Urteil des HessVGH vom 03.03.1998

VGH Kassel: politische verfolgung, kosovo, bundesamt für flüchtlinge, ausreise, unmenschliche behandlung, unhcr, wahrscheinlichkeit, gefahr, asylbewerber, tschechische republik

1
2
Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
7. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 UE 869/96
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 16a Abs 1 GG, § 51 Abs
1 AuslG 1990, § 53 Abs 4
AuslG 1990, § 53 Abs 6 S 1
AuslG 1990, Art 3 MRK
(Echtheitsüberprüfung ausländischer Gerichtsurteile im
Asylverfahren; Jugoslawien: Abschiebungshindernisse
verneint)
Leitsatz
1. Legt ein albanischer Volkszugehöriger aus dem Kosovo im Asylverfahren ein seinen
Angaben zufolge gegen ihn ergangenes jugoslawisches Strafurteil vor und ergibt eine
daraufhin eingeholte Auskunft des Auswärtigen Amtes, daß bei dem betreffenden
Gericht gar kein Verfahren gegen den asylbewerber anhängig war, so besteht
regelmäßig keine Veranlassung für eine nochmalige Überprüfung des
Gerichtsregisters.
2. Zu den Voraussetzungen der Abschiebungshindernisse gemäß § 53 Abs 4 AuslG
i.V.m. Art 3 EMRK und gemäß § 53 Abs 6 Satz 1 AuslG.
Gründe
I.
Die am ... 1964 in Padalista, Bez. Srbica, und am ... 1967 in Vrela, Bez. Istok,
jeweils Provinz Kosovo, Serbien, geborenen und seit 1985 verheirateten Kläger zu
1) und 2) sowie ihre gemeinsamen Kinder, die am ... 1986 in Istok und am ... 1987
sowie am ... 1989 in Padalista geborenen Kläger zu 3) bis 5) sind jugoslawische
Staatsangehörige albanischer Volks- und muslimischer Religionszugehörigkeit.
Seinen Angaben zufolge schloß der Kläger zu 1) nach zwölfjährigem Schulbesuch
im Sommer 1982 die Mittelschule in Pristina und zugleich eine Ausbildung zum
Elektrotechniker ab; ein im November 1982 begonnenes Studium führte er nur bis
zum Juni 1983 fort. Danach arbeitete er bis Mai 1993 - nach der Heirat zusammen
mit der Klägerin zu 2), die ebenfalls die Mittelschule besucht hatte - in der
Landwirtschaft; diese Tätigkeit unterbrach er zur Ableistung seines
Grundwehrdienstes vom Dezember 1988 bis zum Dezember 1989. Ebenfalls nach
eigenen Angaben verließen die Kläger am 23. Mai 1993 ihre Heimat und reisten
über Mazedonien, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, die Slowakei und die
Tschechische Republik am 28. Mai 1993 nach Deutschland ein. Dort meldeten sie
sich am 15. Juni 1993 bei der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge
in Schwalbach als Asylsuchende, wo ihnen am selben Tage hierüber eine bis zum
22. Juni 1993 gültige Bescheinigung ausgestellt wurde.
Am 17. Juni 1993 stellten die Kläger beim Bundesamt für die Anerkennung
ausländischer Flüchtlinge (im folgenden: Bundesamt) - Außenstelle Schwalbach -
einen Asylantrag. Laut Niederschrift zu diesem Antrag vom selben Tage gab der
Kläger zu 1) anläßlich seiner Anhörung durch das Bundesamt an: Sie hätten im
Kosovo gut gelebt; des öfteren habe sein Vater, der seit 1972 in Deutschland sei,
von dort Geld geschickt. Jedoch habe er, der Kläger zu 1), sich kontrolliert gefühlt,
seit er 1981 an einer Demonstration teilgenommen habe und dabei verwundet
worden sei. 1983 sei er vom Staatssicherheitsdienst vorgeladen und wegen dieser
Demonstrationsteilnahme befragt worden. Im Juni 1983 habe er aus politischen
Gründen sein Studium abbrechen müssen. Bis Mai 1993 habe er dann wegen des
Vorfalls im Jahre 1981 nichts mehr gehört. Am 10. Mai 1993 habe ihm die Polizei
3
4
5
6
Vorfalls im Jahre 1981 nichts mehr gehört. Am 10. Mai 1993 habe ihm die Polizei
zu Hause persönlich eine - von ihm jetzt vorgelegte - Ladung zu einer für den 24.
Mai 1993 vor dem Amtsgericht Mitrovica terminierten Hauptverhandlung
übergeben; man habe ihm erneut die Demonstrationsteilnahme im Jahre 1981
vorgeworfen und ihn deswegen bestrafen wollen. Er sei dieser Ladung jedoch nicht
gefolgt, weil er Angst gehabt habe, bei Verhören geschlagen und zum Kriegsdienst
rekrutiert zu werden. Der Kläger zu 3) habe von 1992 bis 1993 eine Privatschule
besucht; dann habe man die Lehrer entlassen und den Kindern den Schulbesuch
nicht mehr erlaubt. Am 23. Mai 1993 seien sie mit dem Bus ausgereist; sie seien
vor dem Grenzübertritt nach Mazedonien kontrolliert worden; Probleme habe es
dabei nicht gegeben. Die Grenze von der Tschechischen Republik nach
Deutschland hätten sie illegal zu Fuß überschritten; ein Unbekannter habe ihnen
den Weg durch den Wald gewiesen. Die Klägerin zu 2) gab anläßlich ihrer Anhörung
durch das Bundesamt an: Der Kläger zu 1) habe im Kosovo der "demokratischen
Liga" angehört. Deshalb seien häufiger serbische Polizisten zu ihnen nach Hause
gekommen und hätten ihn über die Versammlungen der "demokratischen Liga"
ausgefragt. Manchmal habe er sich auch auf der Wache melden müssen und sei
dann dort über die betreffenden Veranstaltungen befragt worden. Er sei aber nie
länger festgehalten worden. Einmal, als serbische Polizisten den Kläger zu 1) zu
Hause nicht angetroffen hätten, hätten sie verlangt, daß der Kläger zu 3)
mitgehen solle. Dieser sei vor Angst in Ohnmacht gefallen; geschlagen hätten sie
das Kind nicht. Sie selbst habe als Ehefrau des Klägers zu 1) darunter zu leiden
gehabt, daß er ständig kontrolliert worden sei. Ihr Schwiegervater habe ihnen Geld
geschickt, das sie den serbischen Behörden hätten geben sollen, damit diese sie
in Ruhe ließen. Ihren Reisepaß habe sie erst einen Tag vor der Ausreise in Srbica
abholen können.
Mit Bescheid vom 30. September 1993 - zugestellt am 8. Oktober 1993 - lehnte
das Bundesamt den Antrag auf Asylanerkennung ab, stellte fest, daß die
Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG und Abschiebungshindernisse nach § 53
AuslG nicht vorlägen, und drohte den Klägern für den Fall der Nichtausreise binnen
eines Monats nach Bekantgabe dieses Bescheids bzw. im Falle einer
Klageerhebung nach dem unanfechtbaren Abschluß des Asylverfahrens die
Abschiebung - primär nach "Rest-Jugoslawien" - an. Zur Begründung wurde
ausgeführt: Die Kläger erfüllten weder die Voraussetzungen des Art. 16a Abs. 1 GG
noch die des § 51 Abs. 1 AuslG. Ethnische Albaner seien nicht schon wegen ihrer
Volkszugehörigkeit Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt, und auch das Vorbringen
des Klägers zu 1), daß er wegen der Teilnahme an einer Demonstration im Jahre
1981 eine gerichtliche Vorladung erhalten habe und mit seiner Rekrutierung habe
rechnen müssen, könne seinem Begehren nicht zum Erfolg verhelfen, da die
jugoslawische Volksarmee seit der Jahreswende 1992/93 nicht mehr in
Kriegshandlungen verstrickt sei. Auch wegen der Asylantragstellung bestehe bei
einer Rückkehr keine beachtliche Verfolgungsgefahr.
Mit am 20. Oktober 1993 eingegangenem Schriftsatz erhoben die Kläger
hiergegen Klage.
Zur Begründung überreichten sie ein Urteil des Landgerichts Mitrovica vom 29. Juni
1993 - K.br. 178/93 -, wonach der Kläger zu 1) in Abwesenheit zu einer
Gefängnisstrafe von fünf Jahren verurteilt worden ist, weil bei ihm anläßlich einer
Kontrolle am 20. April 1993 in Mitrovica eine größere Menge an
Propagandamaterial mit staatsfeindlichem Inhalt gefunden worden und er seit
1981 einer der Hauptorganisatoren von ebensolchen Demonstrationen gewesen
sei.
Bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem
Verwaltungsgericht am 7. Dezember 1995 erklärte der Kläger zu 1): Er habe am 2.
April 1981 in Pristina an einer Demonstration teilgenommen, die sich gegen die
Unterdrückung der Albaner durch den serbischen Staat gerichtet habe. Als ein
Panzer in die Menschenmenge geschossen habe, sei er am linken Bein verletzt
worden; ein Klassenkamerad sei ums Leben gekommen. Im Krankenhaus habe ihn
ein Zivilist, wohl ein Staatssicherheitsbediensteter, aufgesucht und ihm unter
Drohungen bedeutet, daß er über den Grund seiner Verletzung nichts verlauten
lassen solle. Später habe sein Name auf einer Liste von Schülern gestanden, die
am Tag der Demonstration dem Unterricht ferngeblieben seien. 1983 sei er zum
Staatssicherheitsdienst nach Mitrovica vorgeladen und wegen der früheren
Demonstrationsteilnahme befragt worden; er habe erklären müssen, daß er
aufgrund seiner Jugend damals nicht gewußt habe, was er tat. 1991 und 1992
habe er sich an der Organisation von albanischen Patrouillen beteiligt, die zu
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
habe er sich an der Organisation von albanischen Patrouillen beteiligt, die zu
beobachten gehabt hätten, ob serbische Paramilitärs kämen. Ferner habe er
daran mitgewirkt, daß immer dann, wenn Serben zu albanischen Familien
gekommen seien, sich alle anderen Albaner dorthin begeben hätten, um
Gewalttaten vorzubeugen. Im März 1993 sei er in Mitrovica in eine Polizeikontrolle
geraten. Er habe albanisch-sprachige Handzettel bei sich gehabt, die er von einem
Cousin geholt gehabt habe, um sie in seinem Heimatdorf zu verteilen. In den
Handzetteln sei zum Aufstand aufgerufen worden. Er habe Angst gehabt,
deswegen verurteilt zu werden. Außerdem habe er Angst gehabt, auf der Straße
aufgegriffen und in den Krieg geschickt zu werden. Die Klägerin zu 2) erklärte: Sie
habe unter der Verfolgung des Klägers zu 1) gelitten; ihr selbst sei jedoch nichts
zugestoßen. Der Kläger zu 3) leide noch heute unter einem Trauma aufgrund der
Erlebnisse im Kosovo.
Die Kläger beantragten,
den Bescheid des Bundesamtes vom 30. September 1993 aufzuheben und die
Beklagte zu verpflichten, sie, die Kläger, als Asylberechtigte anzuerkennen und
festzustellen, daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG - hilfsweise
Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG - vorliegen.
Die Beklagte beantragte unter Bezugnahme auf den angegriffenen Bescheid,
die Klage abzuweisen.
Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten äußerte sich nicht.
