Urteil des OVG Niedersachsen vom 24.09.2013
OVG Lüneburg: amtliche überwachung, vorläufiger rechtsschutz, aufschiebende wirkung, verfügung, unternehmer, inhaber, installation, trinkwasser, gesundheit, rechtsgrundlage
1
2
3
4
Probennahmestellen in der Trinkwasser Installation -
vorläufiger Rechtsschutz
Der Unternehmer oder sonstige Inhaber einer Wasserversorgungsanlage
nach § 3 Nr. 2 lit. e) TrinkwV 2001, die keine Großanlage zur
Trinkwassererwärmung (§ 3 Nr. 12 TrinkwV 2001) enthält, kann - wenn der
für Legionellen geltende technische Maßnahmenwert aus der Anlage 3 Teil II
zur TrinkwV 2001 nicht überschritten ist - durch Anordnung des
Gesundheitsamtes nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG nicht ohne Weiteres zu
einer Installation zusätzlicher Probennahmestellen i.S.d. § 14 Abs. 3 Satz 4
TrinkwV 2001 i.V.m. technischen Normen, die nur für Großanlagen zur
Trinkwassererwärmung eine systemische Untersuchung auf
Legionellenvorkommen vorsehen, verpflichtet werden. Vielmehr ist eine
solche Anordnung rechtlich nur unter den weiteren Voraussetzungen der §§
14 Abs. 5, 20 Abs. 1 TrinkwV 2001 zulässig (hier verneint).
OVG Lüneburg 13. Senat, Beschluss vom 24.09.2013, 13 ME 163/13
§ 39 Abs 2 S 1 Nr 1 IfSG, § 14 Abs 3 TrinkwV 2001, § 14 Abs 5 TrinkwV 2001, § 16
Abs 7 TrinkwV 2001, § 19 TrinkwV 2001, § 20 Abs 1 TrinkwV 2001, § 3 Nr 12
TrinkwV 2001, § 3 Nr 2 Buchst e TrinkwV 2001, § 9 Abs 8 TrinkwV 2001
Gründe
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts Stade vom 21. August 2013 hat keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auf Antrag der Antragstellerin die
aufschiebende Wirkung ihrer Klage 6 A 2866/13 gegen den Bescheid des
Antragsgegners vom 7. Juni 2013 (Installationsgebot) in der Fassung des
Schriftsatzes vom 14. August 2013 (Zwangsmittelandrohung) wiederhergestellt
bzw. (der Sache nach) angeordnet, weil eine materielle Interessenabwägung
ein Überwiegen des Aussetzungsinteresses der Antragstellerin gegenüber
dem öffentlichen Vollzugsinteresse ergibt. Auf die zutreffenden Ausführungen
des mit der Beschwerde angefochtenen Beschlusses wird gemäß § 122 Abs.
2 Satz 3 VwGO Bezug genommen. Die Gründe, die der Antragsgegner zur
Begründung seiner Beschwerde vorgetragen hat und auf deren Prüfung der
Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine
andere Entscheidung.
Die Annahme des Verwaltungsgerichts, das mit Bescheid des Antragsgegners
vom 7. Juni 2013 verfügte Gebot, je eine berührungslose Entnahmen
ermöglichende, desinfizierbare und gekennzeichnete Probennahmestelle vor
und hinter dem Warmwasserbereiter der Wasserversorgungsanlage im
Kindergarten „B.“ in A. zu installieren, lasse sich weder auf die vom
Antragsgegner benannte Vorschrift des § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes
zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen
(Infektionsschutzgesetz - IfSG -) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I, S. 1045), hier
anzuwenden in der Fassung des Gesetzes vom 21. März 2013 (BGBl. I, S.
566), noch auf eine sonstige Rechtsgrundlage stützen, ist nicht zu
beanstanden.
1. Die Verfügung dient nicht - wie dies § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 IfSG
voraussetzt - der Durchsetzung von Pflichten der Antragstellerin aus der
Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch
(Trinkwasserverordnung - TrinkwV 2001 -), hier noch anzuwenden in der
5
6
7
8
Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 2011 (BGBl. I, S. 2370),
zuletzt geändert m.W.v. 14. Dezember 2012 durch die Zweite Verordnung zur
Änderung der Trinkwasserverordnung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I, S.
