Urteil des HessVGH vom 07.03.2011
VGH Kassel: rechtliches gehör, verfügung, formfehler, gebühr, rechtswidrigkeit, einzelrichter, vertretung, rechtsanwaltschaft, akte, post
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
6. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 E 426/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 11 RVG, § 67 Abs 4
VwGO, § 146 VwGO
Vertretungszwang beim Kostenfestsetzungsverfahren
Leitsatz
Kein Vertretungszwang für die Erhebung einer Beschwerde im Verfahren auf
Festsetzung der Vergütung eines Rechtsanwaltes.
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des
Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 27. Oktober 2010 - 1 O 3310/10.F -
und mittelbar gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30. August 2010 - 1 K
2106/09.F - wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Eine
Kostenerstattung findet nicht statt.
Gründe
Das Gericht entscheidet nach § 11 Abs. 3 Satz 2 RVG i.V.m. § 66 Abs. 6 GKG durch
den Einzelrichter.
Die Beschwerde gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des
Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main ist zulässig.
Die am 24. Februar 2011 erhobene Beschwerde gegen den am 10. Februar 2011
zugestellten Beschluss wurde zwar nicht durch einen Bevollmächtigten im Sinne
von § 67 Abs. 4 Satz 1 und 3 VwGO eingelegt, obgleich die mit dem angegriffenen
Beschluss verbundene Rechtsbehelfsbelehrung auf den Vertretungszwang
hingewiesen hat. Es bedarf nach § 11 Abs. 6 Satz 1 RVG für die Erhebung der
Beschwerde im Festsetzungsverfahren nach § 11 RVG indes keiner anwaltlichen
Vertretung. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hatte bereits mit Beschluss
vom 19. Juni 2009 (Az. - 3 E 1075/09 -, NVwZ-RR 2009, 902) vor der Änderung des
§ 11 Abs. 6 durch das Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen
und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der
Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009
(BGBl. I S. 2449) dahingehend erkannt, dass aufgrund der (damaligen)
gesetzlichen Fassung Anträge und Erklärungen im Festsetzungsverfahren und in
einem eventuell nachfolgenden Erinnerungs- bzw. Beschwerdeverfahren gemäß §
11 Abs. 6 Satz 1 RVG zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben oder schriftlich
ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts eingereicht werden konnten. Durch die
Neufassung des § 11 Abs. 6 RVG wird mit Wirkung zum 5. August 2009 nunmehr
ausdrücklich klargestellt, dass in Streitwert- und Kostenbeschwerden bzw.
entsprechenden Erinnerungen auch dann kein Anwalts- und Vertretungszwang
besteht, wenn dies im zu Grunde liegenden Hauptsachverfahren der Fall war (vgl.
Hess. VGH, Beschluss vom 8. November 2009 - 6 F 2218/09 -, NVwZ 2009, 1445;
Bay. VGH, Beschluss vom 21. Dezember 2009 - 7 C 09.2985 -, juris; Sächs. OVG,
Beschluss vom 16. November 2010 - 5 E 107/10 -, juris).
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Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag
des Antraggegners vom 12. September 2010 auf Aufhebung des
Kostenfestsetzungsbeschlusses zu Recht abgelehnt. Das Begehren des
Antragsgegners ist aufgrund der Begründung, er sei vor der Festsetzung nicht
gehört worden, was zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führe, dahingehend zu
verstehen, dass er sich auf einen Formfehler nach § 11 Abs. 2 Satz 2 RVG bezieht.
Das Verfahren zur Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör
findet nach § 12a Abs. 1 RVG in diesem Fall keine Anwendung, weil ein
Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung gegeben ist.
Der behauptete Verfahrensfehler liegt indes nicht vor. Der Antrag auf Festsetzung
der Gebühr wurde dem Antragsgegner mit Verfügung des Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle vom 6. Juli 2010 zur Kenntnis und der Möglichkeit der
Stellungnahme übermittelt; die Briefsendung wurde nach dem Vermerk in der Akte
am 12. Juli 2010 zur Post gegeben. Adressiert war die Verfügung an den
Antragsgegner unter der Anschrift „X-Straße 50“ in A-Stadt, die Adresse, unter
der die Zustellungen der vorangegangenen Gerichtsentscheidungen
ordnungsgemäß erfolgt waren. Damit ist das Verwaltungsgericht dem gesetzlichen
Auftrag der Anhörung des Beteiligten in ausreichender Weise nachgekommen,
denn eine Zustellung der Verfügung ist nicht vorgeschrieben.
Auch wenn, wie der Antragsgegner vorträgt, der Vorstandsvorsitzende des Vereins
das gerichtliche Schreiben nicht erhalten haben sollte, führt dies nicht zur
Feststellung, der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 30. August 2010 sei
fehlerhaft. Denn der Antragsgegner hätte ohne weiteres im Erinnerungsverfahren
sachliche Gründe vortragen können, etwa solche nach § 11 Abs. 5 RVG, die das
Verwaltungsgericht hätte berücksichtigen können und müssen. Gründe für eine
angebliche oder tatsächliche inhaltliche Unrichtigkeit des angegriffenen
Kostenfestsetzungsbeschlusses benennt der Beschwerdeführer aber weder im
Schriftsatz vom 12. September 2010 noch in der Begründung der Beschwerde
vom 24. Februar 2011.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 11 Abs. 2 Satz 6 RVG.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, denn für die vorliegende, die
Beschwerde zurückweisende Entscheidung wird als Gerichtskosten ein Festbetrag
in Höhe von 50 Euro erhoben (Nr. 5502 des als Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG
erlassenen Kostenverzeichnisses).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 2 VwGO, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG i.V.m.
§ 11 Abs. 3 Satz 2 RVG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.