Urteil des HessVGH vom 25.11.1988
VGH Kassel: politische verfolgung, pakistan, amnesty international, ausreise, freie wahlen, demonstration, auskunft, persönliche freiheit, anerkennung, repressalien
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
10. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 OE 28/82
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 16 Abs 2 S 2 GG, § 98
VwGO, § 386 Abs 1 ZPO,
Art 1 Buchst d DiplBezÜbk,
Art 1 Buchst e DiplBezÜbk
(Asylrecht Pakistan; Zeugnisverweigerung eines
Berufsdiplomaten)
Tatbestand
Der im April 1938 geborene Kläger ist pakistanischer Staatsangehöriger und
Moslem. Mit einem am 16. September 1979 in Hyderabad ausgestellten
pakistanischen Reisepaß, der ein am 27. September 1979 vom französischen
Generalkonsulat in Karachi ausgestelltes französisches Transitvisum enthält, reiste
er laut Sichtvermerk der pakistanischen Grenzbehörden am 14. Oktober 1979 auf
dem Luftweg von Karachi zunächst nach Paris, wo er sich bis 19. Oktober 1979
aufhielt und von wo aus er nach eigenen Angaben am 19. oder 20. Oktober 1979
in die Bundesrepublik Deutschland weiterreiste.
Mit Schreiben vom 3. Dezember 1979 stellte der Kläger bei der Ausländerbehörde
in O Asylantrag, den er unter Bezugnahme auf den mit Schreiben vom 6. April
1979 gestellten Asylantrag seiner Ehefrau ... mit dem Hinweis begründete, er
befürchte in seinem Heimatland Pakistan politische Verfolgung.
Bei einer Vorprüfungsanhörung des Bundesamts für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge am 7. März 1980 erklärte der Kläger zu seinem
persönlichen Werdegang folgendes: Nach dem Besuch einer Mittelschule habe er
von 1956 bis 1961 ein College in M besucht und als Abschluß den Grad "Bachelor
of Arts" erworben. Später habe er von 1966 an neben seiner beruflichen Tätigkeit
als Lehrer an der Universität Hyderabad Wirtschaftswissenschaften studiert und
1972 an der Universität Peshawar den Grad "Master of Arts" im Fach
Wirtschaftswissenschaften (Economics) erworben. Nachdem er in den Jahren 1962
bis 1968 Lehrer an einer High School in M für die Fächer Englisch, Mathematik und
Sindhi gewesen sei, habe er von 1968 bis 1972 als Dozent für Religion am
Technischen College von M und nach der Graduierung zum Master of Arts als
Dozent für Wirtschaftswissenschaften am selben College gewirkt. Von 1974 bis zur
Ausreise im August 1979 sei er Rektor dieses Colleges gewesen. Zur Sache erklärt
der Kläger bei der Vorprüfungsanhörung laut Protokoll im wesentlichen folgendes:
Er sei seit 1973 Mitglied der Pakistan People's Party (PPP) und habe aufgrund einer
seit Generationen bestehenden Familienfreundschaft enge Kontakte zu dem
früheren pakistanischen Premierminister Bhutto unterhalten, die bis 1971 rein
familiärer Art gewesen seien. Dann habe Bhutto ihn gebeten, in der Partei
mitzuarbeiten, er sei aber nur ein worker wie viele andere auch, der Beiträge und
Spenden gesammelt und bei der Organisation von Versammlungen geholfen
habe. Beruflich habe er durch die Bekanntschaft zu Bhutto keine Vorteile gehabt,
andererseits sei er durch die Beziehungen zu Bhutto einem Distrikts-Sekretär
gleichgestellt und somit kein einfacher worker gewesen. Nach dem Machtwechsel
in Pakistan hätten die neuen Machthaber seine seit 1974 bestehende Position als
Rektor eines Colleges nicht akzeptiert, sondern von ihm eine weitere Prüfung
verlangt. Diese habe er bestanden und sei daher weiter Rektor des Colleges
geblieben. Nach dem Sturz Bhuttos sei er nicht belästigt worden. Er habe sich
politisch in der Öffentlichkeit zurückgehalten und auch nie an Demonstrationen
teilgenommen, sondern im stillen für Bhutto gearbeitet, und zwar auch noch nach
dessen Sturz. Ganz habe man ihn allerdings nicht in Ruhe gelassen, Probleme
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dessen Sturz. Ganz habe man ihn allerdings nicht in Ruhe gelassen, Probleme
seien schon 1978 aufgetreten, als man damit begonnen habe, seine Familie zu
beobachten. Seine Frau habe die ersten größeren Schwierigkeiten Anfang 1979
bekommen und sei dann im März 1979 aus Pakistan ausgereist. Er selbst habe im
Januar und Februar 1979 Probleme bekommen, als die Polizei zu ihm gekommen
sei und habe wissen wollen, wo seine Frau sei. Er habe selbst nichts vom Verbleib
seiner Frau gewußt und deswegen der Polizei nur sagen können, daß er sich selbst
Sorgen mache. Bis August 1979 habe man ihn nur beobachtet, manchmal auch
ausgefragt. Dann habe ihn ein Parteifreund aber vor einer bevorstehenden
Festnahme gewarnt. Den Namen des Freundes wolle er nicht nennen, weil dieser
sich noch in Pakistan aufhalte. Seinen Paß habe er durch einen Freund besorgen
lassen, weil er sich nicht zu den Behörden getraut habe. Bis zum 10. Oktober 1979
habe er sich in verschiedenen Dörfern der Gegend versteckt gehalten. Dann sei er
nach Karachi gefahren. Freunde hätten ihm das Visum für Frankreich besorgt,
dann sei er ausgereist. Seine drei Kinder seien bereits im Juli 1979 seiner Frau
nach Deutschland nachgereist. Dabei habe es keine Schwierigkeiten gegeben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Niederschrift der Vorprüfungsanhörung
Bezug genommen.
Nach Kenntnisnahme vom Anhörungsprotokoll beantragte der Kläger mit
Schreiben seiner damaligen Bevollmächtigten vom 13. Mai 1980 die Wiederholung
dieser Anhörung mit der Begründung, sein Vorbringen sei in der Niederschrift der
Anhörung nicht vollständig wiedergegeben worden. Wegen der Einzelheiten wird
auf das Schreiben der damaligen Bevollmächtigten des Klägers vom 13. Mai 1980
und die Übersetzung einer mit diesem Schreiben vorgelegten eigenen Erklärung
des Klägers (Bl. 31 ff. der Beiakten des Bundesamts für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge) Bezug genommen.
Ohne erneute Anhörung lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer
Flüchtlinge den Asylantrag des Klägers mit Bescheid vom 12. Mai 1981 -- Pak.-S-
18382 -- ab und führte zur Begründung aus, nach den Erkenntnissen des
Bundesamts sei auszuschließen, daß in Pakistan Mitglieder oder Anhänger der PPP
bzw. einer ihrer Unter- oder Nachfolgeorganisationen im Sinne des Art. 16 GG
verfolgt worden seien bzw. eine solche Verfolgung derzeit befürchten müßten.
Hieran habe sich auch durch die Verschärfung des Kriegsrechts im Oktober 1979
nichts geändert. Allenfalls für diejenigen Funktionäre der PPP, die auf
überregionaler Ebene eine herausragende Stellung innegehabt hätten, habe das
Risiko einer asylerheblichen Verfolgung bestanden bzw. bestehe ein solches Risiko
noch immer. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bescheid des Bundesamts
vom 12. Mai 1981 Bezug genommen, der dem Kläger am 1. Juni 1981 zugestellt
worden ist.
Am 26. Juni 1981 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht Wiesbaden
Asylverpflichtungsklage erhoben und zur Begründung ausgeführt, das Bundesamt
habe verkannt, daß er ein exponiertes Mitglied der PPP gewesen sei. Seine
herausgehobene Stellung innerhalb der Partei ergebe sich einerseits aus seiner
beruflichen Tätigkeit als Leiter eines Colleges, zum anderen aus der engen
freundschaftlichen Verbindung zur Familie Bhutto und der Tätigkeit seiner Ehefrau
als Privatsekretärin von Frau Bhutto. Unter Vorlage einer nach Darstellung des
Klägers in der Zeitung "Beedari" im M am 15. September 1980 erschienenen
Meldung behauptet der Kläger, dort habe nach seiner Ausreise aus Pakistan eine
Razzia mit dem Ziel stattgefunden, ihn festzunehmen. Auf die vom Kläger
vorgelegte Übersetzung des Zeitungsartikels vom 10. Juni 1981 (Bl. 26 GA) wird
verwiesen. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens im erstinstanzlichen
Verfahren wird auf die Klageschrift und die damit vorgelegten weiteren Anlagen
Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für die
Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 12. Mai 1981 zu verpflichten, den
Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
und hat sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid bezogen.
Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat sich am Verfahren erster
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Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat sich am Verfahren erster
Instanz nicht beteiligt.
Das Verwaltungsgericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung am 23.
September und 25. November 1981 informatorisch gehört und Beweis erhoben
durch Vernehmung des Zeugen ... C in der Sitzung am 25. November 1981. Der
Kläger hat im Rahmen der informatorischen Anhörung am 23. September 1981
unter Bezugnahme auf seine Zeugenaussage vom selben Tag in dem das
Asylgesuch seiner Ehefrau betreffenden Klageverfahren III/V E 8859/80 des
Verwaltungsgerichts Wiesbaden im wesentlichen folgendes bekundet: Er habe
keine Reden gehalten und selbst auch nicht an Demonstrationen teilgenommen.
