Urteil des OVG Niedersachsen vom 10.05.2013

OVG Lüneburg: versammlung, programm, anteil, kabelnetz, verfassungskonforme auslegung, konzept, zuschauer, rundfunk, veranstalter, eugh

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Belegung von Kanälen in Kabelanlagen mit analoger
Übertragungstechnik mit Rundfunkprogrammen
1. Bei ihrer Entscheidung über die Belegung von Kanälen in Kabelanlagen mit
analoger Übertragungstechnik mit Rundfunkprogrammen gemäß § 34
NMedienG kommt der Versammlung der Landesmedienanstalt ein gerichtlich
nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.
2. Zur Vereinbarkeit der sog. "Must-Carry-Regelung" des § 34 Abs. 1 Satz 1
NMedienG im Hinblick auf digital-terrestrisch verbreitete Programme mit der
durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 2 GG gewährleisteten Rundfunkfreiheit.
3. Zur Vereinbarkeit der sog. "Must-Carry-Regelung" des § 34 Abs. 1 Satz 1
NMedienG im Hinblick auf digital-terrestrisch verbreitete Programme mit Art.
31 Abs. 1 UDRL (Universaldienstleistungsrichtlinie).
4. Im Rahmen einer (Dritt-) Anfechtungsklage kommt es für die Beurteilung der
Rechtmäßigkeit einer Kabelbelegungsentscheidung i.S.d. § 34 NMedienG auf
die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung der
Versammlung der Landesmedienanstalt an, nicht auf den Zeitpunkt der
Bekanntgabe des diese Entscheidung umsetzenden
Kabelbelegungsbescheids.
5. Unterlässt es ein Beteiligter im Verwaltungsverfahren, zur Klärung der für
ihn günstigen Tatsachen beizutragen, obwohl ihm dies möglich und zumutbar
wäre, ist die Behörde in der Regel nicht gehalten, von sich aus allen
sonstigen denkbaren Erkenntnismöglichkeiten nachzugehen, um die
Tatsachen aufzuklären; dies gilt insbesondere dann, wenn sie die Beteiligten
auf die Erheblichkeit bestimmter Umstände hingewiesen hat.
OVG Lüneburg 10. Senat, Beschluss vom 10.05.2013, 10 ME 21/13
Art 267 Abs 3 AEUV, Art 56 AEUV, Art 49 EG, Art 5 Abs 1 S 2 GG, § 10 MedienG ND,
§ 34 Abs 1 S 1 MedienG ND, § 34 Abs 3 MedienG ND, § 34 Abs 2 MedienG ND, § 43
Abs 1 Nr 5 MedienG ND, § 43 Abs 1 Nr 9 MedienG ND, § 47 Abs 2 S 2 MedienG ND,
§ 47 Abs 2 S 1 MedienG ND, § 47 Abs 3 S 1 MedienG ND, § 9 MedienG ND, § 51b
Abs 3 RdFunkStVtr ND, Art 31 Abs 1 EGRL 19/2002, § 146 Abs 4 S 6 VwGO, § 80
Abs 5 S 1 VwGO, § 80a Abs 3 S 2 VwGO, § 24 VwVfG, § 26 Abs 1 Nr 2 VwVfG, § 26
Abs 2 VwVfG
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die sofortige
Vollziehung einer Entscheidung der Antragsgegnerin über die Belegung von
Kanälen mit Fernsehprogrammen im analogen Bereich der niedersächsischen
Kabelnetze mit mehr als 100 angeschlossenen Wohneinheiten (sog.
Kabelbelegungsentscheidung).
Netzbetreiberin ist die Beigeladene zu 1). Die Antragstellerin veranstaltet wie die
Beigeladenen zu 2) bis 5) Teleshopping-Sendungen. Ihr wurde mit
Entscheidung der Versammlung der Antragsgegnerin vom 13. September 2012,
die mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Oktober 2012 unter Anordnung
der sofortigen Vollziehung umgesetzt wurde, im Gegensatz zu den
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Beigeladenen zu 2), zu 4) und zu 5) kein Kanal zur Verbreitung ihres
Programms zugewiesen.
Die Antragstellerin hat am 22. November 2012 beim Verwaltungsgericht
Anfechtungsklage erhoben und die Wiederherstellung der aufschiebenden
Wirkung dieser Klage, hilfsweise die Aufhebung der Anordnung der sofortigen
Vollziehung beantragt.
Das Verwaltungsgericht hat die genannten Anträge mit Beschluss vom 13.
Februar 2013 abgelehnt.
Die Antragstellerin hat am 18. Februar 2013 Beschwerde erhoben.
Sie beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Hannover
vom 13. Februar 2013 die aufschiebende Wirkung ihrer Anfechtungsklage
gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin vom 19. Oktober 2012
wiederherzustellen.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen zu 2), zu 4) und zu 5) beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beigeladenen zu 1) und zu 3) haben keine Anträge gestellt.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Die von ihr dargelegten
Gründe, auf deren Überprüfung sich die Entscheidung des Senats gemäß § 146
Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, führen nicht zu einer Änderung der
angefochtenen Entscheidung.
Das Verwaltungsgericht hat den gemäß §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1
VwGO zulässigen Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den für sofort vollziehbar erklärten
Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Oktober 2012 zu Recht abgelehnt. Die
Einwände der Antragstellerin gegen die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids
rechtfertigen keine andere Entscheidung.
Die Kabelbelegungsentscheidung beruht auf § 51b Abs. 3
Rundfunkstaatsvertrag (RStV) vom 31. August 1991 als Anlage des Gesetzes
zu dem Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 26.
November 1991 (Nds. GVBl. S. 311) in der Fassung des Fünfzehnten
Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 15./21. Dezember 2010 als Anlage des
Gesetzes zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 29. Juni
2011 (Nds. GVBl. S. 186) in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
Niedersächsisches Mediengesetz (NMedienG) vom 11. Oktober 2010
(Nds. GVBl. 2010, 480).
Gemäß § 51b Abs. 3 RStV sind landesrechtliche Regelungen zur analogen
Kanalbelegung für Rundfunk zulässig, soweit sie zur Erreichung klar umrissener
Ziele von allgemeinem Interesse erforderlich sind. Sie können insbesondere zur
Sicherung einer pluralistischen, am Gebot der Meinungsvielfalt und
Angebotsvielfalt orientierten Medienordnung getroffen werden.
Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 NMedienG sind die Kabelanlagen, über die
Fernsehprogramme analog empfangen werden sollen, so einzurichten, dass
zumindest die Fernsehprogramme, die nach diesem Gesetz terrestrisch
verbreitet werden, ein im jeweiligen Verbreitungsgebiet vorhandenes Programm
des Bürgerrundfunks und ein im jeweiligen Verbreitungsgebiet vorhandenes
Programm des lokalen oder regionalen Fernsehens sowie die
Fernsehprogramme empfangen werden können, die nach einem anderen
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niedersächsischen Gesetz für Niedersachsen veranstaltet werden (sog. „Must
carry-Programme“). Stehen für weitere Fernsehprogramme Kabelkanäle nicht in
ausreichender Zahl zur Verfügung, so legt die Landesmedienanstalt gemäß §
34 Abs. 2 Satz 1 NMedienG die Rangfolge fest, nach der die nicht nach Absatz
1 berücksichtigten Fernsehprogramme einen Kabelkanal erhalten. Für diese
Festlegung ist nach § 34 Abs. 2 Satz 2 NMedienG der Beitrag des jeweiligen
Angebots zur Vielfalt des Gesamtangebots in der Kabelanlage maßgeblich;
regionale und länderübergreifende Informationsbedürfnisse sind zu
berücksichtigen. Bei Teleshoppingkanälen wird insoweit wie bei anderen
Rundfunkangeboten ihre Ergänzungsfunktion bestimmt (LT-Drs. 16/2595 S. 68).
Bei ihrer Entscheidung über die Kanalbelegung kommt der gemäß § 43 Abs. 1
Nr. 9 NMedienG zuständigen Versammlung der Antragsgegnerin ein gerichtlich
nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (vgl.
Senatsbeschlüsse vom 18. April 1996 - 10 M 1162/96, 10 M 1163/96, 10 M
1164/96 -, DÖV 1996, 923 = ZUM 1996, 712; vom 27. April 2006 - 10 ME 26/06 -
, n.v.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Dezember 2002 -
1 S 2480/02 -, NVwZ-RR 2003, 653 = ZUM 1992, 562; OVG Berlin, Beschluss
vom 30. Mai 1995 - 8 S 393.95 -, ZUM-RD 1997, 31).
Daher kann das Gericht die von der Antragsgegnerin vorgenommene
Beurteilung des Sachverhalts nur daraufhin überprüfen, ob die von ihr
angewandte maßgebliche Rechtsgrundlage mit höherrangigem Recht
unvereinbar ist und ob die Antragsgegnerin Verfahrensvorschriften verletzt hat,
von einem unzutreffenden oder unvollständig ermittelten Sachverhalt
ausgegangen ist, die gesetzlichen Bewertungsmaßstäbe missachtet hat oder
sich von sachfremden, willkürlichen oder sonst unsachlichen Erwägungen hat
leiten lassen.
Fehler dieser Art ergeben sich aus den in der Beschwerdebegründung
dargelegten Gründen nicht:
1. Im Hinblick auf den von der Antragstellerin gerügten Verstoß von § 34 Abs. 1
NMedienG gegen die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 2 Grundgesetz (GG)
gewährleistete Rundfunkfreiheit besteht kein Anlass dazu, das vorliegende
Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auszusetzen und den Rechtsstreit
gemäß Art. 100 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GG dem Bundesverfassungsgericht
vorzulegen, dem allein ein diesbezügliches Verwerfungsmonopol zukommt.
Denn der Senat ist bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht davon
überzeugt, dass § 34 Abs. 1 NMedienG aus den von der Antragstellerin
genannten Gründen verfassungswidrig ist. Er hat auch nicht derartige Zweifel an
der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift, dass er Anlass dazu sähe, der
Antragstellerin ohne eine solche Vorlage vorläufigen Rechtsschutz zu
gewähren.
Die Antragstellerin hält es für nicht sachgerecht, dass die Entscheidung über die
Zuteilung von DVB-T („Digital Video Broadcasting - Terrestrial“) -
Übertragungskapazitäten, d.h. digital-terrestrischer Übertragungskapazitäten
über § 34 Abs. 1 Satz 1 NMedienG unmittelbare Auswirkungen auf die Belegung
von Kanälen im analogen Kabelnetz hat. Bei der Zuteilung von DVB-T-
Übertragungskapazitäten komme es nicht nur auf Vielfältigkeitskriterien, sondern
auch auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Programmveranstalter an.
Damit sei für die Belegung von Kanälen im analogen Kabelnetz nicht
maßgebend, ob ein Veranstalter diese Einspeisung, sondern die erheblich
höheren Kosten für eine Verbreitung seines Programms über DVB-T finanzieren
könne. Bei der letzten Ausschreibung von DVB-T-Übertragungskapazitäten in
Niedersachsen hätten sich nur sechs Veranstalter auf fünf freie Kapazitäten
beworben, so dass alle Bewerber bis auf einen berücksichtigt worden seien. Die
Kapazitäten seien ohne Abwägung nach Vielfaltskriterien praktisch freihändig an
zahlungsfähige und -willige Bewerber vergeben worden. Die wirtschaftliche
Werteordnung sei im Kontext der Rundfunkfreiheit nicht höher zu bewerten als
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die Programmvielfalt. Infolge der Umstellung auf DVB-T würden immer mehr
Programme terrestrisch verbreitet, so dass für eine Auswahl nach
Vielfaltskriterien bei der Belegung von Kanälen im analogen Kabelnetz kaum
Raum bleibe.
Aus diesem Vorbringen ergeben sich keine durchgreifenden Zweifel an der
Verfassungsmäßigkeit des § 34 Abs. 1 Satz 1 NMedienG.
a) Die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 2 GG gewährleistete Rundfunkfreiheit
verlangt u.a. eine gesetzliche Ordnung, die freie und öffentliche
Meinungsbildung durch Rundfunk gewährleistet (vgl. BVerfG, Urteile vom 16.
Juni 1981 - 1 BvL 89/78 -, BVerfGE 57, 295; vom 4. September 1986 - 1 BvF
1/84 -, BVerfGE 73, 118) und sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden
Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck
findet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 1984 - 1 BvR 147/86, 1 BvR 478/86
-, BVerfGE 74, 297; Urteil vom 5. Februar 1991 - 1 BvF 1/85, 1 BvF 1/88 -,
BVerfGE 83, 238; Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 396/98 -, BVerfGE
114, 371). Wie diese Ordnung im Einzelnen ausgestaltet wird, ist Sache des
(Landes-) Gesetzgebers (BVerfG, Beschluss vom 24. März 1984, a.a.O.; Urteil
vom 5. Februar 1991, a.a.O.). Bei der Beurteilung der Anforderungen, die sich
aus der Rundfunkfreiheit für die Rundfunkgesetzgebung der Länder ergeben,
sind die technischen Entwicklungen zu berücksichtigen (BVerfG, Urteil vom 4.
September 1986, a.a.O.).
Entscheidet sich der Gesetzgeber - wie im Land Niedersachsen - für eine duale
Rundfunkordnung, in der öffentlich-rechtliche und private Veranstalter
nebeneinander bestehen, muss er dafür Sorge tragen, dass die
verfassungsrechtlichen Anforderungen gleichgewichtiger Vielfalt im Ergebnis
durch das Gesamtangebot aller Veranstalter erfüllt werden (vgl. BVerfG, Urteil
vom 5. Februar 1991, a.a.O.; Beschluss vom 5. Oktober 1993 - 1 BvL 35/81 -,
BVerfGE 89, 144). Solange und soweit in einem dualen System die
Wahrnehmung der sog. „unerlässlichen Grundversorgung“ (vgl. BVerfG,
Beschluss vom 24. März 1984, a.a.O.; Urteil vom 4. September 1986, a.a.O.;
Urteil vom 5. Februar 1991, a.a.O.; Beschluss vom 6. Oktober 1992 - 1 BvR
1586/89, 1 BvR 487/92 -, BVerfGE 87, 181; Beschluss vom 5. Oktober 1993,
a.a.O.) jedenfalls durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wirksam
sichergestellt ist, sind an die Breite des Programmangebots und die Sicherung
gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk nicht ebenso hohe
Anforderungen zu stellen wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (BVerfG,
Beschluss vom 24. März 1984, a.a.O.; Urteil vom 4. September 1986, a.a.O.;
Senatsurteil vom 5. Februar 1991, a.a.O.). Die Vorkehrungen, die der
Gesetzgeber zu treffen hat, müssen nur dazu bestimmt und geeignet sein, ein
möglichst hohes Maß gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk zu
erreichen und zu sichern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. März 1984, a.a.O.;
Urteil vom 4. September 1986, a.a.O.).
