Urteil des OVG Niedersachsen vom 29.08.2013

OVG Lüneburg: vorprüfung, aufschiebende wirkung, umweltverträglichkeitsprüfung, umwandlung, ablauf der frist, beteiligungsrecht, öffentlichkeit, wirtschaftliches interesse, klagebefugnis

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Zur (fehlenden) Konzentrationswirkung einer
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im Sinne
von § 13 BImSchG bei der Erteilung einer
Waldumwandlungsgenehmigung und zur
Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 1. Hs. VwGO i.V.m. §
2 Abs. 1 UmwRG bei einer fehlerhaften Vorprüfung des
Einzelfalls nach § 3c UVPG
1. Ist die Zulässigkeit der Errichtung einer Anlage nach dem BImSchG in
materieller Hinsicht davon abhängig, dass es zu keinen schädlichen
Umweltauswirkungen für in der Nähe des Anlagegrundstücks liegende
Waldgebiete kommt, und beantragt der Waldeigentümer bzw. Waldbesitzer
eine Genehmigung zur Umwandlung dieser Waldflächen in eine andere
Nutzungsart gemäß § 8 NWaldLG, ist die Genehmigung der Waldumwandlung
keine andere, die Anlage betreffende Entscheidung im Sinne des § 13
BImSchG.
2. Bei einer durchgeführten, allerdings nicht nachvollziehbaren Vorprüfung
des Einzelfalls nach § 3c UVPG über die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens
besteht die Pflicht zur Prüfung der Umweltverträglichkeit dieses Vorhabens.
Hieraus folgt zugleich, dass vor der Zulassung dieses Vorhabens die
Öffentlichkeit nach § 9 Abs. 1 UVPG zu beteiligen ist und damit ein
Beteiligungsrecht einer anerkannten Umweltvereinigung besteht, dessen
Verletzung eine Klagebefugnis der Umweltvereinigung nach § 42 Abs. 2 1. Hs.
VwGO i.V.m. § 2 Abs. 1 UmwRG begründen kann.
OVG Lüneburg 4. Senat, Beschluss vom 29.08.2013, 4 ME 76/13
Nr 17.2.3 Anl 1 UVPG, § 10 Abs 3 BImSchG, § 13 BImSchG, § 8 WaldG ND, § 1 Abs
1 S 1 Nr 1a UmwRG, § 2 Abs 1 UmwRG, § 4 Abs 1 UmwRG, § 4a Abs 2 UmwRG, §
3a S 4 UVPG, § 3c S 2 UVPG, § 9 Abs 1 UVPG
Gründe
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den die Gewährung vorläufigen
Rechtsschutzes ablehnenden erstinstanzlichen Beschluss hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat den Hauptantrag der Antragstellerin, festzustellen,
dass die Klage des Beigeladenen gegen die Waldumwandlungsgenehmigung
des Antragsgegners vom 20. Juni 2012 (Verfahren 3 A 1/13) keine
aufschiebende Wirkung hat, mit der Begründung abgelehnt, dass der Klage des
Beigeladenen aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 Satz 2 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zukomme. Der Beigeladene sei
klagebefugt und habe auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die von
ihm erhobene Klage. Die Klagebefugnis des Beigeladenen folge aus § 42 Abs. 2
1. Hs. VwGO in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes
(UmwRG). Den Hilfsantrag der Antragstellerin, die sofortige Vollziehung der ihr
erteilten Waldumwandlungsgenehmigung anzuordnen, hat das
Verwaltungsgericht mit der Begründung abgelehnt, dass das Interesse der
Antragstellerin an der Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht das Interesse
des Beigeladenen an der aufschiebenden Wirkung des von ihm eingelegten
Rechtsbehelfs überwiege, weil dieser aller Voraussicht nach Erfolg haben
werde. Der Antragsgegner habe durch die erteilte
Waldumwandlungsgenehmigung vom 20. Juni 2012 gegen für die Entscheidung
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bedeutsame Umwelt- bzw. Verfahrensvorschriften verstoßen, welche das
Gericht der Hauptsache über § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit den
§§ 2 Abs. 5 UmwRG, 4 Abs. 1 UmwRG und Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie
2011/92/EU als Modifikation des im UmwRG geregelten Prüfungsmaßstabes zu
überprüfen berechtigt und verpflichtet sei.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung
vorläufigen Rechtsschutzes im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die von der
Antragstellerin mit ihrer Beschwerde dargelegten Gründe, die allein der Senat
gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu prüfen hat, rechtfertigen keine Änderung
des erstinstanzlichen Beschlusses.
Die Ablehnung des Hauptantrags der Antragstellerin durch das
Verwaltungsgericht ist nicht zu beanstanden. Nach der im Verfahren des
vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und
Rechtslage ist hinsichtlich der von dem Beigeladenen erhobenen Klage gegen
die Waldumwandlungsgenehmigung vom 20. Juni 2012 sowohl die für die
Zulässigkeit der Klage erforderliche Klagebefugnis als auch das notwendige
Rechtsschutzbedürfnis gegeben, so dass der Klage aufschiebende Wirkung im
Sinne von § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO zukommt (1.). Die Ablehnung des
Hilfsantrags durch das Verwaltungsgericht begegnet ebenfalls keinen
durchgreifenden Bedenken, da die Klage des Beigeladenen gegen die der
Antragstellerin erteilten Waldumwandlungsgenehmigung vom 20. Juni 2012
nach dem vorgenanntem Prüfungsmaßstab nicht nur zulässig, sondern auch
begründet ist (2.).
(1.) Die Klagebefugnis des Beigeladenen ergibt sich aus § 42 Abs. 2 1. Hs.
VwGO i.V.m. § 2 Abs. 1 UmwRG.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen der Antragstellerin ist das Umwelt-
Rechtsbehelfsgesetz auf die Klage des Beigeladenen gegen die
Waldumwandlungsgenehmigung vom 20. Juni 2012 anwendbar.
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a) UmwRG findet dieses Gesetz Anwendung für
Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 des Gesetzes
über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) über die Zulässigkeit von
Vorhaben, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine
Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen
kann. Wie vom Verwaltungsgericht in den Gründen seiner Entscheidung
(Beschlussabdruck S. 25 f.) zutreffend ausgeführt, ist bereits nach dem Wortlaut
dieser Vorschrift („bestehen kann“) für die Anwendbarkeit des Umwelt-
Rechtsbehelfsgesetzes nicht erforderlich, dass ein Rechtsbehelf gegen eine
Entscheidung im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit eines
Vorhabens vorliegt, für das eine Pflicht zur Durchführung einer
Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Vielmehr genügt bereits die Möglichkeit,
dass das Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt. Dies ergibt
sich auch aus der Gesetzeshistorie und dem systematischen Vergleich zu § 2
Abs. 5 Satz 2 UmwRG, der - anders als der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
UmwRG - für die Begründetheit eines Rechtsbehelfs nach § 2 Abs. 1 UmwRG
ausdrücklich das „Bestehen“ einer Pflicht zur Durchführung einer
Umweltverträglichkeitsprüfung erfordert (vgl. Fellenberg/Schiller, in
Landmann/Rohmer, Umweltrecht Band I, Stand: Juli 2013, § 1 UmwRG Rn 29
m.w.N.; ferner Schieferdecker, in Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl., UmwRG § 1
Rn 21 ff.). Die gegenteilige Auffassung der Antragstellerin, für die Anwendung
des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes auf den Rechtsbehelf des Beigeladenen sei
erforderlich, dass für das genehmigte Vorhaben eine Pflicht zur
Umweltverträglichkeitsprüfung bestehe, ist somit unzutreffend.