Er habe nur Studenten dazu veranlaßt zu demonstrieren. Nach der Durchsuchung
seiner Wohnung im Februar 1979 hätten Studenten dagegen demonstrieren
wollen. Wie es zu dem vorgelegten Zeitungsartikel vom 15. September 1980
gekommen sei, könne er sich nicht erklären. Er widerspreche aber ausdrücklich
Nachforschungen des Gerichts hinsichtlich des Artikels unter Einschaltung der
Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Pakistan, weil derartige Ermittlungen
ihm und seiner Familie schaden könnten.
Als Zeuge hatte der Kläger am 23. September 1981 im wesentlichen folgendes
ausgesagt (Band I Blatt 67 f. der beigezogenen Akten ... des Verwaltungsgerichts
Wiesbaden): Bereits im Februar und im März 1979 sei die Polizei in seiner Wohnung
in M gewesen, habe das Haus durchsucht und Fotos sowie schriftliche Unterlagen
mitgenommen. Man habe nach seiner Frau gefragt. Schon im November 1978
hätten ihn Polizisten zu Hause aufgesucht und nach seiner Frau gefragt. Man habe
ihn aufgefordert, seiner Frau zu verbieten, Reden gegen die Militärregierung und
für die PPP zu halten. Er habe daraufhin gefragt, wie er das machen solle, er wisse
nicht einmal, wo sie sei. Sein Haus habe er im Februar verlassen, anschließend
habe er in der Dienstwohnung im College gewohnt, wo ihn die Polizei nicht
aufgesucht habe, weil er den ihm bekannten Polizeikommissar gebeten habe, ihn
im College nicht von der Polizei aufsuchen zu lassen. Von März 1978 bis November
1978 sei seine Frau nur einige Male zu Hause gewesen. Er habe aber gewußt, was
seine Frau tue. Sie sei politisch sehr engagiert gewesen. Es hätte zu einem
Zerwürfnis geführt, wenn er sie von der Parteiarbeit zurückgehalten hätte. Nach
November 1978 habe er nur zufällig erfahren, wo sich seine Frau aufhielt. Er habe
keine Ahnung davon gehabt, daß sie Pakistan habe verlassen wollen. Erst im April
1979 habe er erfahren, daß sie sich in Deutschland aufhalte. Er sei mit ihren
politischen Aktivitäten nicht zufrieden gewesen. Er selbst sei 1973 Mitglied der PPP
geworden, seine Frau im Jahre 1971. Er habe sich von der Mitgliedschaft Vorteile
versprochen. Seine Bekanntschaft zu Bhutto habe schon vorher bestanden. Auch
nach dem Machtwechsel sei er politisch tätig gewesen. Nach der Festnahme
Bhuttos habe er seiner Frau politische Aktivitäten verboten. Im September 1979
habe er mit einem Dozenten zusammen eine Demonstration gegen die
Militärregierung organisiert. Im Juni 1979 seien die Maßnahmen der
Militärregierung sehr streng gewesen. Die Militärs seien unter dem Vorwand, die
Studenten vor Aktionen der PPP schützen zu wollen, in das College gekommen.
Man habe damals nicht damit gerechnet, daß die Demonstrationen solche
Ausmaße annehmen und zu Ausschreitungen gegen die eingesetzten Polizisten
führen würden. Weil seinerzeit Bhutto nach Studentendemonstrationen gegen
Ayub Khan an die Macht gekommen sei, habe er geglaubt, eine Demonstration
der Studenten könne zur Beseitigung der Militärregierung führen. Der Zeuge C,
selbst als Asylberechtigter anerkannt und seit 1972 für etwa zwei Jahre Minister für
Gesundheit und Familienplanung im Punjab, hat bei seiner Vernehmung als Zeuge
durch das Verwaltungsgericht im wesentlichen bekundet: Nach seinem Rücktritt
sei er zusammen mit anderen auf Veranlassung Bhuttos für 22 Monate in das
Gefängnis gesperrt worden. Nach dem Machtwechsel im Juli 1977 sei man
freigekommen. Danach habe er seinen Beruf als Rechtsanwalt ausgeübt, sei in der
PPP tätig gewesen und für die vorgesehenen Wahlen als Kandidat aufgestellt
worden. Den Kläger kenne er nicht persönlich. Über seine besonderen
Schwierigkeiten, die ihn im Herbst 1979 zum Verlassen Pakistans veranlaßt
hätten, wisse er nichts. Die allgemeinen Schwierigkeiten seien ihm aber bekannt.
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat die Klage mit Urteil vom 25. November
1981 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, einfache Parteimitglieder der
PPP wie der Kläger hätten in Pakistan keine politische Verfolgung zu fürchten. Daß
er zu den landesweit bekannten Spitzenpolitikern der PPP gehöre, die
möglicherweise mit politischer Verfolgung zu rechnen hätten, habe der Kläger
nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere könne ihm nicht geglaubt werden, daß er
kurz vor seiner Ausreise noch eine Demonstration gegen das Militärregime
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kurz vor seiner Ausreise noch eine Demonstration gegen das Militärregime
veranlaßt habe, weil dieses erst im Klageverfahren geltend gemachte Verhalten
vorher nie mitgeteilt worden sei und auch im Widerspruch zu seinem sonstigen
Stillhalten in politischer Hinsicht stehen würde. Weitere Ermittlungen in dieser
Hinsicht, etwa im Hinblick auf den vorgelegten Zeitungsartikel, seien dem Gericht
verwehrt, weil sich der Kläger mit entsprechenden Aufklärungsbemühungen des
Gerichts nicht einverstanden erklärt habe.
Gegen dieses am 22. Dezember 1981 zugestellte Urteil hat der Kläger bei dem
Verwaltungsgericht Wiesbaden am 13. Januar 1982 Berufung eingelegt. Zur
Begründung des Rechtsmittels vertieft er sein erstinstanzliches Vorbringen. Daß
das Anzetteln einer Demonstration im September 1979 in den Protokollen früherer
Anhörungen nicht erwähnt worden sei, liege an den damaligen, äußerst
mangelhaften Übersetzungen, die ja auch dazu geführt hätten, daß der Kläger
eine Berichtigung des Protokolls der Vorprüfungsanhörung verlangt habe. Auch die
Weigerung des Klägers, bestimmte Nachforschungen in Pakistan zuzulassen,
rechtfertige es nicht, sein Vorbringen als unglaubhaft anzusehen. Die Befürchtung,
entsprechende Recherchen würden zu Repressalien der Militärregierung gegen
noch in Pakistan lebende Verwandte des Klägers führen, seien nach wie vor
berechtigt.
Ferner macht der Kläger geltend, er sei nunmehr auch wegen seiner exilpolitischen
Betätigung im Bundesgebiet bei einer Rückkehr nach Pakistan gefährdet. Er
behauptet hierzu unter Vorlage zahlreicher Dokumente im wesentlichen, er sei
zusammen mit den Spitzenfunktionären der PPP in der Bundesrepublik
Deutschland im November 1984 in F mit der amtierenden PPP-Vorsitzenden
Benazir Bhutto zusammengetroffen. Bei dieser Gelegenheit habe Frau Bhutto
mehrere "Ad-hoc-Komitees (PPP)" gebildet und den Kläger zum Mitglied des Ad-
hoc-Komitees Hessen/Rheinland-Pfalz bestimmt. Im übrigen habe der Kläger
zahlreiche Demonstrationen und Diskussionsveranstaltungen mit regimekritischen
Inhalt im Raum F geleitet, habe in verschiedenen in Großbritannien und in der
Bundesrepublik Deutschland erscheinenden Exilzeitschriften der PPP
regimekritische Artikel und Kommentare veröffentlicht und sei seit März 1986
Pressesekretär der Zentralorganisation der PPP in der Bundesrepublik
Deutschland.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen in erster Instanz
gestellten Anträgen zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und verteidigt zur Begründung das angefochtene Urteil.
Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hat sich auch im
Berufungsverfahren nicht geäußert.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Klägers als Partei. Wegen
der Beweisthemen wird auf den Senatsbeschluß vom 7. Juli 1988 Bezug
genommen, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf die Niederschrift
über den Termin zur Beweisaufnahme durch den Berichterstatter vom 29. Juli
1988.
Für seine in dem Beweisaufnahmetermin am 29. Juli 1988 aufgestellte
Behauptung, er stehe auf einer von pakistanischer Seite geführten "schwarzen
Liste", hat der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozeßbevollmächtigten vom 11.
August 1988 Beweis angetreten durch Benennung seines Schwagers als Zeugen.
Mit Beschluß vom 15. August 1988 hat der Senat daraufhin die Vernehmung des
Zeugen angeordnet und den Berichterstatter mit der Durchführung der
Beweisaufnahme beauftragt. Diesen Beschluß hat der Senat nach erfolgter
Ladung des Zeugen mit weiterem Beschluß vom 31. August 1988 aufgehoben,
nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, der Zeuge ... habe ihm gegenüber erklärt, er
könne über die ihm aus seiner Tätigkeit in der Botschaft bekannten Vorgänge kein
Zeugnis ablegen, sei zur Geheimhaltung verpflichtet und müsse im Falle einer
Aussage selbst mit Repressalien rechnen. Wegen weiterer Einzelheiten wird
insoweit auf die Beschlüsse des Senats vom 15. und 31. August 1988 Bezug
genommen.