Durch Urteil vom 7. Dezember 1995 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid des
Bundesamtes auf und verpflichtete die Beklagte, die Kläger als Asylberechtigte
anzuerkennen und festzustellen, daß die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG
vorliegen. Zur Begründung wurde ausgeführt: Dem Kläger zu 1) drohe als
albanischem Volkszugehörigen aus der Provinz Kosovo im Falle seiner Rückkehr
mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung. Das Gericht sei nämlich
davon überzeugt, daß Angehörige dieser Gruppe im Kosovo - da ein staatliches
Verfolgungsprogramm mit dem Ziel der Vertreibung eines großen Teils der
albanischen Bevölkerung dort bereits umgesetzt werde - staatlicher
Gruppenverfolgung ausgesetzt seien und daß sie auch außerhalb des Kosovo in
Jugoslawien keine verfolgungsfreie Zuflucht finden könnten. Besondere Umstände,
derentwegen der Kläger zu 1) von dieser Verfolgungsgefahr ausgenommen sei,
lägen nicht vor. Die Kläger zu 2) bis 5) seien im Wege des Familienasyls als
Asylberechtigte anzuerkennen, und deswegen lägen - nach § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr.
1 AuslG - auch bei ihnen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vor.
Auf Antrag des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten hat der Senat die
Berufung gegen dieses Urteil mit Beschluß vom 11. März 1996 - 7 UZ 374/96 -
hinsichtlich der Asylanerkennung und der Feststellung der Voraussetzungen des §
51 Abs. 1 AuslG zugelassen.
Der Bundesbeauftragte beantragt ohne nähere Begründung der Berufung
sinngemäß,
unter Abänderung des Urteils die Klage hinsichtlich der Verpflichtung zur
Asylanerkennung und zur Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG
abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angegriffene Urteil und betonen, daß albanische
Volkszugehörige im Kosovo - insbesondere wegen ihrer Benachteiligung im
Gesundheitswesen und wegen des durch die Ansiedlung von serbischen
Volkszugehörigen aus der Krajina erhöhten Vertreibungsdrucks - einer
asylrelevanten Gruppenverfolgung unterlägen und daß vor allem der Kläger zu 1)
vor seiner Ausreise individueller Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und damit
auch bei einer jetzigen Rückkehr rechnen müßte.
Die Beklagte hat zu der Berufung nicht sachlich Stellung genommen.
Der Berichterstatter des Senats hat eine Auskunft des Auswärtigen Amtes zur
Frage der Echtheit der von den Klägern vorgelegten Ladung zur Hauptverhandlung
21
22
23
Frage der Echtheit der von den Klägern vorgelegten Ladung zur Hauptverhandlung
und des Urteils des Landgerichts Mitrovica eingeholt, die unter dem 23. Mai 1996
erteilt worden ist; hierauf wird Bezug genommen. Die Kläger wenden gegen die
Verwertung dieser Auskunft ein, daß nicht erkennbar sei, auf welche Weise das
Auswärtige Amt die betreffenden Informationen gewonnen habe. Außerdem hat
der Senat aufgrund des Beschlusses vom 1. April 1997 über die von den Klägern
geltend gemachten Gründe politischer Verfolgung Beweis erhoben durch
Vernehmung der Kläger zu 1) und 2) als Beteiligten. Insoweit wird auf die
Niederschrift über den Beweisaufnahmetermin vor dem Berichterstatter am 21.
April 1997 verwiesen.
Die Beteiligten sind dazu gehört worden, daß der Senat über die Berufung durch
Beschluß entscheiden kann, wenn er sie einstimmig für begründet oder
unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakte und der Behördenakte des Bundesamtes - Gesch.-Zeichen: B
1729652-138 - Bezug genommen. Diese sind ebenso Gegenstand der Beratung
gewesen wie die nachfolgend aufgeführten Erkenntnisquellen:
1. 09.02.1993 Auswärtiges Amt (AA) an VG Wiesbaden 2. 10.02.1993 Bericht des
Sonderberichterstatters der Menschenrechtskommission Tadeusz Mazowiecki: Die
Menschenrechtssituation im Gebiet des ehemaligen Jugoslawien 3. 23.04.1993
(Schweizerisches) Bundesamt für Flüchtlinge: Themenpapier Kosovo - Allgemeine
politische, wirtschaftliche und Menschenrechtssituation im Kosovo 4. 17.09.1993
amnesty international (ai) an VG Arnsberg 5. 12.10.1993 Gesellschaft für bedrohte
Völker (GfbV) an VG Regensburg 6. 28.10.1993 Sachverständiger Dr. Harald
Kotschy vor VG München 7. 17.11.1993 5. periodischer Bericht des
Sonderberichterstatters der Menschenrechtskommission Tadeusz Mazowiecki: Die
Menschenrechtssituation auf dem Gebiet des früheren Jugoslawien 8. Jan. 1994
Jens Reuter (Südost-Institut München - Abt. Gegenwartsforschung, Referat [ehem.]
Jugoslawien): Die politische Entwicklung in Kosovo 1992/93 9. 23.03.1994 AA an VG
Augsburg 10. 28.03.1994 Zeuge Bujar Bukoshi vor VG Minden 11. 05.05.1994 ai:
Menschenrechtssituation in der Bundesrepublik Jugoslawien - Kosovo 12.
07.06.1994 Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) an
Rechtsanwalt Dr. Thun in Freiburg 13. 16.06.1994 Institut für Ostrecht München
(IfOR) an VG Ansbach 14. 04.07.1994 AA an VG Stuttgart 15. 06.07.1994 AA an VG
Würzburg 16. 07.07.1994 IsmijeBeshiri an VG Frankfurt am Main 17. 21.07.1994 AA
an VG Bayreuth 18. 16.08.1994 AA an VG Meiningen 19. 20.09.1994 AA an VG
Ansbach 20. Sept. 1994 ai: Jugoslawien: Polizeigewalt in der Provinz Kosovo - die
Opfer 21. 07.10.1994 Felicitas Rohder (GfbV): Repressionen der serbisch-
montenegrinischen Behörden gegen Albaner und Muslime 22. 13.10.1994
Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) an VG München 23.
15.11.1994 sachverständige Zeugin DonikaGervalla vor VG Sigmaringen 24.
15.11.1994 sachverständige Zeugin Christine von Kohl vor VG Sigmaringen 25.
23.11.1994 Jutta Tiedtke (Arbeitsgruppe Außenpolitik der Fraktion der SPD im
Deutschen Bundestag): Gespräche in Pristina/Kosovo, 27. bis 29. September 1994
26. 05.12.1994 AA an VG Würzburg 27. 13.12.1994 GfbV an VG München 28.
29.12.1994 AA an VG München 29. 30.12.1994 UNHCR an VG Schleswig 30.
02.01.1995 Bundesministerium des Innern (BMI) an Senatsverwaltung für Inneres
des Landes Berlin 31. 09.01.1995 Zeitung "Rilindja": Bericht des CDHRF in Prishtina
über serbische Gewalt im Kosovo für das Jahr 1994 32. 12.01.1995 UNHCR:
Position zu Abschiebungen nach Jugoslawien 33. 19.01.1995 AA an VG Ansbach
34. 25.01.1995 Christine von Kohl (Internationale Helsinki Föderation in Wien) an
VG Regensburg 35. 27.01.1995 AA an VG Wiesbaden 36. Jan. 1995 ai: Die
rechtliche Situation von Wehrdienstverweigerern und Deserteuren aus dem
ehemaligen Jugoslawien 37. 06.02.1995 Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH):
Vertriebene zurückschaffen? 38. 07.02.1995 Judith Kumin (UNHCR) vor
Arbeitsgruppe Innenpolitik der SPD-Bundestagsfraktion 39. 13.02.1995 AA an VG
München 40. 15.02.1995 AA an VG Ansbach 41. 15.02.1995 Zeitung "Zeri i
Kosoves": Repression durch serbische Polizei/serbisches Militär im Jahr 1994 42.
17.02.1995 AA an VG Ansbach 43. 17.02.1995 AA an VG Würzburg 44. 22.02.1995
BMI an VGH Baden-Württemberg 45. 06.03.1995 IGFM: Pressemitteilung -
Dramatischer Anstieg der Menschenrechtsverletzungen an Albanern im Kosova
1994 46. 14.03.1995 AA an VG Ansbach 47. 14.03.1995 AA an VG Stuttgart 48.
20.03.1995 GfbV an VG Stuttgart 49. 21.03.1995 AA an VG Freiburg 50.
23.03.1995 Zeuge Peter Reuschenbach vor VG Aachen 51. 23.03.1995 VG Aachen
(Urteil in der Sache 1 K 697/94.A, S. 13 - 32) tabellarische Auswertung von
englischsprachigen Wochenberichten des Rates für die Verteidigung der
englischsprachigen Wochenberichten des Rates für die Verteidigung der
Menschenrechte und Freiheiten in Pristina für die Zeit vom 06.07. bis 24.08.1992
und vom 01.01. bis 19.02.1994 52. 03.04.1995 ai an VG Würzburg 53. 06.04.1995
AA an VGH Baden-Württemberg 54. 06.04.1995 AA an VG München 55.
10.04.1995 UNHCR an VG Regensburg 56. 05.05.1995 ai an VG Schleswig 56a.
17.05.1995 AA an VG Ansbach 57. 19.05.1995 AA an VG Freiburg 58. 01.06.1995
AA an VG Schleswig 59. 05.06.1995 GfbV an VG München 60. 07.06.1995 AA an
VG Ansbach 61. 13.06.1995 AA an VG Ansbach 62. 15.06.1995 GfbV an VG
Oldenburg 63. 21.06.1995 AA: Lagebericht Bundesrepublik Jugoslawien 64.
10.07.1995 Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Belgrad an VG
Regensburg 65. 13.07.1995 SFH: Freiheit ist, wenn man nichts mehr zu verlieren
hat 66. 14.07.1995 UNHCR an VG Sigmaringen 67. 17.07.1995 UNHCR an VG
Regensburg 68. 19.07.1995 SFH an VG Regensburg 69. 28.07.1995 AA an VG
Ansbach 70. 01.08.1995 ai an VG Düsseldorf 71. 09.08.1995 AA: Ergänzung zum
Lagebericht vom 21.06.95 72. 16.08.1995 AA an VG München 73. 17.08.1995 ai an
VG Düsseldorf 74. 17.08.1995 ai an VG Gießen 75. 17.08.1995 ai an VG Stuttgart
76. 23.08.1995 AA an VG Stuttgart 77. 30.08.1995 GfbV an VG Bayreuth 78.
04.09.1995 UNHCR an VG Wiesbaden 79. 08.09.1995 AA an VG Würzburg 80.
14.09.1995 AA an VG Oldenburg 81. 21.09.1995 GfBV an VG Ansbach 82.
22.09.1995 IfOR an VG Würzburg 83. 26.09.1995 AA an VG Karlsruhe 84.
28.09.1995 UNHCR an VG Gießen 85. 29.09.1995 AA an VG Ansbach 86.
29.09.1995 UNHCR an VG Aachen 87. 02.10.1995 AA an VG Ansbach 88.
05.10.1995 ai: Jugoslawien (Kosovo): ehemalige Polizeibeamte albanischer
Herkunft 89. 06.10.1995 IGFM an VG Aachen 90. 12.10.1995 IfOR an VG München
91. 19.10.1995 AA an VG Würzburg 92. 31.10.1995 AA an VG Würzburg 93.
06.11.1995 ai an VG Freiburg 94. 13.11.1995 UNHCR an VG Münster 95.
15.11.1995 UNHCR an VG Leipzig 96. 15.11.1995 UNHCR an VG Stuttgart 97.
21.11.1995 AA an VG Aachen 98. 21.11.1995 AA an VG Stuttgart 99. Nov. 1995
(Schweizerisches) Bundesamt für Flüchtlinge: Länderinformationsblatt Kosovo 100.
04.12.1995 AA an VG Karlsruhe 101. 08.12.1995 AA an VG München - M 21 K
93.50346 - 102. 08.12.1995 AA an VG München - M 21 K 94.51289 - 103.
