Urteil des OVG Niedersachsen vom 09.05.2014

OVG Lüneburg: unterbrechung der verjährung, genehmigung, öffentliche anlage, bebauungsplan, treu und glauben, grundstück, satzung, ngo, fahrbahn, aussetzung

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Wirksamkeit der Ausfertigung eines Bebauungsplans;
Kostenspaltung und Erschließungsvorteil
1. Die Ausfertigung eines unbeschränkt genehmigten Bebauungsplans oder
einer anderen unbeschränkt genehmigten kommunalen Satzung ist auch
dann wirksam, wenn sie bereits vor der Erteilung der Genehmigung erfolgt
ist.
2. Im Erschließungsbeitragsrecht setzt die Teilbeitragserhebung im Wege
der Kostenspaltung nicht voraus, dass sich für das veranlagte Grundstück
der Erschließungsvorteil im Sinne von § 133 Abs. 1 BauGB bereits realisiert
hat. Es genügt, wenn das Grundstück bei einem Hinzudenken der bisher
noch nicht hergestellten, aber im Bauprogramm der Gemeinde
vorgesehenen weiteren Teileinrichtungen durch die öffentliche Anlage
erschlossen wird.
OVG Lüneburg 9. Senat, Beschluss vom 09.05.2014, 9 LA 147/12
§ 125 Abs 1 BauGB, § 127 Abs 3 BauGB, § 133 BauGB, § 6 Abs 4 S 1 GemO ND, §
11 Abs 1 S 1 KomVerfG ND
Tenor
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts Göttingen - 3. Kammer (Einzelrichter) - vom 16. August
2012 wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 27.648,90 EUR
festgesetzt.
Gründe
Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das angefochtene
Urteil, mit dem ihre Klage gegen die Heranziehung zu einem
Erschließungsteilbeitrag für die Herstellung der Fahrbahn und der
Straßenentwässerung der Straße „C.“ abgewiesen worden ist, hat keinen
Erfolg. Die von den Klägern angeführten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2
Nrn. 1 bis 5 VwGO greifen sämtlich nicht durch.
1. Die Kläger wenden sich mit ihrem Zulassungsantrag zunächst gegen die
tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass die
Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 27. August 1987 - EBS -
eine wirksame und insbesondere hinreichend bestimmte Regelung über die
Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage (vgl. § 132
Nr. 4 BauGB) enthalte.
Die Kläger machen insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des
angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend. Sie meinen, die
Festlegung der Herstellungsmerkmale im Satzungsrecht der Beklagten würde
sich darauf beschränken, dass lediglich ein Ausbau der öffentlichen Anlagen
entsprechend den Verkehrserfordernissen und allgemein anerkannten Regeln
des Straßenbaus angeordnet werde. Das Verwaltungsgericht habe verkannt,
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dass derartige Merkmalsregelungen zu unbestimmt seien.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung ergeben sich aus
diesem Vorbringen nicht. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts
regelt § 7 Nr. 2 EBS (gemeint ist offensichtlich § 8 Nr. 2 EBS), dass die
Erschließungsanlagen endgültig hergestellt sind, wenn nach den allgemein
anerkannten Regeln des Straßenbaus die Straßen etc. mit einer Pflaster-,
bituminösen Beton- oder ähnlichen Decke neuzeitlicher Bauweise hergestellt
sind. Die Satzungsregelung beschränkt sich somit entgegen dem Vortrag der
Kläger gerade nicht darauf, einen Ausbau nach den allgemein anerkannten
Regeln des Straßenbaus anzuordnen, sondern gibt darüber hinaus vor, dass
die Straßendecke mit einer Pflaster-, bituminösen Beton- oder ähnlichen
Decke herzustellen ist. In der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts und der Oberverwaltungsgerichte ist bereits
geklärt, dass eine derartige Merkmalsregelung hinreichend bestimmt ist, denn
in aller Regel ist ohne Weiteres ersichtlich, ob eine zur Herstellung der
Fahrbahn verwendete „ähnliche Decke“ den genannten Materialien Pflaster
oder bituminöses Beton von der Substanz her gleichartig und hinsichtlich
seiner Funktion, eine feste Grundlage für den Straßenverkehr zu schaffen
sowie der Straßenentwässerung zu dienen, gleichwertig ist (vgl. BVerwG,
Beschluss vom 27.2.1980 - 4 B 268.79 -, Rdnr. 4 in Juris; Beschluss vom
4.9.1980 - 4 B 119.80 u. a. - KStZ 1981, 30, Rdnr. 12 in Juris; weitere
Rechtsprechungsnachweise bei Driehaus, Erschließungs- und
Ausbaubeiträge, 9. Auflage 2012, § 11 Rdnrn. 59 f.). Weiterhin enthält das
Satzungsrecht der Beklagten nach der ausdrücklichen Feststellung des
Verwaltungsgerichts gerade nicht die Anordnung, wonach der Ausbau nur
dann zu einer endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage führt, wenn
die Ausbauart zusätzlich den Verkehrserfordernissen entspricht. Bei dem
Rekurs des Verwaltungsgerichts auf eine entsprechende Regelung in einem §
7 Abs. 1 Nr. 1 EBS handelt es sich nicht um eine den zu entscheidenden Fall
betreffende Feststellung über den Inhalt des einschlägigen Satzungsrechts,
sondern um ein als solches eindeutig gekennzeichnetes Zitat aus dem Urteil
des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Juni 1981 (- 8 C 66.81 - BRS 43 Nr.