Für das von der Antragstellerin beantragte und mit Bescheid des
Antragsgegners vom 20. Juni 2012 genehmigte Vorhaben der Umwandlung von
Wald in eine andere Nutzungsart (Ackerland) gemäß § 8 NWaldLG kann eine
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Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung auch bestehen. Bei Vorhaben, für die
nach der Anlage 1 zum UVPG (Liste "UVP-pflichtige Vorhaben") eine
standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls („S“ in Spalte 2 der Anlage 1)
vorgeschrieben ist, kommt die Pflicht zur Prüfung der Umweltverträglichkeit des
Vorhabens in Betracht (vgl. Fellenberg/Schiller, a. a. O., § 1 UmwRG Rn 29
m.w.N.). Denn gemäß § 3c Satz 2 UVPG ist nach einer standortbezogenen
Vorprüfung des Einzelfalls eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen,
wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des Vorhabens nur aufgrund
besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2
aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu
erwarten sind.
Das Erfordernis einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c
Satz 2 UVPG ergibt sich hier aus Nr. 17.2.3 der Anlage 1 zum UVPG. Gemäß
Nr. 17.2.3 der Anlage 1 zum UVPG besteht für forstliche und landwirtschaftliche
Vorhaben der Rodung von Wald im Sinne des Bundeswaldgesetzes zum
Zwecke der Umwandlung in eine andere Nutzungsart mit 1 ha bis weniger als 5
ha Wald eine Verpflichtung zu einer standortbezogenen Vorprüfung des
Einzelfalls nach § 3c Satz 2 UVPG. Um ein solches Vorhaben handelt es sich
hier. Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 13. April 2012 die Umwandlung
von Wald in Ackerland auf Flächen in der Gemarkung C. unter der Bezeichnung
Flurstück 11/1 der Flur 5 (Größe 0,8955 ha) und Flurstück 46/1 der Flur 6 (Größe
0,4145 ha), mithin die Umwandlung von Wald in einer Gesamtgröße von 1,31
ha, beantragt. Der Antragsgegner genehmigte mit Bescheid vom 20. Juni 2012
unter Berücksichtigung der aktuellen Flurstückbezeichnungen für die
Grundstücke in der Gemeinde Bippen, Gemarkung C., Flur 5, Flurstück 100
(vormals Flurstück 11/1) und Flur 6, Flurstück 132 (vormals Flurstück 46/1) die
Umwandlung von Wald in einer Gesamtgröße von 1,73 ha (in der der
Genehmigung beiliegenden Karte „rot“ eingezeichnet). Sowohl nach dem Inhalt
der erteilten Genehmigung als auch nach dem Inhalt des Antrags vom 13. April
2012 ist die Mindestgröße nach Nr. 17.2.3 der Anlage 1 zum UVPG für das
Erfordernis einer standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls erreicht
gewesen.
Der mit der Beschwerde vorgebrachte Einwand der Antragstellerin, bei den von
der Umwandlung betroffenen Waldflächen handele es sich um voneinander
getrennte Flächen und diese hätten nur eine Größe von 0,8955 und 0,8300 ha,
so dass das nach Nr. 17.2.3 Anlage 1 zum UVPG erforderliche
Größenerfordernis von 1 ha für diese Flächen jeweils nicht erreicht werde, greift
nicht durch. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts
(Beschlussabdruck S. 48 ff.), dass die von der Waldumwandlungsgenehmigung
umfassten Waldflächen auf den Flurstücken 100 und 132 eine natürliche Einheit
bilden und es sich nicht um mehrere, voneinander zu trennende Waldflächen
handelt. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend berücksichtigt, dass auf
den betroffenen Waldflächen des Flurstücks 100 auf ganzer Fläche Stieleichen
und Kiefern (Bl. 20 i. V. m. Bl. 11 und 16 der Beiakte B (in dem Verfahren 3 A
1/13 Beiakte A)) sowie des Flurstücks 132 auf ganzer Fläche Roteichen und
Rotbuchen (Bl. 22 i.V.m. Bl. 11 und 16 der Beiakte B) stehen und nach dem im
Verwaltungsvorgang befindlichen Lichtbildern (Bl. 30 ff. der Beiakte B) von
einem in sich geschlossenen Baumbestand auszugehen ist. Insbesondere auf
dem Luftbild auf Bl. 35 in der Beiakte B ist deutlich zu erkennen, dass der
zwischen den Flurstücken 100 und 132 verlaufende Weg durch den
Kronenschluss des Baumbestands verdeckt wird. Der Weg trennt diese beiden
Flächen daher optisch nicht dergestalt voneinander, dass zwei unterschiedliche,
voneinander zu trennende Waldflächen vorlägen. Dass - wie die Antragstellerin
vorgebracht hat - der zwischen der Waldfläche verlaufende Weg geteert ist, ist
insoweit ohne Belang.
Soweit die Antragstellerin des Weiteren vorgebracht hat, dass das „südlich
gelegene Waldstück“ in die Ackerfläche „Auf dem Esche“ jenseits der Straße an
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drei Seiten begrenzt hereinrage, wenn man die Verbindungsstraße zwischen
dem Rittergut und die Lindenallee außer Betracht lasse, und dieses Waldstück
optisch von den übrigen zusammenhängenden Waldstücken zu differenzieren
sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Zwischen dem „südlich gelegenen Waldstück
und den nördlich und zu beiden Seiten des Heuerhauses gelegenen
Waldflächen“ besteht vielmehr ausweislich des vorgenannten Luftbilds vermittelt
durch weitere Waldflächen, die allerdings nicht Gegenstand der
Umwandlungsgenehmigung sind, ein räumlicher Zusammenhang. Der
behauptete singuläre Charakter der südlich gelegenen Waldfläche ist anhand
der vorliegenden Aufnahmen nicht erkennbar. Im Übrigen hat die Antragstellerin
mit ihrer Beschwerde auch nicht dargelegt, welche Größe das nach ihrer
Auffassung „singuläre“ südlich gelegene Waldstück aufweist. Selbst wenn
dieses „singulären“ Charakter haben sollte, ist mit ihrer Beschwerde nicht
dargelegt worden, dass die übrigen von der Waldumwandlungsgenehmigung
erfassten Waldstücke, die offensichtlich auch nach Auffassung der
Antragstellerin durchaus als „eine“ Waldfläche verstanden werden können (vgl.
Beschwerdebegründung vom 17. April 2013, S. 3), eine Gesamtgröße von nicht
mehr als 1 ha aufweisen.
Im Übrigen dürfte eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c
Satz 2 UVPG auch dann erforderlich gewesen sein, wenn es sich hier - wie von
der Antragstellerin vorgebracht - um voneinander getrennte Waldflächen
handeln würde. Denn gemäß § 3c Satz 5 UVPG i. V. m. § 3b Abs. 2 Satz 1
UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer standortbezogenen
Vorprüfung des Einzelfalls auch, wenn mehrere Vorhaben derselben Art, die
gleichzeitig von demselben oder mehreren Trägern verwirklicht werden sollen
und in einem engen Zusammenhang stehen (kumulierende Vorhaben),
zusammen die maßgeblichen Größen- oder Leistungswerte erreichen oder
überschreiten. Ein enger Zusammenhang ist gemäß § 3b Abs. 2 Satz 2 Nr. 2
UVPG gegeben, wenn diese Vorhaben als sonstige in Natur und Landschaft
eingreifende Maßnahmen in einem engen räumlichen Zusammenhang stehen
und einem vergleichbaren Zweck dienen. Jedenfalls dieses ist hier bei dem
Vorhaben der Antragstellerin der Fall.