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Die Beteiligten sind darauf hingewiesen worden, daß der Senat die folgenden
Erkenntnisquellen bei seiner Entscheidung berücksichtigen werde:
1. 30.01.1979
Auswärtiges Amt an BMdI
2. 12.02.1979
Auswärtiges Amt an VG Ansbach
3. 02.04.1979
Auswärtiges Amt an BMdI
4. 14.03.1980
Auswärtiges Amt an VG Minden
5. 10.06.1980
Auswärtiges Amt an VG Stuttgart
6. 08.07.1980
Auswärtiges Amt an VG Ansbach
7. 21.07.1980
Auswärtiges Amt an VG Bremen
8. 10.04.1981
Deutsches Orient-Institut an VG Stuttgart
9. 09.06.1981
Auswärtiges Amt an VG Köln
10. 09.07.1981
Aussage Dr. Ahmed vor VG Stuttgart
11. 30.07.1981
amnesty international: Gutachten über die neueste
politische Entwicklung in Pakistan
12. 03.09.1981
amnesty international an VG Hamburg
13. 11.09.1981
Auswärtiges Amt an VG Köln
14. 23.09.1981
Auswärtiges Amt an VG Karlsruhe
15. 13.10.1981
Auswärtiges Amt an Hess. VGH
16. 19.10.1981
Auswärtiges Amt an VG Köln
17. 10.11.1981
Auswärtiges Amt an VG Ansbach
18. 07.12.1981
Deutsches Übersee-Institut an VG Hamburg
19. 05.01.1982
Auswärtiges Amt an VG Hamburg
20. 14.01.1982
Deutsches Orient-Institut an VG Hamburg
21. 18.01.1982
Auswärtiges Amt an VGH Baden-Württemberg
22. 17.05.1982
Auswärtiges Amt an VG Minden
23. 09.12.1982
Auswärtiges Amt an VG Berlin
24. 15.12.1982
Auswärtiges Amt an VG Köln
25. 15.12.1982
Auswärtiges Amt an VG Ansbach
26. 15.12.1982
Auswärtiges Amt an VG Schleswig
27.
1982 Dr. Ahmed: Die gegenwärtige innenpolitische
Konstellation Pakistans
28. 14.01.1983
Deutsches Orient-Institut an VG Schleswig
29. 20.01.1983
Auswärtiges Amt an VG Ansbach
30. 20.01.1983
Deutsches Orient-Institut an VG Köln
31. 09.02.1983
Auswärtiges Amt an VG Gelsenkirchen
32. 23.06.1983
Auswärtiges Amt an VG Köln
33. 20.08.1983
Auswärtiges Amt an VG Köln
34. 07.09.1983
Auswärtiges Amt an VG Koblenz
35. 20.09.1983
Auswärtiges Amt an BMdJ
36. 15.12.1983
Auswärtiges Amt an VG Gelsenkirchen
37. 31.01.1984
Auswärtiges Amt an VG Köln
38. 20.02.1984
Auswärtiges Amt an VG Köln
39. 19.03.1984
FAZ: "Flammend die Augen"
40. 28.03.1984
Bundesamt für Verfassungsschutz an VG Wiesbaden
41. 22.05.1984
Deutsches Orient-Institut an VG Köln
42. 22.05.1984
Deutsches Orient-Institut an VG Ansbach
43. 14.11.1984
Auswärtiges Amt an VG Minden
44. 22.02.1985
Deutsches Orient-Institut an VG Ansbach
45. April 1985
amnesty international: Menschenrechtsverletzungen in
Pakistan
46. 30.05.1985
Südasien-Institut an VG Ansbach
47. 17.09.1985
FAZ: "Bald wieder Parteien in Pakistan?"
48. 04.10.1985
Bundesamt für Verfassungsschutz an Hess. VGH
28
49. 29.10.1985
FAZ: "Herr in der Festung des Islam
50. 31.12.1985
FR: "Kriegsrecht in Pakistan nach acht Jahren
aufgehoben, Hoffnung für Pakistan?"
51. 31.12.1985
FR: "Zia bleibt der starke Mann"
52. 14.02.1986
Auswärtiges Amt an VG Hamburg
53. 14.02.1986
Auswärtiges Amt an VG Gelsenkirchen
54. 18.02.1986
Auswärtiges Amt an VG Köln
55. 11.03.1986
Deutsches Orient-Institut an Hess. VGH
56. 14.03.1986
Deutsches Orient-Institut an VG Berlin
57. Apr./Mai 1986 INSIDE ASIA: "Dynasty -- episode two begins"
58. 15.08.1986
Auswärtiges Amt an VG Ansbach
59. 15.08.1986
FAZ: "Barrikaden in Karachi"
60. 19.08.1986
SZ: "Zündeln in der Provinz"
61. 20.08.1986
Auswärtiges Amt an OVG Berlin
62. 27.08.1986
NZZ: "Vorläufige Normalisierung in Pakistan"
63. 02.09.1986
Auswärtiges Amt an VG Köln
64. 10.09.1986
FAZ: "Oppositionspolitikerin Benazir Bhutto
freigelassen"
65. 26.09.1986
Auswärtiges Amt an VG Ansbach
66. 24.11.1986
Auswärtiges Amt an Hess. VGH
67. 21.11.1986
Auswärtiges Amt an OVG Saarlouis
68. 29.12.1986
Auswärtiges Amt an VG Ansbach
69. 15.03.1987
Auswärtiges Amt, Lagebericht Pakistan
70. 24.06.1987
Auswärtiges Amt, Lagebericht Pakistan
71. 20.01.1988
Auswärtiges Amt, Lagebericht Pakistan
72. 31.05.1988
FAZ: "General Zia-ul-Haq verspricht freie Wahlen in 90
Tagen"
73. 03.06.1988
FR: "Der Coup des Präsidenten"
74. 06.06.1988
Auswärtiges Amt an Bayer. VGH
75. 18.06.1988
FR: "Pakistan führt Scharia ein"
76. 18.08.1988
FR: "Absturz und Krise"
77. 20.08.1988
FR: "Pakistans Führung hat keinen Zweifel an Attentat"
78. 20.08.1988
FR: "Attentat von Offizieren?"
79. 20.08.1988
FR: "Demokratie für Pakistan?"
80. 22.08.1988
Der Spiegel: "Gründe der Prüfung"
81. 22.08.1988
FR: "Spekulationen über Attentat begleiteten Zias
Beerdigung"
82. 05.09.1988
Auswärtiges Amt Lagebericht (Stand: 20.08.1988)
83. 24.09.1988
FAZ: "Ein neues Spiel hat begonnen"
84. 03.10.1988
FR: "Die Schüsse von Hyderabad zielen auf die
Demokratie"
85. 03.10.1988
FAZ: "Mehr als hundert Tote bei Unruhen in Pakistan"
86. 04.10.1988
FR: "Pakistan kommt nicht zur Ruhe"
87. 10.10.1988
Auswärtiges Amt an Hess. VGH
88. 18.10.1988
FAZ: "Benazir Bhutto gegen alle anderen"
89. 15.11.1988
Auswärtiges Amt an Hess. VGH
90. 18.11.1988
FR: "Eine Frau gewinnt die Wahlen in Pakistan"
91. 18.11.1988
FR: "Benazirs Vorbild ist Europas Sozialdemokratie"
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Behördenakten des Bundesamts
für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und der Ausländerbehörde in
Offenbach vor, ferner die das Asyl-Anerkennungsverfahren der Ehefrau des Klägers
betreffenden Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Wiesbaden mit dem Az.: ...
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betreffenden Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Wiesbaden mit dem Az.: ...
(Az.: ... des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs; 3 Bände, Bl. 1 bis 6884). Aus den
letztgenannten Akten ergibt sich, daß der Ehefrau des Klägers die Anerkennung
als Asylberechtigte rechtskräftig versagt worden ist. Der Berufung des
Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten gegen ein Asylrecht zusprechendes
Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 23. September 1981 gab der
Senat mit Urteil vom 31. Juli 1986 -- ... -- statt; die Beschwerde der Ehefrau des
Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil verwarf das
Bundesverwaltungsgericht mit Beschluß vom 9. September 1987. -- ... --.
Die bezeichneten Erkenntnisquellen und Akten sind zum Gegenstand der
mündlichen Verhandlung gemacht worden, ebenso ein in der FAZ vom 18.
November 1988 unter der Überschrift "In Pakistan eine Mehrheit für die
Opposition" erschienener Artikel. Wegen der Einzelheiten und zur weiteren
Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die Niederschrift vom 25.
November 1988 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die gemäß § 43 Nr. 4 AsylVfG ohne Zulassung statthafte Berufung gegen das vor
Inkrafttreten des Asylverfahrensgesetzes verkündete Urteil des
Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 25. November 1980 ist auch im übrigen
zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 124 Abs. 2 und 3
VwGO).
II.
Die Berufung ist unbegründet, denn das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht
abgewiesen; der Kläger ist auch nach heutiger Sach- und Rechtslage nicht als
politisch Verfolgter anzusehen.
