Urteil des OVG Niedersachsen vom 25.04.2013

OVG Lüneburg: abfindung, gemeinde, flurbereinigung, einlage, grundstück, unternehmen, grundbuch, landwirtschaft, gefahr, brunnen

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Unternehmensflurbereinigungsverfahren -
Flurbereinigungsplan -
1. In einer Unternehmensflurbereinigung hat kein Teilnehmer Anspruch auf
eine wertgleiche Abfindung in Land nach Maßgabe des § 44 FlurbG.
2. In Fällen, in denen eingebrachte Flächen eines Teilnehmers weder für das
Unternehmen selbst noch zum Ausgleich von Nachteilen für die allgemeine
Landeskultur, die durch das Unternehmen entstehen, in Anspruch
genommen werden, gehen die rechtlichen Anforderungen an die
Abfindungsentscheidung nicht über jene hinaus, die für die
Regelflurbereinigung gelten.
OVG Lüneburg 15. Senat, Urteil vom 25.04.2013, 15 KF 12/08
§ 134 Abs 2 S 1 FlurbG, § 146 Nr 2 FlurbG, § 44 FlurbG, § 57 FlurbG, § 58 FlurbG,
Art 3 Abs 1 GG
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen den Flurbereinigungsplan im 1999 eingeleiteten
Unternehmensflurbereinigungsverfahren C..
Das Verfahrensgebiet umfasst ca. 841 ha. Der Kläger bringt als Teilnehmer der
Flurbereinigung folgende Eigentumsflächen zur Gesamtgröße von 4,2354 ha mit
254,26 Wertverhältniszahlen (WVZ) in das Verfahren ein:
Flurstück 539/3, Flur 1, Gemarkung G. (0,0013 ha, 0,00 WVZ)
Flurstück 539/4, Flur 1, Gemarkung G. (0,0279 ha, 0,03 WVZ)
Flurstück 539/5, Flur 1, Gemarkung G. (1,2022 ha, 70,59 WVZ)
Flurstück 504, Flur 2, Gemarkung G. (2,1389 ha, 140,10 WVZ)
Flurstück 705, Flur 6, Gemarkung G. (0,8651 ha, 43,54 WVZ)
Die Feststellung der Wertermittlungsergebnisse vom 20. September 2000 ist
bestandskräftig.
Mit der von der Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und
Liegenschaften Hannover (GLL Hannover) als Funktionsvorgängerin des
Beklagten am 14. Juli 2006 mit Wirkung zum 15. September 2006 angeordneten
vorläufigen Besitzeinweisung wurden dem Kläger folgende Flächen zur Größe
von 5,5210 ha mit 351,50 WVZ zugewiesen:
Flurstück 24, Flur 16, Gemarkung G. (0,0400 ha, 0,04 WVZ)
Flurstück 2, Flur 16, Gemarkung G. (4,0947 ha, 265,19 WVZ)
Flurstück 432, Flur 2, Gemarkung G. (1,3863 ha, 86,27 WVZ)
Das Flurstück 24 umfasst neben den Altflurstücken 539/3 und 539/4 des
Klägers das Altflurstück 539/1 der Samtgemeinde G.. Bei dem Flurstück 432 und
Teilen des Flurstücks 2 (0,1711 ha mit 10,94 WVZ) handelt es sich um eine
Mehrabfindung nicht benötigten Landes i.S.d. § 54 Abs. 2 FlurbG, die der Kläger
mit Plan- und Abfindungsvereinbarungen vom 14. und 29. August 2006
zukaufte. Die nach Abzug dieser beiden Flächen verbleibende unvermeidbare
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Landmehrabfindung entspricht 0,03 WVZ.
Den vom Kläger gegen die vorläufige Besitzeinweisung erhobenen Widerspruch
wies die GLL Hannover mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2007 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger Klage (15 KF 9/07).
Mit dem Flurbereinigungsplan vom 13. März 2008 wurden dem Kläger dieselben
Flächen wie mit der vorläufigen Besitzeinweisung zugeteilt.
Der Kläger erhob Widerspruch und beantragte die Wiederzuteilung des
Altflurstücks 539/5. Zur Begründung führte er aus, es handele sich hierbei um
eventuelles Bauland. Zudem habe er das Recht, auf dieser Fläche 10 m³
Wasser zu fördern.
Am 14. April 2008 fand ein Ortstermin statt, an dem der Kläger und
Vertreterinnen der GLL Hannover und der Samtgemeinde G. teilnahmen. Die
Samtgemeinde G. - die ebenfalls Widerspruch gegen den Flurbereinigungsplan
erhoben hatte - begehrte die Wiederzuteilung ihres Altflurstücks 539/1 (Teil des
dem Kläger zugeteilten Flurstücks 24). Im Rahmen des Termins vermaß die GLL
Hameln - Katasteramt Holzminden - die Grenzen des Flurstücks 24, die zuvor
mit dem Kläger gemeinsam festgelegt worden waren. In der
Verhandlungsniederschrift vom 14. April 2008 heißt es zum
Verhandlungsgegenstand „Gemarkung G., Flur 16, Flurstück 24
(Wasserbehälter)“: „Die oben genannten Beteiligten erkennen hiermit die durch
Herrn Kumlehn von der GLL Hameln - Katasteramt Holzminden - in der
Örtlichkeit festgelegten neuen Grenzen an. Die neu entstehenden Flurstücke
werden mit dem Nachtrag 1 zum Flurbereinigungsplan eingeführt.“
Das Flurstück 24 setzt sich nach der neuen Grenzziehung aus den
Teilflurstücken 24/1 (0,0286 ha; entspricht im Wesentlichen dem Altflurstück
539/4 des Klägers), 24/3 (0,0013 ha; entspricht dem Altflurstück 539/3 des
Klägers) und 24/2 (0,0102 ha; entspricht im Wesentlichen dem 0,0107 ha
großen Altflurstück 539/1 der Samtgemeinde G.) zusammen. Dem Kläger sollten
nach dem Ergebnis der Verhandlung vom 14. April 2008 mit dem Nachtrag 1
zum Flurbereinigungsplan nur noch die Teilflurstücke 24/1 und 24/3 zugewiesen
werden.
Die GLL Hannover wies den Widerspruch des Klägers gegen den
Flurbereinigungsplan (ohne Nachtrag 1) mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni
2008 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Der Kläger sei
wertgleich i.S.d. § 44 FlurbG abgefunden worden. Es gebe keinen Anspruch auf
eine Abfindung durch Grundstücke in bestimmter Lage, auch nicht in der Lage
der alten Flurstücke.
Der Kläger hat am 11. Juli 2008 Klage erhoben.
Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend: Seine Einlageflächen seien
so groß, dass eine Zuweisung an einen anderen Teilnehmer von keinem
sachlichen Grund getragen werde. Das Bauwerk - Wasserhochbehälter mit
Wasserbassin - auf dem Flurstück 539/4 sei denkmalgeschützt. Daher hätte die
Denkmalschutzbehörde beteiligt werden müssen. Die Flurstücke 539/3, 539/4
und 539/5 seien eine Einheit. Im Flurstück 539/5 lägen Rohre, die zu einem
Brunnen auf dem Flurstück 539/3 führten. Auf dem Flurstück 539/4 befinde sich
ein Hochbehälter mit Wasserbassin. Durch die Zuweisung des Flurstücks 539/5
an einen anderen Teilnehmer bestehe die Gefahr, dass er den Brunnen, den
Hochbehälter und das Wasserbassin nicht mehr betreiben könne. Er habe
keinen Einfluss darauf, dass beschädigte Rohre auf dem Flurstück 539/5
repariert würden. Auf dem Flurstück 539/5 laste ein Wassernutzungs- und
Wasserleitungsservitut; danach hafte er dafür, dass der Samtgemeinde G.
