Urteil des HessVGH vom 27.02.1991

VGH Kassel: ablauf der frist, treu und glauben, rechtlich geschütztes interesse, mitbestimmungsrecht, datenverarbeitung, bpv, personaldaten, beteiligungsrecht, form, hauptsache

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
Fachsenat für
Personalvertretungssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
BPV TK 2740/90
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 69 Abs 2 S 5 BPersVG
(Eintritt der Fiktionswirkung des BPersVG § 69 Abs 2 S 5
wegen sachlich unzureichender Begründung der
Zustimmungsverweigerung)
Tatbestand
Mit am 10.11.1987 ausgehändigtem Schreiben vom gleichen Tag beantragte der
Beteiligte gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 16, § 76 Abs. 2 Nr. 5 und 7 BPersVG die
Zustimmung des Antragstellers zur Umstellung der manuellen Führung des
Personaleinsatzteiles des Geschäftsverteilungsplanes (kurz: GVP) auf individuelle
Datenverarbeitung (kurz: IV). Zur Begründung wies er darauf hin, daß die manuelle
Erstellung der regelmäßigen Übersichten über den aktuellen und künftigen
Personalfehlbestand sowie der vierteljährlich anzufertigenden Übersicht über die
Besetzung der Dienstposten des höheren Dienstes zu arbeits- und
personalintensiv sei. Durch die Übernahme des Personaleinsatzteils des GVP auf
Personalcomputer könnten die für die Amtsleitung und die Personaleinsatzpläne
erforderlichen Übersichten häufiger und mit wesentlich größerer Genauigkeit
dargeboten werden. Darüber hinaus sei das System geeignet, im Einzelfall
Auswertungen nach bestimmten einzelnen, im Datenbestand erfaßten Kriterien
vorzunehmen. Der Einsatz der IV führe ferner zu einer von den Mitarbeitern
gewünschten Reduzierung der sehr belastenden manuellen Arbeiten, die bisher
unter erheblichem Zeitdruck hätten verrichtet werden müssen. Es sei vorgesehen,
die Arbeitsplätze mit den in der Bedarfsmeldung vom 23.10.1987 aufgeführten
und dem Antragsteller bekannten Geräten auszustatten. Darüber hinaus würden
die Arbeitsplätze nach ergonomischen Erfordernissen mit entsprechenden
Funktionsmöbeln ausgerüstet. Eine Verhaltens- und Leistungskontrolle der an den
Geräten eingesetzten Mitarbeiter sei ebensowenig möglich wie eine Überwachung
der übrigen Amtsangehörigen, deren Daten gespeichert seien.
Mit Schreiben vom 19.11.1987 -- unterschrieben "im Auftrag ... und dem
Beteiligten zugegangen am 20.11.1987 -- verweigerte der Antragsteller seine
Zustimmung mit folgender Begründung:
"Die aufgeführten Übersichten/Statistiken werden bei allen anderen Ämtern
der DBP auch gefertigt. Sie werden überall manuell erstellt. Auf die Große Anfrage
der Abgeordneten Schäfer (Offenburg), Dr. Wernitz, Dr. Penner, Dr. Nöbel, Tietjen,
Bernrath, Duve, Frau Dr. Hartenstein, Jansen, Kuhm, Reuter, Schröer (Mülheim),
Wartenberg (Berlin), Paterna und der Fraktion der SPD -- Drucksache 10/3657 --
hat die Bundesregierung wie folgt geantwortet (Drucksache 10/4594 vom
19.12.85):
I. 'Bei Personalcomputern sind einige in der Groß-EDV üblichen Prinzipien der
Datensicherheit (z.B. Paßwortschutz) oft nicht zu verwirklichen. Statt dessen sind
andere, ebenso wirksame Sicherungsmaßnahmen nur bei ihnen denkbar (z.B.
Wegschließen der Datenträger oder des ganzen Computers).
