Urteil des OVG Niedersachsen vom 25.03.2013

OVG Lüneburg: schüler, aufenthalt, geistig behinderter, öffentliche schule, schulpflicht, behinderung, sozialhilfe, schulbesuch, schulgeld, privatschule

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Rückforderung Schulgeld
Ein staatlicher Schulträger, der seine gesetzliche Verpflichtung zur
Vorhaltung einer Förderschule durch einen Beschulungsvertrag mit einem
privaten Schulträger erfüllt und so die Beschulung der sich in seinem Gebiet
in Pflegefamilien und Wohnheimen ständig aufhaltenden Schülerinnen und
Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf sicherstellt, hat gegen die
auswärtigen Jugend-, Sozialhilfe- und Schulträger, in deren Gebiet die
Erziehungsberechtigten ihren Wohnsitz haben, keinen Anspruch auf
Erstattung der dem privaten Schulträger vertraglich geschuldeten
Schulgelder.
OVG Lüneburg 2. Senat, Urteil vom 25.03.2013, 2 LB 18/11
§ 7 BGB, § 8 BGB, § 812 BGB, § 103 BSHG, § 40 Abs 1 Nr 4 BSHG, § 93 BSHG, § 8
MeldeG ND, § 101 Abs 1 SchulG ND, § 105 Abs 7 SchulG ND, § 105 Abs 4 SchulG
ND, § 63 Abs 1 S 1 SchulG ND, § 35a Abs 1 S 1 SGB 8, § 54 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 12,
§ 40 Abs 1 S 1 VwGO, § 54 Abs 1 S 1 VwVfG
Tatbestand
Der Kläger fordert von dem Beklagten die Rückzahlung von Schulgeldern für
insgesamt vier Jahre - hier streitgegenständlich ist das Jahr 2005.
Der Beklagte betreibt seit 1995 im Gebiet des Klägers die Förderschule E.-
schule (bis 2005 mit dem Standort im Ortsteil F. der Stadt G. und nunmehr in H.)
mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung. Es handelt sich nach dem
Genehmigungsbescheid der Bezirksregierung I. vom 12. Juni 1995 um eine
staatlich anerkannte Ersatzschule, in der nur Kinder und Jugendliche beschult
werden dürfen, die entsprechenden sonderpädagogischen Förderbedarf haben
und für die der Schulbesuch aufgrund einer Entscheidung der zuständigen
Schulbehörde geregelt ist. Der Kläger selbst ist nicht Träger einer öffentlichen
Förderschule mit dem genannten Schwerpunkt. Die Beschulung von Kindern
und Jugendlichen mit diesem Schwerpunkt im Bereich des Klägers erfolgt
vielmehr ausschließlich in der E.-schule. Zu diesem Zweck haben die Beteiligten
in Anlehnung an mit dem früheren Träger der Förderschule bestehende
Vertragsbestimmungen unter dem 24. Juli/4. August 1995 eine Vereinbarung -
im Folgenden: Vereinbarung 1995 - geschlossen, wonach sich der Beklagte
verpflichtet, die (im Jahr 19... gegründete) private Schule in seine Trägerschaft
zu übernehmen, als Förderschule für geistig behinderte Kinder zu betreiben und
in ihr alle geistig behinderten Förderschüler, die ihren Wohnsitz im Gebiet des
Klägers haben, aufzunehmen und ganztags ordnungsgemäß zu beschulen (§ 1
Abs. 1). Der Kläger verpflichtet sich im Gegenzug zur Zahlung eines
monatlichen Schulkostenbeitrags für jeden Schüler, der seinen gewöhnlichen
Aufenthalt im Sinne des Bundessozialhilfegesetzes in seinem, des Klägers,
Bereich hat und in keiner Einrichtung nach den §§ 93, 103 BSHG untergebracht
ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1). Aufgrund der Vereinbarung 1995 und einer weiteren
zwischen den Beteiligten im Oktober 2001 geschlossenen Vereinbarung - im
Folgenden: Vereinbarung 2001 - leistet der Kläger dem Beklagten pauschal
monatliche Abschlagsbeträge auf die Beschulungskosten. Die Endabrechnung
erfolgt jeweils am Ende jeden Schuljahres für das vorangegangene Kalenderjahr
(§ 5 Abs. 4 Satz 1 Vereinbarung 2001), etwaige Nachzahlungen werden von
dem Kläger jeweils im März des Folgejahres geleistet.
Nachdem der Kläger im Jahr 2006 festgestellt hatte, dass in den von dem
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Beklagten pauschal in Rechnung gestellten Kosten auch solche für die
Beschulung von ursprünglich außerhalb seines Kreisgebietes ansässigen und
wohnhaften Kindern und Jugendlichen enthalten waren, die in auf seinem
Gebiet belegenen Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen untergebracht waren,
forderte er diese seiner Ansicht nach zu Unrecht erstatteten Kosten für die Jahre
2002: 30.744,00 EUR für neun Heimkinder
2003: 54.039,02 EUR für neun Heimkinder
2004: 59.754,00 EUR für zehn Heimkinder
2005: 66.325,00 EUR für elf Heimkinder
nebst Zinsen von dem Beklagten zurück. Hierbei vertrat er die Ansicht, die
Beschulungskosten für Schülerinnen und Schüler, die von auswärtigen
Sozialhilfe- und Jugendhilfeträgern in Einrichtungen der Jugendhilfe in seinem
Kreisgebiet untergebracht seien, seien unter dem Gesichtspunkt der
sogenannten „Zusammenhangskosten“ und des Schutzes der Anstaltsorte nicht
von ihm, sondern von den auswärtigen Stellen zu tragen, die die Kinder und
Jugendlichen in die Heimeinrichtungen entsandt hätten.