Da sich die für die Anwendung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes gemäß § 1
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a) UmwRG erforderliche Möglichkeit einer Pflicht zur
Umweltverträglichkeitsprüfung des durch die Waldumwandlungsgenehmigung
vom 20. Juni 2012 zugelassenen Vorhabens bereits aus Nr. 17.2.3 der Anlage 1
zum UVPG ergibt, kann insoweit dahinstehen, ob - wie das Verwaltungsgericht
gemeint hat - eine potentielle Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung der
Umwandlung von Waldflächen der Antragstellerin in Ackerland darüber hinaus
auch deshalb besteht, weil die erteilte Waldumwandlungsgenehmigung vom 20.
Juni 2012 rechtlich und tatsächlich mit der dem Sohn der Antragstellerin erteilten
immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung vom 3. September 2012
zur Errichtung von zwei weiteren Hähnchenmastställen mit je 50.000 Tierplätzen
in der Nähe der von der Waldumwandlung betroffenen Flächen der
Antragstellerin verknüpft sei, die Waldumwandlungsgenehmigung daher als eine
andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidung im Sinne von § 13
BImSchG von der erteilten immissionsschutzrechtlichen
Änderungsgenehmigung „einkonzentriert“ sein könne und für die Erweiterung
der vorhandenen Stallanlagen um zwei weitere Masthähnchenställe mit je
50.000 Plätzen gemäß Nr. 7.3.1 der Anlage 1 UVPG eine
Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben sei (Beschlussabdruck S. 27 f.).
Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis auch zutreffend angenommen, dass
der Beigeladene gemäß § 42 Abs. 2 1. Hs. VwGO i.V.m. § 2 Abs. 1 UmwRG
befugt ist, nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung Klage gegen die
Waldumwandlungsgenehmigung vom 20. Juni 2012 zu erheben.
Für die Prüfung der Zulässigkeit und Begründetheit des von dem Beigeladenen
gegen die Waldumwandlungsgenehmigung vom 20. Juni 2012 eingelegten
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Rechtsbehelfs der Klage ist das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in seiner ab dem
29. Januar 2013 geltenden Fassung zugrunde zu legen. Gemäß § 5 Abs. 4 Satz
1 UmwRG sind Entscheidungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,
Genehmigungsverfahren nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder
Rechtsbehelfsverfahren nach § 2, die am 12. Mai 2011 anhängig waren oder
nach diesem Tag eingeleitet worden sind und die am 29. Januar 2013 noch
nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sind, nach den Vorschriften dieses
Gesetzes in der ab dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung zu Ende zu
führen. Diese Voraussetzung liegt hinsichtlich der Klage des Beigeladenen
gegen die Waldumwandlungsgenehmigung vom 20. Juni 2012 als
Rechtsbehelfsverfahren nach § 2 UmwRG vor, da diese am 29. September
2012 beim Verwaltungsgericht eingegangen ist und über sie bis zum 29. Januar
2013 noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Nach dem eindeutigen
Wortlaut des § 5 Abs. 4 Satz 1 UmwRG ist daher nicht - wie die Antragstellerin
meint - auf das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in der zum Zeitpunkt des Erlasses
der Genehmigung vom 20. Juni 2012 geltenden Fassung abzustellen. Im
Übrigen hat die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde auch nicht dargelegt, aus
welchen Gründen der Rechtsbehelf des Beigeladenen unzulässig wäre, wenn
man der gerichtlichen Entscheidung anstelle der aktuell geltenden Fassung die
bis zum 28. Januar 2013 geltende Fassung des § 2 Abs. 1 UmwRG zugrunde
legen würde.
Nach § 2 Abs. 1 UmwRG in der ab dem 29. Januar 2013 geltenden Fassung
kann eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung,
ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen,
Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine
Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn
die Vereinigung geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1
oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen und
für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht (Nr. 1), geltend
macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele
des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 oder deren
Unterlassen berührt zu sein, (Nr. 2) und zur Beteiligung in einem Verfahren nach
§ 1 Abs. 1 Satz 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den
geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden
Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist (Nr. 3).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Bei dem Beigeladenen handelt es sich - was zwischen den Beteiligten nicht
streitig ist - um eine nach § 3 UmwRG anerkannte Vereinigung. Darüber hinaus
liegt - wie oben ausgeführt - eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG
vor, da es sich bei der genehmigten Waldumwandlung wegen der erforderlichen
Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3 c Satz 2 UVPG um ein Vorhaben handelt,
für das eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Der
Beigeladene macht auch die Verletzung von Rechtsvorschriften geltend, die
dem Umweltschutz dienen und für die Entscheidung von Bedeutung sein
können (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG); der Senat verweist insoweit auf die
zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Beschluss (Beschlussabdruck
S. 30 f.), die mit der Beschwerde der Antragstellerin auch nicht angegriffen
worden sind. Überdies macht der Beigeladene geltend, in seinem
satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des
Umweltschutzes berührt zu sein (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UmwRG); auch diesbezüglich
sind die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts (Beschlussabdruck S.
31), zu denen sich die Beschwerde der Antragstellerin ebenfalls nicht verhalten
hat, nicht zu beanstanden. Schließlich sind auch die Maßgaben des § 2 Abs. 1
Nr. 3 UmwRG erfüllt.
Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 1. Hs. UmwRG muss die anerkannte Vereinigung zur
Beteiligung in einem Verfahren nach § 1 Abs. 1 berechtigt gewesen sein. Diese
Voraussetzung muss objektiv vorliegen, die Geltendmachung eines
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Beteiligungsrechts reicht wegen des insoweit von § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2
UmwRG abweichenden Wortlauts nicht aus (vgl. Fellenberg/Schiller, a.a.O., § 2
Rn 38 m. w. N.).
Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass für den Rechtsbehelf des
Beigeladenen die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG vorliege, weil
dem Beigeladenen entgegen § 10 Abs. 3 BImSchG in Verbindung mit den §§
16, 13 BImSchG keine Gelegenheit zur Äußerung hinsichtlich der Umwandlung
von Wald in Ackerland im (möglicherweise) UVP-pflichtigen
immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren gegeben worden sei
(Beschlussabdruck S. 32 ff.), ist nicht zutreffend. Das nach § 2 Abs. 1 Nr. 3
UmwRG erforderliche Beteiligungsrecht des Beigeladenen in dem
Verwaltungsverfahren zur Erteilung der von der Antragstellerin beantragten
Waldumwandlungsgenehmigung folgt hier indes aus § 9 Abs. 1 UVPG. Dies
ergibt sich aus Folgendem:
In dem auf die Erteilung einer Waldumwandlungsgenehmigung gerichteten
Verwaltungsverfahren ist der Beigeladene nicht nach § 10 Abs. 3 BImSchG zu
beteiligen gewesen. Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG kann die Öffentlichkeit
bis zwei Wochen nach Ablauf der Frist zur Auslegung der in § 10 Abs. 3 Satz 2
BImSchG genannten Unterlagen gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich
Einwendungen erheben. Das in § 10 Abs. 3 Satz 4 BImSchG geregelte Recht
der „Öffentlichkeit“ stellt zwar auch ein Beteiligungsrecht einer nach § 3 UmwRG
anerkannten Vereinigung dar, da diese Teil der Öffentlichkeit ist. Dieses
Beteiligungsrecht gilt indes nur für das förmliche Genehmigungsverfahren nach
§ 10 BImSchG, das für die von dem Sohn der Antragstellerin beantragte
Errichtung von zwei (weiteren) Hähnchenmaststallanlagen in unmittelbarer Nähe
der Waldflächen der Antragstellerin durchzuführen gewesen ist (vgl. § 2 Abs. 1
Nr. a) 4. BImschV i. V. m. Nr. 7.1.3.1 der Anlage 1). In diesem Verfahren hat ein
Beteiligungsrecht des Beigeladenen bestanden mit der Möglichkeit, Einwände
gegen die von dem Sohn der Antragstellerin geplante Stallerweiterung zu
erheben und auch zu den Auswirkungen des Vorhabens auf umliegende
Waldgebiete Stellung zu nehmen. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch das
Bestehen eines Beteiligungsrechts des Beigeladenen in dem auf die
Genehmigung der Umwandlung von Wald gemäß § 8 NWaldLG gerichteten
Verfahren, das auf den Antrag der Antragstellerin als Eigentümerin dieser
Flächen eingeleitet worden ist. Dieses Verfahren steht zwar in einem
Zusammenhang zu dem parallel betriebenen immissionsschutzrechtlichen
Verfahren, da durch die Umwandlung von Wald in unmittelbarer Nähe zu den
geplanten Stallanlagen, deren Errichtung zu grenzwertüberschreitenden
Ammoniakimmissionen in den nördlich und westlich der Anlagen gelegenen
Waldflächen führen wird (vgl. die Umweltverträglichkeitsstudie zur Erweiterung
der Masthähnchenanlage um zwei weitere Stallgebäude von Dipl.-Ing. Rötker,
Seiten 29 und 31), die Genehmigungsfähigkeit der Stallerweiterung nach dem
Bundesimmissionsschutzgesetz sichergestellt werden soll. Hieraus folgt jedoch
nicht, dass das Waldumwandlungsvorhaben der Antragstellerin zwingend in das
Verfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz einzubeziehen und über
die Waldumwandlung nur zusammen mit der immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung zu entscheiden gewesen ist. Eine Verpflichtung, die von der
Antragstellerin beantragte Waldumwandlung in das immissionsschutzrechtliche
Genehmigungsverfahren einzubeziehen, hätte nur bestanden, wenn die
immissionsschutzrechtliche Genehmigung aufgrund der Konzentrationswirkung
des § 13 BImSchG die Waldumwandlungsgenehmigung eingeschlossen und
daher kein Raum mehr für ein eigenständiges Verwaltungsverfahren bezüglich
der „verdrängten“ Entscheidung bestanden hätte (vgl. dazu Seibert, in
Landmann/Rohmer, Umweltrecht Band III, BImSchG, § 13 Rn 50 m.w.N.). Eine
solche Konzentrationswirkung kommt der immissionsschutzrechtlichen
Genehmigung hier indes nicht zu.
Nach § 13 BImSchG schließt die Genehmigung andere die Anlage betreffende
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behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich-rechtliche
Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen
mit Ausnahme von Planfeststellungen, Zulassungen bergrechtlicher
Betriebspläne, behördlichen Entscheidungen auf Grund atomrechtlicher
Vorschriften und wasserrechtlichen Erlaubnissen und Bewilligungen nach § 8 in
Verbindung mit § 10 des Wasserhaushaltsgesetzes. Von der
Konzentrationswirkung erfasst werden - von den vorgenannten, hier nicht
einschlägigen Ausnahmen abgesehen - ausschließlich anlagebezogene („die
Anlage betreffende“) Entscheidungen. Anlagebezogen sind solche
Entscheidungen, die Voraussetzung für die Errichtung und den Betrieb der
Anlage sind und insoweit eine „Freigabewirkung“ für den Betreiber der Anlage
haben (vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 19.3.2007 - 1 S 1041/05 - m. w.
N.). Die ersetzten behördlichen Entscheidungen müssen folglich auf eine
Überprüfung dieses Vorhabens ausgerichtet sein (Seibert, a. a. O., § 13 Rn. 72).
Eine anlagebezogene Entscheidung in dem vorgenannten Sinn liegt vor, wenn
zur Errichtung einer nach dem BImSchG genehmigungsbedürftigen Anlage die
Rodung von Wald deshalb erforderlich ist, weil auf dem Grundstück, auf dem die
Anlage errichtet werden soll, Wald stockt. In diesem Fall wird mit einer
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für das Waldgrundstück als
vorgesehenes Betriebsgelände zwingend eine andere Nutzungsart verbindlich
gestattet, so dass insoweit auch von einer Konzentrationswirkung der
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die erforderliche
Waldumwandlung auszugehen ist (vgl. auch Seibert, a. a. O., § 13 Rn. 75 m. w.
N.). Demzufolge sieht auch § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NWaldLG vor, dass eine
Genehmigung zur Umwandlung von Wald in Flächen mit anderer Nutzungsart
nach § 8 Abs. 1 NWaldLG nicht erforderlich ist, soweit die Umwandlung durch
eine Baugenehmigung oder eine Bodenabbaugenehmigung erforderlich wird.
Dies gilt auch für die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung,
da diese eine anlagebezogene Baugenehmigung nach § 13 BImSchG ersetzt
(vgl. Seibert, a. a. O., § 13 Rn. 76).
Hiervon zu unterscheiden ist jedoch der hier vorliegende Fall, in dem der
Waldeigentümer bzw. Waldbesitzer eine Umwandlung von Wald auf Flächen
beantragt, die in der Nähe eines Grundstücks liegen, auf dem eine nach dem
BImSchG genehmigungsbedürftige Anlage errichtet werden soll. Die
Zulässigkeit der Errichtung dieser Anlage mag zwar in materieller Hinsicht davon
abhängig sein, dass es zu keinen schädlichen Umweltauswirkung durch die
Anlage auf umliegende Waldgebiete kommt (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG). Dies
ändert jedoch nichts daran, dass der Waldeigentümer bzw. der Waldbesitzer
unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 NWaldLG einen Anspruch auf
ermessensfehlerfreie Entscheidung über eine von ihm beabsichtigte
Umwandlung seiner Waldflächen hat, über den unabhängig von der Errichtung
und dem Betrieb der Anlage auf benachbarten Grundstücken zu entscheiden ist.
Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 NWaldLG kann die Genehmigung zur Waldumwandlung
erteilt werden, wenn sie Belangen der Allgemeinheit dient oder erhebliche
wirtschaftliche Interessen der waldbesitzenden Person die Umwandlung
erfordern (Nr. 1) und diese Belange und Interessen unter Berücksichtigung der
Ersatzmaßnahmen nach den Abs. 4 und 5 Satz 5 und der Maßnahmen nach
Abs. 5 Satz 1 das öffentliche Interesse an der Erhaltung der im Einzelnen in § 8
Abs. 3 Nr. 2 a) bis c) NWaldLG genannten Waldfunktionen überwiegen. Liegen
diese Voraussetzungen vor, ist über die Waldumwandlung durch die
Waldbehörde zu entscheiden. Wird eine Umwandlungsgenehmigung erteilt,
erstreckt sich diese nur auf das Waldgrundstück, auf dem die Umwandlung
erfolgen soll. sie betrifft aber nicht die Errichtung oder den Betrieb einer Anlage
auf einem anderen Grundstück. Folglich fehlt es in dieser Konstellation an dem
für die Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG erforderlichen unmittelbaren
Bezug der Waldumwandlungsgenehmigung zu der Errichtung und dem Betrieb
einer Anlage auf einem anderen Betriebsgrundstück und der „Freigabewirkung“
für dieses Vorhaben. Durch die Waldumwandlungsgenehmigung soll in diesem
Fall zwar eine der Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Errichtung und den
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Betrieb dieser Anlage geschaffen werden. Da die Waldumwandlung auf einem
anderen Grundstück erfolgen soll, dürfte sie aber nicht einmal als vorbereitende
Maßnahme für die Errichtung der Anlage anzusehen sein. Im Übrigen stellt
selbst eine Genehmigung für eine vorbereitende Maßnahme für eine nach dem
BImSchG genehmigungsbedürftige Anlage keine anlagebezogene
Genehmigung im Sinne des § 13 BImSchG dar (Wasieleski, in
Koch/Pache/Scheuing, GK-BImSchG, § 13 Rn. 29 m. w. N.; vgl. auch Storost, in
Ule/Laubinger/Repkewitz, BImSchG, Stand: Juli 2013, § 13 D 1). Von der
immissionsrechtlichen Genehmigung werden Genehmigungen, die lediglich
Maßnahmen zum Gegenstand haben, die die Errichtung erst vorbereiten,
nämlich nicht eingeschlossen (vgl. Seibert, a.a.O., § 13 Rn. 74).