2562), einer aufgrund des § 38 Abs. 1 i.V.m § 37 Abs. 1 IfSG erlassenen
Rechtsverordnung.
a) Eine Pflicht der Antragstellerin, die dem vom Antragsgegner verfügten
Installationsgebot entspräche, folgt nicht aus § 14 Abs. 3 Satz 4 TrinkwV 2001.
Denn nach dieser Vorschrift müssen (nur) Unternehmer oder sonstige Inhaber
einer Wasserversorgungsanlage nach § 14 Abs. 3 Satz 1 (i.V.m. Satz 2)
TrinkwV 2001 sicherstellen, dass nach den allgemein anerkannten Regeln der
Technik geeignete Probennahmestellen an der Anlage vorhanden sind. Der
dritte Absatz des § 14 TrinkwV 2001 bezieht sich von vornherein nur auf
Wasserversorgungsanlagen nach § 3 Nr. 2 lit. d) und lit. e) TrinkwV 2001 mit
einer Dusche oder Vernebelungseinrichtung, in denen sich eine „Großanlage
zur Trinkwassererwärmung“ (legaldefiniert in § 3 Nr. 12 TrinkwV 2001)
befindet. Der Antragsgegner macht mit seiner Beschwerde gerade nicht
geltend, dass die Anlage der Antragstellerin die dort geregelten Schwellen
(Boiler oder zentraler Durchlauferhitzer mit Fassungsvermögen von mehr als
400 l [lit. a)] oder mehr als 3 l Rohrinhalt zwischen Wassererwärmer und
Entnahmestelle [lit. b)]) überschreite. Vielmehr teilt er ausdrücklich die
Einschätzung der Antragstellerin und des Verwaltungsgerichts, dass es sich
um eine Kleinanlage zur Trinkwassererwärmung handelt.
b) Eine sonstige Grundlage für eine unmittelbar materiell-gesetzliche
Verpflichtung der Antragstellerin ist in der TrinkwV 2001 nicht enthalten. Soweit
der Antragsgegner pauschal auf sein Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 14.
August 2013 im Eilverfahren 6 B 2867/13 vor dem Verwaltungsgericht
verweist, in welchem er sich auch auf § 17 Abs. 1 TrinkwV 2001 bezogen hat,
ist der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO daran gehindert zu prüfen, ob
die allgemein anerkannten Regeln der Technik - hier die technische Normen
der DIN 2001-1, die für Kleinanlagen zur Trinkwassererwärmung gilt, es i.S.d. §
17 Abs. 1 TrinkwV 2001 fordern, dass auch derartige Anlagen mit
Probennahmestellen vor und hinter dem Wassererwärmer zu planen, zu
bauen und zu betreiben sind. Denn es fehlt insoweit an einer § 146 Abs. 4
Satz 3 VwGO genügenden Darlegung eines Beschwerdegrundes (vgl. zu
einer derartigen pauschalen Inbezugnahme auch Bayer. VGH, Beschluss vom
2. Dezember 2005 - 11 CS 05.2363 -, juris Rdnr. 13). Der Antragsgegner hat
sich mit Bezug auf § 17 Abs. 1 TrinkwV 2001 nicht mit der Auffassung des
Verwaltungsgerichts aus dem angefochtenen Beschluss vom 21. August 2013
auseinandergesetzt, die vom Antragsgegner im Eilverfahren angeführten
technischen Regelwerke (insbes. DIN 1988-200, VDI/DVGW-Richtlinie 6023
i.V.m. DIN EN ISO 19458 und DVGW-Arbeitsblatt W 551) gälten nur für
Großanlagen zur Wassererwärmung, in denen systemische
Legionellenuntersuchungen durchzuführen sind, und für Kleinanlagen gelte
hingegen die DIN 2001-1.
2. Die Verfügung kann entgegen der Beschwerdebegründung auch nicht
unmittelbar auf Vorschriften der TrinkwV 2001 gestützt werden, die eine
Anordnung des Gesundheitsamts im Einzelfall zulassen.
a) Die Überwachungsvorschriften aus § 19 Abs. 1 Sätze 3 und 5, 1. HS. i.V.m.