Da der Beklagte die Rückerstattung verweigerte, hat der Kläger unter Vertiefung
seines Standpunktes jeweils Leistungsklage auf Erstattung der genannten
Beträge - für das hier streitgegenständliche Jahr 2005: am 2. Dezember 2008 -
erhoben. Hierzu hat er im Wesentlichen ausgeführt: Ihm stehe gegen den
Beklagten ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch analog §§ 812 ff. BGB
wegen zu Unrecht gezahlter Schulgelder zu. Der Beklagte habe entgegen der
zwischen ihnen bestehenden vertraglichen Regelung Schulgelder auch für
diejenigen Schülerinnen und Schüler abgerechnet, die ursprünglich ihren
Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb seines Kreisgebietes gehabt
hätten, die mithin von auswärtigen Sozial- und Jugendhilfeträgern in in seinem
Kreisgebiet gelegenen Heimen untergebracht worden seien, und deren
Förderschwerpunkt zudem überwiegend nicht in dem Bereich der geistigen
Behinderung, sondern vermutlich vorrangig im Bereich der seelischen
Behinderung liege. Gemäß § 2 der Vereinbarung 1995 sei die Erstattung des
Schulgeldes für diese auswärtigen Heimkinder von seiner Seite
ausgeschlossen. Vielmehr habe der Beklagte diese Kosten in Übereinstimmung
mit § 105 Abs. 7 NSchG über die Heime mit den auswärtigen Sozialbehörden
direkt abrechnen müssen. Diese auswärtigen Sozialbehörden seien letztlich
verpflichtet, die Schulgelder für die auswärtigen Heimkinder als sogenannte
Zusammenhangskosten direkt zu tragen, um die Einrichtungsorte vor
Zusatzkosten zu bewahren. Dieser Grundsatz des Schutzes der
Einrichtungsorte vor jeglichen Folgekosten während des Heimaufenthaltes
auswärtiger Kinder stelle einen allgemeinen Grundsatz dar, der sich quer durch
die betroffenen Rechtsgebiete des BSHG/SBG XII, SGB VIII und des NSchG
ziehe. Entgegen der vorprozessual geäußerten Ansicht des Beklagten komme
es weder darauf an, welche Art der Behinderung das Kind besitze, noch ob sich
der Schulbesuch als Eingliederungshilfe darstelle. Mit diesem Inhalt verstoße die
Vereinbarung 1995 nicht gegen gesetzliche Bestimmungen. Der
Rückforderungsanspruch sei nicht deshalb ausgeschlossen oder gemindert,
dass er bisher die Aufschlüsselung der Schüler nach Wohnort und
Heimunterbringung nicht verlangt habe.
Der Kläger hat bezogen auf das hier streitgegenständliche Jahr 2005 beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, an ihn 66.325 EUR zuzüglich Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21.
Dezember 2006 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er angeführt, er müsse nach § 1 der Vereinbarung 1995
und § 1 der Vereinbarung 2001 die Kinder beschulen, für die ein
sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem Schwerpunkt der geistigen
Behinderung festgestellt worden sei und die im Bereich des Klägers ihre
Schulpflicht erfüllen müssten. Im Gebiet des Klägers müssten nicht nur
Schülerinnen und Schüler ihre Schulpflicht erfüllen, die ihren Wohnsitz dort
hätten, sondern auch solche mit gewöhnlichem Aufenthalt. Unerheblich sei, ob
diese Kinder in einer Einrichtung der Sozial- oder Jugendhilfe untergebracht
seien. Da er verpflichtet sei, diese schulpflichtigen Kinder mit entsprechendem
Förderbedarf aufzunehmen, sei er auch berechtigt, dem Kläger dafür die
Beschulungskosten in Rechnung zu stellen. Schulen seien keine Einrichtungen
der Sozialhilfe. Würde der Kläger selbst eine entsprechende Förderschule
betreiben, könnte er die Beschulungskosten für Heimkinder nicht den
Sozialhilfe- oder Jugendhilfeträgern in Rechnung stellen. Unabhängig davon
seien Kosten der Beschulung nicht Kosten im Zusammenhang mit einer
Heimunterbringung, für die ein Sozialhilfeträger aufkommen müsse. Es treffe
nicht zu, wenn der Kläger aus § 105 NSchG abzuleiten versuche, dass er, der
Beklagte, gegen einen anderen Schulträger oder eine entsendende Behörde
einen Anspruch auf Erstattung der Beschulungskosten habe. Die Heimkinder
seien gerade keine auswärtigen Schülerinnen und Schüler im Sinne der
Vorschrift, weil sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Kreisgebiet des Klägers
hätten. Die Heime seien zudem keine Wohnheime im Sinne von § 105 Abs. 7
NSchG. Nach dem Wortlaut der Vereinbarung 1995 könne allenfalls die
Abrechnung von Beschulungskosten für Kinder ausgeschlossen sein, die in
einer Einrichtung nach §§ 93, 103 BSHG untergebracht gewesen seien, nicht
aber in einer Jugendhilfeeinrichtung.
Das Verwaltungsgericht hat den Klagen durch Urteile vom 26. Mai 2009 nur zum
Teil stattgegeben, im Wesentlichen hat es die Klagen abgewiesen. Für das hier
streitgegenständliche Jahr 2005 hat es die Klage insgesamt abgewiesen. Zur
Begründung hat es insoweit im Wesentlichen ausgeführt, der
Erstattungsanspruch sei nicht gegeben. Der Kläger habe dem Beklagten die
Schulgelder nicht ohne Rechtsgrund geleistet, sodass insoweit ein öffentlich-
rechtlicher Erstattungsanspruch nicht bestehe. Die Beschulungskosten, die dem
Beklagten entstünden, weil er ein Kind anstelle des öffentlichen Schulträgers
beschule, seien nicht Kosten, die aufgrund eines privatrechtlichen
Beschulungsvertrages mit den Erziehungsberechtigten oder aufgrund einer
Vereinbarung mit einem Jugend- oder Sozialhilfeträger entstünden. Der Kläger
sei vielmehr seiner Verpflichtung, eine Förderschule mit dem Schwerpunkt
geistige Entwicklung vorzuhalten, dadurch nachgekommen, dass er die
Beschulung vertraglich durch die Privatschule des Beklagten sichere. Daher
könne er als öffentlicher Schulträger seine Verpflichtung zur Kostentragung für
die Beschulung von schulpflichtigen Kindern in seinem Zuständigkeitsbereich
nicht auf andere Stellen wie hier die auswärtigen Jugend- und Sozialhilfeträger
verlagern. Der Beklagte habe dem Kläger die Beschulungskosten mithin
grundsätzlich zu Recht berechnet und demnach nicht zurückzuzahlen, weil in
der Regel die nach den vertraglichen Vereinbarungen vorausgesetzten
Entscheidungen der zuständigen Schulbehörde über das Vorliegen eines
sonderpädagogischen Förderbedarfs vorlägen.
