Urteil des HessVGH vom 30.11.2004
VGH Kassel: stadt, landschaft, zerstörung, erhaltung, objektive unmöglichkeit, artenschutz, befreiung, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, aufschiebende wirkung, eingriff
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
2. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 A 1666/02
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 8 LuftVG, § 9 LuftVG, § 10
LuftVG, § 28 Abs 1 LuftVG,
§ 23 Abs 4 NatSchG HE
(Ausbau des Verkehrslandeplatzes Egelsbach;
Artenschutz)
Leitsatz
Das Vorkommen der im Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführten - nicht prioritären -
Fischart Cottus gobio (Groppe/Mühlkoppe) sowie von Larven der nach der
Bundesartenschutzverordnung besonders geschützten heimischen Libellenart
Cordulegaster boltoni (Zweigestreifte Quelljungfer) in einem Bachabschnitt, der für die
Verlängerung der vorhandenen Start-/Landebahn in Anspruch genommen werden
muss, steht dem Ausbau des Verkehrslandeplatzes Egelsbach mit verkehrs-,
wirtschafts- und arbeitsmarkpolitischer Zielsetzung nicht entgegen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen
Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Das Urteil ist wegen der außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der
Beigeladenen vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe des jeweiligen Vollstreckungsbetrages abwenden,
wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich als anerkannter Naturschutzverein gegen den Plan für die
Erweiterung des Verkehrslandeplatzes B-Stadt, der im Wesentlichen die
Verlängerung der vorhandenen (990 m langen und 25 m breiten) asphaltierten
Start-/Landebahn um 410 m nach Westen, die Anlage der dazugehörigen Rollwege
sowie die wegen dieser Erweiterungsmaßnahmen notwendige Teilverlegung des
Hegbachs zum Gegenstand hat.
Mit Schreiben vom 18. August 2000 beantragte die Beigeladene unter Vorlage
entsprechender Unterlagen (5 Ordner mit Ergänzungen vom 29. September 2000)
die Planfeststellung nach § 8 des Luftverkehrsgesetzes - LuftVG -. Unter dem 25.
August 2000 gab daraufhin das Regierungspräsidium Darmstadt dem Kläger
Gelegenheit, zu dem Vorhaben bis zum 18. Dezember 2000 Stellung zu nehmen
und, soweit erforderlich, Nebenbestimmungen für den Planfeststellungsbeschluss
vorzuschlagen. Mit näher begründeter Stellungnahme vom 14. Dezember 2000,
die am 18. Dezember 2000 bei der Anhörungsbehörde einging, lehnte der Kläger
das Vorhaben ab. Zu den von der Beigeladenen nach Durchführung des
Erörterungstermins im April 2001 nachgereichten ergänzenden Unterlagen vom
18. Juli 2001 (1 Ordner) äußerte er sich mit Schreiben vom 30. Juli und 10.
September 2001 ebenfalls ablehnend; insbesondere werde die geplante
Teilverlegung des Hegbachs die Habitatvoraussetzungen zumindest für die in der
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Teilverlegung des Hegbachs die Habitatvoraussetzungen zumindest für die in der
Roten Liste BRD A3 aufgeführte Libellenart Cordulegaster boltoni (Zweigestreifte
Quelljungfer) und für die im Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.
Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere
und Pflanzen (FFH-RL) aufgeführte Fischart Cottus gobio (Groppe/Mühlkoppe)
zerstören.
Durch Beschluss vom 5. April 2002 stellte das Regierungspräsidium Darmstadt
den Plan für die Erweiterung des Verkehrslandeplatzes B-Stadt einschließlich des
naturnahen Ausbaus der Umleitungsstrecke des Hegbachs mit
Nebenbestimmungen u. a. zur Schaffung von Larvalhabitaten für Cordulegaster
boltoni im Zuge der Detailplanung sowie zur Erhaltung des Groppenbestandes
("Maßnahmen M-FFH 01 bis 12") fest.
Gegen den ihm am 21. Mai 2002 zugestellten Planfeststellungsbeschluss hat der
Kläger am 20. Juni 2002 bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof Klage
erhoben; zugleich hat er mit eingehender Begründung beantragt, die
aufschiebende Wirkung dieser Klage anzuordnen. Diesen Antrag hat der Senat
durch Beschluss vom 23. Oktober 2002 - 2 Q 1668/02 - (NVwZ-RR 2003, 420 ff. =
NUR 2003, 292 ff.) abgelehnt.
Mit einem der Antragsschrift inhaltlich weitgehend entsprechenden Schriftsatz
vom 30. Juli 2002 (Bl. 25 bis 119 der Streitakten), der am folgenden Tag bei dem
Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist, hat der Kläger die Klage im
Wesentlichen damit begründet, dass für das planfestgestellte Vorhaben
sprechende Gründe des Gemeinwohls entgegen der Ansicht der
Vorhabensträgerin und des Beklagten in Wirklichkeit nicht vorlägen, jedenfalls aber
nicht die entgegenstehenden Naturschutzbelange überwögen und dass die
Voraussetzungen für die Genehmigung des schwerwiegenden Eingriffs in Natur
und Landschaft weder nach dem nationalen noch dem europäischen
Naturschutzrecht erfüllt seien. Mit einem am 5. Oktober 2004 per Telefax
übermittelten Schriftsatz hat der Kläger noch innerhalb einer ihm gemäß § 87b
Abs. 1 VwGO gesetzten Frist - stark zusammengefasst - wie folgt ergänzend
vorgetragen:
Der Umfang der Rügebefugnis eines anerkannten Naturschutzvereins nach § 61
des Bundesnaturschutzgesetzes in der ab dem 4. April 2002 geltenden Fassung -
BNatSchG 2002 - werde in dem Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2002 verkannt.
Mit der bundesrechtlich eingeführten Vereinsklage müsse gerügt werden können,
dass die Zerstörung des von der Planung betroffenen Hegbachs und die
Vernichtung besonders geschützter Lebensräume und Tierarten nicht durch
überwiegende Gründe des Gemeinwohls bzw. aus zwingenden Gründen des
überwiegenden öffentlichen Interesses gerechtfertigt seien. Soweit die Start-
/Landebahn des Verkehrslandeplatzes B-Stadt auf insgesamt 1.400 m verlängert
werden solle, liege objektiv eine Befreiungslage von den einschlägigen
gesetzlichen Eingriffsverboten nicht vor. Über strikte naturschutzgesetzliche
Verbote oder Gebote könne sich die Planfeststellungsbehörde auch nicht im Wege
einer - gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren - Abwägung hinwegsetzen.
Dass der Gemeinwohlbegriff in den §§ 23 Abs. 4 und 30b der hier noch
anzuwendenden Fassung des Hessischen Naturschutzgesetzes (HENatG 1996), in
§ 62 BNatSchG 2002 und in Art. 6 Abs. 4 FFH-RL umfassend zu verstehen sei,
insbesondere auch Bedarfs- und sonstige Fragen nicht-naturschutzrechtlicher Art
einschließe, ändere nichts daran, dass dieser Begriff ebenso wie die jeweilige
Vorschrift selbst dem Naturschutzrecht angehöre. Gerade damit aber die
Einhaltung des gesamten Naturschutzrechts - einschließlich der in den
Befreiungstatbeständen verwendeten Gemeinwohlklausel - gerichtlich überprüft
werden könne, habe der Gesetzgeber die Verbandsklagebefugnis eingeräumt. § 61
Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG 2002 eröffne somit eine umfassende Befugnis der
anerkannten Naturschutzvereine, Verstöße gegen materielles Naturschutzrecht zu
rügen; da dieses hinsichtlich der Befreiung von gesetzlichen Verboten auf das
Überwiegen von Gemeinwohlbelangen abstelle, müssten die Naturschutzvereine
auch das Vorliegen und das Gewicht solcher (nicht-naturschutzrechtlicher)
Belange gerichtlich überprüfen lassen können.
Überwiegende Gründe des Gemeinwohls bzw. öffentliche Interessen, die die der
Beigeladenen erteilten Befreiungen von den naturschutzrechtlichen
Eingriffsverboten rechtfertigen könnten, seien in dem angegriffenen
Planfeststellungsbeschluss nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen
dargelegt; sie lägen ungeachtet der Hinweise der Planfeststellungsbehörde auf die
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dargelegt; sie lägen ungeachtet der Hinweise der Planfeststellungsbehörde auf die
Bedeutung des Verkehrslandeplatzes für die Region, auf die den ergänzenden
Anschluss der Region an die allgemeine Luftfahrt betreffenden Ziele der
Raumordnung und Landesplanung sowie auf die wirtschaftlichen Folgen bei einem
Ausbauverzicht in Wirklichkeit auch nicht vor. Bei der planfestgestellten Maßnahme
handele es sich vielmehr um ein privatnütziges Vorhaben der Beigeladenen, das
allenfalls nachrangig auch noch mittelbare öffentliche Interessen tangiere.
Insbesondere bestehe auf Grund europäischer Luftfahrtregelungen keine Pflicht
zur Verlängerung der Start-/Landebahn des Verkehrslandeplatzes B-Stadt auf
1.400 m. Bei den von dem Beklagten insoweit zur Begründung herangezogenen
Regelungen der JAR-OPS 1 - gewerbsmäßige Beförderung von Personen und
Sachen in Flugzeugen - handele es sich um bloße Empfehlungen einer der
europäischen Zivilluftfahrtkonferenz (ECAC) angeschlossenen Arbeitsgemeinschaft
europäischer Luftfahrtverwaltungen. Sie seien bis zum heutigen Tag vom
europäischen Parlament nicht umgesetzt. Zudem ließen sie auch Ausnahmen,
beispielsweise zugunsten des Naturschutzes, zu. Im Übrigen richteten sie sich an
Flugzeugführer und nicht an Flugplatzbetreiber. Dies gelte auch für die nationale
Umsetzung der JAR-OPS 1 durch die Fünfte Durchführungsverordnung zur
Betriebsordnung für Luftfahrtgerät vom 5. Oktober 1998 - 5. DVLuftBO -. Danach
würden bei bestimmten Witterungsverhältnissen und Beladungen der Flugzeuge
Start-/Landebahn-Längen berechnet, die ab dem 1. Januar 2005 zur Verfügung
stehen müssten, damit im gewerblichen Luftverkehr eingesetzte Flugzeuge mit
ihrem höchstzulässigen Gewicht starten oder landen dürften. Hiervon betroffen
seien aber lediglich 1 % der jährlichen Flugbewegungen am Verkehrslandeplatz B-
Stadt. Die Sicherheit des Luftverkehrs sei auch ohne die - zumindest
überdimensionierte - Verlängerung der vorhandenen Start-/Landebahn
gewährleistet. Von einer Bestandsgefährdung im Falle eines Ausbauverzichts
könne keine Rede sein; das hierzu von der Firma empirica Wirtschaftsforschung
und Beratung GmbH am 18. Juli 2001 erstellte Gutachten sei nicht geeignet, die
Belange von Natur und Landschaft überwiegende Gemeinwohlbelange
darzustellen.
Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss müsse weiterhin im Hinblick darauf
aufgehoben werden, dass hinsichtlich der besonders geschützten Libellenart
Cordulegaster boltoni keine ausreichende Bestandsermittlung durchgeführt
worden sei. Der gemäß § 42 BNatSchG 2002 für die einzelnen Individuen dieser Art
gebotene Schutz habe durch eine Unterstellung des Vorhandenseins von
Larvalhabitaten in dem zu überbauenden Teilstück des Hegbachs nicht
sichergestellt werden können; vielmehr habe es außer einer weitergehenden
Libellenkartierung in dem Gebiet insoweit noch einer detaillierten
Larvaluntersuchung und der Prüfung der Umsiedlung evtl. vorgefundener Larven
von Cordulegaster boltoni bedurft, um dem gesetzlich vorgeschriebenen
besonderen Artenschutz zu genügen. Die von der Planfeststellungsbehörde
angeordneten Ausgleichsmaßnahmen seien in fachlicher Hinsicht ungenügend;
der neu angelegte Verlauf des Hegbachs werde niemals die
Lebensraumansprüche erfüllen können, die die bisher dort vorkommenden
besonders geschützten Habitatspezialisten benötigten, um wieder ein
reproduktives Vorkommen zu bilden.
