Urteil des HessVGH vom 29.08.1997
VGH Kassel: gegen die guten sitten, rechtsgeschäft, behörde, auslandsvertretung, vollstreckung, treu und glauben, begründung des urteils, aufenthalt, erlass, öffentlichrechtlicher vertrag
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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
10. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 UE 2030/95
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 14 Abs 1 AuslG 1990, §
54 AuslG 1990, § 55 Abs 2
AuslG 1990, § 84 AuslG
1990, § 126 BGB
(Haftung für Lebensunterhalt eines Ausländers:
Rechtsnatur der Verpflichtungserklärung - Form - Inhalt -
Belehrungspflichten der Behörde zu den Auswirkungen der
Haftungserklärung)
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zur Erstattung von Leistungen
der Sozialhilfe durch den Beklagten, die dieser für eine fünfköpfige
Flüchtlingsfamilie aus Bosnien-Herzegowina aufgewendet hat.
Am 19. Februar 1993 unterschrieb die Klägerin eine "Verpflichtungserklärung" mit
folgendem Inhalt:
"Hiermit verpflichte ich mich, für alle Kosten, die der öffentlichen Hand im
Zusammenhang mit dem Aufenthalt von ...
(Name, Geburtstag und Geburtsort der aufzunehmenden Ausländer)
im Bundesgebiet anfallen für unbefristet ab Einreise gemäß § 84 AuslG
aufzukommen."
Die in dem ursprünglich vorgedruckten Text verwendeten Worte "die Dauer von
drei Monaten" sind durchgestrichen und durch das Wort "unbefristet" ersetzt.
Des weiteren hat die "Verpflichtungserklärung" folgenden Wortlaut:
"Mir ist bekannt, dass ich gem. § 84 AuslG verpflichtet bin, sämtlichen
öffentliche Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt meiner Gäste
einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und bei Pflegebedürftigkeit
aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einen gesetzlichen
Anspruch der genannten Person beruhen.
Aufwendungen, die auf Beitragsleistung beruhen, sind nicht zu erstatten.
Der Erstattungsanspruch steht jeder öffentlichen Stelle zu, die öffentliche
Mittel aufgewendet hat und ist nach Maßgabe des
Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar.
Die Ausländerbehörde unterrichtet auf Ersuchen oder, wenn sie Kenntnis von
den Aufwendungen zu erstattender öffentlicher Mittel erlangt ohne Ersuchen,
unverzüglich die öffentliche Stelle, der der Erstattungsanspruch zusteht über die
Verpflichtungserklärung und ist berechtigt, alle erforderlichen Auskünfte zu
erteilen. Hierzu ist sie gemäß § 84 Abs. 4 AuslG befugt. Die Daten dürfen vom
Empfänger nur zum Zwecke der Erstattung der für den Ausländer aufgewendeten
öffentlichen Mittel und der Versagung weiterer Leistungen verwendet werden."
Zu dieser "Verpflichtungserklärung" bei dem Landrat wurde von einem seiner
Bediensteten am selben Tag folgender handschriftlicher Vermerk angefertigt.
"Die in der Sache zu verpflichtende Frau ist Ehefrau eines Zahnarztes. Sie war
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"Die in der Sache zu verpflichtende Frau ist Ehefrau eines Zahnarztes. Sie war
ursprünglich - wie sie sagte aufgrund einer Beratung durch einen Hilfeverein und
durch einen Kölner Rechtsanwalt - nur bereit, die vorstehende Verpflichtung für 3
Monate einzugehen. Da im Fall von Frau von uneingeschränkter Solvenz und der
Fähigkeit, die Verpflichtung nach § 84 AuslG für unbefristet einzugehen
auszugehen war, habe ich sie nach Rücksprache mit Herrn RD mit der Alternative
konfrontiert, entweder eine unbefristete Kostenübernahmeverpflichtung
einzugehen oder keine Vorabzustimmung zur Visumerteilung für die
Einreisebewerber zu erhalten. Daraufhin hat Frau erklärt, sie sei - um die Einreise
der Familie zu ermöglichen - nun doch bereit, die Kostenübernahmeerklärung
unbefristet einzugehen.
Daraufhin habe ich den Erklärungstext handschriftlich entsprechend geändert."
Nachdem der Landrat Ausländerbehörde - entsprechende (Vorab-)
Zustimmungen erteilt hatte, erhielt die Familie P. von der Auslandsvertretung der
Bundesrepublik Deutschland am 25. Februar 1993 jeweils bis zum 24. Mai 1993
befristete Aufenthaltsgenehmigungen in der Form von Sichtvermerken (Visa). Die
Flüchtlingsfamilie P. reiste am 1. März 1993 in das Bundesgebiet ein und erhielt
nach Ablauf der erteilten Visa zunächst bis zum 30. September 1995 befristete
Duldungen. Für die Zeit vom 22. September 1995 bis zum 30. Juni 1997 wurden
den Mitgliedern der Familie P. Aufenthaltsbefugnisse und anschließend bis zum 31.
August 1997 wiederum Duldungen erteilt.
Nachdem die Familie P. zunächst im Haus der Klägerin Aufnahme gefunden hatte,
mietete sie ab dem 1. August 1993 eine eigene Wohnung in ........ an. Auf einen
entsprechenden Antrag vom 4. Oktober 1993 erhielt die Familie P. am 5. Oktober
1993 eine Abschlagszahlung in Höhe von 300, -- DM als Hilfe zum Lebensunterhalt
und als Krankenhilfe vom Sozialamt des Beklagten. Mit Bescheid vom 18. Oktober
1993 forderte der Beklagte diesen Betrag von der Klägerin zurück. Zur
Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, gemäß der von der Klägerin am
19. Februar 1993 abgegebenen Erklärung sei sie in Anwendung des § 84 des
Ausländergesetzes (AuslG) verpflichtet, die von der Familie P. in Anspruch
genommenen öffentlichen Mittel zu erstatten. Die Klägerin wurde aufgefordert,
einen Betrag von 300, -- DM auf ein näher bezeichnetes Konto bis zum 30.
November 1993 zu überweisen.
Der gegen diesen Bescheid von der Klägerin am 10. November 1993 erhobene
Widerspruch wurde vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 1994 als
unbegründet zurückgewiesen.