Wasser geliefert werde, das von diesem Flurstück in den Hochbehälter und in
den Brunnen laufe. Mit diesem Wasser werde das Schwimmbad der
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Samtgemeinde G. gespeist. Auch die Feuerwehr bediene sich bei Einsätzen
von dem Wasser. Zudem würden zwei Sportplätze damit beregnet. Das
Flurstück 539/5 berechtige ihn des Weiteren dazu, 10 m³ Wasser pro Tag zu
fördern. Auch habe der jeweilige Eigentümer der Flurstücke 539/3, 539/4 und
539/5 gegenüber der Samtgemeinde G. einen Anspruch auf kostenlosen Bezug
von Leitungswasser. Er habe diesen Anspruch bislang nicht geltend gemacht,
weil er im öffentlichen Dienst gestanden und Nachteile befürchtet habe. Ferner
sei das Flurstück 539/5 Bauerwartungsland. Dies ergebe sich aus einem
notariellen Vertrag vom 29. März 1979 und einem zugunsten der Gemeinde G.
im Grundbuch eingetragenen Vorkaufsrecht. Zudem habe sich eine
Interessengemeinschaft mit dem Ziel gebildet, u.a. auf dem Flurstück 539/5 eine
Seniorenanlage zu errichten. Am 28. Februar 2007 habe eine Sitzung des
Bürgerforums „Strategische Planung in der Samtgemeinde G.“ stattgefunden.
Gegenstand sei die Errichtung eines Seniorendorfs bzw. einer entsprechenden
Siedlung gewesen. Dafür sei ein Bedarf von 200 bis 300 Wohneinheiten
notwendig. Der geschätzte Flächenbedarf betrage ca. 40.000 m². Da es fraglich
sei, ob dieser Flächenbedarf in der Samtgemeinde G. zur Verfügung stehe,
könne davon ausgegangen werden, dass das Flurstück 539/5
Bauerwartungsland werde. Es liege zwischen den Ortschaften G. und H. in einer
Baulücke und sei geradezu zur Bebauung prädestiniert. Neubaugebiete würden
regelmäßig ausgewiesen. Die Altbausanierung sei davon unabhängig. Auch für
Gewerbetreibende würden Grundstücke benötigt. Sachfremde Erwägungen
lägen darin, dass Begünstigter des Altflurstücks 539/5 Herr I. J.,
Vorstandsmitglied der Teilnehmergemeinschaft und Ratsherr der Samtgemeinde
G., sei. Dieser habe die Liegenschaft gepachtet. Zugeteilt worden sei sie dem
inzwischen verstorbenen Herrn K. L.. Dessen Erben seien nicht in der
Landwirtschaft tätig. Er fühle sich ungleich behandelt. Schließlich sei sein
Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, weil seiner Argumentation in keiner Weise so
begegnet worden sei, dass die Flurbereinigung gerechtfertigt sei.
Der Kläger beantragt,
den Flurbereinigungsplan vom 13. März 2008 in Gestalt des
Widerspruchsbescheids der Behörde für Geoinformation,
Landentwicklung und Liegenschaften Hannover vom 17. Juni 2008
entsprechend seinen Wünschen abzuändern,
hilfsweise,
den Widerspruchsbescheid der Behörde für Geoinformation,
Landentwicklung und Liegenschaften Hannover vom 17. Juni 2008
aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und
Bescheidung an den Beklagten zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und erwidert
ergänzend: Nach Auskunft des Niedersächsischen Landesamtes für
Denkmalpflege befänden sich auf den Altflurstücken 539/5, 539/1, 539/4 und
539/3 keine denkmalrelevanten Objekte. Das u.a. für das Flurstück 539/1 im
Grundbuch eingetragene Wassernutzungs- und Wasserleitungsservitut
zugunsten der Samtgemeinde G. sei an das Bestehen des inzwischen nicht
mehr in der ursprünglichen Form existierenden landwirtschaftlichen Hofs der
verstorbenen Mutter des Klägers gebunden gewesen. Die Samtgemeinde G.
entnehme das Wasser zur Befüllung des Freibads und zur
Sportplatzbewässerung aus einem Schacht, der sich auf dem gemeindeeigenen
Flurstück 539/1 befinde. Dieser Schacht werde über Rohrleitungen der
Quellfassungen gespeist, die sich auf dem Flurstück 534, Flur 2, Gemarkung G.
befänden. Eine Speisung des Schachts aus einem weiteren Rohr vom Flurstück
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539/3 aus erfolge nicht mehr, da das betreffende Rohr bereits 1994 kein Wasser
mehr geführt habe. Der zwischen der verstorbenen Mutter des Klägers und der
Gemeinde G. vereinbarte kostenlose Bezug von Leitungswasser sei nach
Auskunft der Samtgemeinde G. eingestellt worden. Seit dem
Eigentümerwechsel im Jahr 1994 sei das Grundstück M. Straße 47 in G. nicht
mehr von der Wassergeldzahlung befreit. Der Kläger habe für sein eigenes
Wohngrundstück stets Wasser- und Abwassergebühren gezahlt und eine
Befreiung hiervon nach dem Tod seiner Mutter nicht beansprucht. Da die
Wertermittlung bestandskräftig abgeschlossen sei, sei grundsätzlich davon
auszugehen, dass das Flurstück 539/5 kein Bauerwartungsland sei.
Gegenteilige Planungen der Gemeinde seien nicht bekannt. Das ursprünglich
zugunsten der Gemeinde G. für dieses Flurstück im Grundbuch eingetragene
Vorkaufsrecht sei gelöscht worden. Eine Baulandausweisung auf der
nordöstlichen Seite der N. straße des Fleckens G. sei nicht beabsichtigt. Nach
der 5. Änderung des Flächennutzungsplans sei der Bereich als Fläche für die
Landwirtschaft bestimmt. Der gültige Bebauungsplan weise nordöstlich der N.
straße, im Bereich des Sichtdreiecks zur K 64, ebenfalls nur Flächen für die
Landwirtschaft aus. In der Gemeinde G. stünden in den nächsten Jahren
ausreichend Bauplätze zur Verfügung. Im Übrigen seien die Abstände zwischen
der Wohnbebauung und dem Altbesitz des Klägers erheblich größer als die
Abstände der Wohnbebauung zum Neubesitz. Die Zuteilung des Flurstücks
539/5 an den betreffenden Teilnehmer sei zur Erfüllung von dessen
Abfindungsanspruch geboten gewesen.
Mit dem in einem Anhörungstermin am 11. Dezember 2008 eingebrachten
Nachtrag 1 zum Flurbereinigungsplan wurden dem Kläger folgende Flächen zur
Gesamtgröße von 5,5109 ha mit 351,49 WVZ zugewiesen:
Flurstück 2, Flur 16, Gemarkung G. (4,0947 ha, 265,19 WVZ)
Flurstück 432, Flur 2, Gemarkung G. (1,3863 ha, 86,27 WVZ)
Flurstück 24/3, Flur 16, Gemarkung G. (0,0013 ha, 0,00 WVZ)
Flurstück 24/1, Flur 16, Gemarkung G. (0,0286 ha, 0,03 WVZ)
Der Kläger erhob gegen den Nachtrag 1 Widerspruch und führte in einem
Schreiben vom 30. Dezember 2008 aus: Soweit er seine Zustimmung zum
Grenzverlauf der Teilflurstücke 24/1, 24/2 und 24/3 erteilt habe, werde diese
widerrufen. Der Grenzverlauf sei willkürlich und sachlich nicht begründet. Die
Flurbereinigung, die mit Nachtrag 1 zum Flurbereinigungsplan bezeichnet
worden sei, hätte durchgeführt werden müssen, bevor die Maßnahmen auf den
Weg gebracht worden und Gegenstand der gerichtlichen
Flurbereinigungsverfahren geworden seien. Gründe, die den Nachtrag 1 zum
Flurbereinigungsplan nachvollziehbar machen könnten, seien im
Anhörungstermin vom 11. Dezember 2008 nicht vorgetragen worden.
