Urteil des HessVGH vom 14.01.1993

VGH Kassel: weiterbildung, mitbestimmungsrecht, kommission, referat, rechtsgutachten, arbeitgeberverband, unterliegen, erstellung, vergütung, freizeit

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
Fachsenat für
Personalvertretungssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
HPV TL 398/91
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
HE 1988, § 74 Abs 1 Nr
8 PersVG HE 1988, §
113 Abs 3 PersVG HE
1988
(Regelung der Fortbildung und Weiterbildung für
Angestellte im Pflegedienst durch eine
Dienstzeitvereinbarung)
Gründe
I.
Der Antragsteller will erreichen, daß eine Dienstvereinbarung zur Fort- und
Weiterbildung für Angestellte im Pflegedienst, die er dem Dienststellenleiter im
Entwurf vorgelegt hat, angewendet oder zumindest festgestellt wird, daß die mit
dem Entwurf gewünschten Maßnahmen nicht von dem Hessischen
Personalvertretungsgesetz abweichen.
Mit Schreiben vom 30. März 1990 übersandte der Antragsteller dem Beteiligten
den nachfolgenden Entwurf einer Dienstvereinbarung mit der Bitte, ihm
zuzustimmen.
Entwurf einer Dienstvereinbarung zur Fort- und Weiterbildung für Angestellte im
Pflegedienst:
Zwischen dem Personalrat und der Dienststelle wird entsprechend § 74 Absatz 1,8
HPVG folgende Dienstvereinbarung abgeschlossen:
§ 1: Ziel dieser Vereinbarung ist die Umsetzung der Sonderregelung
2a Nr. 7 des BAT.
§ 2: Fortbildung sind alle Veranstaltungen, die es den Mitarbeitern
ermöglichen, durch regelmäßige Teilnahme ihren beruflichen
Wissensstand kontinuierlich zu aktualisieren.
Weiterbildung führt zu einer höheren Qualifikation mit einer
entsprechend besseren Vergütung.
Fort- und Weiterbildung im Text: F. u. W.
§ 3: Es wird unterschieden zwischen innerbetrieblicher und
außerbetrieblicher Fort- und Weiterbildung.
Die innerbetriebliche sowie auch die außerbetriebliche F. u. W.
wird von der Pflegedienstleitung (Referat Fort- und
Weiterbildung) geplant und ausgeführt.
Die Angebote zur F. u. W. sind anhand eines Halbjahresplanes
zusammenzufassen. Die Mitarbeiter sind in vollem Umfang über
alle Angebote zu informieren. Dies hat in einem für alle
Mitarbeiter leicht zugänglichen Verfahren zu geschehen.
Anträge von Mitarbeitern auf die Teilnahme an F. u. W. werden
von der PDL oder dem Referat für F. u. W: bearbeitet. Anträge
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von Mitarbeitern außerhalb des vorgelegten Programmes werden
ebenso behandelt und der Kommission vorgelegt.
Die PDL oder das Referat für F. u. W. ist den Mitgliedern der
Kommission gegenüber in vollem Umfang informationspflichtig.
§ 4: Es wird eine Kommission gebildet, die sich zusammensetzt aus:
2 Mitgliedern der PDL,
1 Mitglied der Verwaltungsleitung,
3 vom Personalrat benannten Mitgliedern.
Sie wählt aus ihrer Mitte den Sprecher (Vorsitzenden)
Die Kommission tagt mindestens zweimal pro Kalenderjahr.
Ihre Aufgaben sind:
- 2mal jährlich den Bedarf an Fort- und Weiterbildung
festzustellen und festzuschreiben.
- Erstellung der Auswahlkriterien.
- Das Bewerbungs- und Auswahlverfahren durchzuführen.
- Überprüfung der Angebote seitens der PDL, dem Referat F. u. W.
an die Mitarbeiter anhand des Halbjahresplanes.
Die Kommission kann auf Antrag von mindestens drei Mitgliedern
jederzeit einberufen werden.