90 = NVwZ 1982, 37).
Die rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts zur Wirksamkeit der
Satzungsregelung über die Herstellungsmerkmale beruhen auch nicht auf
einer Abweichung des angefochtenen Urteils von Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO). Das
Verwaltungsgericht hat nicht in Abweichung vom Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Oktober 1969 (- 4 C 78.68 - BauR 1970,
172) den Rechtssatz aufgestellt, dass eine alleinig auf einen Ausbau
entsprechend den Verkehrserfordernissen abstellende Merkmalsregelung
hinreichend bestimmt ist, denn das Satzungsrecht der Beklagten knüpft nach
den Feststellungen des Verwaltungsgerichts gerade nicht an die
Verkehrserfordernisse an. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht den
Rechtssatz aufgestellt, eine Merkmalsregelung sei auch dann hinreichend
bestimmt, wenn sie lediglich auf die Ausbaupläne der Gemeinde verweist;
nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts enthält die
Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten auch eine derartige
Merkmalsregelung nicht. Im Übrigen ist dem von den Klägern in diesem
Zusammenhang allein angeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom
29. Oktober 1969 (a. a. O.) auch nicht der abstrakte Rechtssatz zu entnehmen,
dass eine Merkmalsregelung zu unbestimmt ist, wenn sie lediglich auf die
Ausbaupläne verweist. Das Verwaltungsgericht hat schließlich auch nicht in
Abweichung vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. November
1975 (- IV C 76.73 - KStZ 1976, 210) den Rechtssatz aufgestellt, dass eine
Satzungsregelung über die Herstellungsmerkmale auch dann wirksam ist,
wenn sie ausschließlich auf die Regeln der Baukunst, der Technik und des
Verkehrs abstellt. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts
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beschränkt sich § 8 Nr. 2 EBS gerade nicht darauf, einen Ausbau der
Erschließungsanlagen nach den allgemein anerkannten Regeln des
Straßenbaus anzuordnen, sondern gibt darüber hinaus auch zusätzlich vor,
dass die Straßen mit einer Pflaster-, bituminösen Beton- oder ähnlichen Decke
neuzeitlicher Bauweise zu versehen sind. Das Verwaltungsgericht hat auch
nicht ausgeführt, dass allein der Verweis auf die allgemein anerkannten
Regeln des Straßenbaues unabhängig von den weiteren
Tatbestandsmerkmalen des § 8 Nr. 2 EBS bereits eine hinreichend bestimmte
Merkmalsregelung im Sinne von § 132 Nr. 4 BauGB darstellt. Vielmehr hat das
Verwaltungsgericht der Bezugnahme des Satzungstextes auf die allgemein
anerkannten Regeln des Straßenbaus neben den weiteren
Tatbestandsmerkmalen der Regelung lediglich den Charakter einer Einleitung
beigemessen, die bestätigend und durch Bezeichnung einer
Selbstverständlichkeit beschreibe, dass die technischen Regeln des
Straßenbaus bei der Herstellung der Anlage eingehalten sein müssen
(Urteilsabdruck, S. 13).
2. Weiterhin richtet sich der Zulassungsantrag der Kläger gegen die tragende
Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass dem in § 125 Abs. 1 BauGB
normierten erschließungsrechtlichen Planerfordernis Genüge getan sei, weil
der vom Rat der Beklagten am 11. Dezember 1969 beschlossene
Bebauungsplan Nr. 15 „D.“ nicht an einem Ausfertigungsfehler leide und daher
wirksam in Kraft getreten sei.
Die Kläger machen auch insoweit ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des
angefochtenen Urteils geltend. Sie meinen, der Bebauungsplan sei nicht
wirksam geworden, weil er vom damaligen Bürgermeister und damaligen
Stadtdirektor bereits am 22. Januar 1970 und somit bereits vor der am 8. Mai
1970 durch den Regierungspräsidenten in Hildesheim erteilten Genehmigung
ausgefertigt worden ist. Denn die Ausfertigung kommunaler Satzungen habe
jedenfalls nach § 6 Abs. 4 Satz 1 NGO in der 1969/70 geltenden Fassung
auch die Aufgabe gehabt, die formelle und materielle Legalität der
beschlossenen Satzung zu bestätigen und hätte daher nicht vor der Erteilung
der Genehmigung wirksam vorgenommen werden können.