Asylrecht als politisch Verfolgter im Sinne von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG genießt,
wer bei einer Rückkehr in seine Heimat aus politischen Gründen
Verfolgungsmaßnahmen mit Gefahr für Leib und Leben oder Beeinträchtigungen
seiner persönlichen Freiheit zu erwarten hat (BVerfGE 54, 341 <357> = EZAR 200
Nr. 1; BVerwG, Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 27). Eine Verfolgung ist politisch im
Sinne von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG, wenn sie auf die Rasse, Religion, Nationalität,
Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder die politische
Überzeugung des Betroffenen zielt; insoweit kommt es entscheidend auf die
Motive für die staatlichen Verfolgungsmaßnahmen an (BVerwGE 67, 184 = NVwZ
1983, 674; BVerwGE 67, 195 = EZAR 201 Nr. 5). Soweit Leib, Leben oder
persönliche Freiheit nicht unmittelbar gefährdet sind, sondern lediglich andere
Freiheitsrechte wie etwa die auf freie Religionsausübung und ungehinderte
berufliche und wirtschaftliche Betätigung, sind nur solche Beeinträchtigungen
asylrechtsbegründend, die nach Intensität und Schwere die Menschenwürde
verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Heimatstaats
aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben (BVerfG,
a.a.O.). Die Gefahr einer derartigen Verfolgung ist gegeben, wenn dem
Asylsuchenden bei verständiger Würdigung aller Umstände seines Falles politische
Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, so daß es ihm nicht
zuzumuten ist, in seinem Heimatstaat zu bleiben oder dorthin zurückzukehren; die
hierbei erforderliche Prognose muß auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten
gerichtlichen Tatsachenentscheidung abgestellt und auf einen absehbaren
Zeitraum ausgerichtet sein (BVerwG, EZAR 200 Nr. 3 = DVBl. 1981, 1096). Einem
Asylbewerber, der bereits einmal politisch verfolgt war, kann bei einer Änderung
der politischen Verhältnisse im Verfolgerstaat eine Rückkehr dorthin nur
zugemutet werden, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist (BVerfGE 54, 341 <360> =
EZAR 200 Nr. 1; vgl. auch BVerwG, EZAR 200 Nr. 7 = Buchholz 402.24 § 28 AuslG
Nr. 37). Der Asylbewerber ist aufgrund seiner Mitwirkungspflicht gehalten, die in
seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen
Erlebnisse, so zu schildern, daß sie geeignet sind, den Asylanspruch lückenlos zu
tragen (BVerwG, EZAR 630 Nr. 1; BVerwG, Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 44;
BVerwG, EZAR 630 Nr. 13). Anders als bei der Schilderung der persönlichen
Erlebnisse genügt es bei der Darstellung der allgemeinen Umstände im
Herkunftsland, daß die vorgetragenen Tatsachen die nicht entfernt liegende
Möglichkeit ergeben, daß ihm bei einer Rückkehr politische Verfolgung droht
(BVerwG, EZAR 630 Nr. 1).
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Nach diesen Grundsätzen kann der Kläger nicht als Asylberechtigter anerkannt
werden, wobei dahinstehen kann, ob er Pakistan als politisch Verfolgter verlassen
hat, weil im Falle seiner Rückkehr dorthin die von ihm befürchtete politische
Verfolgung -- auch im Hinblick auf seine glaubhaft gemachte umfangreiche
exilpolitische Betätigung -- mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen
werden kann.
Was die für den anzuwendenden Prognosemaßstab wesentliche Frage der
Vorverfolgung anlangt, hat der Senat allerdings erhebliche Zweifel, ob der Kläger
bis zu seiner Ausreise aus Pakistan bereits politische Verfolgungsmaßnahmen
erlitten hat.
Soweit er bei seiner Vernehmung im Berufungsverfahren bekundet hat, nach dem
Machtwechsel in Pakistan im Juli 1977 sei seine berufliche Qualifikation als Rektor
eines Colleges von den neuen Machthabern in Zweifel gezogen worden und man
habe ihn entsprechend einer zuvor erlassenen Kriegsrechtsbestimmung veranlaßt,
vor einer Public Service Commission zu erscheinen, ist damit eine asylrechtlich
relevante politische Verfolgungsmaßnahme nicht schlüssig dargetan. Denn zum
einen hat der Kläger selbst bei seiner Vernehmung im Berufungsverfahren
eingeräumt, durch seinen Beitritt zur PPP berufliche Vorteile gehabt und schneller
als üblich Professor und Rektor geworden zu sein, so daß durchaus auch ein
sachlicher Anlaß zu Zweifeln an der Qualifikation bestanden haben könnte. Zum
anderen waren nach Darstellung des Klägers nicht nur er, sondern alle Beamten
zum Erscheinen vor der Public Service Commission verpflichtet, so daß der
Maßnahme offensichtlich keine auf den Kläger persönlich zielende Motivation
zugrunde lag. Schließlich blieben die zunächst möglicherweise geäußerten Zweifel
an seiner Qualifikation für den Kläger auch folgenlos, denn er behielt auch nach
dem Machtwechsel im Juli 1977 seine frühere, herausgehobene berufliche Position
und war auch noch zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Pakistan, also mehr als
zwei Jahre nach dem Militärputsch Zia-ul-Haqs, Leiter eines Colleges in M.
Daran ändern der in diesem Zusammenhang vom Kläger anläßlich seiner
Vernehmung im Berufungsverfahren vorgelegte Zeitungsausschnitt aus der "Daily
Hilal Pakistan" vom 6. Oktober 1980 (Übersetzung Anlage 1 zum Protokoll vom 29.
Juli 1988, Bl. 251 GA) sowie der schon früher vorgelegte Ausschnitt aus einer in M
erscheinenden Regionalzeitung namens "Beedari" vom 15. September 1980 (Blatt
55 GA, Übersetzung Blatt 26 GA) nichts. Die in dem Artikel vom 6. Oktober 1988
enthaltene und mit der Androhung disziplinarischer Folgen verbundene
Aufforderung des Dienstherrn des Klägers, sich innerhalb von sieben Tagen zum
Dienst einzufinden, ist als Reaktion auf das nicht angekündigte und
unentschuldigte Fernbleiben des Klägers vom Dienst nach seiner Ausreise aus
Pakistan nicht als Verfolgungsmaßnahme, geschweige denn als asylrechtlich
relevante Maßnahme einzustufen. Denn zum einen ist diese Aufforderung zum
Dienstantritt nach rund einjährigem Fernbleiben vom Dienst eine recht späte und
für ein unter Kriegsrecht regiertes Land bemerkenswert maßvolle Reaktion, zum
anderen zeigt die Veröffentlichung, daß der Kläger rund ein Jahr nach seiner
Ausreise noch als Leiter des staatlichen "Commercial Training Institute" in M
geführt wurde. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der schon früher
vorgelegten Meldung aus der Zeitung "Beedari" vom 15. September 1980, selbst
wenn man sich aufdrängende Zweifel am Wahrheitsgehalt der Meldung bzw. der
vom Kläger vorgelegten Übersetzung der Meldung zurückstellt. Denn aus diesem
fast ein Jahr nach der Ausreise des Klägers erschienenen Artikel kann -- wie später
noch auszuführen ist -- nicht ohne weiteres auf das Vorliegen politischer
Verfolgung zum Zeitpunkt der Ausreise, auf den es für die Frage der Vorverfolgung
allein ankommt, geschlossen werden, zumal sich dem Inhalt der vom Kläger
vorgelegten Übersetzung des Zeitungsartikels entnehmen läßt, daß der Kläger
bereits außer Landes gewesen sein soll, ehe die pakistanischen Behörden
überhaupt von den angeblich verfolgungsbegründenden Tatsachen erfuhren.
Was die vom Kläger anläßlich seiner Vernehmung im Berufungsverfahren und bei
früherer Gelegenheit geltend gemachte Hausdurchsuchung Anfang des Jahres
1979 und die bei früheren Anhörungen geltend gemachte Beobachtung durch
Sicherheitsorgane anlangt, galten diese Maßnahmen ersichtlich nicht dem Kläger,
sondern allenfalls seiner damals untergetauchten und wenig später aus Pakistan
ausgereisten Ehefrau, wie der Kläger bei der Vorprüfungsanhörung durch das
Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 7. März 1980 und
bei seiner Vernehmung als Zeuge durch das Verwaltungsgericht Wiesbaden am
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bei seiner Vernehmung als Zeuge durch das Verwaltungsgericht Wiesbaden am
23. September 1981 bekundet hat. Ungeachtet der Frage, ob der Ehefrau des
Klägers geltende Fahndungsmaßnahmen, sollten sie glaubhaft gemacht sein, in
bezug auf sie als politische Verfolgung zu werten wären, können diese Maßnahmen
jedenfalls nicht auch als politische Verfolgung des Klägers gelten. Die bei
Verfolgung von Familienangehörigen möglicherweise zu beachtende
Verfolgungsvermutung (BVerwG, Urteile vom 27. April 1982, -- 9 C 239.80 --,
BVerwGE 65, 244 = InfAuslR 1982, 245; vom 2. Juli 1985 -- 9 C 35.84 --, NVwZ
1986, 487 = EZAR 204 Nr. 2; vom 13. Januar 1987 -- 9 C 50.86 --, EZAR 204 Nr. 3)
ist durch den eigenen Vortrag des Klägers widerlegt. Denn nach seiner
Darstellung, die er bei seiner Vernehmung im Berufungsverfahren gegeben hat,
hat er im Frühjahr 1979 weiteren befürchteten Fahndungsmaßnahmen der
pakistanischen Sicherheitskräfte allein dadurch entgehen können, daß er aus dem
mit seiner Familie bewohnten Haus in eine Wohnung auf dem College-Campus
übersiedelt ist. Da der Kläger dort bis zu seiner Ausreise offenbar unbehelligt
geblieben ist, kann nicht davon ausgegangen werden, er sei von etwaigen, gegen
seine Ehefrau gerichteten Maßnahmen in asylrechtlich relevanter Weise
mitbetroffen worden. Im übrigen hatte auch die Ehefrau des Klägers nach der im
rechtskräftigen Urteil des Senats vom 31. Juli 1986 -- ... -- vertretenen Ansicht
politische Verfolgung zum Zeitpunkt ihrer Ausreise aus Pakistan weder erlitten
noch zu befürchten.
Auch die vom Kläger geltend gemachte Furcht vor künftiger politischer Verfolgung
war im Zeitpunkt seiner Ausreise aus Pakistan unbegründet, so daß er auch unter
diesem Aspekt nicht als vorverfolgt angesehen werden kann.