Am 9. August 1994 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Kassel Klage erhoben
und zur Begründung vorgetragen, die dem Erstattungsanspruch des Beklagten
zugrundegelegte "Verpflichtungserklärung" vom 19. Februar 1993 sei ihrer
Auffassung nach nichtig. Die "Verpflichtungserklärung" sei als ein einseitig
verpflichtender Vertrag öffentlich-rechtlicher Natur anzusehen, auf den die
Vorschriften der §§ 54ff des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) Anwendung
fänden. Nach § 59 Abs. 2 i.V.m. § 44 Abs. 2 Satz 1 VwVfG sei die von der Klägerin
unterzeichnete "Verpflichtungserklärung" nichtig, weil diese Erklärung nicht die
vertragsschließende Behörde erkennen lasse; auch sei die Behörde nicht durch
eine Auslegung der Erklärung zu ermitteln. Ein weiterer Nichtigkeitsgrund ergäbe
sich aus § 138 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), da die für unbeschränkte
Zeit begründete Verpflichtung zur Kostenerstattung eine unverhältnismäßige
Belastung der Klägerin darstelle. Darüber hinaus sei § 84 AuslG als
Verfahrensvorschrift zu § 14 AuslG zu verstehen mit der Folge, dass die Pflicht zur
Erstattung der Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers nur für die
vorgesehene Dauer der Aufenthaltsgenehmigung bestehe. Aus diesem Grund
müsse die "Verpflichtungserklärung" einen bestimmten Zeitraum festlegen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 18. Oktober 1993 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 1994 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die "Verpflichtungserklärung" sei nicht gemäß § 59
Abs. 2 i.V.m. § 44 Abs. 2 Satz 1 VwVfG nichtig, weil der Klägerin aus den
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Abs. 2 i.V.m. § 44 Abs. 2 Satz 1 VwVfG nichtig, weil der Klägerin aus den
Gesamtumständen des Zustandekommens der Verpflichtungserklärung eindeutig
bekannt gewesen sei, wer der Erklärungsempfänger sein sollte. Die Klägerin habe
die schriftliche Erklärung bei der Ausländerbehörde im Beisein eines
Behördenmitarbeiters abgegeben. Damit sei ihr bekanntgewesen, gegenüber wem
sie sich verpflichtet habe. Im übrigen genüge es, um die Anwendung des § 44 Abs.
2 Satz 1 VwVfG auszuschließen, dass die Behörde aus dem Text des Vertrages
gegebenenfalls im Wege der Auslegung zweifelsfrei festgestellt werden könne. Aus
dem Text der "Verpflichtungserklärung" vom 19. Februar 1993 ergebe sich aber,
dass Empfänger der Erklärung die Ausländerbehörde sein sollte. Entgegen der
Auffassung der Klägerin verstoße die "Verpflichtungserklärung" auch nicht gegen
das Übermaßverbot. Die Klägerin sei vor der Abgabe ihrer Erklärung auf deren
Besonderheit hingewiesen worden. Aufgrund der Tatsache, dass auf seiten der
Klägerin Solvenz bestanden habe, sei die Erklärung im beiderseitigen
Einvernehmen unbefristet abgegeben worden. Im übrigen sei der Klägerin die
Tatsache der Bürgerkriegssituation in Bosnien-Herzegowina bekanntgewesen, so
dass sie habe einkalkulieren können, dass eine Rückkehr der Familie P. für
unbestimmte Zeit nicht möglich sein würde. Auch scheide eine Beschränkung der
Kostentragungspflicht auf 3 Monate deshalb aus, weil § 84 AuslG eine
eigenständige Anspruchsgrundlage sei. Diese Vorschrift sehe aber keine zeitliche
Begrenzung der Erstattungspflicht auf 3 Monate vor.
Mit Urteil vom 5. April 1995 hat das Verwaltungsgericht die Klage unter Zulassung
der Berufung abgewiesen und zur Begründung des Urteils ausgeführt, die
Heranziehung zur Erstattung von Sozialhilfeaufwendungen in Höhe von 300, -- DM
sei rechtmäßig, da sich die Klägerin mit der "Verpflichtungserklärung" vom 19.
Februar 1993 verpflichtet habe, diese Aufwendungen zu erstatten. Diese Erklärung
sei als einseitig verpflichtender öffentlichrechtlicher Vertrag formell und materiell
wirksam. Die gemäß § 57 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes
(HVwVfG) i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 1 AuslG erforderliche Schriftform sei gewahrt, da
die Klägerin ihrerseits die Erklärung unterschrieben habe und die Tatsache, dass
Vertragspartner der Klägerin das Land Hessen, vertreten durch die
Ausländerbehörde sein sollte, zwischen den Beteiligten unstreitig gewesen sei.
Diese Tatsache ergebe sich auch aus den Umständen der Vertragsunterzeichnung
bei der Ausländerbehörde und der Unterschrift des zuständigen Sachbearbeiters.
Der Vertrag sei auch nicht gemäß § 59 Abs. 1 HVwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig,
denn die "Verpflichtungserklärung" vom 19. Februar 1993 verstoße nicht gegen ein
gesetzliches Verbot. Weder § 14 AuslG noch der Regelungszusammenhang des
Ausländergesetzes enthielten ein gesetzliches Verbot dahingehend, dass eine
vertraglich eingegangene Verpflichtung, für die in § 84 Abs. 1 AuslG aufgeführten
Kosten unbefristet einzustehen, unwirksam sei. § 14 Abs. 1 Satz 2 AuslG erfasse
nicht den Fall, dass die Ausländerbehörde vor Erteilung einer
Aufenthaltsgenehmigung mit einem Dritten einen Kostenübernahmevertrag
schließe. Die Wirksamkeit eines derartigen Vertrages bleibe daher von § 14 Abs. 1
Satz 2 AuslG völlig unberührt. Ebensowenig verstoße die "Verpflichtungserklärung"
vom 19. Februar 1993 gegen die guten Sitten (§ 59 Abs. 1 HVwVfG i.V.m. § 138
BGB). Das von der Klägerin mit dem Land Hessen geschlossene Rechtsgeschäft
verstoße nämlich nicht gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht
Denkenden. Es begründe zwar eine Einstandspflicht der Klägerin für
möglicherweise immense Kosten, die durch den Aufenthalt der Familie P. in der
Bundesrepublik entstehen könnten und durch die vertragliche Regelung nicht
ausgeklammert seien. Die Klägerin sei diese vertragliche Verpflichtung aber in
Kenntnis dieses Kostenrisikos eingegangen ohne sich in einer Zwangslage zu
befinden, denn sie habe die Familie P. bei Abschluss des Geschäfts überhaupt
nicht gekannt und es hätten auch keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen
zwischen der Klägerin und dieser Flüchtlingsfamilie bestanden. Es entspreche
somit gerade dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, dieses
Rechtsgeschäft als wirksam anzusehen. Würde man im Gegenteil dieses
Rechtsgeschäft als sittenwidrig und damit als nichtig betrachten, würden die
vertraglich vereinbarten Pflichten der Klägerin ex tunc wegfallen und die Klägerin
könnte ohne eigene Verpflichtung die durch den Aufenthalt der Familie P.
entstehenden Kosten auf die Allgemeinheit abwälzen.