Wann eine gleichgewichtige Vielfalt im Gesamtprogrammangebot eines Landes
besteht oder zu erwarten ist, lässt sich nicht exakt bestimmen; es handelt sich
um einen Zielwert, der sich stets nur annäherungsweise erreichen lässt (BVerfG,
Urteil vom 4. September 1986, a.a.O.). Der Grundstandard gleichgewichtiger
Vielfalt verpflichtet daher nicht zur Herstellung einer arithmetischen Gleichheit
von Meinungs- und Angebotsrichtungen. Der Gesetzgeber hat aber Tendenzen
zur Konzentration rechtzeitig und so wirksam wie möglich entgegenzutreten
(BVerfG, Urteil vom 4. September 1986, a.a.O.). Ungleichgewichtigkeiten lassen
sich hinnehmen, solange sie nicht gravierend sind (vgl. BVerfG, Urteile vom 4.
September 1986, a.a.O.; vom 5. Februar 1991, a.a.O.).
Es kann dahinstehen, ob und inwieweit das verfassungsrechtliche Gebot
gleichgewichtiger Vielfalt bei der Belegung von Kanälen in analogen
Kabelanlagen gesondert im Hinblick auf das Gesamtprogramm im analogen
Kabelnetz zu gewährleisten ist (vgl. dazu Ricker/Schiwy,
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Rundfunkverfassungsrecht, 1997, Abschnitt G Rn. 36 m.w.N.; Hesse,
Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2003, S. 277 Rn. 144 m.w.N.). Denn die Antragstellerin
hat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass die in § 34 Abs. 1
Satz 1 NMedienG vorgesehene Privilegierung (digital-) terrestrisch verbreiteter
Programme dazu führt, dass eine gleichgewichtige Vielfalt im Gesamtprogramm
in der analogen Kabelanlage nicht (mehr) ausreichend sicherstellt werden kann.
Ziel der § 34 NMedienG zugrunde liegenden Regelung des § 51b Abs. 3 RStV
ist es, ein möglichst breites Angebot sicherzustellen und im allgemeinen
Interesse die Vielfalt der Meinungen in einer pluralistischen Gesellschaft
abzubilden, wobei auf die regionalen Besonderheiten und Themenstellungen
Rücksicht genommen werden kann (vgl. LT-Drs. 15/1485 S. 29 zu § 52 Abs. 1
Sätze 3 und 4 RStV a.F.). Nach der Gesetzesbegründung zu § 34 NMedienG
soll es bei der Verpflichtung für Betreiber analoger Kabelnetze zur Einspeisung
aller digital-terrestrisch verbreiteten Programme bleiben, um den Endnutzern ein
identisches Angebot zugänglich zu machen, das über verschiedene
Übertragungswege ausgestrahlt wird. Mit der Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1
werde sichergestellt, dass die Programme, die über DVB-T ausgestrahlt würden
und aufgrund ihres Beitrags zum Pluralismus und zur Meinungsvielfalt zu
diesem Übertragungsweg zugelassen worden seien, auch über das analoge
Kabelnetz ausgestrahlt würden. Zudem stärke die Koppelung der analogen
Kabelplätze an DVB-T das digitale terrestrische Fernsehen im Interesse der
Zuschauer als dritten internationalen Übertragungsweg neben Kabel und
Satellit. Denn etliche Programme würden nur deswegen terrestrisch über (für
den Veranstalter kostenintensives) DVB-T verbreitet, weil ihnen so ein Platz im
knappen analogen Kabel sicher sei (LT-Drs.16/2595 S. 66 f.).
Eine weitreichende Grundversorgung der Bevölkerung mit einem identischen
Programm über verschiedene Übertragungswege liegt im öffentlichen Interesse.
Denn nicht allen Endnutzern stehen alle Übertragungswege gleichermaßen zur
Verfügung. Die digital-terrestrische Übertragung unterscheidet sich von den
Übertragungen über Kabel und Satellit vor allem dadurch, dass die Programme
ohne nennenswerten Installationsaufwand nicht nur hausintern, sondern auch
portabel und mobil empfangen werden können. Durch die gesetzlich
vorgeschriebene Berücksichtigung aller nach dem NMedienG (digital-)
terrestrisch verbreiteten Programme bei der Belegung von Kanälen in analogen
Kabelanlagen wird der abnehmenden Bedeutung der analogen terrestrischen
Übertragung begegnet und sichergestellt, dass die Empfangsmöglichkeiten für
die an Kabelanlagen angeschlossene Endnutzer nicht hinter den (digital-)
terrestrischen Empfangsmöglichkeiten zurückbleiben. Dies dient sowohl der
Informationsfreiheit der Rundfunkteilnehmer als auch der subjektiven
Rundfunkfreiheit der betreffenden Rundfunkveranstalter, die ohne eine
Einspeisung ihrer Programme in das analoge Kabelnetz die Rundfunkteilnehmer
zum Teil nicht erreichen könnten und damit in der Verbreitung ihres
zugelassenen Programms erheblich beeinträchtigt würden. Es ist deswegen
dem Grunde nach nicht zu beanstanden, dass die (digital-) terrestrischen
Rundfunkprogramme vorrangig im analogen Kabelnetz weiterzuverbreiten sind
(vgl. auch OVG Bremen, Urteil vom 14. September 1999 - 1 HB 433/98 -,
NordÖR 1999, 513 = DVBl 2000, 128 = AfP 2000, 103 = ZUM 2000, 250).
Dem gesetzgeberischen Ziel, durch die privilegierte Einspeisung der (digital-)
terrestrischen Programme in das analoge Kabelnetz zugleich das von
Verfassungs wegen geforderte möglichst hohe Maß gleichgewichtiger Vielfalt zu
erreichen und zu sichern, wird durch §§ 9, 10 NMedienG Rechnung getragen,
welche die Zuweisung der terrestrischen Übertragungskapazitäten regeln. § 9
NMedienG sieht in Absatz 3 Satz 1 vor, dass der Antragsteller der
Landesmedienanstalt alle Angaben zu machen hat, die zur Überprüfung des
Zuweisungsantrags erforderlich sind, und ihr entsprechende Unterlagen
vorzulegen hat. Gemäß Absatz 3 Satz 2 kann die Landesmedienanstalt in der
Ausschreibung oder nach der Antragstellung weitere Angaben und Unterlagen
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anfordern, die zur Beurteilung der Angebots- und Anbietervielfalt erforderlich
sind. Danach hat der Antragsteller der Landesmedienanstalt alles mitzuteilen
und durch Unterlagen zu belegen, was diese zur Prüfung seines
Zulassungsantrags sowie im Hinblick auf § 10 NMedienG (s.u.) benötigt (LT-Drs.
16/2595 S. 55). Nach § 9 Abs. 4 Satz 2 NMedienG darf eine Zuweisung von
terrestrischen Übertragungskapazitäten nur an solche Veranstalter erfolgen, die
erwarten lassen, dass sie wirtschaftlich und organisatorisch in der Lage sind, ein
Programm zu veranstalten, das den Angaben in den Antragsunterlagen
entspricht und professionellen Ansprüchen genügt. Kann nicht allen Anträgen
auf Zuweisung einer Übertragungskapazität entsprochen werden, wirkt die
Landesmedienanstalt gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 NMedienG auf eine
Verständigung zwischen den Antragstellern hin, welche die Voraussetzungen
nach § 9 Abs. 3 und 4 NMedienG erfüllen. Wird eine Verständigung erzielt, weist
sie nach § 10 Abs. 1 Satz 2 NMedienG die Übertragungskapazität entsprechend
der Verständigung zu, wenn beim einzelnen Antragsteller weiterhin die
Voraussetzungen nach § 9 NMedienG erfüllt sind und nach den vorgelegten
Unterlagen erwartet werden kann, dass in der Gesamtheit der Angebote die
Vielfalt der Meinungen und Inhalte zum Ausdruck kommt. Kommt eine
Verständigung zwischen den Beteiligten nicht zustande oder entspricht die
danach vorgesehene Aufteilung nicht dem Gebot der Meinungs- und
Angebotsvielfalt, trifft die gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b) NMedienG
zuständige Versammlung der Landesmedienanstalt gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3
NMedienG unter Berücksichtigung der Gebote der Meinungs-, Angebots- und
Anbietervielfalt eine Auswahlentscheidung, wobei insbesondere die in § 10 Abs.
2 und 3 NMedienG genannten Kriterien berücksichtigt werden. Vorrang erhält,
wer am besten zur Steigerung der Vielfalt des Gesamtangebots beitragen kann
(LT-Drs. 16/2595 S. 57).
Die Antragstellerin hat keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür aufgezeigt,
dass die in § 34 Abs. 1 Satz 1 NMedienG vorgesehene Privilegierung (digital-)
terrestrisch verbreiteter Programme trotz der Regelungen in §§ 9, 10 NMedienG
dazu führt, dass eine gleichgewichtige Vielfalt im Gesamtprogramm in der
analogen Kabelanlage nicht (mehr) ausreichend sicherstellt werden kann.
Soweit sie auf den zur letzten Zuweisung von DVB-T-Übertragungskapazitäten
in Niedersachsen ergangenen Gesamtbescheid der Antragsgegnerin vom
9. Dezember 2011 (Bl. 743 ff. GA) Bezug nimmt, wurde darin zum 3. privaten
DVB-T Multiplex eine Auswahlentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3
NMedienG getroffen. Zwar wurde bezüglich der mit demselben Bescheid
geregelten Vergabe des 4. privaten DVB-T Multiplexes von einer
Auswahlentscheidung abgesehen, weil nur vier Übertragungskapazitäten zu
vergeben waren, auf die es nur vier aufrecht erhaltene Bewerbungen gab. Die
Antragstellerin hat aber nicht dargelegt, dass diese Vergabe dazu geführt hat,
dass die gleichgewichtige Vielfalt im Gesamtprogramm der analogen
Kabelanlage - das sich gerade nicht nur aus den über DVB-T verbreiteten
Programmen, sondern gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 NMedienG zwingend u.a. aus
den nach einem anderen niedersächsischen Gesetz für Niedersachsen
veranstalteten Programmen und damit auch der öffentlich-rechtlichen
Grundversorgungsprogramme (vgl. Hesse, a.a.O., S. 278 Rn. 145)
zusammensetzt - gravierend beeinträchtigt wird. Vielmehr ist davon
auszugehen, dass im Fall nur weniger ausgeschriebener DVB-T-
Übertragungskapazitäten und einer niedrigeren oder gleich hohen Bewerberzahl
die Gleichgewichtigkeit des Gesamtprogramms in der analogen Kabelanlage in
der Regel nicht dadurch erheblich beeinträchtigt wird, dass allen Bewerbern eine
DVB-T-Übertragungskapazität zugewiesen wird. Sollten im Einzelfall bereits bei
der Zuweisung der terrestrischen Übertragungskapazitäten Anhaltspunkte für
eine gravierende Ungleichgewichtigkeit des Gesamtprogramms auftreten, kann
diesen durch eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 9, 10 NMedienGG
dadurch begegnet werden, dass die Zuweisungsentscheidung nach diesen
Regelungen auch in einem solchen Fall nach den Kriterien der Meinungs-,
Angebots- und Anbietervielfalt zu treffen ist.
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b) Die Rundfunkfreiheit verlangt des Weiteren, dass privater Rundfunk vom
Gesetzgeber nicht unter Anforderungen gestellt wird, die seine Veranstaltung in
hohem Maße erschweren, wenn nicht ausschließen (vgl. BVerfG, Urteile vom 4.
September 1986, a.a.O.; vom 5. Februar 1991, a.a.O.). Sofern die zur Verfügung
stehenden Verbreitungsmöglichkeiten es nicht erlauben, allen Bewerbern den
Zugang zur Veranstaltung privater Rundfunksendungen zu eröffnen, sind
Regeln über die Auswahl der Bewerber geboten (BVerfG, Urteile vom 16. Juni
1981 - 1 BvL 89/78 -, BVerfGE 57, 295; vom 4. September 1986, a.a.O.; vom 5.
Februar 1991, a.a.O.). Der Zugang zum privaten Rundfunk darf weder dem
Zufall oder dem freien Spiel der Kräfte anheimgegeben noch dem
ungebundenen Ermessen der Exekutive überlassen werden. Dem
Gleichheitsgrundsatz lässt sich durch ein System Rechnung tragen, das eine
Verteilung der Sendezeiten, notfalls eine anteilige Kürzung, ermöglicht. Genügt
dies nicht oder hat sich der Gesetzgeber für ein System entschieden, in dem nur
Lizenzen für Vollprogramme an jeweils einen Veranstalter vergeben werden, hat
er Auswahlgrundsätze festzulegen, die eine gleiche Chance der Bewerber
gewährleisten (BVerfG, Urteile vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70, 1 BvL 25/71 -,
BVerfGE 33, 303; vom 16. Juni 1981, a.a.O.). Der Realisierungsgrad der
Chance muss durch objektiv sachgerechte und individuell zumutbare Kriterien
bestimmt werden (BVerfG, Urteile vom 16. Juni 1981, a.a.O.; vom 5. Februar
1991, a.a.O.).