Zwar hat der Kläger sowohl bei seiner Zeugenvernehmung durch das
Verwaltungsgericht Wiesbaden im Verfahren ... als auch bei seiner Vernehmung
als Partei im Berufungsverfahren bekundet, Demonstrationen gegen die
Militärregierung veranlaßt zu haben und insbesondere an der Vorbereitung einer
gewalttätig verlaufenden Demonstration Ende September 1979 in M beteiligt
gewesen zu sein, was möglicherweise tatsächlich ernstzunehmende Reaktionen
der damaligen pakistanischen Machthaber hätte auslösen können. Dies kann
indessen ebenso dahinstehen wie die Frage, ob etwaige Repressionen gegen den
Kläger wegen Beteiligung an der Vorbereitung einer gewalttätig verlaufenden
Demonstration asylrechtlich von Bedeutung wären. Denn die Angaben des Klägers
zu diesem Komplex sind wegen gravierender Widersprüche unglaubhaft.
Schwerwiegende Zweifel an der Glaubhaftigkeit der späteren Bekundungen des
Klägers zur angeblich fluchtauslösenden Beteiligung an der Organisation einer
Demonstration gegen das Militärregime ergeben sich bereits daraus, daß der
Kläger bei der Vorprüfungsanhörung am 7. März 1980 und in seiner
nachgereichten Beschreibung der Fluchtumstände nichts von dieser
Demonstration erwähnt hat, obgleich ihm damals die erst wenige Monate
zurückliegenden Ereignisse noch in lebhafter Erinnerung gewesen sein müßten. Als
Anlaß seiner Ausreise aus Pakistan hat der Kläger seinerzeit die angebliche
Warnung eines Freundes vor einer bevorstehenden Festnahme bezeichnet. Seine
angebliche Mitwirkung an der Organisation einer Demonstration im September
1979 hat der Kläger erstmals bei seiner Vernehmung als Zeuge durch das
Verwaltungsgericht am 23. September 1981 erwähnt, wobei er allerdings in
wesentlichen Punkten andere Angaben gemacht hat als bei seiner Vernehmung im
Berufungsverfahren. 1981 hat der Kläger hierzu als Zeuge bekundet, er habe die
Demonstration zusammen mit einem Dozenten organisiert, man habe nicht damit
gerechnet, daß die Demonstrationen zu Ausschreitungen gegen die eingesetzten
Polizisten führen würden. Bei seiner Vernehmung im Berufungsverfahren hat er
hingegen ausgesagt, die besagte Demonstration sei anläßlich einer Konferenz von
Repräsentanten der Studentenvereinigung in den Räumen des von ihm geleiteten
Colleges verabredet worden, er selbst habe zuvor Urlaub genommen und sei einen
Tag vor der verabredeten Demonstration zu Bekannten nach T in der Nähe von
Karachi gereist. Bei der Konferenz der Studentenfunktionäre sei verabredet
worden, daß die Studenten bei der Demonstration mit Steinen gefüllte Taschen
mit sich führen sollten. Diese bei der Vernehmung im Berufungsverfahren
gegebene Darstellung ist mit den früheren Bekundungen des Klägers zu diesem
Komplex in wesentlichen Punkten unvereinbar, insbesondere hinsichtlich des
eigenen Beitrags des Klägers bei der Organisation der Demonstration. Angesichts
dieser erheblichen Divergenzen fällt es kaum ins Gewicht, daß sich der Kläger bei
dem von ihm genannten Datum der angeblichen Konferenz von
Studentenfunktionären in seinem College um einen Tag vertan hat: Der von ihm
genannte 28. September 1979 war kein Donnerstag, wie der Kläger angegeben
hat, sondern ein Freitag.
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Die dargestellten Widersprüche hindern den Senat daran, dem Kläger seine
Darstellung zur Frage des Fluchtanlasses zu glauben, zumal die äußeren
Umstände der Ausreise auch der Angehörigen des Klägers aus Pakistan eher für
eine planmäßige, in aller Ruhe vorbereitete Auswanderung der ganzen Familie
sprechen. Dies hat der Senat im Hinblick auf die Ehefrau des Klägers bereits in
seinem rechtskräftigen Urteil vom 31. Juli 1986 -- ... -- festgestellt (vgl. Bl. 25 ff.
des Urteilsumdrucks). Dem Senat drängt sich auch im vorliegenden Verfahren der
Eindruck auf, daß die Ausreise der Ehefrau des Klägers aus Pakistan Ende März
oder Anfang April 1979, die Ausreise der drei Kinder der Eheleute D im Juli 1979
und schließlich die Ausreise des Klägers selbst am 14. Oktober 1979 sorgfältig
aufeinander abgestimmt waren und nicht etwa aus einer akuten, durch politische
Verfolgung bedingten Notlage heraus stattgefunden haben. Dies bestätigt letztlich
auch der Umstand, daß dem Kläger der zur Ausreise verwendete pakistanische
Reisepaß und selbst das darin befindliche französische Transitvisum noch vor der
angeblich fluchtauslösenden Demonstration am 28. bzw. 29. September 1979
erteilt worden sind, was dafür spricht, daß der Entschluß zur Ausreise weitaus
früher als vom Kläger angegeben und unabhängig von den Ergebnissen der
Konferenz von Studentenfunktionären kurz vor der angeblichen Demonstration
Ende September 1979 gefaßt worden ist.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem bereits erwähnten, vom Kläger
vorgelegten Artikel aus der pakistanischen Regionalzeitung "Beedari" vom 15.
September 1980 (Blatt 55 GA, Übersetzung Blatt 26 GA).
Zum einen drängen sowohl der Inhalt der vorgelegten Übersetzung der
Zeitungsmeldung als auch die ablehnende Haltung des Klägers in bezug auf
weitere Aufklärungsmaßnahmen hinsichtlich dieses Artikels in erster Instanz
Zweifel am Wahrheitsgehalt der in der Meldung enthaltenen
Sachverhaltsdarstellung auf. Nach dem Inhalt des Artikels soll eine Razzia mit dem
Ziel der Festnahme des Klägers veranstaltet worden sein, obwohl bekannt war,
daß dieser sich außerhalb Pakistans aufhielt. Hätte man des Klägers tatsächlich im
Wege einer Polizeirazzia habhaft werden wollen, wäre es aus ermittlungstaktischen
Gründen geradezu widersinnig gewesen, mittels einer Zeitungsmeldung öffentlich
auf das laufende Ermittlungsverfahren und seine möglichen Folgen hinzuweisen.
Im übrigen hat sich der Kläger selbst auch mit seinem Verhalten im vorliegenden
Rechtsstreit in Widerspruch zum Inhalt der angeblichen Zeitungsmeldung gesetzt.
Während nämlich aus der von ihm selbst vorgelegten Übersetzung der
Zeitungsmeldung hervorgeht, daß den pakistanischen Strafverfolgungsbehörden
die Tatsache des Auslandsaufenthalts des Klägers geläufig gewesen sein soll, hat
der Kläger später gegenüber dem Verwaltungsgericht seine vehement vertretenen
Bedenken gegen weitere Nachforschungen in Pakistan damit begründet, daß
durch derartige Aufklärungsmaßnahmen sein Auslandsaufenthalt bekannt und
Repressalien gegen noch in Pakistan lebende Angehörige verursacht werden
könnten.
Aufgrund all dieser Bedenken könnte der Senat, käme es hierauf für die
Entscheidung des Rechtsstreits an, nicht ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen
den Inhalt der vorgelegten Zeitungsmeldung vom 15. September 1980 für
glaubhaft halten. Im Unterschied zum Verwaltungsgericht sähe sich der Senat
durch die ablehnende Haltung des Klägers auch nicht gehindert, weitere
Aufklärungsmaßnahmen zu betreiben, weil die gemäß §§ 86 Abs. 1, 125 Abs. 1
VwGO von Amts wegen vorzunehmende Erforschung des Sachverhalts keiner
Zustimmung der Beteiligten bedarf. Zuverlässige Kenntnisse vom Wahrheitsgehalt
der angeblichen Zeitungsmeldung könnten freilich kaum allein durch das
Auswärtige Amt oder deutsche Auslandsvertretungen in Pakistan erlangt werden,
sondern bedürften letztlich der Mitwirkung pakistanischer Behörden und Gerichte,
deren Inanspruchnahme in Asylverfahren grundsätzlich nicht in Betracht kommt
(BVerwG, Beschluß vom 29. Mai 1984 -- 9 B 2217.82 --, ZfSH/SGB 1985, 280;
BVerwG, Beschluß vom 9. Mai 1983 -- 9 B 1046.81 --, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG
Nr. 5).
Ob aus all dem der Schluß zu ziehen ist, daß der Kläger, der für das Vorliegen der
anspruchsbegründenden Voraussetzungen die materielle Beweislast trägt, auch
angesichts des fragwürdigen Inhalts des vorgelegten Zeitungsartikels vom 15.
September 1980 als nicht vorverfolgt anzusehen ist, kann der Senat letztlich offen
lassen, weil es aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls und aufgrund der
jüngsten politischen Entwicklung in Pakistan für die Entscheidung des Rechtsstreits
nicht mehr entscheidend darauf ankommt, welcher Prognosemaßstab anzulegen
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nicht mehr entscheidend darauf ankommt, welcher Prognosemaßstab anzulegen
ist. Denn es ist hiernach nicht nur nicht zu erwarten, sondern es kann mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, daß der Kläger im Falle
einer Rückkehr nach Pakistan heute oder in absehbarer Zukunft politisch verfolgt
würde.