Gegen dieses ihr am 16. Mai 1995 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. Juni
1995 Berufung eingelegt. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, die
"Verpflichtungserklärung" vom 19. Februar 1993 sei unter Missachtung des
Schriftformerfordernisses zustande gekommen. Aus der Vertragsurkunde lasse
sich nicht entnehmen, wer der Erklärungsempfänger sei. Dass die
"Verpflichtungserklärung" bei der Ausländerbehörde unterzeichnet wurde, ergebe
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"Verpflichtungserklärung" bei der Ausländerbehörde unterzeichnet wurde, ergebe
sich nicht aus der Urkunde selbst. Aus der Unterschrift des zuständigen
Sachbearbeiters lasse sich nicht erkennen, dass dieser in der Ausländerbehörde
tätig gewesen sei; der Unterschrift sei keine Dienstbezeichnung oder ähnliches
beigefügt. Auch die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung zur Frage der
Nichtigkeit der "Verpflichtungserklärung" gemäß § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134
BGB sei nicht nachvollziehbar. Gerade aus den Umständen dieses Einzelfalles
ergebe sich, dass die "Verpflichtungserklärung" in einer engen Verbindung zu der
Erteilung einer (Vorab-) Zustimmung bzw. zur Erteilung der beantragten Visa für
die Familie P. gesehen werden müsse. Die von der Ausländerbehörde geforderte
unbefristete Erklärung zur Übernahme der Lebenshaltungskosten sei eine
inhaltliche Bedingung für die Erteilung der ausländerrechtlichen Vorabzustimmung
gewesen. Aus diesem Grunde sei § 84 AuslG auch in einem Sachzusammenhang
mit § 14 AuslG zu sehen. Die in § 14 Abs. 1 Satz 2 AuslG enthaltene zeitliche
Beschränkung für einen Nachweis, den Unterhalt eines Ausländers ganz oder
teilweise zu tragen, müsse dann aber auch im Rahmen von § 84 AuslG Anwendung
finden.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Kassel vom 5. April
1995 (4 E 3597/94 (3)) den Bescheid des Beklagten vom 18. Oktober 1993 in der
Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 1994 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und nimmt zur Begründung auf den Inhalt des angefochtenen Bescheids und des
Widerspruchsbescheids sowie auf seinen erstinstanzlichen Vortrag Bezug.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug
genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, den Inhalt der vom Beklagten
vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Sozialamtes (1 Heft), den Inhalt der
ausländerrechtlichen Akte des Landrates (1 Heft) sowie auf den Erlass des
Hessischen Ministeriums des Innern und für Landwirtschaft, Forsten und
Naturschutz vom 28. Juni 1995 (- II A 4 - 23 d -), die sämtlich Gegenstand der
mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die gemäß Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 des Sechsten Gesetzes zur Änderung der
Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze (6. VwGOÄndG) i.V.m. § 131
Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 19.
März 1991 (zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. November 1994 -VwGO a.F. -)
zulassungsbedürftige Berufung ist zulässig, da das Rechtsmittel in dem
angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts wegen der grundsätzlichen
Bedeutung der Rechtssache ausdrücklich zugelassen worden ist (§ 131 Abs. 3 Nr.
1 VwGO a.F.). Die Berufung ist auch begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 14. Oktober 1993 sowie der diesbezügliche
Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 1994 sind rechtswidrig und verletzen die
Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung -
VwGO -).
Zutreffend gehen sowohl der Beklagte als auch das Verwaltungsgericht davon aus,
dass Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Erstattungsbescheids vom 14.
Oktober 1993 § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG ist. Danach hat derjenige, der sich der
Ausländerbehörde oder der Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die
Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentlichen
Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der
Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei
Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem
gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen.
Bereits durch die vom Gesetzgeber in § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG gewählte
Formulierung ".... hat sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, ..." wird deutlich,
dass ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch derjenigen Behörde, die die
öffentlichen Mittel aufgewendet hat (§ 84 Abs. 2 Satz 3 AuslG) durch die
gesetzliche Vorschrift selbst begründet und nicht nur der Umfang der
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gesetzliche Vorschrift selbst begründet und nicht nur der Umfang der
Erstattungspflicht bestimmt wird (vgl. BT-Drucks. 11/6321, 84;
Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht, Stand: März 1995, Rdnr. 1 zu §
84; Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Stand: März 1997, Rdnr. 1 zu § 84
AuslG; Brunner: Die sozialhilferechtliche Kostendeckung für Ausländer bei
kurzfristigen Aufenthalten und Bürgschaftserklärungen, ZAR 1991, 23 (26); VGH
Baden-Württemberg, Urteil vom 26. März 1997 - 1 S 1143/96 -, EZAR 018 Nr. 1 =
DVBl. 1997, 917 = VBlBW 1997, 352 = ZAR 1997, 143 (LS); VG Frankfurt am Main,
Urteil vom 27. Mai 1997 - 6 E 2716/96 (V) -; wohl auch: VG Regensburg, Urteil vom
14. März 1995 - RO 4 K 94.1410 -, InfAuslR 1995, 236; VG München, Urteil vom 1.
September 1994 - M 15 K 93.2734 -, InfAuslR 1994, 402 = NVwZ-RR 1995, 608;
aA: VG Würzburg, Urteil vom 8. März 1996 - W 7 K 95.1202 -, InfAuslR 1996, 211;
VG München, Urteil vom 14. Februar 1996 - M 6 K 95.4573 -, InfAuslR 1996, 213;
wohl auch: VG Hannover, Beschluss vom 24. November 1994 - 3 A 124/94 -,
InfAuslR 1995, 66 und 110).
Außer aus Wortlaut und amtlicher Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks.
