolle angegriffen. Nachdem Bauarbeiten
begonnen hatten, hat er am 27. Mai 2013 diesen Eilantrag gestellt. Er hält sich
für antragsbefugt und aufgrund seiner Äußerungen im
Planaufstellungsverfahren für nicht präkludiert. Das Rechtsschutzbedürfnis
bestehe unverändert. Der Eilantrag müsse Erfolg haben. Ihm drohten schwere
Nachteile, außerdem sei der Plan aus einer Reihe formeller und materieller
Gründe unwirksam.
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Die Antragsgegnerin tritt dem Eilantrag entgegen und meint, der Antragsteller sei
nicht antragsbefugt, ihm fehle das Rechtsschutzbedürfnis, zudem beträfen die
von ihm erhobenen Rügen Gesichtspunkte, welche geheilt werden könnten und
daher den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht rechtfertigten. Den
Einwendungen des Antragstellers sei bei der Herstellung des neuen
Regenwasserkanals Rechnung getragen worden. Dieser weise auf einer Länge
von 50 m nunmehr eine Dicke von 1.200 DN auf und sei im Übrigen, d. h. auf
einer Länge von 65 m wie geplant als DN 1000 B hergestellt worden. Dadurch
sei das Retentionsvolumen auf - nun jedenfalls ausreichende - 105 m³
gesteigert worden.
Der Normenkontrolleilantrag ist begründet. Der Antragsteller ist antragsbefugt.
Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass er hinreichend substantiiert
Tatsachen vorbringt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er
durch die Norm in seinen „Rechten“, das heißt in einem abwägungsrelevanten
Interesse verletzt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.3.1998 - 4 CN 6.97 -, UPR 1998,
348). Nur dann, wenn eine Rechtsverletzung offensichtlich und nach jeder
Betrachtungsweise ausscheidet, kann die Antragsbefugnis verneint werden (vgl.
BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215, 217).
Der letztgenannte Fall liegt hier nicht vor. Es ist nicht nach jeder
Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass abwägungserhebliche Belange des
Antragstellers von der Antragsgegnerin in abwägungsfehlerhafter Weise
behandelt worden sein könnten. Das ergibt sich selbständig tragend aus zwei
Gründen.
Zum einen hatte die Antragsgegnerin ausweislich der Planbegründung Seite 6
unten im Planaufstellungsverfahren auf die nördlich des C. -weges gelegenen
Grundstücke, zu denen das des Antragstellers gehört, dergestalt Rücksicht zu
nehmen, dass die Bebauung keine angesichts der Geländeverhältnisse
(Anstieg nach Süden) prekäre Höhe erreicht und damit die
Wohnnutzungsinteressen der Anlieger an der Nordseite des C. -weges
unzumutbar hintanstellt. Die Korrektur der aus diesem Grunde vorgesehenen
Festsetzungen war einer der Gründe, weshalb die Antragsgegnerin den
Planentwurf erneut (wenngleich eingeschränkt) ausgelegt hatte. Das
Grundstück des Antragstellers liegt an der Nordseite, sein Wohnhaus ist
vergleichsweise nah an den C. weg herangerückt und war daher bei diesen
Abwägungsüberlegungen besonders in Blick zu nehmen.
Zum anderen folgt die Antragsbefugnis aus der Pflicht der Antragsgegnerin,
unter anderem/insbesondere zum Vorteil des Grundstücks des Antragstellers
die Frage schadloser Bewältigung des Oberflächenwassers in Blick zu nehmen.
Die insoweit maßgebenden Grundsätze hatte das Bundesverwaltungsgericht in
seiner Entscheidung vom 21. März 2002 (- 4 CN 14.00 -, BVerwGE 116, 144 =
DVBl. 2002, 1469 = UPR 2002, 443 = BRS 65 Nr. 17) entwickelt. Sie lassen sich
etwa folgendermaßen zusammenfassen:
Bauleitpläne haben eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung zu
gewährleisten. Dazu gehört nach § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB insbesondere,
gesunde Wohnverhältnisse sicherzustellen. Schon auf der Planungsebene und
nicht erst bei der Genehmigung von Einzelvorhaben kann deshalb der Frage
nachzugehen sein, ob die Verwirklichung der Planfestsetzungen adäquat kausal
den Abfluss von (Schmutz- oder Regen-)Wasser in einer Weise beeinflusst,
dass es auf planfremden, das heißt benachbarten Grundstücken zu Nachteilen
oder Gefahren für die Eigentumssubstanz (Säuleneigentum) kommt oder
kommen kann. Die planende Gemeinde muss daher schon bei der Planung
Gefahren begegnen, die in kausalem Zusammenhang mit der Planung stehen
und nicht von geringfügiger Art sind. Dem Plan in diesem Sinne kausal
zuzurechnen können auch Überflutungsgefahren sein, die dadurch ausgelöst
werden, dass auf der plangerecht befestigten Fläche niedergehender Regen
unter anderem deshalb auf benachbarten Grundstücken zu (Hoch-
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)Wasserschäden führt, weil der Kanal überlastet ist. Sind dort Missstände zu
verzeichnen, so haben die Nachbarn zwar keinen Anspruch darauf, dass das
Kanalsystem zunächst vollständig saniert wird, das heißt ihnen jegliche
Überflutungsgefahr von den Schultern genommen wird, bevor die Gemeinde an
die Planung weiterer Gebiete gehen kann, welche an das Kanalnetz
angeschlossen werden (vgl. insbesondere 4 CN 14.00, Juris-Rdn. 18). Besteht
allerdings die Gefahr, dass aus dem Plangebiet abfließendes Wasser dort
stärker als bisher schon der Fall zu Schäden führt, muss die Gemeinde
sicherstellen, dass das Plangebiet so entwässert werden kann, dass die Gefahr
regelmäßig eintretender Überflutungen und von Wasserschäden in Folge des
Planvorhabens jedenfalls nicht größeren Umfangs als bislang besteht. Dazu
kann sich die Gemeinde aller technischen Möglichkeiten, insbesondere der
Anlegung von Regenwasserrückhaltebecken oder ähnlicher Maßnahmen
bedienen.
