Urteil des HessVGH vom 27.05.1998

VGH Kassel: verordnung, wiedereinsetzung in den vorigen stand, juristische person, gemüse, anerkennung, ernährung, gewinnerzielungsabsicht, firma, behörde, landwirtschaft

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
8. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 UE 1163/97
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
EWGV 516/77
(Obst-Produktsbeihilfen: zur Erzeuger-Vereinigung; zur
Unverzinslichkeit)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin für das Wirtschaftsjahr 1983/84
eine Produktionsbeihilfe zusteht, weil sie von der Firma B,
Obsterzeugerorganisation GmbH (im Folgenden: B GmbH genannt) Kirschen
gekauft und zu Kirschen in Sirup verarbeitet hat. Die Beklagte ist der Auffassung,
die B GmbH sei keine Erzeugerorganisation im Sinne der einschlägigen EG-
Vorschriften gewesen.
Der 1980 gegründeten B GmbH gehörten 1983/84 einschließlich des Herrn R B
sowie dessen Ehefrau und dessen Tochter R B 36 Gesellschafter an, die eine
Stammeinlage von insgesamt, -- DM hielten, wovon, -- DM auf Herrn Rudolf
Bargstedt und, -- DM auf die übrigen Gesellschafter entfielen. Die Gesellschafter
hatten je 1.000,-- DM Stammeinlage eine Stimme. Herr B, der das
Firmengrundstück seines Obstgroßhandelsgeschäfts an die GmbH verpachtete,
erhielt für die Verpachtung seines Lagerhauses einschließlich der technischen
Einrichtungen zunächst monatlich einen Pachtzins von 25.000,-- DM.
Herr R B und seine Ehefrau B sowie seine Tochter B verfügten nach dem
Prüfbericht des Bundesrechnungshofs vom 11. September 1982 (Bl. 598 ff., 600
ff., 601, 603 der Gerichtsakte) über keine eigenen Obstanbauflächen. Vielmehr
hatte Herr B nach dem Prüfbericht von Herrn D 2,3742 ha Land gepachtet und an
seine Tochter R weiterverpachtet. Frau R B hatte danach eine Teilfläche von 1,1871
ha an Herrn St weiterverpachtet, der sich verpflichtete, die gesamte Fläche von
2,3742 ha zu bewirtschaften. Herr St hat am 27. März 1998 eidesstattlich
versichert, im Wirtschaftsjahr 1983 eine ca. 1,2 ha große Fläche für Herrn B
bearbeitet zu haben, ohne einen Unterpachtvertrag mit Herrn B abgeschlossen zu
haben. Herr B hat am 28. September 1997 eidesstattlich versichert, auf seinem
Grundstück N Straße, im Jahre 1977 Kirschbäume gepflanzt zu haben
(Sauerkirschen Sorte Scharö). 1983 seien 1,2 ha von dem gepachteten Land an
seine Tochter weiterverpachtet worden. Er habe 1983 Sauerkirschen von seinem
eigenen Grundstück und von dem zugepachteten Land abgeerntet, von letzterem
wegen der Unterverpachtung nur von der Hälfte der gepflanzten Bäume (ca. 580).
Den unter dem 22. September 1983 gestellten Antrag lehnte das Bundesamt für
Ernährung und Forstwirtschaft, Frankfurt am Main, der Funktionsvorgänger der
jetzigen Beklagten, mit Bescheid vom 25. Mai 1984 mit der Begründung ab, die in
Art. 3 a der Verordnung (EWG) Nr. 516/77 des Rates vom 14. März 1977 über eine
gemeinsame Marktorganisation für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und
Gemüse und den dazu erlassenen Durchführungsverordnungen verankerte
Produktionsbeihilfenregelung stütze sich auf Verträge, die einerseits für die
Erzeuger und deren anerkannte Vereinigungen oder Verbände und andererseits
für die Verarbeiter oder deren rechtsgültig gebildete Vereinigungen oder Verbände
verbindlich seien. Nach dem Ergebnis einer Prüfung des Bundesrechnungshofes
und weiterer Feststellungen des Bundesernährungsministeriums sei die B GmbH in
ihrer bisherigen Ausgestaltung keine Erzeugerorganisation für Obst und Gemüse
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ihrer bisherigen Ausgestaltung keine Erzeugerorganisation für Obst und Gemüse
im Sinne von Art. 13 der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 des Rates über eine
gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse. Herr R B sei kein Erzeuger
von Obst und Gemüse. Seine Beteiligung an der B GmbH beruhe auf seiner
Stellung als Fruchtgroßhändler. Nach einer Auskunft der EG-Kommission aus dem
Jahre 1983 könnten auch andere Personen als Erzeuger Mitglied einer
Erzeugerorganisation für Obst und Gemüse sein, soweit die Erzeuger die Kontrolle
über die Organisation behielten. Nach den getroffenen Feststellungen sei das bei
der B GmbH nicht der Fall. Die der B GmbH angehörenden Erzeuger hätten nicht
die Kontrolle über diese Gesellschaft. Den am 8. Juni 1984 eingelegten
Widerspruch wies das Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft mit
Widerspruchsbescheid vom 24. April 1985 zurück und führte unter anderem aus,
bei dem Stimmenverhältnis von 68 zu 35 Stimmen wäre auch die Anlieferung von
geringen Mengen Kirschen durch Herrn R B nicht ausreichend, da das
Stimmenverhältnis der tatsächlichen Anlieferung in keinem Fall entspräche. Die
Einflußnahme der Erzeuger auf die B GmbH sei jedenfalls rechtlich nicht gesichert
gewesen. Um eine Vereinigung von Erzeugern handele es sich nicht mehr, wenn
ein Nichterzeuger die Möglichkeit habe, gegen einen einstimmigen Beschluß aller
Erzeuger zu entscheiden.
Mit Schreiben vom 10. Mai 1985 machte die Klägerin das Bundesamt darauf
aufmerksam, daß in dem Widerspruchsbescheid mehrfach eine andere Firma
erwähnt werde und daß der Klägerin ein Rückforderungsbescheid nicht bekannt sei.
Entsprechend einem mit dem Bundesamt geführten Telefonat gehe die Klägerin
davon aus, daß der Widerspruchsbescheid unwirksam sei und eventuelle
Rechtsmittelfristen insoweit nicht wirksam in Kraft getreten seien. Die Klägerin bitte
um entsprechende Neubescheidung.
Sodann erging unter dem 9. Mai 1985 ein Widerspruchsbescheid, der die
genannten Fehler nicht mehr enthielt, im übrigen aber den gleichen Inhalt wie der
Widerspruchsbescheid vom 24. April 1985 hatte.
Gegen den mit Einschreibebrief am 10. Mai 1985 abgesandten
Widerspruchsbescheid hat die Klägerin durch ihren ehemaligen Bevollmächtigten
mit Schreiben vom 13. Juni 1985; eingegangen bei dem Verwaltungsgericht am 14.
Juni 1985, Klage erhoben und nach Eingang der Eingangsverfügung des
Verwaltungsgerichts mitteilen lassen, der ehemalige Bevollmächtigte habe
persönlich am Vormittag des 13. Juni 1985 die Klageschrift beim Postamt in
Frankfurt/ Flughafen als Eilboten- und Einschreibebrief aufgegeben. Die Beamtin
habe erklärt, daß eine Zustellung noch am 13. Juni 1985 sicher sei, insbesondere
unter dem Gesichtspunkt, daß eine Eilzustellung beantragt sei. Das sei eine Sache
von ein bis zwei Stunden. Aus diesem Grunde werde um Wiedereinsetzung
gebeten.
Mit Schriftsatz vom 18. Februar 1987 haben sich die neuen Bevollmächtigten der
Klägerin gemeldet und angezeigt, daß sie "die Vertretung der Klägerin
übernommen" hätten.