Die Benutzung des Personalcomputers zur Speicherung von Personaldaten ist
schon nach § 6 Bundesdatenschutzgesetz nur zulässig, wenn der gleiche
Sicherheitsstandard erreicht wird wie bei sorgfältig betriebener Groß-EDV. Es wird
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Sicherheitsstandard erreicht wird wie bei sorgfältig betriebener Groß-EDV. Es wird
jedoch zu prüfen sein, ob diese bisherige gesetzliche Regelung für den Einsatz von
Personalcomputern zur Verarbeitung von Personaldaten ausreichend ist oder ggf.
ergänzt werden muß.'
II. 'In der Bundesverwaltung ist der Einsatz von Personalcomputern für die
Speicherung von Personaldaten bisher nicht vorgesehen' Das BPM teilt diese
Auffassung und zitiert diese Passage in der Verfügung 323/7 B 1620-0 vom
13.5.86 an die OPD Kiel wörtlich. Es verweist auf den Auftrag an die Zentralämter
das dialogorientierte DV-Verfahren DASPO zu entwickeln und einzuführen, in dem
die personenbezogenen Daten der Beschäftigten bei der DBP zuverlässig gegen
Mißbrauch geschützt werden.
In der Verfügung 214-4 B 1400-F/5H vom 12.8.87 IV des Fernmeldewesens,
hier: Ausstattung der OPDn/LDP mit iDSG'wird ausdrücklich noch einmal darauf
hingewiesen, daß personenbezogene Daten nicht im Rahmen der individuellen DV
verarbeitet werden dürfen.'
Aus den vorgelegten Gründen und der geltenden Verfügungslage des BPM ist
ein Einsatz von PC bei V 11 nicht möglich. Damit ist unsere Ablehnung nach § 77
Abs. 2 Nr. 1 begründet."
Daraufhin teilte der Beteiligte dem Antragsteller durch Schreiben vom 3.12.1987
mit, daß die beabsichtigte Maßnahme als gebilligt gelte, weil er hinsichtlich der in
Betracht kommenden Mitbestimmungstatbestände keine
personalvertretungsrechtlich relevanten Verweigerungsgründe vorgetragen habe,
er habe ausschließlich Fragen datenschutzrechtlicher Art angesprochen.
Die Maßnahme wurde anschließend durchgeführt.
Am 28.11.1988 hat der Antragsteller bei dem Verwaltungsgericht Darmstadt das
Beschlußverfahren eingeleitet. Er hat ausgeführt: Sein Mitbestimmungsrecht aus §
76 Abs. 2 Nr. 7 BPersVG sei verletzt worden. Bei der geschilderten Art der
Verarbeitung personenbezogener Daten handele es sich um eine für den Bereich
der Dienststelle grundlegend neue Arbeitsmethode. Zu denken sei auch an den
Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG, weil die Verarbeitung
der Daten im Wege der IV zu einer Verhaltenskontrolle der Beschäftigten führe.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, daß durch die Entscheidung über die Führung des
Personaleinsatzteils des Geschäftsverteilungsplans durch Datenverarbeitung das
Beteiligungsrecht des Antragstellers verletzt worden sei.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hat erwidert: Der Antragsteller habe seine Zustimmungsverweigerung nicht mit
Tatsachen, sondern lediglich mit formelhaften Wendungen begründet, die
außerdem zu den in Betracht kommenden Mitbestimmungstatbeständen in keiner
Beziehung stünden. Die Wiedergabe eines Zitats aus einer Antwort der
Bundesregierung auf eine Große Anfrage im Bundestag sei keine ausreichende
Begründung im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG. Dies gelte insbesondere für
das Mitbestimmungsrecht aus § 76 Abs. 2 Nr. 7 BPersVG. Soweit sich der
Antragsteller erstmals auf § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG berufe, sei sein Vorbringen
unbeachtlich, weil er seine Zustimmung in dem Verfahren nach § 69 Abs. 2
BPersVG weder direkt noch indirekt unter Bezugnahme auf diesen
Beteiligungstatbestand verweigert habe.