§ 14 TrinkwV 2001 und § 19 Abs. 7 TrinkwV 2001 bieten entgegen der
Auffassung des Antragsgegners keine Rechtsgrundlage, die das verfügte
Installationsgebot decken könnte. Zwar trifft es zu, dass der Antragsgegner die
Anlage der Antragstellerin, in der die Trinkwasserbereitstellung i.S.d. § 3 Nr. 11
TrinkwV 2001 im Rahmen einer öffentlichen Tätigkeit erfolgt, nach § 18 Abs. 1
Satz 1 TrinkwV 2001 durch sein Gesundheitsamt zu überwachen hat und sich
der Umfang dieser Überwachung nach § 19 TrinkwV 2001 bestimmt. Das
Gesundheitsamt legt bei Wasserversorgungsanlagen der von der
Antragstellerin betriebenen Art (§ 3 Nr. 2 lit. e) TrinkwV 2001) gemäß § 19 Abs.
9
1 Satz 3 TrinkwV 2001 ohne weitere Voraussetzungen die Notwendigkeit für
eine Besichtigung der Anlage fest.
aa) Dem Verwaltungsgericht ist jedoch in der Auffassung beizutreten, dass das
Gesundheitsamt in diesem Zusammenhang durch § 19 Abs. 1 Satz 5, 1. HS.
TrinkwV 2001 nicht ermächtigt wird, die Antragstellerin im Rahmen der
Überwachung im Einzelfall zur Vorhaltung der qualifizierten
Probennahmestellen i.S.d. § 14 Abs. 3 Satz 4 TrinkwV 2001 zu verpflichten.
Soweit § 19 Abs. 1 Satz 5, 1. HS. TrinkwV 2001 für den Untersuchungsumfang
der Überwachung auf § 14 TrinkwV 2001 verweist, lässt sich dies nämlich - mit
dem Verwaltungsgericht und entgegen der Auffassung des Antragsgegners -
nicht als Rechtsfolgenverweisung (mit der Konsequenz einer
Installationspflicht aus § 14 Abs. 3 Satz 4 TrinkwV 2001 ohne Rücksicht auf
den Charakter als Kleinanlage zur Wassererwärmung), sondern nur als
Rechtsgrundverweisung deuten. Dies ergibt eine Auslegung dieser Norm nach
den allgemein anerkannten Auslegungsmethoden. Ihr (isolierter) Wortlaut ist
zwar unergiebig, ließe beide Varianten zu. Allerdings sprechen schon
systematische Erwägungen gegen eine Rechtsfolgenverweisung. Nach § 19
Abs. 1 Satz 1 TrinkwV 2001 prüft das Gesundheitsamt im Rahmen der
Überwachung nach § 18 TrinkwV 2001 die Erfüllung der Pflichten, die dem
Unternehmer oder sonstigen Inhaber einer Wasserversorgungsanlage nach
der TrinkwV 2001 obliegen. Aus § 14 Abs. 3 Satz 4 TrinkwV 2001 ist die
Antragstellerin nach den obigen Ausführungen des Senats gerade nicht
verpflichtet. § 14 TrinkwV 2001 differenziert bei den in seinen einzelnen
Absätzen statuierten Untersuchungspflichten deutlich nach den in § 3 Nr. 2
TrinkwV 2001 voneinander unterschiedenen Arten von
Wasserversorgungsanlagen und bildet zum Teil noch Untergruppen für
besondere Konstellationen. Diese Differenzierung mit Untergruppenbildung
würde bei einer Deutung des § 19 Abs. 1 Satz 5, 1 HS. TrinkwV 2001 als
Rechtsfolgenverweisung aufgegeben, ohne dass hierfür ein rechtfertigender
Grund erkennbar wäre. Auch Sinn und Zweck streiten dafür, dass nur bei der
in § 14 Abs. 3 TrinkwV 2001 auf der Tatbestandsseite vorausgesetzten
Anlagenart bzw. -untergruppe (nämlich bei denjenigen Anlagen nach § 3 Nr. 2
lit. d) oder lit. e), die eine „Großanlage zur Trinkwassererwärmung“ sowie eine
Dusche oder Vernebelungseinrichtung enthalten) im Rahmen der amtlichen
Überwachung eine systemische Untersuchung i.S.d. § 14 Abs. 3 Sätze 3 bis 5
TrinkwV 2001 einschließlich der Installation entsprechender
Probennahmestellen angeordnet werden kann, weil nur bei diesen
Wasserversorgungsanlagen eine spezifisch erhöhte Gefahr für ein
gefährliches Legionellenwachstum besteht. Die Beschränkung der
Legionellenuntersuchung auf derartige Wasserversorgungsanlagen entsprach
auch der Intention des Verordnungsgebers der Ersten Verordnung zur
Änderung der Trinkwasserverordnung vom 3. Mai 2011 (BGBl. I, S. 748;
Berichtigung vom 30. September 2011, BGBl. I, S. 2062). So führte etwa die
Begründung zum Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für
Gesundheit im Zustimmungsverfahren nach Art. 80 Abs. 2 GG (BR-Drs. 530/10
vom 2. September 2010, S. 87) aus: „Es sollen nur Großanlagen im Sinne der
[allgemein anerkannten Regeln der Technik] einbezogen werden, weil aus
technischen Gründen das Risiko einer Kontamination mit Legionellen in
Großanlagen eher gegeben ist.“. Die zunächst nur in einer technischen Norm
enthaltene Definition der „Großanlage zur Trinkwassererwärmung“ wurde
später durch die Zweite Änderungsverordnung vom 5. Dezember 2012 (a.a.O.)