Schließlich verstoße der Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf das
Vorkommen von Cottus gobio im Hegbach gegen Art. 6 Abs. 4 FFH-RL. Der
betreffende Bachabschnitt habe sich zur Meldung als FFH-Gebiet aufgedrängt. Die
mittlerweile durchgeführte Grunddatenerfassung habe nämlich erwartungsgemäß
ergeben, dass es sich bei diesem Groppenvorkommen um eine zwar räumlich
stark restringierte, aber ausgesprochen stark reproduktive, dichte und vitale
Population handelte. Das von dem Gutachter vorgeschlagene enge Monitoring des
Maßnahmenerfolgs und der Entwicklung des umgesetzten Groppenbestandes sei
nun aber nicht mehr möglich, da die im Zeitpunkt der Untersuchung noch
vorhandene Population nicht mehr existiere. Die Zerstörung des alten
Hegbachverlaufs als eines sich aufdrängenden FFH-Gebiets hätte von der
Planfeststellungsbehörde nicht genehmigt werden dürfen, vielmehr habe diese bei
der Ausnahmeprüfung nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL zu dem Ergebnis kommen
müssen, dass "zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses
einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art" im Sinne dieser
Bestimmung für das planfestgestellte Vorhaben nicht angeführt werden könnten.
Aber selbst wenn nur ein geringerer Schutzstandard in Form der in der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten
"Stillhalteverpflichtung" in Betracht komme, hätte die Zerstörung des Hegbachs
nicht zugelassen werden dürfen. Es gehe nicht bloß um den Erhalt der
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nicht zugelassen werden dürfen. Es gehe nicht bloß um den Erhalt der
Groppenpopulation, sondern um den Schutz des Fauna-Habitats Hegbach als
Lebensraum für die Groppe. Die Zerstörung dieses Habitats sei das genaue
Gegenteil dessen, was mit der sog. Stillhalteverpflichtung gemeint sei; das als
FFH-Gebiet meldewürdige, durch das planfestgestellte Projekt jedoch zerstörte
Gebiet komme für eine Meldung und Aufnahme in die Gemeinschaftsliste jetzt
nicht mehr in Betracht. Die Groppenpopulation habe nämlich die Baumaßnahmen
und den trockenen Sommer des Jahres 2003 bis auf wenige Fische nicht überlebt.
In der Durchführungsphase sei nämlich das Konzept für die
Ausgleichsmaßnahmen von der Beigeladenen im Einvernehmen mit dem
Beklagten - ohne Mitwirkung des Klägers an einem Planergänzungsverfahren -
verändert worden. Die im Planfeststellungsbeschluss angeordnete "ökologische
Bauüberwachung" habe nicht stattgefunden. Am Schutz des Groppenvorkommens
habe offensichtlich nach Beginn der Bauarbeiten kein Interesse mehr bestanden.
Der Kläger beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 5. April
2002 - V 33.3 - 66 m 28 - B-Stadt - aufzuheben.
Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss sowie den
Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2002. Der Beklagte führt ergänzend aus, zwar
handele es sich bei Cordulegaster boltoni - nicht jedoch bei Cottus gobio - um eine
im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 2 Nr. 10 BNatSchG 2002 besonders
geschützte wild lebende Tierart; da sich die genaue Lage der Larvalhabitate mit
vertretbarem Aufwand nicht bestimmen lasse und die Libelle trotz des Vorhabens
der Beigeladenen auch künftig einen ausreichenden Lebensraum in einem weitaus
längeren als dem überbauten Abschnitt des Hegbachs finden werde, liege ein
Verstoß gegen den besonderen Artenschutz nicht vor. Ohnehin hätten die Verbote
des § 42 Abs. 1 und 2 BNatSchG 2002 gemäß § 43 Abs. 4 Satz 1 keine Geltung,
wenn die Handlungen - wie hier - bei der Ausführung eines nach § 19 zugelassenen
Eingriffs vorgenommen würden. Die Voraussetzungen für eine Projektzulassung
nach dem Prüfungsmaßstab des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL bzw. des § 19c Abs. 3
BNatSchG 1998 (entsprechend § 34 Abs. 3 BNatSchG 2002) trotz des
festgestellten Groppenvorkommens lägen vor; die Notwendigkeit des Ausbaus des
Verkehrslandeplatzes B-Stadt im Sinne einer Bestandssicherung sei nämlich durch
die Aussagen des Landesentwicklungsplans sowie des Regionalplans Südhessen
2000 abgedeckt.
Die Beigeladene trägt vor, die durch den Planfeststellungsbeschluss zugelassenen
Maßnahmen seien mittlerweile vollständig durchgeführt. Die verlängerte Start-
/Landebahn sei im Sommer 2004 in Betrieb genommen worden. Die mit der
Planfeststellung verbundenen Nebenbestimmungen - auch naturschutzfachlicher
Art - seien bzw. würden noch erfüllt. Mit dem Vollzug des
Planfeststellungsbeschlusses habe sich der Rechtsstreit erledigt. Im Übrigen sei
den anerkannten Naturschutzvereinen durch § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG 2002
lediglich die Möglichkeit eingeräumt worden, Verwaltungsentscheidungen im
Hinblick auf die zutreffende Erfassung und Gewichtung von naturschutzrechtlichen
und landschaftspflegerischen Belangen gerichtlich überprüfen zu lassen. Mit den
Vorschriften des materiellen Rechts, deren Verletzung der Kläger als anerkannter
Naturschutzverein geltend machen könne, stehe der - ohne Verfahrensfehler
erlassene - Planfeststellungsbeschluss jedoch in Einklang. Insbesondere könnten
entgegen der Auffassung des Klägers die für einen gleichsam "absoluten" Schutz
des planbetroffenen Bachabschnitts herangezogenen Vorschriften nicht als
gesetzliche Planungsleitsätze angesehen werden. Die getroffene fachplanerische
Entscheidung genüge auch im Hinblick auf den mit der Realisierung des Plans
verbundenen Eingriff in Natur und Landschaft den Anforderungen des
Abwägungsgebots. Einer spezifisch naturschutzrechtlichen Abwägung - im Rahmen
der Abarbeitung der Eingriffsregelung - habe es nicht bedurft, weil der Eingriff
durch die festgesetzten Maßnahmen vollständig ausgleichbar sei und in
angemessener Frist auch tatsächlich ausgeglichen sein werde. Eine
Fehlgewichtung der Belange von Natur und Landschaft liege erst dann vor, wenn
die von der Planfeststellungsbehörde getroffene Entscheidung unter
Berücksichtigung der objektiven Gegebenheiten nicht mehr vertretbar erscheine.
Das streitgegenständliche Vorhaben müsse aber zweifelsfrei nicht mit Opfern
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Das streitgegenständliche Vorhaben müsse aber zweifelsfrei nicht mit Opfern
erkauft werden, die außer Verhältnis zu dem mit ihm erstrebten Planungserfolg
stünden; zumindest biete das klägerische Vorbringen, auch soweit es den Schutz
von Cottus gobio und Cordulegaster boltoni betreffe, keinen Anhaltspunkt für eine
derartige Bewertung des Abwägungsergebnisses als "disproportional". Jedenfalls
erhebliche Mängel (im Sinne des § 10 Abs. 8 LuftVG), die allenfalls zur Aufhebung
des Planfeststellungsbeschlusses bzw. zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und
Nichtvollziehbarkeit führen könnten, seien insgesamt nicht ersichtlich.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze, die Akten des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs - 2 Q 1668/02 - (2 Bände) und den Inhalt folgender
Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die beigezogen und zum Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind:
- 5 Ordner Planfeststellungsverfahren "Ausbau Verkehrslandeplatz B-Stadt"
- 1 Ordner "Ergänzende Unterlagen" vom 18.07.2001
- 1 Hefter "Ergänzungen zu den Verfahrensunterlagen" vom 29.09.2000
- 9 Ordner Behördenakten "Planfeststellungsverfahren B-Stadt" (Bl. 1 - 4511)
- 2 Ordner "Einwendungen Planfeststellungsverfahren B-Straße B-Stadt"
- 1 Hefter Übersichtslageplan mit Anflug- und Hindernisfreiflächen
- Planfeststellungsbeschluss vom 05.04.2002
- 1 Ordner Empfangsbekenntnisse
- 1 Ordner "Planunterlagen zum Beschluss"
Entscheidungsgründe
Die fristgerecht bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof (§ 48 Abs. 1 Satz 1
Nr. 6 VwGO) erhobene und von dem Kläger innerhalb der Frist des § 10 Abs. 7 Satz
1 LuftVG begründete Anfechtungsklage ist nach Maßgabe des § 61 Abs. 1 und 2
BNatSchG 2002 auch im Übrigen zulässig. Dies folgt aus der (gemäß § 11 Satz 1
unmittelbar geltenden) Übergangsvorschrift des § 69 Abs. 7 Satz 1 BNatSchG
2002; danach gelten für den Kläger als einen in Hessen anerkannten und auf
Grund von landesrechtlichen Regelungen im Rahmen des § 60 Abs. 2 Nr. 5 und 6
zur Mitwirkung befugten Naturschutzverein Abs. 5 und § 61 (bis zum 3. April 2005)
entsprechend. Nach § 61 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 kann ein auf Grund
landesrechtlicher Vorschriften im Rahmen des § 60 anerkannter Verein, ohne in
seinen Rechten verletzt zu sein, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der
Verwaltungsgerichtsordnung gegen Planfeststellungsbeschlüsse über Vorhaben
einlegen, die mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden sind. Diese
Vorschrift gilt gemäß § 65 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG 2002 auch für nach dem 1. Juli
2000 erlassene Verwaltungsakte, sofern diese - wie hier - noch nicht
bestandskräftig sind und im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren eine
Mitwirkung der von den Ländern anerkannten Vereine gesetzlich - wie in § 35 Abs.
1 Nr. 4 HENatG 1996 - vorgeschrieben war.
Die ausschließlich auf die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses des
Regierungspräsidiums Darmstadt vom 5. April 2002 gerichtete Klage ist jedoch
nicht begründet. Die angefochtene Planungsentscheidung widerspricht weder
zwingenden Rechts
Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG 2002 mit der Folge geltend machen kann, dass der
Planfeststellungsbeschluss deswegen aufzuheben wäre (§ 10 Abs. 8 Satz 2
LuftVG), noch leidet sie an erheblichen, eine entsprechende Rechtsfolge
auslösenden Abwägungsmängeln (§ 10 Abs. 8 Satz 1 LuftVG) zu Lasten der für
einen anerkannten Naturschutzverein rügefähigen Belange. Hierzu ist
insbesondere im Hinblick auf die zulässig vertiefende schriftsätzliche
Klagebegründung vom 5. Oktober 2004 sowie das Vorbringen des Klägers im
Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. Oktober 2004 in Ergänzung des
Senatsbeschlusses vom 23. Oktober 2002 - 2 Q 1668/02 - noch Folgendes
auszuführen:
Die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften rügt der Kläger nicht
(mehr); derartige, ohnehin nur ausnahmsweise zur Aufhebung des
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(mehr); derartige, ohnehin nur ausnahmsweise zur Aufhebung des
Planfeststellungsbeschlusses führende Mängel sind auch nicht ersichtlich. Soweit
der Kläger im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beanstandet hatte, dass
die von der Vorhabensträgerin mit Schreiben vom 18. Juli 2001 nachgereichten
"Ergänzenden Unterlagen" ihm erst nach Abschluss des
Planfeststellungsverfahrens zur Durchsicht zugeleitet worden waren, bleibt der
erkennende Senat bei seiner früheren Beurteilung dieses Mangels als rechtlich
unerheblich. In den Gründen des Beschlusses vom 23. Oktober 2002 (S. 5 bis 8) ist
im Einzelnen dargelegt, warum die - insoweit unterstellte - Verletzung des
Mitwirkungsrechts des Klägers die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst
haben kann (§§ 10 Abs. 8 Satz 2 2. Halbsatz LuftVG, 46 HVwVfG); hierauf wird
Bezug genommen. Nicht nur insoweit, sondern auch im Rahmen der gesamten
nachfolgenden Erwägungen sieht sich der Senat in Übereinstimmung mit der -
soweit ersichtlich - neuesten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im
Bereich der naturschutzrechtlichen Vereinsklage (Urteil vom 9. Juni 2004 - 9 A
11.03 -, JURIS-Dokument Nr.: WBRE 410011094
Zuge der B 2>, Rdnr. 38 bis 40, 47 bis 49).