11/6321, 84) folgt auch aus der Systematik des Gesetzes, dass § 84 Abs. 1 Satz 1
AuslG unmittelbar die rechtliche Grundlage für die Geltendmachung eines
Erstattungsanspruchs der berechtigten öffentlichen Stelle ist und nicht etwa die
darin erwähnte Verpflichtung eines Dritten, die Kosten des Lebensunterhalts für
einen Ausländer zu tragen. Zwar wird in dieser Vorschrift anders als etwa in § 83
Abs. 4 Satz 1 AuslG für die Geltendmachung von Abschiebungs-,
Zurückschiebungs- und Zurückweisungskosten nicht ausdrücklich bestimmt, dass
die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers durch Leistungsbescheid zu
erheben sind, eine solche ausdrückliche Bestimmung ist für den
Erstattungsanspruch aus § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG aber auch nicht erforderlich. §
84 Abs. 2 Satz 1 AuslG bestimmt, dass eine Vollstreckung "der Verpflichtung" nach
Maßgabe des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes (VwVG) erfolgt. Die Einleitung
einer Vollstreckung nach den Vorschriften dieses Gesetzes setzt indes regelmäßig
voraus, dass ein Leistungsbescheid vorliegt, durch den der Schuldner zur Leistung
aufgefordert worden ist (§ 3 Abs. 2 lit. a VwVG). Die Berechtigung zum Erlass eines
derartigen Leistungsbescheids kann allerdings dabei aus dem Verwaltungs-
Vollstreckungsgesetz selbst nicht hergeleitet werden, sondern ergibt sich allein
aus dem materiellen Verwaltungsrecht sowie aus dem für die zu vollstreckende
Geldleistung maßgeblichen Verfahrensrecht (BVerwG, Urteil vom 28. Juni 1968 - VII
C 118.66 -, JZ 1969, 69 (70) = DÖV 1969, 394 = DVBl. 1969, 665 = NJW 1969, 809
= MDR 1968, 1034 = VerwRspr 20, 212).
Es sind jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit
der in § 84 Abs. 2 AuslG verwendeten Formulierung auf die
Vollstreckungsvoraussetzung eines Leistungsbescheids gemäß § 3 Abs. 2 lit. a
VwVfG verzichtet hat und etwa - was der bloße Wortlaut nahelegen könnte - die
"Verpflichtung" selbst als vollstreckbaren Titel im Sinne des Verwaltungs-
Vollstreckungsgesetzes hat konstituieren wollen, zumal ein solcher "Titel" jegliche
Konkretisierung der Forderungshöhe vermissen ließe, die für eine Vollstreckung
jedoch unabdingbar ist. Für die Annahme einer so weitgehenden Abweichung von
den strikten formellen Regelungen des Vollstreckungsrechts ergeben sich
eindeutig begründete Hinweise auch weder aus dem Wortlaut oder aus Sinn und
Zweck der Vorschrift noch aus der amtlichen Begründung des Gesetzentwurfs.
Erst durch einen Leistungs- bzw. Erstattungsbescheid wird der zu vollstreckende
Anspruch eindeutig nach Art und Höhe konkretisiert und hinreichend bestimmt
und nur so eine für die Einleitung der Vollstreckung unverzichtbare Voraussetzung
erfüllt. Dass dies im Falle von § 84 AuslG, bei dem im Zeitpunkt der Abgabe einer
entsprechenden Verpflichtungserklärung gegenüber der Ausländerbehörde bzw.
gegenüber einer Auslandsvertretung weder die Art der zu erstattenden
öffentlichen Mittel, noch der zu erstattende Betrag noch die
erstattungsberechtigte(n) Behörde(n) feststehen, durch Erlass eines
Verwaltungsaktes geschieht, steht im Übrigen einer vom Gesetzgeber
beabsichtigten Vereinfachung der Vollstreckung (siehe hierzu: Brunner, a. a. O., S.
26 Fn. 18; VGH München, Beschluss vom 23. Februar 1994 - 12 CE 49.101 -,
NVwZ-RR 1994, 450) nicht entgegen. Wie sich aus § 3 Abs. 2 lit. c VwVG ergibt,
muss der grundsätzlich mit Widerspruch und Anfechtungsklage angreifbare
Leistungsbescheid nach lit. a) derselben Vorschrift nämlich - anders als nach den
landesrechtlichen Vollstreckungsvorschriften gemäß § 18 Abs. 1 i. V. m. § 2 Nr. 1
des Hessischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (HessVwVG) - nicht
unanfechtbar sein (Engelhardt/App, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz,
Verwaltungszustellungsgesetz, Kommentar, 4. Aufl. 1996, Anm. 1 a und 1 c zu § 3
VwVG; Sadler, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, Kommentar anhand der
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VwVG; Sadler, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, Kommentar anhand der
Rechtsprechung, 3. Aufl. 1996, Rdnr. 7 zu § 3).
Auch kann weder aus der Formulierung des Gesetzes, die mit der Verwendung des
Wortes "Sie" in § 84 Abs. 2 Satz 1 AuslG offensichtlich an die zuvor in Satz 1
erwähnte Verpflichtung anknüpft, noch aus Sinn und Zweck der Neuregelung nach
Auffassung des erkennenden Senats zwingend abgeleitet werden, die
Verpflichtung zur Übernahme der Lebenshaltungskosten als solche und nicht die
gesetzliche Regelung in § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG sei als die eigentliche
Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch der jeweils berechtigten
öffentlichen Stelle anzusehen. Ansprüche, deren Grundlage ausschließlich ein
öffentlich-rechtliches Rechtsgeschäft ist, können nämlich grundsätzlich nur im
Wege der gerichtlichen Entscheidung durchgesetzt werden (BVerwG, Urteil vom
13. Februar 1976 - IV C 44.74 -, BVerwGE 50, 171 (174 f.) = DÖV 1976 353 (355) =
MDR 1976, 694 (695) = FamRZ 1977, 709 = BRS 37 Nr. 11 = Buchholz 11 Art. 20
GG Nr. 38). Mit einer solchen Annahme würde aber gerade das Ziel der Regelung
in § 84 AuslG, die Regressmöglichkeit den Bedürfnissen der Verwaltungspraxis
anzupassen (so: BT-Drucks. 11/6321 S. 84), nicht erreicht. Ein schneller und
unmittelbarer Durchgriff der erstattungsberechtigten öffentlichen Stelle ohne
vorherige gerichtliche Entscheidung wäre bei einer Vollstreckung aus einem
öffentlich-rechtlichen Rechtsgeschäft nach den Vorschriften des Verwaltungs-
Vollstreckungsgesetzes nur dann möglich, wenn sich der jeweilige Schuldner
gemäß § 61 VwVfG (bzw. gemäß § 61 HVwVfG) der sofortigen Vollstreckung
unterworfen hat und dies auch nur dann, wenn und soweit es sich im Einzelfall um