Dabei sieht der Senat als erwiesen an, daß der Kläger als einer der führenden
Funktionäre der Exil-PPP in der Bundesrepublik Deutschland als erklärter Gegner
des Regimes des verstorbenen pakistanischen Staatspräsidenten Zia-ul-Haq auch
den pakistanischen Behörden bekannt ist und im Falle seiner Rückkehr auch
wegen seiner intensiven persönlichen Beziehungen zur Führung der PPP in
Pakistan als Gegner der früheren Machthaber erkannt würde. Der Senat ist aber
aufgrund einer die historische Entwicklung seit dem Militärputsch in Pakistan im Juli
1977 berücksichtigenden und auf absehbare Zeit ausgerichteten Prognose davon
überzeugt, daß eine Gefährdung von Leben, Freiheit und körperlicher
Unversehrtheit des Klägers im Falle einer Rückkehr nach Pakistan nahezu
ausgeschlossen ist.
Die dieser Prognose zugrundeliegende historische Entwicklung stellt sich wie folgt
dar:
Die PPP wurde am 10. November 1967 von Zulfiqar Ali Bhutto, bis 1966
Außenminister unter Präsident Ayub Khan, gegründet. Die Partei wollte in Pakistan
einen demokratischen Sozialismus islamischer Prägung verwirklichen. Sie forderte
u.a. die Nationalisierung der Schwerindustrie, die staatliche Kontrolle aller
Industriezweige, eine Bodenreform, Mindestlohn, Urlaubsanspruch, Kranken- und
Rentenversicherung für Arbeiter, Pressefreiheit sowie Unabhängigkeit der Justiz.
Die Partei fand bei Arbeitern, Bauern und Studenten große Zustimmung und
errang bei den Wahlen zur Nationalversammlung im Jahre 1970 80 der insgesamt
313 Sitze. Sie wurde damit die zweitstärkste Fraktion im Parlament und stärkste
Partei Westpakistans. Nachdem sich Ostpakistan im März 1971 unter der
Bezeichnung "Bangladesh" für unabhängig erklärt hatte und der pakistanischen
Armee in dem sich anschließenden Bürgerkrieg durch die intervenierende indische
Armee eine vernichtende Niederlage bereitet worden war, trat der amtierende
pakistanische Präsident Yahya Khan zurück und übergab die Macht am 20.
Dezember 1971 an Bhutto, der bis Anfang 1977 unangefochten regierte. Bei den
Wahlen zur Nationalversammlung am 7. März 1977 setzte Bhutto, obgleich ihm
die Mehrheit im Parlament gewiß war, staatliche Druckmittel ein und griff zum
Mittel der Wahlfälschung, um die Zweidrittelmehrheit im Parlament zu erreichen
und damit die Verfassung in seinem Sinne ändern zu können. Die schon vor den
Wahlen in einer Pakistan National Alliance (PNA) zusammengeschlossenen
Oppositionsparteien bezweifelten die Richtigkeit der Wahlergebnisse in sich über
Monate hinziehenden Protestaktionen, bis der Oberbefehlshaber des Heeres,
General Zia-ul-Haq, am 5. Juli 1977 nach einem Militärputsch die Macht übernahm
(vgl. hierzu: Gutachten von Dr. Munir D. Ahmed, Deutsches Orient-Institut
Hamburg, Anlage zur Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 19. Oktober 1981,
Dokument 16, Seite 12 ff.; Dr. K. M. Khan, Deutsches Übersee-Institut Hamburg
vom 7. Dezember 1981, Dokument 18, Seite 7 ff.).
Nach der Machtübernahme durch die Militärs wurde das Kabinett entlassen, das
Parlament und die Provinzparlamente wurden aufgelöst, politische Aktivitäten
wurden verboten und über das Land wurde das Kriegsrecht verhängt. Zunächst
verhaftete PPP-Funktionäre wurden bald wieder freigelassen, das Zentralkomitee
der PPP konnte ungehindert tagen, die Parteigliederungen blieben intakt
(Auskünfte des Auswärtigen Amtes vom 30. Januar und 2. April 1979, Dokumente
1 und 3). Im September 1977 wurden beschränkte politische Aktivitäten wieder
zugelassen und der Ausnahmezustand aufgehoben. Gleichzeitig wurden freie
Wahlen angekündigt. Gegen führende Mitglieder der PPP wurden Verfahren
eingeleitet. Bhutto wurde die Beteiligung an einem Mordkomplott vorgeworfen.
Andere führende Mitglieder der Partei mußten Rechenschaft über den Erwerb ihres
Vermögens ablegen. Vor der Verkündung des Urteils in dem Bhutto-Prozeß vor
dem Lahore High Court am 18. März 1978 wurden in den Hochburgen der PPP, den
Provinzen Punjab und Sind, etwa 15.000 Funktionäre der PPP "isoliert" und
verhaftet, um Unruhen anläßlich der Urteilsverkündung zu verhindern. Die
Maßnahmen wurden kurze Zeit nach der Urteilsverkündung wieder aufgehoben
(Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 30. Januar 1979, Nr. 1). Nach
Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes (Dokument Nr. 3) wurden damals zwischen
einigen hundert und über zweitausend PPP-Funktionäre verhaftet, deren Mehrzahl
nach der Urteilsverkündung freigelassen wurde. Im Oktober/November 1978 und
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nach der Urteilsverkündung freigelassen wurde. Im Oktober/November 1978 und
Ende Januar/Februar 1979 kam es aus Anlaß der bevorstehenden Verkündung der
Entscheidung des Supreme High Court im Bhutto-Verfahren zu zwei weiteren
Verhaftungswellen, wobei die Gesamtzahl der Inhaftierten wahrscheinlich höher
war als im März 1978. Während einige der Verhafteten bald wieder freigelassen
wurden, blieb die Mehrheit der Festgenommenen über den Zeitpunkt der
Exekution Bhuttos am 4. April 1979 hinaus in Haft (Auswärtiges Amt, a.a.O.).
Eine weitere Verhaftungswelle, von der auch und namentlich PPP-Mitglieder
betroffen waren, fand im Jahre 1981 statt. Vorangegangen war eine neuerliche
Verschiebung der von Präsident Zia-ul-Haq seit dem Militärputsch im Juli 1977
mehrfach angekündigten Parlamentswahlen, die zuletzt für den 21. November
1979 geplant waren. Mit der Ankündigung der erneuten Verschiebung der Wahlen
verband das Militärregime ein Verbot aller politischer Parteien und jeglicher
politischer Aktivität durch die Kriegsrechtsbestimmung Nr. 33 und die
sogenannten Martial Law Provisions. Diese Kriegsrechtsbestimmungen schufen
weitgehende Kompetenzen für die Militärbehörden (vgl. im einzelnen amnesty
international vom 3. September 1981, Dokument 12). Die mit diesen
Kriegsrechtsbestimmungen verfolgte Tendenz führte zu Reaktionen der nunmehr
illegal agierenden Parteien und Gewerkschaften und schließlich am 6. Februar
1981 zu einer politischen Allianz von insgesamt neun Parteien einschließlich der
PPP unter der Bezeichnung "Movement for the Restoration of Democracy" (MRD).
Im Vorfeld und als Folge dieser Allianz wurden alle hohen und auch kleinere
Parteifunktionäre der PPP, die durch besondere Aktivität aufgefallen waren, in
Vorbeugehaft genommen, wobei nach Angaben des Auswärtigen Amts von rund
400 Verhaftungen auszugehen ist (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 11. September
1981, Dokument 13, und die im vorliegenden Verfahren eingeholte Auskunft vom
13. Oktober 1981, Dokument 15; amnesty international a.a.O.). Am 2. März 1981
kam es in Pakistan zu einer Flugzeugentführung mit dem Ziel, politische Häftlinge
freizupressen. Auf diese Entführung reagierte das pakistanische Militärregime
zunächst mit einer Verschärfung der laufenden Verhaftungswelle, Anfang Mai
jedoch wurden insgesamt 54 politische Häftlinge freigelassen (amnesty
international, a.a.O., Seite 6 f.). Einen Schlußstrich unter dieses Kapitel setzte die
pakistanische Führung mit einer anläßlich des Unabhängigkeitstages Pakistans am
14. August 1981 verkündeten Amnestie, die auch zur Freilassung der letzten und
prominentesten politischen Häftlinge, die anläßlich der Flugzeugentführung
verhaftet worden waren, führte (Auswärtiges Amt vom 19. Oktober 1981,
Dokument 16). In der Folgezeit standen einige führende politische Persönlichkeiten
der PPP, darunter die Tochter des früheren Staatschefs, Benazir Bhutto, unter
Hausarrest. Die Zahl der nach der Flugzeugentführung inhaftierten und spätestens
im August 1981 bis auf ganz wenige Ausnahmen freigelassenen Personen wird
vom Auswärtigen Amt mit ca. 2000 angegeben (Auskunft vom 10. November
1981, Dokument 17), andere Quellen nennen weitaus höhere Zahlen, allerdings
unter Hinweis auf mangelnde Nachprüfbarkeit (Dr. Ahmed, Gutachten vom 5. April
1981, Seite 22 f., Anlage zur Auskunft des Auswärtigen Amts vom 19. Oktober
1981, Dokument 16, und Gutachten vom 14. Januar 1982, Seite 6, Dokument 20).
Die Jahre 1981 und 1982 waren trotz der verkündeten Amnestie für politische
Gefangene geprägt von einschneidenden Maßnahmen gegen alle
Demokratisierungsbestrebungen und gegen jegliche organisierte Opposition. Eine
am 24. März 1981 bekanntgegebene "Provisional Constitution Order" räumte dem
Präsidenten die Möglichkeit ein, die Verfassung nach Gutdünken zu ändern,
gleichzeitig wurden alle größeren politischen Parteien einschließlich der PPP
verboten (amnesty international, Gutachten vom 3. September 1981, Dokument
12, Seite 2). Die Arbeit der verbotenen politischen Parteien kam dadurch auch
tatsächlich weitgehend zum Erliegen (Auswärtiges Amt vom 18. Januar 1982,
Dokument 21).