§ 5: Fort- und Weiterbildung, die außerhalb der Arbeitszeit des
Beschäftigten durchgeführt wird, muß ohne Anrechnung auf den
Erholungsurlaub und unter Fortzahlung der Vergütungen auf die
Arbeitszeit angerechnet werden.
Die Teilzeitbeschäftigten müssen Zeiten der Fort- und
Weiterbildung, die über die einzelvertragliche Arbeitszeit
hinausgehen, in Freizeit oder Vergütung erstattet werden.
§ 6: Die systematische Fort- und Weiterbildung der Angestellten
während der Arbeitszeit führt zu einem Ausfall an Arbeitszeit
und muß entsprechend im Stellenplan und bei den
Pflegesatz-Verhandlungen berücksichtigt werden.
Dementsprechend muß bei Inanspruchnahme der F. u. W. sofortiger
Ersatz gestellt werden.
§ 7: Die Beteiligungsrechte des Personalrates nach dem HPVG bleiben
von dieser Dienstvereinbarung unberührt.
§ 8: Die Dienstvereinbarung kann von jedem Vertragspartner mit einer
Frist von sechs Monaten zum Jahresende gekündigt werden. Bis
zum Abschluß einer neuen Dienstvereinbarung gelten die Regelungen
dieser Dienstvereinbarung weiter.
Diese Dienstvereinbarung tritt zum in Kraft.
Bereits begonnene Maßnahmen werden ab dem entsprechend
gefördert.
Frankfurt am Main, den
Hospital zum heiligen Geist Personalrat des
Stiftung des öffentlichen Rechts Krankenhauses Nordwest
Die Seniorin des Pflegamts Vorsitzende
(M. N.) (M. A.)
Am 2. Mai 1980 wandte sich der Antragsteller erneut an den Beteiligten und bat
unter Hinweis auf sein Schreiben vom 30. März 1990 um möglichst umgehenden
Verhandlungsbeginn. Der Dienststellenleiter ließ daraufhin dem Antragsteller am
14. oder 15. Mai 1990 eine Stellungnahme des Hessischen Arbeitgeberverbandes
der Gemeinden und Kommunalverbände vom 4. Mai 1990 zukommen, in der der
Entwurf des Antragstellers einer ausführlichen kritischen Betrachtung unterzogen
worden war. Nach Darstellung des Dienststellenleiters erbat er eine
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worden war. Nach Darstellung des Dienststellenleiters erbat er eine
Stellungnahme.
Am 9. Juli 1990 hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche
Beschlußverfahren eingeleitet und die Ansicht vertreten, da der Dienststellenleiter
die Frist des § 69 Abs. 3 HPVG habe verstreichen lassen, gelte die
Dienstvereinbarung als gebilligt. Da er zu dem Anliegen des Antragstellers
geschwiegen habe, könne dieser sich nicht darauf berufen, daß keine Erörterung
stattgefunden habe.
Der Antragsteller hat beantragt,
1. festzustellen, daß die Dienstvereinbarung zur Fort-
und Weiterbildung für Angestellte im Pflegedienst
seit dem 1.5.1990 rechtswirksam ist;
2. den beteiligten Dienststellenleiter zu verpflichten,
die genannte Dienstvereinbarung in der Dienststelle
gegenüber den im Pflegebereich Beschäftigten anzuwenden
und durchzuführen;
3. hilfsweise festzustellen, daß der Entwurf der
Dienstvereinbarung zur Fort- und Weiterbildung für
Angestellte im Pflegedienst vom Mitbestimmungsrecht
des Antragstellers nach § 74 Abs. 1 Nr. 8 HPVG gedeckt
ist.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, die Frist des § 69 Abs. 3 HPVG sei noch nicht in Lauf
gesetzt worden, weil eine Erörterung nicht stattgefunden habe. Von treuwidrigem
Verhalten seinerseits könne keine Rede sein, denn der Antragsteller habe sich auf
die ihm ausgehändigte Stellungnahme des Arbeitgeberverbandes nicht geäußert.