Diese Grundsätze gelten dann, wenn nach Lage der Dinge zu entsprechenden
Überlegungen Anlass besteht. Wie stets muss die Gemeinde im
Zusammenhang mit der Oberflächenentwässerung Überlegungen nur dann
anstellen, wenn sie dies als bewältigungsbedürftig sieht oder angesichts der
Umstände sehen muss (vgl. dazu etwa BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 - IV C 50.72 -,
BVerwGE 45, 309, 314; BGH, Urt. v. 21.2.1991 - III ZR 245/89 -, NJW 1991,
2701, 2702; OVG Koblenz, Urt. v. 5.12.1990
- 10 C 52/89 -, NVwZ 1992, 100).
Danach bestand hier Anlass, die Frage schadloser, das heißt eine vorhandene
Gefahrenlage jedenfalls nicht planbedingt verschärfenden Abflusses des
Oberflächenwassers in den Blick zu nehmen. Die Antragsgegnerin hat dies
auch getan und dazu wasserwirtschaftliche Überlegungen mit gutachterlichem
Verstand anstellen lassen. Die Normenkontrollantragsbefugnis ist unter diesem
Gesichtspunkt allein schon deshalb eröffnet, weil der Antragsteller auf diese
Weise nachprüfen lassen können muss, ob das dabei erzielte Resultat wirklich
den genannten Anforderungen genügt.
Dem lässt sich nicht entgegenhalten, der Plan enthalte ja gar keine
Festsetzungen zur Abführung des auf seine befestigten Flächen fallenden
Oberflächenwassers, daher könne sich der Normenkontroll(eil)antragsteller auch
nicht mit dieser Begründung gegen seinen Inhalt wenden. Der die
Antragsbefugnis begründende Umstand liegt dann darin, dass dort überhaupt
die Möglichkeit der Versiegelung eröffnet wird. So hatte der Senat in seinem
unveröffentlichten Urteil vom 19. Januar 2007 (- 1 KN 22/06 -; dazugehöriger
Nichtzulassungsbeschluss des BVerwG vom 11.6.2007 - 4 BN 19.07 -, JURIS)
angenommen, die Planung einer Teilbebauung ebenfalls abschüssigen
Geländes sei abwägungsfehlerhaft, weil nicht zureichend/verlässlich geklärt
worden war, das dort anfallende Regenwasser werde in einem weiter östlich des
Plangebiets in nordsüdlicher Richtung verlaufenden Regenwasserkanal
abgeleitet werden können, ohne dessen Kapazität zu überfordern. Eine dem
vergleichbare Sachlage liegt hier vor. Schon bislang hatte Regenwasser
angesichts des Gefälles und der Bodenbeschaffenheit (Aufbau: s. o.) auf den
nördlich des C. -weges gelegenen Grundstücken zu Einwirkungen geführt.
Dementsprechend war die Antragsgegnerin durch § 1 Abs. 7 BauGB
verbunden, auch/gerade im Interesse des Antragstellers zu prüfen, ob und in
welchem Umfang eine planbedingt eröffnete Möglichkeit zur Bodenversiegelung
der städtebaulichen Situation, in die das Plangebiet gestellt ist, überhaupt
angemessen war (§ 1 Abs. 3 und 7 BauGB) oder ob diese Situation in einer die
Planaufstellung ermöglichenden Weise zuvor hätte verändert werden müssen.
Es begründet selbständig tragend die Normenkontrollantragsbefugnis des
Antragstellers, in dem dafür vorgesehenen Verfahren nach § 47 VwGO
nachprüfen lassen zu können, ob die Antragsgegnerin die Situation durch Bau
eines auskömmlichen Retentionsvolumens wirklich in einer Weise verändert
hatte, welche die Zulassung bebaubarer Flächen überhaupt erst ermöglicht.
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Dass der Stauraum mittlerweile mit einem Volumen von 105 m³ hergestellt
worden ist, ist zum einen, soweit ersichtlich, Behauptung geblieben, zum
anderen nicht geeignet, dem Antragsteller die Möglichkeit des § 47 VwGO
abzuschneiden, die Auskömmlichkeit dieser wasserwirtschaftlichen Planung
inzidenter überprüfen lassen zu können. Denn nach den Berechnungen des von
ihm eingeschalteten Büros (MIC; s. u.) sind höhere Retentionsvolumina
erforderlich.
Dem Antragsteller steht für das Normenkontrolleilverfahren auch das
erforderliche Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Dieses fehlt nach ständiger
Senatsrechtsprechung (beginnend mit dem unveröffentlichten Beschl. v.
4.5.2004 - 1 MN 50/04 -; siehe u. a. Senatsbeschl. v. 4.10.2004 - 1 MN 225/04 -,
BauR 2005, 532 = NVwZ-RR 2005, 693 = BRS 67 Nr. 56), wenn die
Planfestsetzungen durch Baugenehmigungen im Wesentlichen ausgenutzt
worden sind. Diese Baugenehmigungen brauchen nicht bestandskräftig zu sein.
Denn dem Normenkontrolleilantragsteller ist mit einer Antragsstattgabe in einem
solchen Fall nicht (mehr) gedient, weil diese nicht zurückwirkt und damit eine
Aussetzung des Planes eine Ausnutzung der auf der Grundlage der
Planfestsetzungen erteilten Bauscheine nicht mehr verhindern kann.
Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nach ebenso beständiger
Senatsrechtsprechung (vgl. Beschl. v. 4.10.2004 - 1 MN 225/04 -, a.a.O.; vgl.
auch OVG Hamburg, Beschl. v. 28.2.2007 - 2 Es 1/07.N -, ZfBR 2007, 468 =
BauR 2007, 154) hingegen nicht schon deshalb, weil der
Normenkontrolleilantragsteller Individual-Eilrechtsschutz gegen Akte oder
Maßnahmen ergreifen kann/könnte, die in Ausnutzung der Planfestsetzungen
geschehen können. Beide Rechtsschutzmöglichkeiten stehen vielmehr mit je
eigenen Zulässigkeitsvoraussetzungen und unterschiedlichen Reichweiten
selbständig nebeneinander.
Der von der Antragsgegnerin zitierten Entscheidung des Bayerischen VGH vom
13. Juli 2009 (- 2 NE 09.1506 -, NVwZ-RR 2010, 44 = BayVBl. 2010, 309 =
BRS 74 Nr. 57) folgt der Senat daher nicht. Sie scheint zudem davon mit
beeinflusst zu sein, dass die Bay. Bauordnung (Fassung 1998: Art. 64; Fassung
2008: Art. 58) keine § 69a Abs. 10 NBauO a. F. als auch § 62 Abs. 11 Satz 2
NBauO n. F. (Gesetz vom 3.4.2012, GVBl. S. 46) entsprechenden Vorschriften
zu enthalten scheint; diese sind anschließend zu behandeln.
