Urteil des HessVGH vom 21.07.2003
VGH Kassel: bebauungsplan, bad, gemeinde, stadt, anwohner, unmittelbarkeit, grundeigentum, befangenheit, anzeiger, kreisel
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
3. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 N 2168/98
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 25 Abs 1 Nr 1 GemO HE,
§ 25 Abs 6 S 1 GemO HE
(Befangenheit eines Ratsmitgliedes wegen Grundeigentum
im Plangebiet)
Leitsatz
Ein Gemeindevertreter kann beim Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan
unabhängig davon befangen sein, ob sich sein betroffenes Grundeigentum innerhalb
oder außerhalb des Plangebiets befindet.
Die Mitwirkung eins befangenen Gemeindevertreters an den dem Satzungsbeschluss
vorausgehenden sonstigen Beschlüssen der Gemeindevertretung im
Planaufstellungsverfahren ist für die Wirksamkeit des Bebauungsplans unbeachtlich.
Tenor
Der Antrag der Antragsteller auf Ruhen des Verfahrens wird abgelehnt.
Der Bebauungsplan Nr. 51 "Berliner Straße" der Gemeinde A-Stadt vom 19.
Dezember 1996 ist nicht wirksam.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf
die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren
Kosten abwenden, sofern nicht die Antragsteller vor der Vollstreckung in
entsprechender Höhe Sicherheit leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Antragsteller wenden sich wegen des von ihnen befürchteten zunehmenden
Verkehrslärms im Wege des Normenkontrollverfahrens gegen den Bebauungsplan
Nr. 51 "Berliner Straße" der Antragsgegnerin vom 19. Dezember 1996, der
gemeinsam mit dem darauf abgestimmten Bebauungsplan Nr. 49 "An der Prof.-
Much-Straße" der Stadt Bad Soden am Taunus das ehemalige Gelände eines
Pharmaunternehmens überplant, für das zuvor kein Bebauungsplan bestand.
Die Antragsteller sind Eigentümer einer im zweiten Obergeschoss des Anwesens
A-Straße in A-Stadt gelegenen Eigentumswohnung. Das Anwesen grenzt mit
seiner Vorderseite an den Gehweg der Kreisstraße 802 (K 802), der gleichzeitig die
südliche Grenze des Plangebiets darstellt. Die K 802 verläuft unter der
Bezeichnung "Hauptstraße" aus östlicher Richtung von der L 3014 kommend in
Richtung Westen nach Bad Soden und verläuft im Stadtgebiet von Bad Soden
unter dem Straßennamen "Sulzbacher Straße". Die Antragsteller wenden sich im
Wesentlichen dagegen, dass die nördlich der K 802 im Bereich des
Bebauungsplans Nr. 51 gelegenen Flächen durch eine Straße, die sogenannte
Planstraße A, erschlossen werden und durch einen vor dem Anwesen der
Antragsteller geplanten Kreisel in die K 802 eingebunden werden sollen.
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Die bau- und planungsrechtliche Situation hat sich wie folgt entwickelt: In der
Sitzung vom 3. September 1992 beschloss die Gemeindevertretung, den
Bebauungsplan Nr. 51 "Berliner Straße" aufzustellen und eine Veränderungssperre
für diesen Bereich zu erlassen. Der Aufstellungsbeschluss und die
Veränderungssperre wurden im "Sulzbacher Anzeiger" vom 18. September 1992
bekannt gemacht. Zur Begründung wurde angegeben, die Aufstellung eines
Bebauungsplans sei infolge der veränderten städtebaulichen und
verkehrsplanerischen Rahmenbedingungen notwendig geworden. Das neue
Plangebiet, das sogenannte Muchgelände, liege östlich der Gemarkungsgrenze zu
Bad Soden, südlich der Straße "Am Sportplatz", westlich der östlichen
Grundstücksgrenze der Grundstücke Flur 3, Flurstücke 202, 203 (östliche
Bebauung "Berliner Straße") und nördlich der Hauptstraße. Da eine Teilfläche
davon auf Sulzbacher Gemarkung an der Gemarkungsgrenze zu Bad Soden liege,
solle für diese in Abstimmung mit der Stadt Bad Soden eine neue städtebauliche
Konzeption erarbeitet werden. Im Flächennutzungsplan des (früheren)
Umlandverbandes Frankfurt seien die im Geltungsbereich des angefochtenen
Bebauungsplans gelegenen Grundstücke als gemischte Baufläche dargestellt.
Am 8. Juni 1995 beschloss die Gemeindevertretung die Vorentwurfsplanung, die
das Datum vom 21. April 1995 trägt, für den gesamten Geltungsbereich des
Bebauungsplans Nr. 51 "Berliner Straße" sowie den darin enthaltenen
Landschaftsplanvorentwurf. Zugleich wurden die öffentliche Auslegung der
Vorentwurfsplanung und die frühzeitige Bürgerbeteiligung beschlossen und im
"Sulzbacher Anzeiger" vom 16. Juni 1995 bekannt gemacht. Aus dem Protokoll der
Bürgerversammlung vom 3. Juli 1995 geht hervor, dass die Antragstellerin zu 2.
mündlich vortrug, sie sei bereits jetzt durch den Verkehr stark belastet. Die
Luftverschmutzung werde unerträglich, wenn vor ihrer Wohnung eine
Bushaltestelle und die Einfahrt zum Muchgelände plaziert würden.
Mit Schreiben vom 28. Juni 1995 trugen die Antragsteller vor, der geplante Entwurf
D des Bebauungsplans "Berliner Straße" sehe vor, dass die Zu- und
Abfahrtsstraße allein auf Sulzbacher Gemarkung liege, während bei den Entwürfen
A und B die Einfahrt zum Muchgelände genau auf der Gemarkungsgrenze von Bad
Soden und A-Stadt (und damit um ca. 60 bis 70 m weiter westlich) gelegen hätte.
Letzteres sähen die Antragsteller als gerechtere Belastung an. Die Gemeinde Bad
Soden besäße einen größeren Geländeanteil, sodass sich die Gemeinde A-Stadt
nicht mit einer Zufahrtsstraße für das Gesamtareal belasten dürfe. Außerdem
seien sie selbst unmittelbar betroffene Anlieger, da die Zufahrt zu dem Gelände
fast unmittelbar gegenüber ihrer Wohnung liege. Eine Ampelanlage und eine
Bushaltestelle für vier Buslinien solle unmittelbar vor dem Haus in der A-Straße
eingerichtet werden. Bereits durch den derzeitigen Verkehr auf der Hauptstraße
sei die Wohnungs- und Lebensqualität dort außerordentlich stark beeinträchtigt.
Gegen weitere Beeinträchtigungen müsse man sich zur Wehr setzen. Denn es
solle zu einer Zufahrt für ca. 1000 PKW?s am Tag gegenüber der Wohnung der
Antragsteller kommen.
Am 30. Oktober 1995 beschloss die Gemeindevertretung über die Anregungen
und Bedenken, die im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung vorgetragen worden
waren. Zur Einwendung der Antragsteller wird ausgeführt, dass die geplante
Zufahrt nicht verlegt werden könne. Die Einmündung in die K 802 werde
verkehrsberuhigt als Minikreisel gestaltet. Außer den genannten Zufahrten zum
Muchgelände bestehe schon heute eine weitere Zufahrt gegenüber dem Anwesen
Hauptstraße 129. In diesem Bereich sei auch die Anbindung der Planstraße A
geplant. Die Lage der Zufahrt könne unter Beachtung der Gemarkungsgrenze und
des Baurechts in beiden B-Plan-Bereichen nicht wesentlich verschoben werden.
Am 15. Februar 1996 beschloss die Gemeindevertretung die öffentliche Auslegung
des Bebauungsplanentwurfs Nr. 51 mit weiteren Änderungen gemäß dem Entwurf
vom 24. Januar 1996. Der Beschluss wurde im "Sulzbacher Anzeiger" am 23.
Februar 1996 zugleich mit der Ankündigung der Auslegung des Entwurfs bekannt
gemacht.