Der Kläger führt hiergegen unter Vertiefung seiner Klagebegründung die
Berufung, mit der er seinen Erstattungsanspruch weiterverfolgt. Er ist der
Ansicht, die Zahlung der Schulgelder für auswärtige Heimkinder durch ihn sei in
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zweifacher Hinsicht ohne vertraglichen Rechtsgrund erfolgt. Hinsichtlich des
gesamten Zahlungsbetrages liege ein Verstoß gegen § 2 Vereinbarung 1995
vor, weil der Beklagte die vertraglich geschuldete vorläufige Direktabrechnung
bei den auswärtigen Entsendestellen unterlassen und die Schulgelder
stattdessen sofort ihm in verdeckter Form als solche für originäre Kreiskinder in
Rechnung gestellt habe. Nach dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten
sei lediglich eine verwaltungsmäßige vorläufige Direktabrechnung gegenüber
den auswärtigen Entsendestellen beabsichtigt gewesen, ohne dass der
Beklagte ein finanzielles oder rechtliches Risiko habe tragen müssen; das
Ausfallrisiko habe allein bei ihm, dem Kläger, gelegen, da er im Nichterfolgsfall
das Schulgeld an den Beklagten habe auszahlen und anschließend bei der
eigentlich leistungsverpflichteten auswärtigen Entsendestelle Regress habe
nehmen sollen. Diese vertraglich vereinbarte Direktabrechnung des Beklagten
mit den auswärtigen Entsendestellen beziehe sich auf alle in Heimen
untergebrachten Schülerinnen und Schüler mit geistiger Behinderung; die
Heimart und der Unterbringungsgrund seien unerheblich. Über den zu engen
Wortlaut des § 2 Vereinbarung 1995 hinaus gelte diese Klausel der
Direktabrechnung nach dem Sinn und Zweck der Vereinbarung nicht nur für die
in Heimen im Sinne des BSHG, sondern auch für die in Heimen im Sinne des
KJHG untergebrachten Kinder. Nach dem Willen der Vertragsparteien und der
Systematik des Vertrages sollte eine verwaltungsmäßige Erleichterung für ihn,
den Kläger, geschaffen werden, indem er sich nicht mehr in jedem Einzelfall
verwaltungsmäßig um die Abrechnung mit dem Beklagten und zusätzlich mit
den auswärtigen Entsendestellen habe kümmern müssen. Die vorläufige
Direktabrechnung des Beklagten mit den auswärtigen Entsendestellen stelle
eine bewusste Gegenleistung für seinen, des Klägers, Verzicht auf die
Errichtung einer Konkurrenzschule in staatlicher Trägerschaft und damit für die
Monopolstellung des Beklagten in dem Bereich der Beschulung geistig
behinderter Kinder dar. Der Ausnahmefall dergestalt, dass der Beklagte ihm,
dem Kläger, in zulässiger Weise ein Schulgeld für die auswärtigen Heimkinder in
Rechnung habe stellen dürfen, weil die auswärtige Entsendestellen trotz
tatsächlich erfolgter Beitreibungsversuche des Beklagten nicht gezahlt hätte,
liege angesichts fehlender Beitreibungsversuche seitens des Beklagten in dem
streitgegenständlichen Zeitraum nicht vor. Hinsichtlich eines zwei Schüler
betreffenden Teilbetrages von 9.508,50 EUR (Schüler J.: 8.859 EUR; Schüler K.:
649,50 EUR), liege ein weiterer Verstoß gegen die sich aus § 4 der
Ergänzungsvereinbarung 2001 ergebenden Nachweispflicht vor. Der Beklagte
habe hiernach bereits bei der Einschulung lückenlos und positiv den Nachweis
der endgültigen Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs mit dem
Schwerpunkt der geistigen Behinderung durch die zuständige Schulbehörde zu
erbringen. Da ihm dies in den Fällen der genannten Schüler nicht gelungen sei,
liege insoweit jeweils ein Vertragsverstoß des Beklagten vor mit der Folge, dass
er, der Kläger, die Schulgelder ohne Rechtsgrund geleistet habe. In beiden
Fällen existiere keine endgültige Begutachtung nach Ablauf der dreimonatigen
Probebeschulung vor. Der sich hieraus ergebende Erstattungsanspruch werde
nicht nach §§ 59 VwVfG, 1 NVwVfG, 58 SGB X durch eine (Teil-)Nichtigkeit der
Vereinbarung 1995 ausgeschlossen. Entgegen der Ansicht des
Verwaltungsgerichts sei die Vereinbarung 1995 insgesamt wirksam und weder
nichtig noch rechtswidrig. Die Ansätze des Verwaltungsgerichts beruhten auf
einer Verkennung des Vertragsinhalts dieser Vereinbarung und seiner
Rechtsnatur als bloßem Bedarfsdeckungsgeschäft. Ein Verstoß gegen das
Verbot des § 54 Abs. 2 Satz 1 NSchG, den Besuch einer Förderschule von der
Zahlung eines Schulgeldes abhängig zu machen, bestehe nicht, weil die
Kostenseite ausschließlich ihn und den Beklagten als Vertragsparteien, nicht
aber die Schülerinnen und Schüler betreffe. Er habe seine gesetzliche
Verpflichtung zur Bereitstellung eines für die letzteren kostenlosen Besuches
einer Förderschule G mit der Vereinbarung 1995 sichergestellt.