20.12.1995 AA an VG Ansbach 104. 20.12.1995 AA an VG Frankfurt am Main 105.
08.01.1996 ai an VG Mainz 106. 10.01.1996 GfbV an VG Leipzig 107. 11.01.1996
AA an VG Köln 108. 18.01.1996 AA an VG Ansbach 109. 25.01.1996 AA an VG
Gießen 110. 15.01.1996 CDHRF Informationsdienst: Die Verletzung der
Menschenrechte im Kosovo im Jahre 1995 111. 07.02.1996 AA an VG Ansbach
112. 07.02.1996 AA an VG Freiburg 113. 27.02.1996 AA: Bericht über die asyl- und
abschiebungsrelevante Lage in Jugoslawien (Serbien/Montenegro) 114. Febr. 1996
Kosovo-Komitee Helsinki: Jahresbericht 1995 zur Menschenrechtssituation im
Kosovo 115. 14.03.1996 Bericht der Sonderberichterstatterin der
Menschenrechtskommission Elisabeth Rehn: Lage der Menschenrechte auf dem
Gebiet des ehemaligen Jugoslawien 116. 27.03.1996 AA an VG Stuttgart 117.
16.04.1996 AA an VG Chemnitz 118. 17.04.1996 AA an OVG Rheinland-Pfalz 119.
18.04.1996 AA an VG Regensburg 120. 19.04.1996 BND an VG Ansbach 121.
23.04.1996 AA an VG Freiburg 122. 23.04.1996 AA an VG Stuttgart 123.
23.04.1996 UNCHR an VG Regensburg 124. 24.04.1996 AA an VG Köln 125. Mai
1996 IGFM: Apartheid und Ethnische Säuberung im Kosova 126. 04.06.1996 AA:
Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik
Jugoslawien 127. 02.07.1996 AA an VG Schleswig 128. 16.07.1996 IfOR an VG
Oldenburg 129. 14.08.1996 SFH an VG Darmstadt 130. 16.08.1996 UNHCR:
Positionspapier zu Asylbewerbern aus der Bundesrepublik Jugoslawien 131.
26.08.1996 AA an VG Oldenburg 132. 27.08.1996 AA an VG Oldenburg 133.
30.10.1996 BND an VG Karlsruhe 134. 04.11.1996 AA: Lagebericht über die asyl-
und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien 135.
07.11.1996 AA an Hess. VGH 136. 13.11.1996 AA an Bundesamt 137. 19.11.1996
AA an VG Düsseldorf 138. 19.11.1996 AA an VG Sigmaringen 139. 20.11.1996
IGFM an VG Frankfurt/Oder 140. 26.11.1996 AA an VG Frankfurt/Main 141.
06.12.1996 UNHCR an VG Würzburg 142. 12.12.1996 AA an VG Frankfurt/Oder
143. 16.12.1996 AA an VG Freiburg 144. 09.01.1997 GfbV: Kosovo (Serbien-
Montenegro) - Unruhen in Serbien - Verhaftung und Mißhandlung zurückkehrender
Kosovo-Albaner 145. 15.01.1997 AA an VG Ansbach 146. 04.02.1997 AA an VG
Ansbach 147. 19.02.1997 AA an VG Münster 148. 24.02.1997 SFH: Das
Amnestiegesetz der "Bundesrepublik Jugoslawien" für Deserteure und Refraktäre:
seine Anwendung in Kosova 149. 25.02.1997 AA an VG Schleswig 150. 07.03.1997
ai an VG Augsburg 151. 17.03.1997 MdL (NRW) Karsli und Hammad: Reisebericht
zur Situation im Kosovo 152. 19.03.1997 AA an OVG Rheinland-Pfalz 153.
19.03.1997 AA an VG Sigmaringen 154. 21.03.1997 AA an VGH Baden-
Württemberg 155. 25.03.1997 AA an VG Gelsenkirchen 156. 02.04.1997 AA an
OVG Saarland 157. 03.04.1997 AA an VG Stuttgart 158. 04.04.1997 AA an VG
24
25
26
27
28
OVG Saarland 157. 03.04.1997 AA an VG Stuttgart 158. 04.04.1997 AA an VG
Sigmaringen 159. 07.04.1997 AA an OVG Saarland 160. 14.04.1997 AA:
Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik
Jugoslawien 161. 21.04.1997 Beate Harfmann (Caritasverband Stuttgart): Kosova -
Ein Reisebericht 162. 23.04.1997 AA an OVG Nordrhein-Westfalen 163. 24.04.1997
BND an VG Bremen 164. 07.05.1997 GfbV: Kosovo (Serbien-Montenegro) -
Anhaltende Repressionen gegen albanische Rückkehrer und ihre
Familienangehörigen 165. 13.05.1997 AA an VG Stuttgart 166. 23.05.1997 AA an
VG Arnsberg 167. 10.06.1997 BMI an VG Berlin 168. 18.06.1997 GfbV an
Niedersächsisches OVG 169. 18.06.1997 UNHCR an VG Münster 170. 30.06.1997
AA an VG Oldenburg 171. 01.07.1997 SFH: Übergriffe an aus der Bundesrepublik
Deutschland, der Schweiz und Österreich nach Kosova zurückgeschafften
Asylsuchenden 172. 02.07.1997 AA an VG Ansbach 173. 02.07.1997 AA an VG
Berlin 174. 24.07.1997 AA an VG Berlin 175. 28.07.1997 AA an VG Ansbach 176.
14.08.1997 AA an VG Karlsruhe 177. 26.08.1997 AA an VG Karlsruhe 178.
22.09.1997 AA an OVG Schleswig-Holstein 179. 21.10.1997 AA an VG München
180. 21.10.1997 AA an VG Wiesbaden 181. 30.10.1997 ai an VG Düsseldorf 182.
05.11.1997 AA an VG Oldenburg 183. 21.11.1997 AA an VG Karlsruhe 184. Nov.
1997 ai-Journal: Jugoslawien - Neue Gewalt im Kosovo 185. 03.12.1997 AA an VG
Ansbach 186. 03.12.1997 AA an VG Wiesbaden 187. 05.12.1997 AA an VG
Ansbach 188. 05.12.1997 ai an VG Ansbach 189. 15.12.1997 AA: Bericht über die
asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien 190.
07.01.1998 BMI an VG Berlin 191. 12.01.1998 CDHRF Information Service: The
Annual Report on Violationsof Human Rightsand Fundamental Freedoms in Kosova
in the Course of 1997
II.
Der Senat entscheidet nach entsprechender Anhörung der Beteiligten (§ 130a
Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO) über die Berufung durch Beschluß, weil er
sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für
erforderlich hält (§ 130a Satz 1 VwGO).
Die vom Senat (nur) hinsichtlich der Asylanerkennung und hinsichtlich der
Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG zugelassene und auch im
übrigen zulässige Berufung des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten ist
begründet, denn das Verwaltungsgericht hat der Klage insoweit zu Unrecht
stattgegeben. Die Ablehnung der Kläger als Asylberechtigten gemäß Art. 16a GG
durch das Bundesamt (1.) und dessen Feststellung, daß die Voraussetzungen des
§ 51 Abs. 1 AuslG vorliegen (2.), erweisen sich nämlich nach der im Zeitpunkt der
Entscheidung des Senats gegebenen Sach- und Rechtslage (§ 77 Abs. 1 Satz 1
AsylVfG) als rechtswidrig. Weiterhin steht den Klägern auch der in erster Instanz
hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung des Vorliegens von
Abschiebungshindernissen gemäß § 53 AuslG, der infolge der Abweisung der Klage
mit den Hauptanträgen - ungeachtet einer Zulassung - in der Berufungsinstanz
zur Entscheidung anfällt (BVerwG, U. v. 15.04.1997 - 9 C 19.96 - Buchholz 402.40 §
50 AuslG Nr. 2), nicht zu (3.). Dies hat Auswirkungen für die zu treffenden
Nebenentscheidungen (4.).
1. Die Kläger können die Verpflichtung der Beklagten zu ihrer Anerkennung als
Asylberechtigte nicht beanspruchen, weil sie keine politisch Verfolgten im Sinne
des Art. 16a Abs. 1 GG sind.
Den das Asylrecht einschränkenden Regelungen des Art. 16a Abs. 2, 3 und 5 GG
kommt vorliegend keine Bedeutung zu. Insbesondere ist den Klägern die Berufung
auf das Asylrecht nicht schon deshalb gemäß Art. 16a Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG, §
26a Abs. 1 Sätze 1 und 2 AsylVfG (vgl. dazu BVerfG, U. v. 14.05.1996 - 2 BvR
1938/93 u.a. - BVerfGE 94, 49) verwehrt, weil sie aus der Tschechischen Republik,
also aus einem - nach § 26a Abs. 2 AsylVfG i.V.m. Anlage I hierzu - sicheren
Drittstaat eingereist sind. Denn diese Vorschriften gelten nicht für vor ihrem
Inkrafttreten am 1. Juli 1993 eingereiste Asylbewerber (BVerfG, B. v. 13.10.1993 - 2
BvR 888/93 - NVwZ 1994, 159) bzw. für vor diesem Datum gestellte Asylanträge (§
87a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG), und die Kläger sind ihren insoweit glaubhaften
Angaben zufolge bereits am 28. Mai 1993 nach Deutschland eingereist und haben
am 17. Juni 1993 ihre Anerkennung als Asylberechtigte beantragt.
Asylrecht als politisch Verfolgter im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG genießt, wer bei
einer Rückkehr in seine Heimat aus politischen Gründen Verfolgungsmaßnahmen
mit Gefahr für Leib und Leben oder Beeinträchtigungen seiner persönlichen
29
mit Gefahr für Leib und Leben oder Beeinträchtigungen seiner persönlichen
Freiheit zu erwarten hat (BVerfG, B. v. 02.07.1980 - 1 BvR 147/80 u.a. - BVerfGE
54, 341). Wird nicht die physische Freiheit, sondern werden andere Grundfreiheiten
gefährdet wie etwa die der Religionsausübung oder der beruflichen und
wirtschaftlichen Betätigung, so sind allerdings nur solche Beeinträchtigungen
relevant, die nach Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen - also die
Nichtgewährleistung des betreffenden Existenzminimums zur Folge haben - und
über das hinausgehen, was die Bewohner des Herkunftslandes aufgrund des dort
herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben (BVerfG, Be. v. 01.07.1987
- 2 BvR 478/86 u.a. - BVerfGE 76, 143, u. v. 20.05.1992 - 2 BvR 205/92 u.a. - NVwZ
1992, 1081; BVerwG, U. v. 24.03.1987 - 9 C 321.85 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG
Nr. 64). Politisch ist eine solche Verfolgung dann, wenn dem einzelnen in
Anknüpfung an seine politische Überzeugung, an seine Religions- oder
Volkszugehörigkeit oder an andere für ihn unverfügbare Merkmale gezielt
Rechtsverletzungen zugefügt werden oder unmittelbar drohen, die ihn aus der
übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Be.
v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - BVerfGE 80, 315, v. 23.01.1991 - 2 BvR 902/85
u.a. - BVerfGE 83, 216, u. v. 11.05.1993 - 2 BvR 1989/92 u.a. - NVwZ 1993, 975).