Der für die Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG erforderliche
Anlagebezug besteht im Übrigen auch dann nicht, wenn der Waldbesitzer - wie
hier die Antragstellerin - sein wirtschaftliches Interesse an der Waldumwandlung
(unter anderem) damit begründet, dass er wirtschaftlich von der nach erfolgter
Waldumwandlung möglichen Errichtung einer Anlage in der Umgebung seiner
Waldflächen profitiert. Denn dies ändert nichts daran, dass die
Waldumwandlungsgenehmigung hier keine die Errichtung und den Betrieb der
nach dem BImSchG genehmigungsbedürftigen Anlage auf einem anderen
Grundstück betreffende Entscheidung ist.
Das nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG erforderliche Beteiligungsrecht des
Beigeladenen im Verfahren zur Erteilung der Waldumwandlungsgenehmigung
kann sich daher - mangels Konzentrationswirkung der
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für das Vorhaben der
Waldumwandlung - nicht aus § 10 BImSchG ergeben. Das Beteiligungsrecht
des Beigeladenen in diesem Verfahren besteht hier jedoch gemäß § 9 Abs. 1
UVPG.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 UVPG hat die zuständige Behörde die Öffentlichkeit zu
den Umweltauswirkungen des Vorhabens zu beteiligen. Außerdem wird der
betroffenen Öffentlichkeit gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 UVPG im Rahmen der
Beteiligung Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Das Beteiligungsrecht nach § 9
Abs. 1 UVPG besteht auch für eine Umweltvereinigung nach § 3 UmwRG als
Bestandteil der Öffentlichkeit und der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von § 2
Abs. 6 UVPG. Der Beigeladene ist als anerkannte Umweltvereinigung nach § 3
UmwRG aber nur dann gemäß § 9 Abs. 1 UVPG in dem Verfahren zur Erteilung
der beantragten Waldumwandlungsgenehmigung zu beteiligen, wenn für dieses
Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Denn nur
insoweit findet § 9 Abs. 1 UVPG aufgrund seiner systematischen Stellung im
zweiten Abschnitt des ersten Teils des UVPG (Verfahrensschritte der
Umweltverträglichkeitsprüfung) Anwendung (vgl. auch Wagner, in
Hoppe/Beckmann, UVPG, 4. Aufl., § 9 Rn 20). Ob für das Vorhaben der
Antragstellerin eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, hängt
wiederum - wie bereits dargelegt - von dem Ergebnis der nach § 3c Satz 2
UVPG i. V. m. Nr. 17.2.3 der Anlage 1 zum UVPG gebotenen
standortortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls ab. Eine
Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung ist daher nach der
standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls gemäß § 3c Satz 2 UVPG nur
dann durchzuführen, wenn trotz der geringen Größe oder Leistung des
Vorhabens aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in der
Anlage 2 Nr. 2 aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige
Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Die Pflicht zur Durchführung einer
Umweltverträglichkeitsprüfung setzt somit eine entsprechende (positive)
Feststellung der Behörde voraus, an der es hier aufgrund des Ergebnisses der
Vorprüfung vom 7. November 2012 des Antragsgegners fehlt. Dies führt indes
nicht dazu, dass es die Behörde ohne die Möglichkeit einer gerichtlichen
Überprüfung in der Hand hat, im Fall einer standortbezogenen Vorprüfung des
Einzelfalls abschließend darüber zu entscheiden, dass das Vorhaben keiner
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Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu unterziehen ist.
Beruht die Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben
soll (vgl. § 3a Satz 4 UVPG), auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c
UVPG, ist nämlich gemäß § 3a Satz 4 UVPG die Einschätzung der zuständigen
Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die
Zulässigkeit des Vorhabens darauf zu überprüfen, ob die Vorprüfung
entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob
das Ergebnis nachvollziehbar ist. Erweist sich das Ergebnis der Vorprüfung des
Einzelfalls nach § 3c UVPG nach dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG als nicht
nachvollziehbar, folgt daraus, dass in dem Entscheidungsverfahren über die
Zulässigkeit des Vorhabens eine Umweltverträglichkeitsprüfung hätte
durchgeführt werden müssen und deren Unterbleiben einen Mangel im Sinne
des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG darstellt (so ausdrücklich BVerwG, Urt. v.
20.12.2011 - 9 A 31.10 -; ebenso Fellenberg/Schiller, a.a.O., UmwRG § 4 Rn
14). Im Ergebnis besteht daher bei einer durchgeführten, allerdings nicht
nachvollziehbaren Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG die Pflicht zur
Prüfung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens, so dass vor der Zulassung
dieses Vorhabens auch die Öffentlichkeit nach § 9 Abs. 1 UVPG zu beteiligen
ist. Folglich ist in dieser Konstellation auch ein Beteiligungsrecht einer
anerkannten Umweltvereinigung nach § 3 UmwRG zu bejahen.
Dass bei einer nicht den Maßgaben des § 3a Satz 4 UVPG genügenden
Vorprüfung des Einzelfalls ein Beteiligungsrecht nach § 9 Abs. 1 UVPG besteht
und daher die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 1. Hs. UmwRG
für ein Rechtsbehelf nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegeben
ist, folgt im Übrigen auch daraus, dass nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG die
Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 verlangt werden kann, wenn eine durchgeführte Vorprüfung
des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab von § 3a Satz 4
UVPG genügt. Hierdurch wird klargestellt, dass das Unterbleiben einer
erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung auch darauf beruhen kann, dass
eine fehlerhafte Vorprüfung des Einzelfalls erfolgt ist (vgl. die Begründung des
Gesetzentwurfs zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer
umweltrechtlicher Vorschriften in BT-Drs 17/10957, S. 17). Kann die Aufhebung
einer Zulassungsentscheidung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG mit Erfolg
verlangt werden, folgt daraus allerdings auch zugleich, dass ein Rechtsbehelf,
mit dem eine fehlerhafte Vorprüfung des Einzelfalls gerügt wird, zulässig sein
muss.
Das Ergebnis der vom Antragsgegner nach Erteilung der
Waldumwandlungsgenehmigung vom 20. Juni 2012 (nachträglich)
durchgeführten standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls vom 7.
November 2012 erweist sich aus den vom Verwaltungsgericht genannten
Gründen (vgl. Beschlussabdruck S. 53 ff.) als nicht nachvollziehbar. Der
Beigeladene ist daher in dem Verfahren zur Erteilung der
Waldumwandlungsgenehmigung im Rahmen der erforderlichen Prüfung der
Umweltverträglichkeit gemäß § 9 Abs. 1 UVPG zu beteiligen gewesen, so dass
die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UmwRG für die Zulässigkeit der von
ihm erhobenen Klage gegeben sind.