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist jedenfalls derzeit nicht
ersichtlich, dass der Zugang derjenigen Veranstalter zum analogen Kabelnetz,
die sich eine Verbreitung ihrer Programme über DVB-T - und damit eine
automatische Einspeisung in das analoge Kabelnetz - finanziell nicht leisten
können, ausgeschlossen oder in hohem Maße erschwert wäre. Ungeachtet des
Umstands, dass die finanziellen Möglichkeiten eines Veranstalters immer über
seine Verbreitungsmöglichkeiten bestimmen, ist es nicht zu beanstanden,
terrestrische Übertragungskapazitäten nur solchen Bewerber zuzuweisen, die
an einem langfristigen Engagement im Rundfunkbereich interessiert und hierzu
auch fähig sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 -,
BVerfGE 73, 118 zur Zuordnung terrestrischer Frequenzen). Ausweislich des
angefochtenen Bescheids stehen im Kabelnetz der Beigeladenen zu 1)
30 Kanäle für analoges Fernsehen zur Verfügung. Der Vertreter der
Beigeladenen zu 1) sicherte laut Protokoll in der Sitzung des
Programmausschusses am 3. September 2012 zu, dass die analogen
Sendeplätze in den nächsten ein- bis eineinhalb Jahren nicht reduziert würden.
Die Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 1 NMedienG führte im vorliegenden Fall
zwar dazu, dass 25 Kanäle mit gesetzlich privilegierten Programmen - u.a. den
über DVB-T verbreiteten Programmen - zu belegen waren. Gleichwohl ist es der
Antragsgegnerin gelungen, durch Partagierungen (Kanalaufteilungen) bei ihrer
Auswahlentscheidung nach § 34 Abs. 2 NMedienG von den 15 Bewerbern auf
die fünf verbleibenden Kanäle lediglich zwei Bewerber nicht zu berücksichtigen.
Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass eine Erhöhung der Anzahl der gemäß
§ 34 Abs. 1 Satz 1 NMedienG privilegierten Programme durch eine Ausweitung
der DVB-T-Übertragungstechnik zu einer geringeren Anzahl von Bewerbern für
die nach § 34 Abs. 2 NMedienG zu treffende Auswahlentscheidung und damit
zu einer erhöhten Chance führt, bei der Zuweisung verbleibender
Übertragungskapazitäten im analogen Kabelnetz berücksichtigt zu werden. So
waren bei der streitgegenständlichen Entscheidung die Teleshopping-
Programme der Beigeladenen zu 4) und zu 5) infolge der Zuteilung von DVB-T-
Übertragungskapazitäten gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 NMedienG zwingend in das
analoge Kabelnetz einzuspeisen, so dass sie bei der Auswahlentscheidung
nach § 34 Abs. 2 NMedienG bezüglich der verbleibenden Kanäle nicht als
weitere Bewerber in Konkurrenz zur Antragstellerin traten.
2. Das Verwaltungsgericht hat bei summarischer Prüfung § 34 Abs. 1 NMedienG
auch zu Recht für vereinbar mit Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2002/19/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang
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zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie
deren Zusammenschaltung (ABl. Mr. L 108 S. 7) -
Universaldienstleistungsrichtlinie (UDRL) - und damit für anwendbar gehalten.
Nach Art. 31 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 UDRL können die Mitgliedstaaten zur
Übertragung bestimmter Hör- und Fernsehrundfunkkanäle den ihrer
Rechtshoheit unterliegenden Unternehmen, die für die öffentliche Verbreitung
von Hörfunk- und Fernsehrundfunkkanälen genutzte elektronische
Kommunikationsnetze betreiben, zumutbare Übertragungspflichten („must
carry“) auferlegen, wenn eine erhebliche Zahl von Endnutzern diese Netze als
Hauptmittel zum Empfang von Hörfunk- und Fernsehrundfunkkanälen nutzt.
Gemäß Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2 dürfen solche Pflichten nur auferlegt werden,
soweit sie zur Erreichung der von den einzelnen Mitgliedstaaten ausdrücklich
festgelegten Ziele von allgemeinem Interesse erforderlich sind, und sie müssen
verhältnismäßig und transparent sein. Nach Abs. 1 UAbs. 2 überprüfen die
Mitgliedstaaten die Übertragungspflichten regelmäßig.
Aus dem Vortrag der Antragstellerin - die insoweit im Wesentlichen auf ihre
Ausführungen zu Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Var. 2 GG verweist - ergibt sich nicht, dass
§ 34 Abs. 1 NMedienG diesen Anforderungen nicht genügt.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sind die der Beigeladenen zu 1)
durch § 34 Abs. 1 Satz 1 NMedienG auferlegten Übertragungspflichten
bezüglich digital-terrestrisch verbreiteter Programme in ihrem analogen
Kabelnetz zumutbar i.S.d. Art. 31 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 1 UDRL bzw. zur
Erreichung der auf nationaler Ebene ausdrücklich festgelegten Zielen von
allgemeinem Interesse verhältnismäßig i.S.d. Art. 31 Abs. 1 UAbs. 1 Satz 2
UDRL. Im Erwägungsgrund 43 zur UDRL heißt es hierzu, dass die
Mitgliedstaaten in der Lage sein sollten, in Verfolgung legitimer öffentlicher
Interessen den unter ihre Gerichtsbarkeit fallenden Unternehmen angemessene
Übertragungspflichten aufzuerlegen; diese sollten jedoch nur auferlegt werden,
soweit sie zur Erreichung der von den Mitgliedstaaten im Einklang mit dem
Gemeinschaftsrecht klar umrissenen Ziele von allgemeinem Interesse
erforderlich sind; sie sollten verhältnismäßig und transparent sein und
regelmäßig überprüft werden. Die von den Mitgliedstaaten auferlegten
Übertragungspflichten sollten zumutbar sein, d.h. sie sollten unter
Berücksichtigung klar umrissener Ziele von allgemeinem Interesse dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und transparent sein.
Mit der Regelung des § 51b Abs. 3 RStV i.V.m. § 34 NMedienG wird ein Ziel von
allgemeinem Interesse verfolgt. Denn die genannten Vorschriften sollen den
pluralistischen Charakter des Fernsehkanalangebots im analogen Kabelnetz
gewährleisten (s.o.). Damit ist die Regelung Teil einer Kulturpolitik, welche die
Meinungsfreiheit der verschiedenen gesellschaftlichen, kulturellen und
sprachlichen Strömungen im audiovisuellen Bereich - hier im Land
Niedersachsen - schützen soll (vgl. EuGH, Urteile vom 13. Dezember 2007 - C-
250/06 [United Pan-Europe Communications Belgium u.a.] -, Slg. 2007, S. I-
11135; vom 22. Dezember 2008 - C-336/07 [Kabel Deutschland Vertrieb und
Service] -, Slg. 2008 S. I-10889 zu § 52 Abs. 1 RStV a.F. i.V.m. § 37 NMedienG
a.F.; vom 3. März 2011 - C-134/10 -, ABl. EU 2001 Nr. C 130 S. 7).
Die der Beigeladenen zu 1) durch § 34 Abs. 1 Satz 1 NMedienG auferlegte
Verpflichtung, u.a. die bereits über DVB-T verbreiteten Programme in ihr
analoges Kabelnetz einzuspeisen, die im vorliegenden Fall unter
Berücksichtigung der weiteren nach § 34 Abs. 1 Satz 1 NMedienG privilegierten
Programme zur Belegung von 83,33 % ihres analogen Kabelnetzes führt, ist als
verhältnismäßig i.S.d. Art. 31 Abs. 1 Satz 2 UDRL anzusehen.
Wie bereits ausgeführt wurde, zielt die privilegierte Einspeisung über DVB-T
verbreiteter Programme in das analoge Kabelnetz u.a. darauf ab, den
Endnutzern ein identisches Angebot zugänglich zu machen, das über
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verschiedene Übertragungswege ausgestrahlt wird. Bereits dieses Ziel selbst
steht der Annahme entgegen, dass die Pflicht zur Übertragung der Kanäle im
Hinblick darauf zu beschränken sei, dass im Land Niedersachsen die Endnutzer
die betreffenden Fernsehkanäle auch terrestrisch empfangen können (vgl.
EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2008, a.a.O.). Zugleich gebietet es dieses Ziel,
dass die Zahl der Kanäle des analogen Kabelnetzes, für welche die
Übertragungspflicht gilt, der Zahl der Kanäle entspricht, die terrestrisch
ausgestrahlt werden (EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2008, a.a.O.). Deshalb
kann sich die hier streitige Verpflichtung angesichts der Zahl der terrestrisch
ausgestrahlten Kanäle und der zur Verfügung stehenden Kanäle des analogen
Kabelnetzes, die zur Belegung von 83,33 % der verfügbaren Kanäle führt,
mangels anderer Mittel, mit denen das angestrebte Ziel ebenso wirksam erreicht
werden kann, als verhältnismäßig erweisen.
Um zu vermeiden, dass der Kabelnetzbetreiber unzumutbaren und willkürlichen
Verpflichtungen ausgesetzt wird, sind insoweit zum einen die Funktionsweise
des mit der streitigen Regelung eingeführten Mechanismus, der zur genaueren
Bestimmung der Übertragungspflicht auf die terrestrisch ausgestrahlten Kanäle
verweist, und zum anderen die wirtschaftlichen Folgen zu prüfen, die sich
daraus für den Kabelnetzbetreiber ergeben (vgl. EuGH, Urteil vom 22.
Dezember 2008, a.a.O.).
Im Hinblick auf den erstgenannten Punkt hat der Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften zur Auslegung von Art. 49 EG a.F. (nunmehr Art. 56 AEUV)
entschieden, dass der „Must carry“-Status nicht automatisch allen
Fernsehsendern gewährt werden könne, die von einem privaten
Rundfunkveranstalter ausgestrahlt würden, sondern strikt auf diejenigen zu
beschränken sei, deren gesamter Programminhalt geeignet ist, das Ziel der
Sicherstellung des Pluralismus zu erreichen, indem sie gegebenenfalls durch
öffentlich-rechtliche Verpflichtungen den Zugang u.a. zu nationalen und lokalen
Informationen in dem betreffenden Gebiet ermöglichen (vgl. EuGH, Urteile vom
13. Dezember 2007, a.a.O.; vom 22. Dezember 2008; vom 3. März 2011,
a.a.O.). Außerdem dürfe die Zahl der Kanäle, die für private
Rundfunkveranstalter mit diesem Status reserviert ist, nicht offensichtlich höher
sein als es zur Erreichung dieses Ziels notwendig sei (vgl. EuGH, Urteil vom 13.
Dezember 2007, a.a.O.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2008,
a.a.O.).
Der durch § 51b Abs. 3 RStV i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1 NMedienG geschaffene
Mechanismus erzeugt keinen Automatismus dahin, dass der „Must carry“-Status
allen Fernsehsendern gewährt werden kann, die von einem privaten
Rundfunkveranstalter ausgestrahlt werden. Wie bereits ausgeführt wurde, wird
über die Regelungen der §§ 9, 10 NMedienG in derzeit hinreichendem Maße
sichergestellt, dass nur solche Programme auch über das analoge Kabelnetz
ausgestrahlt werden, die aufgrund ihres Beitrags zum Pluralismus und zur
Meinungsvielfalt zu diesem Übertragungsweg zugelassen wurden. Denn die
Auswahl der über DVB-T verbreiteten Kanäle für den „Must carry“-Status erfolgt
nach diesen Regelungen bereits in dem vorgezogenen Stadium der Zuweisung
terrestrischer Übertragungskapazitäten nach den Kriterien des Pluralismus und
der Angebotsvielfalt, da die Entscheidung über eine solche Auswahl auf der
Grundlage dieser Kriterien von der pluralistisch besetzten Versammlung der
Antragsgegnerin getroffen wird. Wie bereits ausgeführt wurde, ist davon
auszugehen, dass in dem von der Antragstellerin aufgezeigten Fall einer nur
begrenzten Anzahl ausgeschriebener DVB-T-Übertragungskapazitäten und
einer geringeren oder gleich hohen Bewerberzahl die Vielfalt des
Gesamtangebots in der Regel nicht dadurch gravierend beeinträchtigt wird, dass
allen Bewerbern eine Übertragungskapazität zugewiesen wird. Andernfalls ist
dem - wie ebenfalls bereits ausgeführt wurde - durch eine verfassungskonforme
Auslegung der §§ 9, 10 NMedienG dahin zu begegnen, dass die
Zuweisungsentscheidung nach diesen Regelungen auch in einem solchen Fall
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nach den Kriterien der Meinungs-, Angebots- und Anbietervielfalt zu treffen ist.
Folglich stellt der durch § 51b Abs. 3 RStV i.V.m. § 34 Abs. 1 Satz 1 NMedienG
geschaffene Mechanismus nur ein technisches Mittel dar, um sicherzustellen,
dass die Kanäle, die terrestrisch ausgestrahlt werden und aufgrund ihres
Beitrags zum Pluralismus und zur Angebotsvielfalt zu diesem Übertragungsweg
zugelassen wurden, auch über das analoge Kabelnetz ausgestrahlt werden
(vgl. EuGH, Urteil vom 22. Dezember 2008, a.a.O.)
Was die wirtschaftlichen Folgen der Pflichten betrifft, die der Beigeladenen zu 1)
als Kabelnetzbetreiberin auferlegt werden, ist weder dargetan noch ersichtlich,
dass sie sich als unzumutbar erweisen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor,
dass sie solcher Art sind, dass die Beigeladene zu 1) sie - auch im Hinblick auf
die Gesamtheit ihrer Tätigkeiten - nicht unter wirtschaftlich vertretbaren
Bedingungen erfüllen könnte.
Unter diesen Umständen hält der Senat auch eine Aussetzung des Verfahrens
verbunden mit einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen
Gemeinschaften nicht für geboten, zumal ein einzelstaatliches Gericht, dessen
Entscheidung - wie hier - nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen
Rechts angefochten werden kann, im Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes zur Vorlage einer Frage der Auslegung des
Gemeinschaftsrechts auch dann nicht gemäß Art. 267 Abs. 3 AUEV verpflichtet
ist, wenn seine Entscheidung das Gericht der Hauptsache nicht bindet, sofern
es jeder Partei unbenommen bleibt, das Hauptsacheverfahren, in dem die
vorläufig entschiedene Frage erneut geprüft werden und den Gegenstand einer
Vorlage bilden kann, selbst einzuleiten oder dessen Einleitung zu verlangen
(EuGH, Urteile vom 24. Mai 1977 - C-107/76 [Hoffmann-La Roche] -, Slg. 1977
S. 957 und vom 27. Oktober 1982 - Rs. C-35/82 und C-36/82 [Morson] -, Slg.
1982 S. 3723 zu Art. 177 EWGV a.F.).
3. Der Senat teilt des Weiteren die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass
die Anfechtungsklage der Antragstellerin aller Voraussicht nach nicht deshalb
Erfolg haben wird, weil die Antragsgegnerin im Hinblick auf die unstreitig nicht
berücksichtigte Überlassung eines Sendefensters durch die Beigeladene zu 2)
an die Beigeladene zu 3) in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 17. Dezember 2012
einen unzutreffenden oder unvollständig ermittelten Sachverhalt zugrunde
gelegt hat.
a) Es begegnet keinen Bedenken, dass das Verwaltungsgericht angenommen
hat, die Überlassung des Sendefensters führe bereits deshalb nicht zu einer
Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung, weil dieser Verstoß gegen § 34 Abs.