Es kommt hinzu, dass ein Großteil der des sieben Wohngrundstücke
umfassenden Planbereichs bislang unbebaut ist und - soweit bekannt - hierfür
bislang nur eine einzige Baugenehmigung erteilt worden ist. Die Bauanzeigen
für weitere Baugrundstücke sind nicht Baugenehmigungen gleich zu achten.
Abgesehen davon, dass ein Nachbar (etwa der Antragsteller) gegen eine
„Bauanzeige“ keinen erfolgversprechenden Rechtsbehelf einzulegen
vermöchte, ist das Recht genehmigungsfreien Bauens in Niedersachsen auch
anders organisiert, was die Wirksamkeit der dafür erforderlichen Planunterlagen
anbetrifft. Sowohl § 69a Abs. 10 NBauO a. F. als auch § 62 Abs. 11 Satz 2
NBauO n. F. (Gesetz vom 3.4.2012, GVBl. S. 46) enthalten die Anordnung, nach
dem jeweiligen Abs. 1 der Vorschrift genehmigungsfreie Baumaßnahmen
bedürften erst dann keiner Baugenehmigung, wenn nach ihrer Durchführung die
Unwirksamkeit des Plans festgestellt werde. Das heißt: Der (im
Hauptsacheverfahren rückwirkende; arg. ex § 47 Abs. 5 Satz 3 VwGO) Wegfall
des Bebauungsplanes bleibt für den Bauherrn nur dann ohne Folgen
(hinsichtlich der Genehmigungsbedürftigkeit), wenn er nach Abschluss der
Bauarbeiten ausgesprochen worden ist. Daraus ergibt sich: Fallen die
Rechtswirkungen eines Planes durch einen Normenkontroll-Eilbeschluss nach
§ 47 Abs. 6 VwGO während der Durchführung des Vorhabens - und sei es: nur
einstweilen - weg, entfällt nicht nur die Genehmigungsfreiheit des Vorhabens (so
auch für das bayerische Bauordnungsrecht Simon/Busse-Taft, Art. 64 BayBO
Rdnr. 8a). Vielmehr erhöhen sich dadurch für den Nachbarn in einer das
Rechtsschutzbedürfnis begründenden/erhaltenden Weise die Chancen, die
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Bauaufsichtsbehörde werde gegen die Fortführung des nunmehrigen
Schwarzbau einschreiten (vgl. Große-Suchsdorf/Lindorf/ Schmaltz/Wiechert,
NBauO, 8. Aufl. 2006, § 69a Rdn. 63). Dass die Bauaufsichtsbehörde dabei die
Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens nach den §§ 34 oder 35 BauGB zu
prüfen und gegebenenfalls Vertrauensgesichtspunkte zu erwägen hat (Große-
Suchsdorf usw. aaO; s. a. Koch/Molodovsky/Famers, BayBO 2008, Art. 58 Rdnr.
28 ff.), ändert nichts an der Besserstellung, welche die Rechtsposition des
Nachbarn durch die Außervollzugsetzung des Planes erreicht, wirke diese auch
nur ex nunc.
Eine Baugenehmigung (vgl. Bl. 62 f. der Gerichtsakte) liegt, soweit ersichtlich,
bislang nur für das Flurstück 18/4 vor. Ob der Bauantrag für das östliche
Nachbarflurstück 18/5 zwischenzeitlich positiv beschieden worden ist, ist unklar,
nach den vorstehenden Ausführungen aber nicht rechtserheblich. Denn damit
würden die Planfestsetzungen nicht, wie nach der oben zitierten
Senatsrechtsprechung erforderlich, im Wesentlichen ausgenutzt sein.
Der damit zulässige Normenkontrolleilantrag ist auch begründet.
Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann der Senat eine einstweilige Anordnung erlassen,
wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen
dringend geboten ist. Ein schwerer Nachteil ist nach ständiger
Senatsrechtsprechung (vgl. z. B. Beschl. v. 23.12.1998 - 1 M 4466/98 -,
NVwZ 1999, 1241 = BRS 66 Nr. 49; Beschl. v. 7.1.1999 - 1 M 5396/98 -, Juris)
gegeben, wenn das rechtlich geschützte Interesse des Antragstellers in ganz
besonderem Maße beeinträchtigt oder ihm ein außergewöhnliches Opfer
abverlangt wird (vgl. Erichsen/Scherzberg, DVBl. 1987, 168, 174).
Dies ist hier nicht der Fall. Die vom Antragsteller zur Illustration der
Oberflächenwasser-Situation eingereichten Fotografien (Bl. 67 GA) mögen zwar
leichte Schäden zeigen, welche im Randbereich seines Gebäudes durch
hangabwärts fließendes und den C. weg überquerendes Regenwasser
entstanden sein mögen. Die geringe Dimensionierung der von ihm eingebauten
MEA-Rinne zeigt indes, dass er den Starkregenereignissen so große Bedeutung
nicht beimisst, dass er von sich aus stärkeren Umfangs der Obliegenheit genügt
hätte, in einer ihm wirtschaftlich zumutbaren Weise durch eigene technische
Vorkehrungen (leistungstüchtigere OW-Rinne) Überflutungen bei
Starkregenereignissen vorzubeugen (vgl. nochmals BVerwG, Urt. v. 21.3.2002 -
4 CN 14.00 -, a.a.O., Juris-Rdn 18). Selbst wenn trotz des von der
Antragsgegnerin hergestellten Stauvolumens (nach deren Darstellung nunmehr
105 m³ statt zunächst projektierter 65 m³) größeren Umfangs als bisher
Regenwasser auf das Grundstück des Antragstellers zu gelangen vermöchte,
wäre dies nicht als schwerer Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO
anzusehen, der den Erlass einer einstweiligen Anordnung für sich allein zu
rechtfertigen vermöchte.
Die erstrebte einstweilige Anordnung ist jedoch „aus anderen Gründen dringend
geboten“. Das ist dann anzunehmen, wenn der Normenkontrollantrag mit großer
Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird. Dieses Erfordernis folgt daraus, dass der
„andere wichtige Grund“ an Gewicht ungefähr dem „schweren Nachteil“
entsprechen muss. Das ist nach ständiger Senatsrechtsprechung (vgl. z. B.