Soweit der Verwaltungsbehörde - wie hier - bei der Anwendung
umweltrechtlicher Vorschriften eine Beurteilungsermächtigung eingeräumt ist, ist
eine behördliche Entscheidung im gerichtlichen Verfahren gemäß § 4 a Abs. 2
UmwRG nur auf die in den Nummern 1 bis 4 aufgezählten Fehlertypen zu
überprüfen. Gemäß § 4 a Abs. 2 Nr. 1 UmwRG ist zu überprüfen, ob der
Sachverhalt vollständig und zutreffend erfasst wurde. Hier ist der Antragsgegner
bei der von ihm gemäß § 3c UVPG vorgenommenen Einschätzung der
möglichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Waldumwandlungsvorhabens
der Antragstellerin von einem falschen und nicht vollständig erfassten
Sachverhalt ausgegangen mit der Folge, dass das Ergebnis der Vorprüfung
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nicht nachvollziehbar ist.
Der Antragsgegner hat seiner standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls die
Antragsunterlage der Antragstellerin in dem auf die Erteilung einer
Waldumwandlungsgenehmigung nach § 8 NWaldLG gerichteten Verfahren und
die Umweltverträglichkeitsstudie von Dipl.-Ing. Rötker, die im Rahmen des auf
die Erweiterung der Masthähnchenstallanlage gerichteten Verfahrens nach dem
BImSchG in Auftrag gegeben worden ist, zugrunde gelegt (vgl. Prüfbogen vom
7. November 2012, Beschreibung des Vorprüfungsanlasses, Seite 1). Dem
Antrag auf Erteilung einer Waldumwandlungsgenehmigung hatte die
Antragstellerin unter anderem einen Auszug aus dem Wald-Betriebswerk der
forstwirtschaftlichen Besitzungen zu den Flächen D1, E1 und A1 beigefügt (vgl.
Bl. 13, Bl. 19 bis 22 der Beiakte B zu dem Verfahren 4 ME 76/13). Aus diesen
Unterlagen ergibt sich, dass auf dem Flurstück 100 die Hauptbaumart Stieleiche
(Alter: 125 Jahre, aus Pflanzung) gemischt mit Kiefer (Alter: 100 Jahre, aus
Pflanzung) ist. Auf dem Flurstück 132 befindet sich die Hauptbaumart Roteiche
(31 Jahre, aus Pflanzung) gemischt mit Rotbuche (31 Jahre, aus Pflanzung). Im
Gegensatz dazu wird in der standortbezogenen Vorprüfung des Antragsgegner
zu den Merkmalen des Vorhabens beschrieben, dass die beantragte
Waldumwandlung eine Flächengröße von insgesamt 1,31 ha umfasse
(Teilfläche A: 0,8855 ha, Teilfläche B: 0,4145 ha) und es sich bei der Teilfläche
A um eine junge, 20 jährige Aufforstung bestehend aus Buche und Roteiche
und um einen älteren, ca. 80-jährigen Laubmischholzbestand mit Stieleiche
handele. Der Antragsgegner ist daher - wie vom Verwaltungsgericht zutreffend
dargelegt (Beschlussabdruck S. 54) - bei seiner Vorprüfung des Einzelfalls von
einem falschen Alter des von der Waldumwandlung betroffenen Baumbestands
ausgegangen. Es liegt auf der Hand, dass für die Beurteilung möglicher
Umweltauswirkungen der Umwandlung von Wald auch das Alter des
betroffenen Baumbestands von Bedeutung sein kann, insbesondere wenn wie
hier eine Diskrepanz von bis zu 45 Jahren vorliegt. Die Antragstellerin hat mit
ihrer Beschwerde auch nicht vorgebracht, dass das Alter des vorhandenen
Baumbestands insoweit ohne Belang wäre. Soweit sie eingewandt hat, dass es
sich bei den 125 Jahre alten Stieleichen um „schlagreifen“ Wirtschaftswald
handele, ändert dies nichts daran, dass der Zustand der von der
Waldumwandlung betroffenen Waldfläche von der Behörde zutreffend zu
erfassen ist, um die nach § 3c Satz 2 UVPG gebotene Vorprüfung, ob erheblich
nachteilige Umweltauswirkungen von dem Vorhaben der Waldumwandlung zu
erwarten sind, vornehmen zu können. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts,
dass die Differenz in der Altersstruktur der Waldumwandlungsfläche so
gravierend sei, dass sie bereits für sich genommen die Einschätzung fehlender
Umweltauswirkungen auf Natur und Landschaft nicht zu tragen vermöge, ist
durch das Beschwerdevorbringen daher nicht mit Erfolg in Frage gestellt
worden.
Ferner ist nicht nachvollziehbar, dass nach dem Ergebnis der Vorprüfung des
Antragsgegners die Auswirkungen der Waldumwandlung auf Tiere und Pflanzen
unerheblich sein sollen (Nr. 3.2 der Vorprüfung vom 7. November 2012). Denn
diese Feststellung des Antragsgegners beruht auf einem im Rahmen des
Vorprüfungsverfahrens nicht vollständig erfassten Sachverhalt.
In der von ihm durchgeführten Vorprüfung hat der Antragsgegner berücksichtigt,
dass nach der überschlägigen Beschreibung der möglichen nachteiligen
Umweltauswirkungen auf der Grundlage der Merkmale des Vorhabens und des
Standorts durch die Antragstellerin die Umwandlungsflächen sich als
Lebensraum für waldbewohnende Arten und Lebensgemeinschaften darstellten,
dieser Lebensraum für die Jungaufforstung jedoch eingeschränkt vorhanden
sei, besonders geschützte oder streng geschützte Arten augenscheinlich nicht
vorkämen und der ca. 80-jährige Mischwaldbestand zahlreichen
waldbewohnenden Arten einen guten Lebensraum böten und das
Vorhandensein von höhlenbewohnenden Arten nicht auszuschließen sei (Nr.
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3.2 Spalte 2 der Vorprüfung). In der Beurteilung der Erheblichkeit der
Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt beschränkt sich der
Antragsgegner auf die Feststellung, dass durch die Waldumwandlung
Lebensräume von Arten und Lebensgemeinschaften erheblich beeinträchtigt
würden, die angrenzenden, zum Teil naturnahen Bereiche des großflächigen
Waldkomplexes jedoch gute Ausweichmöglichkeiten für waldbewohnende
Arten, insbesondere für die höhlenbrütenden Arten vorhielten und auch die als
Laubwald anzupflanzenden Ersatzaufforstungsflächen mittelfristig die Funktion
als Lebensraum für Arten und Lebensgemeinschaften wahrnehmen könnten
(Nr. 3.2 Spalte 3 der Vorprüfung). Zu den Auswirkungen der Waldumwandlung
auf möglicherweise besonders oder streng geschützte Arten verhält sich die von
dem Antragsgegner vorgenommene Beurteilung der Erheblichkeit der
Auswirkungen nicht, auch nicht im Wege einer im Rahmen der Vorprüfung
geforderten „überschlägigen Vorausschau“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9
A 31/10 -). Hierzu hätte indes Anlass bestanden, da jedenfalls zum Zeitpunkt der
Durchführung der Vorprüfung nach dem Inhalt der Umweltverträglichkeitsstudie
von Dipl.-Ing. Rötker das Vorhandensein besonders geschützter oder streng
geschützter Arten nicht auszuschließen gewesen ist. Der Senat nimmt insoweit
Bezug auf die überzeugenden Ausführungen im erstinstanzlichen Beschluss (S.