Der ehemalige Bevollmächtigte wurde zur mündlichen Verhandlung des
Verwaltungsgerichts nicht geladen; auch wurde er auf dem Aktendeckel
ausgestrichen.
Die Klägerin hat sich darauf berufen, daß die B GmbH von dem Amt für Ernährung,
Landwirtschaft und Marktwesen der Freien und Hansestadt Hamburg unter dem
12. Januar 1981 als "interventionsberechtigte Erzeugerorganisation im Sinne der
Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 anerkannt ist" (Blatt 21 der Gerichtsakten). Weiter
hat die Klägerin vorgetragen, Hauptzweck der Verordnung (EWG) Nr. 1152/78, die
der Rat der EG in Ergänzung und Abänderung zur Verordnung (EWG) Nr. 516/77
erlassen habe, sei es, daß verpackte Sauerkirschen aus der Bundesrepublik
Deutschland nicht teurer sein sollten als verarbeitete Kirschen aus einem Nicht-
EG-Land. Die ablehnende Entscheidung des Bundesamts treffe letztlich die
Erzeuger der Rohware, hier die Gesellschafter der B GmbH, die ihre Kirschen nur
noch mit Schwierigkeiten an einen Verarbeiter wie die Klägerin absetzen könnten,
weil diese infolge der Ablehnung der Beihilfe mit dem Verarbeitungsprodukt auf
dem Markt teurer sein müsse, als es die Nachfrage nach dem Produkt eigentlich
erlaube. Das Bundesamt verkenne auch den von der EG mit der Gewährung von
Produktionsbeihilfen für die Verarbeitung von Obst und Gemüse (Verordnung Nr.
516/77) und der Gewährung von Beihilfen zur Gründung von
Erzeugerorganisationen (Verordnung Nr. 1035/72) verfolgten Zweck. Beide
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Erzeugerorganisationen (Verordnung Nr. 1035/72) verfolgten Zweck. Beide
Verordnungen stünden insofern in engem Zusammenhang, als es in beiden Fällen
um rechtliche Vorgaben für eine gemeinsame Marktorganisation gehe. Die
Tatsache, daß ein Fruchtgroßhändler Gesellschafter einer Erzeugerorganisation
sei, fördere sogar den von der EG mit der Förderung von Erzeugerorganisationen
verfolgten Zweck, die Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte zu verbessern.
Da ein Zusammenhang zwischen der Anerkennung der Erzeugerorganisation B
nach Verordnung Nr. 1035/72 und der - inzidenten - Anerkennung nach
Verordnung Nr. 516/77 bestehe, habe die Landesbehörde durch ihre Anerkennung
einen Vertrauenstatbestand geschaffen, auf dessen Basis der Liefervertrag
zwischen der Firma B GmbH und der Klägerin abgeschlossen worden sei. Auch die
Beklagte müsse den von der hamburgischen Behörde geschaffenen
Vertrauenstatbestand gegen sich gelten lassen. Im übrigen sei auch Herr B
Erzeuger. Er habe seit 1966 ein 2,3 ha großes Stück Land gepachtet, auf dem er
Sauerkirschen angepflanzt habe, die ebenfalls über die Erzeugergemeinschaft
vermarktet würden. Zwar werde das Grundstück aus Zeitmangel nicht von ihm
persönlich abgeerntet und gepflegt, sondern von seiner Tochter R B und Herrn H
St, die für diese Tätigkeit den Erlös aus dem Verkauf der Kirschen erhielten. Das
ändere aber nichts daran, daß Herr B ebenfalls Erzeuger sei.
Das Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft hat vorgetragen, im Rahmen
der Verordnung Nr. 516/77 müsse nach Sinn und Zweck festgestellt werden, ob
die B GmbH vor Änderung des Gesellschaftsvertrages die Anforderungen an eine
Erzeugerorganisation erfüllt habe. Dies sei nicht der Fall, denn die Erzeuger hätten
nicht in jedem Fall durch ihr Stimmrecht die Möglichkeit, Einfluß auf die
Entscheidungen zu nehmen. Zwar habe Herr B - ca. 2,5 ha Land für 20 Jahre
gepachtet. Die Fläche habe er jedoch am 1. Juni 1978 an eine Tochter verpachtet.
Frau B - habe einen Teil weiterverpachtet mit der Auflage, auch ihren Flächenanteil
mit zu bewirtschaften. Danach sei Herr B - im fraglichen Zeitraum kein Erzeuger
gewesen.
Auf einen Vorlagebeschluß des Verwaltungsgerichts hat der Europäische
Gerichtshof mit Urteil vom 15. Juni 1989 - Rs. 77/88 - (Slg. 1989, 1755 ff.) zur
Auslegung des Art. 3 a der Verordnung Nr. 516/77 entschieden, eine
Erzeugervereinigung sei dadurch gekennzeichnet, daß sie auf Veranlassung von
Erzeugern gegründet worden sei und im wesentlichen aus Erzeugern bestehe.
Diese Anforderungen schlössen es nicht aus, daß auch Nichterzeuger der
Vereinigung angehören könnten, sofern diese nicht über die Mehrheit der
Stimmen in der Vereinigung oder über andere Möglichkeiten verfügten, deren
Geschäfte zu kontrollieren. Ein Verarbeitungsunternehmen habe keinen Anspruch
auf Produktionsbeihilfe, wenn die Gesellschaft, mit der es einen Vertrag über die
Lieferung von Frischobst geschlossen habe, keine anerkannte Erzeugervereinigung
im Sinne dieser Bestimmung sei. Dies gelte auch dann, wenn das
Verarbeitungsunternehmen davon habe ausgehen dürfen, daß die fragliche
Gesellschaft als Erzeugergemeinschaft im Sinne anderer gemeinschaftsrechtlicher
Bestimmungen anerkannt worden sei.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 2. November 1989
abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, Herr B sei kein Erzeuger. Erzeuger
sei derjenige, der eine Ware für den Markt mit Gewinnerzielungsabsicht produziere.
Daß es auf die Gewinnerzielungsabsicht ankomme, zeigten die erste und zweite
Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1152/78, wonach mit der
Produktionsbeihilfe die Zahlung eines einträglichen Preises an die Erzeuger habe
ermöglicht werden sollen. Nicht zum Begriff des Erzeugers gehöre allerdings, daß
sich die Gewinnerzielungsabsicht realisiere; auch ein erfolgloser ungeschickter
Marktteilnehmer, der Verluste erwirtschafte, bleibe Erzeuger. Herr B habe seit
Bestehen der Konstruktion im Jahre 1980 noch keinen Gewinn aus der von ihm
gepachteten Fläche erwirtschaftet, was sich auch durch die von ihm mit Herrn St
vereinbarte hohe Entlohnung erkläre. Diese Vereinbarung stelle noch nicht einmal
sicher, daß Herr B durch seine Erzeugertätigkeit in die Lage versetzt werde, den
von ihm geschuldeten Pachtzins zu zahlen. Damit scheide die Annahme einer
erkennbaren Gewinnerzielungsabsicht aus. Da Herr B als Nichterzeuger die
Stimmenmehrheit in der GmbH habe, scheide nach dem Urteil des EuGH die
Anerkennung der B GmbH als Erzeugervereinigung aus. Vertrauensschutz greife
nicht ein. Soweit die Klägerin ihn daraus herleiten wolle, daß die Beklagte ihren
Rechtsstandpunkt zur Erzeugereigenschaft der B GmbH geändert habe, sei darauf
hinzuweisen, daß das Rechtssystem keinen Vertrauensschutz auf den Erlaß eines
rechtswidrigen Bescheides gewähre.
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Das Urteil wurde dem ehemaligen Bevollmächtigten der Klägerin am 2. Dezember
1989 und den neuen Bevollmächtigten am 4. Dezember 1989 mit
Empfangsbekenntnis zugestellt.