Ob diese spezifische Zielrichtung der Verfolgung vorliegt, ist anhand ihres
inhaltlichen Charakters nach ihrer erkennbaren Gerichtetheit und nicht nach den
subjektiven Motiven des Verfolgenden zu beurteilen (BVerfG, Be. v. 10.07.1989 - 2
BvR 502/86 u.a. - a.a.O. u. v. 11.05.1993 - 2 BvR 1989/92 u.a. - a.a.O.). Wer nur
von regionaler politischer Verfolgung betroffen ist, genießt allerdings nur dann
asylrechtlichen Schutz, wenn er auch in anderen Landesteilen eine zumutbare
Zuflucht nicht finden kann und dadurch landesweit in eine ausweglose Lage
versetzt wird, wenn er also über keine interne Fluchtalternative verfügt (BVerfG,
Be. v. 10.07.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - a.a.O. u. v. 10.11.1989 - 2 BvR 403/84 u.a. -
BVerfGE 81, 58; BVerwG, U. v. 15.05.1990 - 9 C 17.87 - BVerwGE 85, 139). Die
erforderliche gegenwärtige Verfolgungsbetroffenheit ist gegeben, wenn dem
Asylsuchenden im Rückkehrfalle bei verständiger Würdigung aller bekannten
Umstände politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, wobei
die insoweit erforderliche Prognose einen absehbaren zukünftigen Zeitraum mit
einbeziehen muß (BVerwG, Ue. v. 03.12.1985 - 9 C 22.85 - NVwZ 1986, 760, u. v.
05.11.1991 - 9 C 118.90 - BVerwGE 89, 162). Einem Asylbewerber, der bereits vor
seiner Ausreise politisch verfolgt worden ist, kann eine Rückkehr dagegen nur
zugemutet werden, wenn die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit
hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist, d.h. wenn keine ernsthaften
Zweifel an seiner Sicherheit vor abermals einsetzender Verfolgung bestehen;
insofern gilt für die erforderliche Prognose hier ein herabgestufter
Wahrscheinlichkeitsmaßstab (BVerfG, B. v. 02.07.1980 - 1 BvR 147/80 u.a. - a.a.O.;
BVerwG, U. v. 25.09.1984 - 9 C 17.84 - BVerwGE 70, 169). Ein unverfolgt
ausgereister Asylbewerber wird - da das Asylrecht grundsätzlich einen kausalen
Zusammenhang zwischen Verfolgung und Flucht voraussetzt - selbst bei ihm im
Rückkehrfalle mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohender politischer Verfolgung
in der Regel dann nicht als Asylberechtigter anerkannt, wenn die
Verfolgungsgefahr auf von ihm nach der Ausreise selbst geschaffenen Umständen
beruht, sofern nicht entweder der Entschluß hierzu einer festen und im
Herkunftsland bereits erkennbar betätigten Überzeugung entspricht oder der
Betreffende sich bei der Ausreise in einer zumindest latenten Gefährdungslage
befunden hat (BVerfG, Be. v. 26.11.1986 - 2 BvR 1058/85 - BVerfGE 74, 51, u. v.
10.07.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - a.a.O.; BVerwG, Ue. v. 17.01.1989 - 9 C 56.88 -
BVerwGE 81, 170, u. v. 31.03.1992 - 9 C 57.91 - NVwZ 1993, 193).
Der Asylbewerber ist aufgrund der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten gehalten,
die in seine Sphäre fallenden Umstände substantiiert und in sich stimmig zu
schildern sowie eventuelle Widersprüche oder Steigerungen in seinem Vortrag
aufzulösen bzw. plausibel zu erklären (BVerwG, Ue. v. 16.04.1985 - 9 C 109.84 -
BVerwGE 71, 180, v. 23.02.1988 - 9 C 32.87 - EZAR 630 Nr. 25 u. v. 30.10.1990 - 9
C 72.89 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135). Hinsichtlich der allgemeinen
Verhältnisse im Herkunftsland genügt es dagegen, daß die vorgetragenen
Tatsachen eine nicht entfernt liegende Möglichkeit politischer Verfolgung ergeben
(BVerwG, Ue. v. 24.11.1981 - 9 C 251.81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 44 u. v.
23.11.1982 - 9 C 74.81 - BVerwGE 66, 237). Das Gericht muß sich die feste
Überzeugung von der Wahrheit des von dem Asylbewerber behaupteten
Verfolgungsschicksals verschaffen, und zwar nicht nur hinsichtlich des individuellen
Asylvorbringens, sondern auch hinsichtlich der relevanten Situation im
Herkunftsland (vgl. BVerwG, Ue. v. 12.11.1985 - 9 C 27.85 - EZAR 630 Nr. 23 u. v.
05.07.1994 - 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200, sowie Nds. OVG, U. v. 28.09.1995 - 12
L 2034/95 - S. 16, u. OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 15.11.1995 - 13 A 1451/94.A -
30
31
32
L 2034/95 - S. 16, u. OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 15.11.1995 - 13 A 1451/94.A -
S. 12).
Der beschließende Senat ist nach diesen Grundsätzen aufgrund der Angaben der
Kläger, insbesondere des Ergebnisses der Vernehmung der Kläger zu 1) und 2),
der Beweisaufnahme im übrigen sowie des Inhalts der vorliegenden Akten und der
in das Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen zu der Überzeugung gelangt, daß
die Kläger als albanische Volkszugehörige aus dem Kosovo weder im Zeitpunkt
ihrer Ausreise noch im Falle ihrer jetzigen Rückkehr einer asylerheblichen
Gruppenverfolgung ausgesetzt waren bzw. wären (1.1.) und daß ihnen - bezogen
auf die beiden vorgenannten Zeitpunkte - auch keine politische Verfolgung aus
individuellen Gründen drohte (1.2.), so daß abschließende Feststellungen
betreffend eine eventuell gegebene interne Fluchtalternative entbehrlich sind (1.3.)
und auch die Voraussetzungen für die Gewährung von Familienasyl bei keinem der
Kläger vorliegen können (1.4.).
1.1. Die Kläger, die ausweislich ihrer - nicht zuletzt wegen der bei der Vernehmung
der Kläger zu 1) und 2) deutlich zutrage getretenen albanischen Sprachkenntnisse
- insoweit glaubhaften Angaben albanische Volkszugehörige muslimischen
Glaubens sind und ausweislich ihrer aus den vorgelegten Reisepässen der Kläger
zu 1) und 2) ersichtlichen Geburts- und letzten Wohnorte aus dem Kosovo
kommen, hatten allein deswegen weder bei ihrer Ausreise noch haben sie bei
jetziger Rückkehr in absehbarer Zeit politische Verfolgung in Form der ethnischen
Gruppenverfolgung zu erwarten.
Der Anspruch auf Asyl ist zwar ein Individualgrundrecht und setzt deshalb eigene
Verfolgungsbetroffenheit voraus; die Gefahr eigener politischer Verfolgung kann
sich aber auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen ergeben, wenn diese
Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das der
Asylsuchende mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit
und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet und deshalb seine
eigene bisherige Verschonung von ausgrenzenden Rechtsgutsbeeinträchtigungen
als eher zufällig anzusehen ist (BVerfG, B. v. 23.01.1991 - 2 BvR 902/85 u.a. -
a.a.O.; BVerwG, Ue. v. 23.02.1988 - 9 C 85.87 - BVerwGE 79, 79, v. 05.07.1994 - 9
C 158.94 - a.a.O. u. v. 30.04.1996 - 9 C 170.95 - BVerwGE 101, 123). Zu einer in
diesem Sinne verfolgungsbetroffenen Gruppe gehören alle Personen, gegen die
der Verfolger seine Verfolgungsmaßnahmen richtet; dies können entweder
sämtliche Träger eines zur Verfolgung Anlaß gebenden Merkmals - etwa einer
bestimmten Ethnie oder Religion - sein oder nur diejenigen von ihnen, die
zusätzlich (mindestens) ein weiteres Kriterium erfüllen, beispielsweise in einem
bestimmten Gebiet leben oder ein bestimmtes Lebensalter aufweisen; solchenfalls
handelt es sich um eine entsprechend - örtlich, sachlich oder persönlich -
begrenzte Gruppenverfolgung (BVerwG, Ue. v. 20.06.1995 - 9 C 294.94 - NVwZ-RR
1996, 57, v. 30.04.1996 - 9 C 171.95 - BVerwGE 101, 134, u. v. 09.09.1997 - 9 C
43.96 -). Die Annahme einer gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte
Verfolgungsdichte voraus, welche die Regelvermutung eigener Verfolgung jedes
einzelnen Gruppenmitglieds rechtfertigt; hierfür ist die Gefahr einer so großen Zahl
von Eingriffshandlungen in asylrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, daß
es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder
um eine bloße Vielzahl solcher Übergriffe handelt; die Verfolgungshandlungen
müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und -gebiet auf alle sich dort
aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und in quantitativer und qualitativer
Hinsicht so um sich greifen, daß dort für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die
Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit
entsteht (BVerwG, Ue. v. 15.05.1990 - 9 C 17.89 - a.a.O., v. 05.07.1994 - 9 C
158.94 - a.a.O. u. v. 30.04.1996 - 9 C 170.95 - a.a.O.). Asylerhebliche Bedeutung
haben primär Verfolgungsmaßnahmen, die unmittelbar durch den Staat erfolgen;
dieser muß sich aber auch Übergriffe nichtstaatlicher Personen und Gruppen
zurechnen lassen, wenn er sie anregt, unterstützt, billigt oder tatenlos hinnimmt
und damit den Betroffenen den erforderlichen Schutz versagt (BVerfG, B. v.
02.07.1980 - 1 BvR 147/80 u.a. - a.a.O.). Eine mittelbare staatliche
Gruppenverfolgung liegt danach typischerweise bei Pogromen, die sich auf große
Teile des Landes erstrecken oder kleine Minderheiten mit besonderer Härte,
Ausdauer und Unnachgiebigkeit erfassen, und auch ansonsten immer dann vor,
wenn die Verfolgungsschläge so dicht und eng gestreut fallen, daß für jeden
Gruppenangehörigen die Furcht begründet ist, in eigener Person Opfer der
Übergriffe zu werden (BVerwG, B. v. 24.09.1992 - 9 B 130.92 - NVwZ 1993, 192,
sowie Ue. v. 19.04.1994 - 9 C 462.93 - NVwZ 1994, 1121, u. v. 05.07.1994 - 9 C
158.94 - a.a.O.). Die unmittelbare staatliche Gruppenverfolgung setzt
33
34
35
158.94 - a.a.O.). Die unmittelbare staatliche Gruppenverfolgung setzt
grundsätzlich ebenfalls eine solche Verfolgungsdichte voraus; sie kann aber - im
Hinblick auf die prinzipielle Überlegenheit staatlicher Machtmittel und auf die dem
Staat mögliche Durchsetzung eigener Ziele durch hierzu autorisierte Kräfte - auch
schon dann anzunehmen sein, wenn sichere Anhaltspunkte für ein staatliches
Verfolgungsprogramm vorliegen, dessen Umsetzung bereits eingeleitet ist oder
alsbald bevorsteht; kann etwa festgestellt werden, daß der Herkunftsstaat eine
bestimmte Gruppe physisch vernichten oder gewaltsam aus seinem Staatsgebiet
vertreiben will, so bedarf es nicht erst der Feststellung einzelner Vernichtungs-
oder Vertreibungsschläge, um eine Gruppenverfolgung annehmen zu können
(BVerwG, U. v. 05.07.1994 - 9 C 158.94 - a.a.O.).
Die Prüfung der ethnischen Gruppenverfolgung erfordert zunächst, daß das
relevante Tatsachenmaterial möglichst umfassend und erschöpfend festgestellt
und darauf untersucht wird, welche asylerheblichen politischen
Verfolgungsmaßnahmen - differenziert nach Eingriffen in bestimmte Rechtsgüter,
nach Ort, Zeit und Häufigkeit, nach Intensität und nach Gerichtetheit in bezug auf
das Merkmal der Ethnie - vorliegen. Dabei sind auch nicht unmittelbar zum
Verfolgungsgeschehen gehörende Umstände - wie etwa für sich betrachtet
asylrechtlich unerhebliche Maßnahmen - indiziell zu berücksichtigen; allerdings
können nur asylrechtlich beachtliche Eingriffe die Beurteilung der
Verfolgungssituation als Gruppenverfolgung rechtfertigen (BVerwG, U. v.