Beschl. v. 21.3.1988 - 1 B 6.87 -, BRS 48 Nr. 30) nur dann der Fall, wenn der
Normenkontrollantrag mit einem hohen Grade der Wahrscheinlichkeit
aussichtsreich ist. Das ist hier der Fall. Die Bekanntmachung der öffentlichen
Auslegung leidet unter einem durchgreifenden Mangel.
Ihr kann allerdings nicht entgegengehalten werden, die in § 3 Abs. 2 Satz 2
Halbs. 1 BauGB bestimmte Frist sei nicht eingehalten worden. In ihrer
Hauptsatzung vom 14. Dezember 2011 hatte sich die Antragsgegnerin dafür
entschieden, ortsübliche Bekanntmachungen durch Aushang zu
bewerkstelligen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 der Hauptsatzung). Die Aushangfrist beträgt
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nach Satz 2 dieser Bestimmung eine Woche. Diese Frist wurde eingehalten, weil
die Auslegungsfrist am 1. März 2012 begann und der Aushang am 22. Februar
2012 bewirkt wurde. Selbst wenn der Tag, an dem die Aushänge (verschiedene
Kästen wurden bedient) angebracht worden sind, nicht mitzählte, wäre die
Wochenfrist gewahrt, weil das Jahr 2012 ein Schaltjahr war.
Die öffentliche Auslegung krankt aber an dem vom Antragsteller bezeichneten
Mangel, inhaltlich unzureichend gewesen zu sein. Nach § 3 Abs. 2 Halbs. 1
BauGB muss die ortsübliche Bekanntmachung Angaben dazu (enthalten),
welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind. Das
korrespondiert mit Satz 1 dieser Bestimmung, wonach die Gemeinde gehalten
ist, mit dem Entwurf des Bauleitplanes und seiner Begründung die nach ihrer
Einschätzung wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen
Stellungnahmen für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Bei der
Handhabung dieser Bestimmung orientiert sich der Senat an der
Rechtsprechung des Baden-Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl.
Urt. v.17.6.2010 - 5 S 884/09 -, BauR 2011, 80 = ZfBR 2011, 281 = BRS 76
Nr. 14; v. 12.10.2010 - 3 S 1873/09 -, NuR 2011, 369, u. v. 12.6.2012 -
8 S 1337/10 -, DVBl. 2012, 1177 = ZfBR 2012, 669 = NuR 2012, 792). In der
letztgenannten Entscheidung hatte der Baden-Württembergische
Verwaltungsgerichtshof seine Auffassung wie folgt begründet:
38 2. Jedoch sind die gesetzlichen Vorgaben des § 3 Abs. 2 Satz 2
BauGB nicht eingehalten worden. Danach sind Ort und Dauer der
Auslegung sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener
Informationen verfügbar sind, mindestens eine Woche vor der
Auslegung ortsüblich bekannt zu machen. Hier fehlt es an einem
ausreichenden Hinweis darauf, welche „Arten umweltbezogener
Informationen verfügbar“ sind.
39 a) Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der
Bundesregierung zum EAG Bau (BT-Drs. 15/2250, S. 43 f.) sollten mit
diesem Erfordernis völker- und unionsrechtliche Vorgaben umgesetzt
werden. Danach muss die öffentliche Auslegungsbekanntmachung
auch Angaben darüber enthalten, welche für die geplante Tätigkeit
relevanten Umweltinformationen verfügbar sind. Dabei verlangt § 3 Abs.
2 Satz 2 BauGB keine Auflistung sämtlicher eingegangener
Stellungnahmen oder gar deren inhaltlichen Wiedergabe. Da nur
Angaben zu den Arten umweltbezogener Informationen gefordert
werden, reicht es aus, die vorhandenen Unterlagen nach
Themenblöcken zusammenzufassen und diese in einer
schlagwortartigen Kurzcharakterisierung zu bezeichnen (vgl. VGH
Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2010 a.a.O.; Krautzberger, in:
Ernst u.a., BauGB, § 3 Rn. 36; EAG Bau - Mustererlass, abgedruckt in:
Ernst u.a., a.a.O., Abschnitt J, I. 3.4.2.3). Entscheidend ist dabei, dass
der veröffentlichte Text gerade hinsichtlich der Umweltinformationen
seiner Anstoßfunktion gerecht werden kann, sachgerechte
Stellungnahmen zu ermöglichen. Die Anstoßfunktion soll bewirken,
dass dem interessierten Bürger sein Interesse an Information und
Beteiligung durch Abgabe einer Stellungnahme bewusst wird. Hierfür ist
es ausreichend, aber auch erforderlich, wenn der Interessierte durch die
Bekanntmachung eine Orientierung darüber bekommt, welche
umweltrelevanten Probleme die Planung nach den bei der Behörde
vorhandenen Erkenntnissen aufwirft und ob Anlass zu einer eigenen
erstmaligen oder ergänzenden Stellungnahme besteht (vgl. VGH
Baden-Württemberg, Urteil vom 17.06.2010 a.a.O.).
40 b) Daran fehlt es hier.
41 aa) Dabei muss der Senat nicht auf den Umstand eingehen, dass in
dem Bekanntmachungstext auf nicht näher bezeichnete wesentliche,
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umweltbezogene Stellungnahmen (über den Umweltbericht und das
Artenschutzgutachten hinaus) verwiesen wird, obwohl solche nach dem
Vorbringen der Antragsgegnerin gar nicht vorlagen und auch nicht
ausgelegt wurden. Ebenso bedarf es keiner näheren Erörterung des
Umstands, dass das Artenschutzgutachten als „darüber hinaus“
vorliegende umweltbezogene Information bezeichnet wurde und damit
der Eindruck erweckt worden sein könnte, es handele sich bei diesem
Gutachten nicht um eine wesentliche, umweltbezogene Stellungnahme,
sondern um eine zusätzliche Information.