Eine auch für die verbotenen politischen Parteien wesentliche Verschärfung der
Kriegsrechtsbestimmungen brachte die am 27. September 1982 erlassene Martial
Law Regulation (MLR) Nr. 53, die der Militärregierung rückwirkend ab 5. Juli 1977 die
Möglichkeit der Verhängung der Todesstrafe für Sachbeschädigungen einräumte
und eine auch aus früheren pakistanischen Rechtsvorschriften bekannte
Schuldfiktion zu Lasten des jeweiligen Beschuldigten schuf (Auswärtiges Amt,
Auskünfte vom 15. Dezember 1982, Dokument 25, und vom 20. Januar 1983, Nr.
29; Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 14. Januar 1983, Dokument 28). Die
Auswirkungen der MLR Nr. 53 für die Tätigkeit der verbotenen Parteien und ihrer
Anhänger lassen sich nur schwer beurteilen, weil Informationen über die
Anwendung dieser Vorschriften den sachkundigen Stellen nicht vorliegen
(Deutsches Orient-Institut vom 20. Januar 1983, Dokument 30; Auswärtiges Amt,
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(Deutsches Orient-Institut vom 20. Januar 1983, Dokument 30; Auswärtiges Amt,
Auskunft vom 9. Februar 1983, Dokument 31).
Zu einer neuen Verhaftungswelle kam es im Sommer 1983 im Verlauf einer
Kampagne des zivilen Ungehorsams, die von den acht im MRD
zusammengeschlossenen verbotenen Parteien ausging und zu schweren Unruhen
in verschiedenen Teilen des Landes führte (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 20.
September 1983, Dokument 35). Im Verlauf der Auseinandersetzungen wurden
ca. 8.000 Personen festgenommen, von denen bis Mitte Dezember 1983 ca. 4.000
wieder freigelassen wurden (Auswärtiges Amt, Auskünfte vom 15. Dezember 1983,
Nr. 36, und vom 31. Januar 1984, Nr. 37). Während der Kampagne reisten sieben
Exil-PPP-Politiker aus London nach entsprechender Ankündigung nach Pakistan mit
dem Ziel, die Kampagne dort zu unterstützen, und wurden bei der Einreise
festgenommen (Auswärtiges Amt vom 20. Februar 1984, Dokument 38;
Deutsches Orient-Institut vom 22. Mai 1984, Dokument 41).
In den ersten Monaten des Jahres 1984 deutete sich eine gewisse Entkrampfung
der Haltung Zia-ul-Haqs gegenüber dem MRD und insbesondere der PPP ab.
Benazir Bhutto, die inzwischen die faktische Führung der PPP von ihrer Mutter
Nusrat Bhutto übernommen und bis dahin unter Hausarrest gestanden hatte,
durfte Pakistan verlassen und nach Großbritannien ins Exil gehen. Die in den
voraufgegangenen Jahren wiederholt angekündigten und immer wieder
verschobenen Wahlen fanden im Februar 1985 tatsächlich statt, nachdem im
Dezember 1984 der Pakistan Penal Code um eine Bestimmung ergänzt worden
war, die eine dreijährige Gefängnisstrafe für den Boykott irgendeiner Wahl oder
eines Referendums vorsah (vgl. hierzu und zum folgenden amnesty international,
"Menschenrechtsverletzungen in Pakistan", April 1985, Übersetzung aus dem
Englischen, Dokument 45; Südasien-Institut der Universität Heidelberg, Gutachten
vom 30. Mai 1985, Dokument 46, Seite 49). Gleichwohl blieben das Kriegsrecht
weitgehend in Kraft und die Grundrechte suspendiert, eine am 3. März 1985
verkündete "Revival of the Constitution of 1973 Order" deutete allerdings den
Willen des Regimes an, wenigstens stufenweise zu einer geordneten
Verfassungslage zurückzukehren, nachdem sich Zia-ul-Haq durch ein am 19.
Dezember 1984 abgehaltenes Referendum eine zumindest äußerliche
Legitimation für seine Politik verschafft hatte (Südasien-Institut der Universität
Heidelberg, Gutachten vom 30. Mai 1985, Dokument 46, Seite 2 ff.). Die nach
außen hin plakativ angekündigten Normalisierungsbestrebungen Zia-ul-Haqs (vgl.
FAZ vom 17. September 1985, Dokument 47) führten zum Jahresende 1985
tatsächlich zur Aufhebung des Kriegsrechts in Pakistan, was am 30. Dezember
1985 verkündet wurde (Frankfurter Rundschau vom 31. Dezember 1985,
Dokument 50), und zur Auflösung der bis dahin auch für Straftaten von Zivilisten
zuständigen Militärgerichte. Die noch anhängigen Verfahren wurden zivilen
Gerichten übertragen (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 15. August 1986,
Dokument Nr. 51). Am 28. Januar 1986 wurde ein neues Kabinett vereidigt, in dem
acht ehemalige prominente PPP-Angehörige Ministerämter bekleideten; teilweise
waren diese bereits unter Premierminister Bhutto Minister (Auswärtiges Amt vom
14. Februar 1986, Dokument Nr. 53). Zuvor war durch ein im Dezember 1985
verabschiedetes Parteiengesetz in Pakistan die Voraussetzung für eine legale
Betätigung politischer Parteien und ihrer Funktionäre, auch die Betätigung der PPP,
geschaffen worden (vgl. zum Inhalt Auskunft des Auswärtigen Amts vom 18.
Februar 1986, Dokument 54).
Im April 1986 kehrte Benazir Bhutto aus ihrem britischen Exil nach Pakistan zurück
und wurde triumphal empfangen (INSIDE ASIA, Dokument 57; Süddeutsche
Zeitung vom 19. August 1986, Dokument 60). Nachdem ihr Aufruf, den Jahrestag
der Machtübernahme durch das Militär am 5. Juli als "Schwarzen Tag der
Demokratie" zu begehen, auf geringe Resonanz in der Bevölkerung gestoßen war,
organisierte Frau Bhutto trotz eines bestehenden Versammlungsverbots am
Jahrestag der pakistanischen Unabhängigkeit, dem 14. August 1986, in Islamabad
einen Zug von Motorrädern und Autos und wurde deswegen festgenommen (FAZ
vom 15. August 1986, Dokument 59). Am Vortag waren bereits hauptsächlich in
Karachi und Lahore zahlreiche MRD-Oppositionelle verhaftet worden, um sie an der
Teilnahme an geplanten Demonstrationen zum Unabhängigkeitstag zu hindern
(Auswärtiges Amt vom 2. September 1986, Dokument 63). Benazir Bhutto wurde
am 9. September 1986 wieder aus der Haft entlassen (FAZ vom 10. September
1986, Dokument 64). Auch die übrigen festgenommenen Politiker einschließlich
der PPP-Funktionäre wurden, soweit sie nicht schon vorher entlassen worden
waren, in den Wochen danach freigelassen (Auswärtiges Amt vom 24. November
1986, Nr. 66). Seither ist es in Pakistan offenkundig nicht mehr zu Verhaftungen
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1986, Nr. 66). Seither ist es in Pakistan offenkundig nicht mehr zu Verhaftungen
von PPP-Funktionären oder zu nennenswerten Behinderungen der Parteiarbeit
gekommen, abgesehen davon, daß die weitgehende Rückkehr zu einer normalen
verfassungsrechtlichen Situation im Lande die früher im MRD zusammengefaßten
Kräfte auseinanderstreben ließ und auch Spaltungstendenzen innerhalb der PPP
förderte (Neue Zürcher Zeitung vom 27. August 1986, Nr. 62; Auswärtiges Amt,
Auskünfte vom 21. November 1986, Nr. 67, vom 29. Dezember 1986, Nr. 68 und
Lageberichte vom 15. März und 24. Juni 1987 sowie vom 20. Januar 1988, Nrn. 69
bis 71).