Dieser Rechtsauffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die von
den Klägern vertretene Rechtsposition, dass der Bebauungsplan erst nach der
Genehmigung hätte ausgefertigt werden dürfen, kann zunächst nicht auf § 6
Abs. 4 Satz 1 NGO gestützt werden, denn eine Regelung über die
Ausfertigung kommunaler Satzungen hat die Vorschrift im hier maßgebenden
Zeitraum 1969/70 noch nicht enthalten. Seinerzeit hat § 6 Abs. 4 Satz 1 NGO
lediglich angeordnet, dass Satzungen öffentlich bekannt zu machen und der
Aufsichtsbehörde mitzuteilen sind (vgl. die Bekanntmachung der Neufassung
der Niedersächsischen Gemeindeordnung vom 29.9.1967, GVBl. S. 383). Erst
durch Art. I Nr. 1 des zweiten Gesetzes zur Verwaltungs- und Gebietsreform
vom 9. Juli 1971 (GVBl. S. 232) hat § 6 Abs. 4 Satz 1 NGO die Fassung
erhalten, nach der Satzungen von dem Ratsvorsitzenden und dem
Gemeindedirektor auch zu unterzeichnen sind. Diese Regelung ist gemäß Art.
V Abs. 2 des zweiten Gesetzes zur Verwaltungs- und Gebietsreform am 1.
Januar 1972, also erst nach der im Jahr 1970 erfolgten Ausfertigung und
Genehmigung des Bebauungsplans Nr. 15, in Kraft getreten. Lediglich
ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Wortlaut des § 6 Abs. 4 Satz 1
NGO-1972, der bezüglich der Ausfertigung dem heutigen § 11 Abs. 1 Satz 1
NKomVG entspricht, auch nichts für die Auffassung der Kläger hergegeben
hätte, dass eine genehmigungspflichtige kommunale Satzung erst nach der
Erteilung der Genehmigung ausgefertigt werden darf.
Eine rechtliches Gebot, einen Bebauungsplan oder eine andere kommunale
Satzung erst nach der Erteilung der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde
auszufertigen, ergibt sich entgegen einer früher von einem Teil der
obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Auffassung (vgl. Bay. VGH,
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Urteil vom 16.3.1990 - 23 B 88.00567 - NVwZ-RR 1990, 588; OVG Rheinland-
Pfalz, Urteil vom 9.8.1989 - 10 C 36/88 - NVwZ-RR 1990, 61) auch nicht
unmittelbar aus dem Rechtsstaatsprinzip. In der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts ist zwischenzeitlich geklärt, dass die aus dem
bundesstaatlichen Rechtsstaatsprinzip resultierende Funktion der Ausfertigung
sich in der förmlichen Bestätigung der Übereinstimmung des Satzungsinhalts
mit dem Willen des Beschlussorgans erschöpft (sogenannte Identitäts- oder
Authentizitätsfunktion). Hingegen gehört es nicht zum Mindeststandard des
bundesverfassungsrechtlichen Rechtsstaatsgebotes, die Ausfertigung so zu
gestalten, dass sie auch geeignet ist, die Legalität des
Rechtssetzungsverfahrens zu bestätigen (sog. Legalitätsfunktion).
Entsprechend gibt das Bundesverfassungsrecht nicht vor, dass die
Ausfertigung eines Bebauungsplans erst nach dessen Genehmigung erfolgen
darf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.5.1991 - 4 NB 26.90 - BVerwGE 88, 204;
Urteil vom 16.12.1993 - 4 C 22.92 - NVwZ 1994, 1010; Beschluss vom
9.5.1996 - 4 B 60.96 - NVwZ-RR 1996, 630; siehe auch VGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 2.10.1989 - 8 S 2419/88 - ZfBR 1990, 106; Bay. VGH,
Urteil vom 23.7.1992 - 26 N 90.3785 - BayVBl 1993, 725; Thür. OVG,
Beschluss vom 23.4.1998 - 4 EO 6/97 - LKV 1999, 70). Es spricht nichts dafür,
dass sich aus dem Rechtsstaatsprinzip des niedersächsischen
Landesverfassungsrechts - im hier maßgebenden Zeitraum 1969/70 geregelt
in Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 der Vorläufigen Niedersächsischen Verfassung vom
13. April 1951 - anderes ergibt.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich
auch nicht aus dem Vortrag der Kläger, dass es zumindest deshalb einer
erneuten Ausfertigung des Bebauungsplans nach der Erteilung der
Genehmigung bedurft hätte, weil die Genehmigungsverfügung mit mehreren
Nebenbestimmungen versehen gewesen sei, die Einfluss auf den Inhalt des
Bebauungsplans genommen hätten. Die Kläger gehen zwar zu Recht davon
aus, dass ein bereits vor der Erteilung der Genehmigung ausgefertigter
Bebauungsplan nachträglich erneut ausgefertigt werden muss, wenn er durch
die Genehmigungsverfügung und einen daran anknüpfenden
Beitrittsbeschluss des Rates nachträglich noch geändert worden ist (vgl. Nds.
OVG, Beschluss vom 20.12.1996 - 1 M 5282/96 - Rdnr. 7 in Juris; Urteil vom
23.9.1999 - 1 K 5147/97 -, BauR 2000, 523, Rdnr. 22 in Juris; Beschluss vom
28.10.2004, 1 KN 155/03 -, NVwZ-RR 2005, 162 = NdsVBl 2005, 209, Rdnr.
39 in Juris). Der Senat teilt jedoch die Rechtsauffassung des
Verwaltungsgerichts, dass die Genehmigungsverfügung des
Regierungspräsidenten in Hildesheim vom 8. Mai 1970 keine Maßgaben zum
Gegenstand hat, die in den Inhalt des Bebauungsplans Nr. 15 eingreifen und
daher einen Beitrittsbeschlusses des Rates der Beklagten sowie eine
anschließende erneute Ausfertigung des Bebauungsplans erfordert hätten.