Am 3. Januar 1990 hat die Klägerin Berufung eingelegt, die der Hessische
Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß von 15. Januar 1996 - 8 UE 183/90 - unter
Ablehnung eines ebenfalls gestellten Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig
verworfen hat. Mit Beschluß vom 20. Dezember 1996 - 3 B 59.96 - hat das
Bundesverwaltungsgericht den vorgenannten Beschluß des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs wegen eines Verfahrensmangels aufgehoben. Der
Verwaltungsgerichtshof habe seiner Entscheidung die Auffassung zugrunde gelegt,
die Beendigung der Prozeßvertretung eines Rechtsanwalts müsse dem Gericht
schriftlich angezeigt werden. Verfahrensfehlerhaft sei die Feststellung, auch die
neuen Prozeßbevollmächtigten hätten dem Verwaltungsgericht keine
entsprechende Mitteilung gemacht. Mit Schreiben vom 18. Februar hätten die
neuen Bevollmächtigten ihre Bestellung mit dem Satz angezeigt, sie hätten die
Vertretung der Klägerin "übernommen". Diese Aussage sei auslegungsfähig und
auslegungsbedürftig gewesen. Sie habe ohne weiteres das Verständnis
zugelassen, daß die Prozeßvertretung nunmehr ausschließlich in den Händen der
neuen Prozeßbevollmächtigten liege. Der Verwaltungsgerichtshof übergehe die
unter Zeugenbeweis gestellte Behauptung der Klägerin, der alte Bevollmächtigte
habe dem Verwaltungsgericht mehrfach mitgeteilt, daß er in dem Verfahren nicht
mehr tätig sei. Das Berufungsgericht übergehe auch die Tatsache, daß der alte
Bevollmächtigte zur mündlichen Verhandlung nicht geladen worden sei, ebenso
wie seine Streichung auf dem Aktendeckel und die Reaktion des
Verwaltungsgerichts und des Berufungsgerichts selbst auf die schriftliche
Verwahrung des alten Bevollmächtigten gegen die Zustellung des
erstinstanzlichen Urteils.
Die Klägerin trägt ergänzend vor, das verwaltungsgerichtliche Urteil sei an den
ehemaligen Bevollmächtigten nicht wirksam zugestellt worden, denn er habe zwar
das Empfangsbekenntnis unterzeichnet, gleichzeitig aber seine Unterschrift
widerrufen, indem er das Gericht darauf hingewiesen habe, daß er nicht mehr
Zustellungsbevollmächtigter sei. Die B GmbH werde nach wie vor von der
nunmehr zuständigen Wirtschaftsbehörde, dem Amt für Wirtschaft und
Landwirtschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, als Erzeugerorganisation im
Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 anerkannt. In der Liste der deutschen
Erzeugerorganisationen sei die Firma unter Nr. 2 als Erzeugerorganisation
aufgeführt. Zuständig für die Anerkennungsverfahren seien in dem föderativen
System der Bundesrepublik Deutschland die Bundesländer. Für die formelle
Anerkennung der Firma R B Hamburg Obsterzeugerorganisation im Sinne des § 3a
der Verordnung (EWG) Nr. 560/77 in Verbindung mit Art. 13 der Verordnung (EWG)
Nr. 1035/75 sei nicht die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin, sondern die
Hamburger Wirtschaftsbehörde zuständig gewesen. Der Europäische Gerichtshof
gehe in seinem Urteil vom 15. Juni 1989 - Rs 77/88 - in Nr. 17 insofern von falschen
Voraussetzungen aus, wenn er dort ausführe, daß die Firma R B Hamburg
Obsterzeugerorganisation von einer anderen einzelstaatlichen Behörde als der
zuständigen Interventionsstelle als Erzeugergemeinschaft anerkannt worden sei.
Hinsichtlich fünf, zumindest aber vier Vertragspartnern der Firma B seien durch die
Beklagte Rückforderungen nicht geltend gemacht worden. Somit sei die Stellung
der Firma B als Erzeugerorganisation auch von der Beklagten anerkannt worden.
Der als Anlage 1 zum Schreiben des Bundesministers für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten vom 21. November 1983 beigefügte Auszug aus den
Mitteilungen des Bundesrechnungshofes sei falsch. Insbesondere träfen die unter
den Nrn. 8.7 bis 8.12 gemachten Ausführungen der Betriebsprüfer nicht zu. Auf
keinen Fall hätten Herr und Frau B gesagt, daß sie Wert darauf legten, daß die
Entscheidungsbefugnisse über betriebliche Angelegenheiten in der GmbH allein
bei ihnen lägen. Frau B habe als Geschäftsführerin die Gesellschaft gerichtlich und
außergerichtlich zu vertreten. Herr B sei an der Geschäftsführung nicht beteiligt.
Tatsächlich erfolgten alle wichtigen Entscheidungen für die Gesellschaft in
Abstimmung mit dem Beirat und der Gesellschafterversammlung. In diesem
Zusammenhang hat die Klägerin eine vom 26. Juni 1984 datierende notarielle
Erklärung von 33 Erzeugern der Erzeugerorganisation R B GmbH vorgelegt,
wonach die Erzeuger u.a. von Anbeginn Einfluß auf die Geschäftsführung der
Organisation genommen und im Gebiet die besten Auszahlungspreise
durchgesetzt und erhalten hätten. Alle Geschäftsbereiche wie z.B. Erntetermine,
Lagerung, Sortierung, Verpackung und Versandtermine sowie die Preisgestaltung
hätten sie immer mit der Geschäftsführung besprochen und entscheidend
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hätten sie immer mit der Geschäftsführung besprochen und entscheidend
beeinflußt. Die Darstellung des Rechnungshofes über das Ausmaß des Einflusses,
den der Händler B in der Organisation gegen die Erzeuger ausübe, treffe nicht zu.
Sie, die Erzeuger, hätten stets Gelegenheit gehabt, ihre Interessen
wahrzunehmen, und seien mit der geschäftlichen Entwicklung sehr zufrieden. Sie
sprächen der Geschäftsführung das Vertrauen aus.
Die Klägerin trägt weiter vor, Herr B habe auch nicht gesagt, daß er den
Landwirten Preise zahle, die die Erzeuger zufrieden stellten und daß die Erzeuger
gar nicht wüßten, welche Erlöse für ihre Ware erzielt würden. Das entspreche weder
den Regeln des GmbH-Gesetzes noch dem Gesellschaftsvertrag. Auszahlungen
erfolgten über die Obsterzeugerorganisation, vertreten durch die
Geschäftsführerin. Herr B habe weiterhin nicht gesagt, daß er und seine Familie
allein über alle Angelegenheiten bestimmten. Falsch seien auch die Ausführungen
unter 8.11, wonach Herr B nicht Obsterzeuger sei und nicht über eigene
Anbauflächen verfüge. Er habe seinen Status als Händler zugunsten der
Obsterzeugerorganisation aufgegeben. Eine Einflußnahme auf die
Geschäftsführung habe er wie die anderen Gesellschafter nur im Rahmen der
Gesellschafterversammlung. Falsch sei auch die Darstellung unter Nr. 8.3 des
Betriebsprüfungsberichts, daß Herr B zum damaligen Zeitpunkt Angestellter der
GmbH gewesen sei. Es habe in der Gesellschaft von Anfang an einen Beirat
gegeben, auch wenn dieser formell im Gesellschaftsvertrag erst ab der Änderung
vom 28. Juni 1984 verankert worden sei.