Das Verwaltungsgericht -- Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen --
hat den Antrag mit Beschluß vom 22.5.1990 abgelehnt und ausgeführt:
Der Antrag sei zulässig. Inhaltlich bedürfe er allerdings der Auslegung. Die dem
Antrag beigegebene Begründung mache deutlich, daß sich der Antragsteller
dadurch verletzt fühle, daß der Beteiligte die Begründung seiner
Zustimmungsverweigerung als rechtlich unbeachtlich bezeichnet habe und die
beabsichtigte Maßnahme gemäß § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG als gebilligt ansehe.
Die sich nach seiner Auffassung hieraus ergebende Verletzung des
Mitbestimmungsrechts solle festgestellt werden; hieran habe er ein rechtlich
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Mitbestimmungsrechts solle festgestellt werden; hieran habe er ein rechtlich
geschütztes Interesse.
Der Antrag sei jedoch unbegründet, denn der Beteiligte habe das
Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nicht dadurch verletzt, daß er den bisher
manuell geführten Personaleinsatzteil des GVP auf individuelle Datenverarbeitung
umgestellt habe. Unter den Verfahrensbeteiligten stehe zu Recht außer Frage, daß
die beabsichtigte Umstellungsmaßnahme der Mitbestimmung gemäß § 75 Abs. 3
Nr. 16 sowie § 76 Abs. 2 Nr. 5 und 7 BPersVG unterliege. Der Antragsteller habe
jedoch die Zustimmung nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist "unter Angabe
von Gründen" schriftlich verweigert, wie es § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG verlange.
Die angeführte Begründung liege offensichtlich außerhalb der hier zu
beurteilenden gesetzlichen Mitbestimmungstatbestände. Der Antragsteller
verkenne Sinn und Zweck dieser Beteiligungsrechte, die mit der
Datenverarbeitung nicht im Zusammenhang stünden. Unrichtig sei auch der
Hinweis auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG, weil diese Vorschrift lediglich die
Zustimmungsverweigerung in den Mitbestimmungsfällen der §§ 75 Abs. 1 und 76
Abs. 1 BPersVG betreffe. Soweit sich der Antragsteller auf das
Mitbestimmungsrecht aus § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG berufe, könne er damit
nicht gehört werden, weil er diesen Beteiligungstatbestand nicht bereits im
Verfahren nach § 69 Abs. 2 BPersVG geltend gemacht habe.
Gegen diesen ihm am 6.9.1990 zugestellten Beschluß hat der Antragsteller mit
anwaltlichem Schriftsatz vom 12.9.1990 -- beim Hessischen
Verwaltungsgerichtshof eingegangen am 18.9.1990 -- Beschwerde eingelegt und
dieses Rechtsmittel sogleich begründet. Er trägt vor:
Die für die Zustimmungsverweigerung gegebene Begründung lasse sich den
Beteiligungstatbeständen des § 75 Abs. 3 Nr. 16 und 17 sowie des § 76 Abs. 2 Nr.
5 und 7 BPersVG zuordnen. Das gelte insbesondere für den Hinweis, daß eine
ausreichende Kontrolle der gespeicherten Daten nicht möglich sei. Dabei spiele
auch die Verfügungslage der Deutschen Bundespost eine Rolle. Es sei nicht
einzusehen, warum die Begründung, Personalcomputer dürften für die
Speicherung von Personaldaten nicht eingesetzt werden, außerhalb eines
Mitbestimmungstatbestands liegen solle. Es sei von vornherein erkennbar
gewesen, daß sich die mit Schreiben vom 19.11.1987 erhobenen Einwendungen
auch auf das Mitbestimmungsrecht aus § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG bezogen
hätten, das damit jedenfalls sinngemäß geltend gemacht worden sei.
Der Antragsteller beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses nach dem erstinstanzlichen
Antrag zu erkennen.
Der Beteiligte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er bezweifelt, daß an der Durchführung eines Beschlußverfahrens noch ein
Rechtsschutzinteresse bestehe, weil der Antragsteller den erforderlichen Antrag
beim Verwaltungsgericht erst mit Schriftsatz vom 28.11.1988 gestellt habe. In
materieller Hinsicht verteidigt der Beteiligte den angefochtenen Beschluß und tritt
dem Beschwerdevorbringen entgegen.