mit der Legaldefinition des § 3 Nr. 12 TrinkwV 2001 in eine Rechtsnorm
überführt. Nach alledem ist kein Grund ersichtlich, weshalb die im Einzelfall
aus Anlass einer amtlichen Überwachung aufgegebene Untersuchungs- und
Installationspflicht bei einer von § 14 Abs. 3 Sätze 1 und 2 TrinkwV 2001 nicht
erfassten Anlage weiter reichen sollte als die allgemeine Pflicht des
Anlagenunternehmers oder sonstigen -inhabers, die er selbständig und
anlasslos zu erfüllen hat. Gerade diese Wirkung hätte aber eine
Rechtsfolgenverweisung.
10
11
12
13
bb) Auch § 19 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. Satz 2 TrinkwV 2001 ändert an diesem
Ergebnis nichts. Es kann offenbleiben, inwieweit diese Norm qualitativ
überhaupt als Rechtsgrundlage für belastende Installationsverfügungen in
Betracht kommt. Aufgrund dieser Vorschrift hat das Gesundheitsamt bei
Wasserversorgungsanlagen nach § 3 Nr. 2 lit. e) TrinkwV 2001, aus denen
Trinkwasser im Rahmen einer öffentlichen Tätigkeit bereitgestellt wird - wie der
der Antragstellerin - im Rahmen der Überwachung mindestens diejenigen
Parameter zu untersuchen oder untersuchen zu lassen, von denen
anzunehmen ist, dass sie sich in der Trinkwasser-Installation nachteilig
verändern können. Hierzu hat es ein Überwachungsprogramm auf der
Grundlage geeigneter stichprobenartiger Kontrollen in derartigen Anlagen
einzurichten. Die von § 19 Abs. 7 Satz 1 TrinkwV 2001 geforderte
Veränderlichkeit ist beim Vorkommen des Erregers Legionella spec. im
Trinkwasser gemessen an dem in Anlage 3 Teil II zur TrinkwV 2001 geregelten
technischen Maßnahmenwert von 100 KBE (koloniebildende Einheiten)/100 ml
Wasser zwar anzunehmen. Die Beschwerde zeigt jedoch weder auf noch ist
es sonst ersichtlich, dass die Norm die Befugnisse des Gesundheitsamtes, im
Rahmen der Überwachung nach § 19 Abs. 1 TrinkwV 2001 die Einhaltung der
Pflichten des Unternehmers oder sonstigen Inhabers der
Wasserversorgungsanlage anhand von Trinkwasseruntersuchungen zu
überprüfen, für diesen Parameter ohne weitere Besonderheiten in der Weise
erweiterte, dass eine Legionellenuntersuchung aufgegeben werden könnte,
wie sie von § 14 Abs. 3 (insbes. Sätze 4 und 5) TrinkwV 2001 i.V.m.
technischen Normen für systemische Untersuchungen von Großanlagen zur
Wassererwärmung verlangt wird.
cc) Soweit der Antragsgegner geltend macht, die Antragstellerin sei aufgrund
seines bestandskräftig gewordenen Bescheides vom 17. November 2011, der
im Anschluss an die amtliche Überwachung vom 3. November 2011 ergangen
war, kraft behördlicher Anordnung im Einzelfall zu einer § 14 Abs. 3 TrinkwV
2001 entsprechenden jährlichen Untersuchung auf Legionellenbefall
verpflichtet worden und müsse daher auch die von Satz 4 dieser Vorschrift
geforderten, den allgemein anerkannten Regeln der Technik (vgl. DVGW-
Arbeitsblatt W 551 Nr. 9.1; VDI/DVGW-Richtlinie 6023 Nr. 6.1 unter Verweis auf
DIN EN ISO 19458) genügenden Probennahmestellen vorhalten, trifft die
Schlussfolgerung nicht zu und vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu
verhelfen.