05.07.1994 - 9 C 158.94 - a.a.O.).
Bei Anlegung dieser Maßstäbe stellte und stellt sich die Situation der albanischen
Volkszugehörigen im Kosovo aufgrund der in das Verfahren eingeführten und
hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit differenziert zu bewertenden Erkenntnisquellen
(vgl. hierzu BVerwG, U. v. 05.07.1994 - 9 C 158.94 - a.a.O., und vor allem Hamb.
OVG, U. v. 07.06.1995 - Bf VII 2/94 - S. 42 ff., u. Bay. VGH, U. v. 26.04.1994 - 19
BA 94.30770 - S. 16 f.) so dar, daß Kosovo-Albanern - und zwar auch einem
sachlich oder persönlich begrenzten Kreis von ihnen - jedenfalls seit 1990 bis
heute und in absehbarer Zukunft keine unmittelbare staatliche Gruppenverfolgung
drohte bzw. droht und daß auch eine mittelbare staatliche Gruppenverfolgung in
Anknüpfung an die Ethnie nicht beachtlich wahrscheinlich war bzw. ist. Dies hat der
Senat bereits mit Urteil vom 16. Februar 1996 - 7 UE 4242/95 - grundsätzlich
festgestellt, und hieran hat er - in Fortführung seiner Rechtsprechung - mit den
Beteiligten bekanntem Beschluß vom 2. März 1998 - 7 UE 868/96 - festgehalten.
Auf die letztgenannte Entscheidung wird insoweit Bezug genommen; sämtliche
darin verwerteten Erkenntnisquellen sind auch in das vorliegende Verfahren
eingeführt worden. Mit seiner eine Gruppenverfolgung verneinenden Auffassung
befindet sich der Senat in Übereinstimmung mit der Beurteilung durch - soweit
ersichtlich - alle Verwaltungsgerichtshöfe bzw. Oberverwaltungsgerichte, die sich
seit Herbst 1994 mit der Frage der Gruppenverfolgung der Kosovo-Albaner befaßt
haben (Hess. VGH, U. v. 23.01.1995 - 13 UE 2370/94 -; VGH Baden-Württemberg,
Ue. v. 18.05.1995 - A 12 S 207/95 -, v. 08.06.1995 - A 12 S 79/95 -, v. 13.06.1995 -
A 14 S 2459/94 - u. v. 18.06.1996 - A 14 S 531/96 -; Hamb. OVG, U. v. 07.06.1995
- Bf VII 2/94 -; OVG Mecklenburg-Vorpommern, U. v. 04.12.1996 - 3 L 119/95 -;
Nds. OVG, Ue. v. 24.02.1995 - 8 L 5275/93 -, v. 28.09.1995 - 12 L 2034/95 - u. v.
23.05.1996 - 12 L 3389/95 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Ue. v. 07.03.1996 - 13 A
1796/94.A - u. v. 10.12.1997 - 14 A 2826/94.A -; OVG Rheinland-Pfalz, Ue. v.
04.10.1994 - 7 A 10280/92 - u. v. 19.09.1995 - 7 A 12537/93 -; OVG Saarland, U. v.
08.02.1995 - 9 R 25/95 -; Sächs. OVG, U. v. 18.07.1995 - A 4 S 68/94 -; OVG
Sachsen-Anhalt, U. v. 28.02.1995 - 3 L 29/93 -; Schlesw.-Holst. OVG, U. v.
31.03.1995 - 3 L 258/94 -; Thür. OVG, U. v. 20.02.1997 - 3 KO 744/96 -), und trägt
damit auch dem gebotenen Interesse an einer möglichst einheitlichen
tatrichterlichen Würdigung desselben generellen Lebenssachverhalts Rechnung
(vgl. BVerwG, U. v. 05.07.1994 - 9 C 158.94 - a.a.O.).
1.2. Der Senat hat auch nicht festzustellen vermocht, daß die Kläger wegen
individueller politischer Verfolgung Asyl beanspruchen können. Insbesondere waren
sie bei der Ausreise und sind sie jetzt asylrelevanter Einzelverfolgung wegen
Zugehörigkeit zur Gruppe der albanischen Volkszugehörigen im Kosovo nicht
ausgesetzt (1.2.1.). Außerdem hatten sie weder zum Zeitpunkt der Ausreise in
ihrer Person eine asylerhebliche Beeinträchtigung bereits erlitten und drohte ihnen
eine solche damals aus sonstigen Gründen unmittelbar (1.2.2.) - was
eingetretener Verfolgung gleichstünde (BVerfG, B. v. 23.01.1991 - 2 BvR 902/85
u.a. - a.a.O.) -, noch haben sie im Falle jetziger Rückkehr sogleich oder in
absehbarer Zeit gerade sie treffende sonstige politische Verfolgung mit
beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten (1.2.3.).
36
37
38
39
1.2.1. Die Kläger konnten und können Asyl - bezogen auf den Ausreisezeitpunkt
und eine jetzige Rückkehr - nicht unter dem Gesichtspunkt der Einzelverfolgung
wegen Gruppenzugehörigkeit beanspruchen. Diese Rechtsfigur, bei der es sich
aber nicht um eine dritte Kategorie asylerheblicher Verfolgungsbetroffenheit neben
denjenigen der Gruppen- und Einzelverfolgung handelt (BVerwG, U. v. 23.07.1991 -
9 C 154.90 - BVerwGE 88, 367), trägt dem Umstand Rechnung, daß im
Übergangsbereich zwischen gruppengerichteter Kollektivverfolgung und
anlaßgeprägter Einzelverfolgung asylerhebliche Gefährdungslagen gegeben sein
können, die nicht in einer den Gewährleistungsinhalt des Grundrechts des Art. 16a
Abs. 1 GG verkürzenden Weise unberücksichtigt bleiben dürfen (BVerfG, Be. v.
23.01.1991 - 2 BvR 902/85 u.a. - a.a.O. u. v. 20.10.1994 - 2 BvR 1375/93 u.a. -).
Maßgebendes Kriterium für eine solche Gefährdungslage ist, ob es dem
Asylbewerber bei verständiger Würdigung der gesamten Umstände seines Falles
nicht zuzumuten war bzw. ist, in seiner Heimat zu bleiben oder dorthin
zurückzukehren (BVerwG, U. v. 23.07.1991 - 9 C 154.90 - a.a.O.). Hierfür sind
Referenzfälle stattgefundener und stattfindender politischer Verfolgung sowie ein
Klima allgemeiner moralischer, religiöser oder gesellschaftlicher Verachtung, in
welchem die Gruppenangehörigen als Minderheit ganz allgemein Unterdrückungen
und Nachstellungen - auch solchen von noch nicht asylrelevanter Schwere -
ausgesetzt sind, gewichtige Indizien (BVerfG, B. v. 23.01.1991 - 2 BvR 902/85 u.a. -
a.a.O.). Darüber hinaus ist aber eine Konkretisierung in bezug auf den einzelnen
Asylbewerber erforderlich (Hess. VGH, B. v. 02.03.1998 - 7 UE 868/96 - S. 65; VGH
Baden-Württemberg, U. v. 06.11.1995 - A 12 S 159/95 - S. 7; OVG Mecklenburg-
Vorpommern, U. v. 04.12.1996 - 3 L 119/95 - S. 60). Das Merkmal, das seinen
Träger als Angehörigen einer mißliebigen Gruppe ausweist, ist in Fällen einer
möglichen Individualverfolgung wegen Gruppenzugehörigkeit für den
Verfolgerstaat nämlich nur ein - wenn auch im Vordergrund stehendes - Element
seines Feindbildes, welches jedoch erst beim Hinzutreten weiterer Umstände, die
den Schutzsuchenden in den Augen des Verfolgerstaats belasten, - hier etwa der
Zugehörigkeit zu einem sachlich oder persönlich näher begrenzten Kreis innerhalb
der albanischen Volkszugehörigen aus dem Kosovo - eine Verfolgung zwar nicht
unterschiedslos und ungeachtet sonstiger individueller Besonderheiten, aber doch
in manchen Fällen nach Maßgabe weiterer Eigentümlichkeiten des Betroffenen
auslöst (BVerwG, B. v. 22.02.1996 - 9 B 14.96 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr.
184).
Die danach erforderlichen Voraussetzungen für die Bejahung einer für die Kläger
beachtlichen Einzelverfolgung wegen Gruppenzugehörigkeit vermag der Senat für
die beiden relevanten Zeitpunkte nicht zu bejahen.
Zum einen kann nicht davon ausgegangen werden, daß die albanischen
Volkszugehörigen im Kosovo in einem Klima allgemeiner moralischer, religiöser
und gesellschaftlicher Verachtung leben müssen. Der serbische Staat beläßt ihnen
nämlich seit jeher jedenfalls den Raum, den sie benötigen, um ihre existentiellen
Grundbedürfnisse zu decken; insbesondere geht er nicht systematisch gegen die
entstandenen Parallelstrukturen vor, ohne daß dafür zwingende Hinderungsgründe
ersichtlich wären (Hess. VGH, Ue. v. 23.01.1995 - 13 UE 2370/94 - S. 38 f. u. 46
sowie v. 16.02.1996 - 7 UE 4242/95 - S. 42, ferner B. v. 02.03.1998 - 7 UE 868/96 -
S. 56; Sächs. OVG, U. v. 18.07.1995 - A 4 S 68/94 - S. 37). Dies hat zur
Überzeugung des Senats mit dazu beigetragen, daß sich ein Klima allgemeiner
moralischer, religiöser oder gesellschaftlicher Verachtung - hierbei würde es sich
um ein gewichtiges Indiz für eine gegenwärtige Gefahr politischer Verfolgung
handeln - jedenfalls bisher nicht zu entwickeln vermochte (OVG Mecklenburg-
Vorpommern, U. v. 04.12.1996 - 3 L 119/95 - S. 58 f.). Größere Bedeutung kommt
in diesem Zusammenhang noch dem Umstand zu, daß die albanischen
Volkszugehörigen im Kosovo keine Minderheit, sondern die weit überwiegende
Bevölkerungsmehrheit darstellen mit der Folge, daß sie selbst - nicht zuletzt durch
ihren Zusammenhalt im passiven Widerstand gegen die serbischen Behörden -
das moralische, religiöse und gesellschaftliche Klima prägen oder wenigstens
erträglicher erscheinen lassen (Hess. VGH, U. v. 16.02.1996 - 7 UE 4242/95 - S. 46
u. 49 sowie B. v. 02.03.1998 - 7 UE 868/96 - S. 56 f.; Bay. VGH, U. v. 22.04.1994 -
21 BA 94.30675 - S. 101 f.; Nds. OVG, U. v. 28.09.1995 - 12 L 2034/95 - S. 77 f. u.
87 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Ue. v. 15.11.1995 - 13 A 1451/94.A - S. 27 u. v.
21.05.1996 - 14 A 2035/94.A - S. 39 f.; einschränkend Schlesw.-Holst. OVG, U. v.
05.03.1996 - 5 L 19/95 - S. 47).
Zum anderen läßt sich hinsichtlich der Kläger ein individueller Lebenssachverhalt,
der bei ihnen angesichts der Referenzfälle politischer Verfolgung und der
40
41
42
der bei ihnen angesichts der Referenzfälle politischer Verfolgung und der
Beeinträchtigungen von Gruppenangehörigen unterhalb der Schwelle
asylrelevanter Eingriffsintensität eine asylerhebliche Gefährdungslage auszulösen
geeignet war oder wäre, nicht feststellen. Sie gehören zur Überzeugung des
Senats schon nicht zu einem der Personenkreise, die - nach zeitlich wechselnden
Schwerpunktsetzungen der serbischen Behörden - im Hinblick auf asylerhebliche
Übergriffe relativ stärker gefährdet sind, wie etwa politische Aktivisten, in den
parallelen Strukturen tätige Personen, aktive Gewerkschafter oder ehemalige
Polizisten und Offiziere (3., S. 9 f.; 11., S. 11; 20., S. 8; 27.; 32.; 35.; 37., S. 22 f. u.