Die GLL Hannover wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.
Mai 2009 zurück. Hiergegen erhob der Kläger Klage (15 KF 20/07).
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
wird auf die Gerichtsakten und die Beiakten im vorliegenden und in den
Verfahren 15 KF 9/07 und 15 KF 20/09 Bezug genommen; sie sind ihrem
wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Es kann dahinstehen, ob und inwieweit der Nachtrag 1 zum
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Flurbereinigungsplan in Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids
- den der Senat mit Urteil vom heutigen Tag (15 KF 20/09) für rechtmäßig
erachtet hat - zur teilweisen Unzulässigkeit der vorliegenden Klage führt.
Denn die Klage ist unbegründet. Der Flurbereinigungsplan in Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 18. Mai 2009 ist in Bezug auf die Abfindung des
Klägers rechtmäßig. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Änderungen,
welche die Abfindung des Klägers durch den Nachtrag 1 zum
Flurbereinigungsplan erfahren hat.
Der Flurbereinigungsplan beruht auf § 58 FlurbG. Er ist formell rechtmäßig;
insbesondere wurde der nach § 57 FlurbG erforderliche Anhörungstermin
durchgeführt. Soweit der Kläger geltend macht, das Bauwerk
(Wasserhochbehälter mit Wasserbassin) auf dem Altflurstück 539/4 sei
denkmalgeschützt, so dass die Denkmalschutzbehörde hätte beteiligt werden
müssen, trifft dies nicht zu. Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege
hat mit Schreiben vom 4. Juli 2007 (Anlage 1 im Anlagenheft zu 15 KF 9/07)
mitgeteilt, dass sich auf dem Altflurstück 539/4 - ebenso wie auf den
Altflurstücken 539/1, 539/3 und 539/5 - keine denkmalrelevanten Objekte
befinden.
Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist der Flurbereinigungsplan in Gestalt des
Widerspruchsbescheids rechtmäßig, soweit er die Abfindung des Klägers betrifft.
Dem angefochtenen Flurbereinigungsplan liegt ein Verfahren zugrunde, das aus
besonderem Anlass im Sinne des § 87 Abs. 1 FlurbG eingeleitet und
durchgeführt wird (sog. Unternehmensflurbereinigung). Zwischen einer
Regelflurbereinigung nach § 1 FlurbG sowie einer vereinfachten Flurbereinigung
nach § 86 Abs. 1 FlurbG einerseits und der Unternehmensflurbereinigung nach
§ 87 ff. FlurbG andererseits bestehen grundlegende Unterschiede. Die
Regelflurbereinigung und die vereinfachte Flurbereinigung können angeordnet
werden, wenn dies vorrangig im objektiven Interesse der Beteiligten an einer
Verbesserung der Agrarstruktur und der Arbeitsgrundlage der Betriebe liegt (§ 4
FlurbG - Erfordernis der Privatnützigkeit des Flurbereinigung). Demgegenüber
zielt die Unternehmensflurbereinigung vorrangig darauf ab, den Landverlust, der
für ein Unternehmen - für das „aus besonderem Anlass“ eine Enteignung
zulässig ist - durch die Inanspruchnahme von ländlichen Grundstücken in
großem Umfang für die Betroffenen entstünde, auf einen größeren Kreis von
Eigentümern zu verteilen und die durch das Unternehmen entstehenden
Nachteile für die allgemeine Landeskultur zu vermeiden; ein Interesse der
Beteiligten an einer Unternehmensflurbereinigung, die nicht einer Neugestaltung
des Verfahrensgebiets im Sinne des § 1 FlurbG, sondern dem in § 87 Abs. 1
FlurbG angeführten besonderen Zwecke dient, wird deshalb nicht
vorausgesetzt. Denn die Inanspruchnahme ländlicher Grundstücke in großem
Umfange dürfte in der Regel nicht im Interesse der Teilnehmer liegen, welche
die benötigen Flächen aufzubringen haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober
1982 - BVerwG 5 C 9.82 -, BVerwGE 66, 224 = Buchholz 424.01 § 87 FlurbG Nr.
5 = RdL 1983, 98). Bei der Regelflurbereinigung und der vereinfachten
Flurbereinigung handelt es sich trotz ihrer Einwirkung auf den Schutzbereich des
Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG im Unterschied zur Unternehmensflurbereinigung nicht
um eine Enteignung nach Art. 14 Abs. 3 GG, sondern um eine Inhalts- und
Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG
(vgl. BVerfG, Urteil vom 24. März 1987 - 1 BvR 1046/85 -, BVerfGE 74, 264 =
NJW 1987, 1251 = AgrarR 1987, 190 = DVBl 1987, 466 = DÖV 1987, 488 = JuS
1988, 731; BVerwG, Urteil vom 13. April 2011 - BVerwG 9 C 1.10 -, BVerwGE
139, 296 = Buchholz 424.01 § 86 FlurbG Nr. 3 = NVwZ-RR 2011, 882 und Urteil
vom 29. Januar 2009 - BVerwG 9 C 3.08 -, BVerwGE 133, 118 = Buchholz
424.01 § 87 FlurbG Nr. 17 = DVBl 2009, 518 = RdL 2009, 128 = NVwZ 2009,
1047 = NL-BzAR 2010, 84). Enteignungsbetroffen sind deshalb auch die
Eigentümer von Grundstücken, die außerhalb des eigentlichen Vorhabengebiets
liegen, die aber im Rahmen der solidarischen Aufbringung der für das Vorhaben
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benötigten Grundstücke einen Landabzug hinnehmen müssen. Denn auch sie
müssen den Zugriff auf ihr Grundstück zur Verwirklichung eines dem öffentlichen
Interesse dienenden Vorhabens dulden. Ohne Belang ist dabei, ob und in
welchem Umfang eine Landabfindung stattfindet. Dies gilt auch dann, wenn die
Landabfindung ohne Flächenabzug erfolgt, denn die Eigentumsgarantie sichert
den konkreten Bestand in der Hand des einzelnen Eigentümers. Die Frage der
Landabfindung betrifft demgegenüber Art und Ausmaß der nach Art. 14 Abs. 3
Satz 2 und 3 GG gebotenen Entschädigung (BVerwG, Urteil vom 29. Januar
2009, a.a.O.).
Dies hat zur Folge, dass in einer Unternehmensflurbereinigung - wie hier - kein
Teilnehmer einen Anspruch auf eine wertgleiche Landabfindung nach § 44
FlurbG hat (BVerwG, Beschluss vom 15. März 2010 - BVerwG 9 B 90.09 -,
Buchholz 424.01 § 28 FlurbG Nr. 13; Beschluss vom 6. Januar 1987 - BVerwG 5
B 30.85 -, Buchholz 424.01 § 87 FlurbG Nr. 9; Urteil vom 24. April 1970 -
BVerwG 4 C 47.66 -, Buchholz 424.01 § 88 FlurbG Nr. 1 = RdL 1970, 211).