ein sogenanntes subordinationsrechtliches Rechtsgeschäft im Sinne von § 54 Satz
2 VwVfG (bzw. § 54 Satz 2 HVwVfG) handelt (Engelhardt/ App, a. a. O., Anm. II 1 zu
§ 1 VwVG; Sadler, a. a. O., Rdnr. 21 zu § 3). Eine Unterwerfung unter die sofortige
Vollstreckung wird aber weder in § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG ausdrücklich erwähnt
noch in der Praxis von den Ausländerbehörden und den Auslandsvertretungen in
der Regel verlangt. Für die Annahme, dass der Gesetzgeber entgegen den
hergebrachten Grundsätzen des Verwaltungsvollstreckungsrechts im Fall des § 84
AuslG die Vollstreckung aus der Verpflichtung zur Übernahme des
Lebensunterhalts als solcher auch ohne Unterwerfung des sich Verpflichtenden
unter die sofortige Vollstreckung nach den Vorschriften des Verwaltungs-
Vollstreckungsgesetzes zulassen wollte (so offensichtlich: VG Würzburg, Urteil vom
8. März 1996 - W 7 K 95.1202 -, a. a. O.), sind ausreichende Hinweise nicht
vorhanden. Allein aus der an die rechtsgeschäftliche Verpflichtung anknüpfenden
Formulierung der die Vollstreckung betreffenden Regelung in § 84 Abs. 2 Satz 2
AuslG lässt sich jedenfalls auf einen derartigen Willen des Gesetzgebers nicht
schließen. Wäre es tatsächlich gesetzgeberische Absicht gewesen, die
Vollstreckung aus der in § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG erwähnten Verpflichtung
abweichend von den allgemeinen Grundsätzen der Verwaltungsvollstreckung nach
den Vorschriften des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes zu regeln, hätte diese
einschneidende Systemänderung im Gesetzeswortlaut jedenfalls eindeutig zum
Ausdruck gebracht, zumindest aber in der amtlichen Begründung des Gesetzes
bzw. in den sonstigen Materialien des Gesetzgebungsverfahrens erwähnt werden
müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen.
Der somit allein auf der gesetzlichen Grundlage des § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG
beruhende Bescheid des Beklagten vom 14. Oktober 1993 sowie der
Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 1994 sind jedoch rechtswidrig. Ein Erstattungs-
bzw. Leistungsbescheid nach § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG setzt nämlich eine
wirksame Verpflichtung zur Übernahme des Lebensunterhalts für einen Ausländer
voraus, an der es hier fehlt.
Bei der Verpflichtung gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG handelt es sich um ein
Rechtsgeschäft öffentlich-rechtlicher Natur. Als öffentlich-rechtlich sind alle
diejenigen Rechtsgeschäfte anzusehen, die sich auf einen nach den maßgeblichen
Vorschriften und Grundsätzen öffentlich-rechtlichen Sachverhalt beziehen, d. h.
insbesondere solche Rechtsgeschäfte, die auf eine Ausgestaltung oder Änderung
öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen und Berechtigungen abzielen. Dies trifft aber
nicht nur auf solche Rechtsgeschäfte zu, die Rechte und Pflichten aus Über- und
Unterordnungsverhältnissen durch rechtsgeschäftliche Willenserklärungen
ersetzen, ändern, ergänzen oder näher bestimmen, sondern auch auf solche, die
inhaltlich so eng mit öffentlich-rechtlichen Berechtigungen und Verpflichtungen
zusammenhängen, dass sie unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs
demselben Rechtsgebiet zuzurechnen sind (vgl.: Kopp,
Verwaltungsverfahrensgesetz, 6. Aufl. 1996, Rdnr. 7 zu § 54).
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Dies ist bei der Verpflichtung gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG gegenüber der
Ausländerbehörde bzw. gegenüber einer Auslandsvertretung der Fall. Die
Vorschrift ist nämlich in einem engen Zusammenhang mit § 14 Abs. 1 Satz 2
AuslG zu sehen, denn sie dient ausschließlich dazu, den Regelversagungsgrund
der Sozialhilfebedürftigkeit einschließlich des Krankheitsrisikos gemäß § 7 Abs. 2
Nr. 1 und Nr. 2 i. V. m. § 46 Nr. 6 AuslG sowie das Pflegefallrisiko für die Einreise
und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu beseitigen und so überhaupt erst einem
(einreisewilligen) Ausländer die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung,
insbesondere in der Form eines Sichtvermerks (Visum) nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 3 Satz 1 AuslG zu ermöglichen. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 AuslG kann die
Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung sogar von dem Nachweis abhängig
gemacht werden, dass ein Dritter u. a. den Unterhalt eines Ausländers für einen
bestimmten Zeitraum ganz oder teilweise zu tragen bereit ist. Mit der
Verpflichtung eines Dritten gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG, den Lebensunterhalt
für einen Ausländer zu tragen, wird ein solcher Nachweis im Sinne von § 14 Abs. 1
Satz 2 AuslG erbracht, so dass die beiden gesetzlichen Vorschriften in einem
(untrennbaren) rechtlichen Zusammenhang stehen (so auch: VGH Baden-
Württemberg, Urteil vom 26. März 1997 - 1 S 1143/96 -, a. a. O.; VG Hannover,
Beschluss vom 24. November 1994 - 3 A 124/94 -, a. a. O.; VG München, Urteil
vom 1. September 1994 - M 15 K 93.2737 -, a. a. O.; Urteil vom 14. Februar 1996 -
M 6 K 95.4573 -, a. a. O.; VG Würzburg, Urteil vom 8. März 1996 - W 7 K 95.1202 -,
a. a. O.; LG Hagen, Urteil vom 14. Februar 1991 - 10 S 533/90 -, InfAuslR 1991,
160; Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl. 1993, Rdnr. 7 zu § 14 AuslG;
Kloesel/Christ/Häußer, a. a. O., Rdnr. 13 zu § 14; Hailbronner, a. a. O., Rdnr. 11 zu §
14 AuslG und Rdnr. 5 ff. zu § 84 AuslG; Rittstieg: Die Gesetzgebung läuft dem
Recht davon: Die Rechtslage der Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien,
InfAuslR 1994, 279 (285)).
Die Verpflichtung zur Übernahme des Lebensunterhalts für einen Ausländer
gegenüber der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gemäß § 84 Abs.