55 f.). Dem kann die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde auch nicht mit Erfolg
entgegenhalten, dass der vom Verwaltungsgericht erwähnte Schwarzspecht
zwar im näheren Umfeld des Gutshofes im dortigen Altgehölz 400 Meter
südwestlich von den Waldumwandlungsflächen gesichtet worden sei, nach dem
Ergebnis einer Begehung vom 9. April 2013 durch Dipl.-Ing. Rötker im
Baumbestand auf den Umwandlungsflächen jedoch keine aufgegebenen bzw.
aktuellen Vermehrungsstätten des Schwarzspechts feststellbar gewesen seien
(vgl. die im Beschwerdeverfahren vorgelegte Stellungnahme vom 9. April 2013).
Unabhängig davon, dass das Verwaltungsgericht nicht allein auf die mögliche
Betroffenheit des Schwarzspechts als streng geschützte Art durch die
Waldumwandlung abgestellt hat (vgl. Beschlussabdruck S. 55 f.), ist für die nach
§ 3a Satz 4 UVPG geforderte Kontrolle der Plausibilität des
Vorprüfungsergebnisses allein die von der Behörde für ihr Prüfergebnis
gegebene Begründung zugrunde zu legen, so dass nachträglich gewonnene
Erkenntnisse, die die Auswirkungen (des Vorhabens) auf die Umwelt in einem
anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Frage der Tragfähigkeit des
Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die
Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein
können (BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A 31.10 -). Aufgrund der Feststellungen
in der Umweltverträglichkeitsstudie von Dipl.-Ing. Rötker hat daher für den
Antragsgegner im Rahmen der Vorprüfung Anlass bestanden, überschlägig zu
beurteilen, ob durch das Vorhaben erhebliche nachteilige Auswirkungen auf
besonders oder streng geschützte Tierarten zu erwarten sind. Hieran fehlt es, so
dass das Ergebnis der Vorprüfung auch insoweit nicht plausibel ist.
Die fehlende Plausibilität des Ergebnisses der Vorprüfung ergibt sich schließlich
auch daraus, dass sich der Antragsgegner in dieser nicht zu möglichen
Auswirkungen des Vorhabens auf den in Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG des
Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der
wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206, S. 7) unter dem Code 9190
gelisteten FFH-Lebensraumtyp „Alte bodensaure Eichenwälder mit Quercus
robur“ auseinandergesetzt hat. In der Umweltverträglichkeitsstudie von Dipl.-Ing.
Rötker wird der Waldbereich, der auf dem Flurstück 100 der Flur 5 umgewandelt
werden soll, als „Eichenmischwald armer, trockener Sandböden (WQT)“
gekennzeichnet (vgl. Biotoptypenkarte auf Seite 14 der
Umweltverträglichkeitsstudie; Bl. 54 der Akte 3 A 1/13). Der Biotoptyp
„Eichenmischwald armer, trockener Sandböden“ mit der Klassifizierung „WQT“
entspricht gemäß der Einstufung der Biotoptypen in Niedersachsen dem FFH-
Lebensraumtyp 9190 (vgl. Bl. 56 der Gerichtsakte 3 A 1/13). Unter
Zugrundelegung der Erkenntnisse in der Umweltverträglichkeitsstudie hätte es
daher im Rahmen der Vorprüfung der überschlägigen Einschätzung zu
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möglichen Auswirkungen des Vorhabens auf diesen Lebensraumtyp bedurft. Da
in der Vorprüfung unter 3.2 (Spalte 2) in der überschlägigen Beschreibung der
möglichen nachteiligen Umweltauswirkungen auf Grundlage der Merkmale des
Vorhabens und des Standorts durch den Antragsteller lediglich ausgeführt wird,
dass ein FFH-Lebensraumtyp nicht vorliege, und der Antragsgegner in seiner
Beurteilung der Auswirkungen (Nr. 3.2 Spalte 3 der Vorprüfung) mögliche
Auswirkungen auf einen FFH-Lebensraumtyp offensichtlich nicht berücksichtigt,
liegt ein Ermittlungsdefizit im Rahmen der Vorprüfung vor, der ebenso zur
fehlenden Plausibilität der vom Antragsgegner getroffenen Einschätzung der
fehlenden UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens der Waldumwandlung führt. Auch
insoweit gilt, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse hierzu unbeachtlich
sind. Es ist daher unerheblich, dass ausweislich der im Beschwerdeverfahren
vorgelegten ergänzenden Stellungnahme des Dipl.-Ing. Rötker vom 15. April
2013 der betroffene Wald tatsächlich „im weitesten Sinne dem o.g. Biotoptyp
zugeordnet werden“ könne, aufgrund der geringen Größe, der scharfen
Durchforstung und Unterpflanzung mit Buche, fehlendem Totholz und
weitestgehend fehlender biotoptypischer Strauch- und Krautschicht der Wald
jedoch stark „degeniert, der biotoptypische Zustand als schlecht einzustufen“
und der erfasste Bestand deshalb nicht dem schutzwürdigen FFH-
Lebensraumtyp 9190 zuzuordnen sei. Im Übrigen findet sich weder in der
Vorprüfung des Antragsgegners noch im Verwaltungsvorgang eine
gleichlautende Einschätzung, so dass insoweit noch von einem weiteren
Klärungsbedarf auszugehen ist.
Erweist sich somit das Ergebnis der Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG
nach dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG vorliegend als nicht nachvollziehbar,
folgt hieraus - wie oben bereits ausgeführt - zugleich, dass in dem
Entscheidungsverfahren über die Zulässigkeit des Vorhabens der von der
Antragstellerin beantragten Waldumwandlung eine
Umweltverträglichkeitsprüfung hätte durchgeführt werden müssen und insoweit
auch ein Beteiligungsrecht des Beigeladenen gemäß § 9 Abs. 1 UVPG
bestanden hat. Dem Beigeladenen ist folglich entgegen den geltenden
Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden (vgl. § 2
Abs. 1 Nr. 3 2. Hs. UmwRG). Demzufolge sind alle
Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwRG erfüllt.
Soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde eingewandt hat, dass die
angegriffene Entscheidung „die grundrechtlichen Positionen des
forstwirtschaftlich wirtschaftenden Waldbesitzers“ verkenne und diese es
erforderlich machten, „bei fakultativen, nur nach Vorprüfung bestehender UVP-
Pflicht allein auf den Beurteilungsspielraum der Genehmigungsbehörde
abzustellen und die Klagebefugnis der Umweltverbände hier einzugrenzen“,
rechtfertigt dies eine Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses nicht. Die
Möglichkeit einer nach § 3 UmwRG anerkannten Vereinigung, unter den in § 2
Abs. 1 UmwRG genannten Voraussetzungen einen zulässigen Rechtsbehelf
gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG einzulegen, führt
ersichtlich weder zu einem unzulässigen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG
geschützte Berufsausübungsfreiheit, auf die sich die Antragstellerin als
„Forstwirtin“ berufen hat, noch zu einem unzulässigen Eingriff in das durch Art.
14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrecht des „forstwirtschaftlich
wirtschaftenden Waldbesitzers“. Wie vom Beigeladenen mit Schriftsatz vom 1.
Mai 2013 richtigerweise ausgeführt, nimmt der (erfolgreiche) Rechtsbehelf einer
nach § 3 UmwRG anerkannten Vereinigung dem Eigentümer von Waldflächen
keine Nutzungsmöglichkeit, die ihm von Rechts wegen zustünde. Vielmehr wird
durch ihn sichergestellt, dass der Waldeigentümer seinen Wald unter Beachtung
der Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG) nur im Rahmen der
zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG
nutzt.