Herr B habe zur Bewirtschaftung der zugepachteten 1,2 ha großen Fläche Herrn St
herangezogen, mit dem er 1980 mündlich einen Bearbeitungsvertrag
abgeschlossen habe. Danach habe Herr St den Erlös aus dem Verkauf der
Kirschen bis zu einer Höhe von 30.000,00 DM erhalten sollen. Dieser Preis sei
realistisch gewesen im Hinblick auf die Kosten, die bei Hinzuziehung von
Fremdarbeitskräften angefallen wären. Herr B habe bei Abschluß dieses Vertrages
durchaus ein gesundes Gewinnstreben an den Tag gelegt. Er habe das Risiko des
Umsatzes derart auf Herrn St abgewälzt, daß bei niedrigerem Umsatz auch der
Verdienst des Herrn St niedriger werde.
Im übrigen sei die Prämisse des Verwaltungsgerichts, der Begriff des Erzeugers sei
in den einschlägigen Verordnungen nicht definiert, falsch. Bereits in der
Verordnung des Rates (EWG) Nr. 1360/78 betreffend die Erzeugergemeinschaften
und ihre Vereinigungen sei in Art. 5 Abs. 1 zweiter Unterabsatz eine Definition des
Erzeugers enthalten. Über eine bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten am 6.
Mai 1983 durchgeführte Besprechung mit Vertretern der Erzeuger, des
Versandhandels und der Verarbeiter von Kirschen habe die Rechtsvorgängerin der
Beklagten einen Vermerk gefertigt, der vorerst als Richtlinie für die Praxis habe
dienen sollen. Danach sei Erzeuger, wer im eigenen Betrieb Kirschen anbaue.
Diese Definition sei in Art. 5 Abs. 2 der Kommissionsverordnung Nr. 1599/84 vom
5. Juni 1984 übernommen worden. Nirgends sei vorausgesetzt worden, daß eine
erkennbare Gewinnerzielungsabsicht vorliegen müsse. Auch sei nicht erforderlich,
daß ein Erzeuger eine Mindestmenge anbauen müsse, um als Erzeuger zu gelten.
Zum Beweis dafür, daß R B selbst Erzeuger sei, beruft sich die Klägerin auf das
Zeugnis des Herrn R B sowie auf beispielhaft vorgelegte Unterlagen, aus denen
sich ergebe, daß Herr B auch damals Erzeuger gewesen sei. Die Klägerin trägt
weiter vor, die B GmbH bestehe nur aus Erzeugern. 1983 seien von 34 Erzeugern
der B - GmbH rund 180.000 kg Sauerkirschen geerntet worden. Die
Sauerkirschenernte von Herrn B habe sich 1983 auf rund 10 % der Gesamternte
der Erzeugerorganisation belaufen (vgl. Seite 4 des Schriftsatzes der Klägerin vom
29. September 1997, Bl. 553 ff., 556 der Gerichtsakte).
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom
2. November 1989, des Bescheides des Bundesamts für Ernährung und
Forstwirtschaft vom 25. Mai 1984 sowie des Widerspruchsbescheids derselben
Behörde vom 9. Mai 1985 die Beklagte zu verpflichten, an die Klägerin die
beantragte Beihilfe in Höhe von DM zuzüglich 11 % Zinsen seit dem 14. Mai 1984
unter Erwähnung der Vertragsnummer 49/290 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor, die Berufung sei unzulässig, da sie nicht fristgemäß
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Sie trägt ergänzend vor, die Berufung sei unzulässig, da sie nicht fristgemäß
erhoben worden sei. Den Schriftsätzen, die der Beklagten zugeleitet worden seien,
sei eine Niederlegung des Mandats durch den ursprünglichen Bevollmächtigten
nicht zu entnehmen. Die Bestellung eines neuen Bevollmächtigten sei im Zweifel
nicht als Widerruf der Vollmacht des ersten Bevollmächtigten anzusehen. Die
Formulierung der neuen Bevollmächtigten, sie hätten die Vertretung der Klägerin
"übernommen", reiche nicht aus, um als Widerruf der Prozeßvollmacht des ersten
Bevollmächtigten angesehen zu werden. Das von dem ersten Bevollmächtigten
unterzeichnete Empfangsbekenntnis vom 2. Dezember 1989 enthalte keinen
Hinweis darauf, daß er zur Annahme des Urteils nicht bereit sei. Erst eine Woche
später habe er das Gericht über seine Mandatsniederlegung informiert. Die
Berufung sei auch unbegründet. Herr B sei kein Erzeuger. Die beteiligten Erzeuger
hätten keine Stimmenmehrheit. Die Tätigkeit des Herrn B habe ausschließlich die
Abwicklung der Geschäfte der B GmbH betroffen. Dafür spreche die Tatsache der
erheblichen Stimmenmehrheit, die nicht im Verhältnis zu seinen bewirtschafteten
Flächen stehe, und die Tatsache, daß der Bewirtschafter dieser Fläche, Herr St,
praktisch auf eigenes Risiko wirtschaften müsse. Der EuGH habe im
Vorlageverfahren auch eindeutig entschieden, die Klägerin könne sich nicht darauf
berufen, daß die Firma B von der Freien und Hansestadt Hamburg als
Erzeugerorganisation anerkannt worden sei. Ihr stehe auch Vertrauensschutz nicht
zu. Vertrauensschutz werde nur für den Bestand rechtswidriger Verwaltungsakte
gewährt, könne aber nicht in Bezug auf den noch nicht erfolgten Erlaß eines
Verwaltungsakts beansprucht werden.
Laut Beschluß des Senats vom 13. Mai 1992 (Blatt 371 der Gerichtsakten) ist der
Landwirtschaftsdirektor im Ruhestand J - W, Hamburg, als Zeuge in Bezug auf
Gespräche mit der Geschäftsführerin der B GmbH gehört worden. Er hat bekundet,
er habe ihr gesagt, die B GmbH sei von seiner Behörde als EG-konforme
Erzeugerorganisation anerkannt gewesen. Sie habe gefragt, ob es neben der
Anerkennung als Obstorganisation durch die Freie und Hansestadt Hamburg noch
notwendig sei, einen BGB-Vertrag zur Errichtung einer Kirschenanbaugesellschaft
abzuschließen, um beihilfefähige Sauerkirschen liefern zu können. Seine Antwort
sei "Nein" gewesen. Die B GmbH sei eine Erzeugerorganisation und falle damit
automatisch in den Anwendungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 516/77. Es sei
weiter nichts zu veranlassen. Er habe geäußert, daß dies die Meinung der
gesamten Behörde bis hinauf zum Senator sei. Er habe gewußt, daß das
Bundesamt in Frankfurt für die Gewährung von Produktionsbeihilfen für
Sauerkirschen zuständig gewesen sei. Für die Anerkennung als
Erzeugerorganisationen im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 516 sei jedoch allein
die Behörde in Hamburg zuständig gewesen.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Vernehmung
der Tochter des Herrn B, Frau I B, als Zeugin zu den Verhältnissen in der Rudolf B
Hamburg Obsterzeugerorganisation GmbH, über die Stellung des Herrn B in der
Gesellschaft und zu der Frage, wieweit er 1983/84 selbst Kirschen erzeugt hat.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Verhandlungsprotokoll
vom 27. Mai 1998 Bezug genommen.