4 Satz 1 NMedienG erst nach der Entscheidung der Versammlung der
Antragsgegnerin erfolgt sei.
Entgegen der Annahme der Antragstellerin kommt es für die Beurteilung der
Rechtmäßigkeit der Kabelbelegungsentscheidung nicht auf den Zeitpunkt (der
Bekanntgabe) des den Versammlungsbeschluss umsetzenden Bescheids der
Antragsgegnerin vom 19. Oktober 2012 an (zu diesem Zeitpunkt hatte die
Beigeladene zu 2) der Beigeladenen zu 3) das Sendefenster bereits
überlassen), sondern auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des
Versammlungsbeschlusses vom 13. September 2012 (zu diesem Zeitpunkt
hatte die Überlassung des Sendefensters noch nicht begonnen).
Bei einer Anfechtungsklage ist für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der
angefochtenen Behördenentscheidung (ggf. in Gestalt des
Widerspruchsbescheids) im Allgemeinen und vorbehaltlich abweichender
Regelungen des materiellen Rechts auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt
der letzten Behördenentscheidung abzustellen (BVerwG, Beschlüsse vom
3. November 2006 - BVerwG 10 B 19.06 - Buchholz 424.01 § 41 FlurbG Nr. 8;
vom 4. Juli 2006 - BVerwG 5 B 90.05 -, juris; vom 27. Dezember 1994 - BVerwG
11 B 152.94 -, juris; Urteile vom 26. Januar 2011 - BVerwG 6 C 2.10 -, Buchholz
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442.066 § 55 TKG Nr. 3 = NVwZ 2011, 613; vom 6. April 2000 - BVerwG 3 C
6.99 - Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 4). Allein das Vorliegen einer
Anfechtungsklage zwingt aber nicht stets dazu, insoweit auf den Zeitpunkt des
Abschlusses des Verwaltungsverfahrens abzuheben (BVerwG, Urteil vom 11.
Dezember 2008 - BVerwG 7 C 6.08 -, BVerwGE 132, 372 = Buchholz 406.11 §
35 BauGB Nr. 378 = DVBl 2009, 382NVwZ 2009, 585). Vielmehr ist der
gerichtlichen Überprüfung einer Prognose im Rahmen von Entscheidungen mit
Beurteilungsspielraum im Fall einer Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach-
und Rechtslage in dem Zeitpunkt zugrunde zu legen, in dem die Behörde die
Prognose angestellt hat (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 - BVerwG 7 C
22.08 -, DVBl 2010, 120 = NVwZ 2010, 321 = JZ 2010, 568 = Buchholz 400 IFG
Nr. 1 = JuS 2010, 843; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 -
BVerwG 1 WB 19.08 -, BVerwGE 133, 13 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50 =
NVwZ-RR 2009, 604; Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 113 Rn.
112 ff. und Rn. 132).
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. April 2004 (BVerwG 4 C 2.03
-, BVerwGE 120, 276 = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 16 = DVBl 2004,
1115 = NVwZ 2004, 1114) und sein Beschluss vom 11. Juli 2012 (BVerwG 3 B
78.11 -, Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 49 = NVwZ 2012, 1175), auf die das
Verwaltungsgericht Bezug genommen hat und welche die Antragstellerin für
nicht übertragbar hält, sind Ausdruck dieses allgemeinen Grundsatzes.
In dem Urteil vom 1. April 2004 hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt,
es folge aus allgemeinen Grundsätzen, dass für die planerische Abwägung bei
einem Planfeststellungsbeschluss die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der
Beschlussfassung maßgebend sei. Spätere Änderungen der Sach- und
Rechtslage seien (grundsätzlich) nicht geeignet, „der zuvor getroffenen
Abwägungsentscheidung nachträglich den Stempel der Rechtmäßigkeit oder
Fehlerhaftigkeit aufzudrücken“. Soweit die Antragstellerin einwendet, ein
Planfeststellungsbeschluss sei im Gegensatz zu einem Beschluss der
Versammlung nach § 34 NMedienG kein reines Verwaltungsinternum, ist dem
entgegenzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht auf die
verwaltungsinterne Beschlussfassung abstellt, nicht auf die Bekanntgabe des
Planfeststellungsbeschlusses. Auch die Erwägungen der Antragstellerin zu
einer Unterscheidung zwischen ein- und zweistufigen Verfahren greifen nicht
durch, weil ein bekannt gegebener Planfeststellungsbeschluss auch ohne
nachfolgende Einzelakte wie eine bekannt gegebene
Kabelbelegungsentscheidung selbständig anfechtbar ist.
In dem Beschluss vom 11. Juli 2012 hat das Bundesverwaltungsgericht
ausgeführt, dass ein Betroffener zwar einen Luftreinhalteplan, der nur
verwaltungsintern binde, nicht unmittelbar angreifen könne, sondern
Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Klage erst die zur Umsetzung
ergangenen nach außen wirkenden Verfügungen sein könnten. In diesem
Verfahren sei jedoch die Rechtmäßigkeit der Vorgaben des Luftreinhalteplans
inzident zu prüfen. Der Umfang dieser Inzidentkontrolle unterliege, nicht anders
als sonstige Planungsentscheidungen, Einschränkungen. Grund dafür seien
zum einen die prognostischen Elemente, die der Planung zugrunde lägen, und
zum anderen das Ermessen, das der Behörde bei der Auswahl und
Ausgestaltung der im Luftreinhalteplan festgelegten Maßnahmen zustehe. Die
gerichtliche Kontrolle müsse zudem, um der prognostischen Natur der
Planungsentscheidung gerecht zu werden - wie generell bei der Überprüfung
solcher Prognosen -, auf den Zeitpunkt dieser Entscheidung abstellen, d.h. auf
die Beschlussfassung über den Plan. Die dargestellten Maßgaben für die
gerichtliche Überprüfung von planerischen Entscheidungen ergäben sich aus
dem solchen Planungen innewohnenden Erfordernis, Prognosen anzustellen.
Dagegen komme es nicht darauf an, inwieweit diesen Planungen bereits eine
unmittelbare rechtliche Außenwirkung zukomme oder ob es weiterer
behördlicher Umsetzungsakte bedürfe.
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Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass
das Bundesverwaltungsgericht zu einer Klage mit dem Antrag, die in einer
Sitzung der Bundesprüfstelle beschlossene Indizierung einer Zeitschrift
aufzuheben entschieden hat, dass spätere Sach- und Rechtsänderungen im
Fall unvertretbarer Kollegialentscheidungen grundsätzlich keine Beachtung
finden können (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1971 - BVerwG I C 31.68 -,
BVerwGE 39, 197 = Buchholz 436.52 § 1 GjS Nr. 8 = NJW 1972, 596 = DÖV
1972, 419 = NJW 1972, 1587 = DVBl 1972, 388 = VerwRspr 24, 131). Auch
diese Entscheidung ist Ausdruck des allgemeinen Grundsatzes, dass der
gerichtlichen Überprüfung einer Prognose im Rahmen von Entscheidungen mit
Beurteilungsspielraum die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt zugrunde zu
legen ist, in dem die Behörde die Prognose angestellt hat.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer prognostisch-wertenden
Auswahlentscheidung sind die dem zuständigen Entscheidungsorgan zum
Beurteilungszeitpunkt zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel maßgebend
(vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27. November 1980 - BVerwG 2 C 38.79 -,
BVerwGE 61, 176 = Buchholz 237.1 Art 9 BayBG Nr. 2 = DVBl 1981, 455 = NJW
1981, 1386 Buchholz 237.1 Art 9 BayBG Nr. 2 = VerwRspr 32, 810).
Diese Grundsätze gelten auch für Entscheidungen über die Belegung von
Kanälen in Kabelanlagen mit analoger Übertragungstechnik gemäß § 34
NMedienG. Denn aufgrund der damit verbundenen prognostischen und
wertenden Elemente kommt der nach § 43 Abs. 1 Nr. 9 NMedienG zuständigen
Versammlung bei ihrer Entscheidung ein Beurteilungsspielraum zu (s.o.). Ihre
Besetzung (§ 39 NMedienG) bietet die Gewähr dafür, dass bei der Entscheidung
die verschiedenen Gruppen unserer pluralistischen Gesellschaft wirksam
werden. Zum Wesen der Entscheidungen eines derartigen Spruchkörpers
gehört die Unvertretbarkeit seiner Meinungsbildung (vgl. BVerwG, Urteil vom
16. Dezember 1971, a.a.O.). Bei der Kabelbelegungsentscheidung handelt es
sich demnach um eine unvertretbare Kollegialentscheidung. Sie ist nicht - wie
die Antragstellerin meint - durch den Direktor der Antragsgegnerin, der diese
nach § 47 Abs. 2 Satz 2 NMedienG gerichtlich und außergerichtlich vertritt und
in dieser Funktion den den Versammlungsbeschluss umsetzenden Bescheid
vom 19. Oktober 2012 unterzeichnet hat, eigenmächtig abänderbar. Denn der
Direktor nimmt gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 NMedienG die Aufgaben der
Antragsgegnerin nur wahr, soweit sie nicht anderen Organen der
Antragsgegnerin zugewiesen sind. Er kann gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1
NMedienG lediglich u.a. in den Fällen des § 34 Abs. 5 und 6 - und dies auch nur
im Einvernehmen mit der oder dem (stellvertretenden) Vorsitzenden der
Versammlung - unaufschiebbare Entscheidungen anstelle der Versammlung
treffen. Das NMedienG sieht auch kein Prüfungs- oder Beanstandungsrecht des
Direktors vor. Durch ein solches Recht würde die Beurteilungsentscheidung der
Versammlung als unvertretbares Kollegialorgan unterlaufen.
Für eine Abweichung von diesen Grundsätzen besteht jedenfalls dann kein
Anlass, wenn sich - wie hier - die Sachlage erst nach der
Kabelbelegungsentscheidung der Versammlung ändert, zwischen dieser
Entscheidung und dem sie umsetzenden Bescheid - gemessen an dem im
Einzelfall erforderlichen Begründungsaufwand (und nicht nach einer von der
Antragstellerin geforderten „Karenzzeit“ von höchstens einem Monat) - kein
unverhältnismäßig langer Zeitraum liegt und die Änderung der Sachlage der
Antragsgegnerin erst nach Bekanntgabe des Umsetzungsbescheids zur
Kenntnis gelangt. Denn wäre die Versammlung zu einer neuen Entscheidung
immer schon dann verpflichtet, wenn sich nach ihrer Entscheidung, aber vor
Erlass des Umsetzungsbescheids die Sachlage auch nur bei einem Programm
änderte, wäre eine Kabelbelegungsentscheidung angesichts der Dynamik, mit
der sich Veränderungen von Programminhalten im Rundfunk vollziehen,
praktisch nicht umsetzbar. Erfährt die Antragsgegnerin erst nach Erlass des
Umsetzungsbescheids von der geänderten Sachlage, besteht auch nicht die
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von der Antragstellerin aufgezeigte Gefahr, dass die Antragsgegnerin wahlweise
erneut ihre Versammlung einberufen könnte, um wegen der geänderten
Sachlage einen neuen Beschluss zu erlassen, oder aber den bereits
getroffenen Beschluss bestehen lassen und sich auf die damals gültige
Sachlage berufen könnte.
b) Die Antragstellerin macht darüber hinaus geltend, die Versammlung sei
bereits bei ihrer Beschlussfassung am 13. September 2012 mit hoher
Wahrscheinlichkeit von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen, weil
die Beigeladene zu 2) die Überlassung des Sendefensters zu diesem Zeitpunkt
bereits geplant haben müsse.
Insoweit erschöpft sich ihr Vorbringen jedoch in bloßen Vermutungen. Die
Antragstellerin hält es nur für „kaum vorstellbar“, dass die geplante Überlassung
des Sendefensters der Beigeladenen zu 2) nicht bereits bekannt gewesen sei.
Aus den von der Antragstellerin angeführten Umständen einer Personalunion
des Geschäftsführers der Beigeladenen zu 2) und zu 3) und dem angeführten
Unternehmenszweck der Beigeladenen zu 3) - „insbesondere die Veranstaltung
eines Homeshopping-Programms in Form eines eigenständigen TV-Kanals
sowie als Fensterproduktion zur Ausstrahlung bei anderen Veranstaltern“ - ergibt
sich keine konkrete Planung der Beigeladenen zu 2), der Beigeladenen zu 3)
ein Sendefenster einzuräumen. Gleiches gilt im Hinblick darauf, dass die
Beigeladene zu 3) am 15. August 2012 einen täglichen Sendezeitraum von fünf
Stunden ankündigte.
Selbst wenn die Überlassung des Sendefensters von der Beigeladenen zu 2)
bereits im Zeitpunkt des Versammlungsbeschlusses geplant gewesen sein
sollte, wäre überdies dieser Umstand nicht zu berücksichtigen, weil die
Versammlung von einem solchen Plan keine Kenntnis hatte, es für die
Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer prognostisch-wertenden
Auswahlentscheidung aber - wie ausgeführt - auf die dem zuständigen
Entscheidungsorgan zum Beurteilungszeitpunkt zur Verfügung stehenden
Erkenntnismittel ankommt. Ohne konkrete Hinweise musste sich der
Antragsgegnerin eine geplante Überlassung des Sendefensters auch nicht
aufdrängen.