42 bb) Denn jedenfalls sind in dem veröffentlichten
Bekanntmachungstext lediglich der Umweltbericht und das
Artenschutzgutachten ausdrücklich genannt. Der Bekanntmachungstext
bezeichnet damit nur die vorliegenden Stellungnahmen im Sinne des §
3 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Er erfüllt aber noch nicht die Informationspflicht
des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB, die - wie sich aus ihrem Wortlaut ergibt -
gerade keine Auflistung der ausgelegten Stellungnahmen im Sinne des
Satzes 1, sondern eine Kurzcharakterisierung der vorhandenen
Informationen verlangt. Der Umweltbericht der Antragsgegnerin vom
07.02./03.09.2008 enthält Informationen und Aussagen zu den
Schutzgütern Mensch, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima,
Landschaft und Kultur und Sachgüter. Gegliedert sind diese
Ausführungen jeweils nach den Punkten Bestandsaufnahme und
Bewertung. Hierüber wird der Leser der Bekanntmachung indessen
nicht informiert; dass der dort angesprochene „Umweltbericht“
umweltbezogene Informationen enthält, liegt zwar auf der Hand, führt
aber nicht dazu, dass die erforderliche Gliederung nach den für das
konkrete Plangebiet vorliegenden Arten umweltbezogener
Informationen vorgenommen wird. Durch einen derartigen allgemeinen
Hinweis kann der Zweck des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB, die Transparenz
der konkret in Rede stehenden Planung für die Öffentlichkeit zu
verbessern, nicht erreicht werden. Dies ergibt sich auch daraus, dass
die in § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB genannten Schutzgüter in allgemeiner
Weise die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des
Naturschutzes und der Landschaftspflege, umfassen, wobei in den
Buchstaben a bis i zahlreiche einzelne Belange ausdrücklich genannt
werden. Schon diese äußerst umfangreiche Aufzählung macht deutlich,
dass ein unspezifizierter Hinweis auf einen Umweltbericht und ein
Gutachten zu einem bestimmten Thema dem informationssuchenden
Bürger keine ausreichende Orientierung darüber zu geben vermag,
welche umweltrelevanten Probleme gerade die konkrete Planung
aufwirft (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2009 - 2 A
13.08 - NuR 2010, 48). Insoweit steht der Gemeinde, wie sich aus dem
unterschiedlichen Wortlaut von § 3 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BauGB
ergibt, anders als bei der Auslegung auch kein Auswahlrecht zu. Die
interessierte Öffentlichkeit soll unabhängig von der unter Umständen
subjektiv geprägten Einschätzung der Gemeinde darüber unterrichtet
werden, welche umweltbezogenen Themen bisher im
Planaufstellungsverfahren eine Rolle gespielt haben (vgl. VGH
München, Beschluss vom 18.06.2010 - 1 NE 09.3166 - juris; vgl auch
Art. 6 Abs. 2 Buchst. d VI der Aarhus-Konvention: „für die geplante
Tätigkeit relevanten Informationen über die Umwelt“). Eine solche
umfassende Information vermag die hier vorgenommene
Bekanntmachung nicht zu leisten.
43 cc) Dieser Verfahrensfehler ist auch nicht nach § 214 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 Halbsatz 2 Alt. 2 BauGB unbeachtlich. Das wäre nur dann der Fall,
wenn einzelne Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener
Informationen verfügbar sind, gefehlt haben. Nach dem Wortlaut dieser
Vorschrift kommt es insoweit auf eine quantitative Betrachtungsweise
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an (vgl. ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.05.2009 a.a.O.;
VGH München, Beschluss vom 18.06.2010 a.a.O.; Stock, in: Ernst u.a.,
BauGB § 214 Rn. 49 und 50: Keine Begünstigung des Ausfalls der
überwiegenden Zahl der Informationen). Hier ist mit dem
Artenschutzgutachten nur eine einzige Art umweltbezogener
Informationen genannt worden, während - wie dargelegt - zu
zahlreichen weiteren Themen umweltbezogene Informationen im
Umweltbericht zur Verfügung standen.
44 Bei dieser Sachlage erscheint es ausgeschlossen, hier vom Fehlen
bloß „einzelner“ Angaben auszugehen. Ein abweichendes, nicht an der
Zahl der verfügbaren Angaben orientiertes Verständnis dieses Begriffs,
für das sich weder im Wortlaut noch der Entstehungsgeschichte oder
der Systematik der Vorschrift eine tragfähige Grundlage finden lässt,
liefe der Verwirklichung der Anstoßfunktion, die § 3 Abs. 2 Satz 2
BauGB zugrunde liegt, zuwider, weil die planende Gemeinde dann
gerade nicht deutlich machen müsste, welche umweltbezogenen
Themen im bisherigen Verfahren eine Rolle gespielt haben.
45 dd) Der Verfahrensfehler ist auch nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1
BauGB unbeachtlich geworden, da die Antragstellerinnen ihn durch den
Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23.07.2010 - der
Antragsgegnerin an diesem Tage zugegangen - und damit innerhalb
der Jahresfrist schriftlich und unter Darlegung des die Verletzung
begründenden Sachverhalts geltend gemacht haben.
Diesen Anforderungen werden beide Auslegungsbekanntmachungen nicht
gerecht. Es mag zwar sein, dass die planaufstellende Gemeinde nicht gehalten
ist, die im Rahmen frühzeitiger Öffentlichkeitsbeteiligung eingegangenen
Stellungnahmen beim Auslegungsverfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB mit
auszulegen. Zulässig dürfte es vielmehr sein, diese beispielsweise in den
Umweltbericht einzuarbeiten und auf diese Weise der nach § 3 Abs. 2 BauGB
zu beteiligenden Öffentlichkeit zu präsentieren.
Das ändert aber nichts daran, dass die Themen/Themenblöcke zumindest
schlagwortartig zusammengefasst bezeichnet werden müssen. Anderenfalls
werden der Öffentlichkeit nicht die „Arten umweltbezogener Informationen“
bezeichnet, was diese nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB je nach Vorkenntnis und
Betroffenheit „angestoßen“ zur Beteiligung auffordern soll. Die oben
wiedergegebene Auslegungsbekanntmachung verzichtet vollständig darauf,
auch nur einzelne Themenblöcke - und sei es schlagwortartig - zu bezeichnen.
Aus diesem Grunde ist es auch nicht möglich, diesen Publikationsverstoß als
nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 Alt. 2 BauGB („einzelne Angaben dazu,
welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind“) für unbeachtlich
zu halten. Diese interne Unbeachtlichkeitsvorschrift greift nur dann ein, wenn
zumindest einzelne dieser Blöcke benannt worden waren.
Der Senat ist sich bewusst, dass das Bundesverwaltungsgericht voraussichtlich
am 18. Juli 2013 zum Aktenzeichen 4 CN 3.12 über diese Rechtsprechung des
Baden-Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs zu Gericht sitzen wird.