Der zweite Antrag sei unzulässig, weil er in § 111 HPVG nicht vorgesehen sei. Der
dritte Antrag sei ebenfalls unzulässig. Ein gerichtliches Rechtsgutachten könne
nicht begehrt werden. Im übrigen sei der Antrag auch materiell unbegründet.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main - Fachkammer für
Personalvertretungssachen (Land) - hat mit Beschluß vom 10. Januar 1991 die
Anträge abgewiesen. Es hat die Ansicht vertreten, eine Dienstvereinbarung könne
nicht im Wege der Zustimmungsfiktion zustande kommen. Voraussetzung für eine
Dienstvereinbarung seien übereinstimmende Beschlüsse der Beteiligten, die in
einer von beiden Beteiligten unterzeichneten schriftlichen Vereinbarung
dokumentiert werden müßten. Durch Schweigen könne ein derartiges Tätigwerden
nicht ersetzt werden. Der Antrag zu 2. sei jedenfalls unbegründet, weil der
Beteiligte nicht verpflichtet werden könne, eine nicht zustandegekommene
Dienstvereinbarung anzuwenden. Der unter Nr. 3 gestellte Hilfsantrag sei
unzulässig, weil die Erstattung von Rechtsgutachten nicht zu den Aufgaben der
Fachkammern für Personalvertretungssachen nach § 111 Abs. 1 HPVG gehöre.
Gegen den am 1. Februar 1991 zugestellten Beschluß hat der Antragsteller am 26.
Februar 1991 Beschwerde eingelegt. Er vertritt die Ansicht, nach Hessischem
Personalvertretungsrecht könnten durchaus Dienstvereinbarungen im Wege der
Fiktion zustande kommen. Die anders lautende Literatur zum
Bundespersonalvertretungsgesetz, auf die sich das Verwaltungsgericht gestützt
habe, könne nicht herangezogen werden, denn jenem sei eine Einigungsfiktion
fremd. Jedenfalls aber sei der Hilfsantrag zulässig und begründet, denn es solle
kein Rechtsgutachten erstattet, sondern festgestellt werden, daß sich der Entwurf
der Dienstvereinbarung im Rahmen des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers
halte. Es gehe also darum, ob der im Wege des Initiativrechts vorgelegte
Dienstvereinbarungsentwurf von der Vorschrift des § 74 Abs. 1 Nr. 8 HPVG gedeckt
werde. Ob hinsichtlich des Regelungsbegehrens ein Mitbestimmungsrecht
bestehe, sei nicht im Stufenverfahren, sondern durch die
Verwaltungsgerichtsbarkeit zu klären. Im Stufenverfahren gehe es um die Inhalte
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Verwaltungsgerichtsbarkeit zu klären. Im Stufenverfahren gehe es um die Inhalte
der einzelnen Regelungen, nicht um das Mitbestimmungsrecht an sich. - Der
zusätzlich gestellte Hilfsantrag sei nur im Hinblick auf die Auffassung des
Beteiligten gestellt worden, die Angelegenheit müsse im Stufenverfahren geklärt
werden.
Der Antragsteller beantragt,
1. den Beschluß des Verwaltungsgerichts Frankfurt am
Main - I/V L 6022/90 - vom 10. Januar 1991 abzuändern
und festzustellen, daß die Dienstvereinbarung
zur Fort- und Weiterbildung für Angestellte im Pflegedienst
seit dem 1.5.1990 rechtswirksam ist;
2. hilfsweise festzustellen, daß der Entwurf der
Dienstvereinbarung zur Fort- und Weiterbildung für
Angestellte im Pflegedienst vom Mitbestimmungsrecht
des Antragstellers nach § 74, Abs. 1 Nr. 8 HPVG
gedeckt ist;
3. äußerst hilfsweise den beteiligten Dienststellenleiter
zu verpflichten, bezüglich der vom Personalrat
angestrebten Dienstvereinbarung zur Fort- und Weiterbildung
für Angestellte im Pflegedienst das Stufenverfahren
nach § 70 HPVG zu betreiben.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er vertritt die Ansicht, die fiktive Zustimmung gelte nur für Maßnahmen, bei denen