Das planfestgestellte Vorhaben verfügt, was der Kläger aus zutreffenden, im
Schriftsatz vom 5. Oktober 2004 (S. 14) näher dargelegten Gründen auch selbst
einräumt, über die erforderliche Planrechtfertigung. Dass das Vorhaben nach den
Zielsetzungen des Luftverkehrsgesetzes gerechtfertigt und vernünftigerweise
geboten ist, um den gegenwärtigen und zukünftigen Verkehrsbedürfnissen gerecht
werden zu können, ist in dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 79 ff.)
mit tragfähigen Erwägungen im Einzelnen dargelegt. Die zusammenfassende
Feststellung der Planfeststellungsbehörde (S. 85), dass die Änderungsplanung für
den Verkehrslandeplatz B-Stadt "wegen der erforderlichen Anpassung an
europäische Standards, der Erhöhung der Sicherheit, der qualitativen
Verbesserung der Nutzbarkeit insbesondere für Geschäftsreiseflugzeuge und der
Erhaltung der infrastrukturellen Bedeutung des Landeplatzes für die Region" - nicht
zuletzt im Hinblick auf eine "nahezu 100 %ige Entlastungsfunktion für den
Flughafen Frankfurt im Bereich der Allgemeinen Luftfahrt" (S. 84) - gerechtfertigt
sei, gibt zu Beanstandungen im Rahmen der (uneingeschränkten) gerichtlichen
Überprüfung keinen Anlass. Insbesondere kann das Vorliegen einer hinreichenden
Planrechtfertigung für die streitgegenständliche Start-/Landebahnverlängerung
nicht mit dem Argument in Frage gestellt werden, weder die von dem Beklagten
herangezogenen Regelungen der JAR-OPS 1und der 5. DVLuftBO noch
Sicherheitsaspekte oder sonstige Gründe der "Bestandssicherung" erforderten
zwingend eine derartige Maßnahme. Hierauf kommt es bei der Planrechtfertigung
als einer praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen
wirksamen Schranke der Planungshoheit nicht an. Die Planrechtfertigung fordert
vielmehr eine Prüfung, ob das Vorhaben mit den Zielen des jeweiligen
Fachplanungsgesetzes übereinstimmt, so dass die Zulassung des Vorhabens im
Allgemeinwohlinteresse erforderlich ist. Zwar verlautbart das Luftverkehrsgesetz
seine Ziele, die als Planrechtfertigung dienen können, nicht in einer gesonderten
Vorschrift. Die von ihm verfolgten Allgemeinwohlgründe sind aber der Bestimmung
der öffentlichen Aufgabe zu entnehmen, die z. B. in der Enteignungsregelung des §
28 Abs. 1 LuftVG Ausdruck gefunden hat. Danach sind Enteignungen namentlich
für "Zwecke der Zivilluftfahrt" zulässig. Hiervon ausgehend ist in der
Rechtsprechung anerkannt, dass der Ausbau von Verkehrslandeplätzen
"gemeinnützig" ist, weil sie nach § 49 Abs. 2 Nr. 1 LuftVZO dem allgemeinen
Verkehr der Zivilluftfahrt dienen sollen (vgl. Urteil des BVerwG vom 11. Juli 2001 -
11 C 14.00 -, BVerwGE 114, 364, 375 m.w.N.). Geklärt ist ferner, dass im
konkreten Einzelfall völlig unterschiedliche Aspekte die Zielkonformität
gewährleisten können, nämlich beispielsweise Gründe der Sicherheit, ein
steigendes Verkehrsbedürfnis oder Gesichtspunkte einer regionalen Strukturhilfe.
Angesichts dessen kann kein durchgreifender Zweifel daran bestehen, dass der
planfestgestellte Ausbau des Verkehrslandeplatzes B-Stadt allein im Hinblick
darauf vernünftigerweise geboten und deshalb nach Maßgabe des einschlägigen
Fachplanungsrechts gerechtfertigt ist, dass er objektiv die Sicherheit des
Luftverkehrs nicht nur unwesentlich erhöht sowie die unter
Kapazitätsgesichtspunkten bedeutsame Entlastungsfunktion des Flugplatzes für
den benachbarten internationalen Verkehrsflughafen Frankfurt im Bereich der
Allgemeinen Luftfahrt auch zukünftig sicherstellt.
Es kommt danach für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht
darauf an, dass der Kläger als anerkannter Naturschutzverein nach der
Rechtsprechung des 4. Senats des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 1.
Juli 2003 - 4 VR 1.03 -, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3) grundsätzlich
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Juli 2003 - 4 VR 1.03 -, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3) grundsätzlich
nicht befugt ist, das Fehlen der Planrechtfertigung zu rügen.
Strikt verbindliche Zielvorgaben des Fachplanungsrechts, die der zur
Planfeststellung ermächtigten Behörde bei der Zulassung eines bestimmten
Luftverkehrsvorhabens in Form gesetzlicher Planungsleitsätze (vgl. hierzu das
Urteil des BVerwG vom 22. März 1985 - 4 C 73.82 -, BVerwGE 71, 163 ff., sowie
den Beschluss vom 21. August 1990 - 4 B 104.90 -, Buchholz 406.401 § 8
BNatSchG Nr. 8 = NVwZ 1991, 69 f.) unüberwindbare Schranken setzen könnten,
existieren im hier angesprochenen Regelungsbereich nicht. Auch im Wege der
Erteilung von Befreiungen oder der Zulassung von Ausnahmen nicht zu
überwindende gesetzliche Eingriffsverbote ergeben sich für die
luftverkehrsrechtliche Fachplanung entgegen der Auffassung des Klägers ferner
nicht - jedenfalls bei den hier gegebenen konkreten Einzelfallumständen nicht -
aus dem einschlägigen (europäischen oder nationalen) Naturschutzrecht; hierauf
wird noch zurückzukommen sein.
Die das Vorhaben der Beigeladenen zulassende Entscheidung des
Regierungspräsidiums Darmstadt erweist sich im Rahmen der insoweit
grundsätzlich nur eingeschränkt möglichen gerichtlichen Überprüfung als
abwägungsfehlerfrei, jedenfalls aber als nicht in einer Weise abwägungsfehlerhaft,
die als erheblich im Sinne des § 10 Abs. 8 Satz 1 LuftVG beanstandet werden
könnte.
Die Planfeststellungsbehörde hat in dem Planfeststellungsbeschluss (S. 85 ff.) eine
dem Abwägungsgebot hinreichend Rechnung tragende Entscheidung über die im
Raum stehenden Planungsalternativen getroffen, und zwar unter ausdrücklicher
Einbeziehung auch der von dem Kläger im Hinblick auf die "Zerstörung des
Hegbachs" für allein vertretbar gehaltenen "Nullvariante" (Variante E). Dass sie
sich "unter Abwägung ökologischer, technischer und ökonomischer
Realisierungskonsequenzen" im Ergebnis für die dem Ausbauvorhaben der
Beigeladenen entsprechende Variante F als die insgesamt am geeignetsten
erscheinende Lösung entschieden hat, vermag der Anfechtungsklage des Klägers
nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Auswahl unter verschiedenen in Frage
kommenden Planungsvarianten ist nämlich ungeachtet hierbei zu beachtender,
rechtlich zwingender Vorgaben eine Abwägungsentscheidung (§ 8 Abs. 1 Satz 2
LuftVG), die auch auf die Klage eines anerkannten Naturschutzvereins hin
inhaltlich nur eingeschränkt gerichtlich überprüft werden kann. Nach ständiger, in
dem Urteil vom 9. Juni 2004 beispielhaft zitierter Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts handelt eine Planfeststellungsbehörde insbesondere
nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene
Planungsvariante ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, wie es
der Kläger im Hinblick auf den von ihm geforderten Ausbauverzicht darzulegen
versucht. Es ist auch nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen
ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer "besseren"
Planung leiten zu lassen. Vielmehr sind die Grenzen der der Behörde
eingeräumten fachplanerischen Gestaltungsfreiheit erst dann überschritten, wenn
eine Abwägung gerade auch im Hinblick auf die betroffenen Belange von Natur
und Landschaft nicht stattgefunden hat, wenn die Bedeutung dieser Belange
grundsätzlich verkannt oder wenn schließlich der Ausgleich zwischen ihnen und
anderen, für das Vorhaben sprechenden Belangen in einer Weise vorgenommen
worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Naturschutzbelange außer
Verhältnis steht (vgl. das Urteil des BVerwG vom 19. März 2003 - 9 A 33.02 -,
NVwZ 2003, 1120, 1122 m.w.N.). Ist demgegenüber der Abwägungsvorgang
fehlerfrei, haben auch die Gerichte das Ergebnis der Abwägung grundsätzlich
hinzunehmen und es zu respektieren, dass sich der Planungsträger in der Kollision
zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit
notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entschieden hat. Sie
dürfen das Ergebnis nur dann beanstanden, wenn bei der Abwägung die einen -
hier naturschutzrechtlichen - Belange gegenüber den anderen - hier
verkehrsinfrastrukturellen - Belangen unverhältnismäßig zurückgesetzt worden
sind (vgl. Urteil des BVerwG vom 15. Januar 2004 - 4 A 11.02 -, NVwZ 2004, 732,
738 = NuR 2004, 366, mit Anmerkung Hösch, Vom generellen Vorrang des
Straßenbaus vor dem Naturschutz in der Rechtsprechung, NuR 2004, 572 ff.).
Der Kläger wirft der Planfeststellungsbehörde vor, die Bedeutung der von dem
Planvorhaben berührten Belange grundsätzlich verkannt, nämlich das Gewicht der
für dessen Realisierung sprechenden Belange ohne zureichenden Grund
überbewertet, das Gewicht der dagegen sprechenden Belange unter Verkennung
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überbewertet, das Gewicht der dagegen sprechenden Belange unter Verkennung
zwingender Vorschriften des Naturschutzrechts demgegenüber
unterbewertet
Senat ebenso wenig zu folgen wie der von dem Kläger in unterschiedlichem
Zusammenhang sinngemäß dargelegten Auffassung, mit der Zulassung des
Vorhabens sei der Ausgleich der in die Abwägung einzustellenden gegenläufigen
Belange unter einseitiger Bevorzugung der Interessen des Luftverkehrs auf eine
Art und Weise vorgenommen worden, dass er zur objektiven Gewichtigkeit der
durch die irreparable Zerstörung des Hegbachs nachteilig betroffenen Belange des
Naturschutzes außer Verhältnis stehe.