Der Kläger beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Lüneburg 4 A
221/08 vom 26. Mai 2009 nach seinem erstinstanzlichen Klageantrag
zu erkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil und verweist auf den von dem Verwaltungsgericht
herausgearbeiteten Umstand, dass die von dem Kläger als verpflichtetem
Schulträger mit ihm als privatem Schulträger vereinbarte
Beschulungsverpflichtung denselben Regelungen unterfalle, wie sie für den
Kläger gelten würden, wenn er selbst eine entsprechende Förderschule
unterhielte. Daraus folgere das Verwaltungsgericht zu Recht, dass die
Beschulung an seiner, des Beklagten, Schule für alle im Bereich des Klägers
schulpflichtigen Kinder kostenlos erfolgen müsse. Der Kläger könne die
Kostenverpflichtung nicht auf andere öffentliche Stellen, insbesondere nicht auf
auswärtige Jugend- und Sozialhilfeträger verlagern. Die zwischen ihm und dem
Kläger geschlossenen Vereinbarungen seien seinerzeit fast unverändert aus
dem früheren Vertrag mit dem früheren Schulträger übernommen worden; dieser
stamme indes aus einer Zeit, in der für behinderte Kinder eine allgemeine
Schulpflicht noch nicht bestanden habe. Die in § 2 Vereinbarung 1995
enthaltene Einschränkung, die die Übernahme der Beschulungskosten davon
abhängig mache, dass das beschulte Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im
Kreisgebiet des Klägers habe und in keiner Einrichtung nach §§ 93, 103 BSHG
untergebracht sei, sei mit der Kostenpflicht des Klägers nicht vereinbar. Ein
Erstattungsanspruch sei daher nicht gegeben. Schulpflichtig im Gebiet des
Klägers seien gemäß § 63 NSchG alle Schülerinnen und Schüler, die dort
Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hätten. Dies gelte auch für die in
Heimeinrichtungen im Kreisgebiet des Klägers untergebrachten schulpflichtigen
Kinder. Die Beschulungskosten, die ihm (dem Beklagten) entstünden, weil er ein
Kind anstelle des öffentlichen Schulträgers beschule, seien nicht etwa Kosten,
die aufgrund eines privatrechtlichen Beschulungsvertrags mit den
Erziehungsberechtigten oder aufgrund einer Vereinbarung mit einem Jugend-
oder Sozialhilfeträger entstünden. Beschulungskosten gehörten nur dann zu
einer Hilfemaßnahme, wenn eine vorhandene öffentliche Schule aufgrund
besonderer hilfebedingter Umstände nicht besucht werden könne. Die
Behauptung des Klägers, er habe zu seinen, des Beklagten, Gunsten auf die
Errichtung einer eigenen Förderschule verzichtet, ihm eine Monopolstellung
eingeräumt und er, der Beklagte, habe sich im Gegenzug zur
verwaltungsmäßigen vorläufigen Direktabrechnung gegenüber den auswärtigen
Entsendestellen verpflichtet, treffe nicht zu. Im Gegenteil habe der Kläger selbst
ein besonderes Interesse an der Fortsetzung der bisherigen Beschulung in F.
durch eine Privatschule gehabt, da er weder eine eigene staatliche Förderschule
G habe errichten noch die betroffenen Schülerinnen und Schüler auf seine
Kosten habe zu Förderschulen G in Nachbarkreisen befördern wollen. Falsch
sei die Behauptung des Klägers, beim Auslaufen der Vereinbarung 1995 habe
sich der von diesem beschriebene Gegenleistungscharakter darin gezeigt, dass
der Kläger den Vertrag mit ihm, dem Beklagten, nicht habe fortsetzen, sondern
eine eigene Förderschule G habe errichten wollen. Die Auslegung der
Vereinbarungen 1995 und 2001 durch den Kläger entbehre jeder Grundlage.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des
Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie der weiteren
Verfahren 2 LB 20/11, 2 LB 17/11 und 19/11 und die zu dem Verfahren 2 LB
17/11 beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Klägers verwiesen, die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung des Klägers, über die Senat - nunmehr auch nach Ansicht des
Klägers - in der Sache zu entscheiden hat, weil es sich um eine öffentlich-
rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne des § 40 Abs. 1
Satz 1 VwGO ohne anderweitige Zuweisung handelt, hat keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs in
entsprechender Anwendung der §§ 812 ff. BGB, wonach der Kläger gegenüber
dem Beklagten die (Rück-)Zahlung des streitgegenständlichen Betrages
verlangen kann, liegen nicht vor. Der Kläger hat diesen Betrag an den Beklagten
nicht ohne Rechtsgrund geleistet, sodass ihm folglich ein Erstattungsanspruch
nicht zusteht.
Die Schulträger haben nach § 101 Abs. 1 NSchG für ihr Gebiet das notwendige
Schulangebot und die erforderlichen Schulanlagen vorzuhalten. Daher sind die
Schulträger gemäß § 106 Abs. 1 NSchG verpflichtet, Schulen zu errichten, wenn
die Entwicklung der Schülerzahlen dies erfordert und haben sie gemäß § 108
Abs. 1 NSchG die erforderlichen Schulanlagen zu errichten, mit der notwendigen
Einrichtung auszustatten und ordnungsgemäß zu unterhalten. Diese
Verpflichtung gilt grundsätzlich für alle in § 5 Abs. 2 Nr. 1 NSchG aufgeführten
Schulformen im allgemein bildenden Bereich, mithin auch für den Bereich der
Förderschulen (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 lit. i) NSchG). Der Kläger muss deshalb als nach
dem Niedersächsischen Schulgesetz zuständiger Schulträger die kostenlose
Beschulung der in seinem Kreisgebiet schulpflichtigen Schülerinnen und
Schüler auch mit sonderpädagogischem Förderbedarf sicherstellen und
infolgedessen grundsätzlich auf seine eigenen Kosten Förderschulen mit den
entsprechenden Schwerpunkten wie hier dem Schwerpunkt geistige
Entwicklung vorhalten. Der Senat tritt der Auffassung des Verwaltungsgerichts
bei, dass die von dem Kläger als derart verpflichtetem Schulträger vereinbarte
Beschulungsverpflichtung daher denselben gesetzlichen Regelungen unterfällt,
wie sie für den Kläger gelten würden, wenn er selbst eine eigene entsprechende
Förderschule unterhalten würde. Die Beschulung an der Schule des Beklagten
muss daher für alle im Bereich des Klägers schulpflichtigen Kinder kostenlos
und zwar auf eigene Kosten des Klägers erfolgen. An die durch den Beklagten
gegenüber dem Kläger vertraglich übernommene Beschulungsverpflichtung
knüpft mithin grundsätzlich die Verpflichtung des Klägers an, die entstehenden
Beschulungskosten selbst zu tragen. Diese gesetzliche Verpflichtung des
Klägers findet ihre vertragliche Entsprechung in § 2 Abs. 1 Vereinbarung 1995,
wonach er dem Beklagten für von diesem beschulte Schülerinnen und Schüler
mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf im Schwerpunktbereich der
geistigen Entwicklung einen bestimmten monatlichen Schulkostenbeitrag zahlt.