Die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (ein Heft) haben vorgelegen und sind zum
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Wegen der weiteren
Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorgenannten Unterlagen
sowie auf die gewechselten Schriftsätze und den darüber hinausgehenden Inhalt
der Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat hinsichtlich der beantragten Beihilfe in Höhe von 137.461,58 DM
Erfolg; hinsichtlich des außerdem geltend gemachten Zinsanspruchs ist sie
zurückzuweisen.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgemäß innerhalb der nach der
Rechtslage im Jahre 1990 geltenden einmonatigen Berufungsfrist eingelegt
worden. Die Einlegung der Berufung am 3. Januar 1990 war rechtzeitig, weil nicht
die Zustellung des Urteils des Verwaltungsgerichts an den ehemaligen
Bevollmächtigten der Klägerin am 2. Dezember 1989, sondern die Zustellung an
die neuen Bevollmächtigten am 4. Dezember 1989 die erste wirksame Zustellung
des Urteils war. Das Mandat des ursprünglichen Bevollmächtigten war nämlich
durch die neuen Bevollmächtigten wirksam mit Schreiben vom 18. Februar 1987,
eingegangen bei dem Verwaltungsgericht am 20. Februar 1987 (Blatt 27 der
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eingegangen bei dem Verwaltungsgericht am 20. Februar 1987 (Blatt 27 der
Gerichtsakten), als erloschen angezeigt worden. Dies geschah zwar nicht
ausdrücklich, aber sinngemäß durch die Bemerkung "zeigen wir an, daß wir die
Vertretung der Klägerin übernommen haben". Dieser Wortlaut ließ erkennen, daß
die neuen Bevollmächtigten zukünftig statt des bisherigen Bevollmächtigten die
Klägerin vertreten sollten. Der frühere Bevollmächtigte ist in den nahezu drei
Jahren bis zur Zustellung des Urteils des Verwaltungsgerichts auch nicht mehr
gegenüber dem Gericht tätig geworden. Er ist auch zur mündlichen Verhandlung
nicht geladen worden und hat bereits kurze Zeit nach der an ihn vorgenommenen
Zustellung - die Zustellung an ihn erfolgte am 2. Dezember 1989 -, mit Schriftsatz
vom 8. Dezember 1989, eingegangen bei dem Verwaltungsgericht am 11.
Dezember 1989, vorgetragen, es sei wiederholt mitgeteilt worden, daß er in dieser
Sache nicht mehr tätig sei, es werde darum gebeten, die Abschrift des Urteils und
die Ausfertigung des Protokolls an Frau Rechtsanwältin B F zu übersenden. Daraus
folgt, daß der Schriftsatz der neuen Bevollmächtigten vom 18. Februar 1987 dahin
zu verstehen war, daß sie anstelle des alten Bevollmächtigten die Vertretung der
Klägerin übernommen hatten.
Es kommt hinzu - worauf das Bundesverwaltungsgericht auf Seite 4 seines
Beschlusses vom 20. Dezember 1996 ebenfalls zu Recht hingewiesen hat -, daß
bei einer vereinfachten Zustellung gemäß § 5 Abs. 2 des
Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG -, wie sie hier stattgefunden hat, die
Empfangsbereitschaft des Zustellungsadressaten zwingende Voraussetzung der
Wirksamkeit der Zustellung ist. Diese Empfangsbereitschaft bezieht sich nicht nur
auf das vorübergehende körperliche Entgegennehmen und Überprüfen der
zugesandten Urkunden, sondern auf ihre Annahme als Zustellung. Die
Empfangsbereitschaft lag bei dem ehemaligen Bevollmächtigten nicht vor, als ihm
das erstinstanzliche Urteil zugestellt wurde. Er hat zwar das Empfangsbekenntnis
unterzeichnet, sich in seinem wenige Tage nach dem Empfang des Urteils
verfaßten und abgesandten Schriftsatz jedoch gegen die Zustellung verwahrt.
Damit hat er eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß bei ihm hinsichtlich des Urteils
keine Empfangsbereitschaft vorlag, als ihm das Urteil zuging. Nach allem war die
Zustellung an die neuen Bevollmächtigten die erste wirksame Zustellung des
Urteils, so daß es sich erübrigt, den ehemaligen Bevollmächtigten hinsichtlich der
Frage der Niederlegung seines Mandats als Zeugen vor dem Senat zu hören.
Die somit zulässige Berufung ist im wesentlichen begründet.
Die Klage ist zulässig, obwohl der Widerspruchsbescheid per Einschreiben am 10.
Mai 1995 abgesandt wurde und daher am 13. Mai 1985 als zugegangen gilt (vgl. §
4 Abs. 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG -) und die Klage erst am 14.
Juni 1985, also später als einen Monat nach Zustellung des
Widerspruchsbescheides, bei dem Verwaltungsgericht einging. Denn auf die am
20. Juni 1985 abgesandte Eingangsverfügung des Verwaltungsgerichts hat der
damalige Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 26. Juni 1985,
eingegangen bei dem Verwaltungsgericht am 1. Juli 1985 und damit innerhalb der
zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO,
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung hat er darauf
verwiesen, er habe persönlich am Vormittag des 13. Juni 1985 die Klageschrift
beim Postamt im Frankfurter Flughafen als Eilboten- und Einschreibebrief
abgegeben und ausdrücklich die Frage gestellt, ob der Brief noch am 13. Juni 1985
an das Gericht übermittelt werde. Die Beamtin habe die Sicherheit einer solchen
Zustellung erklärt, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, daß ja eine
Eilzustellung beantragt sei. Das sei eine Sache von ein bis zwei Stunden. - Diese
Ausführungen des damaligen Bevollmächtigten sind glaubhaft. Das
Verwaltungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag daher zu Recht als
begründet (vgl. Verfügung vom 2. Juli 1985, Bl. 12 der Gerichtsakte) und die Klage
als zulässig angesehen, ohne allerdings ausdrücklich über den
Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden.
Die Klage ist begründet, soweit die Klägerin für die Verarbeitung von Kirschen zu
Kirschen in Sirup hinsichtlich des Wirtschaftsjahres 1983/84 eine
Produktionsbeihilfe in Höhe von 137.461,58 DM beantragt hat.
Die Voraussetzungen der Verordnung (EWG) Nr. 516/77 des Rates vom 14. März
1977 über die gemeinsame Marktorganisation für Verarbeitungserzeugnisse aus
Obst und Gemüse (ABl. Nr. L 73, 1 ff.) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr.
1152/78 des Rates vom 30. Mai 1978 (ABl. Nr. L 144, 1 f.), die aufgrund der
Änderungsverordnung Nr. 1639/79 vom 24. Juli 1979 (ABl. Nr. L 192, 3) mit Beginn
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Änderungsverordnung Nr. 1639/79 vom 24. Juli 1979 (ABl. Nr. L 192, 3) mit Beginn
des Wirtschaftsjahres 1980/81 auch für in Sirup haltbar gemachte Kirschen gilt,
liegen vor. Nach Art. 3 a Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 516/77 stützt
sich die in Absatz 1 genannte Regelung - Abs. 1 betrifft die Einführung einer
Produktionsbeihilferegelung - auf Verträge, die in der Gemeinschaft einerseits die
Erzeuger oder deren anerkannte Vereinigungen oder Verbände und andererseits
die Verarbeiter oder deren rechtsgültig gebildete Vereinigungen oder Verbände
binden. Beihilfevoraussetzung ist somit, daß ein bindender Vertrag zwischen
einerseits einem Erzeuger oder einer anerkannten Erzeugervereinigung oder
einem anerkannten Erzeugerverband und andererseits einem Verarbeiter oder
einer rechtsgültig gebildeten Verarbeiter- Vereinigung oder einem rechtsgültig
gebildeten Verarbeiter- Verband geschlossen worden ist. Diese Anforderungen
erfüllt die Vertragsbeziehung zwischen der Klägerin und der B - GmbH, denn die B
GmbH ist als Erzeuger-Vereinigung in diesem Sinn anzusehen.