34; 46.; 63., S. 3 f.; 65., S. 7; 75.; 77.; 79.; 93.; 95.; 106.; 108.; 130.; 168.; 181.;
186.; 188.; 191.).
Insbesondere hat sich der Senat nicht davon zu überzeugen vermocht, daß der
Kläger zu 1) als politischer Aktivist ins Blickfeld der serbischen Behörden geraten
war oder ist.
Der Senat glaubt dem Kläger zu 1) allerdings, daß er seit den 80er Jahren bis etwa
1992 Mitglied des örtlichen Komitees der allgemeinen Volksverteidigung in seinem
Heimatdorf Padalista war, aus welchem sodann ein Ortsverband des
"Demokratischen Bundes Kosovo" (LDK) hervorging. Es erscheint auch glaubhaft,
daß der Kläger zu 1) seit etwa 1992 dem Vorstand des LDK auf Dorfebene ohne
besondere Funktion angehörte und daß er sich Anfang der 90er Jahre an der
örtlichen Organisation des Dorfschutzes beteiligte. Allein deswegen mußte der
Kläger zu 1) aber nicht mit asylerheblicher Verfolgung rechnen (6., S. 33; 50., S. 7.;
63., S. 3; 108.; 113., S. 3; 131.; 188.). Es kam, wie der Kläger zu 1) bei seiner
Vernehmung durch den Berichterstatter des Senats am 21. April 1997 bekundet
hat, in der Zeit nach Juni 1983 auch gar nicht zu Kontakten zwischen ihm und der
Polizei, die einen Bezug zu den vorgenannten politischen Aktivitäten hatten.
Soweit die Klägerin zu 2) demgegenüber bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt
am 17. Juni 1993 angegeben hat, der Kläger zu 1) sei wegen seiner Mitgliedschaft
in der "demokratischen Liga" häufiger von der Polizei befragt worden, entspricht
dies jedenfalls in bezug auf den vorgenannten Zeitraum ganz offensichtlich nicht
den Tatsachen, denn der Kläger zu 1) selbst hat nichts dergleichen bekundet, und
auch die Klägerin zu 2) hat ihre diesbezüglichen Angaben weder in der mündlichen
Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht noch bei ihrer Vernehmung durch den
Berichterstatter des Senats am 21. April 1997 wiederholt.
Was die vom Kläger zu 1) vorgetragene Teilnahme an verschiedenen
Demonstrationen während seiner Schulzeit, und zwar im März und April 1981, in
Pristina sowie zwischen 1988 und 1991 in seinem Heimatdorf und in dessen
Umgebung angeht, so erachtet der Senat dies ebenfalls für glaubhaft. Es kann
auch zutreffen, daß der Kläger zu 1) bei der Demonstration in Pristina Anfang April
1981 durch den Schuß eines Panzers verletzt und später deswegen im
Krankenhaus von einem Sicherheitsbediensteten aufgesucht worden ist, der
Einfluß auf seine, des Klägers zu 1), Darstellung des Vorfalls nehmen wollte. Es
mag - trotz insoweit nicht in jeder Hinsicht übereinstimmenden Vorbringens in den
einzelnen Verfahrensstadien (so ist beispielsweise die beim Bundesamt und vor
dem Verwaltungsgericht angegebene Vorladung des Klägers zu 1) zum
Staatssicherheitsdienst und die dortige Befragung im Jahre 1983 zu der
Demonstrationsteilnahme im April 1981 bei der Vernehmung durch den
Berichterstatter des Senats klägerseits nicht angesprochen worden) - zugunsten
des Klägers zu 1) ferner davon ausgegangen werden, daß die Verzögerung seines
Schulabschlusses und die im Juni 1983 erfolgte Beendigung seines Studiums im
Zusammenhang mit der vorgenannten Demonstrationsteilnahme gestanden
haben. Indessen fehlt es an verifizierbaren Anhaltspunkten dafür, daß der Kläger
zu 1) noch über das Jahr 1983 hinaus im Blickfeld der serbischen
Sicherheitsbehörden verblieben ist. Denn der Kläger zu 1) hat selbst angegeben,
in der Folgezeit - abgesehen von allgemein üblichen Straßenkontrollen - von der
Polizei nicht behelligt worden zu sein. Und der von ihm geäußerte Zusammenhang
zwischen der vorgelegten gerichtlichen Vorladung vom 4. Mai 1993 - unterstellt
man hier einmal deren Echtheit - beruht nach seinen eigenen Angaben bei der
Vernehmung am 21. April 1997 auf bloßen Mutmaßungen. Im übrigen erscheint
auch gänzlich unwahrscheinlich, daß nach fast zehn Jahren wegen einer
Demonstrationsteilnahme noch ein Strafverfahren eingeleitet worden sein soll
(122.). Dafür, daß die Beteiligung des Klägers zu 1) an späteren Demonstrationen
zwischen 1988 und 1991 von den serbischen Behörden zum Anlaß für
irgendwelche Maßnahmen gegen ihn genommen worden wäre, ist weder seinem
Vortrag noch sonst den Akten etwas zu entnehmen.
43 Aus dem vorgelegten Urteil des Landgerichts Mitrovica vom 29. Juni 1993 und der
ebenfalls vorgelegten Ladung des Amtsgerichts Mitrovica vom 4. Mai 1993 kann
der Kläger zu 1) nicht herleiten, daß er sich seit 1981 bis jetzt doch im Blickfeld
serbischer Behörden befunden hat bzw. befindet, denn diese beiden Schriftstücke
sind nicht echt. Ausweislich der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Mai
1996 war nämlich laut Gerichtsregistern des Amtsgerichts und des Landgerichts in
Mitrovica gegen den Kläger zu 1) seit 1993 kein Strafverfahren bei diesen beiden
Gerichten anhängig. Der Senat hat keinen Anlaß, die Richtigkeit der vorgenannten
Auskunft in Zweifel zu ziehen. Zwar geht aus ihr nicht hervor, auf welche Weise das
Auswärtige Amt die betreffenden Informationen gewonnen hat. Es ist jedoch aus
anderen Auskünften bekannt, daß für das Auswärtige Amt in Asylsachen
Vertrauensanwälte der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Belgrad tätig
werden, deren Kontaktanwälte albanischer Volkszugehörigkeit im Kosovo Einsicht
in die dortigen Gerichtsregister nehmen (124.; 155.; 173.), und daß es bisher
lediglich in einem Fall zu einer falschen Auskunft gekommen ist, die auf einen
ethnisch albanischen Anwalt zurückging (155.). Ebenso haben sich die
Gerichtsregister - abgesehen von einem einzigen Fall, in dem einer von mehreren
Angeklagten versehentlich nicht aufgeführt war (180.) - als zutreffend und
vollständig erwiesen; insbesondere gibt es keinerlei Erkenntnisse über zum
Nachteil albanischer Volkszugehöriger nicht in die Gerichtsregister aufgenommene
"Geheimverfahren" (135.; 155.; 173.). Der Senat erachtet bei dieser Auskunftslage
auch deshalb eine nochmalige Überprüfung der Gerichtsregister im vorliegenden
Fall nicht für erforderlich, weil zwei weitere Aspekte gegen die Echtheit der
vorgelegten Schriftstücke sprechen: Zum einen rührt nämlich - bei jeweils
gleichem Aktenzeichen K.br.178/93 - die Ladung zur Hauptverhandlung vom
Amtsgericht, das Urteil selbst dagegen vom Landgericht her, welches für die
Verhandlung einer Straftat gemäß Art. 114 jug. StGB, derentwegen der Kläger zu
1) angeblich angeklagt bzw. verurteilt worden ist, ausschließlich zuständig ist
(56a.). Zum anderen ist in beiden Schriftstücken jeweils der Absatz 1 des Art. 114
jug. StGB zitiert, obgleich diese Vorschrift nur einen einzigen Absatz hat (40.;
56a.). Darüber hinaus fällt auf, daß der Kläger zu 1) von Demonstrationen in Srbica
und Mitrovica, deren Hauptorganisator er nach dem Urteil gewesen sein soll, zu
keiner Zeit berichtet hat und daß er Angaben über die Straßenkontrolle im
Frühjahr 1993 in Mitrovica, bei der ausweislich des Urteils staatsfeindliche
Propagandamaterialien bei ihm gefunden worden sein sollen, erstmals geraume
Zeit nach Vorlage dieses Urteils in der mündlichen Verhandlung vor dem
Verwaltungsgericht gemacht hat. Die von ihm dafür bei seiner Vernehmung durch
den Berichterstatter des Senats am 21. April 1997 auf entsprechenden Vorhalt
gegebenen Erklärungen sind zur Überzeugung des Senats bloße
Schutzbehauptungen. Es ist nämlich in keiner Weise plausibel, daß beim
Bundesamt zwar ausführlich eine mehr als zwölf Jahre zurückliegende
Demonstrationsteilnahme geschildert wird, nicht hingegen eine nur einen Monat
vor der Ausreise erfolgte Straßenkontrolle, bei der separatistisches
Informationsmaterial beschlagnahmt worden sein soll. Die Einschätzung des
Senats wird dadurch bestätigt, daß der Kläger zu 1) nicht einmal den Monat der
betreffenden Straßenkontrolle vor dem Verwaltungsgericht und vor dem
Berichterstatter des Senats hat nennen können, während er Demonstrationen aus
dem Anfang der 80er Jahre auf den Tag genau zu bezeichnen wußte. Als lediglich
vorgeschoben wertet der Senat auch die Behauptung des Klägers zu 1), trotz
ausdrücklicher Aufforderung zur vollständigen Aussage anläßlich der Anhörung
beim Bundesamt habe er dort von der betreffenden Straßenkontrolle deshalb
nichts erwähnt, weil er im Kosovo verbliebene Gesinnungsgenossen nicht habe
gefährden wollen. Ebenfalls unwahr sind die Angaben des Klägers zu 1) zur
Zustellung der Ladung am 10. Mai 1993 und zum Zugang des Urteils im Kosovo;
in diesem Zusammenhang fällt auf, daß der Kläger zu 1) sich den Angaben bei
seiner Vernehmung durch den Berichterstatter des Senats am 21. April 1997
zufolge an keine der Personen erinnern können will, die bei der Zustellung der
Ladung zugegen gewesen sein sollen, und daß er über die näheren Umstände des
Zugangs des Urteils, das nach seiner Ausreise seinen im Kosovo verbliebenen
Brüdern Besim und Fehim übergeben worden sein soll, trotz etwa monatlicher
telefonischer Kontakte mit seinen Brüdern keine substantiierten Angaben machen
kann. Unglaubhaft ist schließlich die Behauptung des Klägers zu 1) bei seiner
Vernehmung am 21. April 1997, daß er - wie seine Brüder ihm mitgeteilt hätten -
seit seiner Ausreise fortwährend (beispielsweise noch im Dezember 1996) von der
Polizei gesucht werde. Vielmehr zeigt der Umstand, daß die Kläger am 23. Mai
1993, also nur einen Tag vor der angeblich gegen den Kläger zu 1) anberaumten
Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Mitrovica, legal nach Mazedonien
ausreisen konnten, das mangelnde Verfolgungsinteresse der serbischen Behörden
44
45
46
47
48
49
ausreisen konnten, das mangelnde Verfolgungsinteresse der serbischen Behörden
in bezug auf die Person des Klägers zu 1) mehr als deutlich, zumal eine relevante
Veränderung der Verhältnisse für den Kläger zu 1) seit seiner Ausreise nicht zu
erkennen ist. Insgesamt ist der Senat danach davon überzeugt, daß der Kläger zu
1) mit der Vorladung und dem Urteil bewußt unechte Schriftstücke, deren
Beschaffung im Kosovo unschwer möglich ist (14.; 189., S. 18), zu den
Asylverfahrens- bzw. -gerichtsakten gereicht und sein Vorbringen im Verfahren
alsdann entsprechend "angepaßt" hat.