Auch durch den Tod des Staatspräsidenten Zia-ul-Haq bei einem durch Sabotage
verursachten Flugzeugabsturz am 17. August 1988 und dessen politische
Auswirkungen hat sich für PPP-Angehörige in Pakistan kein Verfolgungsrisiko
ergeben. Trotz der durch den Tod Zia-ul-Haqs entstandenen Unsicherheit über
Ursachen und Urheber des sogleich vermuteten Attentats auf den
Staatspräsidenten kam es nicht zu einer Machtübernahme durch das Militär,
vielmehr übernahm verfassungsgemäß Senatspräsident Ghulam Ishak Khan, ein
Zivilist, kommissarisch die Amtsgeschäfte des Staatspräsidenten (Der Spiegel
vom 22. August 1988, Dokument 80). Er rief zwar unmittelbar nach seiner
Amtsübernahme den Notstand aus und bildete einen Notstandsrat, kündigte aber
sogleich an, den von Zia-ul-Haq angekündigten Termin für die Parlamentswahlen
im November 1988 beibehalten zu wollen (Auswärtiges Amt vom 5. September
1988, Dokument 82). Benazir Bhutto konnte unmittelbar nach dem Attentat auf
Zia-ul-Haq in ihrer Rolle als Parteivorsitzende der PPP ungehindert und intensiv
Gespräche mit anderen im MRD zusammengeschlossenen Oppositionsparteien
führen und weitere Vorbereitungen für die Parlamentswahlen am 16. November
1988 treffen (FR vom 20. August 1988, Dokument 79). Obgleich zur selben Zeit in
Teilen Pakistans ethnisch motivierte Unruhen aufkamen, wurde offiziell unbeirrt an
den eingeschlagenen Weg einer Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung
festgehalten, etwa dadurch, daß ein Gericht in Lahore feststellte, die von Zia-ul-
Haq am 29. Mai 1988 durchgeführte Parlamentsauflösung sei verfassungswidrig
gewesen, was zu einer umgehenden Einberufung der Nationalversammlung führte
(FR vom 3. Oktober 1988, Dokument 84). Auf Antrag der PPP stellte der Supreme
Court nach dem Tod Zia-ul-Haqs am 2. Oktober 1988 fest, daß die an sich
beabsichtigte Durchführung der Parlamentswahlen ohne Beteiligung von Parteien
gegen die Verfassung verstoße (Auswärtiges Amt vom 10. Oktober 1988,
Dokument 87; FAZ vom 18. Oktober 1988, Dokument 88). Entgegen den
Befürchtungen mancher Skeptiker liefen die Parlamentswahlen am 16. November
1988 nahezu störungsfrei und führten zu einem überzeugenden Wahlsieg der von
Benazir Bhutto geführten PPP, die zwar nicht die absolute Mehrheit der 207 zur
Wahl stehenden Parlamentssitze errang, wohl aber einen deutlichen Vorsprung vor
allen anderen Parteien, insbesondere der von der regierenden Moslem-Liga
geführten Islamisch-Demokratischen Allianz (IDA), die im Wahlkampf zu den
Favoriten gezählt worden war (FR vom 18. November 1988, Dokumente 90 und 91
sowie der in die mündliche Verhandlung eingeführte Bericht der FAZ vom selben
Tage).
Unter Berücksichtigung dieser historischen Entwicklung hat der Kläger heute und
auf absehbare Zukunft keine politische Verfolgung zu fürchten, wenn er nach
Pakistan zurückkehrt. Die Situation für PPP-Parteimitglieder auf allen Ebenen hat
sich, was ihre persönliche Sicherheit in Pakistan anlangt, offenkundig seit
Aufhebung des Kriegsrechts Ende 1985 kontinuierlich verbessert, was vor allem
darin Ausdruck findet, daß selbst massive Kritik am Staatspräsidenten schon vor
dem Tod Zia-ul-Haqs keine Repressalien mehr auslöste. Der Wahlsieg der PPP
vom 16. November 1988 läßt neben einer Regierungsbeteiligung dieser Partei
auch erwarten, daß ihre Mitglieder und Anhänger künftig noch mehr als bisher an
der politischen Willensbildung in Pakistan mitwirken und ihren Platz in Staat und
Gesellschaft, soweit sie ihn nach der Absetzung Zulfiqar Ali Bhuttos verloren
hatten, in Kürze wieder einnehmen können. Zwar ist die mit dem Wahlsieg der PPP
eingeleitete Entwicklung nicht völlig risikolos, zumal auf der Hand liegt, daß schon
wegen des Geschlechts der möglichen künftigen Regierungschefin mit
konsequentem Widerstand islamisch-fundamentalistischer Kreise in Pakistan
gerechnet werden muß. Auch der Loyalität des pakistanischen Militärs werden sich
die PPP und ihre amtierende Vorsitzende wohl niemals ganz gewiß sein können.
Angesichts der durch den Wahlsieg der PPP bestätigten Entwicklung der letzten
Jahre ist indessen eine politische Verfolgung von PPP-Angehörigen in absehbarer
Zukunft nahezu ausgeschlossen. Was exilpolitische Aktivitäten von PPP-Anhängern
anlangt, war sogar während der Zeiten intensivster Verfolgung von PPP-
Funktionären in Pakistan selbst mindestens umstritten, ob derartige Aktivitäten
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Funktionären in Pakistan selbst mindestens umstritten, ob derartige Aktivitäten
ernstzunehmende Reaktionen im Fall der Rückkehr nach Pakistan auslösen
könnten (vgl. etwa Auskünfte des Auswärtigen Amtes vom 7. September 1983,
Dokument 34, vom 31. Januar 1984, Dokument 37, und vom 20. Februar 1984,
Dokument 38; vgl. allerdings Deutsches Orient-Institut vom 22. Februar 1985,
Dokument 44).
Auch die vom Kläger anläßlich seiner Vernehmung im Berufungsverfahren
vorgelegte Zeitungsnotiz aus der "Daily Jang" vom 24./25. Januar 1987 (Anlage 2
zum Protokoll vom 29. Juli 1988, Bl. 252 GA) gibt keinen Anlaß zu der Befürchtung,
der Kläger werde im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan allein wegen seiner
Mitgliedschaft in der PPP und darauf beruhender politischer Meinungsäußerungen
inhaftiert werden. Wie dem vorgelegten Zeitungsartikel zu entnehmen ist, wurden
die darin geschilderten Ermittlungen gegen den PPP-Funktionär Abdul Ghafoor
deshalb aufgenommen, weil er im Verdacht stand, u. a. mit Murtaza Bhutto in
Verbindung gestanden zu haben. Der im Exil in Syrien lebende Murtaza Bhutto, ein
Sohn des 1979 hingerichteten früheren Präsidenten Zulfiqar Ali Bhutto,
organisierte nach der Hinrichtung seines Vaters eine Terrorgruppe mit dem
Namen "Al Zulfiqar" und wurde nach dem Tod Zia ul-Haqs auch mit dem hierzu
führenden Flugzeugabsturz in Verbindung gebracht ("FR" vom 20. August 1988,
Dokument Nr. 77). Mithin dürften die Ermittlungen, die in dem vom Kläger
vorgelegten Zeitungsausschnitt erwähnt sind, ausschließlich der Aufklärung
schwerwiegender Straftaten gedient haben und nicht etwa als Reaktion allein auf
die PPP-Mitgliedschaft und kritische Meinungsäußerungen im Ausland zu verstehen
sein.
Daß schwerwiegende Maßnahmen gegen den Kläger im Falle einer Rückkehr nach
Pakistan äußerst unwahrscheinlich sind, zeigt im übrigen auch der Umstand, daß
nach seiner eigenen Darstellung der als Zeuge benannte ... A, ein Bruder seiner
Ehefrau, nach wie vor eine Vertrauensstellung bei der pakistanischen Botschaft in
der Bundesrepublik Deutschland innehaben soll, obgleich der Kläger und seine
Ehefrau seit Jahren öffentlich als Regimegegner in Erscheinung getreten sind und
sich auch an Demonstrationen vor dem Botschaftsgebäude beteiligt haben.
Die Behauptung des Klägers, er und seine Familie ständen auf einer bei der
pakistanischen Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland geführten "schwarzen
Liste" und hätten deshalb bei einer Rückkehr nach Pakistan aus politischen
Gründen mit Repressalien zu rechnen, ist daher nicht ohne weiteres glaubhaft; sie
ist auch nicht erwiesen, weil der hierzu benannte Zeuge A nicht zur Aussage bereit
war. Herr A., dem ein Zeugnisverweigerungsrecht sowohl wegen seiner
persönlichen Beziehungen gemäß §§ 98 VwGO, 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO als auch --
die Angaben des Klägers zur Person als richtig unterstellt -- als Diplomat gemäß
Art. 31 Abs. 2 i.V.m. Art. 1 lit. d) und e) des Wiener Übereinkommens über
diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 (BGBl. II 1964 S. 957, 959) zusteht,
hat seine Zeugnisverweigerung zwar nicht in den durch § 386 Abs. 1 ZPO
vorgesehenen Formen erklärt, sondern nur indirekt durch den
Prozeßbevollmächtigten des Klägers. Da der Kläger jedoch ausdrücklich auf den
Zeugen verzichtet hatte und absehbar gewesen ist, daß dieser im Falle seines
Erscheinens vor Gericht tatsächlich das Zeugnis verweigern würde, hat der Senat
keinen Anlaß gesehen, im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht auf der
förmlichen Abgabe einer entsprechenden Erklärung durch den Zeugen zu
bestehen, zumal im Falle einer Aussage des Zeugen ein Konflikt mit seinen
Geheimhaltungspflichten als Berufsdiplomat unausweichlich gewesen wäre.
Nachteile, die der Kläger im Falle einer Rückkehr nach Pakistan in beruflicher
Hinsicht möglicherweise zu erwarten hat, sind nicht asylbegründend. Zwar muß er
damit rechnen, daß wegen seines Fernbleibens vom Dienst die in der von ihm
vorgelegten Zeitungsnotiz vom 6. Oktober 1980 angedrohten disziplinarischen
Schritte tatsächlich eingeleitet worden sind und er inzwischen seine Stellung als
beamteter Hochschullehrer verloren hat. Unter diesen Umständen könnte er im
Falle einer Rückkehr nach Pakistan nicht ohne weiteres mit einer Wiedereinstellung
als Hochschullehrer rechnen. Dies ist indessen schon deshalb asylrechtlich nicht
relevant, weil das jahrelange Fernbleiben des Klägers vom Dienst aus den bereits
dargestellten Gründen wohl kaum auf asylrechtlich erheblichen Umständen
beruhte. Die inzwischen wahrscheinlich erfolgte Dienstenthebung des Klägers kann
daher ebensowenig als politische Verfolgungsmaßnahme angesehen werden wie
die aufgrund seines bisherigen Verhaltens mögliche Weigerung der pakistanischen
Behörden, ihn wieder als Hochschullehrer zu beschäftigen.
60 Nach allem ist die Berufung zurückzuweisen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.