Die B GmbH ist allerdings nicht bereits deshalb eine anerkannte Erzeuger-
Vereinigung oder ein anerkannter Erzeuger- Verband im Sinne der Verordnung
(EWG) Nr. 516/77, weil sie durch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und
Marktwesen der Freien und Hansestadt Hamburg mit Schreiben vom 12. Januar
1981 "als interventionsberechtigte Erzeugerorganisation im Sinne der Verordnung
(EWG) Nr. 1035/72 anerkannt" worden ist und der als Zeuge gehörte
Landwirtschaftsdirektor im Ruhestand W. von der Hamburger Behörde für
Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft bestätigt hat, er habe der
Geschäftsführerin der B GmbH auf die entsprechende Frage geantwortet, daß es
neben der Anerkennung als Obsterzeugerorganisation durch die Freie und
Hansestadt Hamburg nicht notwendig sei, einen BGB-Vertrag zur Errichtung einer
Kirschenanbaugesellschaft abzuschließen, um beihilfefähige Sauerkirschen liefern
zu können. Es ist auch unerheblich, ob der Zeuge gegenüber Frau B die
Auffassung vertreten hat, die B GmbH sei eine Erzeugerorganisation und falle
damit automatisch in den Anwendungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 516/77.
Denn insoweit hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 15. Juni 1989 -
Rechtssache 77/88 - zu Recht entschieden, Art. 3 a der Verordnung Nr. 516/77
lege weder die Anforderungen fest, denen eine Erzeuger-Vereinigung genügen
müsse, noch das Verfahren für die Anerkennung einer solchen Vereinigung
(Randnr. 9). Die "anerkannten Vereinigungen oder Verbände" müßten die von der
anwendbaren Gemeinschaftsregelung aufgestellten Voraussetzungen erfüllen
(Randnr. 16). Ein wirtschaftliches Gebilde, das die Voraussetzungen für seine
Anerkennung als Erzeuger-Vereinigung nicht erfülle, könne diese Eigenschaft nicht
durch einen Akt erwerben, den eine Behörde eines Mitgliedstaates zu diesem
Zweck erlasse. Zum anderen könne eine gemeinschaftliche Beihilfe nur gewährt
werden, wenn die in den anwendbaren Gemeinschaftsbestimmungen aufgestellten
Voraussetzungen erfüllt seien. Der Anspruch auf eine nach diesen Bestimmungen
definierte und aus Gemeinschaftsmitteln finanzierte Produktionsbeihilfe könne
nämlich nicht von einem einseitigen Akt einer Behörde eines Mitgliedstaates
abhängen (Randnr. 18). Demgemäß hat der Europäische Gerichtshof entschieden,
daß ein Verarbeitungsunternehmen keinen Anspruch auf Produktionsbeihilfe habe,
wenn die Gesellschaft, mit der es einen Vertrag über die Lieferung von Frischobst
geschlossen habe, keine anerkannte Erzeuger-Vereinigung im Sinne dieser
Bestimmung sei. Das gelte auch dann, wenn das Verarbeitungsunternehmen
davon habe ausgehen dürfen, daß die fragliche Gesellschaft als
Erzeugergemeinschaft im Sinne anderer gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen
anerkannt worden sei. - Es ist nach allem unerheblich, ob die B GmbH nach den
Regelungen einer anderen Verordnung, nämlich den Regelungen der Verordnung
(EWG) Nr. 1035/72 des Rates vom 18. Mai 1972 über eine gemeinsame
Marktorganisation für Obst und Gemüse (ABl. Nr. L 118, 1 ff.), als
Erzeugerorganisation anerkannt ist und ob Bedienstete einer nicht für die im Streit
stehende Beihilfegewährung zuständigen Behörde die Auffassung vertreten, die
Anerkennung sei umfassend und beziehe sich auch auf andere Verordnungen.
Insoweit kann die Klägerin sich auch nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen.
Der Europäische Gerichtshof hat in der Randnr. 19 seines Urteils vom 15. Juni 1989
ausdrücklich entschieden, daß sich das Verarbeitungsunternehmen unter diesen
Umständen nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen könne, um
eine Beihilfe zu erhalten, auf die es nach den anwendbaren
Gemeinschaftsbestimmungen keinen Anspruch hätte. Dem ist zu folgen.
Ansprüche auf rechtswidrige Leistungen kann es im Gemeinschaftsrecht nicht
schon dann geben, wenn derjenige, der die Leistungen beansprucht, darauf
vertraut hat, daß ihm die Leistungen gewährt werden.
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Ob die B GmbH ab 1985 in einer Liste der anerkannten Erzeugerorganisationen
beim Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten geführt wurde, wie
die Klägerin weiter in dem zitierten Schriftsatz vorträgt, ist ebensowenig
entscheidungserheblich wie die "Anerkennung als Erzeugerorganisation gem. VO
(EWG) Nr. 1035/72" des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Marktwesen der
Freien und Hansestadt Hamburg vom 14. Mai 1985 (Kopie Blatt 567 der
Gerichtsakten). Wie oben bereits ausgeführt, ist diese Anerkennung für die hier
entscheidende Frage, ob die B GmbH unter Art. 3 a Abs. 2 der Verordnung Nr.
516/77 fällt, unerheblich, zumal für die Durchführung dieser Beihilferegelungen
nicht die Freie und Hansestadt Hamburg, sondern die Beklagte zuständig ist. Auch
das Schreiben des Bundesamtes für Ernährung und Forstwirtschaft vom 23. Mai
1985 (Kopie Blatt 569 der Gerichtsakten) ist nicht entscheidungserheblich, denn
auch dieses Schreiben bezieht sich auf die Anerkennung nach der Verordnung Nr.
1035/72, nicht aber nach der hier in Rede stehenden Verordnung Nr. 516/77.
Entscheidend ist nach allem und insbesondere unter Berücksichtigung des Urteils
des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Juni 1989 - Rs C-77/78 - (Slg. 1989, 1755
ff.), ob die B -GmbH die von der VO (EWG) Nr. 516/77 des Rates aufgestellten
inhaltlichen Voraussetzungen einer Erzeuger-Vereinigung erfüllt. Dies ist entgegen
der Auffassung des Verwaltungsgerichts der Fall, denn auch der
Mehrheitsgesellschafter R B war Erzeuger im Sinne der genannten Vorschrift.
Es trifft nicht zu, daß der Begriff des Erzeugers in den einschlägigen Verordnungen
für die Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse nicht definiert ist. Zwar ist
die von der Klägerin auf Seite 11 ihres Schriftsatzes vom 30. April 1998 genannte
Definition des Erzeugers in Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1360/78 des
Rates vom 19. Juni 1978 betreffend die Erzeugergemeinschaften und ihre
Vereinigungen (ABl. Nr. I 166 vom 23. Juni 1978, Seiten 1 ff., 3) hier nicht
einschlägig, weil diese Verordnung nach ihrem Art. 2 nur für das gesamte
italienische Hoheitsgebiet, das gesamte belgische Hoheitsgebiet und bestimmte
Regionen in Frankreich gilt.
Auch die von der Klägerin auf Seite 12 des Schriftsatzes vom 30. April 1998
genannte Definition des Erzeugers in Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr.
1599/84 der Kommission vom 5. Juni 1984 mit Durchführungsbestimmungen zur
Produktionsbeihilferegelung für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse
(ABl. Nr. L 152 vom 8. Juni 1984, Seiten 16 ff., 19) ist hier nicht einschlägig, weil
diese Verordnung nach ihrem Art. 21 Abs. 2 für jedes Erzeugnis ab Beginn des
Wirtschaftsjahres 1984/85 gilt und es hier um das vorhergehende Wirtschaftsjahr
1983/84 geht.