Angesichts der Eile, die nunmehr die Antragsgegnerin bei der Verwirklichung der
Planfestsetzung an den Tag legt, ist es jedoch nicht möglich, abzuwarten, bis
diese Entscheidung publiziert ist.
Schon das rechtfertigt den Entscheidungsausspruch. Entgegen der Annahme
der Antragsgegnerin ist es nicht möglich, die Rechtsprechung des Senats zur
Unmaßgeblichkeit behebbarer Mängel bei der Handhabung des § 47 Abs. 6
VwGO (vgl. Senatsbeschl. v. 15.11.2000 - 1 M 3238/00 -; Beschl. v. 28.4.2003 -
1 MN 3/03 -; Beschl. v. 27.9.1999 - 1 M 2579/99 -, jeweils Langtext Juris; vgl.
auch OVG Münster, Beschl. v. 3.12.1997 - 7 a B 1110/97.NE -, BauR 1999, 362)
hierauf anzuwenden. Danach ist danach zu differenzieren, ob der Mangel - wie
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namentlich bei unvollständigem Ausgleich der planbedingt bewirkten Eingriffe in
Natur und Landschaft der Fall - keine Rechte des Antragstellers tangiert oder ob
er dies tut. Selbst im erstgenannten Fall kommt eine Unbeachtlichkeit im
Rahmen der bei § 47 Abs. 6 VwGO anzustellenden Erwägungen zur
Rechtsfolge von Mängeln nur dann in Betracht, wenn damit zu rechnen sei, die
Gemeinde begebe sich daran, den Mangel in einem ergänzenden Verfahren zu
beheben. Hier scheint es gleich an beidem zu fehlen. Die Pflicht zur
ausreichenden Beteiligung der Öffentlichkeit betrifft gerade das Interessenfeld
des Antragstellers (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 4.5.2012 - 1 MN 218/11 -,
DVBl. 2012, 777 = ZfBR 2012, 470 = BauR 2012, 1208). Es dürfte
hinzukommen, dass die Antragsgegnerin auch nicht daran zu gehen gewillt ist,
diesen Mangel ohne Außervollzugsetzung des Planes zu beheben. Ihre
Ausführungen lassen nicht erkennen, sie habe die Fehlerhaftigkeit beider
öffentlichen Auslegungsbekanntmachungen eingesehen und sei daher bestrebt,
diesen Mangel (das geht nur durch mehr oder minder vollständige Wiederholung
des Planaufstellungsverfahrens) zu beheben.
Die die Normenkontrollantragsbefugnis begründende Problematik,
Oberflächenwasser „schadlos“ abzuleiten, hätte den Erlass der einstweiligen
Anordnung möglicherweise nicht gerechtfertigt. Die insoweit maßgeblichen
Grundsätze aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind oben
widergegeben worden. Zusammengefasst heißt das: Plant die Gemeinde in eine
insoweit „prekäre Situation“ hinein, ist sie nicht von Bauplanungsrechts wegen
verpflichtet, diese Situation aus Anlass des Planvorhabens vollständig zu
sanieren. So weit reicht die Pflicht nicht, für städtebauliche Ordnung (§ 1 Abs. 3
Satz 1 BauGB) zu sorgen. Sie muss nur, aber immerhin sicherstellen, dass sich
städtebauliche Missstände nicht planbedingt (Kausalität) verstärken.
Dementsprechend haben der Antragsteller und die anderen Anlieger an der
Nordseite des C. -weges keinen Anspruch darauf, dass im Falle von Starkregen
überhaupt kein Oberflächenwasser mehr auf ihre Grundstücke gelangt. Aus
Anlass des hier interessierenden Planungsvorhabens war die Antragsgegnerin
lediglich gehalten zu bewirken, dass nicht mehr als das, was derzeit aufgrund
des vom Antragsteller sogar als erhaltungswürdig angesehenen Zustands auf
deren Grundstücke gelangt, bei Ausnutzung der Planfestsetzungen auf die
Grundstücke an der Nordseite des C. -weges einwirkt.
Es ist offen, ob dieser Gesichtspunkt mit der für einen
Normenkontrolleilantragsstattgabe erforderlichen Klarheit zu Gunsten des
Antragstellers spricht. Zwar wird die in seinem Namen unterbreitete Berechnung
der Merkel Ingenieur Consult (MIC) vom 10. August 2012 und 7. März 2013
diesen Grundsätzen nicht vollständig gerecht. Denn darin sind auch die
Oberflächenwasser-Mengen als retentionsbedürftig berücksichtigt worden, die
auf die schon vorhandene Straßenfläche (969 m²) und die Gartenflächen
(1.861 m²) (ent-)fallen. Dies ist indes der planunveränderte Ist-Zustand, zu
dessen Sanierung die Antragsgegnerin nach den vorstehenden Grundsätzen
nicht verpflichtet ist. Die Mulde in der Maßnahmefläche und diese selbst sind
aus gleichem Grund ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Denn sie sind schon
vorhanden. Zudem soll diese Mulde nach dem Willen der Antragsgegnerin in
den Kanal des D. -weges, das heißt nach Westen hin entwässert werden (s. S. 5
der Äußerung IPW v. 31.1.2012). Mit der Mulde und ihrer Entwässerung in eine
dem C. weg abgewandte Richtung hat die Antragsgegnerin mithin sogar eine
Maßnahme getroffen, welche die planbedingt bewirkte Entwässerungssituation
zum Vorteil der Anlieger an der Nordseite des C. -weges verbessert und damit
sozusagen „Entwässerungsreserven“ für das Gebiet des hier angegriffenen
Planes schafft.
In den Äußerungen des MIC wird das Retentionserfordernis und damit die
Dimensionierung des neuen Kanals DN 1000 übertrieben, indem dessen
Drosselungswirkung zum Kanal, welcher im Heideweg/Ringstraße liegt, nach
der Äußerung des MIC vom 7. März 2013 auf 2,5 l/s*ha reduziert wird. Mit der
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Erhöhung der Drosselungswirkung auf die Hälfte des von der Antragsgegnerin
einberechneten Betrags (5 l/s*ha) erhöht sich das Retentionserfordernis. Es ist
nach den insoweit nicht substantiiert angegriffenen Beobachtungen der
Antragsgegnerin indes nicht erforderlich, die Drosselungswirkung so weit zu
erhöhen, weil der Richtung Osten verlaufende Kanal bislang auch bei
Starkregenereignissen diese Menge hatte aufnehmen können, ohne dass es zu
Unzuträglichkeiten zu Lasten der dortigen Anlieger gekommen wäre.