Gleichwohl handelt es sich bei der Unternehmensflurbereinigung ebenfalls um
ein Flurbereinigungsverfahren, auf das grundsätzlich alle Vorschriften der
Regelflurbereinigung Anwendung finden, soweit ihre Anwendbarkeit nicht durch
die Vorschriften der §§ 87 bis 90 FlurbG eingeschränkt oder gänzlich verdrängt
wird (Senatsurteil vom 29. Januar 2013 - 15 KF 1/11 -, juris; Bay. VGH, Urteile
vom 25. November 2004 - 13 A 02.750 - und vom 18. September 2001 - 13 A
99.1659 -, juris m.w.N.). Denn es ist anerkannt, dass im Rahmen einer
Unternehmensflurbereinigung auch allgemeine Aufgaben der
Regelflurbereinigung erfüllt werden können, die lediglich vom Handlungsrahmen
des § 37 FlurbG gedeckt sind. Die Unternehmensflurbereinigung kann dem
einzelnen Teilnehmer auch dadurch zugutekommen, dass bei Gelegenheit der
Durchführung des Verfahrens die Besitzverhältnisse im Verfahrensgebiet wie in
einem Regelflurbereinigungsverfahren auch dort neu geordnet werden, wo dies
aus Gründen der Bewältigung der Unternehmensfolgen nicht geboten wäre
(BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2009 - BVerwG 9 C 9.08 -, BVerwGE 135, 110
= Buchholz 424.01 § 87 FlurbG Nr. 18 = DVBl 2010, 651 = NVwZ-RR 2010, 418
= RdL 2010, 156 und Urteil vom 3. November 1988 - BVerwG 5 C 18.85 -,
BVerwGE 80, 340, 342 = Buchholz 424.01 § 87 FlurbG Nr. 12 = RdL 1989, 127
= NVwZ 1989, 869 = AgrarR 1990, 232). Solange die in § 87 Abs. 1 FlurbG
genannten Zwecke der Unternehmensflurbereinigung im Vordergrund stehen,
kann die an den Neugestaltungsgrundsätzen des § 37 FlurbG orientierte
Neustrukturierung der landwirtschaftlichen Nutzfläche im gesamten
Verfahrensgebiet erfolgen (BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 2009, a.a.O.).
Hieraus folgt, dass in Fällen, in denen - wie hier - eingebrachte Flächen eines
Teilnehmers weder für das Unternehmen selbst noch zum Ausgleich von
Nachteilen für die allgemeine Landeskultur, die durch das Unternehmen
entstehen, in Anspruch genommen werden, mithin für den Teilnehmer
Wertminderungen im Sinne des § 88 Nr. 4 und 5 FlurbG nicht eintreten, die
rechtlichen Anforderungen an die Abfindungsentscheidung der
Flurbereinigungsbehörde nicht über jene hinausgehen, die für die
Regelflurbereinigung gelten (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 2013, a.a.O.; Bay.
VGH, Urteile vom 25. November 2004 und 18. September 2001, a.a.O. m.w.N.).
Gemessen daran ist der Flurbereinigungsplan in Gestalt des
Widerspruchsbescheids materiell rechtmäßig, soweit er die Abfindung des
Klägers betrifft:
Nach dem für die Regelflurbereinigung geltenden § 44 Abs. 1 FlurbG kann jeder
Teilnehmer eine wertgleiche Abfindung in Land beanspruchen. Bei der
Bemessung der Landabfindung sind gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG die nach
den §§ 27 bis 33 FlurbG ermittelten Werte der betroffenen Grundstücke
zugrunde zu legen. Nachdem - wie hier - die öffentlich bekannt gemachte,
gesondert anfechtbare Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung durch die
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Flurbereinigungsbehörde unanfechtbar geworden ist, können diese Ergebnisse
der Abfindung ohne weiteres zugrunde gelegt werden, soweit nicht
Wertveränderungen im Wege der Nachsicht (§ 134 FlurbG) nachträglich
Rechnung zu tragen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1992 - BVerwG
11 C 3.92 -, Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 72 = RdL 1993, 98).
Allerdings bilden die im Wertermittlungsverfahren gewonnenen
Grundstückswerte nicht den ausschließlichen Maßstab für die Landabfindung.
Für den im Rahmen des § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG maßgeblichen
Gesamttauschwert kommen vielmehr daneben nach Maßgabe des § 44 Abs. 2
bis 4 FlurbG noch weitere, den Wert der konkreten Gesamtabfindung
mitbestimmende Faktoren in Betracht, die bei der Zuteilung in Ansatz gebracht
werden müssen (BVerwG, Urteile vom 16. August 1995 - BVerwG 11 C 21.94 -,
Buchholz 424.01 § 15 FlurbG Nr. 4 = RdL 1995, 266 und vom 23. August 2006 -
BVerwG 10 C 4.05 -, BVerwGE, 126, 303 = Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 82
= RdL 2007, 14 = NVwZ-RR 2007, 85). Nach § 44 Abs. 2 FlurbG sind bei der
Landabfindung alle Umstände zu berücksichtigen, die für den Ertrag, die
Benutzung und Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluss haben. § 44
Abs. 3 und 4 FlurbG bestimmen weiter, dass die Landabfindungen in möglichst
großen Grundstücken ausgewiesen werden müssen und in der Nutzungsart,
Beschaffenheit, Bodengüte und Entfernung vom Wirtschaftshof oder von der
Ortslage den alten Grundstücken entsprechen sollen, soweit dies mit einer
großzügigen Zusammenlegung des Grundbesitzes nach neuzeitlichen
betriebswirtschaftlichen Erkenntnissen vereinbar ist. Eine Abfindung ist deshalb
nur dann im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 FlurbG wertgleich, wenn bei der
Landabfindung neben den durch die Schätzung ermittelten Werten auch diese
weiteren den Wert der konkreten Gesamtabfindung mitbestimmenden Faktoren
in Ansatz gebracht und angemessen berücksichtigt worden sind (Senatsurteil
vom 10. Mai 2012 - 15 KF 27/09 -, n.v.).
Nach Maßgabe dessen ist der Kläger - stellt man zunächst auf die
bestandskräftig festgestellten Ergebnisse der Wertermittlung ab - wertgleich in
Land abgefunden worden. Seine Einlageflächen umfassen 4,2354 ha mit
254,26 WVZ. Der Neubesitz betrug ohne Berücksichtigung des Abzugs des
durch den Nachtrag 1 zum Flurbereinigungsplan entsprechend der
Verhandlungsniederschrift vom 14. April 2008 ausgenommenen Teilflurstücks
24/2 insgesamt 5,5210 ha mit 351,50 WVZ und war damit in der Fläche um
1,2856 ha größer und hinsichtlich des Wertverhältnisses um 97,24 WVZ höher.
Der Neubesitz beträgt unter Berücksichtigung des Abzugs des nachträglich
ausgenommenen Teilflurstücks 24/2 5,5109 ha mit 351,49 WVZ und ist damit in
der Fläche um 1,2755 ha größer und hinsichtlich des Wertverhältnisses um
97,23 WVZ höher als die Einlage. Abzüglich der vom Kläger getätigten Zukäufe -
dem Flurstück 432 der Flur 2 (1,3863 ha mit 86,27 WVZ) sowie von Teilen des
Flurstücks 2 der Flur 16 (0,1711 ha mit 10,94 WVZ) - verbleibt eine
(unvermeidbare) Landmehrabfindung von 0,03 WVZ (ohne Berücksichtigung
des Nachtrags 1) bzw. 0,02 WVZ (bei Berücksichtigung des Nachtrags 1),
abzüglich derer die zugeteilte Fläche wertmäßig dem Abfindungsanspruch des
Klägers von 254,26 WVZ entspricht.
Soweit der Kläger rügt, der mit dem Nachtrag 1 zum Flurbereinigungsplan
eingebrachte neue Grenzverlauf der Teilflurstücke 24/1, 24/2 und 24/3 sei
willkürlich und sachlich nicht begründet, ergibt sich aus diesem Vortrag keine
Wertungleichheit der Abfindung. Denn der neue Grenzverlauf betrifft - wie
vorstehend ausgeführt - nicht die Ausgleichsfläche in Höhe der genannten
Wertverhältnisse. Zudem hat der Kläger den neuen Grenzverlauf rechtswirksam
anerkannt. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom heutigen
Tag im Verfahren 15 KF 20/09 Bezug genommen.