Der Kläger verkennt, dass er diese gesetzlich und vertraglich bestehende Pflicht
zur Kostentragung nicht auf auswärtige Jugend- und Sozialhilfeträger (von ihm
als „auswärtige Entsendestellen“ bezeichnete Behörden) als andere öffentliche
Stellen verlagern kann. Entgegen seiner Ansicht gehören die hier
streitgegenständlichen Beschulungskosten nur dann zu einer von einem
derartigen auswärtigen Hilfeträger zu erbringenden Hilfemaßnahme, wenn eine
vorhandene öffentliche Förderschule oder eine - wie hier - an ihre Stelle
getretene private Förderschule aufgrund besonderer individueller hilfebedingter
Umstände nicht besucht werden kann (dazu a). Anders als der Kläger meint,
folgt aus den zwischen den Beteiligten geschlossenen Vereinbarungen 1995
und 2001 weder vom Grundsatz noch auf einzelne Schülerinnen und Schüler
bezogen etwas anderes (dazu b).
a) Dem Kläger stehen wegen der Beschulung der hier angesprochenen
Schülerinnen und Schüler Regressansprüche gegen die „auswärtigen“
Entsendestellen nicht zu.
aa) Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 NSchG ist nach Maßgabe der folgenden
Vorschriften des Niedersächsischen Schulgesetzes zum Schulbesuch
verpflichtet, wer in Niedersachsen unter anderem seinen Wohnsitz oder seinen
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gewöhnlichen Aufenthalt - die weitere Alternative der Ausbildungs- oder
Arbeitsstätte ist hier nicht einschlägig - hat. Diese beiden Alternativen stehen
nicht in einer Rangfolge zueinander, für die Begründung der Schulpflicht reicht
es vielmehr aus, wenn eine dieser Alternativen vorliegt. Von der Schulpflicht
werden auch alle Fördermaßnahmen umfasst (Brockmann, in:
Brockmann/Littmann/ Schippmann, NSchG, Stand: Dezember 2012, § 63 Anm.
2). Wo die Schulpflicht zu erfüllen ist, richtet sich danach, in welchem örtlichen
Bereich des zuständigen Schulträgers sich der Wohnsitz oder der gewöhnliche
Aufenthalt befindet. Diese Vorschriften sind zwingend und können nur nach
Maßgabe der Bestimmungen des Niedersächsischen Schulgesetzes, mithin
nicht durch vertragliche Vereinbarungen zwischen Schulträger und Dritten - wie
hier den Beteiligten - abbedungen werden.
Im vorliegenden Fall haben die betroffenen Schülerinnen und Schüler, die im
örtlichen Zuständigkeitsbereich des Klägers in Heimen untergebracht sind,
sowohl ihren Wohnsitz als auch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Kreisgebiet
des Klägers.
Der Wohnsitz eines Minderjährigen bestimmt sich grundsätzlich nach § 11 BGB,
sodass dieser grundsätzlich den Wohnsitz seiner sorgeberechtigten Eltern teilt.
Neben oder anstelle dieses gesetzlichen Wohnsitzes, der nicht zwingend ist,
kann gemäß §§ 7 f. BGB ein gewillkürter Wohnsitz begründet werden. Ein
derartiger gewillkürter Wohnsitz bedingt bei einer Schülerin oder einem Schüler
eine ausschließliche Betreuung über die gesamte schulfreie Zeit einschließlich
der Nächte, vergleichbar mit einem Leben in einem Internat oder in einer
Dauerpflegestelle (Brockmann, in: Brockmann u. a., a. a. O., § 63 Anm. 2.1;
Ellenberger, in: Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 11 Rdnr. 1 m. w. N.). So liegt es
hier.
Gewöhnlicher Aufenthalt ist der Ort, an dem auf längere Zeit Wohnung
genommen wird, ohne damit unbedingt einen Wohnsitz zu begründen. Er liegt
vor, wenn der Aufenthaltsort zum Schwerpunkt der Lebensbeziehung (vgl. § 8
NMG) gemacht wird. Ein ausdrücklicher sogenannter Domizilwille ist hierfür nicht
erforderlich. Die Umstände müssen erkennen lassen, dass an diesem Ort nicht
nur vorübergehend verweilt wird. Hierbei kommt es auf die objektiven
Lebensumstände und ein zeitliches Element an. Ist - wie hier - eine Schülerin
oder ein Schüler in einer Einrichtung untergebracht und tritt dieses Kind von dort
aus den täglichen Weg zur Schule an und kehrt nach Schulunterricht an diesen
Ort zurück, so ist die Einrichtung der gewöhnliche Aufenthaltsort. Im Schulrecht
ist dabei unter einem gewöhnlichen Aufenthalt bereits ein Aufenthalt von
kürzerer Dauer zu verstehen; hierunter fällt auch ein lediglich vorläufiger
Wohnort (Brockmann, in: Brockmann u. a., a. a. O., § 63 Anm. 2.2; Ellenberger,
in: Palandt, a. a. O., § 7 Rdnr. 2 f. m. w. N.). Auch diese Voraussetzungen sind
hier gegeben.