Gleichwohl ist diese Frage unverändert diskussionsbedürftig, weil auch die
bislang vorliegenden Berechnungen der Antragsgegnerin der Nachfrage würdig
und bedürftig sind. Erläuterungsbedürftig ist, weshalb das Aufnahmevermögen
des Bodens (das dürfte mit dem „spezifischen Speichervolumen“ gemeint sein)
von nur 289 m³/ha in der Berechnung vom 12./16. September 2011 um 16 % auf
336 m³/ha in der Berechnung vom 31. Januar 2012 der IPW (Ingenieurplanung
Wallenhorst) hatte steigen können. Eine solche Erhöhung der
Rückhaltefähigkeit des Bodens vermindert das erforderliche Retentionsvolumen.
Außerdem ist erläuterungsbedürftig, weshalb die beiden Untersuchungen dahin
differieren, dass die undurchlässige Fläche von 0,34 ha in der Berechnung aus
dem Jahre 2011 auf nur 0,19 ha in der Berechnung aus dem Jahre 2012 hat
sinken können. Letzteres geht nur auf, wenn auf das im angegriffenen Plan (30
m tiefer straßenbegleitender Streifen) „Bauland“ von 0,47 ha lediglich die
Grundflächenzahl von 0,4 angewandt wird. Überschreitungen nach § 19 Abs. 4
Satz 2 BauNVO hat die Antragsgegnerin - soweit ersichtlich - in den textlichen
Festsetzungen zu A „planungsrechtliche Festsetzungen“ nicht unter Anwendung
von § 19 Abs. 4 Satz 3 ausgeschlossen.
Dementsprechend ist auch in der Anlage zur Berechnung der von der
Antragsgegnerin beauftragten Ingenieurplanung Wallenhorst (IPW) vom
31. Januar 2012 die Zahl von 0,4 verzeichnet. Das korrespondiert mit der
Äußerung im Schreiben der IPW vom 11. Oktober 2012 unter Nr. 2,
erfahrungsgemäß würde eine Grundflächenzahl von 0,4 nicht ausgenutzt. Die
Erfahrungsgrundlage für diese Einschätzung bleibt offen. Außerdem lässt dies
möglicherweise außer Betracht, dass die zum Vorteil der Bebauung nördlich des
C. -weges in A. § 1 der textlichen Festsetzungen bestimmten
Höhenfestlegungen das Bestreben der künftigen Bauherrn begünstigen könnten
bzw. dürften, „in die Breite zu gehen“ und dementsprechend die
Grundflächenzahl sehr wohl auszunutzen.
Berechnungen zur Richtigkeit der Behauptung, tatsächlich sei ein
Retentionsvolumen von 105 m³ hergestellt worden, dieses reiche nun in jedem
Fall aus, hat die Antragsgegnerin soweit ersichtlich nicht vorgelegt. Es ist damit
nicht vollständig ersichtlich, welcher Versiegelungsgrad damit
wasserwirtschaftlich erfasst wird.
Fragen des Artenschutzes hätten eine Außervollzugsetzung des Planes nicht
gerechtfertigt. Solche Probleme sind nicht im Plan zu regeln. Sie können diesen
nur unter dem Gesichtspunkt des § 1 Abs. 3 BauGB zu Fall bringen. Nicht in
seinem Sinne erforderlich ist ein Plan erst dann, wenn artenschutzrechtliche
Verbotstatbestände seinen Vollzug verhindern (vgl. z. B. die Nachweise im
Senatsurt. v. 25.11.2009 - 1 KN 141/07 -, DVBl. 2010, 448).
Es existieren hier keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, die
artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände der §§ 39 ff. BNatSchG würden bei
einer Planausnutzung in einer Weise unausweichlich, d. h. unabhängig vom
Zeitpunkt der Durchführung der Arbeiten und trotz der Verpflichtung, bei den
Bauarbeiten nach geschützten Tierarten Ausschau zu halten (dann Pflicht
innezuhalten), erfüllt, die noch nicht einmal im Ausnahme-/Befreiungswege
würden beseitigt werden können. Was danach zum Nachteil geschützter Tiere
verboten ist, hat der Baden-Württembergische Verwaltungsgerichtshof in seinem
Urteil vom 12. Oktober 2010 (- 3 S 1873/09 -, NuR 2011, 369, Juris-Rdn. 53 ff.)
zutreffend zusammengefasst. Ihm ist aber auch in der Einschätzung zu folgen,
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der Schutz wild lebender Tiere gehe nicht so weit, dass jede Handlung zu
unterlassen sei, welche sich auf streng geschützte Tierarten in irgendeiner
Weise auswirken könnte. Die Risiken müssten in realistischer Weise
abgeschätzt werden (ebenso BW-VGH, Urt. v. 17.6.2010 - 5 S 884/09 -,
BauR 2011, 80 = BRS 76 Nr. 14 = UPR 2011, 149). Das hat die Antragsgegnerin
aller Voraussicht nach getan. Die Antragsgegnerin durfte sich auf die
Erkenntnisse stützen, welche der Niedersächsische Landesbetrieb für
Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) im Zusammenhang der
Untersuchungen zur Herstellung/Neubau der BAB 33/Bundesstraße 51 (neu)
erstellt hatte. Diese Unterlagen sind nicht nur zeitnah erstellt. Sie betreffen auch
einen Bereich, der dem hier interessierenden unmittelbar benachbart und daher
für den Planbereich von Aussagekraft ist. Die seinerzeit erworbenen
Erkenntnisse durfte die Antragsgegnerin zum Anlass nehmen, sie zur Grundlage
weiteren Vorgehens zu wählen. Sie hatte durch das Büro für angewandte
Ökologie und Landschaftspflege (vgl. dessen Äußerung v. 16.10.2012)
immerhin noch eine Ortsbesichtigung vornehmen lassen. Dabei waren keine
Befunde erzielt worden, welche für das Auftreten geschützter Tiere im
Planbereich sprachen. Weil sich die Erforschungstätigkeit nicht ins Blaue hinein
erstrecken muss, sondern auf realistischer, das heißt einer Grundlage bewegen
darf, welche das berücksichtigt, welche nach Lage der Dinge an geschützten
Arten dort erwartet werden kann (vgl. BW-VGH v. 17.6.2010
- 5 S 884/09 -, a.a.O., Juris-Rdn. 55 f.), ist das Vorgehen der Antragsgegnerin
entgegen der Annahme des Antragstellers aller Voraussicht nach nicht zu
beanstanden. Das Antragsvorbringen enthält keine triftigen Anhaltspunkte,
welche der Antragsgegnerin Anlass zu weiteren Nachforschungen hätte geben
müssen. Der Hinweis darauf, in dem Dachboden einer 1,7 km entfernt
stehenden katholischen Kirche sei eine Wochenstube des Großen Mausohrs zu
finden, welches auf das Nahrungsangebot aus dem Planbereich angewiesen
sei, reicht nicht aus, die Antragsgegnerin zu weiteren triftigen Nachforschungen
zu veranlassen. Denn selbst das begründete nicht zureichend die Annahme, der
Wegfall des Planbereichs (dies sind immerhin nur 0,5 ha) werde diesen Bestand
ernstlich gefährden können. Im Umkreis von 1,7 km um den Dachboden dieser
Kirche herum existiert vielmehr eine ganze Reihe von Nahrungsalternativen.