Der uneingeschränkt erteilten Genehmigung sind lediglich rechtliche
„Hinweise“ angefügt, deren fehlende Rechtsverbindlichkeit bereits durch die
vorangestellte Wendung „Daneben bitte ich, folgende wasserwirtschaftliche
und gesundheitliche, verkehrliche, bauaufsichtliche und allgemeine Hinweise
zu beachten:“ klargestellt wird. Im Übrigen betreffen die einzelnen von den
Klägern im Zulassungsverfahren angesprochenen „Hinweise“ auch nicht den
Inhalt der in dem Bebauungsplan Nr. 15 getroffenen städtebaurechtlichen
Planungsentscheidungen, sondern sie haben den Anschluss- und
Benutzungszwang für die Frischwasserversorgung und die
Abwasserentsorgung, straßenverkehrsbehördliche Maßnahmen, das
Planfeststellungsverfahren für die außerhalb des Plangebietes des
Bebauungsplans liegende Bundestraße 243 sowie die Durchführung von
Bauantragsverfahren und die Voraussetzungen für die Erteilung von
Baugenehmigungen zum Gegenstand.
Schließlich ergeben sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des
angefochtenen Urteils auch nicht aus der Darlegung der Kläger, das
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Verwaltungsgericht habe widersprüchliche Feststellungen dazu getroffen, ob
der Bebauungsplan bereits vor oder erst nach der Erteilung der Genehmigung
ausgefertigt worden sei. Ungeachtet dessen, dass die Entscheidungsgründe
insoweit eine einzelne etwas missverständliche Formulierung enthalten, ergibt
sich sowohl aus dem Tatbestand (Urteilsabdruck, Seite 2) sowie aus den
Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils eindeutig die Feststellung
des Verwaltungsgerichts, dass die Ausfertigung „am 22. Januar 1970 bereits
vor der am 8. Mai 1970 erfolgten Genehmigung … geschehen ist“
(Urteilsabdruck, Seite 14). Im Übrigen liegen ernstliche Zweifel an der
Richtigkeit des Urteils auch nur dann vor, wenn die Angriffe des
Rechtsmittelführers gegen die Begründung der Entscheidung zugleich Zweifel
an der Richtigkeit des Entscheidungsergebnisses begründen (vgl. statt Vieler:
Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 124 Rdnr. 98 m. w. Nachw.).
Im Hinblick darauf, dass - wie oben bereits ausgeführt worden ist - weder
Bundesrecht noch Landesrecht vorgibt, ob der Bebauungsplan bereits vor
oder erst nach der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde auszufertigen
war, würden sich ernstliche Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des
angefochtenen Urteils daher selbst dann nicht ergeben, wenn das
Verwaltungsgericht tatsächlich widersprüchliche Feststellungen zum Zeitpunkt
der Ausfertigung getroffen hätte.
Das Vorbringen der Kläger rechtfertigt auch nicht eine Zulassung der Berufung
wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der
Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Dieser Zulassungsgrund ist bei einer
Rechtssache erfüllt, wenn sie voraussichtlich in tatsächlicher oder rechtlicher
Hinsicht größere, d.h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht
unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht (Kopp/Schenke,
VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124 Rdnr. 9; Meyer-Ladewig/Rudisile, in:
Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 25. Ergänzungslieferung 2013, § 124
Rdnr. 28). Bei der Beurteilung, ob dies der Fall ist, kommt es nicht
entscheidend auf die jeweils fachspezifischen Schwierigkeiten einer Materie
an (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 -1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163,
1164), sondern darauf, ob die Angriffe des Rechtsmittelführers einen solch
begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen
Entscheidung geben, dass diese Zweifel sich nicht ohne weiteres im
Zulassungsverfahren klären lassen, sondern die Durchführung eines
Berufungsverfahrens erforderlich machen (Nds. OVG, Beschl. v. 31.08.1998 -
1 L 3914/98 - Nds. Rpfl. 1999, 44, v. 16.1.2004 - 9 LA 323/03 - v. 28.8.2006 - 9
LA 383/04 - u. v. 20.3.2009 - 9 LA 11/07 -; OVG Münster, Beschl. v. 31.7.1998
- 10 A 1329/98 - NVwZ 1999, 202; Kopp/Schenke, a. a. O.). Der Vortrag der
Kläger, das angefochtene Urteil enthalte widersprüchliche Feststellungen zum
Zeitpunkt der Ausfertigung sowie unrichtige Annahmen zum rechtlichen
Charakter und zum Inhalt der „Nebenbestimmungen“ der
Genehmigungsverfügung vom 8. Mai 1970, vermag das Vorliegen dieser
Voraussetzungen aus den oben bereits ausgeführten Gründen nicht zu
belegen.