Deshalb geht im Ergebnis auch der Einwand des Klägers, nach der
Vereinbarung 1995 habe er für diejenigen Kinder, die von „auswärtigen
Entsendestellen“ auf seinem Kreisgebiet in einem Heim nach dem BSHG und -
in erweiternder Auslegung der vertraglichen Bestimmungen nach ihren Sinn und
Zweck - auch des KJHG untergebracht seien (im streitgegenständlichen Jahr
2005 betrifft dies die Schülerin L. und den Schüler M.), ein Schulgeld an den
Beklagten nicht zu leisten, ins Leere. Der Senat tritt der Ansicht des
Verwaltungsgerichts bei, dass die auf §§ 93, 103 BSHG bezogene
Einschränkung in § 2 Abs. 1 Vereinbarung 1995 nicht mit der den Kläger als
öffentlichem Schulträger obliegenden Verpflichtung, die Beschulungskosten für
alle schulpflichtigen Kinder in seinem örtlichen Bereich selbst zu tragen,
vereinbar und daher nach dem in den §§ 54 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, 1 NVwVfG
geregelten Vorbehalt entgegenstehender Rechtsvorschriften (teil-)unwirksam ist.
bb) Die Kosten der Beschulung der im streitgegenständlichen Jahr betroffenen
Schülerinnen und Schüler, die die Wendlandschule aufgrund
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sonderpädagogischen Förderbedarfs besuchen, hat der Kläger als an sich
zuständiger Schulträger zu tragen. Er kann diese Schulkosten weder auf der
Grundlage der sozial- und jugendhilferechtlichen (dazu 1) noch der
schulrechtlichen Vorschriften (dazu 2) auf die „auswärtigen“ Entsendestellen
abwälzen und von diesen im Wege des Regresses Ersatz verlangen.
(1) Der Schulbesuch der Schülerinnen und Schüler in der von dem Beklagten
betriebenen Schule stellt nicht eine Eingliederungshilfe im Sinne der §§ 40 Abs.
1 Nr. 4 BSHG, 35a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII dar.
Die Vermittlung einer Schulbildung ist Aufgabe der Schule und nicht der Jugend-
und Sozialhilfe, sodass der Schulbesuch vorrangig Regelungsgegenstand des
Schulrechts und nicht der jugend- und sozialhilferechtlichen Vorschriften ist. Die
Schuldbildung selbst als Kernbereich der pädagogischen Arbeit obliegt daher
allein den Schulträgern (BSG, Urt. v. 15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris
Langtext Rdnr. 15 ff.). Bei Kindern und Jugendlichen, die nicht an dem Unterricht
allgemein bildender Schulen teilnehmen können, weil bei ihnen ein
sonderpädagogischer Förderbedarf besteht und eine gemeinsame integrative
oder inklusive Beschulung mit anderen Schülerinnen und Schülern - jedenfalls
bisher - nicht ihrem individuellen Förderbedarf entspricht und/oder wegen der
organisatorischen, personellen und sachlichen Gegebenheiten bisher nicht
möglich war und ist (vgl. § 4 NSchG a. F.), wird die angemessene Schulbildung
nach der bisherigen Konzeption des Niedersächsischen Schulgesetzes durch
den Besuch einer für sie geeigneten (öffentlichen) Förderschule gewährleistet.
Daher stellen die streitgegenständlichen allgemeinen Beschulungskosten von
Kindern und Jugendlichen mit festgestelltem sonderpädagogischen
Förderbedarf nur dann eine Hilfemaßnahme nach dem Sozial- oder
Jugendhilferecht dar, wenn entweder eine vorhandene öffentliche Förderschule
oder - wie hier - eine an ihre Stelle getretene private anerkannte Ersatzschule
aufgrund besonderer individueller hilfebedingter Umstände nicht besucht
werden kann (vgl. etwa Bayerischer VGH, Beschl. v. 21.2.2013 - 12 CE 12.2136
-, juris Langtext Rdnr. 29 ff., insb. Rdnr. 31, 43 f.; VG Frankfurt/Main, Urt. v.
25.1.2012 - 7 K 115/11l.F -, juris Langtext Rdnr. 34; VG München, Beschl. v.
19.9.2012 - M 18 E 12.3845 -, juris Langtext Rdnr. 24) oder individuelle
Hilfeleistungen etwa durch einen Integrationshelfer (vgl. hierzu etwa BVerwG,
Urt. v. 6.10.2007 - BVerwG 5 C 35.06 -, BVerwGE 130, 1 = NVwZ 2008, 578;
Beschl. v. 2.9.2003 - BVerwG 5 B 259.02 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen,
Beschl. v. 2.5.2012 - 12 B 438/ 12 -, juris; Bayerischer VGH, Beschl. v.
18.02.2013 - 12 CE 12.2104 -, juris) oder etwa in Form einer heilpädagogischen
Reittherapie (s. BVerwG, Urt. v. 18.10.2012 - BVerwG 5 C 15.11 -, NVwZ-RR
2013, 188) im Raum stehen. Leistungen der Jugendhilfe in Form der
Übernahme der Kosten für den Besuch einer privaten Schule kommen daher
nur dann in Betracht, wenn ohne diese das Kind eine angemessene
Schulbildung nicht zu erreichen vermag (Nds. OVG, Beschl. v. 4.8.2009 - 4 ME
190/09 -; Beschl. v. 18.6.2007 - 4 ME 547/0 - ). Um derartige Ausnahmefälle
handelt es sich vorliegend aber gerade nicht.
Bei den streitgegenständlichen allgemeinen Kosten für den Betrieb einer an die
Stelle einer staatlichen Förderschule tretenden anerkannten privaten
Ersatzschule handelt es sich daher nicht um Kosten im Rahmen der
Eingliederungshilfe. Derartige Eingliederungshilfen werden - wie ausgeführt -
etwa durch Integrationshelfer zur alleinigen Individualbetreuung geleistet, für
deren Finanzierung die örtlichen Träger der Sozialhilfe und der Kinder- und
Jugendhilfe zuständig sind (Brockmann, in: Brockmann u. a., a. a. O.,
§ 68 Anm. 5.2.1 m. w. N.; vgl. in diesem Zusammenhang auch BSG, Urt. v.
15.11.2012 - B 8 SO 10/11 R -, juris Langtext Rdnr. 11 f.). Um derartige Fälle
geht es nach dem oben Gesagten vorliegend nicht.
(2) Ansprüche des Klägers gegen die auswärtigen Entsendestellen auf
Kostenerstattung auf der Grundlage des Niedersächsischen Schulgesetzes
scheiden ebenfalls aus.
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§ 104 NSchG ist bereits deshalb nicht einschlägig, weil es Vereinbarungen im
Sinne des § 104 Satz 2 NSchG zwischen dem Kläger und den auswärtigen,
(aus Sicht des Klägers) an sich zuständigen Schulträgern nicht gibt.