Die Abfindung des Klägers ist auch unter Berücksichtigung der weiteren nach
§ 44 Abs. 2 bis 4 FlurbG zu berücksichtigenden Umstände nicht zu
beanstanden. Insbesondere entspricht sie bezogen auf die Nutzungsart im
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Wesentlichen der Einlage. Der Kläger hat 4,2062 ha Ackerland mit 254,23 WVZ
und 0,0292 ha Betriebsfläche-Versorgung mit 0,03 WVZ eingebracht. Dem steht
eine Abfindung von - ohne Berücksichtigung des Nachtrags 1 - 5,4810 ha
Ackerland mit 351,46 WVZ und 0,0400 ha Betriebsfläche-Versorgung mit 0,04
WVZ und - bei Berücksichtigung des Nachtrags 1 - 5,4810 ha Ackerland mit
351,46 WVZ und 0,0299 ha Betriebsfläche-Versorgung mit 0,00 WVZ
gegenüber.
Der Kläger kann nicht mit Erfolg einwenden, seine Einlageflächen seien so groß,
dass eine Zuweisung an einen anderen Teilnehmer von keinem sachlichen
Grund getragen werde. Das Flurbereinigungsgesetz sieht nicht vor, dass
Flächen ab einer bestimmten Größe nicht der Flurbereinigung unterliegen. Die
eingebrachten Flächen sind auch nicht überdurchschnittlich groß. Im Übrigen
wird der Kläger bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung im Hinblick auf die
Größe der Einlage- und Ausgleichsflächen durch den Flurbereinigungsplan nicht
schlechter gestellt. Denn die aneinander angrenzenden Einlageflurstücke 539/3,
539/4 und 539/5 ergeben eine Fläche von insgesamt 1,2314 ha; daneben bringt
der Kläger eine Fläche von 2,1389 ha und eine Fläche von 0,8651 ha ein. Mit
der vorläufigen Besitzeinweisung wurde der Kläger in den Besitz einer Fläche
von zwar nur 0,04 ha (Flurstück 24) - später reduziert um das Teilflurstück 24/2
auf die voneinander getrennten Teilflurstücke 24/1 (0,0286 ha) und 24/3 (0,0013
ha) - eingewiesen, jedoch daneben in den Besitz zwei weiterer Flächen, die mit
4,0947 ha (Flurstück 2) und 1,3863 ha (Flurstück 432) jeweils größer als die
Einlageflächen sind. Das größte neu zugeteilte Flurstück 2 liegt dabei sowohl in
der Lage des größten eingebrachten Altflurstücks 504 als auch - lediglich durch
einen Weg getrennt - gegenüber des nicht dem Flurbereinigungsverfahren
unterliegenden, im Eigentum des Klägers stehenden Flurstücks 529. Durch den
Erwerb eines Teils des Flurstücks 2 als Masseland hat der Kläger in der Lage
seines Altflurstücks 504 nahezu eine Verdopplung seiner
Bewirtschaftungsfläche erzielt (insgesamt 4,0947 ha gegenüber 2,1389 ha).
Soweit der Kläger meint, dass ihm das Flurstück 539/5 erneut hätte zugeteilt
werden müssen, kann nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts im Flurbereinigungsverfahren grundsätzlich
niemand verlangen, mit Grundstücken in bestimmter Lage - auch nicht in der
Lage seiner alten Grundstücke - abgefunden zu werden (vgl. nur BVerwG, Urteil
vom 22. Februar 1995 - BVerwG 11 C 20.94 -, AgrarR 1996, 97 = RdL 1995,
158; Beschluss vom 19. November 1998 - BVerwG 11 B 53.98 -, Buchholz
424.01 § 44 FlurbG Nr. 79 = RdL 1999, 65 = AgrarR 1999, 287 m.w.N.). Ein
solcher Anspruch würde den Flurbereinigungsbehörden die Neuzuteilung unter
Berücksichtigung der in § 44 FlurbG bestimmten Abfindungsgrundsätze
unmöglich machen. Der vorliegende Fall bietet dem Senat keinen Anlass, von
der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abzuweichen.
Der Kläger dringt auch nicht mit seinem Einwand durch, die Abfindung sei
deshalb wertungleich, weil es sich bei seinem Altflurstück 539/5 im Gegensatz
zu den Abfindungsflächen um Bauerwartungsland handele. Denn mit den am
20. September 2000 festgestellten, bestandskräftigen Ergebnissen der
Wertermittlung wurde das Flurstück 539/5 als (normales) Ackerland eingestuft.
Dem Kläger war für das Bewertungsverfahren auch nicht gemäß § 134 FlurbG
Nachsicht zu gewähren:
Eine Nachsichtgewährung gemäß § 134 Abs. 2 Satz 2 FlurbG scheidet schon
deshalb aus, weil im Hinblick auf die bereits am 20. September 2000
festgestellten Ergebnisse der Wertermittlung weder von einer unverschuldeten
Versäumung von Erklärungen des Klägers bezüglich eines
Bauerwartungslandcharakters seines Altflurstück 539/5 noch von einer
unverzüglichen Nachholung der diesbezüglichen Erklärungen auszugehen ist.
Nach § 134 Abs. 2 Satz 1 FlurbG kann die Flurbereinigungsbehörde nach Lage
des einzelnen Falls spätere Erklärungen trotz Versäumung zulassen. Eine
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Nachsichtgewährung kommt vor allem dann in Betracht, wenn sich nach der
Bekanntmachung der Wertermittlungsergebnisse die für deren Feststellung
maßgeblich gewesenen Verhältnisse ändern, kann aber auch für den Fall nicht
schlechthin ausgeschlossen werden, dass den Grundstückswert
beeinflussende Umstände, die vor dem bestandskräftigen Abschluss des
Bewertungsverfahrens berücksichtigungsfähig waren, tatsächlich aber nicht
berücksichtigt worden sind, nach dem Eintritt der Bestandskraft geltend gemacht
werden (BVerwG, Urteil vom 22. Februar 1995, a.a.O.). Eine
Nachsichtgewährung kommt unter anderem dann in Betracht, wenn ein als
landwirtschaftlich genutzt bewertetes Grundstück im Laufe des Verfahrens
Baulandqualität erlangt oder im Grundstücksverkehr im Hinblick auf die bauliche
Entwicklung des Gemeindegebietes als Bauerwartungsland angesehen wird
(vgl. BVerwG, Urteil vom 19. September 1989 - BVerwG 5 C 3.87 -, BVerwGE
82, 313 = Buchholz 424.01 § 60 FlurbG Nr. 8 = RdL 1990, 44 = DÖV 1990, 342
= NVwZ 1990, 469 = AgrarR 1990, 346 m.w.N.).