Die Ausführungen der Kläger begründen auch nicht eine grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Diese liegt vor, wenn das Verfahren eine Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft,
die von einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung ist und im
allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Zur Darlegung dieses
Zulassungsgrunds hat ein Antragsteller die für grundsätzlich klärungsbedürftig
gehaltene Frage zu formulieren sowie näher zu begründen, weshalb sie eine
über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines
Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie
entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu
erwarten steht. In der Sache fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit, wenn sich
die Rechtsfrage unschwer aus dem Gesetz oder auf der Grundlage der
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vorhandenen Rechtsprechung beantworten lässt (zu alledem etwa Nds. OVG,
Beschl. v. 8.4.2011 - 9 LA 13/10 -, v. 20.4.2009 - 9 LA 432/07 -, v. 29.2.2008 -
5 LA 167/04 - u. v. 9.10.2007 - 5 LA 237/05 -; Meyer-Ladewig/Rudisile, a. a. O.,
§ 124 Rdnr. 30 ff. m. w. Nachw.).
Die von den Klägern aufgeworfenen Fragen,
ob die Ausfertigung einer genehmigungspflichtigen Gemeindesatzung wirksam
erst nach Vorliegen der erforderlichen Genehmigung erteilt werden kann,
und ob die Ausfertigung eines 1969 als Satzung beschlossenen
Bebauungsplans wirksam erst erteilt werden konnte, wenn die nach dem
damaligen Recht erforderliche Genehmigung der Aufsichtsbehörde erteilt war,
erfüllen diese Voraussetzungen nicht, denn sie können auch ohne
Durchführung eines Berufungsverfahrens ohne Weiteres dahingehend
beantwortet werden, dass nach dem 1969/70 geltenden Bundes- und
Landesrecht ein als Satzung beschlossener Bebauungsplan bereits vor der
Erteilung der Genehmigung ausgefertigt werden durfte. Sollte die erste Frage
der Kläger so gemeint sein, dass sie geklärt wissen wollen, ob nach dem heute
geltenden Recht eine genehmigungspflichtige Gemeindesatzung erst nach
dem Vorliegen der Genehmigung erteilt werden kann, so würde dieser Frage
die Entscheidungserheblichkeit fehlen, da es hier auf die nach dem damaligen
Recht zu beurteilende Wirksamkeit der im Januar 1970 erfolgten Ausfertigung
des Bebauungsplans Nr. 15 ankommt.
Auch die weitere Frage der Kläger,
ob eine vor Erteilung einer Genehmigung erfolgte Ausfertigung eines
Bebauungsplanes zu erneuern war, wenn die anschließend erfolgte
Genehmigung Nebenbestimmungen für die Durchführung des
Bebauungsplanes enthalten hat, die von den Festsetzungen des
Bebauungsplanes nicht gedeckt waren,
ist nicht entscheidungserheblich. Wie der Senat im Voranstehenden bereits
ausgeführt hat, handelt es sich bei den der Genehmigungsverfügung vom 8.
Mai 1970 angefügten Hinweisen nicht um rechtsverbindliche
Nebenbestimmungen, deren Inhalt im Widerspruch zu den von der Beklagten
in dem Bebauungsplan Nr. 15 getroffenen städtebaulichen
Planungsentscheidungen stehen. Im Übrigen ist die aufgeworfene Frage in der
Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts auch
bereits hinreichend geklärt: Ein bereits vor der Erteilung der Genehmigung
ausgefertigter Bebauungsplan muss nachträglich erneut ausgefertigt werden,
wenn er durch die Genehmigungsverfügung und einen daran anknüpfenden
Beitrittsbeschluss des Rates nachträglich geändert worden ist (vgl. Nds. OVG,
Beschluss vom 20.12.1996 - 1 M 5282/96 - Rdnr. 7 in Juris; Urteil vom
23.9.1999 - 1 K 5147/97 -, BauR 2000, 523, Rdnr. 22 in Juris; Beschluss vom
28.10.2004, 1 KN 155/03 -, NVwZ-RR 2005, 162 = NdsVBl 2005, 209, Rdnr.
39 in Juris).
Ferner ist auch die von den Klägern aufgeworfene Frage,
ob § 6 Abs. 4 Satz 1 NGO und § 11 Abs. 1 Satz 1 NKomVG für die
Ausfertigung einer Gemeindesatzung sowohl den Zweck verfolgen, dass die
Authentizität dokumentiert wird, als auch den Zweck, dass die formelle und
materielle Legalität der Satzung bestätigt wird,
nicht entscheidungserheblich. Zum Zeitpunkt der Ausfertigung des
Bebauungsplans Nr. 15 im Januar 1970 war im niedersächsischen
Landesrecht eine Bestimmung über die Ausfertigung kommunaler Satzungen
weder in § 6 Abs. 4 Satz 1 NGO noch in § 11 Abs. 1 Satz 1 NKomVG, der erst
am 1. November 2011 in Kraft getreten ist, geregelt.
Das Urteil beruht schließlich auch nicht auf einem Verfahrensfehler im Sinne
von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, denn das Verwaltungsgericht hat entgegen der
Auffassung der Kläger keine widersprüchlichen Feststellungen dazu getroffen,
ob der Bebauungsplan bereits vor oder erst nach der Genehmigung durch die
Aufsichtsbehörde ausgefertigt worden ist.
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3. Eine Zulassung der Berufung rechtfertigen auch nicht die Angriffe der Kläger
gegen die tragende Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, dem
erschließungsrechtlichen Planerfordernis sei auch deshalb genügt, weil der
Bebauungsplan Nr. 15 nicht nachträglich funktionslos und damit unwirksam
geworden sei.