Mit Schreiben vom 28. März 1996 wandten die Antragsteller als Vertreter der
Hausgemeinschaft Hauptstraße 127 c und d ein, dass die Hauptzufahrt für das
Baugebiet vor ihrem Haus zu vermehrter Luftverschmutzung führe. Es würde zu
einer Mehrbelastung von 3.000 Kraftfahrzeugen pro Tag kommen. Schon jetzt sei
bei 6.000 Kraftfahrzeugen am Tag die Belastungsgrenze erreicht. Es werde
gefordert, die Höhe des Bürokomplexes um ein Vollgeschoss zu verringern. Auch
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gefordert, die Höhe des Bürokomplexes um ein Vollgeschoss zu verringern. Auch
mit der Lage der Bushaltestelle sei man nicht einverstanden.
Am 11. Juli 1996 beschloss die Gemeindevertretung nach öffentlicher Auslegung
des Entwurfs über die eingegangenen Anregungen. Zum Schreiben der
Antragsteller wird ausgeführt, es sei unstrittig, dass das Bauvorhaben im Bereich
A-Stadt/Bad Soden zu einen erhöhten Verkehrsaufkommen in der Hauptstraße
führe und die Gemeinde A-Stadt die Hauptlast zu tragen habe, da der Verkehr laut
Prognose zu rund 90 % auf die östlich des Plangebiet gelegene Limesspange
ausgerichtet sei. Deshalb sei der neue Gebietsanschluss möglichst weit nach
Osten gelegt worden, um so die nachteiligen Auswirkungen auf der K 802 auf einen
möglichst kurzen Streckenabschnitt zu begrenzen. Da keine Verdoppelung des
Verkehrsaufkommens zu erwarten und kein durch Lichtsignal geregelter
Knotenpunkt geplant sei, werde der Beurteilungspegel um deutlich weniger als 3
dB(A) erhöht. Ansprüche auf Lärmschutzmaßnahmen seien deshalb nicht mit
Erfolg geltend zu machen. Die Anregung, die Türme um ein Vollgeschoss zu
verringern, könne nicht berücksichtigt werden, denn das bauliche Umfeld werde an
der Hauptstraße insbesondere durch die Wohnhäuser Hauptstraße 125 bis 129
geprägt, die straßenseitig vier und rückseitig fünf Geschosse aufwiesen. Das
Muchgelände sei bereits heute durch eine bis zu dreigeschossige Bebauung
geprägt. Mit überwiegend drei Vollgeschossen und punktuell vier Vollgeschossen
(Türme) füge sich das Vorhaben in das städtebauliche Umfeld ein. Die Lage der
Bushaltestelle werde nicht durch Festsetzungen des Bebauungsplans geregelt. Die
vorgesehene Lage hinter dem Kreisverkehr sei aber funktionell und
verkehrstechnisch optimal im Hinblick auf die Verkehrssicherheit. Deshalb solle die
Bushaltestelle wie geplant verlegt werden. Durch den großen Abstand zur
Wohnbebauung seien nachteilige Auswirkungen für die Anwohner nicht zu
erwarten.
In ihrer Sitzung vom 19. Dezember 1996 beschloss die Gemeindevertretung den
Bebauungsplan Nr. 51 "Berliner Straße" mit integriertem Landschaftsplan als
Satzung. Der räumliche Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasst ca. 3,46
ha. Die Aufstellung des Bebauungsplans sei veranlasst worden durch die
Betriebsverlagerung der Professor Much AG und die Veräußerung des
Grundstücks. Daraufhin habe man nach eigenen Untersuchungen beschlossen,
den gesamten Gebäudebestand abzubrechen und das Gelände einer
Neubebauung zuzuführen. Der Geltungsbereich des Bebauungsplans befinde sich
innerhalb des im Zusammenhang bebauten Ortsteils westlich der Limesspange.
Der Ortskern von A-Stadt liege in rund 1,3 km Entfernung und sei durch die
Limesspange abgetrennt. Der Stadtkern von Bad Soden liege etwa 1 km entfernt.
Die städtebaulichen Bezüge dieses Siedlungsteils tendierten damit stärker zu Bad
Soden. Die umliegende Bebauung bestehe südlich der Hauptstraße vorwiegend
aus Mehrfamilienhäusern mit drei bis fünf Vollgeschossen. Die Hauptstraße
verfüge in diesem Abschnitt nicht über Parkplätze. Dem ruhenden Verkehr stehe
südlich der Bebauung bis zur Straße "Am A-Stadt" eine große
zusammenhängende Stellplatzfläche zur Verfügung. Östlich des Geltungsbereichs
grenze eine zweigeschossige Reihenhaussiedlung an die Wohnbebauung der
Berliner Straße an. Nördlich dieser Häuser schlössen sich drei kleinere
Einzelhäuser mit ein und zwei Vollgeschossen sowie ausgebautem Dach an. Die an
die Wohnbebauung angrenzenden Randzonen des Muchgeländes seien
weitestgehend unbebaut. Das Plangebiet sei hervorragend an den ÖPNV
angebunden. Der Bahnhof A-Stadt liege in einer fußläufigen Entfernung von 250
bis 500 m. Die Verbindung über die S-Bahn-Haltestelle nach Frankfurt liege in
einer Entfernung von 500 bis 700 m zum Plangebiet. Das Planungsgebiet werde
durch die zweispurige Kreisstraße K 802 tangiert. In ca. 300 bis 600 m Entfernung
zum Plangebiet befinde sich der lichtsignalgeregelte Knotenpunkt der anbaufreien
Landesstraße L 3014 ("Limesspange"). Diese binde u.a. an die L 3005, die L 3266
und B 8 an, die ihrerseits über Anschlussstellen an die Bundesautobahn A 66
verfügten. Die K 802 werde nach einer Zählung vom 1. Februar 1994 in Höhe des
Plangebiets mit rund 6250 Kfz pro Tag belastet. Westlich der Einmündung in die L
3014 steige die Belastung der K 802 auf rund 8000 Kfz pro Tag. Die Verkehrsfläche
der K 802 variiere zwischen rund 10 und 12 m Gesamtbreite. Die
Verkehrserschließung der Neubauflächen beider Bebauungspläne sei prinzipiell
durch die K 802 sichergestellt. Klärungsbedarf habe aber hinsichtlich der
quantitativen Auswirkungen auf die Querschnittsbelastung der K 802 und auf die
Leistungsfähigkeit des Knotenpunktes mit der Limesspange bestanden. Auch die
Bedenken von Bürgern wegen zunehmender Verkehrsimmissionen seien zu
berücksichtigen gewesen. Deshalb sei von der Firma xxxxxxxxx in Wiesbaden eine
Verkehrsuntersuchung durchgeführt worden. Danach werde mit einem minimalen
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Verkehrsuntersuchung durchgeführt worden. Danach werde mit einem minimalen
motorisierten Individualverkehr von 40 % und einem maximalen von 60 %
gerechnet. Auf die Spitzenstunden entfielen dabei 80 % des Verkehrsaufkommens
der Beschäftigten und ca. 60 % des Verkehrsaufkommens der Anwohner. Für den
Knoten Limesspange (L 3014/K 802) sei eine Leistungsfähigkeitsberechnung
durchgeführt und es seien Verbesserungen für die Rechtsabbiegespur auf der
Limesspange aus Richtung Schwalbach in Richtung Bad Soden und für die K 802
im Hinblick auf eine längere Aufweitung auf zwei Fahrspuren aus Richtung Bad
Soden empfohlen worden. Der Anschluss an die Neubaugebiete sei in zwei
Varianten untersucht worden. Die erste Variante habe vorgesehen, die Zu- und
Abfahrt der Tiefgaragen für alle drei Teilgebiete über die Planstraße A ablaufen zu
lassen. In der Variante 2 sei die Zufahrt der Tiefgaragen für alle drei Teilgebiete
auch über die Planstraße A verfolgt, die Ausfahrt sei jedoch gesplittet worden, und
zwar für den westlichen Teil über die Prof.-Much-Straße und für den östlichen Teil
über die Planstraße A. Bei Variante 1 hätte sich herausgestellt, dass eine
Signalisierung an der Einmündung K 802/zentrale Erschließungsstraße hätte
empfohlen werden müssen, weil es am Nachmittag zu Schwierigkeiten gekommen
wäre. Bei Variante zwei führe die Verkehrsführung bei der Ausfahrt am Nachmittag
zu einer gleichmäßigeren Verkehrsverteilung auf die beiden Gebietsausfahrten.