Wegen des Sachverhalts und des Streitstands im einzelnen wird auf die
Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig; sie ist statthaft, in der gesetzlichen
Form und Frist eingelegt sowie ordnungsgemäß begründet worden. Sie hat in
sachlicher Hinsicht allerdings keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis mit Recht von der Zulässigkeit des Antrags
ausgegangen. Für den Antrag besteht insbesondere ein Rechtsschutzinteresse,
obwohl die beabsichtigte Maßnahme (Umstellung der manuellen Führung des
Personaleinsatzteils des Geschäftsverteilungsplanes auf Datenverarbeitung)
bereits durchgeführt worden ist. Da die vom Beteiligten herbeigeführte Situation
als Dauerzustand fortwirkt, kann von einer Erledigung der Hauptsache im Sinne
eines abgeschlossenen, der Vergangenheit angehörenden Sachverhalts keine
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eines abgeschlossenen, der Vergangenheit angehörenden Sachverhalts keine
Rede sein. Durch die Vollziehung der Maßnahme ohne Zustimmung des
Antragstellers hat sich hiervon abgesehen dessen Interesse an der Feststellung
von Mitbestimmungsrechten sogar noch verstärkt, wie sich aus § 69 Abs. 1
BPersVG ergibt. Diese Vorschrift bestimmt, daß eine Maßnahme, die der
Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, nur mit seiner Zustimmung getroffen
werden kann. Wird deshalb die Verletzung von Mitbestimmungsrechten gerichtlich
festgestellt, so ist der Dienststellenleiter -- soll das Gesetz beachtet werden --
verpflichtet, die Maßnahme rückgängig zu machen, wozu er notfalls im Rahmen
der Dienstaufsicht gezwungen werden kann (vgl. BVerwG, Beschluß vom
15.12.1978 -- 6 P 13.78 --, Buchholz 238.3 A § 76 BPersVG Nr. 1 =
Personalvertretung 1980 S. 145 = ZBR 1980 S. 159). Es kommt daher in Fällen
dieser Art nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Fachsenats für
das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses nicht darauf an, ob sich ein gleicher
oder ähnlicher Sachverhalt mit der hier anstehenden
personalvertretungsrechtlichen Streitfrage zukünftig zwischen den
Verfahrensbeteiligten mit einiger -- mehr als nur geringfügiger --
Wahrscheinlichkeit wiederholen kann (vgl. Beschlüsse vom 8.8.1990 -- BPV TK
557/90 --, -- BPV TK 3776/89 -- und 14.11.1990 -- BPV TK 974/90 --).
Das Begehren des Antragstellers war auch bereits in erster Instanz bei der
gebotenen Auslegung auf die Feststellung gerichtet, daß die Entscheidung des
Beteiligten, den Personaleinsatzteil des Geschäftsverteilungsplanes künftig in
Form der Datenverarbeitung zu führen, ohne Zustimmung des Antragstellers
dessen Beteiligungsrecht verletzt habe. In seinem Beschluß vom 27.3.1990 -- 6 P
34.87 -- (amtlicher Entscheidungsabdruck S. 3/4 und 13/14) hat das
Bundesverwaltungsgericht einen derart formulierten Antrag nach Durchführung
der Maßnahme, hinsichtlich deren ein Mitbestimmungsrecht geltend gemacht
worden ist, als zulässig angesehen, weil er der verfahrensrechtlichen Lage (die dort
allerdings in einer Erledigung der Hauptsache gesehen worden ist) Rechnung
trage. Dem pflichtet der hier erkennende Fachsenat auch ohne Annahme einer
Hauptsachenerledigung bei.