Die auch in Bezug auf diesen Gesichtspunkt von den Klägern geltend
gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils teilt der Senat
nicht. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist von der
Funktionslosigkeit eines Bebauungsplans nur unter strengen
Voraussetzungen auszugehen. Die für die getroffenen Festsetzungen
maßgeblichen Verhältnisse müssen sich so entwickelt haben, dass eine
Verwirklichung des Bebauungsplans auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen
ist. Dabei wird die den Festsetzungen zugrunde liegende Planungskonzeption
nicht schon dann sinnlos, wenn sie nicht überall im Plangebiet umgesetzt
werden kann, sondern erst dann, wenn sie bei einer auf den
Gesamtgeltungsbereich des Bebauungsplans bezogenen Betrachtung nicht
die Fähigkeit besitzt, die städtebauliche Entwicklung zu steuern (vgl. den
Senatsbeschluss vom 12.04.2011 - 9 LA 233/09 - m. w. Nachw.). Soweit die
Kläger im Zulassungsverfahren geltend machen, die ursprünglich
vorgesehene Errichtung einer Justizvollzugsanstalt im Plangebiet sei vom
Land Niedersachsen nach dem Erlass des Bebauungsplans endgültig
aufgegeben worden, vermag dies eine Funktionslosigkeit des
Bebauungsplans daher bereits deshalb nicht zu begründen, weil die
Festsetzung „Flächen für den Gemeinbedarf - Gefängnis -“ nur einen kleinen
Teil des Plangebiets betrifft, während der ganz überwiegende Teil des
Plangebietes als Gewerbegebiet überplant worden ist. Für eine andere
rechtliche Bewertung spricht auch nicht das Vorbringen der Kläger, dass die
dem Bebauungsplan Nr. 15 ursprünglich zugrunde liegende planerische
Gesamtkonzeption von einem untrennbaren Zusammenhang zwischen der
Justizvollzugsanstalt und den in deren Nachbarschaft gelegenen
Gewerbeflächen geprägt gewesen sei, so dass die Festsetzungen des
Bebauungsplans sich nach der Entscheidung des Landes Niedersachsen, die
Justizvollzugsanstalt nicht zu bauen, als planerischer Torso erwiesen hätten.
Konkrete Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass die Beklagte seinerzeit ein
derartiges planerisches Gesamtkonzept verfolgt hat, haben die Kläger im
Zulassungsverfahren nicht dargelegt. Die Begründung zur Aufstellung des
Bebauungsplanes Nr. 15 spricht im Gegenteil dafür, dass die Errichtung der
Justizvollzugsanstalt keine ausschlaggebende Bedeutung für die seinerzeit
von der Beklagten verfolgten planerischen Absichten hatte. Der beabsichtigte
Bau einer Justizvollzugsanstalt wird dort mit keinem Wort erwähnt. Als Grund
für die Aufstellung des Bebauungsplans wird lediglich angegeben, dass eine
geordnete städtebauliche Entwicklung des Gebietes gewährleistet und einem
Bedarf an Flächen für gewerbliche Nutzung mit guter verkehrlicher
Erschließung Rechnung getragen werden solle.
Aus den vorstehenden Erwägungen vermag der Senat den Darlegungen der
Kläger zur Funktionslosigkeit des Bebauungsplans auch keine Rechts- und
Tatsachenfragen zu entnehmen, die erst in einem Berufungsverfahren geklärt
werden können und daher besondere tatsächliche oder rechtliche
Schwierigkeiten der Rechtssache begründen.
4. Gegenstand des Zulassungsantrags der Kläger ist ferner die tragende
Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass der Ratsbeschluss vom 15. August
1983 zur Bildung einer Erschließungseinheit nichtig gewesen sei und es der
Beklagten deshalb rechtlich nicht verwehrt gewesen sei, mit dem
angefochtenen Beitragsbescheid ausschließlich den Aufwand für die
(teilweise) Herstellung der einzelnen Erschließungsanlage abzurechnen, an
die das Grundstück der Kläger angrenzt.