Unter Bezugnahme auf das Urteil des 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
vom 19. Mai 1998 (- 4 A 9.97 -, BVerwGE 107, 1, 5 ff.) ist in dem Senatsbeschluss
vom 23. Oktober 2002 (S. 8 ff.) zu der die Zulässigkeit von Rechtsbehelfen der
anerkannten Naturschutzvereine regelnden Vorschrift des § 61 Abs. 2 Nr. 1
BNatSchG 2002 ausgeführt, dass hierdurch die gerichtliche Überprüfung der von
einem solchen Verein angefochtenen Planfeststellungsbeschlüsse inhaltlich auf ein
bestimmtes "Klageprogramm" beschränkt werde, das von den Gerichten nicht
erweitert werden dürfe. Die gesetzliche Beschränkung der Rügebefugnis der
anerkannten Naturschutzvereine habe zur Folge, dass Fragen des
Verkehrsbedarfs, der Kostenberechnung, der Lärmauswirkungen und andere
Fragen nicht-naturschutzrechtlicher Art bei der gerichtlichen Kontrolle
grundsätzlich unberücksichtigt bleiben müssten. Zu den naturschutzrechtlichen
Bestimmungen im Sinne des § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG 2002 gehöre das
fachplanerische Abwägungsgebot nur insoweit, als Belange des Naturschutzes und
der Landschaftspflege betroffen seien. Dagegen müssten nicht als
naturschutzrechtlich zu qualifizierende Belange zwar im Rahmen der
fachplanerischen Abwägung beachtet werden; ihre Beachtung könne jedoch
ebenso wenig Gegenstand der durch § 61 Abs. 1 BNatSchG 2002 eröffneten
Rechtsbehelfe sein wie das Vorliegen einer hinreichenden Planrechtfertigung (im
Sinne der ersten Prüfungsstufe bei der gerichtlichen Überprüfung von
Planungsentscheidungen). Ob hieran ohne Einschränkungen festgehalten werden
kann, nachdem der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts den Standpunkt
eingenommen hat, die Klagebefugnis eines anerkannten Naturschutzvereins nach
§ 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 decke auch Rügen gegen die Tauglichkeit
der Verkehrsprognose, sofern diese von Bedeutung für den
Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf die mit dem Vorhaben verbundenen
Eingriffe in Natur und Landschaft sei (Urteil vom 19. März 2003 a.a.O.; vgl. zu den
Einschränkungen des "Rechtsschutzes durch Verbandsklage" auch Schlacke, NuR
2004, 629, 630 f. m.w.N.), muss im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nicht
abschließend entschieden werden. Selbst wenn nämlich im Hinblick auf die den
anerkannten Naturschutzvereinen mit der Vereinsklage zugedachte Funktion, zum
Abbau von Vollzugsdefiziten im Naturschutz beizutragen und der
Vereinsmitwirkung mehr Gewicht zu verleihen, diesen Vereinen der Einwand
eröffnet sein sollte, infolge beispielsweise einer fehlerhaften Verkehrsprognose
seien naturschutzrechtliche Belange zu Unrecht als nachrangig eingestuft worden,
könnte hieraus für den Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits nichts hergeleitet
werden. Der hier entscheidungserhebliche Sachverhalt bietet nämlich schon im
Ansatz keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass gerade eine sachlich nicht
gerechtfertigte Überbewertung der für das Planvorhaben anzuführenden
öffentlichen (BVerwGE 56, 110, 119) Belange zu einem objektiv nicht mehr
vertretbaren Abwägungsergebnis geführt haben könnte. Für die planfestgestellte
Verlängerung der Start-/Landebahn des Verkehrslandeplatzes B-Stadt sprechen
bei objektiver Betrachtung allein wegen dessen auf der Hand liegenden
verkehrsinfrastrukturellen Bedeutung für die Rhein-Main-Region derart gewichtige,
im Planfeststellungsbeschluss (S. 83 ff.) hinreichend dargelegte öffentliche
Interessen, dass dem Vorhaben der Beigeladenen im Hinblick auf den bei seiner
Realisierung nicht zu vermeidenden Verlust eines ca. 350 m langen Abschnitts des
Hegbachs und seiner Ufergehölze nicht von vornherein ein fachplanerisch
unüberwindbares Hindernis entgegenstand, sondern den hierdurch nachteilig
betroffenen Belangen von Natur und Landschaft - ungeachtet ihres Gewichts im
Einzelnen - grundsätzlich nur in Form eines möglichst weitgehenden
Eingriffsausgleichs Rechnung getragen werden musste, worauf noch
zurückzukommen ist. Weder der Umstand, dass das Planvorhaben im räumlichen
Geltungsbereich sowohl der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet
"Landkreis Offenbach" vom 13. März 2000 (StAnz. S. 1123) als auch -
hauptsächlich - der Verordnung zum Schutze von Landschaftsteilen im Bereich
des Landkreises Darmstadt vom 20. Dezember 1956 (StAnz. 1957 S. 84)
verwirklicht werden muss, noch der besondere gesetzliche Schutz von "naturnahen
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verwirklicht werden muss, noch der besondere gesetzliche Schutz von "naturnahen
Bachabschnitten" und "Ufergehölzen" (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 und 3 HENatG 1996) noch
schließlich das im Zeitpunkt der Planfeststellung vorhandene Vorkommen von
Cottus gobio in dem planbetroffenen Abschnitt des Hegbachs sowie die dort als
vorhanden unterstellten Larvalhabitate von Cordulegaster boltoni sind
demgegenüber - einzeln oder in ihrer Gesamtheit - von solchem Gewicht, dass
deswegen entsprechend der von dem Kläger für geboten gehaltenen Gewichtung
das Projekt als solches scheitern müsste. Das von dem Kläger erklärtermaßen
nach wie vor allein verfolgte Klageziel, den für die Flugplatzerweiterung unmittelbar
in Anspruch genommenen ca. 350 m langen Abschnitt des Hegbachs mit seinen
Ufergehölzen vollständig zu erhalten bzw. - nach inzwischen erfolgter
Inbetriebnahme der verlängerten Start-/Landebahn - seinen ursprünglichen
Zustand durch entsprechenden Rückbau in vollem Umfang wiederherzustellen,
stützt sich letztlich auf eine objektiv nicht nachvollziehbare, nach Auffassung des
Senats geradezu eklatante Verkennung des erheblichen Gewichts der für den
Ausbau des Verkehrslandeplatzes B-Stadt streitenden öffentlichen Interessen
insbesondere verkehrs-, wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischer Art. Unter der
Geltung des derzeitigen, weiteres Wachstum zumal des Luftverkehrs tendenziell
begünstigenden Fachplanungsrechts sind die von ihm angeführten Belange des
Natur- und Landschaftsschutzes nach ihrer konkret erkennbaren Bedeutung
allenfalls dazu geeignet, die Beigeladene zur Durchführung weitergehender als der
ohnehin im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss bereits angeordneten
Kompensationsmaßnahmen verpflichten zu lassen; einen entsprechenden
Verpflichtungsantrag hat der Kläger aber - aus welchen Gründen auch immer -
nicht zur Entscheidung des Gerichts gestellt.
Dass der Planfeststellungsbeschluss an keinem durchgreifenden Mangel leidet,
soweit er nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG die Belange von Natur und Landschaft im
Rahmen der fachplanerischen Abwägung angemessen zu berücksichtigen hat,
folgt zunächst daraus, dass ihm eine ausreichende Ermittlung und
Bestandsaufnahme der im Planungsraum vorhandenen Tier- und Pflanzenarten
sowie ihrer Lebensräume vorausgegangen ist. Nicht zuletzt der Kläger selbst hat
durch seine bereits im Verwaltungsverfahren gegebenen Hinweise auf die im bzw.
am Hegbach anzutreffenden Habitatspezialisten Cottus gobio und Cordulegaster
boltoni dazu beigetragen, dass die Planfeststellungsbehörde der
Vorhabensträgerin nach Durchführung des Erörterungstermins im April 2001 noch
bestimmte Ergänzungen der Planunterlagen, insbesondere hinsichtlich des
Naturschutzes, auferlegte. Nach Abschnitt III der Nachforderung vom 26. Juni 2001
war "für die Libelle Cordulegaster boltoni der genaue Fundort durch eine
Larvaluntersuchung/Befragung der Gutachter zu ermitteln und (waren)
Maßnahmen zur Biotopgestaltung oder zur Umsiedlung vorzusehen (Bl. 2667 der
Behördenakten "Planfeststellungsverfahren B-Stadt"). Hieran anknüpfend erblickt
der Kläger ein auch artenschutzrechtlich relevantes Ermittlungsdefizit darin, dass -
ohne Durchführung einer Larvaluntersuchung - hierzu in der Anlage 3.4 der von
der Beigeladenen nachgereichten ergänzenden Unterlagen vom 18. Juli 2001
sowie - nahezu wortgleich im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 100) -
ausgeführt ist:
Im Rahmen der Ausführungsplanung werden die Existenz der Zweigestreiften
Quelljungfer (Cordulegaster boltoni, Rote Liste BRD 3) und des Eisvogels ...
berücksichtigt. Auf deren Ansprüche wird in der Planung des neuen Hegbachs
eingegangen. Nachweis für diese Vorkommen liefern zum einen die Auswertung
der Libellenkartierung von Edmund Flößer (Durchführung in den 90er Jahren), die
das Vorkommen der Zweigestreiften Quelljungfer als Imago im Gebiet aufzeigt ...
Die Lebensraumansprüche der Zweigestreiften Quelljungfer sind wie beim Eisvogel
die gute Gewässerqualität, aber auch wie bei der Groppe möglichst kühles und
beschattetes Wasser. Eine Gewässereutrophierung muss unbedingt vermieden
werden. Deswegen ist es äußerst wichtig, Einleitungen durch z. B. die
Landwirtschaft ... oder beim Bau zu verhindern und einen ausreichend Schatten
spendenden Ufergehölzsaum herzustellen. Außerdem sind Stillwasserbuchten in
den Verlauf des Hegbachs einzuplanen, in dem Sand- und Kiesbänke mit feinem
Sediment für die Eiablage und die Larvenentwicklung eingebracht werden.
Das Unterbleiben einer auf das mehrjährige Entwicklungsstadium der Larven von
Cordulegaster boltoni Rücksicht nehmenden Larvaluntersuchung stellt jedenfalls
unter den hier gegebenen Umständen keinen Mangel dar, der zur Aufhebung des
angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses führen könnte. Die
Untersuchungstiefe hängt nämlich maßgeblich von den naturräumlichen
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Untersuchungstiefe hängt nämlich maßgeblich von den naturräumlichen
Gegebenheiten im Einzelfall ab. Aus fachlicher Sicht kann sich eine bis ins letzte
Detail gehende Untersuchung erübrigen. Das Recht nötigt insbesondere nicht zu
einem Ermittlungsaufwand, der keine zusätzliche Erkenntnis verspricht (vgl. das
bereits zitierte Urteil des BVerwG vom 9. Juni 2004, Rdnr. 90 mit weiteren
Rechtsprechungsnachweisen). Einer Larvaluntersuchung in dem ca. 350 m langen
Bachabschnitt, dessen Inanspruchnahme bei einer Verlängerung der vorhandenen
Start-/Landebahn nicht vermieden werden kann, bedurfte es im Hinblick darauf
nicht, dass die Planfeststellungsbehörde ein Vorkommen der versteckt lebenden
Larven der Zweigestreiften Quelljungfer gerade auch in diesem Gewässerbereich
unterstellt
sachlicher Grund, weil nämlich inzwischen die voll entwickelte Libelle in einem von
dem Vorhaben der Beigeladenen nicht betroffenen, weitaus größeren Abschnitt
des Hegbachs - auch bei der Eiablage - beobachtet worden war und deshalb auch
ohne aufwendige Larvaluntersuchung von der Existenz entsprechender
Larvalhabitate ausgegangen werden konnte. Der Zulässigkeit einer derartigen
Wahrunterstellung steht entgegen der Ansicht des Klägers nicht von vornherein
entgegen, dass es sich bei der Zweigestreiften Quelljungfer um eine im Sinne der
§§ 42 Abs. 1 Nr. 1, 10 Abs. 2 Nr. 10c BNatSchG 2002 i.V.m. § 1 und Anlage 1 der
Bundesartenschutzverordnung in der Fassung vom 14. Oktober 1999 (BGBl. I S.
1955, 1973) besonders geschützte heimische Libellenart handelt. Aus dem sich
hieraus ergebenden Schutzstatus sind Rückschlüsse auf die Untersuchungstiefe,
wie sie der Kläger für geboten hält, nicht zwangsläufig zu ziehen. Seine Rüge zielt
im Grunde auch nicht auf Ermittlungsdefizite bei der Bestandserfassung
(insbesondere der Larven) von Cordulegaster boltoni ab; vielmehr lässt sie eine
andere als die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende
naturschutzfachliche Beurteilung der Wertigkeit der dort als vorhanden
unterstellten, jedoch nicht im Einzelnen - etwa durch Sedimentsiebung -
nachgewiesenen Larvalhabitate und damit auch Differenzen bei der Einschätzung
der Möglichkeit eines hinreichenden Eingriffsausgleichs erkennen. Hierauf kommt
es aber rechtlich nicht an. Der im Wesentlichen in § 42 BNatSchG 2002 geregelte
besondere Artenschutz, der nicht nur den Larvalhabitaten von Cordulegaster
boltoni, sondern auch den dort lebenden Larven als Individuen zugute kommt,
entfaltet im Rahmen der Fachplanung nicht die Rechtswirkung, die ihr der Kläger in
der Annahme, es handele sich hierbei um einen der Abwägung nicht zugänglichen
gesetzlichen Planungsleitsatz, beimessen will. Jedenfalls sind substantielle
Ermittlungsdefizite, die zu einer erheblichen Fehlgewichtung der Belange von Natur
und Landschaft hinsichtlich dieser Libellenart und ihrer besonderen
Lebensraumansprüche führen könnten, nicht ersichtlich.
Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 - einer ebenso wie die §§ 42 bis
50 unmittelbar geltenden Vorschrift - kann von den Verboten des § 42 und den
Vorschriften einer Rechtsverordnung auf Grund des § 52 Abs. 7 auf Antrag
Befreiung gewährt werden, wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls die
Befreiung erfordern und - was bei Cordulegaster boltoni offensichtlich der Fall ist -
die Art. 12, 13 und 16 der Richtlinie 92/43/EWG oder Art. 5 bis 7 und 9 der Richtlinie
79/409/EWG nicht entgegenstehen. Zudem gelten nach der Ausnahmevorschrift
des § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG 2002 die Verbote des § 42 Abs. 1 und 2 u. a.
nicht für den Fall, dass die Handlungen bei der Ausführung eines nach § 19
zugelassenen Eingriffs vorgenommen werden, soweit hierbei Tiere der besonders
geschützten Arten, einschließlich ihrer Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten,
nicht absichtlich beeinträchtigt werden. Aus diesen Befreiungen und Ausnahmen
vom besonderen gesetzlichen Artenschutz zulassenden Regelungen folgt, dass
das Vorkommen einer (nur) nach nationalem Recht besonders geschützten Tierart
im Planungsraum - sei es im Zuge entsprechender Detailuntersuchungen
nachgewiesen, sei es in zulässiger Weise von der Planfeststellungsbehörde als
vorhanden unterstellt - entgegen der Auffassung des Klägers jedenfalls kein
"absolutes" Planungshindernis darstellt.
Die mit dem Artenschutzrecht in Zusammenhang stehenden Gründe, die dazu
geführt haben, dass der 3. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs mit
Urteilen vom 24. November 2003 (- 3 N 1080/03 -, NuR 2004, 393) und vom 25.
Februar 2004 (- 3 N 1699/03 -, NuR 2004, 397) Bebauungspläne für unwirksam
erklärt hat, sind nicht geeignet, den hier angefochtenen
Planfeststellungsbeschluss als rechtswidrig erscheinen zu lassen.
Dort ist zum einen eine das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB verletzende
ungenügende Tierbestandsaufnahme darin erblickt worden, dass eine
Bestandsaufnahme der Tierwelt, insbesondere der Vogelwelt, seitens der
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Bestandsaufnahme der Tierwelt, insbesondere der Vogelwelt, seitens der
Gemeinde und des von ihr beauftragten Planungsbüros - unstreitig - in der
Annahme unterblieben war, vertiefende Untersuchungen zu besonderen Fragen
aus der Sicht von Flora, Vegetation und Fauna seien nicht notwendig, da mit Hilfe
von Analogschlüssen auf Grund der vorhandenen Nutzung bzw. der festgestellten
Biotopstrukturen eine hinreichend genaue Bewertung möglich sei. In diesem
Zusammenhang hat der 3. Senat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 21. Februar 1997 - 4 B 177.96 -,
NVwZ-RR 1997, 607 = Buchholz 406.401 § 8 BNatSchG Nr. 20; Urteil vom 30.
Januar 2003 - 4 CN 14.01 -, DVBl. 2003, 733) klargestellt, dass, wenn es
Anhaltspunkte für das Vorhandensein besonders seltener Arten gebe, dem im
Rahmen der Ermittlungen nachgegangen werden müsse. Diesen Anforderungen
ist hier hinsichtlich der Zweigestreiften Quelljungfer genügt. Hierzu hat der
erkennende Senat in dem Beschluss vom 23. Oktober 2002 (S. 20 f.) ausgeführt:
... Die Planfeststellungsbehörde (hat) den durch das Planvorhaben bewirkten
Eingriff in den Lebensraum von Cordulegaster boltoni - einschließlich der als
vorhanden unterstellten Larvalhabitate - als solchen erkannt, ihn in Kenntnis der
vorhandenen Libellenkartierung und entsprechend der Einwendung der
anerkannten Naturschutzverbände als schwerwiegend bewertet sowie der
besonderen Schutzbedürftigkeit dieser in der Roten Liste geführten Art durch ein
Bündel von Maßnahmen Rechnung getragen, mit denen im Rahmen der
Ausführung des Vorhabens ein Ausgleich gemäß § 6a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs.
3 HENatG für den Wegfall der bisherigen Gewässerstrecke des Hegbachs
geschaffen werden soll. Diese Vorgehensweise ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Einer weitergehenden, nach der Vorstellung des Antragstellers unter Umständen
mehrjährigen Untersuchung, ob sich gerade auch in dem bei Realisierung des
Planvorhabens wegfallenden Abschnitt des Hegbachs tatsächlich Larvalhabitate
von Cordulegaster boltoni befinden, bedurfte es wegen der insoweit
vorgenommenen Wahrunterstellung vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses
nicht. Wie viele Larven von Cordulegaster boltoni - und wo genau - sich in dem
verloren gehenden Gewässerabschnitt befinden und ggf. an geeignete Stellen der
Verlegungsstrecke "umzusiedeln" sind, konnte ohne Rechtsfehler der der
Planfeststellung nachfolgenden Ausführungsplanung und der im
Planfeststellungsbeschluss ausdrücklich festgesetzten ökologischen
Bauüberwachung sowie Erfolgskontrollen überlassen bleiben.
Hieran wird mit der Maßgabe festgehalten, dass der Beklagte den Verzicht auf
eine Larvaluntersuchung in dem streitbegangenen Abschnitt des Hegbachs in der
mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat mit der weiteren, ebenfalls
tragfähigen Erwägung begründet hat, der durch Beobachtung erbrachte Nachweis
der Eiablage von Cordulegaster boltoni in einem benachbarten, von der Planung
nicht betroffenen Abschnitt des Hegbachs habe die vorher nur auf eine
Rasterkartierung gestützte Erkenntnis bestätigt, dass diese als heimische Libelle
besonders geschützte Tierart die erforderlichen Habitatvoraussetzungen nicht
ausschließlich in dem überplanten, sondern in einem weitaus größeren
Gewässerbereich finde und deshalb ein endgültiger Verlust im Zuge der
Realisierung des Vorhabens nicht zu befürchten sei. Dass nach Baubeginn
entsprechend der Behauptung des Klägers weder eine ökologische
Bauüberwachung noch - wie auch der Beklagte einräumt - eine "Umsiedlung" von
Libellenlarven stattgefunden hat, ist für die hier zu treffende Entscheidung ohne
Bedeutung. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines
Planfeststellungsbeschlusses kommt es allein auf die im Zeitpunkt seines Erlasses
gegebene Sach- und Rechtslage an; später eintretende Tatsachen dürfen insoweit
von dem Gericht nicht berücksichtigt werden.
Zum anderen hat der 3. Senat in den vorgenannten Urteilen in Anwendung
gemeinschaftsrechtlicher, aus dem "Caretta"-Urteil des Europäischen Gerichtshofs
vom 30. Januar 2002 (- C-103/00 -, NuR 2004, 596 f.) abgeleiteter Vorgaben - nicht
allein entscheidungstragend - ausgeführt, eine Freistellung vom Artenschutzrecht
nach § 20f Abs. 3 BNatSchG 1993 bzw. nach § 43 Abs. 4 BNatSchG 2002 scheitere
(auch) daran, dass Tiere der besonders geschützten Arten nicht absichtlich
beeinträchtigt werden dürfen, "Absicht" aber schon dann vorliege, wenn der Eingriff
zwangsläufig zu einer Zerstörung oder erheblichen Beeinträchtigung der Nist-,
Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten besonders geschützter Tierarten führt. Diese
die engere Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 11. Januar 2001
- 4 C 6.00 -, BVerwGE 112, 321 = NuR 2001, 385, 387) als europarechtlich nicht
haltbar ansehende Rechtsprechung hat zur Konsequenz, dass nunmehr bei allen
Planungen, bei denen die Zerstörung oder Beeinträchtigung der Nist-, Brut-,
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Planungen, bei denen die Zerstörung oder Beeinträchtigung der Nist-, Brut-,
Wohn- oder Zufluchtsstätten besonders geschützter Tiere oder der Standorte
Befreiungen
des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2002 erteilt werden müssen, damit das Vorhaben
zulässig ist (vgl. Louis, Artenschutz in der Fachplanung, NuR 2004, 557, 559
m.w.N.).
Hieraus lässt sich Entscheidendes für einen Erfolg der Klage jedoch nicht ableiten,
und zwar auch für den Fall nicht, dass der der Zweigestreiften Quelljungfer -
ausschließlich nach nationalem Recht - zugute kommende besondere Artenschutz
die von dem 3. Senat angenommene Wirkung gerade auch gegenüber einer
luftverkehrsrechtlichen oder sonstigen Fachplanung entfalten sollte, bei der ein
bestimmtes, zwangsläufig mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbundenes
(Bau-)Vorhaben umfassend durch Planfeststellung zugelassen wird. Die Befreiung,
deren es nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen allenfalls bedarf, ist
nämlich mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss - bei objektiv
bestehender "Befreiungslage" - erteilt. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 LuftVG ersetzt die
Planfeststellung alle nach anderen Rechtsvorschriften notwendigen öffentlich-
rechtlichen Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Zustimmungen.
Hierauf ist in dem am 5. April 2002 erlassenen Planfeststellungsbeschluss (S. 9)
auch ausdrücklich - u. a. hinsichtlich der "naturschutzrechtlichen Genehmigungen
und Befreiungen nach §§ 7 Abs. 2, 23 Abs. 4 HENatG sowie der Befreiung nach § 4
der Verordnung zum Schutze von Landschaftsteilen im Bereich des Landkreises
Darmstadt" - hingewiesen worden. Dass die Planfeststellungsbehörde die am 4.
April 2002 in Kraft getretene Befreiungsvorschrift des § 62 Abs. 1 BNatSchG 2002
(aber auch eine sonstige von den Anforderungen des besonderen Artenschutzes
befreiende Bestimmung) in dem Planfeststellungsbeschluss nicht ausdrücklich
angesprochen hat, kann nicht zu dessen Aufhebung führen. Insoweit gilt nichts
anderes als hinsichtlich der in dem Senatsbeschluss vom 23. Oktober 2002 (S. 12
ff.) bereits rechtlich gewürdigten Rüge des Klägers, die zuständige Behörde habe
eine für die Realisierung des Vorhabens erforderliche Befreiung von den
Veränderungsverboten der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet
"Landkreis Offenbach" mangels Auseinandersetzung gerade auch mit dieser
Verordnung nicht erteilt. Der erkennende Senat hält insoweit an der Beurteilung
dieses Mangels als rechtlich unerheblich fest. Nach § 10 Abs. 8 Satz 1 LuftVG sind
Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und
privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das
Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Jedenfalls die letzte Voraussetzung
ist hier nicht erfüllt. Die Abwägung hätte nämlich ersichtlich zu keinem anderen
Ergebnis geführt, wenn die Planfeststellungsbehörde die Vorschrift, die unter der
Voraussetzung "überwiegender Gründe des Gemeinwohls" eine Befreiung von den
Verboten des besonderen Artenschutzes ermöglicht, in dem
Planfeststellungsbeschluss selbst in gleicher Weise angesprochen hätte, wie sie es
bei weiteren, ebenfalls auf überwiegende Gründe des Gemeinwohls abstellenden
naturschutzrechtlichen Befreiungsvorschriften ausdrücklich getan hat.
Der Kläger macht auch im Hinblick auf die ebenfalls einschlägigen
Befreiungsvorschriften der (hier noch anzuwendenden) §§ 30b Satz 1 Nr. 2 und 23
Abs. 4 HENatG 1996 sowie des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. den §§ 42 Abs. 1 Nr.
1 und 10 Abs. 2 Nr. 10c BNatSchG 2002 geltend, eine die Zulassung des
Planvorhabens ermöglichende "Befreiungslage" habe nicht vorgelegen, weil die für
den Ausbau des Verkehrslandeplatzes B-Stadt - und damit zwangsläufig für die
"Zerstörung des Hegbachs" - angeführten, allenfalls wirtschaftlichen Interessen
überwiegende Gründe des Gemeinwohls
könnten. Dem vermag sich der erkennende Senat jedoch nicht anzuschließen.
Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die Vorhabensträgerin eine
Gesellschaft des Privatrechts ist. Ein dem allgemeinen Verkehr offen stehender B-
Straße wird dessen ungeachtet im öffentlichen Interesse betrieben (vgl. BVerwGE
56, 110, 119, zum Verkehrsflughafen A-Stadt); für seinen Ausbau können
grundsätzlich Gemeinwohlgründe angeführt werden. Dies ist in dem
angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 95 ff., 117 f., 119 ff.) ausreichend
geschehen. Dabei hat der Beklagte den Begriff der überwiegenden Gründe des
Gemeinwohls in § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 und in den weiteren
Befreiungsvorschriften nicht verkannt. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 20. Februar 2002 - 4 B 12.02 -, JURIS-
Dok.-Nr.: WBRE 410008770 m.w.N.) müssen insoweit zwei
Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein:
Von einer besonderen oder einer Ausnahmesituation kann nur bei einem
48 Von einer besonderen oder einer Ausnahmesituation kann nur bei einem
Sachverhalt die Rede sein, der sich vom gesetzlich geregelten Tatbestand durch
das Merkmal der Atypik abhebt. Ist diesem Erfordernis genügt, so bedarf es
zusätzlich einer Abwägungsentscheidung. Der Bilanzierungsgedanke kommt im
gesetzlichen Tatbestandsmerkmal der "überwiegenden" Gründe zum Ausdruck;
durch den Hinweis auf das "Gemeinwohl" stellt der Gesetzgeber außerdem klar,
dass in die bilanzierende Betrachtung zugunsten einer Ausnahme nur Gründe des
öffentlichen Interesses und nicht auch private Belange eingestellt werden dürfen.
Ob eine bestimmte Maßnahme aus überwiegenden Gründen des Gemeinwohls
zuzulassen ist, kann unabhängig davon, wer sich auf den Ausnahmetatbestand
beruft, nur das Ergebnis einer Abwägungsentscheidung sein, bei der in Rechnung
zu stellen ist, dass eine Ausnahme allenfalls in Betracht kommt, wenn Gründe des
öffentlichen Interesses von besonderem Gewicht sie rechtfertigen. Derartige
Gründe, die den durch Rechtsverordnung oder Gesetz besonders geschützten
Belangen des Naturschutzes im vorliegenden Konfliktfalle im Range vorgehen, hat
der Beklagte insbesondere im Hinblick auf die verkehrsinfrastrukturelle Bedeutung
des Ausbaus des Verkehrslandeplatzes B-Stadt als eines Vorhabens
angenommen, "das die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Arbeitsplätze und
Strukturelemente der Rhein-Main-Region dauerhaft sichern und verbessern hilft"
(S. 120 f. des Planfeststellungsbeschlusses). Dies kann gerichtlich um so weniger
beanstandet werden, als den der Verwirklichung des Vorhabens - nach Meinung
des Klägers unüberwindbar - entgegenstehenden Belangen des Naturschutzes,
nämlich dem Interesse an der Erhaltung des bis 2002 bestehenden Zustandes des
Hegbachs und seiner Ufergehölze mitsamt der in einem ca. 350 m langen
Gewässerabschnitt vorgefundenen bzw. als vorhanden unterstellten Tierarten,
unter Berücksichtigung der konkreten naturräumlichen Gegebenheiten objektiv ein
(deutlich) geringeres Gewicht beizumessen ist als dem öffentlichen Interesse an
dem planfestgestellten Ausbau des Verkehrslandeplatzes B-Stadt. Auf die hiervon
abweichende Gewichtung der von der Planung berührten (öffentlichen), teils für,
teils gegen die Verlängerung der Start-/Landebahn sprechenden Belange durch
den Kläger kommt es fachplanungsrechtlich nicht an; es erscheint im Übrigen
auch unter Berücksichtigung aller von dem Kläger bereits im Verwaltungsverfahren
gegen das Vorhaben erhobenen naturschutzfachlichen Bedenken sachlich nicht
nachvollziehbar, dass der von der Beigeladenen beantragten Planfeststellung
konkret betroffene Belange des Natur- und Landschaftsschutzes von solchem
Gewicht sollten entgegenstehen können, dass mangels "Befreiungslage" auf das
Vorhaben insgesamt hätte verzichtet werden müssen. Damit ist nicht gesagt,
dass die Lebensräume der Groppe und der Zweigestreiften Quelljungfer im und
am Hegbach, soweit dieser wegen der Verlängerung der vorhandenen Start-
/Landebahn verlegt werden muss, von dem Vorhaben in nur so geringem Maße
berührt würden, dass von einer erheblichen, ausgleichsbedürftigen
Beeinträchtigung keine Rede sein könnte. Vielmehr ist damit klargestellt, dass die
erforderlichen Befreiungen im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 9, 95
ff.) aus ohne Rechtsfehler angenommenen überwiegenden Gründen des
Gemeinwohls mit verkehrs-, wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischer Zielsetzung
erteilt sind (vgl. hierzu Louis, Die naturschutzrechtliche Befreiung, NuR 1995, 62,
64 f., 69 f.), ferner, dass die durch das Vorhaben verursachten und in rechtlich
nicht zu beanstandender Weise ermittelten Beeinträchtigungen von Natur und
Landschaft in der fachplanerischen Abwägung nicht nach ihrer Bedeutung und
ihrem Gewicht grundsätzlich verkannt oder sonst in nicht vertretbarer Weise hinter
andere für das Vorhaben sprechenden Belange zurückgestellt worden sind. Dabei
kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 9.
Juni 2004, a.a.O., Rdnr. 100) in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob das
nach Maßgabe der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung (§§ 6a und 6b HENatG
1996) zu erstellende Kompensationsmodell in allen Einzelpunkten einer rechtlichen
Überprüfung standhält, beispielsweise hinsichtlich der von den Beteiligten
kontrovers diskutierten Frage, ob der gebotene Ausgleich für den bei
Verwirklichung des Vorhabens unvermeidbaren Natureingriff entsprechend der
Einschätzung des Beklagten bereits nach einigen Jahren oder aber - so der Kläger -
günstigstenfalls erst nach 30 oder mehr Jahren sichergestellt werden könne.
Entscheidend ist vielmehr, dass die in die fachplanerische Abwägung
einzustellenden Belange der Umweltverträglichkeit des Vorhabens und damit
gerade auch seine Auswirkungen auf Natur und Landschaft im Einzelnen wie auch
in der Gesamtheit nach ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung angemessen erfasst
und bewertet sind. Zu erheblichen Abwägungsmängeln führende
Fehlgewichtungen können hier - auch unter Berücksichtigung aller gegen die
Planung erhobenen Einwände - nicht festgestellt werden. Das Gewicht der für das
Vorhaben sprechenden Belange wird entgegen der Ansicht des Klägers
insbesondere nicht dadurch entscheidend verringert, dass die planfestgestellte
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insbesondere nicht dadurch entscheidend verringert, dass die planfestgestellte
Verlängerung der Start-/Landebahn des Verkehrslandeplatzes B-Stadt nach den
Regelungen der JAR-OPS 1 "nicht zwingend erforderlich" sein mag. Allein die
Entlastungsfunktion, die dieser Landeplatz im Bereich der Allgemeinen Luftfahrt für
den benachbarten internationalen Verkehrsflughafen A-Stadt - künftig noch
verstärkt - nach den den südhessischen Raum betreffenden verkehrspolitischen
Zielsetzungen zu übernehmen hat, sowie die Verbesserung der Verkehrssicherheit
verleihen dem öffentlichen Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens nach
näherer Maßgabe der Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 83 ff.)
objektiv ein derartiges Gewicht, dass das gegenläufige Interesse des
Naturschutzes an der Erhaltung des ca. 350 m langen Abschnitts des Hegbachs
(einschließlich seiner Ufergehölze) mit dem dort angetroffenen
Groppenvorkommen und (als vorhanden unterstellten) Larvalhabitaten der
Zweigestreiften Quelljungfer - jedenfalls unter Berücksichtigung der von der
Planfeststellungsbehörde angeordneten Ausgleichsmaßnahmen - zurückstehen
muss.
Der Kläger legt im Übrigen auch selbst nicht hinreichend substantiiert dar, worin im
Einzelnen eine unverhältnismäßige Fehlgewichtung zu Lasten des Naturschutzes
bestehen soll; seine Behauptung, der Eingriff in den vorhandenen Naturbestand
werde, wenn überhaupt, frühestens in einigen Jahrzehnten einigermaßen
ausgeglichen sein können, zielt ersichtlich darauf ab, die objektive Unmöglichkeit
eines Ausgleichs und in der weiteren Konsequenz auch die Unzulässigkeit des
Vorhabens selbst darzutun. Dieses Klageziel kann der Kläger aber wegen
überwiegender, für den Ausbau des Flugplatzes sprechender Gründe des
Gemeinwohls nicht erreichen.
Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss steht nicht in Widerspruch zu
Anforderungen der FFH-RL und des diese gemeinschaftsrechtliche Richtlinie
umsetzenden nationalen Rechts (§§ 32 ff., 69 Abs. 1 BNatSchG 2002; die seit dem
28. Juni 2002 geltenden §§ 20a ff. des durch Gesetz vom 18. Juni 2002 geänderten
HENatG finden auf den am 5. April 2002 erlassenen Planfeststellungsbeschluss
noch keine Anwendung).
Der Kläger leitet aus dem Umstand, dass sich in dem inzwischen überbauten, ca.
350 m langen Abschnitt des Hegbachs ab Km 16,1 die im Anhang II der FFH-RL
aufgeführte - nicht prioritäre - Fischart Cottus gobio (Groppe/Mühlkoppe) mit einer,
wie mittlerweile ermittelt, "zwar räumlich stark restringierten, aber ausgesprochen
stark reproduktiven, dichten und vitalen Population" nachweisen ließ, die Folgerung
ab, dass es sich um ein potenzielles FFH-Gebiet gehandelt habe. Er lässt dabei
aber außer Acht, dass nicht jeder Lebensraum, in dem sich Arten im Sinne des
Anhangs II der FFH-RL nachweisen lassen, als potenzielles FFH-Gebiet einzustufen
ist. Auf der Ebene der mitgliedstaatlichen Gebietsauswahl ist die FFH-Relevanz
nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL anhand der dort in Anhang III Phase 1 festgelegten
Merkmale zu beurteilen, für Cottus gobio als (seit 1997 nicht mehr prioritäre) Art
des Anhangs II also nach Populationsgröße und -dichte der betreffenden Art in
diesem Gebiet im Vergleich zu den Populationen im ganzen Land, Erhaltungsgrad
der für die betreffende Art wichtigen Habitatselemente und
Wiederherstellungsmöglichkeit, Isolierungsgrad der in diesem Gebiet
vorkommenden Population im Vergleich zum natürlichen Verbreitungsgebiet der
jeweiligen Art und Gesamtbeurteilung des Wertes des Gebietes für die Erhaltung
der betreffenden Art.
Dieser Kriterienkatalog belegt zwar, dass politische oder wirtschaftliche
Gesichtspunkte bei der Auswahl ebenso außer Betracht zu bleiben haben wie
sonstige Zweckmäßigkeitserwägungen. Er schließt einen mitgliedstaatlichen
Beurteilungsspielraum gleichwohl nicht aus, denn er ist so konzipiert, dass er im
Einzelfall für unterschiedliche fachliche Wertungen offen ist. Lässt sich die
Entscheidung für oder gegen die Aufnahme eines Landschaftsraums in die
nationale Gebietsliste aus fachwissenschaftlicher Sicht vertreten, so nimmt die
FFH-RL dieses Ergebnis hin (vgl. Urteil des BVerwG vom 22. Januar 2004, a.a.O., S.