Die Befugnis des Antragstellers zur Einleitung des gerichtlichen
Beschlußverfahrens war im Zeitpunkt des Antragseingangs (28.11.1988) auch
nicht verwirkt. Die Verwirkung hat im Verfahrensrecht zur Voraussetzung, daß das
nicht fristgebundene prozessuale Vorgehen auf Grund besonderer Umstände
gegen Treu und Glauben sowie gegen das öffentliche Interesse am Rechtsfrieden
verstößt, wobei vor Ablauf der Frist von einem Jahr in aller Regel keine Verwirkung
anzunehmen ist (vgl. Kopp, 8. Aufl. 1989, RdNr. 18 ff. zu § 74 VwGO). Derartige
besondere Umstände sind hier weder dargetan noch sonst ersichtlich. Stellt man
auf das Schreiben des Beteiligten vom 3.12.1987 ab, so wurde der gemäß § 81
Abs. 1 ArbGG erforderliche Antrag insbesondere binnen Jahresfrist gestellt.
In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht den Antrag zu Recht als
unbegründet abgelehnt. Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ist nicht
verletzt, weil er die Zustimmung mit dem Schreiben vom 19.11.1987 in
rechtsunwirksamer Weise verweigert hat, so daß die Maßnahme als gebilligt gilt.
Die Durchführung der Maßnahme war daher gemäß § 69 Abs. 1 BPersVG zulässig.
Nach § 69 Abs. 2 Satz 1 BPersVG unterrichtet der Leiter der Dienststelle den
Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme und beantragt seine Zustimmung.
Der Beschluß des Personalrats über die beantragte Zustimmung ist dem Leiter
der Dienststelle innerhalb von sieben -- neuerdings auf Grund des
Änderungsgesetzes vom 10.7.1989 (BGBl. I S. 1380) innerhalb von zehn
Arbeitstagen -- mitzuteilen (§ 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG). Die Maßnahme gilt als
gebilligt, wenn nicht der Personalrat innerhalb der genannten Frist die Zustimmung
unter Angabe der Gründe schriftlich verweigert (§ 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG).
Das die Zustimmung verweigernde Schreiben vom 19.11.1987 kann allerdings in
formeller Hinsicht nicht beanstandet werden. Da die Maßnahme sämtliche
Beschäftigten der Dienststelle betraf, lag eine Gruppenangelegenheit im Sinne des
§ 32 Abs. 3 Satz 2 BPersVG nicht vor. Es genügte deshalb, daß das Schreiben
gemäß § 32 Abs. 3 Satz 1 BPersVG vom Vorsitzenden des Antragstellers
unterzeichnet wurde. Da der Vorsitzende des Antragstellers ... -- wie dem
Fachsenat aus dem Verfahren BPV TK 3028/89 bekannt -- in der hier fraglichen
Zeit arbeitsunfähig erkrankt war, hatte sein Stellvertreter ... die Geschäfte zu
führen und das Verweigerungsschreiben zu unterzeichnen.
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Die in § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG bezeichnete Frist wurde ebenfalls nicht
versäumt, weil das Verweigerungsschreiben vom 19.11.1987 am 20.11.1987 beim
Beteiligten einging. Hierbei handelt es sich um den 7. Arbeitstag, seitdem das
Schreiben des Beteiligten vom 10.11.1987 dem Antragsteller zugegangen war.
Das Schreiben des Antragstellers vom 19.11.1987 entsprach jedoch nicht den in
der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Begründung einer
Zustimmungsverweigerung, weshalb die in § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG geregelte
Folge, daß die beabsichtigte Maßnahme als gebilligt gilt, wenn der Personalrat die
Zustimmung nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist "unter Angabe der
Gründe" verweigert, Platz greift.