Dies führe dazu, dass auch am Nachmittag an beiden Ausfahrten eine
ausreichende Leistungsfähigkeit ohne Signalisierung vorliege. Ein gravierender
Nachteil der Variante zwei sei die deutlich stärkere Verkehrsbelastung sowohl im
unteren Abschnitt der Prof.-Much-Straße als auch in der Hauptstraße zwischen
Prof.-Much-Straße und Planstraße A durch die in Richtung L 3014 abfließenden
Fahrzeuge. Man habe überlegt, als Untervariante zu Variante zwei die Ausfahrt der
Tiefgarage des Bürokomplexes direkt an die K 802 zu legen. Dann müsse zur
Vermeidung von Rückstau an die Tiefgarage die Ausfahrrampe im nördlichen
Gebäudebereich angelegt und eine ebenerdige Ausfahrt zwischen den
Gebäudequerriegeln ermöglicht werden. Aber auch diese Lösung habe erhebliche
Nachteile. Sie würde in Gegenlage zur Hunsrückstraße kommen, sodass eine
Kreuzung mit einer Erhöhung der Konflikte für die ein- und ausbiegenden
Fahrzeuge entstehen würde. Sie würde ferner sehr nahe an die Prof.-Much-Straße
heranrücken, denn der Abstand würde lediglich rund 50 m betragen, und es würde
eine ungünstige Abfolge von 5 Einmündungen an der K 802 entstehen, nämlich
Berliner Straße, Planstraße A, Tiefgaragenanschluss, Prof.-Much-Straße, Max-
Baginski-Straße. Als Untervariante zu Variante 1 sei ferner an Stelle der
Einmündung die Anlage eines Kreisverkehrsplatzes untersucht worden. Dabei habe
sich herausgestellt, dass ein reibungsloser Verkehrsablauf gewährleistet werden
könne. Auf diese Weise könne man die störenden Auswirkungen einer
Lichtsignalanlage vermeiden, die eine Lärmpegelerhöhung um bis zu 3 dB(A) nach
sich ziehe. Auch könne die zentrale Erschließung den Hauptverkehrsanteil in und
aus Richtung Limesspange auf kürzestem Wege abwickeln und damit weder die
südliche Sulzbacher Straße noch die Prof.-Much-Straße über Gebühr mit
Zusatzverkehr belasten. Die Kreisverkehrsanlage sei auch wesentlich besser
städtebaulich angepasst als eine Einmündung mit Lichtsignalanlage. Außerdem
weise der Kreisverkehr ein Element der Verkehrsberuhigung auf. Damit habe sich
der Kreisverkehr als beste Lösungsvariante herausgestellt. Anwohner hätten
keinen Anspruch auf Lärmschutz, da weder die Straße um einen oder mehrere
Fahrstreifen erweitert werde, noch der Beurteilungspegel sich um mindestens 3
dB(A) erhöhe noch der Beurteilungspegel sich auf mindestens 70 dB(A) am Tage
bzw. 60 dB(A) in der Nacht erhöhe.
Nachdem das Anzeigeverfahren durchgeführt worden war, wurde in den
"Informationen aus dem Rathaus" in der Bekanntmachung Nr. 132/1997 das In-
Kraft-Treten des Bebauungsplans durch den Gemeindevorstand unter dem Datum
vom 28. November 1997 bekannt gegeben. Außerdem wurde der Bebauungsplan
im "Sulzbacher Anzeiger" vom 5. Dezember 1997 bekannt gemacht.
Inzwischen hat die Antragsgegnerin im September 2002 für das Gebiet des
streitbefangenen Bebauungsplans Nr. 51 die Aufstellung eines neuen
Bebauungsplans Nr. 51 a "Bonner Straße" beschlossen, der zur Reduzierung
gewerblicher Flächen zugunsten von Wohnungen führen soll.
Mit Schreiben vom 4. Juni 1998 haben die Antragsteller einen
Normenkontrollantrag gestellt und zur Begründung ausgeführt, sie würden durch
die Verwirklichung des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt, obwohl sie
außerhalb des Plangebietes lägen. Denn sie seien negativ in einem
abwägungserheblichen Belang betroffen. Die planerische Festsetzung des Kreisels
direkt vor ihrem Anwesen erfolge auf dem Rücken der Sulzbacher Anwohner. Eine
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direkt vor ihrem Anwesen erfolge auf dem Rücken der Sulzbacher Anwohner. Eine
solche Abwägung führe nicht zu einer gerechten Lastenverteilung. Auch die
Tiefgaragen der geplanten Bürokomplexe seien über die Planstraße A anzufahren.
Die Bürogebäude würden für mindestens 1.300 Beschäftigte Arbeitsplätze bieten.
Außerdem sollten nochmals 500 Bewohner in dem Baugebiet untergebracht
werden. Wenn es zuträfe, dass der Verkehr zu 90 % auf die Limesspange (L 3014)
ausgerichtet werde, so hätte man den Gebietsanschluss unmittelbar im Bereich
der östlichen Grenze des Plangebiets vornehmen müssen.
An dem Planverfahren hätten zwei befangene Gemeindevertreter mitgewirkt. Die
Befangenheit ergebe sich daraus, dass sie Wohnungseigentümer von Gebäuden
seien, die direkt an das Plangebiet angrenzten. Es handele sich um Herrn Walter A.
(Wohnungseigentümer im Anwesen xxxxxxxxxxxxx) und Frau Roswitha P.
(Wohnungseigentümerin im Anwesen xxxxxxxxxxxxxxxx), deren Mitwirkung im
Planaufstellungsverfahren bereits mit Schreiben vom 29. Januar 1998 gerügt
worden sei. Diese beiden Gemeindevertreter hätten ein natürliches Interesse
daran, dass der Kreisel nicht weiter nach Osten verlagert werde, da sie selbst
ansonsten betroffen seien. Die Verkehrsprobleme seien nicht bewältigt worden.
Ausweislich der Sitzungsniederschriften der Gemeindevertretung hätten die
befangenen Gemeindevertreter an der Fassung des Aufstellungsbeschlusses am
3. September 1992, an der Fassung des Offenlegungsbeschlusses am 15. Februar
1996 und am Beschluss über die Anregungen und Bedenken am 11. Juli 1996
sowie am Satzungsbeschluss vom 19. Dezember 1996 mitgewirkt. Die
vorgesehene Anpflanzung der Alleebäume führe zu einer Verschattung des
Anwesens A-Straße und verdunkele die Räumlichkeiten. Der Bebauungsplan
verstoße gegen das Abwägungsgebot, da die Abwälzung der zusätzlichen
Verkehrsbelastungen auf die Sulzbacher Anwohner nicht interessengerecht sei.
Aus den von den Antragstellern beigefügten Unterlagen geht hervor, dass die
mögliche Mitwirkung von befangenen Gemeindevertretern Gegenstand der
Erörterung in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses vom 30. April 1998
war. Die Gemeinde gelangte in dieser Sitzung zu der Entscheidung, zunächst
abzuwarten, ob ein Normenkontrollverfahren eingeleitet werde. Es müsse
bezweifelt werden, ob wirklich eine Interessenkollision bei den
Gemeindemitgliedern vorgelegen habe. Ansonsten müsse möglicherweise nicht
nur der Satzungsbeschluss wiederholt werden, sondern auch das Verfahren zur
Aufstellung des Bebauungsplans, soweit damals befangene Mitglieder mitgewirkt
hätten.