4. Der Senat teilt ferner die Auffassung des Verwaltungsgerichts, aus dem der
Antragsgegnerin vor der Entscheidung ihrer Versammlung durch die
Beigeladene zu 2) angezeigten neuen Konzept „Media-for-Revenue“ folge nicht,
dass die Antragsgegnerin bei der Würdigung des Vielfaltsbeitrags der
Beigeladenen zu 2) von einem nicht (mehr) zutreffenden Sachverhalt
ausgegangen sei.
Das Verwaltungsgericht hat hierzu u.a. ausgeführt, dass zum Zeitpunkt der
Entscheidung der Versammlung die Einschätzung wohl im Ergebnis zutreffend
gewesen sei, dass erhebliche Änderungen der Programminhalte der
Beigeladenen zu 2) durch das Konzept „Media-for-Revenue“ nicht
wahrscheinlich seien. Zwar dürfte die Vermutung der Antragstellerin zutreffen,
dass die Warenlieferanten einen gewissen Einfluss auf die Warenauswahl
geltend machten, wenn sie nach dem neu konzipierten Einkaufs- und
Lagerungshaltungsmodell der Beigeladenen zu 2) auch einen Teil des
wirtschaftlichen Risikos tragen sollten. Die Beigeladene zu 2) werde aber
weiterhin die Programmplanung/-konzeption in eigenen Händen halten.
Insbesondere aber dürfte sich der Einfluss der Lieferanten wohl lediglich auf die
Auswahl einzelner konkreter Waren auswirken, von denen diese sich einen
höheren Gewinn erhofften, nicht jedoch auf die für den Vielfaltsbeitrag der
Beigeladenen zu 2) bedeutsame Entscheidung, welchen Anteil ganze
Warengruppen an dem Programm erhielten. Anders könnte es sich verhalten,
wenn die Beigeladene zu 2) an einen oder nur sehr wenige Lieferanten
gebunden wäre. Anhaltspunkte hierfür seien jedoch weder vorgetragen noch
ersichtlich.
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Die Antragstellerin kann nicht nachvollziehen, dass das Konzept „Media-for-
Revenue“ zwar Einfluss auf die Auswahl einzelner konkreter Waren, nicht
jedoch auf den Anteil ganzer Warengruppen an dem Programm der
Beigeladenen zu 2) haben soll. Warengruppen bestünden gerade aus einzelnen
Waren. Eine andere Auswahl konkreter Waren könne daher ohne Weiteres dazu
führen, dass sich die Anteile der Warengruppen verschöben. Dies gelte
insbesondere dann, wenn sich Lieferanten von Artikeln bestimmter
Warengruppen höhere Umsätze bzw. Gewinne erhofften. Darüber hinaus könne
bereits eine Verschiebung innerhalb einer Warengruppe zu einem Sinken des
Anteils männeraffiner Produkte führen. Die Antragsgegnerin begründe jedoch
den Vielfaltsbeitrag der Beigeladenen zu 2) gerade damit, dass diese mit einer
männeraffinen Produktauswahl eine „Zielgruppennische“ besetze.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Antragstellerin keine hinreichenden
Anhaltspunkte dafür auf, dass die Versammlung davon hätte ausgehen müssen,
durch das Konzept „Media-for-Revenue“ würden sich die Anteile ganzer
Warengruppen im Programm der Beigeladenen zu 2) erheblich verschieben
oder Verschiebungen innerhalb einzelner Warengruppen würden zu einem
erheblichen Sinken des Anteils männeraffiner Produkte führen.
In ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 26. Juli 2012 führte die Beigeladene zu
2) zu dem neuen Konzept aus:
„Ab dem 01.09.2012 wird C. seine Programmgestaltung dahingehend
optimieren, als dass die Auswahl der angebotenen Produkte in direkter
Zusammenarbeit mit den Businesspartnern erfolgen wird. Während das
Konzept eines jeden in Deutschland ansässigen Teleshoppingsenders
bisher den eigenverantwortlichen Einkauf von Waren und deren
kostenintensive Lagerung vorsieht, wird C. eine Neuerung schaffen, indem
die Produkte direkt durch die Businesspartner gestellt werden. Das
Wareneinsatzrisiko trägt somit künftig der Businesspartner und entlastet C.
im Gegenzug zu anderen Teleshoppingsendern von der enormen
Kapitalbindung ausgelöst durch den um Monate vor der
Produktpräsentation liegenden Artikeleinkauf. Im Gegenzug partizipiert
jeder Businesspartner an den erzielten Gewinnen der mit seinen
Produkten gefüllten Verkaufssendungen.
Aus der Zuschauerperspektive wird sich durch das neue Geschäftsmodell
keine Änderung ergeben.
C. wird die Verkaufssendungen weiterhin konzipieren, produzieren, live
verbreiten und steht den Kunden als Vertragspartner mit seinem
gewohnten 24-stündigen Rundum-Sorglos-Service gegenüber. Die
Konzentration beider Partner auf ihre Kernkompetenzen bewirkt jedoch,
dass Kosten - wie z.B. doppelte Lagerungskosten - vermieden werden. In
der Folge können die Produkte dem Zuschauer zu günstigeren Preisen
angeboten werden. Ein weiterer Effekt ist, dass der Businesspartner
aufgrund der vereinbarten Umsatzbeteiligung keine Altwarenbestände
(Ladenhüter) einbringt, sondern seine neuesten Kollektionen. Für den
Zuschauer bedeutet dies, dass er ein noch attraktiveres und
hochwertigeres Sortiment geboten bekommt. Die mit dem Geschäftsmodell
Teleshopping/Versandhandel einhergehende Problematik, auch
Fehleinkäufe und überschüssige Ware abvermarkten zu müssen, wird es
folglich für C. nicht mehr geben. Der Zuschauer gewinnt eine noch höhere
Warenaktualität. Darüber hinaus ermöglicht die Loslösung von eigenen
Warenbeständen es C., flexibler und schneller auf Marktentwicklungen zu
reagieren. Zuschauerwünsche und Trends können auf diesem Wege
kurzfristig bedient werden.“
Das Protokoll über die mündliche Anhörung vom 3. September 2012 gibt die
dortigen Erläuterungen der Beigeladenen zu 2) zu dem Konzept wie folgt wieder:
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„Das neue Konzept „Media-for-Revenue” sieht vor, den Sender zur bloßen
Marken- und Marketingplattform im TV für Lieferanten/Geschäftspartner
umzubauen. Statt die Waren vorher beim Lieferanten einzukaufen, zu
lagern und selbst zu verschicken, sollen diese Schritte künftig die
Unternehmen selbst übernehmen. Das Wareneinsatzrisiko trägt somit
künftig der Geschäftspartner und entlastet C. von der enormen
Kapitalbindung ausgelöst durch den um Monate vor der
Produktpräsentation liegenden Artikelkauf. Im Gegenzug partizipiere jeder
Geschäftspartner an den erzielten Gewinnen der mit seinen Produkten
gefüllten Verkaufssendungen. In diesem völlig neuartigen Geschäftsmodell
konzentriere sich jeder auf seine Kernkompetenzen, die im Falle von C. bei
der Programmplanung / -konzeption, der Produktion, der Live-
Verbreitung, des E-Commerce etc. und bei den Markenunternehmen im
Einkauf/der Sortierung, der Moderation/Gäste, der Retouren, des Drop-
Shipments etc. liegen. In der Folge könnten aufgrund der Kostenersparnis
dem Zuschauer die Produkte zu günstigeren Preisen angeboten werden.
Außerdem würde der Geschäftspartner aufgrund der vereinbarten
Umsatzbeteiligung nur noch seine neuesten Kollektionen einbringen und
kein Abverkauf von Altwaren betreibe, was für den Zuschauer bedeutet,
dass er ein noch attraktiveres und hochwertigeres Sortiment geboten
bekommt. Auch könne so flexibler und schneller auf Marktentwicklungen
reagiert und Zuschauerwünsche und Trends könnten kurzfristig bedient
werden.“
Nach diesen Beschreibungen handelt es sich bei dem Konzept „Media-for-
Revenue“ in erster Linie um wirtschaftliche Planungen, nicht um inhaltliche
Programmänderungen. Es geht im Wesentlichen um eine Verlagerung des
„Wareneinsatzrisikos“ auf die Lieferanten der Waren. Aus dem Umstand, dass
die Auswahl der angebotenen Produkte „in direkter Zusammenarbeit mit den
Businesspartnern“ erfolgt, ergibt sich nicht, dass die Beigeladene zu 2) den
maßgeblichen Einfluss auf den Anteil der angebotenen Waren je Warengruppe
sowie auf den Anteil männeraffiner Produkte innerhalb einzelner Warengruppen
verlieren wird. Dementsprechend erklärte die Beigeladene zu 2) in ihrer
Stellungnahme vom 26. Juli 2012 auch - hervorgehoben in fett gedruckter Schrift
- dass sich aus der Zuschauerperspektive durch das neue Geschäftsmodell
keine Änderung ergeben werde. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, der
Einfluss der Lieferanten dürfte sich lediglich auf die Auswahl einzelner konkreter
Waren auswirken, nicht jedoch auf die für den Vielfaltsbeitrag der Beigeladenen
zu 2) bedeutsame Entscheidung, welchen Anteil ganze Warengruppen an ihrem
Programm erhalten, ist daher nicht zu beanstanden. Gleiches gilt im Hinblick auf
den Gesamtanteil männeraffiner Produkte im Sortiment der Beigeladenen zu 2).
Die Beigeladene zu 2) hat mit Schriftsätzen vom 18. Dezember 2012 (Bl. 495 ff.
GA) und 10. Januar 2013 (Bl. 873 ff. GA) nochmals klargestellt, dass das
Konzept keinen Einfluss auf die redaktionelle Gestaltung der ausgestrahlten
Sendungen und die gebotene programmliche Vielfalt habe. Es handele sich
nicht um eine Überlassung von Sendezeit gegen Entgelt, sondern um eine neue
Form der Warenbeschaffung. Die Auswahl der im Programm angebotenen
Produkte erfolge in direkter Zusammenarbeit mit den Businesspartnern, wobei
das Letztentscheidungsrecht bei ihr liege. Die gemeinsame Produktauswahl mit
den Businesspartnern bedeute keinesfalls, dass sie die Produktpalette und
Sendezeiten nicht mehr bestimme. Sie habe die alleinige Hoheit und
Letztentscheidungsbefugnis über das zur Ausstrahlung kommende Programm.
Sollte sich die nach den im Zeitpunkt des Versammlungsbeschlusses der
Versammlung vorliegenden Erkenntnismitteln im Hinblick auf das Konzept
„Media-for-Revenue“ nicht zu beanstandende Prognoseentscheidung der
Antragsgegnerin - die wie alle Prognoseentscheidungen mit gewissen
Unsicherheiten über künftige Entwicklungen verbunden ist - nachträglich als
unzutreffend erweisen, kann gemäß § 34 Abs. 3 NMedienG die
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Auswahlentscheidung nach Ablauf eines Jahres zum Nachteil der Beigeladenen
zu 2) geändert werden.
5. Entgegen der Annahme der Antragstellerin ist davon auszugehen, dass die
Antragsgegnerin den Sachverhalt hinreichend aufgeklärt hat.
Sie hat die Beteiligten vor ihrer Entscheidung mit Schreiben vom 21. Juni 2012
auf die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte hingewiesen und ihnen unter
angemessener Fristsetzung Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Dem sind die
Antragstellerin und die Beigeladene zu 2) mit schriftlichen Stellungnahmen vom
25. bzw. 26. Juli 2012 nachgekommen. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin
am 3. September 2012 eine Anhörung vor dem Programmausschuss ihrer
Versammlung durchgeführt, in der sich u.a. die Antragstellerin und die
Beigeladene zu 2) mündlich zu den entscheidungserheblichen Gesichtspunkten
äußern konnten und dies auch getan haben. Schließlich hat die
Antragsgegnerin ihrem Vorbringen nach die Programme der Beteiligten
beobachtet, um die Richtigkeit der von diesen gemachten Angaben zu
überprüfen.
a) Soweit die Antragstellerin bezweifelt, dass das Programm der Beigeladenen
zu 2) ausreichend beobachtet und analysiert und ihr eigenes Programm in
einem ähnlichen Umfang visioniert und bewertet worden sei, greifen ihre
Einwendungen nicht durch:
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2012 (Bl. 374 ff. GA)
ausgeführt, dass sie jede Kabelbelegungsentscheidung durch intensive
Programmbeobachtungen vorbereite. Bezogen auf die von der Antragstellerin
bemängelte Sachverhaltsaufklärung bezüglich des Inhalts des Programms der
Beigeladenen zu 2) hat sie unter Zeugenantritt erklärt, dass Sendungen jeden
Programmformats der Beigeladenen zu 2) mindestens einmal - teilweise
mehrfach - aufgezeichnet und analysiert worden seien. Dadurch seien im
Vorfeld der Entscheidung ca. 48 Stunden des Programms vollständig
aufgezeichnet worden. Die Aufzeichnung sei von Mitarbeitern der
Programmabteilung angeschaut und danach bewertet worden, welchen
Vielfaltsbeitrag das Programm zu leisten im Stande sei. Einige aufgezeichnete
Sendungen seien ein zweites Mal durch den Leiter der Programmabteilung
gesichtet worden. Dieser habe die Ergebnisse der Programmbeobachtung dem
Programmausschuss im Einzelnen erläutert. Mit Schriftsatz vom 10. Januar
2013 (Bl. 857 ff. GA) hat die Antragsgegnerin ausgeführt, dass sie die
Programme - auch das der Antragstellerin - durch ihre Programmabteilung
ausführlich beobachtet und sich vergewissert habe, dass die Inhalte den von
den Beteiligten gemachten Angaben entsprächen; hierüber habe der Leiter der
Programmabteilung dem Programmausschuss ausführlich berichtet. Mit
Schriftsatz vom 17. Januar 2013 (Bl. 915 ff. GA) hat sie ergänzt, die Programme
der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2) seien vor der
Kabelbelegungsentscheidung in einem vergleichbaren Umfang beobachtet
worden. Mit Schreiben an die Antragstellerin vom 14. Januar 2013 (Bl. 912 ff.