1 Satz 1 AuslG ist jedoch kein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne von § 54
VwVfG bzw. § 54 HVwVfG (so jedoch: OLG Düsseldorf, Urteil vom 9. Juli 1992 - 10 U
2/92 -, NVwZ 1993, 405; VG München, Urteil vom 1. September 1994 - M 15 K
93.2739 -, a. a. O.; Urteil vom 14. Februar 1996 - M 6 K 95.4573 -, a. a. O.; VG
Regensburg, Urteil vom 13. März 1995 - RO 4 K 94.1415 -, a. a. O.; VG
Sigmaringen, Urteil vom 12. April 1995 - 3 K 486/94 -, InfAuslR 1996, 70 = AuAS
1995, 211; insoweit offen gelassen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. März
1997 - 1 S 1143/96 -, a. a. O.; VG Hannover, Beschluss vom 24. November 1994 -
3 A 124/94 -, a. a. O.; VG Frankfurt am Main, Urteil vom 27. Mai 1997 - 6 E 2716/96
(V) -).
Bei einer solchen Verpflichtung handelt es sich vielmehr um ein öffentlich-
rechtliches Rechtsgeschäft, das durch eine einseitige, empfangsbedürftige
Willenserklärung zur Übernahme der Lebenshaltungskosten für einen Ausländer
sowie durch die Wirksamkeitsvoraussetzung der Schriftform gemäß § 84 Abs. 2
Satz 1 AuslG einen Tatbestand schafft, der den mit der Willenserklärung
bezweckten Erfolg, die Beseitigung eines Regelversagungsgrundes für die Erteilung
einer Aufenthaltsgenehmigung, herbeiführt, ohne dass dadurch die Verpflichtung
der Ausländerbehörde oder der Auslandsvertretung entsteht, die
Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen. Die aufgrund dieses Rechtsgeschäfts
eintretende Rechtsfolge der Erstattungspflicht gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG ist
dabei weder Gegenstand des Rechtsgeschäfts noch vom Willen des Erklärenden
unmittelbar umfasst, sondern folgt aus dem Gesetz. Da derartige öffentlich-
rechtliche Rechtsgeschäfte von den Vorschriften der
Verwaltungsverfahrensgesetze, insbesondere von §§ 54 ff. VwVfG und §§ 54 ff.
HVwVfG, nicht erfasst werden, ist die Verpflichtung nach § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG
als einseitiges öffentlich-rechtliches Rechtsgeschäft sui generis zu betrachten (vgl.
auch: Reich/Schmitz: Zur Inhaltskontrolle der Verpflichtungserklärung nach § 84
AuslG durch Anwendung der Rechtsprechung zur zivilrechtlichen
Bürgschaftserklärung, JZ 1995, 1102).
Für das in § 84 Abs. 2 Satz 1 AuslG normierte Schriftformerfordernis hat dies zur
Folge, das diese Regelung im Hinblick auf das in § 57 VwVfG bzw. § 57 HVwVfG für
öffentlich-rechtliche Verträge bereits allgemein geregelte Schriftformerfordernis
nicht nur nicht überflüssig ist (siehe hierzu: Reich/Schmitz, a. a. O.), sondern dass
diese Wirksamkeitsvoraussetzung in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 1
des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bereits dann erfüllt ist, wenn die
Verpflichtungsurkunde nur durch den sich verpflichtenden Bürger unterzeichnet ist
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Verpflichtungsurkunde nur durch den sich verpflichtenden Bürger unterzeichnet ist
(siehe auch: VG Frankfurt am Main, Urteil vom 27. Mai 1997 - 6 A 2716/96 (V) -);
die Unterzeichnung durch einen hierzu befugten Behördenvertreter ist deshalb
nicht erforderlich. Die hier von der Klägerin erklärte Verpflichtung vom 19. Februar
1993 ist somit nicht wegen Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis aus § 84
Abs. 2 Satz 1 AuslG nichtig.
Dabei geht der Senat davon aus, dass es sich bei der Verpflichtung der Klägerin
um eine solche im Sinne von § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG handelt. Soweit sich die
Klägerin darin verpflichtet, "... für alle Kosten, die der öffentlichen Hand im
Zusammenhang mit dem Aufenthalt von ... im Bundesgebiet anfallen, ... gemäß §
84 AuslG aufzukommen", ist dieser möglicherweise zu Zweifeln Anlass bietende
Wortlaut, ob damit überhaupt eine primäre Leistungsverpflichtung zur Übernahme
der Lebenshaltungskosten - wie in § 84 Abs. 1 AuslG vorausgesetzt - oder
(tatsächlich) nur eine originäre Erstattungspflicht begründet werden sollte, in
Anbetracht der Umstände des Zustandekommens der Erklärung allerdings dahin
auszulegen, dass es dem wirklichen Willen der Klägerin entsprach, eine
Leistungsverpflichtung im Sinne von § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG auch tatsächlich zu
begründen. Dies folgt aus der auch im öffentlichen Recht entsprechend
anzuwendenden Regel des § 133 BGB. Danach ist bei der Auslegung der wirkliche
Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht an buchstäblichen Sinn des
Ausdrucks zu haften. Auslegungsgegenstand entsprechend § 133 BGB ist stets
der Gesamtinhalt der Erklärung. Dabei muss sich die Auslegung nicht nur mit der
geäußerten Erklärung selbst befassen, sondern hat das gesamte Verhalten des
Erklärenden einschließlich aller dem Erklärungsempfänger erkennbar gewordenen
Begleit- und Nebenumstände zu berücksichtigen (Hess. VGH, Urteil vom 27.
Februar 1985 - 1 OE 50/81 -, NVwZ 1985, 498; Beschluss vom 15. April 1997 - 10
TZ 1260/97 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. März 1989 - 17 A 1129/85 -
, NVwZ 1990, 676, m. w. N.).
In Anwendung dieser Grundsätze ist die Verpflichtungserklärung der Klägerin vom
19. Februar 1993 ungeachtet des Wortlauts ihres ersten Satzes als primäre
Leistungsverpflichtung gemäß § 84 AuslG anzusehen. Dies ergibt sich einerseits
sowohl aus der mehrfachen Erwähnung dieser Vorschrift und der teilweisen
Wiedergabe des Gesetzeswortlauts im Text der Erklärung als auch aus dem Willen
der Klägerin, wie er letztlich auch nachträglich durch den Inhalt ihres
Widerspruchsschreibens vom 9. November 1993 deutlich wird. Andererseits folgt
auch aus dem der Verpflichtungserklärung angefügten handschriftlichen Vermerk
des Behördenbediensteten, dass die Ausländerbehörde ebenfalls davon ausging,
es werde hier eine Verpflichtung im Sinne von § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG
eingegangen.