Es kann davon ausgegangen werden, daß die beabsichtigte Maßnahme der
Mitbestimmung unterlag. Der Beteiligte selbst führt in seinem Schreiben vom
10.11.1987, mit dem er um die Zustimmung des Antragstellers bat, als in
Betracht kommende Mitbestimmungstatbestände § 75 Abs. 3 Nr. 16 (Gestaltung
der Arbeitsplätze) sowie § 76 Abs. 2 Nr. 5 und 7 (Maßnahmen zur Hebung der
Arbeitsleistung und Erleichterung des Arbeitsablaufs, Einführung grundlegend
neuer Arbeitsmethoden) an. Im gerichtlichen Beschlußverfahren hat er mit
Schriftsatz vom 16.3.1989 das Beteiligungsrecht aus § 76 Abs. 2 Nr. 7 BPersVG
ausdrücklich nicht bestritten. Gegen das vom Antragsteller im Beschlußverfahren
geltend gemachte Mitbestimmungsrecht aus § 75 Abs. 3 Nr. 17 (Einführung und
Anwendung technischer Kontrolleinrichtungen) hat er allerdings Bedenken
erhoben.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muß die
Zustimmungsverweigerung des Personalrats in Mitbestimmungsangelegenheiten
bestimmten Mindestanforderungen genügen. In Personalangelegenheiten gemäß
§ 75 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 BPersVG muß das Vorbringen des Personalrats es
mindestens als möglich erscheinen lassen, daß einer der in § 77 Abs. 2 BPersVG
abschließend geregelten Verweigerungsgründe gegeben ist. Eine Begründung, die
offensichtlich auf keinen dieser Versagungsgründe gestützt ist, vermag nicht die
Verpflichtung der Dienststelle auszulösen, das Einigungsverfahren einzuleiten.
Sinngemäß das gleiche gilt für die Zustimmungsverweigerung in
Mitbestimmungsangelegenheiten, für die das Bundespersonalvertretungsgesetz
keine Verweigerungsgründe festlegt, wie dies hier zutrifft. Das Vorbringen des
Personalrats muß es in diesen Fällen ebenfalls mindestens als möglich erscheinen
lassen, daß ein Mitbestimmungstatbestand gegeben ist. Eine Begründung, die
offensichtlich außerhalb irgendeines Mitbestimmungstatbestandes liegt, ist
unbeachtlich. Damit wird der Personalrat gehindert, seine Zustimmung zwar in der
durch § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG gebotenen Form, jedoch ohne inhaltlichen
Bezug zu einem Mitbestimmungstatbestand zu verweigern. Dagegen ist es der
Dienststelle verwehrt, bezüglich der Gründe der Zustimmungsverweigerung eine
Schlüssigkeitsprüfung durchzuführen und die Gründe im einzelnen auf ihre
Richtigkeit zu untersuchen; denn sie ist nicht berechtigt, außerhalb des in §§ 69
Abs. 2 bis 4, 71 BPersVG geregelten Verfahrens letztverbindlich zu entscheiden
und damit ihre Auffassung dem personalvertretungsrechtlichen Partner
aufzudrängen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 4.4.1985 -- 6 P 37.82 --, Buchholz 238.3
A § 75 BPersVG Nr. 39 = ZBR 1985 S. 283; BVerwG, Beschluß vom 18.4.1986 -- 6
P 31.84 --, Buchholz 238.3 A § 69 BPersVG Nr. 8 = NVwZ 1987 S. 139 = ZBR 1986
S. 308 und BVerwG, Beschluß vom 10.8.1987 -- 6 P 22.84 --, BVerwGE 78, 65 =
Buchholz 251.0 § 69 BaWüPersVG Nr. 1 = Personalvertretung 1988 S. 357 = ZBR
1988 S. 258). Die mit dem Schreiben vom 19.11.1987 geltend gemachten Gründe
der Zustimmungsverweigerung liegen eindeutig und ohne weiteres erkennbar
außerhalb der oben bezeichneten Mitbestimmungstatbestände. Das gilt
insbesondere auch für § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG.
Die Mitbestimmungsrechte gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 16 sowie § 76 Abs. 2 Nr. 5 und 7
BPersVG sollen die Beschäftigten vor gesundheitlicher Gefährdung,
Überbeanspruchung, unnötiger oder unzumutbarer Belastung bewahren (vgl.