GA) hat sie mitgeteilt, dass der Leiter der Programmabteilung die Programme
der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2) in hinreichendem Umfang
gesehen und seine Wahrnehmungen ihren Gremien ausführlich geschildert
habe; sie habe sich durch die Programmbeobachtungen davon versichert, dass
die Inhalte den von den Beteiligten gemachten Angaben entsprächen. Die
Antragsgegnerin hat darüber hinaus eine Erklärung des Leiters ihrer
Programmabteilung vom 17. Januar 2013 (Bl. 923 GA) vorgelegt, wonach dieser
im Vorfeld der Kabelbelegungsentscheidung das Programm der Antragstellerin
selbst ca. 24 Stunden gesehen und daraufhin kontrolliert habe, ob es ihren
Angaben entspreche.
Mit diesem Vorbringen hat die Antragsgegnerin substantiiert dargelegt, die
Programme der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2) vor der zu treffenden
Entscheidung in dem hierfür gebotenen und in einem vergleichbaren Umfang
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beobachtet und analysiert zu haben. Das genaue Datum der Beobachtungen
des Programms der Antragstellerin, den exakten zeitlichen Umfang und die vom
Leiter der Programmabteilung ein zweites Mal gesichteten Sendungsabschnitte
musste die Antragsgegnerin hierfür entgegen der Auffassung der Antragstellerin
nicht im Einzelnen bezeichnen. Aus den Darlegungen werden der ungefähre
Umfang der Programmbeobachtungen, die Tatsache einer teilweise doppelten
Sichtung durch Mitarbeiter der Programmabteilung einerseits und den Leiter der
Programmabteilung andererseits sowie der Umstand deutlich, dass die
Beobachtungen nach Eingang der schriftlichen Stellungnahmen der Bewerber
und vor der Kabelbelegungsentscheidung durchgeführt wurden.
Zwar konnte die Antragsgegnerin abgesehen von einer zufällig noch auf einem
externen Speichergerät vorhandenen 48stündigen Aufzeichnung des
Programms der Beigeladenen zu 2) vom 30./31. August 2012 (Beiakte D) und
einer - weil in den laut Antragsgegnerin vollständigen Verwaltungsvorgängen
nicht vorhandenen - wohl nachträglich gefertigten tabellarischen Übersicht über
die diesbezügliche Auswertung (Bl. 424 GA) keine Dokumentation über ihre
Programmbeobachtungen vorlegen.
Gleichwohl geht der Senat im Rahmen dieses Eilverfahrens von der Richtigkeit
der genannten Angaben der Antragsgegnerin aus. Diese wären entgegen der
Annahme der Antragstellerin ohne Weiteres im Hauptsacheverfahren auch ohne
Beweisantritte zu jeder einzelnen Angabe Zeugenvernehmungen zugänglich, zu
denen im Eilverfahren im Hinblick auf das von der Antragstellerin lediglich
erklärte „Bestreiten mit Nichtwissen“ kein Anlass besteht. Die Antragsgegnerin
hat in ihrem Schreiben vom 14. Januar 2013 an die Antragstellerin sowie in
ihrem Schriftsatz vom 17. Januar 2013 eine plausibel erscheinende Erklärung
dafür abgegeben, weshalb nur noch der Mitschnitt des Programms der
Beigeladenen zu 2) vorliege. Die Antragsgegnerin muss nach dem NMedienG
im Vorfeld von Kabelbelegungsentscheidungen nicht zwingend
Programmbeobachtungen durchführen. Hält sie solche gleichwohl für geboten,
ist sie weder dazu verpflichtet, die Programme aufzuzeichnen noch deren
Auswertung zu dokumentieren, wenngleich dies die Führung eines sich
anschließenden Rechtsstreits erleichtern kann. Mit der zur Gerichtsakte
gereichten Aufzeichnung des Programms der Beigeladenen zu 2) steht fest,
dass eine Programmanalyse stattgefunden hat. Weshalb diese in Anbetracht
von 15 Bewerbern auf fünf freie Kabelkanäle auf das Programm der
Beigeladenen zu 2) beschränkt gewesen sein sollte, obwohl im angefochtenen
Bescheid insbesondere eine ausführliche Abwägung zwischen deren Programm
und dem der Antragstellerin vorgenommen wurde, erschließt sich nicht.
b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hatte das Verwaltungsgericht
nicht aufzuklären, ob die tabellarische Auswertung der Aufzeichnung des
Programms der Beigeladenen zu 2) der Versammlung am 13. September 2012
vorlag. Die Einholung einer diesbezüglichen Glaubhaftmachung war schon
deshalb nicht erforderlich, weil die Antragsgegnerin nicht geltend macht, dass
das genannte Schriftstück ihrer Versammlung am 13. September 2012 vorlag.
Ihr Vortrag geht vielmehr dahin, dass der Leiter der Programmabteilung die
Ergebnisse der Programmbeobachtung dem Programmausschuss mündlich
erläutert habe.
c) Der von der Antragstellerin gerügte „Verstoß gegen anerkannte statistische
Prinzipien“ liegt nicht vor. Die Antragstellerin bemängelt insoweit, dass die
Antragsgegnerin die Programme nicht ergebnisoffen untersucht, sondern
lediglich die von ihr und der Beigeladenen zu 2) gemachten Angaben zu ihren
Programmen überprüft habe.
Wie bereits ausgeführt wurde, muss die Antragsgegnerin nach dem NMedienG
vor einer Kabelbelegungsentscheidung keine Programmanalyse durchführen.
Sie hat den Sachverhalt zu ermitteln, soweit er für die gemäß § 34 Abs. 2 Satz 2
NMedienG zu beurteilende Frage entscheidungserheblich ist, inwieweit das
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jeweilige Programm zur Vielfalt des Gesamtangebots in der Kabelanlage
beiträgt. Wie sie dieser Pflicht nachzukommen hat, ist nicht vorgeschrieben. Da
die Beteiligten gemäß § 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 26 Abs. 2 Sätze 1 und 2
VwVfG bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken und die ihnen bekannten
Tatsachen und Beweismittel angegeben sollen, durfte die Antragsgegnerin
davon ausgehen, dass die Bewerber die für sie günstigen Umstände selbst
vortragen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sie die Bewerber
mit Schreiben vom 21. Juni 2011 über die beiden Schritte, in denen sie die
Abwägung des jeweiligen Vielfaltsbeitrags vornehmen würde (s.u.), sowie über
die dabei zu berücksichtigenden Kriterien (s.u.) informierte und ihnen gemäß § 1
Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 26 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG Gelegenheit zur Äußerung
hierzu gab. Unterlässt es ein Beteiligter, zur Klärung der für ihn günstigen
Tatsachen beizutragen, obwohl ihm dies möglich und zumutbar wäre, ist die
Behörde in der Regel nicht gehalten, von sich aus allen sonstigen denkbaren
Erkenntnismöglichkeiten nachzugehen, um die Tatsachen aufzuklären; dies gilt
vor allem dann, wenn sie die Beteiligten auf die Erheblichkeit bestimmter
Umstände - hier die zu berücksichtigenden Kriterien - hingewiesen hat
(Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 26 Rn. 43). Die Aufklärungspflicht
der Behörde (§ 1 Abs. 1 NVwVfG i.V.m. § 24 VwVfG) findet ihre Grenze dort, wo
das Vorbringen eines Beteiligten keinen Anlass zu weiterer Sachaufklärung
bietet. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die
Antragsgegnerin im Rahmen der Programmanalyse nur eine stichprobenartige
Kontrolle daraufhin durchgeführt hat, ob die von den Bewerbern gemachten
Angaben zu ihren Programmen zutreffen. Dies gilt entgegen der Auffassung der
Antragstellerin gerade auch dann, wenn bei einem Bewerber - hier der
Beigeladenen zu 2) - wegen einer bevorstehenden Umstrukturierung - hier auf
das Konzept „Media-for-Revenue“ - eine Sondersituation besteht und eine nur
stichprobenartige Kontrolle gleichwohl keine Anhaltspunkte dafür liefert, dass die
von dem betreffenden Bewerber gemachten Angaben unzutreffend sind.
d) Eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung durch die Antragsgegnerin ergibt
sich schließlich nicht aus dem Vorbringen der Antragstellerin, die am 30./31.
August 2012 durchgeführte Analyse des Programms der Beigeladenen zu 2) sei
möglicherweise ein „Ausreißer“, weil in dem 48stündigen
Aufzeichnungszeitraum eine 15stündige Programmschleife mit halbstündiger
Wiederholung gesendet worden sei; bereits geringe Abweichungen in der
Zusammenstellung einer Programmschleife genügten, um den Anteil der
betreffenden Warengruppe erheblich zu verändern.
Diesem Vortrag lässt sich nicht entnehmen, dass die Analyse gerade des
Programms der Beigeladenen zu 2) Abweichungen in der Zusammenstellung
der Programmschleife ergab, die den Anteil der betreffenden Warengruppe am
Gesamtangebot erheblich verändert hätten.
Wie bereits ausgeführt wurde, war durch die Programmanalyse keine für sich
genommen umfassende Sachaufklärung vorzunehmen. Vielmehr genügte es,
dass die Antragsgegnerin die Angaben der Beteiligten einer stichprobenartigen
Kontrolle auf ihre Richtigkeit hin unterzog.
Der Umstand, dass 15 Stunden lang eine halbstündige Programmschleife
wiederholt wurde, ändert nichts daran, dass im Rahmen der
Gesamtaufzeichnung 31,25 % der Sendezeit auf den Bereich
„Unterhaltungselektronik“ und 20,83 % auf den Bereich „Autopflege“ entfielen,
d.h. mehr als die Hälfte der Sendezeit auf solche Produktgruppen verwendet
wurde, die primär Männer ansprechen.
Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, die während der Programmschleife
angebotenen Produkte (ein Fernsehgerät und zwei Autopflegeprodukte)
könnten auch von Frauen benutzt werden, ist die Einordnung der genannten
Produkte als „männeraffin“, d.h. als in besonderem Maße Männer ansprechend,
jedenfalls nicht willkürlich.
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Da im Rahmen des Verkaufskonzepts der Beigeladenen zu 2) auch bei
Wiederholungen die Kunden jeweils die angebotenen Waren kaufen können, ist
es auch nicht willkürlich, Wiederholungen einer Sendung als Indiz dafür zu
werten, dass eine Vielzahl der darin angebotenen Produkte im Sortiment des
Veranstalters vorhanden ist. Für die Annahme, männeraffine Produkte hielten
einen großen Anteil am Sortiment der Beigeladenen zu 2), ist es nicht zwingend
erforderlich, dass es sich um verschiedene Produkte handelt; ein großer Anteil
männeraffiner Produkte am Sortiment besteht auch dann, wenn es sich um eine
Vielzahl desselben männeraffinen Produkts handelt.
Daher ist es auch unerheblich, dass in den Bereichen „Unterhaltungselektronik“
und „Autopflege“ in der diesbezüglichen Sendezeit laut Antragstellerin weniger
verschiedene Einzelprodukte angeboten wurden als in den weiteren im Rahmen
der 48stündigen Aufzeichnung ausgestrahlten Sendungen in den Kategorien
„Schmuck“, „Bekleidung“, „Haushalt“ und „Kosmetik“.
Die Annahme der Antragstellerin, die Wiederholungen sprächen dafür, dass es
sich bei den angebotenen Produkten um „Ladenhüter“ handele, die abverkauft
werden sollten, ist nicht zwingend. Vielmehr kann das wiederholte Anbieten
bestimmter Produkte auch dafür sprechen, dass diese Produkte „besonders gut
laufen“. Zudem würde der Umstand eines Abverkaufs von „Ladenhütern“ nichts
daran ändern, dass die betreffenden Produkte einen Großteil des Sortiments
ausmachen.
Angesichts des geschilderten Zusammenhangs zwischen der Sendezeit und
der Annahme, dass eine Vielzahl der betreffenden Produkte im Sortiment
vorhanden ist, greift auch der Einwand der Antragstellerin nicht durch, die
Antragsgegnerin habe im Verwaltungsverfahren und bei ihrer Entscheidung
stets auf das Warensortiment und erst im gerichtlichen Verfahren auf die
Sendezeit für bestimmte Waren oder Warengruppen abgestellt. Die Annahme
des Verwaltungsgerichts, die Versammlung sei bei ihrer Entscheidung der
Überlegung gefolgt, dass je höher der Anteil an verwendeter Sendezeit für eine
bestimmte Produktgruppe sei desto präsenter diese im Programm sei, ist nicht
zu beanstanden.
6. Auch die Auswahl der Beurteilungskriterien für die von der Versammlung der
Antragsgegnerin gemäß § 34 Abs. 2 NMedienG vorgenommene Abwägung
zwischen den Programmen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2)
begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
a) Die Versammlung hat - wie in § 34 Abs. 2 Satz 2 NMedienG vorgesehen - den
jeweiligen Beitrag der Programme der Antragstellerin und der Beigeladenen zu
2) zur Vielfalt des Gesamtangebots in der Kabelanlage bewertet. Es ist nicht
beurteilungsfehlerhaft, dabei als Vielfaltskriterien u.a. die Angebotsvielfalt, die
Berücksichtigung von Zielgruppenprogrammen und die Zuschauerakzeptanz zu
berücksichtigen und im Hinblick auf die Auswahl von Teleshopping-Sendungen
anzunehmen, dass sich der Vielfaltsbeitrag auch aus der Angebots- und
Warenpalette eines Programms ableiten könne und auch die Art des Anbietens
vielfaltsbegründend sein könne.
Die Versammlung hat eine programmbezogene Abwägung des Vielfaltsbeitrags
des jeweiligen Fernsehprogramms hinsichtlich seiner Ergänzungsfunktion
gegenüber den gesetzlich bestimmten Fernsehprogrammen und eine
programmbezogene Abwägung des Vielfaltsbeitrags des jeweiligen
Fernsehprogramms hinsichtlich seiner Ergänzungsfunktion gegenüber den
weiteren nicht gesetzlich bestimmten Fernsehprogrammen vorgenommen. Im
Rahmen des ersten Abwägungsschrittes hat sie drei Kategorien gebildet:
Programme, denen eine erhebliche Ergänzungsfunktion hinsichtlich der
gesetzlich bestimmten Programme und damit eine erhebliche Vielfaltsleistung
zukomme, seien in der Regel unpartagiert einzuspeisen, sofern sich nicht im
Vergleich mit den anderen gesetzlich nicht bestimmten Programmen gewichtige
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Gründe zeigten, die dagegen sprächen (Kategorie 1). Bei Programmen, denen
eine (normale) Ergänzungsfunktion zu bescheinigen sei, komme der Abwägung
mit den anderen nicht gesetzlich bestimmten Programmen eine besondere
Bedeutung zu; hier seien in der Regel partagierte Einspeisungen durchzuführen,
sofern nicht besondere Gründe vorlägen, die für eine unpartagierte oder
gänzlich gegen eine Einspeisung sprächen (Kategorie 2). Programme, denen
keine oder nur eine geringe Ergänzungsfunktion hinsichtlich der gesetzlich
bestimmten Programme zukomme, würden in der Regel nicht eingespeist,
sofern sich nicht bei der Abwägung der nicht gesetzlich bestimmten Programme
besondere Umstände zeigten, die für eine Einspeisung sprächen (Kategorie 3).