Die Anordnung in dem genannten Bescheid lautet: „Die mikrobiologische
Untersuchung auf Legionellen hat weiterhin jährlich zu erfolgen.“ Damit ist -
ohne Rücksicht auf die rechtliche Zulässigkeit eines solchen
Verfügungsinhalts nach § 19 Abs. 1 Satz 3 oder Abs. 7 Satz 2 TrinkwV 2001
bzw. nach § 20 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 5, 2. Alt. TrinkwV 2001 - nicht
ausdrücklich angeordnet worden, dass das Rechtsregime des § 14 Abs. 3
(insbes. Satz 4) TrinkwV 2001 bei der jährlichen Untersuchung anzuwenden
sei. Bei der gebotenen Auslegung vom objektiven Empfängerhorizont her (§
133 BGB analog) lässt sich der Verfügung auch im Übrigen keinerlei Hinweis
auf die Art und Weise der Legionellenuntersuchung oder die Gestaltung der
Probennahmestellen entnehmen. Vielmehr musste ihr objektiver Empfänger in
der Rolle der Antragstellerin - bei deren Anlage anlässlich der Überwachung in
den Jahren 2010 und 2011 stets an peripheren Entnahmestellen
(Wasserhähnen und Duschköpfen) gewonnene Wasserproben auf
Legionellenvorkommen untersucht worden waren - den Bescheid als Adressat
so verstehen, dass die Untersuchung wie bisher erfolgen, d.h. keine zusätzlich
zu installierenden Probennahmestellen vor und hinter dem Wassererwärmer
erfordern würde.
Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass auch für den Fall, dass bereits der
Bescheid vom 17. November 2011 den vom Antragsgegner angenommenen
weitergehenden Inhalt gehabt hätte, sich ernstliche Zweifel an der
14
15
16
Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides vom 7. Juni 2013
ergäben. Denn der Erlass eines Installationsgebotes stellte sich in diesem Fall
aller Voraussicht nach als nicht erforderlich und damit wegen
Unverhältnismäßigkeit als materiell rechtswidrig dar, weil der Antragsgegner
dann ohne weiteres die Verwaltungsvollstreckung aus dem erstgenannten
Bescheid hätte betreiben können.
b) Schließlich vermag die Beschwerde nicht mit der Begründung
durchzugreifen, das Installationsgebot lasse sich alternativ auf § 14 Abs. 5, 2.
Alt. (i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1) TrinkwV 2001 stützen. Nach diesen Normen kann
das Gesundheitsamt u.a. anordnen, dass der Unternehmer oder sonstige
Inhaber einer Wasserversorgungsanlage die zu untersuchenden Proben an
bestimmten Probennahmestellen nach bestimmten technischen Vorgaben zu
entnehmen oder entnehmen zu lassen hat. Das Installationsgebot aus dem
Bescheid vom 7. Juni 2013 könnte sich insoweit als Komplettierung (in der
Diktion des Antragsgegners: als „konsequente Folgemaßnahme“) des mit
bestandskräftigem Bescheid vom 17. November 2011 verfügten
Legionellenuntersuchungsgebots verstehen. Von der Rechtsfolgenseite her
lassen die genannten Vorschriften es prinzipiell zu, das Rechtsregime des §
14 Abs. 3 Satz 4 TrinkwV 2001 im Ergebnis auch bei Anlagen anzuordnen, für
die § 14 Abs. 3 TrinkwV 2001 unmittelbar nicht gilt (vgl. dazu auch die
Begründung des Bundesministeriums für Gesundheit zum Entwurf einer
Zweiten Verordnung zur Änderung der Trinkwasserverordnung, BR-Drs.
525/12 vom 31. August 2012, S. 28).