Anhaltspunkte dafür, daß die Kläger zu 2) bis 5) aus irgendeinem Grunde relativ
stärker gefährdet (gewesen) sein könnten als sonstige albanische Volkszugehörige
im Kosovo, sind nicht einmal ansatzweise dargetan oder ersichtlich.
1.2.2. Sonstige individuelle Verfolgungsgründe für die Zeit bis zur Ausreise der
Kläger sind ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen.
Soweit der Kläger zu 1) beim Bundesamt und beim Verwaltungsgericht geltend
gemacht hat, er sei (auch) deshalb ausgereist, weil er eine Rekrutierung mit
anschließendem Kriegseinsatz befürchtet habe, mag ihm dies - als seinerzeitige
subjektive Befürchtung - abgenommen werden. Es erscheint indes fraglich, ob ihm
- bei objektiver Betrachtung - damals tatsächlich eine zwangsweise Zuführung zur
Truppe unmittelbar drohte. Wie in den bereits oben erwähnten
Grundsatzentscheidungen des Senats (U. v. 16.02.1996 - 7 UE 4242/95 - u. B. v.
02.03.1998 - 7 UE 868/96 - jeweils unter 1.1.1.3.) festgestellt, wurden und werden
nämlich Einberufungen ethnischer Albaner aus dem Kosovo, obwohl ihnen nur
selten Folge geleistet wird, lediglich in exemplarischen Einzelfällen durchgesetzt.
Und hinreichend sichere Anhaltspunkte dafür, daß dies etwa in den ersten fünf
Monaten des Jahres 1993, also in einem überschaubaren Zeitraum vor der
Ausreise der Kläger, anders gehandhabt worden wäre, sind den vorliegenden
Erkenntnisquellen - auch wenn gelegentlich berichtet wird, wehrpflichtige Kosovo-
Albaner seien vereinzelt zum Kriegseinsatz als "Freiwillige" auf seiten der
bosnischen Serben gezwungen worden - schwerlich zu entnehmen (4.; 6., S. 55.;
10., S. 10 f.; 17.; 21., S. 8 f.; 39.; 58.; 63., S. 4 u. 7 f.; 71.; 98.). Einer
abschließenden Überzeugungsbildung des Senats hierüber bedarf es indessen
nicht, weil selbst eine dem Kläger zu 1) bei seiner Ausreise unmittelbar
bevorstehende Zwangsrekrutierung - wie ebenfalls in den
Grundsatzentscheidungen des Senats vom 16. Februar 1996 und vom 2. März
1998 (a.a.O.) dargelegt - asylrechtlich nicht relevant gewesen wäre; das gilt auch
dann, wenn der Kläger zu 1) die Möglichkeit eines Fronteinsatzes auf seiten der
bosnischen Serben während des Bürgerkriegs in Bosnien-Herzegowina hätte in
Betracht ziehen müssen.
Ebensowenig ist anzunehmen, daß dem Kläger zu 1) bei einem weiteren Verbleib
in seiner Heimat - wenn er im Falle einer zwangsweisen Zuführung zur Truppe die
Dienstleistung beharrlich verweigert hätte - Bestrafung wegen
Wehrdienstentziehung oder Desertion drohte. Es ist nämlich - gemessen an der
großen Zahl von Wehrdienstentziehungen und Desertionen albanischer
Volkszugehöriger aus dem Kosovo - nur in vergleichsweise wenigen Fällen zu
strafgerichtlichen Verurteilungen gekommen. Eine abschließende Überzeugung
brauchte der Senat freilich auch insoweit nicht zu gewinnen; denn auch wenn dem
Kläger zu 1) seinerzeit Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung oder Desertion
gedroht hat, wäre dies - wie wiederum in den Grundsatzentscheidungen des
Senats vom 16. Februar 1996 und vom 2. März 1998 (a.a.O.) näher begründet
wurde - asylrechtlich ohne Bedeutung gewesen.
Soweit der Kläger zu 1) sich darauf beruft, daß er seit den 80er Jahren dem
örtlichen Komitee der allgemeinen Volksverteidigung und seit etwa 1992 dem
örtlichen Vorstand des LDK in seinem Heimatdorf Padalista angehört habe und in
diesem Rahmen politisch tätig gewesen sei und daß er im Frühjahr 1981 sowie
zwischen 1988 und 1991 an verschiedenen Demonstrationen teilgenommen habe,
mußte er deshalb - wie oben (1.2.1.) bereits festgestellt - im Zeitpunkt seiner
Ausreise nicht (mehr) mit asylerheblichen Verfolgungsmaßnahmen rechnen. Hinzu
kommt, daß der Kläger zu 1) - abgesehen von seiner LDK-Mitgliedschaft - nicht in
hinreichend nahem zeitlichem Zusammenhang zu den vorgenannten Umständen
ausgereist ist und auch aus diesem Grunde jedenfalls nicht deshalb als vorverfolgt
angesehen werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 23.07.1991 - 9 C 154.90 - a.a.O.).
Soweit der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem
Verwaltungsgericht geäußert hat, er sei der Vorladung zur Hauptverhandlung am
50
51
52
53
54
55
Verwaltungsgericht geäußert hat, er sei der Vorladung zur Hauptverhandlung am
24. Mai 1993 auch deswegen nicht gefolgt, weil er Angst vor Schlägen bei
Verhören gehabt habe, kann er damit schon deshalb nicht gehört werden, weil die
Vorladung - wie oben (1.2.1.) festgestellt - unecht ist und gegen den Kläger zu 1)
gar kein Strafverfahren rechtshängig war oder ist. Ungeachtet dessen wird von
massiven Menschrechtsverletzungen vornehmlich in bezug auf die
Untersuchungshaft im Kosovo berichtet; nach Anklageerhebung - wie ausweislich
der beigebrachten unechten Dokumente im vorliegenden Fall - und während einer
Strafverbüßung wäre die Gefahr einer Mißhandlung dagegen als weitaus geringer
einzuschätzen (166.; 189., S. 6 u. 9).
Was die vom Kläger zu 1) außerdem angeführte - seiner Auffassung nach jeweils
politisch motivierte - Verzögerung seines Schulabschlusses, Exmatrikulation vom
Studium und Aussichtslosigkeit einer Einstellung in den Staatsdienst angeht, fehlt
es schon an der asylrechtlich notwendigen Eingriffsintensität, denn die
wirtschaftliche Existenz der Kläger war dadurch offensichtlich nicht in Frage
gestellt. Der Kläger zu 1) hat nämlich vor dem Bundesamt selbst angegeben, sie
hätten im Kosovo gut leben können.
Hinsichtlich der Kläger zu 2) bis 5) sind dem klägerischen Vorbringen keine
staatlichen Eingriffe zu entnehmen, die die Schwelle der Asylerheblichkeit erreicht
haben könnten. Insbesondere ist angesichts der in den beiden
Grundsatzentscheidungen des Senats vom 16. Februar 1996 und vom 2. März
1998 (a.a.O., jeweils unter 1.1.1.6) getroffenen Feststellungen zum
Bildungsbereich im Kosovo nichts dafür ersichtlich, daß der Kläger zu 3), wenn er
tatsächlich ab 1993 nicht mehr auf die von ihm bis dahin besuchte Privatschule
gehen durfte, das bildungsmäßige Existenzminimum nicht auf einer anderen
Schule innerhalb des von der albanischen Seite organisierten parallelen
Schulsystems hätte erlangen können.
1.2.3. Den mithin in jeder Hinsicht unverfolgt ausgereisten Klägern, die im
Rückkehrfalle - wie bereits oben (1.1. u. 1.2.1.) dargelegt - auf absehbare Zeit
weder ethnischer Gruppenverfolgung noch Einzelverfolgung wegen
Gruppenzugehörigkeit ausgesetzt sind, droht bei einer jetzigen Rückkehr auch
nicht aus sonstigen individuellen Gründen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit
politische Verfolgung.
Zwar erscheint nicht völlig ausgeschlossen, daß der jetzt 30 Jahre alte Kläger zu 1)
im Rückkehrfalle zu einer Wehrübung herangezogen werden wird. Es ist auch
denkbar, daß bei der Einreise nach Jugoslawien von den Grenzbehörden anhand
entsprechender Listen festgestellt wird, daß der Kläger zu 1) zwischenzeitlich zu
einer Wehrübung einberufen worden ist und daß er sich der Dienstleistung bisher
entzogen hat (37., S. 28; 53.; 63., S. 9; 64.; 67.; 68.; 96.; 129.; 148.). Mit Blick auf
das am 22. Juni 1996 in Kraft getretene Amnestiegesetz, das alle Fälle der
Wehrdienstentziehung und Desertion - ausgenommen von aktiven Offizieren und
Unteroffizieren - vor dem 14. Dezember 1995 erfaßt und in der Praxis konsequent
umgesetzt wird (130.; 132.; 154.; 183.; 189., S. 11 u. 27 f.), erachtet es der Senat
für völlig unwahrscheinlich, daß der Kläger zu 1) bei seiner Rückkehr wegen
Wehrdienstentziehung im Amnestiezeitraum bestraft werden wird. Ob dem Kläger
zu 1) unter den vorgenannten Umständen im Rückkehrfalle eine zwangsweise
Zuführung zum Wehrdienst mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, braucht der
Senat nicht abschließend zu prognostizieren. Denn jedenfalls wäre die
asylrechtliche Relevanz einer solchen Maßnahme - ebenso übrigens auch die einer
wenig wahrscheinlichen Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung nach dem
Amnestiezeitraum - zu verneinen; abgesehen davon hätte der Kläger zu 1) im
Falle seiner Heranziehung zum Wehrdienst nicht mit einem Kriegseinsatz zu
rechnen, da keine Kampfhandlungen unter Beteiligung jugoslawischer Streitkräfte
mehr stattfinden (vgl. zum ganzen die beiden schon mehrfach erwähnten
Grundsatzentscheidungen des Senats vom 16.02.1996 und vom 02.03.1998,
a.a.O., jeweils unter 1.1.1.3.).
Asylerhebliche Maßnahmen gegen den Kläger zu 1) sind im Rückkehrfalle auch
nicht im Hinblick auf das vorgelegte Urteil des Landgerichts Mitrovica vom 29. Juni
1993 beachtlich wahrscheinlich, da dieses - wie oben unter 1.2.1. festgestellt -
nicht echt ist.
Allein wegen ihrer Asylantragstellung und ihres damit verbundenen Aufenthalts in
Deutschland sind die Kläger ebenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit
politischer Verfolgung ausgesetzt (6., S. 57; 43.; 62.; 80.; 138.; 168.).
56
57
58
59
politischer Verfolgung ausgesetzt (6., S. 57; 43.; 62.; 80.; 138.; 168.).
Insbesondere ist nicht davon auszugehen, daß die Kläger allein wegen des
erfolglosen Asylverfahrens dergestalt ins Blickfeld der jugoslawischen
Grenzbehörden geraten, daß sich die Wahrscheinlichkeit, von asylrelevanten
Übergriffen betroffen zu werden, in ihrer Person über das für sonstige Rückkehrer
festgestellte Maß (vgl. den Grundsatzbeschluß des Senats vom 02.03.1998 - 7 UE
868/96 - unter 1.1.1.8.) hinaus erhöht. Das gilt um so mehr, als die beiden
jüngeren Brüder Besim und Fehim des Klägers zu 1) nach dessen Bekundungen
bei der Vernehmung durch den Berichterstatter des Senats am 21. April 1997
offenbar nach wie vor weitgehend unbehelligt im Heimatdorf Padalista im Kosovo
leben können.