726 m.w.N.). Ob das Vorkommen der Groppe - genau in dem Abschnitt des
Hegbachs, der bei einer Verlängerung der Start-/Landebahn überbaut werden
muss - die im Anhang III Phase 1 aufgeführten Kriterien im Zeitpunkt der
Planfeststellung erfüllte, erscheint zweifelhaft, vor allem im Hinblick auf den
Isolierungsgrad der nur in einem vergleichsweise kurzen Gewässerabschnitt
festgestellten Population. Dem muss hier jedoch nicht näher nachgegangen
werden, weil die Planfeststellungsbehörde ausdrücklich "aus Gründen der
Verfahrenssicherheit" eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt, im Hinblick
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Verfahrenssicherheit" eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt, im Hinblick
auf das Groppenvorkommen im Hegbach den betreffenden Bachabschnitt
vorsorglich als potenzielles FFH-Gebiet angesehen, die durch das Planvorhaben
verursachten Eingriffe wie Beeinträchtigungen im Sinne von § 19c Abs. 1
BNatSchG (1998) - entsprechend § 34 Abs. 1 BNatSchG 2002 - bewertet, gemäß
Abs. 3 eine Ausnahme zugelassen sowie gemäß Abs. 5 die zur Sicherung des
Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes "Natura 2000"
notwendigen Maßnahmen - nämlich die in Anlage 11 der
Planfeststellungsunterlagen aufgeführten Maßnahmen zur Erhaltung des
Groppenbestandes - vorgesehen hat (S. 94 ff., 100 ff.). Dass auf diese Weise
wegen der damals noch unsicheren Datenlage dem betreffenden
Groppenvorkommen möglicherweise sogar ein weitergehender Schutz gewährt
wurde, als er nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in
einem potenziellen FFH-Gebiet ohne prioritäre Lebensraumtypen oder Arten
geboten ist, lässt die Rechtmäßigkeit des angefochtenen
Planfeststellungsbeschlusses ebenso unberührt wie die tatsächlichen Vorgänge
des Jahres 2003, die zum weitgehenden Verlust der im Zeitpunkt der
Planfeststellung noch vorhandenen Population geführt haben.
Der Kläger räumt in diesem Zusammenhang selbst ein, dass eine
Ausnahmeprüfung nach Art. 6 Abs. 4 FFH-RL (dessen Umsetzung in nationales
Recht durch § 19c BNatSchG 1998 bzw. § 34 Abs. 1 BNatSchG 2002 und in Hessen
durch § 20d HENatG in der freilich erst ab dem 28. Juni 2002 geltenden Fassung
erfolgt ist) tatsächlich stattgefunden hat, wenn auch mit dem nach seiner
Auffassung falschen Ergebnis, dass das Projekt zugelassen werden dürfe.
Zutreffend verweist er selbst auf die neuere Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts zum Schutzregime potenzieller, also nicht dem
strengen Schutz des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL unterstellter FFH-Gebiete, die in dem
vorstehend zitierten Urteil vom 22. Januar 2004 gerade im Hinblick auf ein
möglicherweise FFH-würdiges Groppenvorkommen (in der Leine) bekräftigt worden
ist. Danach richtet FFH-Recht, selbst wenn unterstellt wird, dass die Fischart der
Groppe in den deutschen Habitatmeldungen bisher noch unterrepräsentiert ist
und deshalb ein entsprechender Nachmeldebedarf besteht, für Pläne und Projekte
kein unüberwindliches Hindernis auf. Potenzielle FFH-Gebiete, die wie der hier
betroffene Planungsraum nur über nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten
verfügen, unterliegen entgegen der Ansicht des Klägers insbesondere keiner
Veränderungssperre, die einer Vorwegnahme des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkäme.
Vielmehr gebietet das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das
verhindert wird, dass "Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-RL auf der
Hand liegt", zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt werden, dass
sie für eine Meldung nicht mehr in Betracht kommen (BVerwG a.a.O. S. 727
m.w.N.). Selbst wenn der inzwischen in einem Bereich von ca. 350 m überbaute
Bachabschnitt in diesem Sinne schutzwürdig gewesen sein sollte, würde dies nicht
zur gerichtlichen Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen können.
Durch das Vorhaben der Beigeladenen wird nämlich der Hegbach als Habitat für
die Groppe nicht derart entwertet, dass er aus dem Kreis der meldefähigen
Gebiete endgültig ausscheiden müsste. Zwar wird derjenige verhältnismäßig kurze
Bachabschnitt, in dem die Groppe bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses
noch anzutreffen war, weitgehend - bis auf einen als Altarm zu erhaltenden
Abschnitt - für die Verlängerung der Start-/Landebahn unmittelbar in Anspruch
genommen. Gleichwohl geht der deswegen in einem weiten Bogen um die
verlängerte Start-/Landebahn herumzuführende Hegbach als Habitat für die
Groppe nicht insgesamt verloren. Das ergibt sich zum einen hinreichend
verlässlich aus den in der Anlage 11 der Verfahrensunterlagen im Einzelnen
aufgeführten Maßnahmen. Dementsprechend ist im Rahmen der von der
Planfeststellungsbehörde angeordneten Kompensation (S. 99 ff. des
Planfeststellungsbeschlusses) insbesondere vorgesehen, die Groppe in geeignete
Abschnitte des Oberlaufs des Hegbachs umzusetzen, nachdem diese zuvor durch
das Einbringen entsprechenden Substrates aufgewertet wurden (M-FFH 01 bis 05).
Ferner soll oberhalb der Teilverlegungsstrecke des Hegbachs durch Verbesserung
oder Herstellung groppengerechter Habitatstrukturen sowie der
Gewässerdurchgängigkeit die Regeneration des Groppenbestandes im
teilverlegten Hegbach gefördert werden (M-FFH 06 bis 12). Nach der - für die
gerichtliche Überprüfung vorrangig bedeutsamen - Begründung des
Planfeststellungsbeschlusses (S. 100 f.) werden diese Maßnahmen ... aus
fachlicher Sicht als geeignet für den Erhalt der entsprechenden Populationen
eingestuft. Den Bedenken der Naturschutzverbände, die Habitatspezialisten
(Cottus gobio und Cordulegaster boltoni) würden im teilverlegten Hegbach keine
entsprechenden Voraussetzungen vorfinden, wurde insoweit Rechnung getragen,
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entsprechenden Voraussetzungen vorfinden, wurde insoweit Rechnung getragen,
als dass diese (Bedenken) bei der Detailplanung berücksichtigt werden. Die
Erhaltung der Groppenpopulation wird auch während der Bauphase sichergestellt,
da der Fisch in Abschnitte im Oberlauf umgesiedelt werden soll. Durch
Untersuchungen des Hegbaches bis zum Zusammenfluss von Fritzwiesengraben
und Rutschbach im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsstudie wurde festgestellt,
dass im Oberlauf des Hegbaches mehrere Abschnitte von einer Gesamtlänge von
rd. 1.000 bis 1.500 m sich als Habitat für die Groppe eignen. Durch die Obere
Naturschutzbehörde wurde bestätigt, dass die Groppe dort die notwendigen
Habitatvoraussetzungen vorfinden wird. Da sie heute nur 300 m des Hegbaches
besiedelt, würde dies eine Verbesserung für die Population bedeuten. In den
teilverlegten Abschnitt wird ein erneutes Umsetzen einer Teilpopulation erst dann
vorgenommen werden, wenn nachgewiesen ist, dass auch dort wieder optimale
Bedingungen herrschen. Den Nachforderungen der Naturschutzverbände, die die
Verlegung des Hegbaches wissenschaftliche begleitet sehen wollten, wird insofern
Rechnung getragen, als eine ökologische Bauüberwachung und Erfolgskontrollen
festgesetzt wurden. Damit soll gewährleistet werden, dass im verlegten Hegbach
die Voraussetzungen für die Tierarten tatsächlich erreicht werden und ggf.
kurzfristig auf mögliche Beeinträchtigungen reagiert werden kann. Die Wirksamkeit
der Maßnahmen kann dadurch insgesamt verbessert werden.
Was darüber hinaus aus der Sicht des Naturschutzes noch getan werden könnte
bzw. getan werden müsste, um einen Verstoß gegen das vorstehend erläuterte
Verbot zu vermeiden, hat der Kläger - wie bereits im Verfahren des vorläufigen
Rechtsschutzes - auch mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2004 oder in der
mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat nicht ausgeführt. Seine
Einschätzung, die "Zerstörung des Hegbaches als Lebensraum für die Groppe" sei
genau das Gegenteil dessen, was mit der sog. Stillhalteverpflichtung gegenüber
potenziellen FFH-Gebieten gemeint sei, reicht hierfür nicht aus; diese Auffassung
beruht auf der wohl auch naturschutzfachlich nicht tragfähigen Vorstellung, die
Groppe könne als Habitatspezialist ein reproduktives Vorkommen ausschließlich in
einem ganz bestimmten, verhältnismäßig kurzen Gewässerabschnitt bilden, in
dem sie in der Vergangenheit auf Grund einer Besatzmaßnahme bereits vorkam.
Dass, wie der Kläger nunmehr vorträgt, "nicht nur der alte Hegbachverlauf zerstört
ist, sondern auch die Groppenpopulation die Durchführung der Maßnahme nicht
überlebt hat", kann nicht zur Aufhebung des angefochtenen
Planfeststellungsbeschlusses führen. Bei der Überbauung des rd. 350 m langen
Teilstückes des Hegbaches, in dem ein stark reproduktiver, dichter und vitaler
Bestand von Groppen anzutreffen war, handelt es sich um die Realisierung einer
gerichtlich nicht zu beanstandenden fachplanerischen Zulassungsentscheidung.
Von der Vermeidung bestimmter Mängel bei der Durchführung der
planfestgestellten Maßnahmen hängt die Rechtmäßigkeit des
Planfeststellungsbeschlusses selbst nicht ab; rechtlich relevant sind nur die im
Zeitpunkt seines Erlasses (oder einer späteren Änderung) gegebenen
tatsächlichen Verhältnisse.
Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verstößt schließlich nicht in einer
Weise gegen die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, die dem von dem Kläger
allein gestellten Aufhebungsantrag zum Erfolg verhelfen könnte. Wie das
Bundesverwaltungsgericht zuletzt in dem mehrfach zitierten Urteil vom 9. Juni
2004 dargelegt hat, verlangt die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung, dass
durch das Vorhaben verursachte Eingriffe in Natur und Landschaft so weit wie
möglich vermieden und, wo dies nicht möglich ist, ausgeglichen werden.
Verbleiben danach Eingriffswirkungen, hat die Planfeststellungsbehörde in einer
spezifisch naturschutzrechtlichen Abwägung darüber zu entscheiden, ob das
Vorhaben wegen überwiegender anderer öffentlicher Belange gleichwohl
zuzulassen ist. Spricht sie sich dafür aus, sind die verbleibenden Eingriffe durch
Ersatzmaßnahmen vollständig zu kompensieren, notfalls ist eine
Ausgleichsabgabe zu erheben. ... Danach ist die naturschutzrechtliche
Eingriffsregelung in erster Linie ein Kompensationsmodell und nicht vorrangig
Zulassungsschranke für umweltrelevante Vorhaben, ... Gleichwohl kann ein
Vorhaben im Einzelfall auch an der naturschutzrechtlichen
Abwägungsentscheidung insgesamt scheitern (vgl. hierzu Halama,
Naturschutzrechtliche Anforderungen in der Fachplanung, in: Schriftenreihe der
Hochschule Speyer, Band 163, S. 93, 101 ff.).
Ist die naturschutzrechtliche Abwägung fehlerhaft, ... oder liegen sonstige
Rechtsverstöße bei der Festlegung der gebotenen Ausgleichs- und
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Rechtsverstöße bei der Festlegung der gebotenen Ausgleichs- und
Ersatzmaßnahmen vor, werden solche Fehler allerdings regelmäßig nicht die
Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zur Folge haben. ...
Können die unterlaufenen Rechtsverstöße nur in einem ergänzenden Verfahren
"geheilt" werden, weil sie die Ausgewogenheit der Gesamtplanung betreffen oder
ohne ihre vorherige Behebung mit Rücksicht auf die Belange Dritter die
Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses im Übrigen nicht ins Werk gesetzt
werden darf, ist nach § 17 Abs. 6c Satz 2 FStrG die Rechtswidrigkeit und
Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses festzustellen. Dies ist freilich
nur zulässig, wenn und soweit die konkrete Möglichkeit der Fehlerbehebung in dem
ergänzenden Verfahren besteht. ...
Genügt zur Fehlerbehebung jedoch die Verpflichtung zur Planergänzung, weil der
Fehler die Ausgewogenheit der Gesamtplanung nicht betrifft, seine isolierte
Behebung durchsetzbar ist und mit der Umsetzung des
Planfeststellungsbeschlusses bereits zuvor ohne Verletzung der Rechte Dritter
begonnen werden kann, kommt kein ergänzendes Verfahren in Betracht und erst
recht nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. ...