Die Antragsteller beantragen,
das Ruhen des Verfahrens anzuordnen und den Bebauungsplan Nr. 51 "Berliner
Straße" der Antragsgegnerin für nichtig zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen,
hilfsweise festzustellen, dass der Bebauungsplan Nr. 51 bis zur Behebung der
Mängel keine Rechtswirkungen entfaltet.
Die Antragsgegnerin stimmt dem Ruhensantrag nicht zu und macht im Übrigen
geltend, der Bebauungsplan Nr. 51 sei dadurch veranlasst worden, dass das früher
im Plangebiet ansässige pharmazeutische Unternehmen der Prof.- xxxxxxx den
Betrieb verlagert und das gesamte Grundstück veräußert habe. Die gewerbliche
Nutzung der ehemaligen xxxxxxx habe sich über die Gemarkungsgrenze von A-
Stadt nach Bad Soden erstreckt. Sie habe einen Flächenanteil von 69 % des
Plangebiets beansprucht. 21 % seien auf die überwiegend bereits vorhandene
Wohnnutzung der Berliner Straße entfallen, der Rest auf Verkehrsflächen. Die den
Verkehrsimmissionen der K 802 ausgesetzten Flächen sollten gewerblich und die
an vorhandene Wohnbebauung grenzenden Flächen als Wohnbauland genutzt
werden. Die gewerbliche Nutzung solle sich auf eine Büronutzung beschränken. Zu
den verkehrsplanerischen Zielen gehöre es, die Anschlüsse des Plangebietes an
die K 802 ausreichend leistungsfähig zu gestalten, den gewerblichen Verkehr auf
einen Knotenpunkt mit gesicherten Fußgängerüberwegen zu konzentrieren, die
Bushaltestellen in zentraler Lage des Baugebietes einzurichten und die K 802
umzugestalten mit dem Ziel der Geschwindigkeitsreduzierung, der
Straßenraumbegrünung, der Schaffung von Parkplätzen, der Verhinderung von
Gehwegparkern, der Erhöhung der Verkehrssicherheit für Radfahrer und der
Schaffung von
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Überquerungshilfen für Fußgänger durch die Fahrbahnteilung. Der Zu- und
Abgangsverkehr im Plangebiet erfolge weitgehend im Gebiet der Gemeinde A-
Stadt und dort über die K 802. Dies sei die Folge der vorhandenen überörtlichen
und örtlichen Erschließungssituation und der örtlichen und überörtlichen Lage von
Arbeitsplätzen sowie der daraus zwangsläufig resultierenden Verkehrsströme.
Nach der aktualisierten Verkehrsuntersuchung des Büros xxxxxxxxxxxxx vom
Oktober 1995 sei aufgrund der am 1. und 9. Februar 1994 durchgeführten
Verkehrszählung im Wege der Hochrechnung ermittelt worden, dass die Belastung
der K 802 von damals rund 6.250 Kraftfahrzeugen pro Tag auf rund 8.000
Kraftfahrzeuge pro Tag ansteigen werde.
Die Antragsteller seien nicht antragsbefugt, da sie durch den Bebauungsplan nicht
in ihren Rechten verletzt würden. Der angegriffene Bebauungsplan sei nicht
nichtig, weil die Mitglieder der Gemeindevertretung nicht befangen gewesen seien.
Weder der Gemeindevertreter Walter A. noch die Gemeindevertreterin Roswitha P.
hätten aus den Entscheidungen im Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplans
einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen können. Der angegriffene
Bebauungsplan bleibe ohne jede Auswirkung auf Art und Maß der zulässigen
baulichen Nutzung der Grundstücke, an denen die betreffenden Mitglieder der
Gemeindevertretung Miteigentümer und Wohnungseigentümer seien. Der
Bebauungsplan lasse den vor der Aufstellung bereits vorhandenen
Gebietscharakter MI unangetastet. Die befürchtete Zunahme der
Verkehrsimmissionsbelastung stelle lediglich eine mittelbare nachteilige
Folgewirkung des Bebauungsplans dar. Der Plan schaffe nur die planerische und
rechtliche Voraussetzung für die Erteilung von Baugenehmigungen für
plankonforme Vorhaben im Plangebiet. Im Übrigen komme es nur auf eine etwaige
verbotswidrige Mitwirkung am Satzungsbeschluss an, denn für die
vorangegangenen Beschlüsse der Gemeindevertretungen im
Aufstellungsverfahren sei bei Eingang des Normenkontrollantrags die 6-Monats-
Frist des § 25 Abs. 6 Satz 3 HGO bereits verstrichen. Abwägungsfehler lägen nicht
vor. Insbesondere hätte die Einmündung der Planstraße A in die K 802 aufgrund
der vorgefundenen Gegebenheiten nicht weiter nach Osten verlegt werden
können, noch habe es andere vertretbare planerische Alternativen gegeben, die
die zusätzlichen Verkehrsbelastungen hätten vermeiden können. Dem
berechtigten Interesse der Anwohner an der K 802 hätte es entsprochen, die
Verkehrsanbindung an die K 802 möglichst weit im Osten des Gebiets vorzusehen.
Dabei sei allerdings das offensichtliche Interesse sämtlicher benachbarter Anlieger
im Sulzbacher Teil der K 802 gleichermaßen zu berücksichtigen. Die Möglichkeiten
der Antragsgegnerin seien durch die vorhandene Bebauung im Plangebiet mit den
zugehörigen Erschließungsstraßen sowie auch durch die dichte Abfolge der von
Norden in die K 802 einmündenden Straßen (Max-Baginski-Straße, Prof.-Much-
Straße, Berliner Straße und Straße Am Laubach) eingeschränkt. Andererseits sei
sie auch eingeschränkt durch die versetzt zu diesen Straßen im Süden in die K 802
einmündende Hunsrückstraße und die Straße "Auf der Krautweide". Außerdem
habe die östlich des im Bebauungsplan vorgesehenen Verkehrskreisels
einmündende Berliner Straße nur eine Regelbreite von ca. 6 m. Sie sei als
verkehrsberuhigter Bereich beschildert und sei wegen ihrer geringen Breite und
verkehrlichen Funktion nicht geeignet, sie zur weiteren Erschließung des
Neubaugebiets heranzuziehen. Außerdem seien eine zu dichte Abfolge nördlicher
Straßeneinmündungen in die K 802 zu vermeiden gewesen. Deshalb habe die
Einmündung der Planstraße A allein im Bereich zwischen Hunsrückstraße und
Straße "Auf der Krautweide" gelegt werden können. Ansonsten hätte entweder
eine Signalanlage an der Einmündung in die K 802 geschaffen werden müssen, die
zu einer deutlich schlechteren Verkehrssituation auch in dem Abschnitt zwischen
der K 802 zwischen Prof.-Much-Straße und Planstraße A oder zu erheblichen
Verkehrsproblemen mit Rückstau geführt hätte. Dies hätte auch zu einer
Erhöhung des Lärmpegels zu Lasten der Antragsteller geführt. Die
Leistungsfähigkeitsreserven des vorgesehenen Kreisverkehrs hätten sich in einer
ergänzenden Untersuchung als bei etwa 100 % liegend herausgestellt. Dies
bedeute, dass auch bei unerwartet starkem Verkehrszuwachs diese Reserven in
den nächsten 25 Jahren nicht aufgebraucht würden.
Die Aufstellungsunterlagen zum Bebauungsplan Nr. 51 liegen vor und waren
Gegenstand der Beratung. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird ebenso wie auf
die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Das Gericht entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung gemäß § 101 Abs. 2 VwGO.
Der Antrag der Antragsteller auf Ruhen des Verfahrens wird abgelehnt, da die
Antragsgegnerin dem Ruhen nicht zugestimmt hat und damit die
Voraussetzungen des § 251 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 VwGO nicht vorliegen.
Der Normenkontrollantrag ist statthaft. Die Antragsteller wenden sich im Wege der
Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan und damit gegen eine
Rechtsvorschrift, deren Gültigkeit vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof gemäß
§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.