Hiervon ausgehend ist es nicht ermessensfehlerhaft, dass dem Kläger keine
Nachsicht gewährt worden ist. Denn es liegen keine konkreten Anhaltspunkte
dafür vor, dass es sich bei dem Flurstück 539/5 entgegen den Feststellungen im
Wertermittlungsverfahren bereits seinerzeit oder aber inzwischen um
Bauerwartungsland handelt(e). Unter letzterem sind nach § 5 Abs. 2 Verordnung
über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken
(Immobilienwertverordnung - ImmoWertV) vom 19. Mai 2010 (BGBl. I S. 639)
Flächen zu verstehen, die nach ihren in § 6 ImmoWertV genannten weiteren
Grundstücksmerkmalen, insbesondere dem Stand der Bauleitplanung und der
sonstigen städtebaulichen Entwicklung des Gebiets, eine bauliche Nutzung auf
Grund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit erwarten lassen. Liegt
ein Grundstück - wie das Flurstück 539/5 - im Außenbereich (§ 35 BauGB),
muss aus besonderen Gründen eine greifbare Aussicht auf Zulassung der
Bebauung mit einem bestimmten Vorhaben bestehen (BVerwG, Beschluss vom
25. Juli 1991 - BVerwG 5 B 46.91 -, Buchholz 424.01 § 134 FlurbG Nr. 16).
Daran fehlt es hier. Zwar heißt es zu diesem Flurstück in dem vom Kläger
vorgelegten notariellen Vertrag vom 29. März 1979 (Bl. 19 GA 15 KF 9/07) in der
Vorbemerkung: „Dieses Grundstück liegt im nicht beplanten Aussenbereich
ostwärts der N. straße in G., Kreis O.. Die Gemeinde G., Kreis O., beabsichtigt,
für dieses Gebiet einen Bebauungsplan aufzustellen.“ Auch stellte der am
28. Februar 1993 in Kraft getretene Flächennutzungsplan das Flurstück 539/5
noch im Bereich der Wohnbebauung dar. Nach der am 16. Februar 1999 in Kraft
getretenen 5. Änderung des Flächennutzungsplans wurde der betreffende
Bereich aber als Fläche für die Landwirtschaft bestimmt. Der geltende
Bebauungsplan weist auf der nordöstlichen Seite der N. straße, im Bereich des
Sichtdreiecks zur K 64 nur Flächen für die Landwirtschaft aus. Die ursprünglich
auf dem Flurstück 539/5 lastende Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf
Auflassung an einem noch zu vermessenden Teilgrundstück des Flurstücks
539/5 zugunsten des Fleckens G. (vgl. lfd. Nr. 43 in Bl. 617 Grundbuch Bezirk
G., S. 23 des Grundbuchauszugs vom 20. November 2012), aus welcher der
Kläger den Bauerwartungslandcharakter des Flurstücks 539/5 ableitet, wurde
gelöscht (vgl. Grundbuch Bezirk G., Blatt 1312). Auch aus dem Vorbringen des
Klägers bezüglich einer Interessengemeinschaft zur Errichtung einer
Seniorenanlage auf dem Flurstück 539/5 ergeben sich keine hinreichenden
Anhaltspunkte dafür, dass das Flurstück 539/5 in absehbarer Zeit tatsächlich
Bauland werden wird. Dementsprechend hat die Samtgemeinde G. auf
Nachfrage der Berichterstatterin mit Schreiben vom 7. Januar 2013 mitgeteilt,
dass nicht zu erwarten sei, dass für den Bereich dieses Flurstücks künftig eine
solche Planung aufgenommen werde.
Es ist ferner nicht ermessensfehlerhaft, dass dem Kläger auch nicht unter dem
Gesichtspunkt Nachsicht gewährt wurde, dass das Flurstück 539/5
möglicherweise als sog. begünstiges Agrarland anzusehen ist. Hierunter sind im
Gegensatz zum sog. reinen Agrarland diejenigen land- oder forstwirtschaftlich
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genutzten oder nutzbaren Flächen zu verstehen, die sich, insbesondere durch
ihre landschaftliche oder verkehrliche Lage, durch ihre Funktion oder durch ihre
Nähe zu Siedlungsgebieten geprägt, auch für außerlandwirtschaftliche oder
außerforstwirtschaftliche Nutzungen eignen, sofern im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr eine dahin gehende Nachfrage besteht und auf absehbare
Zeit keine Entwicklung zu einer Bauerwartung bevorsteht (BVerwG, Urteil vom
22. Februar 1995, a.a.O.). Dieser unterschiedliche Entwicklungszustand wirkt
sich im Regelfall auch wertmäßig aus: Begünstigtes Agrarland liegt im
Allgemeinen im Wert über dem Wert von reinem Agrarland. Deshalb kann, wenn
ein landwirtschaftlich genutztes oder nutzbares Grundstück die Merkmale von
begünstigtem Agrarland erfüllt, eine von der Regel des § 28 Abs. 1 Satz 1
FlurbG abweichende Grundstücksbewertung geboten sein (BVerwG, Urteil vom
22. Februar 1995, a.a.O.). Eine wertungleiche Abfindung des Klägers scheidet
unter diesem Gesichtspunkt allerdings schon deshalb aus, weil sich im Hinblick
auf eine mögliche Einordnung als sog. begünstiges Agrarland die Einlage- und
Abfindungsflächen in ihren hierfür maßgeblichen Qualitätsmerkmalen nicht
wesentlich unterscheiden. Vielmehr ergibt sich aus der Gebietskarte (Bl. 22 BA
A), dass das Abfindungsflurstück 2 näher an der Wohnbebauung liegt als das
eingebrachte Flurstück 539/5.
Eine mögliche Wertungleichheit zwischen Einlage und Abfindung ergibt sich
auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers, der jeweilige Eigentümer der
Altflurstücke 539/3, 539/4 und 539/5 dürfe kostenlos Leitungswasser beziehen.
Ein derartiges Recht besteht nicht. Zwar gab es ursprünglich eine Vereinbarung
zwischen der Gemeinde G. und der Mutter des Klägers über eine
Wassergeldbefreiung für deren Wohngrundstück in der M. Straße 47 in G.. Dies
ergibt sich aus einem Schreiben des Fleckens G. vom 28. Februar 2007 an die
GLL Hannover (BA A 15 KF 9/07) und einem Schreiben der Gemeinde G. an die
Mutter des Klägers vom 21. April 1970 (BA C 15 KF 9/07), mit dem eine
„überlieferte Vereinbarung“ über die Wassergeldbefreiung für ihr
Wohngrundstück in der M. Straße 47 in G. gekündigt wurde. In dem
letztgenannten Schreiben heißt es, die Wassergeldbefreiung sei vermutlich
dadurch begründet gewesen, dass in früheren Jahren eine Quelle im
Grundstück der Mutter des Klägers neben dem alten Hochbehälter an der B 64
für die Wasserversorgung genutzt worden sei; da die Quelle von der Gemeinde
G. nicht mehr genutzt werde, entfalle eine künftige Wassergeldbefreiung für ihr
Wohngrundstück. Die offenbar trotz der Kündigung bis zum Tod der Mutter des
Klägers im Jahre 1993 fortgesetzte Vereinbarung wurde mit dem Kläger als
Erben seiner Mutter bis zum Verkauf des Wohngrundstücks M. Straße 47 im
Jahre 1994 fortgeführt. Nach dem damit verbundenen Eigentümerwechsel
erlosch diese Regelung ausweislich des Schreibens des Flecken G. vom
28. Februar 2007; der neue Eigentümer des Wohngrundstücks M. Straße 47
zahlt Wassergeld. Aus den genannten Schreiben ergibt sich nicht, dass der
jeweilige Eigentümer der Altflurstücke 539/3, 539/4 und 539/5 einen Anspruch
auf eine Wassergeldbefreiung hat. Auch die Samtgemeinde G. hat auf
Nachfrage der Berichterstatterin mit Schreiben vom 7. Januar 2013 mitgeteilt,
dass ihr Vereinbarungen, wonach der jeweilige Eigentümer der Altflurstücke
539/3, 539/4 und 539/5 kostenlos Leitungswasser beziehen dürfe, nicht bekannt
seien. Dementsprechend hat der Kläger als Eigentümer dieser Altflurstücke für
sein Wohngrundstück im Burgbergweg 2 in G. auch stets Wassergeld gezahlt
und eine Befreiung hiervon nicht beansprucht; dass eine vormalige Tätigkeit im
öffentlichen Dienst ihn von der Inanspruchnahme einer Befreiung abgehalten
hat, überzeugt nicht.