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Die Kläger führen hiergegen die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nrn. 1
und 2 VwGO an. Sie machen geltend, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht
davon ausgegangen, dass zwischen den einzelnen zu der
Erschließungseinheit zusammengefassten öffentlichen Anlagen keine
gegenseitige funktionale Abhängigkeit bestehe; zumindest habe das Gericht
insoweit den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht hinreichend
aufgeklärt und gewürdigt. Dieses Vorbringen begründet weder ernstliche
Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils, noch ergeben
sich daraus besonders schwierige Rechts- oder Tatsachenfragen, die
entscheidungserheblich sind. Das Verwaltungsgericht hätte die Klage auch
dann abweisen müssen, wenn es zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass der
Ratsbeschluss zur Bildung der Erschließungseinheit wirksam war. Dies ergibt
sich aus Folgendem:
Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind die
Verwaltungsgerichte verpflichtet zu prüfen, ob ein fehlerhaft begründeter
Geldleistungsverwaltungsakt insgesamt oder zumindest hinsichtlich eines
Teilbetrags mit einer anderen Begründung aufrechterhalten bleiben kann. Das
gilt auch dann, wenn ein Erschließungsbeitrag für einen zu eng gefassten
Ermittlungsraum festgesetzt worden ist, weil die Gemeinde mit dem
Erschließungsbeitrag die Herstellung einer einzelnen Erschließungsanlage
abgerechnet hat, obwohl eine Veranlagung im Rahmen einer
Erschließungseinheit rechtlich geboten war (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.6.2009
- 9 C 2.08 -, BVerwGE 134, 139, Rdnrn. 39 ff. in Juris). Das hat für den
vorliegenden Fall zur Folge, dass die von den Klägern angefochtene
Beitragsfestsetzung auch dann in voller Höhe Bestand hat, wenn der
Ratsbeschluss zur Bildung der Erschließungseinheit entgegen der
Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts wirksam war, denn bei einer
Veranlagung im Rahmen der Erschließungseinheit hätte für das Grundstück
der Kläger sogar ein noch höherer Beitrag festgesetzt werden müssen. Die
separate Abrechnung des Erschließungsaufwandes für die (teilweise)
Herstellung der Anlage „C.“, die von der Beklagten erst im
Widerspruchsbescheid vom 22. September 2009 vorgenommen worden ist,
hat dazu geführt, dass sich die Beitragsfestsetzung gegenüber dem
Ausgangsbescheid vom 23. Juni 2000, dem noch die Erschließungseinheit als
Abrechnungsgebiet zugrunde gelegen hat, zugunsten der Kläger von
ursprünglich 36.944,63 Euro (72.257,42 DM) um 9.295,73 Euro auf 27.648.90
Euro reduziert hat.
5. Außerdem greifen die Kläger mit dem Zulassungsantrag die
Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts an, der Teilbeitragserhebung im
Wege der Kostenspaltung stehe nicht entgegen, dass das als Gewerbegebiet
überplante Grundstück der Kläger noch nicht über eine Zufahrt mit der
abgerechneten Fahrbahn verbunden sei, denn es sei sichergestellt, dass das
Grundstück im Zuge der noch ausstehenden Herstellung des Gehweges
durch Anlegung einer oder mehrerer Zufahrten erschlossen werden könne.
Die Kläger führen insoweit den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO an und tragen vor, das Verwaltungsgericht habe den
entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Die vom
Verwaltungsgericht angenommene Möglichkeit, dass die Beklagte im Rahmen
des bisher noch nicht erfolgten Ausbaus des Gehweges eine
Grundstückszufahrt anlege und damit für die bisher nicht bestehende
Erschließung des Grundstücks sorge, bestehe nicht, da die Beklagte in der
mündlichen Verhandlung geäußert habe, die Kläger sollten die
Grundstückszufahrt auf eigene Kosten selbst anlegen.
Besonders schwierige Tatsachen- oder Rechtsfragen, die erst in einem
Berufungsverfahren geklärt werden können, ergeben sich aus diesen
Darlegungen nicht. Die Beklagte hat die Kläger zu einem Teilbeitrag für die
abgespaltenen Herstellungskosten der Fahrbahn und der
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Straßenentwässerung herangezogen. Wie bereits der Wortlaut des § 127 Abs.
3 BauGB verdeutlicht, wonach u.a. auch die Kosten für den Grunderwerb und
die Freilegung der Straßenflächen selbstständig erhoben werden können,
setzt eine Kostenspaltung nicht voraus, dass eine Erschließungsanlage im
Sinne von § 127 Abs. 2 BauGB bereits vorhanden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom
14.6.1968 - IV C 65.66 - Buchholz 406.11 § 127 BBauG Nr. 3, Rdnr. 10 in
Juris). Muss aber eine Erschließungsanlage noch nicht vorhanden sein, so
kann die Teilbeitragserhebung rechtlich auch nicht davon abhängen, dass sich
für das veranlagte Grundstück der Erschließungsvorteil im Sinne von § 133
Abs. 1 BauGB bereits realisiert hat. Es genügt vielmehr, wenn das Grundstück
bei einem Hinzudenken der bisher noch nicht hergestellten, aber im
Bauprogramm der Gemeinde vorgesehen weiteren Teileinrichtungen durch die
öffentliche Anlage im Sinne von § 133 Abs. 1 BauGB erschlossen wird. Das ist
hier der Fall, denn das Bauprogramm der Beklagten sieht vor, dass auf der
Brachfläche zwischen der Fahrbahn und der Grenze zum Grundstück der
Kläger ein Gehweg und Parkbuchten gebaut werden sollen, im Zuge deren
Herstellung - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch die
bisher nicht bestehende Zufahrt zum Grundstück der Kläger von der Beklagten
angelegt werden kann. Gesichtspunkte, die dafür sprechen, dass die Beklagte
ihr Bauprogramm für die Herstellung der zur Erschließung des veranlagten
Grundstücks führenden Teileinrichtungen endgültig aufgegeben hat, haben die
Kläger nicht aufgezeigt. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung
vor dem Verwaltungsgericht ihre bisherige Verwaltungspraxis zur Herstellung
von Grundstückszufahrten dahingehend erläutert hat, dass der Bauherr bei
den noch nicht vollständig hergestellten Erschließungsanlagen im Zuge des
Bauantragsverfahrens die Möglichkeit erhalte, eine
Sondernutzungsgenehmigung zu erhalten, um die Grundstückszufahrt auf
eigene Kosten selbst anzulegen, gibt dies nichts dafür her, dass der Ausbau
der bisher noch nicht bestehenden Teileinrichtungen nicht mehr beabsichtigt
ist. Im Übrigen hat die Beklagte auch auf den rechtlichen Hinweis in den
Gründen des angefochtenen Urteils, dass die bisher geübte Verwaltungspraxis
nicht rechtmäßig sei, reagiert und den Klägern im Zulassungsverfahren
zugesichert, dass sie eine Grundstückszufahrt jederzeit - also ggf. auch bereits
vor der Herstellung des Gehwegs und der Parkbuchten - herstellen werde,
sobald sie von den Klägern darum gebeten werde.