Die Antragsteller sind auch antragsbefugt gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der
ab 1. Januar 1997 (Art. 10 Abs. 3 des 6. VwGOÄndG) geltenden Fassung. An die
Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO
sind keine höheren Anforderungen zu stellen als nach § 42 Abs. 2 VwGO. Danach
genügen die Antragsteller ihrer Darlegungspflicht, wenn sie hinreichend
substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen
lassen, dass sie durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht
verletzt werden. Dazu reicht es aus, dass Tatsachen vorgetragen werden, die eine
fehlerhafte Behandlung der Belange der Antragsteller in der Abwägung als möglich
erscheinen lassen (BVerwG, U. v. 5. März 1999 - 4 CN 18/98 - NVwZ 1999, 987).
Das in § 1 Abs. 6 BauGB verankerte Abwägungsgebot hat drittschützenden
Charakter hinsichtlich solcher Privatbelange, die für die Abwägung erheblich sind
(BVerwG, U. v. 24.09.1998 - 4 CN 2.98 -, BVerwGE 107, 215). Allerdings reicht nicht
jeder private Belang aus, sondern nur ein abwägungserheblicher, d. h. ein solcher,
der in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug hat,
d. h. abwägungserheblich war. Nicht abwägungsbeachtlich sind insbesondere
geringwertige oder mit einem Makel behaftete Interessen sowie solche, auf deren
Fortbestehen kein schutzwürdiges Vertrauen besteht und solche, die für die
Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren. Welche von
den Festsetzungen eines Bebauungsplans außerhalb seines räumlichen
Geltungsbereichs berührten Belange zum notwendigen Abwägungsmaterial
gehören, lässt sich nicht grundsätzlich, sondern nur innerhalb des Einzelfalles
unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Situation des von der Planung
erfolgten konkreten Ziels beantworten (vgl. BVerwG, B. v. 21.07.1989 - 4 NB 18.88
- BRS 49 Nr. 13). Es muss festgestellt werden, welche konkrete Beeinträchtigung
der Grundeigentümer in Normenkontrollverfahren geltend macht und ob diese auf
sein Grundeigentum unmittelbar einwirkt (BVerwG, B. v. 30.07.2001 - 4 BN 41.01 -
NVwZ 2002, 87). Damit können grundsätzlich auch mit ihren Wohngrundstücken
außerhalb des Plangebiets gelegene Eigentümer - wie hier die Antragsteller -
dieses "Recht auf gerechte Abwägung privater Belange" für sich beanspruchen.
Dies wird besonders deutlich bei der Festsetzung von Verkehrsflächen. Bei der von
einer festgesetzten Verkehrsfläche ausgehenden Immission endet die vom
Abwägungsgebot geforderte Berücksichtigung gegenläufiger Interessen der
betroffenen Grundeigentümer nicht an den räumlichen Grenzen des
Bebauungsplans (BVerwG, B. v. 21.07.1989, a.a.O., m. w. N.). Allerdings hat auch
nicht jeder Betroffene, dessen Grundstück kilometerweit entfernt liegt, ein
abwägungsbeachtliches Interesse (BVerwG, B. v. 28.11.1995 - 4 BN 38/94 - NVwZ
96, 711).
Die Antragsteller machen im vorliegenden Fall eine Verletzung des Rechts auf
gerechte Abwägung ihrer privaten Belange im Hinblick auf die erhöhte
Verkehrsbelastung und die damit verbundene erhöhte Immissionsbelastung
geltend, zu der es bei einer Realisierung der geplanten Bebauung auf dem
ehemaligen Muchgelände ihrer Meinung nach kommen werde. Zum notwendigen
Abwägungsmaterial kann grundsätzlich auch das Interesse der Anwohner einer
außerhalb des Plangebiets gelegenen Straße daran gehören, von erhöhten
Verkehrslärm im Zusammenhang mit der Ausweisung eines neuen Baugebiets
verschont zu bleiben (vgl. VGH Baden-Württemberg, U. v. 24.09.1999 - 5 S
2519/98 - BauR 2000, 613). Es richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, ob
eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms zum notwendigen
Abwägungsmaterial gehört (BVerwG, B. v. 28.11.1995 - 4 NB 38/94 - NVwZ 1996,
711). Den Anwohnern einer Straße, die den Zu- und Abfahrtsverkehr für ein
geplantes Baugebiet aufnehmen sollen, ist die Antragsbefugnis für einen
Normenkontrollantrag andererseits nicht schon deshalb abzusprechen, weil die
errechnete Erhöhung des Verkehrslärms geringfügig ist oder weil eine solche
Entwicklung zu erwarten gewesen wäre (BVerwG, B. v. 18. März 1994 - 4 NB 24/93
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Entwicklung zu erwarten gewesen wäre (BVerwG, B. v. 18. März 1994 - 4 NB 24/93
- DÖV 1994, 873).
Die Antragsbefugnis ist nach diesen Kriterien gegeben. Durch die Realisierung der
Planung sind die Antragsteller einer nicht nur geringfügigen Zunahme des
Verkehrs ausgesetzt. Die Verkehrssituation an der K 802 ist von der
Antragsgegnerin auch als abwägungserhebliches Interesse erörtert worden. Die
Antragsgegnerin hat mitgeteilt, dass die Belastung der K 802 mit 6250
Kraftfahrzeugen pro Tag nach der Realisierung der Planung auf rund 8000
Kraftfahrzeuge pro Tag ansteigen werde. Dies stellt eine Zunahme um fast 30 %
und damit eine erhebliche Mehrbelastung dar. Die Antragsbefugnis der
Antragsteller ist damit gegeben. Ihre Wohnung in der A-Straße liegt dem
geplanten Kreisel und der Einmündung der Planstraße A direkt gegenüber, sodass
sie die Auswirkungen der Erhöhung des Verkehrslärms durch die Planung der
Antragsgegnerin unmittelbar erfahren würden.
Der Antrag ist auch begründet. Der angegriffene Bebauungsplan verstößt gegen
höherrangiges Recht.
Dies gilt in formeller Hinsicht, denn der Satzungsbeschluss über den angegriffenen
Bebauungsplan ist verfahrensfehlerhaft zustande gekommen. Es haben an ihm
zwei befangene Gemeindevertretungsmitglieder mitgewirkt. Der
Satzungsbeschluss ist unter Verstoß gegen die zwingende Vorschrift des § 25
Abs.1 Nr. 1 HGO zustande gekommen, wonach niemand in haupt- oder
ehrenamtlicher Tätigkeit in einer Angelegenheit beratend oder entscheidend
mitwirken darf, wenn er durch die Entscheidung in der Angelegenheit einen
unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann. Die Mitwirkung eines wegen
persönlicher Befangenheit ausgeschlossenen Gemeindevertreters an dem
Satzungsbeschluss über einen Bebauungsplan stellt einen wesentlichen
Verfahrensmangel dar und hat nach § 25 Abs. 6 Satz 1 HGO kraft Gesetzes die
Unwirksamkeit dieses Beschlusses zur Folge.
Die Befangenheit von zwei mitwirkenden Gemeindevertretern am
Satzungsbeschluss wurde rechtzeitig im Sinne des § 25 Abs. 6 Satz 3 HGO gerügt.
Der Bebauungsplan wurde im "Sulzbacher Anzeiger" vom 5. Dezember 1997
bekannt gemacht. Mit Schreiben vom 4. Juni 1998, bei Gericht am 5. Juni 1998
eingegangen, haben die Antragsteller einen Normenkontrollantrag gestellt. Damit
haben sie innerhalb der 6-Monats-Frist des § 25 Abs. 6 Satz 3 HGO ein
gerichtliches Verfahren anhängig gemacht, in dem der Mangel der Befangenheit
gerügt worden ist.