§ 105 Abs. 4 bis 7 NSchG kommt als Anspruchsgrundlage für die Erstattung der
von dem Kläger an den Beklagten geleisteten Schulgelder durch die
auswärtigen Entsendestellen als eigentlich zuständige Schulträger ebenfalls
nicht in Betracht. Nach § 105 Abs. 4 NSchG besitzt der Schulträger einer
Schule, die nicht nur von einheimischen oder als einheimisch geltenden
Schülerinnen und Schülern besucht wird, weil er finanziell stärker belastet wird,
einen Rechtsanspruch auf Zahlung eines Kostenbeitrags gegen die eigentlich
zuständigen Schulträger der auswärtigen Schülerinnen und Schüler. Dies gilt
aber nur unter den Voraussetzungen, dass (1) entweder die Schule zu
mindestens einem Viertel von auswärtigen Schülerinnen und Schülern besucht
wird, von solchen also, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort
zwar nicht im Gebiet des belasteten Schulträgers, aber innerhalb eines -
nunmehr nach § 5 SchOrgVO und zuvor im Schulentwicklungsplan festgelegten
- Einzugsbereichs haben, oder (2) der Anteil der auswärtigen Schülerinnen und
Schüler zwar unter einem Viertel liegt, aber der belastete Schulträger wegen des
regionalen oder überregionalen Einzugsbereichs gemäß § 108 Abs. 1 Satz 2
NSchG ein Schülerwohnheim bereitstellen muss. In letzterem Fall zählen
minderjährige Schülerinnen und Schüler, die in einem solchen Wohnheim
untergebracht sind, für die Kostenerstattung nach § 105 Abs. 7 NSchG stets zu
den auswärtigen Schülern (Schippmann, in: Brockmann u. a., a. a. O., § 105
Anm. 4.1). Die Voraussetzungen dieser beiden Alternativen sind in der hier
vorliegenden Konstellation nicht gegeben. Denn es fehlt an einem nach der
bisherigen gesetzlichen Konzeption des Niedersächsischen Schulgesetzes
zwingend erforderlichen (vgl. dazu Senat, Urt. v. 24.5.2007 - 2 LB 1/07 -, juris
Langtext Rdnr. 21 m. w. N. im Anschluss an VG Hannover, Urt. v. 13.3.2003 - 6
A 4038/01 -, juris) im Zielplan eines Schulentwicklungsplanes festgelegten
Einzugsbereich. Auf die tatsächliche Beschulungssituation kommt es in diesem
Zusammenhang daher ebenso wenig an wie auf die Frage, ob sich aus den von
dem Kläger (in seinem Schriftsatz vom 21.3.2013) genannten Schülerzahlen
eine 25 %-Quote ableiten lässt. Entgegen der Ansicht des Klägers kann von
dem Erfordernis der gesetzlich festgelegten „Formalie“ des Einzugsbereichs
nicht deshalb abgesehen werden, weil es sich bei der von dem Beklagten
betriebenen Schule um eine Privatschule handelt.
b) Ungeachtet dessen ergibt sich ein Rückerstattungsanspruch des Klägers
gegenüber dem Beklagten weder wegen einer Verletzung vertraglicher
Verpflichtungen in Bezug auf die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen
gegen „auswärtige Entsendestellen“ (dazu aa) noch wegen eines für einzelne
Schüler nicht hinreichend festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarfs
mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung (dazu bb) aus den zwischen den
Beteiligten geschlossenen vertraglichen Vereinbarungen 1995 und 2001.
aa) Die von dem Kläger behauptete Verpflichtung des Beklagten, aus Gründen
der Verwaltungsvereinfachung zumindest vorrangig - im Ergebnis aber ohne
eigenes finanzielles Risiko auf Seiten des Beklagten - an die auswärtigen
Entsendestellen heranzutreten und von diesen (sozusagen im Namen und im
Auftrag des Klägers) die Erstattung der im Zusammenhang mit der Beschulung
der hier betroffenen Schülerinnen und Schüler entstandenen Kosten zu
verlangen, lässt sich aus den Vereinbarungen 1995 und 2001 nicht herleiten.
Sowohl nach § 1 Abs. 1 Vereinbarung 1995 als auch nach § 1 Vereinbarung
2001 hat sich der Beklagte verpflichtet, die bereits zuvor vorhandene
Förderschule für Schüler und Schülerinnen mit einem sonderpädagogischen
Förderbedarf in dem Schwerpunkt geistige Entwicklung (soweit in diesen
Vertragsbestimmungen von „geistig behinderten Kinder(n)“ und „geistig-
behinderte(n) Sonderschüler(n)“ die Rede ist, ist inhaltlich dasselbe gemeint) in
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seine Trägerschaft zu übernehmen, sie als solche zu betreiben und in ihr alle
Kinder mit dem genannten sonderpädagogischen Förderbedarf, die ihren
Wohnsitz im Kreisgebiet des Klägers haben, ganztags ordnungsgemäß zu
beschulen. Im Gegenzug hat sich der Kläger nach § 2 Satz 1 Vereinbarung
1995 zur Zahlung eines monatlichen Schulkostenbeitrages in einer bestimmten
Höhe pro Schülerin und Schüler an den Beklagten als Schulträger verpflichtet
und hierfür zur Voraussetzung gemacht, dass das Kind vom Beklagten in
dessen Förderschule beschult wird, seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne
des Bundessozialhilfegesetzes in seinem, des Klägers, Kreisgebiet hat und es
in keiner Einrichtung nach den §§ 93, 103 BSHG untergebracht ist. In § 4
Vereinbarung 2001 ist darüber hinaus - insoweit in Wiederholung der
gesetzlichen Regelungen - bestimmt, dass die Einweisungen in die von dem
Beklagten betriebene Förderschule nach Feststellung des
sonderpädagogischen Förderbedarfs auf der Grundlage schulfachlicher
Erfordernisse und auf Wunsch der Eltern durch die zuständige Schulbehörde
erfolgen. Die sonstigen Vertragsbestimmungen sind in dem hier
interessierenden Zusammenhang nicht von Belang, sie regeln etwa die
Verpflichtung des Beklagten zur Sicherstellung einer Anschlussbetreuung nach
Beendigung der Schulpflicht (§ 1 Abs. 2 Vereinbarung 1995), die Fragen des
Abrechnungsjahres, der Höhe des Schulgeldbeitrags und der
Abrechnungsmodalitäten (Protokollnotiz zu § 2 Vereinbarung 1995/§ 5
Vereinbarung 2001), Vertragsfristen und Kündigungsfragen (§ 3 Vereinbarung
1995/§ 2 Vereinbarung 2001) sowie bestimmte weitere, hier nicht relevante
Nachweispflichten des Beklagten (§ 4 Vereinbarung 1995). Von einer
Verpflichtung in der von dem Kläger behaupteten Art ist in beiden vertraglichen
Vereinbarungen keine Rede.