Soweit sich der Kläger darauf beruft, das Flurstück 539/5 berechtige ihn dazu,
10 m³ Wasser pro Tag zu fördern, leitet er dies offenbar aus § 1 Abs. 1 der für
den früheren Regierungsbezirk Hannover erlassenen und am 1. Januar 2001 in
Kraft getretenen Verordnung der Bezirksregierung Hannover über die
erlaubnisfreie Benutzung des Grundwassers in geringen Mengen vom 27.
November 2000 (ABl. RBHan. S. 624) ab, von deren Vorgängerverordnung vom
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3. Dezember 1990 (Abl. RBHan. S. 803) sich ein Auszug in der Beiakte C zum
Verfahren 15 KF 9/07 befindet. Danach darf über die in § 136 Abs. 1
Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) a.F. bezeichneten Zwecke hinaus das
Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser für die
Land- und Forstwirtschaft und für gewerbliche Zwecke keiner Erlaubnis oder
Bewilligung, wenn die Grundwassermenge täglich 10 m³ nicht übersteigt. Diese
Verordnung wurde jedoch - ungeachtet der Frage ihres Fortbestands nach der
Auflösung des Regierungsbezirks Hannover - für den gesamten
Regierungsbezirk Hannover erlassen; sie gilt nach § 2 lediglich nicht für Wasser-
und Heilquellenschutzgebiete. Unterschiede im Hinblick auf die in derselben
Gemarkung liegenden Abfindungs- gegenüber den Einlageflächen des Klägers
sind weder dargetan noch ersichtlich.
Auch der Einwand des Klägers, durch die Zuteilung seines Altflurstücks 539/5
an einen anderen Teilnehmer bestehe im Fall der Nichtreparatur beschädigter
Rohre auf diesem Flurstück die Gefahr, dass der mit den darin verlegten Rohren
verbundene Brunnen auf dem Altflurstück 539/3 und der Hochbehälter mit
Wasserbassin auf dem Altflurstück 539/4 nicht mehr betrieben werden könnten,
führt nicht zu einer Wertungleichheit zwischen Einlage und Abfindung. Denn
dass sich eine solche Gefahr seit Eintritt der Wirkung der vorläufigen
Besitzeinweisung (15. September 2006), d.h. seit mehr als sechs Jahren zu
irgendeinem Zeitpunkt realisiert hat, ist trotz Nachfrage der Berichterstatterin
weder dargetan worden noch ersichtlich. Sollte sich die aufgezeigte Gefahr
realisieren, ist der Kläger gehalten, etwaige Ansprüche auf zivilrechtlichem
Wege durchzusetzen; das Wertverhältnis zwischen Einlage und Abfindung wird
hiervon nicht berührt.
Soweit sich der Kläger auf eine „Mithaft“ mit dem Altflurstück 539/5 dafür beruft,
dass der Samtgemeinde G. Wasser geliefert werde, bezieht er sich auf das in
Abteilung II des Grundbuchs von G. unter lfd. Nr. 42 zum Altflurstück 539/5
eingetragene „Wassernutzungs- und Wasserleitungsservitut für die Gemeinde
G., spezialisiert im Vertrage vom 5. Juli 1889. Eingetragen am 6. Juli 1889 und
von Band 5 Blatt 71 zur Mithaft hierher übertragen am 28. Juli 1980“ (vgl. S. 23
des Grundbuchauszugs vom 20. November 2012). Dieses führt jedoch nicht zu
einer Wertungleichheit zwischen Einlage und Abfindung. Vielmehr ist ein nicht
mit einer „Mithaft“ versehenes Abfindungsgrundstück „wertvoller“ als ein
Einlagegrundstück, bei dem eine „Mithaft“ besteht. Infolge der Neuzuteilung ist
nach dem Nachweis über Anspruch und Abfindung das Wassernutzungs- und
Wasserleitungsservitut des Klägers betreffend das Altflurstück 539/5 im
Grundbuch zu löschen und im Grundbuchblatt betreffend den Teilnehmer mit
der Ordnungsnummer 252 neu einzutragen. Damit erlischt durch die
Neuzuteilung eine grundbuchliche Belastung des Klägers. Ungeachtet dessen
lässt sich dem Servitut nicht entnehmen, dass der Kläger dazu verpflichtet ist,
eine Belieferung der Gemeinde mit Wasser sicherzustellen. Vielmehr ist darin
lediglich vorgesehen, „daß die Gemeinde befugt ist daß sämtliche Wasser
welches in Quellen auf jenem Plane hervortritt, ohne irgend eine Beschränkung
für die Wasserleitung zu verwenden selbstverständlich mit der Verpflichtung der
Gemeinde, für alle Kosten und Entschädigungen, die durch fernere Anlage von
Rohren oder deren Ausbesserung entstehen sollten, dem Eigentümer des Plans
gerecht zu werden“ (vgl. Bl. 53 GA). Im Übrigen ergibt sich aus dem o.g.
Schreiben des Flecken G. vom 28. Februar 2007 sowie aus dem Schreiben der
Samtgemeinde G. vom 7. Januar 2013 (Bl. 60 GA), dass das Wasser von den
Flurstücken des Klägers ungeachtet des Wassernutzungs- und
Wasserleitungsservituts zur Zeit nicht beansprucht wird und derzeit auch kein
Anlass für eine Prüfung bestehe, ob eine Vorhaltung für eine Notversorgung in
Frage kommen könne.
Soweit sich der Kläger durch den Flurbereinigungsplan im Vergleich zu anderen
Teilnehmern - insbesondere zu demjenigen Teilnehmer, dem die Fläche seines
Altflurstücks 539/5 zugewiesen wurde - benachteiligt sieht, kann ein Verstoß
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gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG nicht
festgestellt werden. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz wird im
Flurbereinigungsverfahren nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts durch den jedem Teilnehmer zustehenden
Anspruch auf wertgleiche Abfindung gewährleistet. Ist dieser Anspruch erfüllt, so
ist damit in Anbetracht der Verschiedenheit der Verhältnisse die überhaupt
mögliche gleiche Behandlung erreicht. Kein Teilnehmer kann sich darauf
berufen, dass andere Teilnehmer bei der Landzuteilung vermeintlich besser
abgeschnitten haben. Selbst dann, wenn - bei im übrigen wertgleicher Abfindung
- einzelne Teilnehmer größere Vorteile erhalten als andere, liegt allein deshalb
eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG nicht vor. Dies gilt auch dann, wenn ein
Teilnehmer bestimmte Flächen abgeben muss, während andere Teilnehmer
entsprechende Flächen behalten können, oder wenn andere Teilnehmer
bestimmte, von einem Teilnehmer beanspruchte Flächen erhalten haben
(vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. November 1998, a.a.O.). Im vorliegenden Fall
wurde - wie ausgeführt - den Anforderungen im Sinne von § 44 FlurbG bei der
Abfindung des Klägers genügt. Bezogen auf die vom Kläger gewünschte
Abfindung in der Lage des Altflurstücks 539/5 bestand für den Teilnehmer mit
der Ordnungsnummer 252, dem diese Fläche zugewiesen wurde, keine
Planungsalternative. Dies hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 16. Januar 2013
(Bl. 79 GA 15 KF 20/09) nachvollziehbar dargelegt.
Soweit sich der Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht dadurch verletzt sieht,
dass seiner Argumentation in keiner Weise so begegnet worden sei, dass sie
den Flurbereinigungsplan rechtfertige, ist dem entgegen zu halten, dass der
Flurbereinigungsplan unter den vom Kläger angeführten Gesichtspunkten - wie
ausgeführt - keinen rechtlichen Bedenken begegnet.
