Urteil des OVG Niedersachsen vom 29.01.2014

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Frist für eine Gegenvorstellung
Eine Gegenvorstellung wäre, wenn sie denn zulässig sein sollte, jedenfalls
binnen Monatsfrist zu erheben.
OVG Lüneburg 1. Senat, Beschluss vom 29.01.2014, 1 LA 227/13
§ 152a Abs 2 VwGO
Tenor
Die Gegenvorstellung des Klägers gegen die Entscheidung des
Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts - 1. Senat - vom 23. Juli 2013
wird verworfen.
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des
Gegenvorstellungsverfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die Gegenvorstellung des Klägers ist unzulässig. Der Senat kann dabei
dahinstehen lassen, ob eine Gegenvorstellung gegen
Nichtzulassungsbeschlüsse des Oberverwaltungsgerichts nach Einführung
der Anhörungsrüge (§ 152a VwGO) überhaupt noch statthaft ist (vgl. hierzu die
im Hinweis des Vorsitzenden vom 3.12.2013 aufgeführten Nachweise). Denn
selbst wenn eine Gegenvorstellung grundsätzlich statthaft wäre, wäre sie hier
nicht fristgerecht erhoben. Eine Gegenvorstellung ist (bzw. war) spätestens
binnen der Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG, d.h. binnen eines Monats nach
Zustellung oder formloser Mitteilung der angegriffenen Entscheidung zu
erheben (BVerwG, Beschl. v. 20.11.2000 – 5 B 65.00 -, NJW 2001, 1294 =
DVBl. 2001, 917 = juris-Rn. 3 m. zahlr. w. Nachw.; BFH, Beschl. v. 3.7.2001 –
X S 1/01 -, juris-Rn. 4; BSG, Beschl. v. 18.2.1992 – 10 Bar 8/91 -, juris-Rn. 9
m.w.N.). Dass ihm der Beschluss des Senats vom 23.7.2013 – an die
Beteiligten abgesandt am 2.8.2013 – erst nach dem 2.11.2013 zugegangen
wäre, behauptet der Kläger selbst nicht. Die Auffassung des Klägers, die
Gegenvorstellung könne hier innerhalb der Jahresfrist des § 152a Abs. 2 Satz
2 VwGO erhoben werden, ist unzutreffend. Selbst wenn § 152a Abs. 2 VwGO
hier analog anzuwenden wäre, wäre vorrangig § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO
maßgeblich. Danach ist die Anhörungsrüge innerhalb von zwei Wochen nach
Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs (bzw., bei analoger
Anwendung, vom sonstigen geltend gemachten Rechtsverstoß) zu erheben;
der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Die Jahresfrist
des § 152a Abs. 2 Satz 2 VwGO greift demgegenüber nur in Fällen, in denen
dem Kläger die einen Gehörsverstoß begründenden Umstände erst zeitlich
nach Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung zur Kenntnis gelangen.
Ein solcher Fall liegt hier aber offensichtlich nicht vor; die vom Kläger geltend
gemachten angeblichen Rechtsverstöße des angegriffenen
Senatsbeschlusses sind vielmehr durchweg solche, die diesem bereits bei
erster Lektüre des Beschlusses auffallen mussten.
Soweit der Kläger rügt, in der Rechtsbehelfsbelehrung sei fehlerhaft nicht auf
die Möglichkeit der Anhörungsrüge hingewiesen worden, ist darauf zu
verweisen, dass weder die Gegenvorstellung, noch die Anhörungsrüge
Rechtsbehelfe i.S.d. § 58 VwGO darstellen, über die zu belehren wäre (vgl. zur
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Gegenvorstellung BSG a.a.O.).
Davon abgesehen, liegen auch die tatbestandlichen Voraussetzungen einer
Gegenvorstellung nicht vor. Diese käme, wenn sie denn neben der
Anhörungsrüge noch statthaft wäre, allenfalls in Fällen von Entscheidungen,
die unter Verletzung verfassungsrechtlich gewährleisteter Verfahrensgarantien
zustande gekommen sind oder jeglicher gesetzlicher Grundlage entbehren, in
Betracht (vgl. BVerwG a.a.O.). Dies legt der Kläger nicht dar, sondern erhebt
mit seinem Schriftsatz vom 2.12.2013 vielmehr schlicht Einwände gegen die
inhaltliche Richtigkeit des Nichtzulassungsbeschlusses. Mit seinem Schriftsatz
vom 19.12.2013 rügt der Kläger zwar, das Gericht habe angesichts der langen
Dauer des Zulassungsverfahrens auf noch klärungsbedürftige
Problembereiche hinweisen müssen. Einen Verfahrensfehler in Gestalt einer
Verletzung des rechtlichen Gehörs legt der Kläger damit indes nicht dar. Die
bloße Dauer eines Verfahrens verpflichtet das Gericht nicht zu rechtlichen
Hinweisen; solche sind nur geboten, wenn das Gericht sich bei seiner
Entscheidung auf Tatsachenannahmen oder Rechtssätze stützen möchte, mit
denen der Rechtsbehelfsführer nach dem bisherigen Verfahrensverlauf nicht
rechnen musste; dabei genügt es nicht, wenn das Gericht in einer zwischen
den Beteiligten umstrittenen Frage die Gegenposition zum
Rechtsbehelfsführer vertreten möchte. Welche der vom Senat vertretenen
Positionen hier überraschend gewesen sein könnte und warum, legt der
Kläger nicht dar. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich.
Die im Schriftsatz vom 2.12.2013 gegen den Beschluss des Senats in der
Sache angeführten Gründe sind zudem nicht stichhaltig, geschweige denn
dass sie jeder gesetzlichen Grundlage entbehren. Die vom Kläger
angegriffene Annahme des Senats, zwischen den Häusern der näheren
Umgebung seien Abstände von unter 10 m die Regel, trifft auf die Abstände
zwischen den Häusern D. 11 und 13, 13a und 15, 15 und 15a, auf praktisch
alle Häuser westlich der Straße D. sowie auf die Häuser E. Weg 2-12 zu.
Soweit die Abstände 10 m um einige Meter überschreiten, ändert dies im
Übrigen nichts daran, dass die Bebauung keineswegs als „in weiten Teilen
großzügig“ bezeichnet werden kann. Die vom Kläger weiter angegriffenen
Ausführungen zur „Hinterlandbebauung“ waren für die Entscheidung des
Senats nicht tragend. Die Erwägung, andere Bescheide als eine
Baugenehmigung oder ein Bauvorbescheid seien nicht in der Lage, einem
Grundstück die Bebaubarkeit zu sichern, wird vom Kläger nicht überzeugend
in Frage gestellt. Der Bürger kann nicht darauf vertrauen, dass andere Stellen
als das Bauamt des Landkreises befugt oder gewillt sind, verbindlich über die
Baulandqualität eines Grundstücks zu entscheiden, auch wenn sie sich hierzu
als Vorfrage einer Entscheidung im Rahmen des ihnen zugewiesenen
Aufgabenbereichs eine Meinung bilden müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten für
das Verfahren der Gegenvorstellung sind im Kostenverzeichnis zum GKG
nicht vorgesehen.