Der Beigeladene hat schließlich auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
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Denn er hat ein schutzwürdiges Interesse an einer Entscheidung des Gerichts
über seine Klage gegen die der Antragstellerin erteilten
Waldumwandlungsgenehmigung, da er - wie ausgeführt - die Verletzung eines
Beteiligungsrechts im Genehmigungsverfahren geltend machen kann. Mangels
Konzentrationswirkung der dem Sohn der Antragstellerin erteilten
immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 3. September 2012 im Sinne
von § 13 BImSchG auf die erteilte Waldumwandlungsgenehmigung ist es
insoweit ohne Belang, ob diese Genehmigung in Bestandskraft erwachsen ist.
Das Verwaltungsgericht hat damit im Ergebnis zutreffend sowohl die
Klagebefugnis als auch das Rechtsschutzbedürfnis des Beigeladenen für die
von ihm gegen die Waldumwandlungsgenehmigung vom 20. Juni 2012
erhobene Klage bejaht, so dass dieser aufschiebende Wirkung im Sinne des §
80 Abs. 1 Satz 2 VwGO zukommt und der Hauptantrag der Antragstellerin
abzulehnen ist.
(2.) Die Ablehnung des Hilfsantrags der Antragstellerin, die sofortige Vollziehung
der ihr erteilten Waldumwandlungsgenehmigung vom 20. Juni 2012
anzuordnen, begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken.
Die Klage des Beigeladenen hat nach der im Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung Erfolg, so dass das
Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der sofortigen Vollziehung der
Waldumwandlungsgenehmigung das Aussetzungsinteresse des Beigeladenen
nicht überwiegt.
Der Beigeladene ist - wie unter 1. ausgeführt - gemäß § 42 Abs. 2 1. Hs. VwGO
i.V.m. § 2 Abs. 1 UmwRG klagebefugt. Die Klage erfüllt auch die übrigen
Zulassungsvoraussetzungen. Darüber hinaus ist sie auch begründet.
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über
die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 verlangt werden,
wenn eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die
Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die
Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach
entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften erforderliche
Umweltverträglichkeitsprüfung (Nr. 1) oder erforderliche Vorprüfung des
Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit (Nr. 2) nicht durchgeführt worden und nicht
nachgeholt worden ist. § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG enthält nach seinem Sinn und
Zweck eine Sonderregelung zu § 46 VwVfG und nimmt die unter Nr. 1 und 2
aufgeführten Mängel von dem für Verfahrensfehler geltenden
Kausalitätserfordernis des § 46 VwVfG aus (BVerwG, Urt. v. 20.12.2011 - 9 A
31.10 -; vgl. ferner der 12. Senat des beschließenden Gerichts, Urt. v. 8.5.2012 -
12 KS 5/10 -). Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt Satz 1 Nummer 1 auch, wenn
eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht
dem Maßstab von § 3a Satz 4 des Gesetzes über die
Umweltverträglichkeitsprüfung genügt. Mit dem durch das Gesetz zur Änderung
des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften
vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 95) eingefügten § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG wird
klargestellt, dass eine Umweltverträglichkeitsvorprüfung, die nicht dem Maßstab
des § 3a Satz 4 UVPG genügt, den Aufhebungsanspruch nach Maßgabe des
Satzes 1 begründen kann, ohne dass es auf das Kausalitätserfordernis des § 46
VwVfG ankommt (vgl. BT-Drs. 17/10957, S. 17). Da hier - wie bereits dargelegt -
dieser Verfahrensfehler gegeben ist, besteht ein Aufhebungsanspruch des
Beigeladenen nach dem derzeit gültigen Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz als
nationales Recht. Mithin ist es vorliegend auch nicht erheblich, ob Art. 10a der
Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die
Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten
Projekten in der durch die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 26. Mai 2003 geänderten Fassung (seit 17. Februar 2012
Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates
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vom 13. Dezember 2011) dahin auszulegen ist, dass die Mitgliedstaaten
verpflichtet gewesen sind, die Anwendbarkeit der im Hinblick auf die Anfechtung
der verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit einer Entscheidung zur Umsetzung
von Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG ergangenen Vorschriften des nationalen
Rechts auch auf den Fall einer zwar durchgeführten, aber fehlerhaften
Umweltverträglichkeitsprüfung zu erstrecken und ob Art. 10a der Richtlinie
85/337/EWG in den Fällen, in denen das Verwaltungsprozessrecht eines
Mitgliedstaats entsprechend Art. 10a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie
85/337/EWG vom Grundsatz her bestimmt, dass für die Mitglieder der
betroffenen Öffentlichkeit der Zugang zu einem gerichtlichen
Überprüfungsverfahren von der Geltendmachung einer Rechtsverletzung
abhängt, dahin auszulegen ist, dass eine gerichtliche Anfechtung der
verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, für die die
Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten, nur
dann Erfolg haben und zur Aufhebung der Entscheidung führen kann, wenn
nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass die
angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre,
und wenn durch den Verfahrensfehler zudem zugleich eine dem Kläger
zustehende materielle Rechtsposition betroffen ist (vgl. den Vorlagebeschluss
des BVerwG vom 10.1.2012 - 7 C 20/11 -). Auf die Ausführungen des
Verwaltungsgerichts zur unzureichenden Umsetzung des Art. 10a der Richtlinie
85/337/EWG bzw. Art. 11 Richtlinie 2011/92/EU durch § 4 Abs. 1 UmwRG
(Beschlussabdruck S. 38 ff.) und das Beschwerdevorbringen der Antragstellerin
hierzu kommt es daher nicht an. Im Übrigen hat auch das Verwaltungsgericht
„begründungsalternativ und insoweit selbständig tragend“ angenommen, dass
die Waldumwandlungsgenehmigung vom 20. Juni 2012 gemäß § 4 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 2 UmwRG aufzuheben ist (Beschlussabdruck S. 47).
Darüber hinaus kann auch dahinstehen, ob - wie vom Verwaltungsgericht
angenommen (Beschlussabdruck S. 60 ff.) - die
Waldumwandlungsgenehmigung vom 20. Juni 2012 auch wegen Verstoßes
gegen weitere, für die Entscheidung bedeutsame Umweltvorschriften,
insbesondere § 8 Abs. 3 NWaldLG und § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, materiell
rechtswidrig ist und der Beigeladene auch aus diesem Grund die Aufhebung der
Genehmigung beanspruchen kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Erstattungsfähigkeit
der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen ergibt sich aus § 162 Abs. 3
VwGO. Es entspricht der Billigkeit, diese Kosten der Antragstellerin
aufzuerlegen, da der Beigeladene durch Antragstellung im
Beschwerdeverfahren ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3
VwGO).
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
Danach ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie
ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Der Senat
berücksichtigt insoweit allein das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an
der Umwandlung von Wald in Ackerland, das der Senat hier in der festgesetzten
Höhe bemisst. Da das Verfahren zur Waldumwandlung ein eigenständiges
Verfahren darstellt, welches nicht in das immissionsschutzrechtliche
Genehmigungsverfahren einzubeziehen gewesen ist, ist das Interesse der
Antragstellerin insoweit auch nicht gleichbedeutend mit dem wirtschaftlichen
Interesse an der Erweiterung von Stallanlagen durch den Sohn der
Antragstellerin. Der Senat orientiert sich bei der Bemessung des Streitwerts
auch nicht an dem Betrag höherer Pachtzinseinnahmen, die die Antragstellerin
im Fall der Errichtung weiterer Stallanlagen von ihrem Sohn erhalten will. Denn
diese wären nur mittelbare Folge der von ihr beantragten Waldumwandlung und
sind ebenfalls nicht gleichzusetzen mit dem wirtschaftlichen Interesse, das aus
einer geänderten Nutzung von Waldflächen als Ackerflächen folgt.