Da es bei einer Teilbeitragserhebung ausreicht, wenn das Grundstück bei
einem Hinzudenken der bisher noch nicht hergestellten weiteren
Teileinrichtungen von der öffentlichen Anlage im Sinne von § 133 Abs. 1
BauGB erschlossen wird, und diese Voraussetzung hier gegeben ist, vermag
auch das ergänzende Vorbringen der Kläger, das Verwaltungsgericht habe
nicht hinreichend aufgeklärt, ob derzeit bereits eine durch Kraftwagen nutzbare
Möglichkeit zum Herauffahren auf das Grundstück bestehe, eine
Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht zu begründen. Im
Übrigen geben die Kläger das angefochtene Urteil mit diesem Vorbringen
unzutreffend wieder, denn das Verwaltungsgericht hat gerade nicht offen
gelassen, ob eine Grundstückszufahrt bereits besteht, sondern hat dies
ausdrücklich verneint.
Ohne Erfolg berufen sich die Kläger ergänzend auch auf den
Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, denn ernstliche Zweifel an
der Richtigkeit des angefochtenen Urteils haben sie in Bezug auf die
Erschließungssituation ihres Grundstücks erst nach dem Ende der am 30.
Oktober 2012 abgelaufenen Antragsbegründungsfrist des § 124 a Abs. 4 Satz
4 VwGO mit dem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 18. Februar
2013 geltend gemacht.
6. Schließlich wendet sich der Zulassungsantrag der Kläger auch gegen die
tragende Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, dass für die festgesetzte
Beitragsforderung zwischenzeitlich nicht eine Zahlungsverjährung gemäß § 11
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Abs. 1 Nr. 5 a NKAG i. V. m. § 228 AO eingetreten sei.
Die Kläger führen auch hierzu den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO an und machen an erster Stelle geltend, das Verwaltungsgericht habe
eine Unterbrechung der Verjährung angenommen, obwohl es einen
verjährungsunterbrechenden Tatbestand im Sinne von § 231 Abs. 1 AO nicht
festgestellt habe. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung
ergeben sich hieraus nicht, denn die Kläger stellen die Gründe des
angefochtenen Urteils insoweit nicht richtig dar. Das Verwaltungsgericht hat
entgegen dem Vorbringen der Kläger eine Aussetzung der Vollziehung und
damit eine Unterbrechung der Verjährung gemäß § 231 Abs. 1 Satz 1 AO
ausdrücklich bejaht: Jedenfalls mit dem Schreiben vom 16. November 2001
sei die von der Beklagten zunächst nur behördenintern angeordnete
Aussetzung der Vollziehung dem Prozessbevollmächtigten der Kläger
bekanntgegeben und damit auch im Außenverhältnis wirksam geworden
(Urteilsabdruck, S. 20). Da die Kläger die Begründung der angefochtenen
verwaltungsgerichtlichen Entscheidung insoweit unrichtig wiedergeben, geht
auch ihr darauf aufbauendes weiteres Vorbringen, in Ermangelung einer von
der Beklagten einseitig verfügten oder in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag
geregelten Aussetzung der Vollziehung oder Stundung müssten sie sich auch
nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben so behandeln lassen, als ob
sie einen Aussetzungs- oder Stundungsantrag gestellt hätten, an den
tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts vorbei. Im Übrigen kommt es
auch nicht darauf an, ob die Kläger einen Aussetzungsantrag bei der
Beklagten gestellt haben, denn die Aussetzung der Vollziehung nach § 80
Abs. 4 VwGO kann von der zuständigen Behörde auch von Amts wegen
verfügt werden, ist also keine mitwirkungsbedürftige Rechtshandlung (vgl.
BVerwG, Beschluss vom 17.9.2001 - 4 VR 19.01 - NVwZ-RR 2002, 153;
Schoch, in: ders./Schneider/Bier, a. a. O., § 80 Rdnr. 315).
Aus den vorstehenden Ausführungen des Senates folgt zugleich, dass das
Vorbringen der Kläger im Zulassungsverfahren in Bezug auf die vom
Verwaltungsgericht bejahte Unterbrechung der Zahlungsverjährung keine
entscheidungserheblichen Rechts- und Tatsachenfragen aufwirft, die einer
Klärung in einem Berufungsverfahren bedürfen und daher besondere
tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache begründen.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil
rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).