Ist ein Teilnehmer - wie hier - gleichwertig abgefunden, so erstreckt sich die
Prüfungskompetenz des Flurbereinigungsgerichts nach § 146 Nr. 2 FlurbG nicht
darauf, alternativ zu gestalten, um eine ebenfalls zweckmäßige oder eine
zweckmäßigere Gesamtabfindung herbeizuführen; sie beschränkt sich vielmehr
darauf, darüber zu befinden, ob die zur Plangestaltung ermächtigten
Flurbereinigungsbehörden „in zweckmäßiger Weise von ihrem Ermessen
Gebrauch gemacht“ haben. Geprüft werden soll danach nicht die
„Zweckmäßigkeit“ einer Abfindung an sich, sondern ob von dem
Gestaltungsermessen bei den Abfindungserwägungen in zweckmäßiger Weise
Gebrauch gemacht worden ist. Für ein eigenes Planermessen des
Flurbereinigungsgerichts ist kein Raum (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 1978
- BVerwG 5 C 16.76 -, BVerwGE 57, 192 = Buchholz 424.01 § 146 FlurbG Nr. 3;
Senatsurteil vom 9. November 2011 - 15 KF 43/09 -, n.v.). Zweckmäßig ist der
Ermessensgebrauch, wenn er geeignet ist, den mit dem Gestaltungsauftrag (vor
allem nach § 37 Abs. 1 FlurbG) verfolgten Zweck zu erfüllen. Die zweckmäßige
Abfindung ist nicht notwendig die Beste für den Kläger, sondern die nach
Abwägung (§ 44 Abs. 2 FlurbG) günstigste für die Interessen aller Teilnehmer
dieser Flurbereinigung (vgl. Mayr, in: Wingerter/Mayr, Flurbereinigungsgesetz, 9.
Aufl. 2013, § 146 Rn. 5). Es unterliegt daher nicht der Prüfung des Senats, ob
eine Gestaltungsentscheidung der Flurbereinigungsbehörde möglich gewesen
wäre, die dem Planwunsch des Klägers in höherem Maße entsprochen hätte,
als dies bei dem angefochtenen Flurbereinigungsplan der Fall ist.
Zwar erschöpft sich die gerichtliche Überprüfung der im Flurbereinigungsplan
enthaltenen Regelung über die Landabfindung nicht in der Prüfung, ob der
Anspruch des Teilnehmers auf wertgleiche Abfindung erfüllt ist. Vielmehr besteht
daneben ein - wenn auch nur schmaler - Anwendungsbereich für eine
ergänzende Abwägungskontrolle. Sie bezieht sich auf solche Belange, die nicht
die Wertsicherung des Bestandes betreffen und deren ordnungsgemäße
Berücksichtigung deshalb durch eine wertgleiche Abfindung noch nicht
gewährleistet ist. Abwägungserheblich sind die in einem Planwunsch des
Teilnehmers zum Ausdruck kommenden Entwicklungsmöglichkeiten, wenn sie
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bereits so konkretisiert und verfestigt sind, dass ihre Verwirklichung nicht bloß
theoretisch möglich, sondern voraussehbar ist. Die Teilnehmer trifft insoweit aber
eine Mitwirkungspflicht, nach der sie gehalten sind, im Planwunschtermin (§ 57
FlurbG) auf die maßgeblichen Gesichtspunkte hinzuweisen und hierzu konkrete
Gestaltungsvorschläge zu unterbreiten. Nur derart qualifizierte Planwünsche
gehören zum Abwägungsmaterial (vgl. BVerwG, Urteile vom 23. August 2006,
a.a.O. und vom 17. Januar 2007 - BVerwG 10 C 1.06 -, BVerwGE 128, 87 =
Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 86 = NVwZ-RR 2007, 456 = DÖV 2007, 613 =
RdL 2007, 242; Beschluss vom 28. August 2008 - BVerwG 9 B 38.08 -,
Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 88; Senatsurteile vom 27. Mai 2008 - 15 KF
6/06 -, n.v.; vom 28. November 2007 - 15 KF 11/06 -, n.v.; vom 16. März 2010 -
15 KF 25/06 -, n.v.; vom 1. Dezember 2010 - 15 KF 1/06 -, n.v. und vom 9.
November 2011, a.a.O.). Des Weiteren ist für eine gesonderte gerichtliche
Abwägungskontrolle neben der Gleichwertigkeitsprüfung kein Raum, soweit es
um die Berücksichtigung gleichwertigkeitsbestimmender Faktoren - abgesehen
von gesondert geregelten Umständen, etwa in § 44 Abs. 5 Satz 1, § 45 FlurbG -
in der Abwägung geht (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 2006, a.a.O.;
Senatsurteile vom 28. November 2007, 27. Mai 2008, 16. März 2010 und 1.
Dezember 2010, jeweils a.a.O.). Hat der Teilnehmer in der Flurbereinigung
lediglich einen einfachen Planwunsch zur Gestaltung seiner Abfindung
angemeldet, so kann er eine über die Gleichwertigkeitsprüfung hinausgehende
ergänzende Abwägungskontrolle nicht verlangen (vgl. BVerwG, Urteile vom
23. August 2006 und 17. Januar 2007, a.a.O.).
Unter Zugrundelegung dessen kann der Kläger keine ergänzende
Abwägungskontrolle verlangen:
Im Hinblick auf die neue Grenzziehung beim Flurstück 24 kann der Kläger schon
deshalb keine ergänzende Abwägungskontrolle verlangen, weil er die neue
Grenzziehung rechtswirksam anerkannt und sich mit der Einbringung als
Nachtrag 1 rechtsverbindlich einverstanden erklärt hat (s.o.).
Seine ausweislich der Niederschrift im Anhörungstermin nach § 57 FlurbG am
29. November 2005 erklärten Abfindungswünsche sind keine im angeführten
Sinne qualifizierten, sondern lediglich einfache Abfindungswünsche. Sie
lauteten:
„1. Flurstück 539/5, Flur 1, Gemarkung G. in alter Lage,
2. Flurstück 504, Flur 2, Gemarkung G. in alter Lage,
3. Fläche auf dem Liedberg möglichst an Flurstück 539/5, Flur 1 und
Flurstück 504, Flur 2,
4. bebaute Fläche in alter Lage (BA A).“
Nachträglich auftretende Gestaltungsgesichtspunkte müssen deshalb
unberücksichtigt bleiben, andernfalls könnte jeder Beteiligte durch immer wieder
erhobene Forderungen die Aufstellung des Plans in unerträglicher Weise
erschweren.
Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass in den vom Kläger angeführten
Gesichtspunkten ein qualifizierter Planwunsch zu sehen wäre, ließe sich eine
fehlerhafte Abwägung bei der Abfindungsentscheidung nicht feststellen. Denn
ein Mangel beim Abwägungsvorgang ist nur erheblich, wenn er offensichtlich
und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Hiernach scheidet
ein erheblicher Abwägungsmangel aus, wenn eine abweichende
Planungsentscheidung in Gestalt einer geänderten Flächenzuteilung
ausscheidet. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die vom Kläger begehrte
geänderte Flächenzuteilung eine gleichwertige Abfindung in Land der anderen,
hiervon betroffenen Teilnehmer nicht mehr gewährleistet. Wie bereits ausgeführt
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wurde, bestand bezogen auf die vom Kläger gewünschte Abfindung in der Lage
des Altflurstücks 539/5 für den Teilnehmer mit der Ordnungsnummer 252, dem
diese Fläche zugewiesen wurde, keine Planungsalternative (s.o.).
Ist ein Teilnehmer - wie hier der Kläger - wertgleich abgefunden, so könnte nach
alledem eine Neugestaltung grundsätzlich nur noch dann gerichtlich
beanstandet werden, wenn sie allein den Zweck hätte, ihm besondere Vorteile
grundlos und böswillig vorzuenthalten (vgl. Senatsurteil vom 9. November 2011,
a.a.O. m.w.N.). Ein solcher Fall der Schikane (vgl. § 226 BGB) ist hier jedoch
nicht ersichtlich.