Droht den Klägern infolgedessen schon nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit
politische Verfolgung wegen ihrer Asylantragstellung, so braucht nicht näher
darauf eingegangen zu werden, ob die Kläger deswegen - da es sich um einen
nach dem Verlassen des Herkunftsstaats aus eigenem Entschluß geschaffenen
Nachfluchttatbestand handeln würde (vgl. § 28 AsylVfG) - überhaupt als
Asylberechtigte anerkannt werden könnten.
1.3. Da den Klägern weder bei ihrer Ausreise noch im Falle ihrer jetzigen Rückkehr
auf absehbare Zeit im Kosovo asylrelevante Verfolgung droht(e), kommt es auf
die - vom Verwaltungsgericht hinsichtlich des Klägers zu 1) verneinte (ebenso
130.) - Frage des Vorhandenseins einer internen Fluchtalternative in der
Bundesrepublik Jugoslawien rechtlich nicht an. Bei der hier allein in Betracht
kommenden regionalen unmittelbaren staatlichen Verfolgung wäre das Bestehen
einer internen Fluchtalternative im übrigen ohnehin die Ausnahme und nur dann
näher zu prüfen, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gäbe, daß der
Verfolgerstaat "mehrgesichtig" ist, er also Personen, die er in einem Landesteil
verfolgt, im anderen unbehelligt läßt (BVerwG, U. v. 10.05.1994 - 9 C 434.93 -
Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 170). Selbst wenn der jugoslawische Staat
hinsichtlich der Kosovo-Albaner - bei Anlegung des herabgestuften
Wahrscheinlichkeitsmaßstabs (BVerwG, U. v. 30.04.1996 - 9 C 170.95 - a.a.O.) - im
vorgenannten Sinne mehrgesichtig wäre, so wäre eine interne Fluchtalternative
gleichwohl zu verneinen, wenn in dem verfolgungssicheren Landesteil für den
regional Verfolgten eine existentielle Gefährdung bestünde, die zwar in gleicher
Weise auch am Herkunftsort gegeben war, deren Ursache dort aber
verfolgungsbedingt war (BVerwG, B. v. 22.05.1996 - 9 B 136.96 - a.a.O. u. U. v.
09.09.1997 - 9 C 43.96 -). Der danach erforderliche Vergleich der jeweiligen
wirtschaftlichen Situation am verfolgungssicheren Ort und - die dortige Verfolgung
hinweggedacht - am Herkunftsort wäre für die Frage einer eventuellen
Vorverfolgung für den Zeitpunkt der Ausreise, für die Frage eines später
entstandenen Nachfluchtgrundes für den Zeitpunkt seiner Entstehung und im
übrigen für den Zeitpunkt der Rückkehr zu prüfen (BVerwG, U. v. 09.09.1997 - 9 C
43.96 -).
1.4. Angesichts dessen, daß weder der Kläger zu 1) noch die Klägerin zu 2)
asylberechtigt sind, kann dem jeweiligen Ehegatten und/oder ihren minderjährigen
Kindern, den Klägern zu 3) bis 5), auch kein Familienasyl gemäß § 26 Abs. 1 und 2
Satz 1 AsylVfG gewährt werden.
2. Ein Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung, daß die Voraussetzungen des
§ 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, steht den Klägern ebenfalls nicht zu. Nach dieser
Vorschrift darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem
sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit,
seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner
politischen Überzeugung bedroht ist. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG
und des Art. 16a Abs. 1 GG sind deckungsgleich, soweit es die
Verfolgungshandlung, das geschützte Rechtsgut und den politischen Charakter der
Verfolgung betrifft, und sie unterscheiden sich auch nicht hinsichtlich der Frage, ob
die Gefahr politischer Verfolgung droht (BVerwG, Ue. v. 18.02.1992 - 9 C 59.91 -
NVwZ 1992, 892, v. 03.11.1992 - 9 C 21.92 - BVerwGE 91, 150, v. 18.01.1994 - 9 C
48.92 - BVerwGE 95, 42, v. 10.05.1994 - 9 C 501.93 - BVerwGE 96, 24, u. v.
05.07.1994 - 9 C 1.94 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 193). Indes haben die
nächsten Angehörigen eines nach § 51 Abs. 1 AuslG
Abschiebungsschutzberechtigten nicht allein wegen ihrer familiären Nähe - etwa in
Anlehnung an § 26 AsylVfG - selbst einen entsprechenden
Abschiebungsschutzanspruch; sie haben vielmehr nur als in eigener Person
Verfolgte Anspruch auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51
Abs. 1 AuslG (BVerwG, U. v. 05.07.1979 - 9 C 1.94 - a.a.O.). Nach den
60
61
62
63
Abs. 1 AuslG (BVerwG, U. v. 05.07.1979 - 9 C 1.94 - a.a.O.). Nach den
Feststellungen zum jeweiligen Asylbegehren der Kläger sind die Voraussetzungen
einer politischen Verfolgung im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG nicht erfüllt;
insbesondere drohen den Klägern keine insoweit - anders als hinsichtlich des
Asylbegehrens - beachtlichen Maßnahmen aufgrund eines
Nachfluchttatbestandes, etwa wegen der Asylantragstellung oder sonst im
Zusammenhang mit der Rückkehr (vgl. oben 1.2.1. u. 1.2.3.).
3. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Feststellung des Vorliegens von
Abschiebungshindernissen gemäß § 53 AuslG, der infolge der Abweisung der Klage
mit den beiden Hauptanträgen - auch ohne insoweit erfolgte Zulassung - in der
Berufungsinstanz zur Entscheidung anfällt (BVerwG, U. v. 15.04.1997 - 9 C 19.96 -
a.a.O.), steht den Klägern ebenfalls nicht zu.
Es liegen mit Blick auf die obigen Feststellungen (1.) - insbesondere mit Blick auf
das vorgelegte unechte Urteil und auf das diesbezügliche unwahre Vorbringen des
Klägers zu 1) - keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, daß den Klägern in Jugoslawien
die konkrete Gefahr droht, der Folter unterworfen zu werden (§ 53 Abs. 1 AuslG),
oder daß sie dort wegen einer mit der Todesstrafe bedrohten Straftat gesucht
werden (§ 53 Abs. 2 Satz 1 AuslG).
Auch ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK liegt für
die Kläger hinsichtlich Jugoslawiens nicht vor. Ein solches Abschiebungshindernis
besteht nur dann, wenn dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung mit
beachtlicher Wahrscheinlichkeit (zu diesem auch hier relevanten Maßstab BVerwG,
Ue. v. 05.07.1994 - 9 C 1.94 - a.a.O., v. 18.04.1996 - 9 C 77.95 - Buchholz 402.240
§ 53 AuslG Nr. 4 u. v. 04.06.1996 - 9 C 134.95 - NVwZ-Beilage 1996, 89) eine
Behandlung droht, die alle tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 3 EMRK
erfüllt (BVerwG, Ue. v. 02.09.1997 - 9 C 40.96 - u. v. 11.11.1997 - 9 C 13.96 -).
Dazu ist erforderlich, daß der Ausländer im Zielstaat der Abschiebung
Mißhandlungen ausgesetzt wäre, die nach Art, Intensität und Urheberschaft gegen
den dortigen Standard von Art. 3 EMRK verstoßen (BVerwG, U. v. 17.10.1995 - 9 C
15.95 - BVerwGE 99, 331). Dabei kann grundsätzlich nur eine im Zielstaat von
einer staatlichen Herrschaftsmacht begangene oder zu verantwortende
Mißhandlung eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK sein
(BVerwG, Ue. v. 17.10.1995 - 9 C 15.95 - a.a.O., v. 15.04.1997 - 9 C 38.96 - NVwZ
1997, 1127, u. v. 02.09.1997 - 9 C 40.96 -), sofern ein geplantes, vorsätzliches und
auf eine bestimmte Person gerichtetes Handeln vorliegt (BVerwG, U. v. 18.04.1996
- 9 C 77.95 - a.a.O.). Art. 3 EMRK schützt nämlich ebensowenig wie das Asylrecht
vor den allgemeinen Folgen von Naturkatastrophen und (Bürger-)Kriegen sowie vor
nachteiligen Auswirkungen eines unterentwickelten Gesundheitssystems (BVerwG,
Ue. v. 17.10.1995 - 9 C 15.95 - a.a.O. u. v. 02.09.1997 - 9 C 40.96 -). Danach
erfüllt die Art und Weise, in der seitens des jugoslawischen Staates mit
Rückkehrern umgegangen wird (vgl. den Grundsatzbeschluß des Senats vom
02.03.1998 - 7 UE 868/96 - unter 1.1.1.8.), von vornherein nicht die
vorbezeichneten Voraussetzungen eines Abschiebungshindernisses nach § 53
Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK in bezug auf die Kläger (vgl. VGH Baden-
Württemberg, U. v. 12.08.1997 - A 14 S 444/96 - S. 14). Auch eine gerade den
Klägern - insbesondere dem Kläger zu 1) - drohende unmenschliche Behandlung
im Falle der Abschiebung läßt sich nicht feststellen, und zwar schon deshalb nicht,
weil - wie oben (1.2.1.) dargelegt - das vorgelegte Urteil unecht und das hierauf
bezügliche Vorbringen zur Überzeugung des Senats unwahr ist.
Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG kann den Klägern ebenfalls
nicht gewährt werden. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt grundsätzlich voraus,
daß dem Ausländer bei einer Abschiebung im Zielstaat eine erhebliche konkrete
individuelle Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit
droht (BVerwG, Ue. v. 17.10.1995 - 9 C 9.95 - BVerwGE 99, 325, v. 29.03.1996 - 9
C 116.95 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 3 u. v. 25.11.1997 - 9 C 58.96 -). Wenn
allerdings eine - landesweite oder unausweichliche - extreme allgemeine
Gefahrenlage besteht, bei der jeder Ausländer im Falle seiner Abschiebung
gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen
ausgeliefert würde, ist § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG im Lichte der Grundrechte aus Art.
1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungskonform dahin auszulegen, daß die
betreffenden Gefahren ausnahmsweise im Rahmen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG
zu berücksichtigen sind (BVerwG, Ue. v. 17.10.1995 - 9 C 9.95 - a.a.O., v.
29.03.1996 - 9 C 116.95 - a.a.O., v. 18.04.1996 - 9 C 77.95 - a.a.O., v. 04.06.1996 -
9 C 134.95 - a.a.O. u. v. 02.09.1997 - 9 C 40.96 -; vgl. auch BVerfG, B. v.
21.12.1994 - 2 BvL 81/92 u.a. - DVBl. 1995, 560). Auch die Voraussetzungen für
64
65
21.12.1994 - 2 BvL 81/92 u.a. - DVBl. 1995, 560). Auch die Voraussetzungen für
eine nach diesen Maßstäben zu beurteilende Gefährdungslage erachtet der Senat
nach den oben (1.) getroffenen Feststellungen in bezug auf die Kläger nicht einmal
ansatzweise für gegeben (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 10.12.1997 - 14 A
2826/94.A - S. 54, u. Thür. OVG, U. v. 20.02.1997 - 3 KO 744/96 - S. 67 f.).
4. Die Entscheidungen über die Kosten des Verfahrens - hierzu gehören auch die
Kosten des Antragsverfahrens 7 UZ 374/96 - und über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1
ZPO, §§ 83b Abs. 1, 87a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG und auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.