BVerwG, Beschluß vom 17.7.1987 -- 6 P 6.85 --, BVerwGE 78, 47 und Beschluß
vom 30.8.1985 -- 6 P 20.83 --, BVerwGE 72, 94). Der Schutzzweck des § 75 Abs. 3
Nr. 17 BPersVG ist darauf gerichtet, den von der Technisierung der Verhaltens-
und Leistungskontrolle -- insbesondere vom Einsatz der elektronischen
Datenvereinbarung -- ausgehenden Gefahren für die freie Entfaltung der
Persönlichkeit zu begegnen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 16.12.1987 -- 6 P 32.84 --
, Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 53). Die Zustimmungsverweigerung des
Antragstellers befaßt sich demgegenüber lediglich mit allgemeinen
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Antragstellers befaßt sich demgegenüber lediglich mit allgemeinen
datenschutzrechtlichen Erwägungen. Auf die einzelnen
Mitbestimmungstatbestände geht sie nicht ein. Es ist des weiteren nicht der
Zweck der hier in Rede stehenden Mitbestimmungstatbestände, den allgemeinen
Datenschutz zu gewährleisten. Das gilt vor allem für die Vorschrift des § 75 Abs. 3
Nr. 17 BPersVG. Der Schutz vor den Gefahren der modernen Datenverarbeitung
schlechthin ist nicht Inhalt des Mitbestimmungsrechts der Personalvertretung,
sondern Gegenstand des Individualarbeitsrechts, des Beamtenrechts und des
Datenschutzes. Der Umstand, daß der Persönlichkeitsschutz der Beschäftigten
noch nicht in ausreichendem oder wünschenswertem Umfang gewährleistet ist,
vermag für sich allein gesehen ein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung
ebenfalls nicht zu begründen. Diese Betrachtungsweise ist für die Mitbestimmung
nach dem Betriebsverfassungsgesetz seit langem anerkannt (vgl. BAG, Beschluß
vom 14.9.1984 -- 1 ABR 23/82 --, BAG 46, 367 (379)). Für das
Personalvertretungsrecht als Betriebsverfassungsrecht des öffentlichen Dienstes
kann nichts anderes gelten. Der Antragsteller kann sich ferner nicht auf den
Zustimmungsverweigerungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG berufen. Die
Vorschrift des § 77 Abs. 2 gilt ausdrücklich nur in den Fällen des § 75 Abs. 1 und
des § 76 Abs. 1, von denen hier keiner in Betracht kommt. Es ist daher
offensichtlich abwegig, gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 im Hinblick auf den allgemeinen
Datenschutz einzuwenden, die Maßnahme verstoße gegen ein Gesetz oder eine
Verwaltungsanordnung. Soweit der Antragsteller am Anfang seines Schreibens
darauf hinweist, bei allen anderen Ämtern der Deutschen Bundespost würden die
angeführten Übersichten und Statistiken manuell erstellt, greift die
Zustimmungsverweigerung ersichtlich in die organisatorische Gestaltungsfreiheit
des Dienstherrn ein und ist deshalb auch in diesem Punkt unbeachtlich.
Bei dieser Sach- und Rechtslage kann dahingestellt bleiben, ob das System
überhaupt verhaltens- oder leistungsbezogene Daten der Beschäftigten im Sinne
des § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG erfaßt (vgl. hierzu die Angaben des Beteiligten im
Schreiben an den Antragsteller vom 10.11.1987 nebst Anlagen und im Schriftsatz
vom 16.3.1989). Diese Frage bedarf nach den obigen Ausführungen keiner
Beantwortung, weil jedenfalls die Zustimmungsverweigerung offensichtlich
außerhalb irgendeines Mitbestimmungstatbestandes liegt. Ebensowenig braucht
untersucht zu werden, ob eine Zustimmungsverweigerung beachtlich ist, die sich
auf einen Mitbestimmungstatbestand bezieht (hier § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG),
der in dem Zustimmungsantrag nach § 69 Abs. 2 Satz 1 BPersVG nicht
ausdrücklich genannt ist.
Die Beschwerde des Antragstellers ist deshalb zurückzuweisen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.