Einschlägig ist insofern jedoch die Vorgängerverordnung, nämlich die Verordnung
(EWG) Nr. 1530/78 der Kommission vom 30. Juni 1978 zur Festlegung der
Durchführungsbestimmungen zu der Beihilferegelung für bestimmte
Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse (ABl. Nr. L 179 vom 1. Juli 1978,
Seiten 21 ff.) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 1617/83 der Kommission
vom 15. Juni 1983 zur Festlegung des Wirtschaftsjahres 1983/84 für Kirschen in
Sirup und von Ausnahmeregelungen zu der Verordnung (EWG) Nr. 1530/78
betreffend die Beihilferegelung für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und
Gemüse (ABl. Nr. L 159 vom 17. Juni 1983, Seite 50 f.). Bereits in der Ersten
Änderungsverordnung zur Verordnung (EWG) Nr. 1530/78, nämlich in der
Verordnung (EWG) Nr. 1808/78 der Kommission vom 28. Juli 1978 zur Änderung
der Verordnung (EWG) Nr. 1530/78 zur Festlegung der
Durchführungsbestimmungen zu der Beihilferegelung für bestimmte
Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse (ABl. Nr. L 205 vom 29. Juli 1978,
Seite 68) ist dem Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1530/78 ein Unterabsatz
angefügt worden, wonach im Sinne dieser Verordnung "unter Erzeuger jede
natürliche oder juristische Person zu verstehen" ist, "die in ihrem Betrieb
Grunderzeugnisse anbaut, die zur Herstellung der in Anhang la der Verordnung
(EWG) Nr. 516/77 aufgeführten Erzeugnisse dienen."
Legt man allein den Wortlaut der genannten Definition zugrunde, so ist im
vorliegenden Fall bereits diejenige natürliche oder juristische Person als Erzeuger
von Kirschen anzusehen, die in ihrem Betrieb Kirschen anbaut, die zur Herstellung
von Kirschen in Sirup dienen. Weder eine Gewinnerzielungsabsicht noch ein
bestimmter Umfang der Erzeugung werden nach dem Wortlaut der Vorschrift zu
einem Merkmal des Erzeugerbegriffs gemacht. Diese weite Definition wird den
Anforderungen der zugrundeliegenden Ratsverordnung Nr. 516/77 nicht gerecht.
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Anforderungen der zugrundeliegenden Ratsverordnung Nr. 516/77 nicht gerecht.
Folglich muß der Begriff "Erzeuger" unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der
Beihilfe, wie sie durch die Ratsverordnung Nr. 516/77 in Verbindung mit den oben
genannten Änderungsverordnungen geregelt ist, grundverordnungskonform
ausgelegt werden. Danach setzt der Erzeugerbegriff voraus, daß die Ware für den
Markt mit Gewinnerzielungsabsicht produziert wird, denn die Erzeugung in einem
landwirtschaftlichen (Art. 38 ff. EWG-Vertrag) Betrieb (Art. 1 Abs. 1 Unterabsatz 1
VO (EWG) Nr. 1530/78) ist notwendig mit der Absicht verbunden, Gewinn zu
erzielen. Das Verwaltungsgericht hat insofern auf die erste und zweite
Begründungserwägung der Verordnung (EWG) Nr. 1152/78 vom 30. Mai 1978 (ABl.
Nr. L 144, 1) zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 516/77 über die
gemeinsame Marktorganisation für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und
Gemüse hingewiesen. In der ersten Begründungserwägung wird unter anderem
ausgeführt, die Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinschaftserzeugnisse müsse
erhöht werden, indem Maßnahmen getroffen würden, die den Absatz dieser
Erzeugnisse zu Preisen ermögliche, die gegenüber den Preisen der wichtigsten
Erzeugerdrittländer konkurrenzfähig seien. Die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit
setzt voraus, daß die Erzeugnisse mit Gewinn abgesetzt werden sollen.
Entsprechendes gilt für die Ausführungen in der zweiten Begründungserwägung.
Danach ist "zu diesem Zweck" eine Regelung für eine Produktionsbeihilfe
einzuführen, die die Herstellung der betreffenden Erzeugnisse zu einem
niedrigeren Preis ermöglicht als dem, der sich bei Zahlung eines einträglichen
Preises an die Erzeuger frischer Erzeugnisse ergäbe. Ziel der Beihilfe ist es somit,
die Zahlung eines einträglichen Preises an die Erzeuger zu ermöglichen. Die
Einträglichkeit setzt grundsätzlich voraus, daß ein Gewinn erzielt werden soll.
Letztlich kann die Frage jedoch unentschieden bleiben, denn dem
Mehrheitsgesellschafter Herrn R B kann die Gewinnerzielungsabsicht nicht
abgesprochen werden. Dies gilt zunächst schon deshalb, weil er auf seinem
Grundstück in Hamburg Ende der 70er Jahre 81 Kirschbäume gepflanzt hat, die er
seit damals bis heute - somit also auch im Wirtschaftsjahr 1983/84 - selbst
bearbeitet hat und bearbeitet. Dies ergibt sich im wesentlichen bereits aus dem
Vortrag der Klägerin, den die Zeugin B, die Tochter des Herrn B, in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat. Die Zeugin, die einen glaubwürdigen
Eindruck gemacht hat, hat dies nachvollziehbar und in sich schlüssig bekundet. Die
Beklagte beruft sich insoweit nur auf den Prüfbericht des Bundesrechnungshofs
vom 17. September 1982 (Bl. 598 ff., 600 ff., 601, 603 der Gerichtsakten), in dem
jedoch lediglich pauschal die Behauptung aufgestellt wird, Herr R B und seine
Ehefrau B B sowie seine Tochter R B verfügten über keine eigenen
Obstanbauflächen. Angesichts der von der Klägerin mehrfach unter Angabe von
Einzelheiten abgegebenen Erklärung, Herr B bearbeite auf seinem Grundstück
Straße - es handelt sich dabei um das von ihm bewohnte Hausgrundstück - 81
eigene Kirschbäume, was von der Zeugin bestätigt wurde, hat der Senat an der
Wahrheit der dargestellten Erklärung keine Zweifel. Es kommt hinzu, daß Herr B
selbst am 28. September 1997 eidesstattlich versichert hat, auf seinem
Grundstück Straße, im Jahre 1977 81 Kirschbäume (Sauerkirschen Sorte Scharö)
gepflanzt zu haben. Bei einem Ertrag von 50 kg pro Baum in guten Jahren ergibt
sich bei 81 Bäumen ein Ertrag von ca. 4 t, so daß jedenfalls von einem
Nebenerwerbsbetrieb ausgegangen werden kann.
Herr B war jedoch auch im Hinblick auf die von ihm gepachtete 1,2 ha große
Teilfläche, auf der mehrere hundert Kirschbäume stehen, als Erzeuger anzusehen.
Auch insoweit kann ihm die Gewinnerzielungsabsicht nicht abgesprochen werden.
Zunächst ist festzustellen, daß Herr B im Jahre 1966 eine ca. 2,4 ha große
Anbaufläche gepachtet hat. Dies wird von der Beklagten auch nicht bestritten.
Allerdings geht die Beklagte in Übereinstimmung mit dem zitierten
Prüfungsbericht des Bundesrechnungshofs davon aus, Herr B habe die gesamte
Fläche an seine Tochter R weiterverpachtet. Dem vermag der Senat nicht zu
folgen. Denn zum einen hat Herr B am 28. September 1997 eidesstattlich
versichert, 1983 1,2 ha von dem gepachteten Land an seine Tochter
unterverpachtet zu haben. Weiter hat er nach der eidesstattlichen Versicherung
von der durch ihn von Herrn D gepachteten Fläche wegen der Unterverpachtung
nur die Hälfte der gepflanzten Bäume, also nur ca. 580 Bäume, abgeerntet. Diese
Angaben werden bestätigt durch die glaubhaften Bekundungen der Zeugin B, die
sich seit 1989 im Rahmen ihrer Berufstätigkeit für die B -GmbH insbesondere mit
den durch den vorliegenden Rechtsstreit aufgeworfenen Tatsachenfragen
auseinandergesetzt hat. Die Zeugin hat eindeutig und ohne zu zögern erklärt, die
eine Hälfte der von Herrn D gepachteten Fläche habe ihr Vater behalten. Nur die
andere Hälfte sei an ihre Schwester unterverpachtet worden.