Die Verpflichtung der Klägerin vom 19. Februar 1993 ist somit nicht wegen
Verstoßes gegen das Schriftformerfordernis gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 AuslG
nichtig, weil eine Unterzeichnung der Urkunde durch die Ausländerbehörde nach
alledem nicht erforderlich war.
Der geltend gemachte Erstattungsanspruch des Beklagten besteht jedoch deshalb
nicht, weil die Verpflichtungserklärung der Klägerin unter Verstoß gegen
rechtsstaatliche Prinzipien zustande gekommen ist.
Öffentlich-rechtliche Rechtsgeschäfte unterliegen sowohl in der Zulässigkeit ihres
Abschlusses als auch in der Zulässigkeit ihres Inhalts der Bindung an "Recht und
Gesetz" (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes - GG -). An diesem Grundsatz hat sich
die Beurteilung öffentlich-rechtlicher Rechtsgeschäfte zu orientieren: Ihre
Zulässigkeit und Wirksamkeit enden an dem durch "Gesetz und Recht" gezogenen
Grenzen, d.h. dort, wo Recht und Gesetz entgegenstehen, bleibt für den Abschluss
öffentlich-rechtlicher Rechtsgeschäfte kein Raum. Stärker als privatrechtliche sind
öffentlich-rechtliche Rechtsgeschäfte nämlich anfällig dafür, dass ein dem
Verhältnis zwischen Erklärendem und Erklärungsempfänger vorgegebenes
Machtgefälle ausgenutzt wird, so dass von einer echten Freiheit der
Willensentscheidung der Beteiligten nicht mehr gesprochen werden kann. Keine
rechtliche Wirksamkeit kann daher solchen Rechtsgeschäften beigemessen
werden, die unter Ausnutzung der Überlegenheit des einen über den anderen
Beteiligten zustande gekommen sind. Demgemäß sind etwa öffentlich-rechtliche
Verträge auch nicht vom Verbot des Übermaßes freigestellt und als Folge dessen
darf zum Beispiel die Übernahme von Kosten nicht zu einer unzumutbaren
Belastung führen. Der Verwaltung ist es verwehrt, unter Ausnutzung ihrer
Machtstellung eine Leistung zu verlangen, die nach der Rechtsordnung für den
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Machtstellung eine Leistung zu verlangen, die nach der Rechtsordnung für den
begehrten Hoheitsakt nicht vorgesehen ist (BVerwG, Urteil vom 6. Juli 1973 - IV C
22.72 -, BVerwGE 42, 331 = NJW 1973, 1895 = DVBl. 1973, 800 = BauR 1973, 285;
BayVGH, Urteil vom 7. Oktober 1975 - 270 I 72 -, BayVBl. 1976, 237 (238)). Diese
Grundsätze finden nicht nur dann Anwendung, wenn eine Leistung unmittelbar
aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Rechtsgeschäfts, insbesondere aufgrund
eines Vertrages gemäß § 54 VwVfG bzw. § 54 HVwVfG, gefordert wird, sondern
gelten uneingeschränkt auch dann, wenn - wie bei § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG - der
Abschluss eines derartigen Rechtsgeschäfts (tatbestandliche) Voraussetzung für
einen gesetzlich begründeten Anspruch ist.
Eine zu einem Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG führende Ausnutzung der
hoheitlichen Machtstellung ist hier darin zu sehen, dass die Zustimmung zu einer
Visumserteilung gemäß § 11 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des
Ausländergesetzes (DVAuslG) von der Ausländerbehörde beim Landrat davon
abhängig gemacht wurde, dass die Klägerin eine Verpflichtung zur Übernahme des
Lebensunterhalts für die Flüchtlingsfamilie P. unbefristet erklären musste, wie sich
aus dem der Verpflichtungserklärung vom 19. Februar 1993 angefügten
handschriftlichen Vermerk eindeutig ergibt. Unabhängig davon, dass eine
Zustimmung der Ausländerbehörde für die auf drei Monate befristeten Visa
gemäß § 11 Abs. 1 AuslG hier überhaupt nicht erforderlich war, verstößt es gegen
ein gesetzliches Verbot, wenn die Ausländerbehörde die Übernahme des
Lebensunterhalts eines Ausländers für einen längeren Zeitraum als die
vorgesehene Aufenthaltsdauer des Ausländers verlangt. Dies folgt aus § 14 Abs. 1
Satz 2 AuslG, der - wie bereits erwähnt - in einem untrennbaren rechtlichen
Zusammenhang mit § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG zu sehen ist. Danach darf die
Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung (§ 3 Abs. 1 und Abs. 3 AuslG) zwar
insbesondere von dem Nachweis abhängig gemacht werden, dass ein Dritter u. a.
den Unterhalt eines Ausländers für einen bestimmten Zeitraum ganz oder
teilweise zu tragen bereit ist; dieser Zeitraum darf jedoch die vorgesehene
Aufenthaltsdauer nicht überschreiten. Den Ausländerbehörden und
Auslandsvertretungen ist es aufgrund dieses gesetzlichen Verbots deshalb
verwehrt, die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung von der Bedingung
abhängig zu machen, dass der Lebensunterhalt eines Ausländers für einen
Zeitraum übernommen wird, der die vorgesehene Aufenthaltsdauer überschreitet
(Kanein/Renner, a. a. O., Rdnr. 7 zu § 14 AuslG; Kloesel/Christ/Häußer, a. a. O.,
Rdnr. 13 zu § 14). Diese für den Hoheitsakt der Erteilung einer
Aufenthaltsgenehmigung von Gesetzes wegen gezogene zeitliche Beschränkung,
bei der es sich insoweit um ein gesetzliches Verbot im Sinne des auch im
öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren § 134 BGB handelt, gilt aber nicht
nur für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung als solche, also nicht nur für
den Fall, dass die Aufenthaltsgenehmigung tatsächlich mit einer entsprechenden
aufschiebenden Bedingung (Kanein/Renner, a. a. O., Rdnr. 4 und 7 zu § 14 AuslG),
versehen wird, sondern auch dann, wenn die Ausländerbehörde zuvor eine
Verpflichtung zur Übernahme des Lebensunterhalts für einen Ausländer verlangt,
um die Aufenthaltsgenehmigung anschließend ohne Bedingung erteilen zu können
(vgl.: Kloesel/ Christ/Häußer, a. a. O., Rdnr. 13 zu § 14; Hailbronner, a. a. O., Rdnr.