eine mitbestimmungspflichtige Regelung durch schlichte Zustimmung erfolgen
könne. Bei Dienstvereinbarungen sei das nicht möglich. Für sie gälten gemäß §
113 Abs. 3 HPVG auch besondere Formvorschriften, die nicht eingehalten seien.
Im übrigen könnte die Zustimmung des Dienststellenleiters nicht als erteilt gelten,
weil die Frist nach § 69 Abs. 3 HPVG nicht in Lauf gesetzt worden sei, was nicht an
dem Beteiligten liege. Hinsichtlich des äußerst hilfsweise gestellten Antrages trägt
er vor, dem Stufenverfahren habe zunächst einmal die Erörterung vorauszugehen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
1. Der auf die Feststellung gerichtete Hauptantrag, daß eine rechtswirksame
Dienstvereinbarung zur Fort- und Weiterbildung zustande gekommen sei, ist
zulässig, aber unbegründet.
Es kann hier offenbleiben, ob bei einem Antrag auf Abschluß einer
Dienstvereinbarung, die bereits im Entwurf vorgelegt wird, die Billigungsfiktion mit
dem Vertragscharakter und Formenzwang der Dienstvereinbarung (gemeinsamer
Beschluß, beiderseitige Unterzeichnung nach § 113 Abs. 3 HPVG) vereinbar ist.
Der von dem Antragsteller vorgelegte Entwurf kann schon deshalb nicht als
gebilligt gelten, weil die Frist nach § 69 Abs. 3 Satz 3 HPVG, innerhalb der der
Dienststellenleiter seine Entscheidung mitzuteilen hat und nach deren Ablauf die
beantragte Maßnahme erst als gebilligt gilt, noch nicht in Lauf gesetzt worden war.
Diese Frist beginnt "nach Abschluß der Erörterung". Der Antragsteller hat sich nicht
zu dem kritischen Schreiben des Hessischen Arbeitgeberverbandes geäußert, das
ihm der Dienststellenleiter als Reaktion auf seinen Antrag übermittelt hat. Dafür,
daß der Dienststellenleiter mit der Zuleitung oder Übergabe dieses Schreibens die
Erörterung als abgeschlossen angesehen hat, bietet der Sachverhalt keine
Anhaltspunkte. Die Auffassung des Antragstellers, die Stellungnahme des
Arbeitgeberverbandes sei irrelevant, weil der Personalrat mit der Dienststelle und
nicht mit dem Arbeitgeberverband zusammenzuarbeiten habe, könnte allenfalls
dann zutreffen, wenn sich der Arbeitgeberverband unmittelbar mit dem
Personalrat in Verbindung gesetzt hätte. Hier hatte der Dienststellenleiter dem
Personalrat die Stellungnahme übermittelt, sie also zur Gesprächsgrundlage
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Personalrat die Stellungnahme übermittelt, sie also zur Gesprächsgrundlage
machen wollen. Das kann mit Verbandsstellungnahmen ebenso geschehen wie
mit Gutachten von gewerkschaftlicher Seite, gerichtlichen Entscheidungen oder
Auszügen aus der Fachliteratur. Dienststellenleiter und Personalrat sind nicht
darauf beschränkt, eigene Gedanken und selbst erarbeitete Stellungnahmen
auszutauschen. Sie können sich auch unmittelbar anderer Erkenntnisquellen
bedienen. Danach hätte sich der Antragsteller zu der an seinem Antrag geübten
Kritik - schriftlich oder mündlich - äußern müssen. Da das nicht geschehen ist,
konnte von einem Abschluß der Erörterung noch keine Rede und die 4-Wochen-
Frist für die Entscheidung des Dienststellenleiters nicht in Lauf gesetzt sein. Da die
Entscheidungsfrist nicht in Lauf gesetzt worden ist, die Billigungsfiktion nach § 69
Abs. 3 Satz 5 HPVG aber voraussetzt, daß der Dienststellenleiter innerhalb der
Frist die Zustimmung nicht schriftlich verweigert hat, lagen die Voraussetzungen
noch nicht vor, unter denen die Maßnahme als gebilligt gelten könnte.