Auch diese Kategorisierung ist weder sachfremd noch willkürlich. Ihr liegt die
nachvollziehbare Einschätzung zugrunde, in Anbetracht des hohen Anteils der
gesetzlich bestimmten Programme in der analogen Kabelanlage erscheine es
vielfaltsfördernd, Programme zu berücksichtigen, die inhaltlich eine Ergänzung
zum Angebot der gesetzlich bestimmten Programme leisten könnten.
b) Eine gezielte Bevorzugung der Beigeladenen zu 2) durch die Auswahl der
Beurteilungskriterien ist entgegen der Annahme der Antragstellerin nicht
festzustellen.
aa) Für das Programm der Antragstellerin hat die Versammlung angenommen,
dass dieses eine geringe Ergänzungsfunktion der Kategorie 3 gegenüber den
gesetzlich bestimmten Programmen habe. Denn die Beigeladenen zu 4) und zu
5) - deren Programme nach § 34 Abs. 1 Satz 1 NMedienG zwingend
einzuspeisen seien - böten ebenfalls Teleshopping mit einem „Vollsortiment“ an
und deckten die von der Antragstellerin beschriebene Warenpalette
weitestgehend ab. Zwar verwende die Antragstellerin ein besonderes
Verkaufsverfahren (Auktions- bzw. Preissturzverfahren). In der
Gesamtabwägung bewerte die Versammlung diesen Umstand aber als nicht
hinreichend gewichtig, um die Überschneidungen hinsichtlich des Sortiments
auszugleichen. Im Vergleich unter den nicht gesetzlich bestimmten Programmen
- insbesondere mit dem Programm der Beigeladenen zu 2) - zeigten sich keine
besonders gewichtigen Gründe, die für eine Einspeisung des Programms der
Antragstellerin sprächen. Die Gründe hierfür lägen zunächst in der
Überschneidung der Sortimente der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2).
Zwar unterscheide sich das Programm der Antragstellerin durch die Art des
Anbietens von dem der Beigeladenen zu 2). Auch die Beigeladene zu 2) sei ein
sog. „Vollsortiment-Anbieter“, weise aber eine größere Kundenzahl auf. Sie habe
seit Sendestart rund 5,8 Millionen Kunden gewonnen. Für das Programm der
Antragstellerin spreche die Art des Anbietens, für das der Beigeladenen zu 2)
die größere Kundenakzeptanz. Ebenso sei zu berücksichtigen, dass die
Warenpalette der Beigeladenen zu 2) eine andere Ausrichtung als die der
Antragstellerin habe und die Beigeladene zu 2) aufgrund einer besonderen
Warenstruktur einen höheren Vielfaltsbeitrag erbringen könne: Sie biete mit
einem hohen Anteil ihres Sortiments sog. „Hardwaren“ an, z.B. Elektronik,
Heimwerkerausstattung sowie Küchenwaren- und Geräte. Bezüglich der
angebotenen Waren bestünden deutliche Überschneidungen zwischen dem
Programm der Antragstellerin und den gesetzlich einzuspeisenden
Teleshopping-Programmen, während diese Überschneidungen beim Programm
der Beigeladenen zu 2) geringer seien. Zwar biete auch diese Waren z.B. aus
den Bereichen „Schmuck“ und „Mode“ an, weise aber wegen der erkennbaren
Ausrichtung auf „Hardware“ eine vergleichsweise höhere Vielfaltsleistung auf.
Daher sei die Ergänzungsfunktion des Programms der Antragstellerin geringer.
Für das Programm der Beigeladenen zu 2) hat die Versammlung angenommen,
dass dieses eine (normale) Ergänzungsfunktion der Kategorie 2 gegenüber den
gesetzlich bestimmten Fernsehprogrammen habe, die für eine partagierte
Einspeisung spreche. Zwar gebe es in deutlichen Bereichen des Sortiments
Überschneidungen mit den Programmen der Beigeladenen zu 4) und zu 5).
Dennoch bestünden Unterschiede, die vor allem in den „Hardware-Angeboten“
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zu sehen seien, die sich nach Überzeugung der Versammlung stärker als bei
den Beigeladenen zu 4) und zu 5) an eine männliche Zielgruppe richteten. Die
Beigeladene zu 2) besetze insoweit eine „Zielgruppennische“. Im Rahmen des
Vergleichs unter den nicht gesetzlich bestimmten Programmen - insbesondere
mit dem Programm der Antragstellerin - ändere sich diese Einschätzung nicht.
Zur Antragstellerin bestehe durchaus ein Unterschied in der Art des Anbietens,
da diese die beschriebenen Verkaufssysteme nutze. Jedoch sei die
Kernzielgruppe der Antragstellerin - ähnlich wie bei den Beigeladenen zu 4) und
zu 5) - die Gruppe der sog. weiblichen „Best Ager“ im Alter von 45 bis 65 Jahren,
die laut Antragstellerin eine steigende Tendenz aufweise. Die Ausrichtung auf
diese Zielgruppe sei die „klassische“ Zielgruppenstruktur von Teleshopping-
Angeboten. Demgegenüber weise die Beigeladene zu 2) mit dem hohen Anteil
an „Hardware“ eine Angebotsstruktur auf, die nicht der klassischen
Kundenstruktur von Teleshopping-Angeboten entspreche. Im direkten Vergleich
beider Angebote würden die angebotenen Waren für vielfaltsrelevanter als die
Art des Anbietens erachtet. Daher sei die Beigeladene zu 2) beim Vergleich der
nicht gesetzlich bestimmten Programme gegenüber der Antragstellerin
vorzuziehen.
bb) Die diesbezüglichen Einwände der Antragstellerin greifen nicht durch:
(1) Die Antragstellerin meint, die kumulierten Kundenzahlen ließen keinen
Rückschluss auf den aktuellen Beitrag eines Programms zur Programmvielfalt
zu. Die Ursache hierfür könne in einem früheren Sendestart oder darin liegen,
dass ein Programm nur zu Beginn eine hohe Zuschauerakzeptanz gehabt habe.
Neubewerber oder Bewerber mit einem späteren Sendestart würden
benachteiligt, da sie naturgemäß niedrigere kumulierte Kundenzahlen aufwiesen
als ein länger ausgestrahltes Programm.
Der Senat teilt jedoch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass sich die
Versammlung innerhalb ihres Beurteilungsspielraums bewegt hat, indem sie für
die Annahme einer höheren Zuschauerakzeptanz beim Vergleich der
Antragstellerin und der Beigeladenen zu 2) die Gesamtkundenzahl für erheblich
erachtet hat. Denn die Antragstellerin ist keine Neubewerberin. Zwar liegt ihr
Sendebeginn (1. Oktober 2004) ca. dreieinhalb Jahre nach dem der
Beigeladenen zu 2) (1. März 2001). Gleichwohl haben sich bei der
Antragstellerin in den ca. achteinhalb Jahren zwischen ihrem Sendebeginn und
der Entscheidung der Versammlung „nur“ etwa 1,2 Millionen Kunden registriert,
während sich bei der Beigeladenen zu 2) in den ca. elfeinhalb Jahren zwischen
ihrem Sendebeginn und der Entscheidung der Versammlung etwa 5,8 Millionen
Kunden registriert haben. Anhaltspunkte dafür, dass die Zuschauerakzeptanz
des Programms der Beigeladenen zu 2) über die Jahre hinweg gesunken ist,
liegen nicht vor. Vielmehr hat die Beigeladene zu 2) in ihrer Stellungnahme vom
26. Juli 2012 angegeben, sie gewinne jährlich mehr als 200.000 Neukunden,
während die Antragstellerin nach ihren Angaben in der Anlage A1 zu ihrer
Stellungnahme vom 25. Juli 2012 „nur“ kontinuierlich über 100.000 Neukunden
gewinnt. Vor diesem Hintergrund ist es nicht willkürlich, dass die Versammlung
aus der mehr als viermal so hohen Gesamtkundenzahl der Beigeladenen zu 2)
eine höhere Zuschauerakzeptanz abgeleitet hat.
(2) Die Antragstellerin ist ferner der Auffassung, aus ihrer Eigendarstellung im
Verwaltungsverfahren gehe hervor, dass ihr Programm einen männeraffinen
Produktzuschnitt habe. Sie habe vorgetragen, dass sie mit über 40 % einen
vergleichsweise hohen Anteil männlicher Zuschauer bzw. Kunden habe. Dies
weise eindeutig auf ein männeraffines Warenangebot hin; anders sei der hohe
Männeranteil nicht zu erklären.
Es ist jedoch weder willkürlich noch sachfremd, dass die Versammlung den
Angaben der Antragstellerin im Verwaltungsverfahren einen männeraffinen
Produktzuschnitt ihres Programms, mit dem sie sich von den gesetzlich
einzuspeisenden Programmen der Beigeladenen zu 4) und zu 5) abhebt, nicht
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entnommen hat.
Zwar trifft es zu, dass die Antragstellerin in ihrer Stellungnahme vom 25. Juli
2012 ausgeführt hat, ihre Kunden wiesen mit ca. 42 % einen höheren
männlichen Anteil auf als bei anderen Teleshopping-Sendern. Auch in der
Anlage A1 zu der Stellungnahme gab sie zur Geschlechterstruktur ihrer Kunden
im Jahr 2011 einen Prozentsatz von 42,8 % in Bezug auf Männer an. Ebenso
wies die Antragstellerin laut Protokoll in der Anhörung am 3. September 2012
darauf hin, sie erreiche u.a. mit einem hohen Männeranteil von 40 % ein anderes
Klientel als die klassische Teleshopping-Zielgruppe.
Aus diesen Angaben musste die Antragsgegnerin aber nicht auf einen
männeraffinen Produktzuschnitt schließen. Denn ein vergleichsweise hoher
Anteil männlicher Kunden muss nicht notwendig mit den angebotenen
Produkten zusammenhängen; eine Erklärung könnte z.B. auch im
Verkaufssystem der Antragstellerin liegen (Auktionsverfahren, insb.
Preissturzverfahren).
Die Hauptzielgruppe der Antragstellerin ist laut ihrer Stellungnahme vom 25. Juli
2012 - und zwar mit steigender Tendenz - die Gruppe der sog. weiblichen „Best
Ager“ (Frauen im Alter von 45 bis 65 Jahren). Sowohl in der Anlage A1 zu ihrer
Stellungnahme als auch in der mündlichen Anhörung betonte die Antragstellerin,
bei ihr sei man besonders stolz auf die große Zahl sog. „Best Ager“, die
kaufkräftigste, treueste und - dank demografischem Wandel - auch eine
wachsende Bevölkerungsgruppe.
Zudem gab die Antragstellerin in ihrer Stellungnahme vom 25. Juli 2012 an, ihr
Programm sei „weitgehend programmidentisch“ mit dem der Beigeladenen zu 4)
und zu 5). Des Weiteren teilte sie in dieser Stellungnahme mit, Produkte in den
Sortimentsbereichen „Schmuck/Uhren“, „Haushaltswaren/Heimtextilien“,
„Beauty/Wellness“, „Mode“ und „Heimwerken“ anzubieten. Die Bezeichnungen
dieser Produktgruppen lassen - mit Ausnahme der Bezeichnung „Heimwerken“ -
für sich genommen nicht auf einen besonders männeraffinen Produktzuschnitt
schließen. Für die Produktgruppe „Heimwerken“ gab die Antragstellerin sowohl
in der Anlage A1 zu ihrer Stellungnahme als auch in ihrer Präsentation am
3. September 2012 an, dass lediglich 7 % ihres Sortiments hierauf entfielen,
jedoch 33 % auf „Schmuck/Uhren“, 27 % auf „Haushalt/Heimtextilien“, 18 % auf
„Beauty/Wellness“, 11 % auf „Mode“ und 4 % auf „Sonstiges“. In der Anlage A2
zu ihrer Stellungnahme gab sie an, dass in der Produktgruppe „Heimwerken“ nur
ein Nachfrageanteil von 6,5 % bestehe gegenüber 32,9 % bei Schmuck/Uhren,
27,3 % bei Haushalt/Heimtextilien, 18,4 % bei Beauty/Wellness, 11,4 % bei
Mode und 3,5 % bei Sonstiges. Die Analyse des Programms der Antragstellerin
ergab laut schriftlicher Erklärung des Leiters der Programmabteilung vom 17.
Januar 2013, dass der Anteil männeraffiner Produkte im Bereich „Heimwerken“
nicht höher war als von der Antragstellerin angegeben. Soweit die Antragstellerin
in ihrer Präsentation am 3. September 2012 Angaben zu einer gesonderten
Kategorie „Technik“ gemacht hat, unterfielen laut Präsentationsunterlagen nur
163 ihrer 6.362 angebotenen Produkte, d.h. 2,56 % der Kategorie „Technik“.
(3) Die Antragstellerin macht zwar geltend, ihr Programm weise auch in meist
frauenaffinen Warenkategorien wie „Schmuck/Uhren“, „Haushalt/Garten“ oder
„Beauty/Wellness“ mit Produkten wie Herrenuhren, Elektrogeräten oder
Herrenparfüms ein männeraffines Warenangebot auf. Insoweit habe sich die
Antragsgegnerin die Frage abgeschnitten, ob nicht ein männeraffines Angebot
in frauenaffinen Warengruppen ein Alleinstellungsmerkmal sei, das einen
besonderen Beitrag zur Programmvielfalt begründe.