Das Mitwirkungsverbot liegt der Sache nach vor. Der Gemeindevertreter A. und die
Vertreterin P. hätten bei der Beschlussfassung des Bebauungsplans als Satzung
nicht mitwirken dürfen, weil sie wegen bestehender Interessenkollision hiervon
gesetzlich ausgeschlossen waren. Der Regelung des § 25 Abs. 1 Nr. 1 HGO liegt
der Gedanke zugrunde, dass der Betroffene wegen eines Interessenkonflikts
befangen ist, wenn die zu treffende Entscheidung ihm selbst einen Vorteil oder
Nachteil bringen kann. Dabei reicht die Möglichkeit eines Vorteils oder Nachteils
aus und es ist nicht erforderlich, dass die Vorteile oder Nachteile auch tatsächlich
oder demnächst eintreten (Bennemann, Beinlich, Brodbeck und andere, HGO,
Komm., Stand: Dezember 2002, § 25 HGO Rdnr. 19; vgl. zum Ganzen auch: von
und zu Franckenstein, Analyse der Reichweite kommunaler
Befangenheitsvorschriften am Beispiel der Bauleitplanung, BauR 1999, 12).
Für die beiden Gemeindevertreter bestand die Möglichkeit der Erlangung eines
Vorteils oder Nachteils durch den Satzungsbeschluss. Die beiden
Gemeindevertreter sind Wohnungseigentümer in der Hauptstraße 127 b bzw.
Hauptstraße 127 a. Diese Gebäude befinden sich in direkter Nachbarschaft der
Antragsteller ebenfalls an der K 802 und sind von der geplanten Einmündung der
Planstraße A in die K 802 ca. 40 bzw. 60 m entfernt. Durch die Festsetzungen des
Bebauungsplans im Hinblick auf den Verkehrsfluss sind sie direkt betroffen und es
entsteht der Anschein, sie könnten aus bestimmten Festsetzungen einen Vorteil
oder Nachteil erlangen. Mit den Ausschließungsgründen hat der Gesetzgeber das
Ziel verfolgt, jede hauptamtliche oder ehrenamtliche Tätigkeit für die Gemeinde
von individuellen Sonderinteressen freizuhalten und die kommunalen
Ratsmitglieder anzuhalten, ihre Tätigkeit ausschließlich nach dem Gesetz und ihrer
freien, nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung
auszurichten, ihnen persönliche Konfliktsituationen zu ersparen und das Vertrauen
der Bürger in eine saubere Kommunalverwaltung zu erhalten und zu stärken (vgl.
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der Bürger in eine saubere Kommunalverwaltung zu erhalten und zu stärken (vgl.
OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 23.04.1998 - 1 C 10798/97 - NVwZ-RR 2000, 103; Hess.
VGH, B. v. 09.02.1995 - 3 N 4484/88 - ESVGH 45, 319). Dies gilt im Falle von
betroffenem Grundeigentum eines Gemeindevertreters unabhängig davon, ob sich
das Grundeigentum innerhalb oder außerhalb des Plangebiets befindet (Hess.
VGH, B. v. 09.02.1995, a.a.O., B. v. 22.04.2003 - 9 NG 561/03 -). Personen, die
wegen eines unmittelbaren Eigeninteresses am Ausgang des Verfahrens oder
wegen enger Beziehungen zu natürlichen oder juristischen Personen, die aus
persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen ein Interesse an der Entscheidung
haben, nicht die Gewähr für eine unbeeinflusste Wahrnehmung ihrer Befugnisse
bieten, sollen von der Entscheidungsfindung ausgeschlossen sein, damit bereits
der "böse Schein" einer sachwidrigen Verfolgung von Sonderinteressen in der
Kommunalverwaltung vermieden wird (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U v. 24.02.1995 -
10 a NE 40/90 - NVwZ-RR 1996, 220).
Es handelt sich hier auch um das Vorliegen eines unmittelbaren Vor- oder
Nachteils. Das Korrektiv der Unmittelbarkeit dient dazu, Mitwirkungsverbote nicht
zum Schaden der demokratischen Legitimation der Beschlussgremien ausufern zu
lassen. Auf der einen Seite sollen Entscheidungen in eigener Sache verhindert
werden, auf der anderen Seite soll das Mitwirkungsverbot gerade in Fällen einer
vielschichtigen und differenzierten Interessenlage im Hinblick auf den weiten Kreis
der möglichen Betroffenen im Interesse der Funktionsfähigkeit des Rates und der
demokratischen Teilhabe nicht ausufern (Bennemann u. a., a. a. O., Rdnr. 20).
Dabei ist im Einzelnen umstritten, was unter dem Kriterium der Unmittelbarkeit zu
verstehen ist (vgl. Schneider, Dreßler, Lüll, HGO, Kommentar, Stand: Juli 1999, Erl.
§ 25 Nr. 7). Zum Teil wurde Unmittelbarkeit bejaht, wenn die Entscheidung ohne
Hinzutreten eines weiteren Umstands die mitwirkende Person direkt berührt (vgl.
Hess. VGH, U. v. 10.03.1981 - II OE 12/80 - NVwZ 1982, 44). Nach dieser
Rechtsprechung fehlt die Unmittelbarkeit grundsätzlich bei allen abstrakten
Regelungen, insbesondere Satzungen, da zu deren Vollzug noch eine weitere
Entscheidung der Verwaltung oder des Gemeindevorstands über die Anwendung
auf den Einzelfall erforderlich ist. Eine Ausnahme wird allerdings für
Bebauungspläne gemacht, weil sie die Bebaubarkeit eines Grundstücks ohne
Hinzutreten weiterer Umstände unmittelbar regeln (Hess. VGH, U. 02.06.1992 - 3
N 1366/91 - NVwZ-RR 1993, 156 mit Bezugnahme auf BVerfG, B. v. 15.05.1985 -
DVBl. 1985, 1126). Festsetzungen eines Bebauungsplans bestimmen individuell
und konkret die Art und das Maß der baulichen Nutzung. Die durch das
Inkrafttreten des Bebauungsplans bewirkte Bebaubarkeit oder der Wegfall der
Bebaubarkeit eines Grundstücks, die Einschränkung von Zufahrtsmöglichkeiten,
die Änderung der baulichen Nutzbarkeit von Nachbargrundstücken und Ähnliches
sind Maßnahmen, die die direkte Auswirkungen auf die Rechtsstellung des
Eigentümers haben (BVerfG, B. v. 14.05.1985 - DVBl. 1985, 1126). Auch die
Festlegung von Straßen und die damit für das geplante Baugebiet bewirkte
Verkehrsleitung kann sich nachteilig auf die Wohnsituation, insbesondere die
Wohnruhe eines Grundstücks auswirken (vgl. dazu Hess. VGH, U. v. 02.06.1992 - 3
N 1366/91 - NVwZ-RR 1993, 156, in dem es um ein Mitwirkungsverbot für
Gemeindevertreter ging, die Eigentümer eines außerhalb des Plangebiets
gelegenen Grundstücks waren und Vor- oder Nachteile durch die Verkehrslenkung
hinzunehmen hatten). Die unmittelbare Auswirkung bestimmter Festsetzungen
auf die Nutzung von Nachbargrundstücken zeigt auch, dass es für das Vorliegen
eines Vorteils oder Nachteils nicht grundsätzlich darauf ankommen kann, ob das
Grundstück des mitwirkenden Gemeindevertreters noch im Geltungsbereich des
Bebauungsplans oder außerhalb liegt (a. a. O., m. w. N.). Eine andere Auffassung
geht davon aus, dass ein unmittelbarer Vor- oder Nachteil dann gegeben ist, wenn
ein Entscheidungsträger an dem Beratungsgegenstand ein individuelles
Sonderinteresse hat, das zu einer Interessenkollision führen kann und deshalb die
Besorgnis rechtfertigt, der Betroffene werde nicht mehr uneigennützig und zum
Wohle der Allgemeinheit handeln (Bennemann u.a. a. a. O., § 25 Rdnr. 21 m. w.
N.).