Anders als der Antragsgegner im Ausgangspunkt meint, sind derartige
behördliche Verfügungen, die im Ergebnis die gesetzlichen Pflichten aus § 14
TrinkwV 2001 übersteigende konkret-individuelle Verpflichtungen erzeugen,
jedoch rechtlich nicht jederzeit und voraussetzungslos zulässig. Soweit der
Antragsgegner insoweit mit der Beschwerde auf die Begründung zu § 14
TrinkwV 2001 in Gestalt der Ersten Verordnung zur Änderung der
Trinkwasserverordnung (BR-Drs. 530/10, a.a.O., S. 88) verweist, nach welcher
das Gesundheitsamt „darüber [über § 14 Abs. 3 TrinkwV 2001] hinaus
jederzeit weitergehende Untersuchungen anordnen“ könne, gibt diese
Passage die geltenden rechtlichen Anforderungen nur verkürzt wieder.
Vielmehr fordert § 20 Abs. 1 TrinkwV 2001 tatbestandlich, dass solche
Verfügungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zum
Schutz der menschlichen Gesundheit oder zur Sicherstellung einer
einwandfreien Beschaffenheit des Trinkwassers erforderlich sind.
Dass hier derartige Umstände des Einzelfalls vorliegen, ist entgegen der
weiteren Beschwerdebegründung nicht ersichtlich. In den Jahren 2010 bis
2013 hat der Antragsgegner im Kindergarten „B.“ jährlich stets an
Wasserhähnen bzw. Duschköpfen entnommene Wasserproben untersucht
und dabei Legionellenkonzentrationen (weniger als 5 KBE/100 ml) festgestellt,
die von dem in Anlage 3 Teil II geregelten technischen Maßnahmenwert von
100 KBE/100 ml sehr weit entfernt waren. Der bloße Charakter des
Kindergartenbetriebs als „sensible“ Nutzung rechtfertigt es nicht, die
Grundentscheidung des Verordnungsgebers, aus technischen Gründen
abstrakt-generell lediglich bei Großanlagen zur Wassererwärmung eine
Legionellenuntersuchung auch am Wassererwärmer durchzuführen, dadurch
zu konterkarieren, dass konkret-individuell ohne weitere Besonderheiten des
Einzelfalls solche Kleinanlagen standardisiert einem § 14 Abs. 3 TrinkwV 2001
entsprechenden Untersuchungsumfang ausgesetzt werden. Insoweit trägt
auch der Verweis des Antragsgegners auf das Urteil des VG Saarlouis vom
23. Februar 2010 - 3 K 552/09 -, juris, nichts aus. Darin hatte dieses Gericht
eine Verfügung aufgrund des § 14 Abs. 6 Satz 2 TrinkwV 2001 in der bis zum
31. Oktober 2011 geltenden Fassung - a.F. - (der Vorläufervorschrift des § 14
Abs. 5, 2. Alt. i.V.m. § 20 Abs. 1 TrinkwV 2001), mit der die Untersuchung der
Wasserversorgungsanlage einer stark frequentierten Gaststätte angeordnet
17
worden war, mit dem Argument für rechtmäßig erachtet, der zwangsläufig hohe
Trinkwasserbedarf in dieser Gaststätte lasse im Einzelfall eine Untersuchung
zum Schutz der menschlichen Gesundheit erforderlich erscheinen. Eine
vergleichbare Situation weist der Kindergarten „B.“ nicht auf. Nach den
unwidersprochenen Angaben der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren
beschränkt sich der Wasserverbrauch der Einrichtung auf lediglich maximal
115 m³ im Jahr, was dem jährlichen Wasserbedarf eines Zwei- bis
Dreipersonenhaushaltes entspricht. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass
die vor dem VG Saarlouis streitgegenständliche Verfügung - anders als im
vorliegenden Fall - auf einen Untersuchungsumfang gerichtet war, der der
gesetzlichen Verpflichtung aus § 14 TrinkwV 2001 a.F. entsprach, d.h. nicht
darüber hinausreichte.
c) Andere Rechtsgrundlagen für eine Anordnung im Einzelfall sind nicht
ersichtlich. Insbesondere scheiden § 9 Abs. 8 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 7
TrinkwV 2001 aus, weil diese gestuft anwendbaren Normen auf der
Tatbestandsseite voraussetzen, dass bereits eine Überschreitung des
technischen Maßnahmenwertes aus Anlage 3 Teil II festgestellt wurde, was -
wie ausgeführt - vorliegend nicht der Fall ist.