Die Antragsgegnerin musste jedoch ohne besondere Hinweise der
Antragstellerin nicht annehmen, dass in den von dieser selbst als „meist
frauenaffin“ eingestuften Warenkategorien überdurchschnittlich viele
männeraffine Angebote unterbreitet würden. Ohne diesbezügliche Darlegungen
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der Antragstellerin bedurfte es insoweit keiner Nachforschungen seitens der
Antragsgegnerin.
(4) Die Antragstellerin bemängelt ferner, die Antragsgegnerin schließe allein von
den angebotenen Warengruppen auf die erreichte Zielgruppe und komme so zu
dem Ergebnis, dass die Beigeladene zu 2) aufgrund ihres männeraffinen
Warenangebots eine „Zielgruppennische“ besetze. Es sei aber nicht auf die
Warengruppen, sondern auf die tatsächlich angebotenen Waren abzustellen.
Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Die von der Versammlung zu treffende
Prognoseentscheidung geht nicht dahin, welche genaue Anzahl welcher
speziellen Produkte ein Bewerber voraussichtlich während der Geltungsdauer
der zu treffenden Kabelbelegungsentscheidung anbieten wird, sondern dahin,
ob er während dieser Dauer mit seinem Programm voraussichtlich einen
Vielfaltsbeitrag zum Gesamtprogramm leisten wird. Die Versammlung durfte aus
den Warengruppenbezeichnungen und den betreffenden Angebots- und
Nachfrageanteilen Rückschlüsse auf die Richtigkeit der von den Bewerbern
gemachten Angaben ziehen. Es ist nicht zu verlangen, dass die
Antragsgegnerin im Rahmen des Auswahlverfahrens jedes einzelne der jeweils
mehrere tausend Produkte umfassenden Sortimente aller am Verfahren
beteiligter Teleshopping-Veranstalter überprüft, zumal die angebotenen Waren
von der Nachfrage abhängen und sich daher kurzfristig ändern können.
Die Annahme der Versammlung, die Beigeladene zu 2) besetze vor allem
aufgrund ihrer „Hardware-Angebote“, die sich stärker als bei den Beigeladenen
zu 4) und zu 5) an eine männliche Zielgruppe richteten, eine
„Zielgruppennische“, ist weder sachfremd noch willkürlich. Die Beigeladene zu 2)
gab in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 26. Juli 2012 an, die angebotenen
„Hardwaren“ (Elektronik, Heimwerken, Küche etc.) machten einen hohen Anteil
ihres Sortiments aus. Damit in Einklang stand, dass laut Präsentation der
Antragstellerin vom 3. September 2012 von 18.233 Produkten der Beigeladenen
zu 2) 3.788 Produkte und damit mehr als 20 % der Kategorie „Technik“
unterfielen, während sich die entsprechenden Prozentsätze bei der Beigeladene
zu 4) mit 51 von 9.565 Produkten, der Beigeladenen zu 5) mit 226 von 10.282
Produkten und ihr selbst mit 163 von 6.362 Produkten jeweils im unteren
einstelligen Bereich bewegten. Zudem ergab die Analyse der 48stündigen
Aufzeichnung des Programms der Beigeladenen zu 2) vom 30./31. August
2012, dass 31,25 % der Sendezeit auf den Bereich „Unterhaltungselektronik“
und 20,83 % auf den Bereich „Autopflege“ entfielen. Vor diesem Hintergrund war
nicht zu verlangen, dass die Versammlung sämtliche Produkte der
Beigeladenen zu 2) in allen Sortimentsbereichen im Einzelnen einer Prüfung
daraufhin unterzog, ob es sich um „Hardware“ handelte.
(5) Soweit die Antragstellerin geltend macht, sie habe im Zeitraum der Analyse
des Programms der Beigeladenen zu 2) am 30./31. August 2012 weitaus mehr
männeraffine Produkte als diese angeboten, handelt es sich um ein
nachträgliches Vorbringen von Tatsachen, die der Versammlung zum Zeitpunkt
ihrer Prognoseentscheidung nicht bekannt waren. Dieser neue Sachvortrag führt
nicht dazu, dass die Entscheidung der Versammlung auf der Grundlage der ihr
damals vorliegenden Erkenntnismittel willkürlich wäre. Wie bereits ausgeführt
wurde, musste die Versammlung nach den Angaben der Antragstellerin im
Verwaltungsverfahren nicht von einem männeraffinen Zuschnitt ihres
Programms ausgehen. Die laut Antragsgegnerin in einem vergleichbaren
Umfang wie bei der Beigeladenen zu 2) durchgeführte Analyse des Programms
der Antragstellerin ergab nicht, dass ihr Programm von ihren Angaben im
Verwaltungsverfahren abwich (s.o.). Anlass zu weiteren
Sachverhaltsaufklärungen bestand nicht (s.o.).
(6) Die Antragstellerin rügt ferner, die Antragsgegnerin nehme pauschalierend
an, dass (nur) Hardware-Produkte eine männliche Zielgruppe ansprächen. Das
Verwaltungsgericht hätte aufklären müssen, welche Waren angeboten werden
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und ob diese primär von Männern gekauft würden, zumal sie im
verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit dem Verweis auf ihre Webseiten Indizien
dafür geliefert habe, dass die Sachverhaltsannahme der Antragsgegnerin
unzutreffend sei.
Auch das Verwaltungsgericht musste jedoch die von den Beteiligten
angebotenen Waren nicht im Einzelnen einer Prüfung unterziehen. Es hatte
vielmehr eine Entscheidung darüber zu treffen, ob die Prognoseentscheidung
der Versammlung auf der damaligen Tatsachengrundlage beurteilungsfehlerfrei
war. Indizien dafür, dass die Antragsgegnerin von einem unzutreffenden
Sachverhalt ausging, ergeben sich auch nicht aus dem Verweis der
Antragstellerin auf ihre Webseiten. Für den im Zeitpunkt des
Versammlungsbeschlusses zu beurteilenden voraussichtlichen Vielfaltsbeitrag
der Fernsehprogramme der Bewerber für die Geltungsdauer der
Kabelbelegungsentscheidung sind während des Gerichtsverfahrens von den
Bewerbern online angebotene Produkte nicht aussagekräftig.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin pauschalierend
angenommen hat, (nur) „Hardware“-Produkte sprächen eine männliche
Zielgruppe an. Vielmehr heißt es im Bescheid vom 19. Oktober 2012, dass
Unterschiede des Programms der Beigeladenen zu 2) zu den Programmen der
Beigeladenen zu 4) und zu 5) vor allem in den „Hardware“-Angeboten zu sehen
seien, die sich stärker als bei diesen an eine männliche Zielgruppe richteten. Ob
und inwieweit darüber hinaus andere Warenangebote „männeraffin“ waren, hatte
die Antragsgegnerin nicht zu prüfen, weil es an einem entsprechenden
Sachvortrag der Beteiligten fehlte und deren übriges Vorbringen nicht auf einen
männeraffinen Programmzuschnitt in anderen Bereichen schließen ließ.
(7) Soweit die Antragstellerin die Ansicht vertritt, der tatsächliche Männeranteil
der Kunden bzw. Zuschauer lasse einen besseren Rückschluss auf die
Zielgruppe und das Besetzen einer „Zielgruppennische“ zu als die angebotenen
Waren oder Warengruppen, ist dem entgegenzuhalten, dass es gemäß § 34
Abs. 2 Satz 2 NMedienG bei der Rangfolgeentscheidung maßgeblich auf den
Beitrag des jeweiligen Programms zur Vielfalt des Gesamtangebots ankommt,
d.h. auf die Programminhalte. Diese werden im Wesentlichen durch die
angebotenen Produkte bestimmt.
(8) Die Antragstellerin macht des Weiteren geltend, die Antragsgegnerin könne
nicht wissen, ob die Kernzielgruppe der Beigeladenen zu 2) nicht ebenfalls die
weiblichen „Best Ager“ im Alter von 45 bis 65 Jahren seien. Denn zur Zielgruppe
der Beigeladenen zu 2) sei lediglich vorgetragen worden, dass sie „im Kern bei
Personen im Alter über 40 Jahren“ liege und sich „innerhalb dieser Zielgruppe
vergleichsweise stark auf männliche Kunden“ ausrichte. Diese ungenauen
Angaben ließen keinesfalls den Schluss zu, dass die engere Kernzielgruppe der
Beigeladenen zu 2) nicht ebenfalls bei Frauen im Alter von 45 bis 65 liege.
Vielmehr sei anzunehmen, dass sich - wie bei allen Teleshopping-Sendern -
auch bei der Beigeladenen zu 2) die Kernzielgruppe der weiblichen „Best Ager“
bereits aus dem Umstand ergebe, dass vor allem Hausfrauen in diesem Alter
sowohl über die Zeit als auch die finanziellen Ressourcen zur Nutzung von
Teleshopping-Angeboten verfügten.
Aus der von der Antragstellerin geäußerten Einschätzung von Hausfrauen im
Allgemeinen können jedoch keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Zielgruppe
der Beigeladenen zu 2) gezogen werden. Die Beigeladene zu 2) führte in ihrer
Stellungnahme vom 26. Juli 2012 aus: „C. bedient mit seinem … Programm
vorwiegend die Zuschauerzielgruppe 40+. … Andererseits unterscheidet sich C.
innerhalb der 40+ Zuschauerzielgruppe im Teleshopping durch einen höheren
Anteil an männlichen und jüngeren Kunden verglichen mit der Zuschauerstruktur
der unmittelbaren Konkurrenz. Die angebotenen Hardwaren (Elektronik,
Heimwerken, Küche etc.) und somit männeraffineren Produkte halten einen
hohen Anteil des C. -Sortiments. C. besetzt so eine bislang nicht ausgefüllte
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Zielgruppennische.“ Es ist weder sachfremd noch willkürlich, aus diesen
Angaben zu schließen, dass die Beigeladene zu 2) sich von der klassischen
Zielgruppenstruktur der Teleshopping-Angebote abhebt, zumal sie ihrer
Stellungnahme vom 26. Juli 2012 zufolge zwar wie die Antragstellerin die
Produktgruppen „Schmuck“, „Mode“, „Beauty“, „Living“, „Haushalt“ und „Küche“
anbietet, die nicht ohne Weiteres auf einen männeraffinen Programmzuschnitt
schließen lassen, daneben aber die Produktgruppen „Haus und Garten“ sowie
„Multimedia und Technik“, bei denen dies der Fall ist. Die Angaben der
Beigeladenen zu 2) hat die Versammlung durch ihre Programmanalyse als
bestätigt angesehen.
(9) Die Antragstellerin ist schließlich der Auffassung, es verstoße gegen
allgemein anerkannte Beurteilungskriterien, der während der 48stündigen
Aufzeichnung des Programms der Beigeladenen zu 2) 15 Stunden lang
gezeigten halbstündigen Programmschleife dasselbe Gewicht zuzumessen wie
einem abwechslungsreichen Programm mit großer Warenvielfalt. Es sei nicht
nur die Quantität, sondern auch die Qualität der Sendezeit zu berücksichtigen.
Ein zeitweise völlig uninteressantes Programm leiste in dieser Zeit keinen
Beitrag zur Programmvielfalt. Wiederholungen, die so zusammengestellt
würden, dass das Programm völlig uninteressant werde, seien nicht
vielfaltsbegründend. Die Beigeladene zu 2) habe kein vielfältiges Programm aus
der Wiederholung verschiedener Sendungen zusammengestellt, sondern 15
Stunden lang dieselbe halbstündige Programmschleife gezeigt. In diesen 15
Stunden seien nur vier verschiedene Produkte angeboten worden. Dies
entspreche nicht einem breit gefächerten Warenangebot.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die vorgenommene Programmanalyse
nicht dazu bestimmt war, eine Überprüfung auf ein abwechslungsreiches
Programm mit einer großen Warenvielfalt hin vorzunehmen, sondern der
stichprobenartigen Verifizierung der von den Bewerbern gemachten Angaben
diente. Im Fall der Beigeladenen zu 2) wurde dabei insbesondere die Angabe
überprüft, die von ihr angebotenen männeraffinen Produkte hielten einen hohen
Anteil ihres Sortiments und sie besetze insoweit eine bislang nicht ausgefüllte
„Zielgruppennische“. Diese Angabe durfte die Versammlung der
Antragsgegnerin aufgrund der ihrem Programmausschuss mitgeteilten
Ergebnisse der Programmanalyse als bestätigt ansehen (s.o.).
Wie bereits ausgeführt wurde, ändert der Umstand, dass 15 Stunden lang eine
halbstündige Wiederholung einer Programmschleife gesendet wurde, nichts
daran, dass im Rahmen der 48stündigen Aufzeichnung des Programms der
Beigeladenen zu 2) 31,25 % der Sendezeit auf den Bereich
„Unterhaltungselektronik“ und 20,83 % auf den Bereich „Autopflege“ entfielen,
d.h. mehr als die Hälfte der Sendezeit auf solche Produktgruppen verwendet
wurde, die nach der willkürfreien Annahme der Antragsgegnerin vorrangig
Männer ansprechen. Die Wiederholungen durften auch als Indiz dafür gewertet
werden, dass eine Vielzahl der angebotenen (selben) Produkte im
Warensortiment vorhanden war und daher die Angaben der Beigeladenen zu 2),
männeraffine Produkte hielten einen hohen Anteil ihres Sortiments, durch die
Programmanalyse für bestätigt zu halten. Denn für diese Annahme ist es nicht
erforderlich, dass es sich um verschiedene Produkte handelt (s.o.).
Ob und inwieweit der jeweils gesehene Programmausschnitt für den einzelnen
Zuschauer interessant ist oder nicht, kann nur dieser selbst beurteilen; die Frage
ist unerheblich für die Prüfung, ob die Angaben der Beigeladenen zu 2) bezogen
auf den männeraffinen Programmzuschnitt zutreffen oder nicht.
Im Übrigen ist davon auszugehen, dass innerhalb eines Sendezeitraums von
15 Stunden die Zuschauer mehrfach wechseln, so dass für die jeweiligen
Zuschauer auch ein bislang von ihnen noch nicht gesehener Programmteil, der
als Wiederholung gesendet wird, einen Vielfaltsbeitrag zum Gesamtprogramm
leisten kann.