Dieser Grundsatz gilt auch für die auf § 61 BNatSchG gestützte Klage eines
anerkannten Naturschutzvereins. Die wesentliche Funktion der Vereinsklage,
mögliche Vollzugsdefizite im Naturschutzrecht zu vermeiden oder auszugleichen,
die daher rühren, dass der gesetzlich gebotenen Berücksichtigung der Belange
von Natur und Landschaft keine subjektiven Durchsetzungsansprüche Einzelner
entsprechen, verlangt nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn
es an einer gebotenen Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme fehlt. Auf die
stattdessen anzustrebende Planergänzung kann der Naturschutzverein freilich nur
dann verwiesen werden, wenn diese Planergänzung auch im Klagewege
durchgesetzt werden kann. § 61 BNatSchG ermöglicht dies. ... Die altruistische
Vereinsklage des anerkannten Naturschutzvereins ist in den Grenzen des § 61
Abs. 2 BNatSchG ein objektives Beanstandungsverfahren; von der im deutschen
Verwaltungsprozess ansonsten geltenden Beschränkung auf den subjektiven
Rechtsschutz dispensiert § 61 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG explizit. Schließlich
schränkt die Vorschrift das Klagerecht der Naturschutzvereine weder ausdrücklich
noch sinngemäß auf die Anfechtungsklage ein. ...
Rechtsfehler bei der Erarbeitung des naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und
Ersatzkonzepts werden danach, jedenfalls bei der Klage eines anerkannten
Naturschutzvereins, in aller Regel nicht die Aufhebung des
Planfeststellungsbeschlusses oder die Feststellung seiner Nichtvollziehbarkeit mit
dem Verweis auf ein ergänzendes Verfahren rechtfertigen, sofern es sich um
Einzelmängel handelt, die nicht das Gesamtkonzept in Frage stellen, und es
keinen ernsthaften Zweifeln unterliegt, dass das erforderliche Ausgleichs- oder
Ersatzpotenzial zur Behebung des Kompensationsdefizits für die Planergänzung im
Grundsatz vorhanden ist. Sie bleiben allerdings auch nicht sanktionslos, sondern
begründen für den Verein die gerichtlich durchsetzbare Möglichkeit der
Planergänzung.
Gemessen an diesen Grundsätzen führen die von dem Kläger gerügten Defizite
bei der Abarbeitung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung weder zur
Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses noch zur Feststellung seiner
Nichtvollziehbarkeit.
Der Kläger beanstandet die von der Planfeststellungsbehörde angeordneten
Ausgleichsmaßnahmen als ungeeignet, um den besonderen
Lebensraumansprüchen von Cottus gobio und Cordulegaster boltoni Genüge tun
zu können. Zwar könnten diese Maßnahmen im Hinblick auf die Neuanlage eines
Bachlaufs durchaus ökologische Funktionen aufnehmen; jedoch werde dieser neue
Hegbachverlauf niemals die Lebensraumansprüche erfüllen können, die die
vorliegend genannten besonders geschützten Arten benötigten, um wieder ein
reproduktives Vorkommen zu bilden.
Darauf, dass der Groppenbestand infolge Trockenfallens des Hegbachs im
Sommer 2003 bis auf wenige Fische eingegangen ist, kann die Rüge der fachlichen
Ungeeignetheit der festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen nicht gestützt werden.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen
Planfeststellungsbeschlusses ist nämlich ausschließlich die Sach- und Rechtslage
im Zeitpunkt seines Erlasses maßgebend. Spätere Ereignisse stellen die
Rechtmäßigkeit einer Planungsentscheidung deshalb grundsätzlich nicht in Frage.
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Im Übrigen legt der Kläger auch nicht dar, was konkret über die von der
Planfeststellungsbehörde festgesetzten Maßnahmen hinaus noch getan werden
könnte bzw. müsste, um den durch das Vorhaben bewirkten Eingriff in Natur und
Landschaft auszugleichen. Vielmehr beharrt er auf dem Standpunkt, ein -
vollständiger - Ausgleich werde im günstigsten Fall in einigen Jahrzehnten möglich
sein, weshalb das Vorhaben der Beigeladenen unterbleiben müsse. In seiner
Stellungnahme vom 14. Dezember 2000 (S. 6) hatte der Kläger noch
angenommen, eine für die speziellen Habitatvoraussetzungen ausreichende
Beschattung des verlegten Hegbachs werde sich nach ca. 10 Jahren einstellen.
Demgegenüber ordnet der angefochtene Planfeststellungsbeschluss (S. 98 ff.) im
Rahmen der Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung (§ 6a
HENatG 1996) als fachlich geeignete Ausgleichsmaßnahmen für die Verlängerung
der Start-/Landebahn im Wesentlichen die Verlegung und Bepflanzung des
Hegbachs nach Maßgabe des landschaftspflegerischen Begleitplans sowie in
funktionaler Hinsicht die Herstellung gleichartiger Biotope und eine Extensivierung
der Flächennutzung mit dem Ziel einer ökologischen Aufwertung gegenüber den
vorhandenen Ackerflächen auf ca. 22 ha an. Den von dem Kläger wiederholt
hervorgehobenen speziellen Lebensraumansprüchen von Cordulegaster boltoni
und Cottus gobio trägt die Planfeststellungsbehörde im Einzelnen durch ein Bündel
von - aus fachlicher Sicht als geeignet für den Erhalt der entsprechenden
Populationen eingestuften - Maßnahmen Rechnung (S. 100 f.). Die
Ausgleichbarkeit des Eingriffs wird mit einer Bilanzierung nach Maßgabe der
Ausgleichsabgabenverordnung - AAV - (vom 09.02.1995, GVBl. I S. 120)
nachgewiesen, die eine nicht unerhebliche Aufwertung im Plangebiet nach
Biotopwertpunkten ergibt, ferner verbal-argumentativ nach Maßgabe der
ergänzenden Unterlagen vom 18.07.2001 (Anlage 3); der hierdurch ergänzte
landschaftspflegerische Begleitplan ist Bestandteil des Fachplans (vgl. die -
rahmenrechtliche - Vorschrift des § 20 Abs. 4 BNatSchG 2002). Die von dem
Beklagten als auch zur Sicherung des Europäischen ökologischen Netzes "Natura
2000" geeignet angesehenen Maßnahmen zur Verlegung und Bepflanzung des
neuen Hegbachverlaufs bieten nach jedenfalls nicht offensichtlich unzutreffender
Einschätzung der Planfeststellungsbehörde die Möglichkeit, die Strukturvielfalt
insbesondere auf bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen zu erhöhen sowie
verschiedene Teillebensräume für die Wieder- bzw. Neuansiedlung besonders
geschützter Arten wiederherzustellen bzw. neu zu schaffen. Dabei wird auch auf
die Ansprüche der Habitatspezialisten Rücksicht genommen. Der Hegbach wird
länger und der Gehölzsaum wird breiter. Die Umsiedlungs- und
Gestaltungsmaßnahmen im Oberlauf des Hegbachs ermöglichen darüber hinaus
eine Erhaltung und Entwicklung der Groppenpopulation (S. 101 des
Planfeststellungsbeschlusses). Dem Einwand der Naturschutzverbände, die
fehlende Beschattung erwärme das Wasser viel stärker mit Auswirkungen bis
mehrere hundert Meter bachabwärts, wird in dem Planfeststellungsbeschluss (S.
107 f.) entgegengehalten, dass der Hegbach auf der Grundlage der
Planungsunterlagen auch in Zukunft mit den vorgesehenen Gehölzen während der
größten Zeitabschnitte des Tages ausreichend beschattet sein werde und somit
eine starke Verkrautung verhindert werden könne. Unter Berücksichtigung der zur
Neuanpflanzung vorgesehenen standortgerechten Baum- und Pflanzenarten (z. B.
Schwarzerle und Salixarten) mit Wuchshöhen in einem Jahr von 1,5 bis 2 m könne
davon ausgegangen werden, dass in einem Zeitraum von 5 Jahren ab Beginn der
Baumaßnahmen zur (Teil-)Verlegung des Hegbachs stellenweise bereits ein
Kronenabschluss mit ausreichendem Schattenwurf erreicht und insoweit eine
Verkrautung ausgeschlossen werde.
Der Kläger trägt in naturschutzfachlicher Hinsicht nichts vor, was zur gerichtlichen
Beanstandung dieses Konzepts zum - vollständigen - Ausgleich des Eingriffs
führen könnte. Es reicht insoweit nicht aus, einen Ausgleich wegen der besonderen
Lebensraumansprüche der Habitatspezialisten Cordulegaster boltoni und Cottus
gobio für "objektiv unmöglich" zu erklären. Ob eine dem früheren Zustand
vergleichbare Beschattung des neuen Bachabschnitts schon in 5 oder 10 Jahren
oder aber, wie der Kläger nunmehr meint, günstigstenfalls erst in 30 Jahren
eintreten wird, ist ungewiss und bedarf auch keiner abschließenden gerichtlichen
Beurteilung. Zwar kann ein Eingriff in einen über längere Zeit gewachsenen
Gehölzbestand nicht auf Anhieb durch einen jungen Besatz kompensiert werden.
Dies steht der Bestätigung der Ausgleichsmaßnahme als rechtmäßig aber nicht
entgegen. "Ausgleich" im Sinne des § 6a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 HENatG 1996 ist nicht
mit einer Naturalrestitution im naturwissenschaftlichen Sinne gleichzusetzen. Eine
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mit einer Naturalrestitution im naturwissenschaftlichen Sinne gleichzusetzen. Eine
vorübergehende Verschlechterung des ökologischen Zustands nimmt der
Gesetzgeber hin, weil es beispielsweise unabänderlich ist, dass ein
ausgewachsener Baum durch einen an seine Stelle tretenden Setzling erst Jahre
später gleichwertig substituiert werden kann (vgl. Urteil des BVerwG vom 15.
Januar 2004, NVwZ 2004, 737). Selbst wenn ein vollständiger Ausgleich für den
durch das Vorhaben der Beigeladenen bewirkten Natureingriff entsprechend der
Einschätzung des Klägers erst in etwa 30 Jahren eintreten können sollte, wäre
deshalb der angefochtene Planfeststellungsbeschluss nicht aufzuheben.
Weitergehende Ausgleichsmaßnahmen als sie bereits festgesetzt worden sind,
verlangt auch der Kläger nicht.
Zudem steht der Planfeststellungsbehörde sowohl bei der Bewertung der
Eingriffswirkungen eines Vorhabens als auch bei der Bewertung der
Kompensationswirkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, insbesondere was
deren Quantifizierung betrifft, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative
zu. Die im Planfeststellungsbeschluss vorgenommenen Quantifizierungen bei
Eingriffswirkungen und Kompensationsmaßnahmen sind daher nur einer
eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich; sie sind nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom Gericht hinzunehmen,
sofern sie im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und auch nicht auf
einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar
ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu
werden (vgl. Urteil vom 9. Juni 2004 m.w.N.). Gründe dafür, dass das von dem
Beklagten angewendete Bewertungsverfahren unzulänglich oder gar untauglich
sein könnte, nennt der Kläger nicht und sind auch nicht ersichtlich.
Nach alledem ist die Klage mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden
Kostenfolge abzuweisen; danach trägt der unterliegende Teil die Kosten des
Verfahrens. Da die Beigeladene die Abweisung der Klage beantragt und deshalb
ein eigenes Kostenrisiko übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der
Billigkeit, auch ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO dem
Kläger aufzuerlegen.
Die Vollstreckbarkeitserklärung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11
und 711 ZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Sonstiger Langtext
RECHTSMITTELBELEHRUNG
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde innerhalb eines Monats
nach Zustellung dieser Entscheidung angefochten werden. Die Beschwerde ist
beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof, Brüder-Grimm-Platz 1, 34117 Kassel
durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule
im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt
einzulegen; juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können
sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie
Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte
oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen
Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes,
dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. Die Beschwerde muss die
Entscheidung bezeichnen, die angefochten werden soll.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser
Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Hessischen
Verwaltungsgerichtshof einzureichen. In der Begründung muss entweder
- die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden oder
- die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der
obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts
bezeichnet werden, wenn geltend gemacht wird, von ihr werde in der in dem
vorliegenden Verfahren ergangenen Entscheidung abgewichen und die
Entscheidung beruhe auf dieser Abweichung, oder
- ein Verfahrensmangel bezeichnet werden, auf dem die Entscheidung beruhen
kann.
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Beschluss
Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt (§ 13 Abs. 1 GKG in der hier noch
anzuwendenden bisherigen Fassung).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 5 Abs. 2
Satz 3 GKG a. F.).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.