Im vorliegenden Verfahren ist nach beiden Theorien das Kriterium der
Unmittelbarkeit erfüllt. Die Steuerung des Verkehrsflusses vor dem eigenen Haus
stellt wegen der damit verbundenen Geräuschimmissionen ein gewichtiges
Sonderinteresse dar. Die Steuerung der Immissionen ist ein konkretes eigenes
Interesse eines Entscheidungsträgers. Der Verkehr, der aus dem Plangebiet auf
angrenzende und weiterführende Straßen geleitet werden muss, ist auch
erheblich, da die an der Wohnung der Gemeindevertretungsmitglieder
vorbeiführende K 802 nach Realisierung der Planung einen um ca. 30 % erhöhten
Verkehr aufzunehmen haben wird. Es kann der Anschein nicht vermieden werden,
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Verkehr aufzunehmen haben wird. Es kann der Anschein nicht vermieden werden,
dass zwei Personen, die an dieser ohnehin schon stark befahrenen Straße wohnen,
ein Interesse daran haben, auf die Verkehrsflüsse Einfluss zu nehmen und damit
ihr individuelles Sonderinteresse durchzusetzen. Die Steuerung der Verkehrsflüsse
erfüllt auch nach der früheren Rechtsprechung des Hess. VGH das Kriterium der
Unmittelbarkeit, wonach die mitwirkende Person von einer Entscheidung direkt
berührt sein muss. Die Verkehrsflüsse berühren die beiden
Gemeinderatsmitglieder direkt, denn eine Zunahme des Verkehrs um 30 % vor
der eigenen Haustür stellt eine unmittelbare Betroffenheit in diesem Sinne dar.
Die Mitwirkung eines befangenen Ratsmitglieds bei der Beschlussfassung über
einen Bebauungsplan führt nicht nur dann zur Unwirksamkeit des Beschlusses,
wenn sie für das Abstimmungsergebnis entscheidend war (a. A.: OVG NRW, U. v.
13.02.1997 - 7 aD 107/94.NE, zitiert nach JURIS). Dies folgt aus dem Wortlaut des §
25 Abs. 1 HGO, wonach das Mitwirkungsverbot bereits eingreift, sofern jemand
unzulässigerweise beratend mitgewirkt hat. Es kommt daher nach dem Willen des
Gesetzgebers nicht darauf an, ob der Mitwirkende sich letztlich durchsetzen
konnte mit seinem Interesse oder mitentschieden hat, denn es reicht allein aus,
dass er überhaupt beratend an einer Angelegenheit mitwirken konnte. Das
Ergebnis der Mitwirkung wird vom Gesetzgeber daher für das Eingreifen des
Mitwirkungsverbots nicht als ausschlaggebend angesehen. Nach dessen Ziel soll
es vielmehr, wie bereits ausgeführt, auf die Verhinderung des bösen Scheins
ankommen. Dieser ist immer gegeben, wenn ein Mitwirkender sich in einer
Interessenkollision befunden hat, unabhängig davon, ob sich diese Kollision im
konkreten Ergebnis ausgewirkt hat oder nicht. Dabei ist insbesondere auch zu
berücksichtigen, dass eine genaue Feststellung dazu, welchen Einfluss der
Mitwirkende im Rahmen der Entscheidungsfindung ausgeübt hat, schwierig ist. Um
diesen Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, hat sich der Gesetzgeber dafür
entschieden, dem Mitwirkungsverbot unabhängig von der
Entscheidungserheblichkeit des Mitwirkenden für den konkret gefassten Beschluss
selbst dann Geltung zu verschaffen, wenn der Mitwirkende lediglich beratend tätig
war. Der Satzungsbeschluss ist damit unwirksam im Sinne des § 25 Abs. 6 Satz 1
HGO.
Die Mitwirkung der befangenen Gemeindevertreter an den dem
Satzungsbeschluss vorausgehenden sonstigen Beschlüssen im
Planaufstellungsverfahren ist im Ergebnis unbeachtlich. Zwar haben diese
Personen unter Verstoß gegen § 25 Abs. 1 Nr. 1 HGO an den vorbereitenden
Beschlüssen mitgewirkt, sodass diese Beschlüsse rechtswidrig sind. Jedoch sind
vorbereitende Beschlüsse weder bundes- noch landesrechtlich für die Wirksamkeit
des Bebauungsplans zwingend erforderlich. Nach der HGO genügt es für das
wirksame Zustandekommen des Bebauungsplans als gemeindliche Satzung, dass
die Gemeindevertretung als einzigen den Satzungsbeschluss fasst (vgl. Hess.
VGH, B. v. 13.05.2003 - 9 N 640/00 -). Auch bundesrechtlich sind weder ein
Aufstellungs- (BVerwG, ebenda) noch ein Offenlegungsbeschluss (Hess. VGH, B. v.
13.05.2003, a.a.O.) noch ein eigenständiger Beschluss über die von den Bürgern
vorgebrachten Anregungen erforderlich (BVerwG, B. v. 11.11.2002 - 4 BN 52/02 -
NVwZ 2003, 206). Auch für die Durchführung der frühzeitigen Bürgerbeteiligung
nach § 3 Abs. 1 BauGB ist kein ausdrücklicher Beschluss der Gemeindevertretung
notwendig. Ohnehin wäre ein etwaiger Verfahrensfehler insoweit gemäß § 214 Abs.
1 BauGB unbeachtlich.
Weitere formelle Mängel hinsichtlich des Planaufstellungsverfahrens sind von den
Antragstellern nicht geltend gemacht worden und aus den vorliegenden
Unterlagen auch nicht ersichtlich.
Das Vorbringen der Antragsteller im Übrigen führt in materiell-rechtlicher Hinsicht
nicht zur Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des angegriffenen Bebauungsplans.
Der Bebauungsplan verstößt nicht gegen den Grundsatz der planungsrechtlichen
Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB), wonach die Gemeinden die Bauleitpläne
aufzustellen haben, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung
erforderlich ist. An der Erforderlichkeit der Bauleitplanung fehlt es nur dann, wenn
sie von keiner erkennbaren Konzeption getragen ist und also auch nicht von ihr
gefordert werden kann. Welche städtebaulichen Ziele sich die Gemeinde setzt,
liegt in ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die
"Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen
entspricht (BVerwG, B. v. 14.08.1995 - 4 NB 21.95 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB
Nr. 86). Ein Bebauungsplan ist im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich, soweit
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Nr. 86). Ein Bebauungsplan ist im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich, soweit
er nach der städtebaulichen Konzeption der Gemeinde vernünftigerweise geboten
ist (BVerwG, U. v. 07.05.1971 - IV C 76.68 - BRF 24 Nr. 15). Die städtebaulichen
Gründe für die Planung ergeben sich in ausreichendem Maß aus dem
streitgegenständlichen Bebauungsplan, der eine Planbegründung enthält, sowie
aus dem Beschluss der Antragsgegnerin vom 11. Juli 1996 über die Abwägung der
Anregungen und Bedenken. Eine Erforderlichkeit im Sinne eines vernünftigerweise
Gebotenseins ist ausreichend begründet worden, nachdem sich die Nutzung des
Geländes durch die Betriebsverlagerung der Prof. Much AG geändert hatte.
Der streitbefangene Bebauungsplan ist nicht deshalb unwirksam oder nichtig, weil
die Antragsgegnerin im Bebauungsplan weitere Lärmschutzvorkehrungen zur
Einhaltung der Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung - 16.
BImSchV vom 12.06.1990 (BGBl. I S. 1036) - zu treffen gehabt hätte. Nach § 1
Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 16. BImSchVO ist eine Änderung wesentlich, wenn eine
Straße um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen erweitert wird, was hier
nicht der Fall ist, oder wenn der Beurteilungspegel des von dem zu ändernden
Verkehrsweg ausgehenden Verkehrslärms um mindestens 3 dB(A) oder auf
mindestens 70 dB(A) am Tage oder mindestens 60 dB(A) in der Nacht erhöht wird.