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Schließlich wird der Vortrag der Klägerin auch bestätigt durch die eidesstattliche
Versicherung, die Herr St unter dem 27. März 1998 abgegeben hat. Er hat nämlich
erklärt, er habe im Wirtschaftsjahr 1983 eine ca. 1,2 ha große Fläche für Herrn B
bearbeitet, ohne einen Unterpachtvertrag mit Herrn B abgeschlossen zu haben.
Aus dem Umstand, daß Herr St die angesprochene Absprache mit Herrn B und
nicht mit dessen Tochter getroffen hat, ergibt sich, daß Herr B nach wie vor
Pächter der einen Hälfte des Pachtlandes, jedenfalls aber der im Wirtschaftsjahr
1983/84 wirtschaftlich Verantwortliche war. Dies wird weiter bestätigt durch die
dem Senat von der Zeugin B in der mündlichen Verhandlung vorgelegte
Abrechnung der R B Hamburg Obsterzeugerorganisation GmbH vom 6.
September 1983, die an "R B über Herrn H St ..." gerichtet ist und eine am 31.
August 1983 gelieferte Menge von 14.881 kg Sauerkirschen betrifft.
Der Umstand, daß Herr B - nach dem Vortrag der Klägerin in der
Berufungsbegründung vom 16. August 1997 - im Jahre 1980 mit Herrn St den
bereits angesprochenen Bearbeitungsvertrag abgeschlossen hat, wonach Herr St
den Erlös aus dem Verkauf der Kirschen der genannten 1,2 ha großen Pachtfläche
bis zu einer Höhe von 30.000,00 DM erhalten sollte, steht der
Gewinnerzielungsabsicht des Herrn B nicht entgegen. In der von der Klägerin mit
der Berufungsbegründung vorgelegten Anlage 1 "Gesamtkostenkalkulation für die
Bewirtschaftung der 1,2 ha Sauerkirschenplantage in 1983", die von dem
Obstbauversuchsring des Alten Landes e.V., Jork, erstellt wurde, sind
Bewirtschaftungskosten von insgesamt 31.027,60 DM zzgl. Erntenebenkosten
gemäß Anlage 1 A in Höhe von 2.278,36 DM errechnet. Dadurch, daß er Herrn St
die Fläche für ihn bearbeiten ließ, hat Herr B sie besonders kostengünstig
bewirtschaftet. Im übrigen ist nicht ersichtlich, daß Herr B bei der gewählten
Vertragsgestaltung keine vernünftige Chance gehabt hätte, abgesehen von der
Ersparung der genannten Kostenaufwendungen, einen Gewinn aus der
Bearbeitung der Fläche zu erhalten. Selbstverständlich lag es in seinem Interesse,
daß aus der Fläche ein möglichst großer über 30.000,00 DM hinausgehender
Gewinn erzielt würde, weil ihm dieser, soweit er über 30.000,00 DM hinaus ging,
nach der mit Herrn St getroffenen Vereinbarung zustand.
Herr R B ist nach allem ebenfalls als Erzeuger im Sinne der hier einschlägigen
europarechtlichen Vorschriften anzusehen. Von einer Erzeugervereinigung ließe
sich nach Auffassung des Senats unter Zugrundelegung der Entscheidung des
EuGH trotzdem nicht ausgehen, wenn für Herrn B als Mehrheitsgesellschafter der
Vereinigung seine Tätigkeit und seine Interessen als Erzeuger so weitgehend hinter
seinen "Nichterzeugerinteressen" zurückträten, daß diese bei der Kontrolle der
Geschäfte der GmbH dominierten. Dies könnte etwa dann der Falls ein, wenn Herr
B die von ihm bis zur Gründung der GmbH wahrgenommene Tätigkeit als
Obstgroßhändler auch nach Gründung der GmbH im Rahmen der GmbH
fortgeführt hätte und diese Großhandelstätigkeit so bedeutend gewesen wäre, daß
die Erzeugertätigkeit der gesamten GmbH dahinter zurückträte.
Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Zeugin B hat glaubhaft bekundet, daß Herr B mit
Gründung der B GmbH im Jahre 1980 seine bis zu diesem Zeitpunkt
wahrgenommene selbständige Tätigkeit als Obstgroßhändler vollständig
aufgegeben hat. Die von ihm bisher mit seiner eigenen Firma verfolgte
Großhandelstätigkeit übt er nicht mehr aus. Er hat den gesamten
Gebäudekomplex seines ursprünglich selbständigen Großhandelsunternehmens
einschließlich der dazugehörigen technischen Einrichtungen (Lagerhallen,
Kühlräume, Anlieferungsräume, Sortiervorrichtungen u.a.) an die GmbH
verpachtet. 1983 bezog er dafür von der GmbH monatlich einen Pachtzins von
25.000,00 DM. Damit ist er - auch im Rahmen der B GmbH - nicht mehr als
Obstgroßhändler tätig. Vielmehr werden seine Betriebseinrichtungen nunmehr von
der B GmbH zum Zwecke der Vermarktung des von den Erzeugern einschließlich
des Herrn B angelieferten Obstes genutzt. Auch die Betriebseinrichtungen dienen
somit der Erzeugervereinigung, so daß die B GmbH als Erzeugerorganisation
anzusehen ist. Dies gilt um so mehr, als Herr B selbst im Jahre 1980 10 % der
gesamten von der GmbH erzeugten Kirschenmenge und damit keineswegs eine
unbedeutende Menge erzeugt hat. Berücksichtigt man, daß im Jahre 1983
insgesamt 180.000 kg Kirschen von den Erzeugern angeliefert wurden, so entfielen
auf jeden der 36 Gesellschafter durchschnittlich 5.000 kg. Mit insgesamt 18.000 kg
hat Herr B somit mehr als dreimal so viele Kirschen erzeugt, wie der
Durchschnittserzeuger der GmbH. Selbst wenn man die von Herrn St für Herr B
bearbeitete Fläche von 1,2 ha außer Acht läßt, hätte Herr B allein von seinem
Grundstück Straße in Hamburg ca. 4.050 kg und damit nur unwesentlich weniger
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Grundstück Straße in Hamburg ca. 4.050 kg und damit nur unwesentlich weniger
als die genannte Durchschnittsmenge geliefert. Von einer untergeordneten, zu
vernachlässigenden Erzeugertätigkeit des Herrn B kann nach allem nicht
ausgegangen werden.
Gegen die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Produktionsbeihilfe
bestehen keine Bedenken. Insofern hat die Beklagte auch keine Einwendungen
erhoben.
Die Berufung und die Klage sind jedoch unbegründet, soweit die Klägerin in bezug
auf den ihr zustehenden Beihilfebetrag Zinsen beansprucht, denn
Beihilfeforderungen sind nach der Verordnung über die Gewährung von
Produktionsbeihilfen für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse (Obst-
Produktionsbeihilfen-Verordnung) vom 26. August 1980 (BGBl. I S. 1602) in der
Fassung des Art. 52 des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für
Landwirtschaft und Ernährung und zur Änderung von Vorschriften auf den
Gebieten der Land- und Ernährungswirtschaft vom 2. August 1994 (BGBl. I S. 2018
ff., 2038) unverzinslich.
Die Beklagte hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen, da sie
unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Das gilt auch für die Kosten des
Revisionszulassungsverfahrens, das zur Zurückverweisung der Sache an das
Berufungsgericht geführt hat, denn die vom Bundesverwaltungsgericht
beanstandete Verwerfung der Berufung als unzulässig, war nicht so fernliegend,
daß von einer unrichtigen Sachbehandlung im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 des
Gerichtskostengesetzes - GKG - gesprochen werden könnte.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO
i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2
VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.