Das hat die Antragsgegnerin auf Seite 36 ihres Umweltberichts zutreffend
dargetan. Es kommt hinzu, dass die vom Antragsteller favorisierte Alternative -
Wiederaufforstung des Nadelwaldes - keineswegs einen solchen
Insektenreichtum hervorrufen würde, wie er ihn nun zum Vorteil jener
Wochenstube des Großen Mausohrs erhalten und etabliert sehen möchte.
Diese Einschätzung deckt sich mit derjenigen, die Kortemeier & Bromann aus
Herford im Rahmen der Untersuchung über die Umweltauswirkungen des
Vorhabens zum Ausbau der A 33 und der B 51n Ortsumgehung B. ermittelt
hatten. Nach dieser Untersuchung (S. 23) bieten naturnahe Buchenwälder die
maßgebliche Nahrungsreserve. Wenn daher die von der Antragstellerseite
bezeichnete Schule des Großen Mausohrs vor dem Schadensereignis von Kyrill
(Januar 2007) existierte, so kann die wesentliche Nahrungsgrundlage nicht der
hier interessierende, für sich zudem recht kleine, zudem mit Nadelbäumen
bestandene Planbereich gewesen sein. Selbst wenn die Sukzessionsvegetation
das Auftreten von Insekten zwischenzeitlich begünstigt haben sollte, würde der
Wieder-Fortfall dieser Nahrungsalternative diese Schule des Großen Mausohrs
nicht ernstlich in Bedrängnis geraten lassen können.
Dass mehr als hinreichende Nahrungsalternativen bestehen, ist auch das
Ergebnis des Fachbeitrages Artenschutz der Niedersächsischen
Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr - Geschäftsstelle Osnabrück - zum
Bauvorhaben A 33/B 51n (Bl. 88 der Gerichtsakte). Dort wird bei der Beurteilung
der Relevanz im Hinblick auf die Planung ausgeführt:
Nach derzeitigem Kenntnisstand werden keine Quartiere dieser Arten in
Anspruch genommen. Es ist davon auszugehen, dass potentielle
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Nahrungshabitate verloren gehen. Da geeignete Nahrungshabitate im
Umfeld in größerem Umfang vorhanden sind, in die ein Ausweichen
problemlos möglich ist, wird ein negativer Einfluss auf den
Erhaltungszustand eventuell vorhandener Populationen dieser Arten
ausgeschlossen.
Angesichts dieser Erkenntnisse reicht es nicht annähernd aus zu behaupten,
die eine oder andere geschützten Tieren planbedingt nachteilige Folge sei nicht
auszuschließen. Damit unterbreitet der Antragsteller kein Tableau, welches als
realistisch und damit als Anlass für Nachforschungen anzusehen ist, welche die
Antragsgegnerin hätte unternehmen müssen.
Belange von NATURA 2000 sind nach dem Antragsvorbringen nicht ernstlich
tangiert. Dort geht es darum, kohärente Bereiche zu erhalten. Es ist nicht
ersichtlich, dass dies durch dieses Planvorhaben ernstlich in Zweifel gezogen
wird.
Nicht ausreichend ersichtlich ist, dass der Verwaltungsausschuss vor der
Beschlussfassung nicht zureichend befasst worden ist. Die vom Antragsteller
insoweit angeführten „Zweifel“ lassen außer Acht, dass ausweislich der
Planbegründung die 8. Änderung des Flächennutzungsplans sowie die
Aufstellung des hier angegriffenen Bebauungsplans im Parallelverfahren
betrieben und dabei teilweise identische Vorlagen verwandt worden sind. Diese
nahmen aufeinander Bezug. Unter diesen Umständen ist es nicht in einer die
Antragsstattgabe rechtfertigenden Weise überwiegend wahrscheinlich, der
Verwaltungsausschuss habe sich nur mit dem Plan, nicht jedoch mit der
8. Änderung des Flächennutzungsplans befasst.
Die auf Seite 17 f. der Eilantragsbegründung angeführten „Defizite“ werden aller
Voraussicht nach nicht ausreichen, um annehmen zu können, die Begründung
des Plans verstoße gegen § 9 Abs. 8 BauGB (vgl. dazu etwa BVerwG, Beschl.
v. 30.12.2009
- 4 BN 13.09 -, BauR 2010, 569). Nicht stets führt die Nichtbehandlung von
Gesichtspunkten, welche der Antragsteller für wesentlich hält, zu einem nach § 9
Abs. 8 BauGB wesentlichen Fehler.
Derzeit offen ist, ob und welchen Umfangs es der Kompensation verloren
gegangenen Waldes bedarf und ob die Eingriffsproblematik (§ 1a Abs. 3
BauGB) von der Antragsgegnerin zureichend behandelt worden ist. In letzterem
Zusammenhang würde sich die Frage stellen, ob der Maßnahmefläche der
Zustand der Wiederaufforstung zugrunde zu legen ist oder ob es nicht richtiger
war, sie mit der Wertigkeit des gegenwärtigen Zustands (2,3) einzubeziehen und
dementsprechend für ihren Bereich auch keine Veränderungen anzunehmen,
die eines Ausgleichs bedürften.