Auch letzteres ist nicht der Fall, wie sich aus dem von der Antragsgegnerin
eingeholten und in der Sache nicht substantiiert angegriffenen Verkehrsgutachten
ergibt, in dem ausgeführt wird, dass lediglich der Bau einer Ampelanlage hier eine
Erhöhung von 3 dB(A) nach sich ziehen würde. Die Antragsteller haben auch nicht
bestritten, dass eine solche Erhöhung der Lärmwerte hier durch den von der
Antragsgegnerin geplanten Kreisel vermieden wird. Es ist auch im Übrigen nicht
dargetan, dass die genannten Tages- oder Nachtwerte erreicht werden.
Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder sonst erkennbar, dass
das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht beachtet worden wäre.
Das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB ist nicht zum Nachteil der
Antragsteller verletzt.
Das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB verpflichtet den Träger der
Bauleitplanung dazu, dass erstens eine Abwägung überhaupt stattfindet, zweitens
in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie
eingestellt werden muss, drittens weder die Bedeutung der betroffenen
öffentlichen oder privaten Belange verkannt noch viertens der Ausgleich zwischen
ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner
Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, U. v. 12.12.1969, BVerwGE 34, 301).
Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht
verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen
verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit
notwendigerweise für die Zurücksetzung des anderen Belangs entscheidet. Die
darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten
Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als
solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Die Kontrolle beschränkt
sich im Rahmen des Abwägungsgebots auf die Frage, ob die Gemeinde die
abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend
bestimmt hat und ob sie die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden
Gewichtung eingehalten hat. Letzteres ist hier der Fall. Der Antragsgegnerin ist
weder ein Fehler im Abwägungsvorgang noch im Abwägungsergebnis unterlaufen.
Insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass die Mitwirkung der befangenen
Gemeindevertreter das Abwägungsergebnis sachwidrig beeinflusst hat. Insgesamt
hat die Antragsgegnerin die Lärmschutzbelange beanstandungsfrei abgewogen.
Die Antragsgegnerin hat die besondere Belastung der K 802 auch als
Vorbelastung der Antragsteller erkannt und der Frage der Leitung der
Verkehrsströme besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Sie hat dazu ein
Verkehrsgutachten von dem Ing.-Büro Dorsch Consult eingeholt, das im Februar
1994 eine Verkehrsuntersuchung durchgeführt und im Oktober 1995 nochmals
aktualisiert hat. Danach ist die K 802 mit rund 6.000 bis 8.000 Fahrzeugen in 24
Stunden belastet. Wegen der ebenfalls hohen Belastung des Knotens der sog.
Limesspange (L 3014) mit der K 802 wurden für den Einmündungsbereich der
Planstraße A in die K 802 mehrere Varianten geprüft und schließlich dem
Kreisverkehr mit einer ausführlichen Begründung, auf die Bezug genommen wird,
der Vorzug gegeben.
Soweit die Antragsteller dagegen einwenden, die Festsetzung des Kreisels direkt
vor ihrem Anwesen erfolge auf dem Rücken der Sulzbacher Anwohner, obwohl die
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vor ihrem Anwesen erfolge auf dem Rücken der Sulzbacher Anwohner, obwohl die
Gemeinde Bad Soden einen größeren Geländeanteil am Plangebiet besitze, ist
dies nicht geeignet, einen Abwägungsfehler aufzuzeigen. Die Verkehrsplanung der
Antragsgegnerin löst die verkehrlichen Probleme unabhängig davon, an welcher
Stelle die Gemarkungsgrenze zwischen den beiden Gemeinden liegt und erläutert
dies auch beanstandungsfrei. Dies erscheint auch nicht abwägungsfehlerhaft,
denn die Verkehrsprobleme der beiden Gemeinden lassen sich sinnvoll nur
gemarkungsübergreifend lösen, wie bereits die gemarkungsübergreifende Planung
der beiden Gemeinden zeigt. Da der Verkehr aus dem neuen Plangebiet zu 90 %
auf die östlich des Eigentums der Antragsteller gelegene Limesspange
ausgerichtet ist, ist es sinnvoll, den Verkehr so nah wie möglich zur Limesspange
hin auf die K 802 einmünden zu lassen. Diese Bedingungen erfüllt die Planstraße
A, die in der Mitte des Plangebiets liegt, wohingegen die weiter östlich am Rand
des Plangebiets gelegene verkehrsberuhigte Berliner Straße wegen ihrer
Ausbaubreite von nur 6 m zur Aufnahme des Gesamtverkehrs nicht geeignet
erschien. Diese Verkehrskonzeption ist nachvollziehbar begründet worden.
Es ist zwar zutreffend, dass die Antragsteller, da sie direkt an dem geplanten
Kreisel liegen, im Hinblick auf den Verkehrslärm durch die Zu- und Abfahrten über
die Planstraße A zusätzlich belastet werden. Da sich insgesamt dieses
Verkehrskonzept jedoch als das günstigste erwiesen hat, Grenzwerte nicht
überschritten werden und die Antragsgegnerin alle betroffenen Belange erkannt
und beanstandungsfrei abgewogen hat, haben die Antragsteller dies
hinzunehmen. Nach den von der Antragsgegnerin veranlassten
Verkehrsuntersuchungen, ist - gemessen an der Vorbelastung - von einer
hinnehmbaren Verkehrszunahme auszugehen.
Auch tragen die Antragsteller nicht vor, dass insoweit eine unzumutbare
Lärmbeeinträchtigung als Vorbelastung gegeben sei und ihnen bereits aus Anlass
der Neuplanung der K 802 im Bereich des Plangebiets ein Sanierungsanspruch
erwüchse. Deshalb müssen sich die Antragsteller die erhebliche Lärmvorbelastung
für die an die K 802 grenzenden Wohnhäuser entgegenhalten lassen.
In Bezug auf die Belange von Natur und Landschaft und die nach § 1 a Abs. 3
BauGB geforderte naturschutzrechtliche Kompensation für die planerisch
zugelassenen Eingriffe ist ein Abwägungsfehler nicht vorgetragen und auch nicht
erkennbar.
Der Ausspruch der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 51 beruht auf § 215 a
Abs. 1 BauGB, da die dargelegten Mängel in einem ergänzenden Verfahren
behoben werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Kostenentscheidung
nach § 155 Abs. 1 VwGO kommt nicht in Betracht, obgleich der Senat den
Bebauungsplan nicht für nichtig, sondern nur für nicht wirksam erklärt hat. Darin ist
kein teilweises Unterliegen der Antragsteller zu sehen. Die aufgrund des § 47 Abs.
5 Satz 4 VwGO erfolgte Tenorierung ermöglicht eine Heilung der fehlerhaften
Satzung. Bis zu einer eventuellen Heilung bleibt der Bebauungsplan jedoch
suspendiert wie bei einer Nichtigkeitsfeststellung.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167
VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO entsprechend.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO
liegen nicht vor.
Sonstiger Langtext
Rechtsmittelbelehrung:
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde innerhalb eines Monats
nach Zustellung dieser Entscheidung angefochten werden. Die Beschwerde ist
beim
Hessischen Verwaltungsgerichtshof
Brüder-Grimm-Platz 1
34117 Kassel
durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule
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durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule
im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt
einzulegen; juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können
sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie
Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte
oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen
Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes,
dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. Die Beschwerde muss die
Entscheidung bezeichnen, die angefochten werden soll.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser
Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Hessischen
Verwaltungsgerichtshof einzureichen. In der Begründung muss entweder
- die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden
oder
- die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der
obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
bezeichnet werden, wenn geltend gemacht wird, von ihr werde in der in dem
vorliegenden Verfahren ergangenen Entscheidung abgewichen und die
Entscheidung beruhe auf dieser Abweichung,
oder
- ein Verfahrensmangel bezeichnet werden, auf dem die Entscheidung beruhen
kann.
Die Ablehnung des Ruhensantrags ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Beschluss
Der Streitwert wird im Hinblick auf die geltend gemachte zusätzliche
Lärmbelastung und Wertminderung der Eigentumswohnung der Antragsteller auf
25.000,00 € festgesetzt (§ 13 Abs. 1 GKG).
Die Streitwertfestsetzung ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 2
Satz 3 GKG entsprechend).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.