Wie zu verfahren und die Rechtslage zu beurteilen wäre, wenn ein
Dienststellenleiter sich entgegen § 60 Abs. 4 HPVG weigerte, eine Angelegenheit
zu erörtern oder die Erörterung fortzusetzen und zum Abschluß zu bringen, kann
hier offenbleiben, denn davon läßt sich nicht ausgehen. Der Dienststellenleiter
hatte dem Personalrat die Stellungnahme des Arbeitgeberverbandes zu dem
Dienstvereinbarungsentwurf übermittelt, so daß es nun Sache des Personalrats
gewesen wäre, sich mit der Stellungnahme des Arbeitgeberverbandes als Beitrag
des Dienststellenleiters auseinanderzusetzen und mit ihm mit dem ernsten Willen
zur Einigung zu verhandeln (§ 60 Abs. 4 Satz 4 HPVG) anstatt das
personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren einzuleiten.
2. Der Hilfsantrag festzustellen, daß der Entwurf der Dienstvereinbarung vom
Mitbestimmungsrecht des Antragstellers für die Grundsätze der Fortbildung der
Beschäftigten gedeckt sei, ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts
zulässig, aber unbegründet.
Zulässig ist der Antrag, weil er die umstrittene Frage klären soll, ob die
vorgeschlagene Dienstvereinbarung eine Maßnahme in einer
mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit ist, als die der Beteiligte sie nicht
ansieht. Der Antragsteller erstrebt nicht die Erstellung eines Rechtsgutachtens,
wozu die Verwaltungsgerichte auch im personalvertretungsrechtlichen
Beschlußverfahren nicht berufen sind. Ihm geht es nicht um die Klärung einer
abstrakten Rechtsfrage, sondern darum, die Zulässigkeit des von ihm gestellten,
den Abschluß der Dienstvereinbarung betreffenden Initiativantrags einer Klärung
zuzuführen. Dies ist zulässig. Daß der Abschluß einer Dienstvereinbarung mittels
eines Initiativantrags beantragt werden kann, ist in der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluß vom 1. November 1983 - 6 P 28.82 -
PersV 1985, 473) geklärt.
Es war schon vor Einleitung des Gerichtsverfahrens zwischen den
Verfahrensbeteiligten umstritten, ob die vorgeschlagene Dienstvereinbarung
Mitbestimmungsrechte betrifft, denn der Beteiligte war mit der Stellungnahme des
Arbeitgeberverbandes, die er sich zu eigen gemacht hat, dem Antrag des
Antragstellers entgegengetreten. In der Stellungnahme heißt es, der Entwurf der
Dienstvereinbarung stelle "nicht in einem einzigen Fall konkrete Grundsätze" auf,
sondern beschränke sich darauf, durch allgemeine Redewendungen und
Verlagerung von Kompetenzen auf neu zu schaffende Gremien die nach dem
Gesetz zu regelnden Tatbestände zu umgehen. Außerdem lasse die
tarifvertragliche Regelung keinen Raum für zusätzliche Vereinbarungen, wie sie
insbesondere in den §§ 4 und 5 des Entwurfs enthalten seien. Damit wurde zum
Ausdruck gebracht, daß hinsichtlich der vorgeschlagenen Dienstvereinbarung kein
Mitbestimmungsrecht des Personalrats bestehe.