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Verpflichtung des
Beklagten, zunächst als erster an die „auswärtigen“ Entsendestellen
heranzutreten und von diesen - und gerade nicht, jedenfalls nicht vorrangig, von
dem Kläger - eine Erstattung der zwischen ihm und dem Kläger vertraglich
vereinbarten Schulgelder zu fordern, „Geschäftsgrundlage“ der vertraglichen
Beziehungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten gewesen ist. Diese
Behauptung hat der Kläger nicht näher belegt, der Beklagte hat sie ausdrücklich
bestritten. Mangels entsprechender vertraglicher „Verpflichtung“ seitens des
Beklagten gegenüber dem Kläger liegt eine Vertragspflichtverletzung, die den
Beklagten gegenüber dem Kläger erstattungs- oder schadensersatzpflichtig
werden ließe, nicht vor.
bb) Ein Rückforderungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten ist auch
nicht zum Teil deshalb gegeben, weil diesem ein Anspruch auf Zahlung eines
Schulgeldes bezogen auf einzelne Schüler mangels hinreichend festgestellten
sonderpädagogischen Förderbedarfs gerade mit dem Schwerpunkt geistige
Entwicklung nicht zugestanden hätte.
(1) Zum ersten kann bereits nicht festgestellt werden, dass die vertraglichen
Vereinbarungen den von dem Kläger beigegebenen Inhalt hinsichtlich einer
besonderen Nachweispflicht haben.
In § 1 Abs. 1 Vereinbarung 1995 ist lediglich von „geistig behinderten
Sonderschüler(n)“ die Rede, ohne dass in dieser Bestimmung - Gleiches gilt für
die übrigen Vertragsbestimmungen der Vereinbarung 1995 - von einer
besonderen Nachweispflicht des Beklagten gerade für jede Schülerin und jeden
Schüler die Rede ist. Die in § 4 Vereinbarung 1995 angesprochenen
Nachweispflichten des Beklagten betreffen andere - hier nicht einschlägige -
Punkte. In § 4 Vereinbarung 2001 ist gleichfalls eine besondere Nachweispflicht
des Beklagten gegenüber dem Kläger nicht ausgesprochen, sondern lediglich -
in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Lage und diese „verklausuliert“
wiedergebend - bestimmt, dass Einweisungen in die von dem Beklagten
betriebene Förderschule nach Feststellung des sonderpädagogischen
Förderbedarfs auf der Grundlage schulfachlicher Erfordernisse durch die
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zuständige Schulbehörde erfolgen. Da es sich bei der von dem Beklagten
betriebenen Förderschule um eine Privatschule handelt, ist auch das
Einverständnis der Erziehungsberechtigten - § 4 Vereinbarung 2001 spricht hier
verkürzt von den „Eltern“ - erforderlich.
Der Regelung des § 4 Vereinbarung 2001 kann auch nicht entnommen werden,
dass schulbehördliche Entscheidungen nur der Bezirksregierung I. als
konstitutiv und damit anspruchsbegründend anzuerkennen sind. Gleiches gilt für
die Frage, ob der Beklagte den Nachweis der Feststellung des
sonderpädagogischen Förderbedarfs mit dem Schwerpunkt geistige
Entwicklung bereits bei der erstmaligen Aufnahme der Schülerin oder des
Schülers in die von ihm betriebene Förderschule führen muss. Maßgeblich ist
vielmehr, dass eine - wenn auch gegebenenfalls zunächst nur vorläufige -
Entscheidung der zuständigen Schulbehörde vorliegt, dass
sonderpädagogischer Förderbedarf in dem genannten Bereich besteht, sodass
das Kind die E.-schule - entweder endgültig oder aber zunächst nur probeweise
- besuchen soll oder darf. Der Sache nach besteht ein Anspruch des Beklagten
gegenüber dem Kläger auf Zahlung eines Schulgeldes für jedes auf dieser
Grundlage beschulte Kind. Dass in den streitigen Zeiträumen die hier in Rede
stehenden Kinder in der von dem Beklagten betriebenen Förderschule
tatsächlich beschult worden sind, stellt der Kläger nicht in Abrede. Dies gilt auch
für den Schüler M.. Die ausweislich der Verwaltungsvorgänge zeitweise
aufgetretenen Zweifel, ob dieser im Jahr 2005 in der E.-schule überhaupt
beschult worden war, sieht der Senat durch den handschriftlichen Vermerk vom
19. Juni 2006 (BA B Bl. 237), wonach sich dieser Schüler seit dem 1. September
2005 an der Schule „befunden“ habe, als ausgeräumt an.
(2) Ungeachtet dessen ist der Beklagte seinen - sich gegebenenfalls aus dieser
Bestimmung oder allgemein aus dem gesamten Vertragswerk folgenden -
Nachweispflichten insgesamt in hinreichendem Umfang nachgekommen, wie
das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat. Dies gilt entgegen der Ansicht
des Klägers auch hinsichtlich der Schüler J. und K.. Für diese beiden Schüler
liegt jeweils eine ausreichende schulbehördliche Entscheidung vor. Insoweit ist
zwar in den Jahren 2002 und 2003 zunächst nur über eine „gastweise“
Beschulung an der von dem Beklagten betriebenen Schule „ab sofort“
entschieden worden und es ist nicht ersichtlich, dass eine vorgesehene
weitergehende Entscheidung über den weiteren Schulbesuch getroffen worden
ist. Im Fall des Schülers J. ist aber nicht ersichtlich, dass die gastweise
Beschulung beendet werden sollte. Im Fall des Schülers K. liegt eine endgültige
Entscheidung der zuständigen Landesschulbehörde vom 2. März 2007 vor.