Nach der neueren ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
entscheiden bei Streitigkeiten darüber, ob eine Maßnahme
mitbestimmungspflichtig ist oder nicht, die Verwaltungsgerichte und nicht die
Einigungsstelle (vgl. Bundesverwaltungsgericht Beschlüsse vom 2. Februar 1990 -
6 PB 13.89 - PersV 91, 22, und vom 27. Juli 1990 - 6 PB 12.89 - PersV 1991, 71).
Dies gilt auch in Bezug auf Entwürfe von Dienstvereinbarungen, die der Personalrat
im Rahmen seines Initiativrechts vorlegt, denn das Initiativrecht setzt voraus, daß
der Personalrat Maßnahmen in Angelegenheiten beantragt, die seiner
Mitbestimmung unterliegen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 HPVG). Infolgedessen ist ein
Antrag im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren zulässig, der darauf
abzielt zu klären, daß eine Maßnahme mitbestimmungspflichtig ist bzw. in einer
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abzielt zu klären, daß eine Maßnahme mitbestimmungspflichtig ist bzw. in einer
Angelegenheit beantragt wird, die dem Mitbestimmungsrecht unterliegt.
Der zulässige Antrag ist jedoch unbegründet. Der Entwurf der Dienstvereinbarung
enthält mehrere Kompetenzzuweisungen (§ 3 Abs. 2 und 4, § 4 Abs. 3).
Insbesondere die zentrale Regelung der Dienstvereinbarung in § 4 des Entwurfs,
wonach durch eine Kommission, die zur Hälfte aus Mitgliedern des Personalrats
bestehen soll, zweimal jährlich der Bedarf an Fort- und Weiterbildung festzustellen
und festzuschreiben ist, die Auswahlkriterien erstellt werden sollen und das
Bewerbungs- und Auswahlverfahren durchzuführen ist, betrifft
Entscheidungskompetenzen des Dienststellenleiters, die auf seinem
Direktionsrecht beruhen und hinsichtlich der dem Personalrat kein
Mitbestimmungsrecht nach § 74 Abs. 1 Nr. 8 HPVG zusteht. Den Regelungen in § 5
des Entwurfs steht § 113 Abs. 2 Satz 2 HPVG (Tarifvertragsvorbehalt) entgegen,
denn Regelungen über die Fortzahlung von Vergütungen und Freizeitausgleich
werden üblicherweise durch Tarifvertrag geregelt. Dies macht gerade die
Sonderregelung 2 a Nr. 7 des BAT deutlich. Hinsichtlich des § 6 des Entwurfs ist
darauf hinzuweisen, daß dem Personalrat kein Mitbestimmungsrecht bei
Stellenplan- und Pflegesatzregelungen zusteht. Auf die übrigen Paragraphen im
einzelnen einzugehen, erübrigt sich, weil schon die wesentlichen Regelungen des
Entwurfs Angelegenheiten betreffen, die der Mitbestimmung nicht unterliegen.
3. Der weitere im Beschwerdeverfahren äußerst hilfsweise gestellte Antrag, den
Dienststellenleiter zu verpflichten, das Stufenverfahren zu betreiben, ist
unzulässig. Ein Verpflichtungsantrag kommt gemäß § 111 Abs. 2 HPVG nur bei
groben Verstößen des Dienststellenleiters gegen Pflichten aus dem Hess.
Personalvertretungsgesetz in Betracht. Der Beteiligte hat nicht die Pflicht, das
Stufenverfahren zu betreiben. Die Einleitung des Stufenverfahrens setzt nach § 70
Abs. 1 Satz 1 HPVG voraus, daß keine Einigung nach § 69 HPVG zustande
gekommen ist. Im Falle von Initiativanträgen heißt dies, daß die Erörterung
abgeschlossen und entweder eine negative Entscheidung des Dienststellenleiters
vorliegen oder die dafür geltende Frist abgelaufen sein muß (vgl. § 69 Abs. 3 Satz
3 und 4 HPVG). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Außerdem muß der
Personalrat, wenn er es nicht bei einer Nichteinigung belassen will, und nicht der
Dienststellenleiter die Angelegenheit der übergeordneten Dienststelle, bei der eine
Stufenvertretung besteht, vorlegen (§ 70 Abs. 1 Satz 1 HPVG).
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 111
Abs. 3 HPVG, 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.