11 zu § 14 AuslG und Rdnr. 5 ff. zu § 84 AuslG; vgl. auch: Erlass des Hessischen
Ministeriums des Innern vom 14. März 1994 - II A 5 - 23 d -). Indem die
Ausländerbehörde oder eine Auslandsvertretung - wie hier die Ausländerbehörde
beim Landrat - die Verpflichtung zur Übernahme des Lebensunterhalts für einen
Ausländer im Sinne von § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG für unbefristete Zeit verlangt und
so die Erteilung einer Zustimmung gemäß § 11 Abs. 1 DVAuslG und damit auch
die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung davon abhängig macht, dass der
Nachweis, den Unterhalt für einen Ausländer zu tragen, für einen Zeitraum
erbracht wird, der über die vorgesehene Aufenthaltsdauer, d. h. im Allgemeinen
über die Geltungsdauer einer zu erteilenden Aufenthaltsgenehmigung (Kloesel/
Christ/Häußer, a. a. O.; Fraenkel: Einführende Hinweise zum Neuen
Ausländergesetz 1991, S. 58) weit hinausgeht, wird ein im Bereich der hoheitlichen
Verwaltung bestehendes gesetzliches Verbot durch Rechtsgeschäft umgangen
(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. März 1997 - 1 S 1143/96 -). Wie bei
einem öffentlich-rechtlichen Vertrag können die Behörden ihre hoheitlichen
Befugnisse durch eine unter Ausnutzung ihrer Machtstellung erlangte einseitige
Willenserklärung aber nicht erweitern (so für den öffentlich-rechtlichen Vertrag: BT-
Drucks. 7/910, 79).
Allerdings führt eine derartige Umgehung des gesetzlichen Verbots des § 14 Abs.
1 Satz 2 AuslG nicht zu einer Nichtigkeit der Verpflichtung. Nach dem auch im
öffentlichen Recht entsprechend heranzuziehenden § 134 BGB ist ein
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öffentlichen Recht entsprechend heranzuziehenden § 134 BGB ist ein
Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, zwar nichtig, wenn
sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Auch wenn für den
öffentlichrechtlichen Vertrag dabei anerkannt ist, dass nur der Verstoß eines
Vertragspartners genügt, wenn dem Verbotsgesetz ein derartiger Wille zu
entnehmen ist (vgl.: Kopp, a. a. O., Rdnr. 8 zu § 59), findet § 134 BGB hier keine
entsprechende Anwendung. Bei der Verpflichtung nach § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG
handelt es sich eben nicht um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, sondern um
eine einseitige empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung sui
generis ohne einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen der Ausländerbehörde
bzw. der Auslandsvertretung in Bezug auf die Erteilung einer
Aufenthaltsgenehmigung oder eines Visums. Das Verbot in § 14 Abs. 1 Satz 2
AuslG richtet sich aber nur an diese Behörden und nicht (auch) an den sich
verpflichtenden Bürger. Dieser ist in der inhaltlichen Ausgestaltung seiner
Willenserklärung grundsätzlich frei und nicht durch ausländerrechtliche Vorschriften
eingeschränkt. Ein Verstoß gegen das allein die Ausländerbehörden und die
Auslandsvertretungen bindende gesetzliche Verbot des § 14 Abs. 1 Satz 2 AuslG
liegt deshalb weder im Inhalt der Verpflichtung selbst noch in der Tatsache ihrer
Erklärung als solcher, sondern allein in dem äußeren Umstand, dass sie von der
Behörde unter Ausnutzung ihrer Machtstellung in der Absicht verlangt wird, ein
gesetzliches Verbot zu umgehen.
Dies hat zwar keine Auswirkungen auf die Verpflichtung als solche, wohl aber auf
die mit diesem Rechtsgeschäft verknüpften Rechtsfolgen, also auf den
Erstattungsanspruch der jeweils berechtigten öffentlichen Stelle. Ein unter
Umgehung eines gesetzlichen Verbots von der Behörde als Bedingung für den
Erlass eines Hoheitsaktes verlangte und abgegebene einseitige Willenserklärung
kann daher Rechtsfolgen nur in einem Umfang begründen, in dem auch eine
hoheitliche Regelung möglich und zulässig wäre. Die Erstattungspflicht gemäß § 84
Abs. 1 Satz 1 AuslG besteht in derartigen Fällen deshalb nur für den Zeitraum der
vorgesehenen Aufenthaltsdauer des Ausländers, d. h. im Allgemeinen für die
Dauer der zu erteilenden Aufenthaltsgenehmigung.
Dieses Ergebnis widerspricht auch nicht den fiskalischen Belangen der
Bundesrepublik Deutschland, die Inanspruchnahme von Mitteln der Sozialhilfe und
anderen Leistungen der öffentlichen Hand durch den Ausländer zu vermeiden. Um
eine solche Inanspruchnahme auszuschließen, kann die Verlängerung bzw. die
Erteilung einer (weiteren) Aufenthaltsgenehmigung über die ursprünglich
vorgesehene Aufenthaltsdauer hinaus vielmehr von einem erneuten Nachweis
abhängig gemacht werden, dass ein Dritter die Kosten des Lebensunterhalts zu
tragen bereit ist. Diesem ist es dann freigestellt, erneut eine entsprechende
Verpflichtung einzugehen (so auch: LG Hagen, Urteil vom 14. Februar 1991 -
10533/90 -, a. a. O.; Kanein/Renner, a. a. O.; Kloesel/Christ/ Häußer, a. a. O.).
Dem steht auch nicht entgegen, dass die zeitlich unbefristete Verpflichtung zur
Übernahme des Lebensunterhalts für einen Ausländer nicht von der nach § 84
Abs. 2 Satz 2 AuslG jeweils erstattungsberechtigten öffentlichen Stelle, sondern
von der im Regelfall einem anderen Rechtsträger angehörenden
Ausländerbehörde bzw. von einer Auslandsvertretung verlangt wird. Die in einem
solchen Fall eintretende Beschränkung der Erstattungspflicht gemäß § 84 Abs. 1
Satz 1 AuslG auf die vorgesehene Aufenthaltsdauer des Ausländers bzw. auf die
Dauer der zu erteilenden Aufenthaltsgenehmigung ist nämlich nicht etwa eine
"Sanktionierung" für ein Fehlverhalten einer anderen Behörde durch eine
(rechtsträgerübergreifende) Zurechnung rechtswidrigen Verhaltens, sondern
Ausfluss des Prinzips der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Die Bindung der
Verwaltung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) beschränkt nicht nur die
Befugnisse der Behörde bei Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Rechtsgeschäfts
in dem vorstehend dargelegten Umfang, sondern begrenzt auch die an ein
solches Rechtsgeschäft anknüpfenden Rechtsfolgen gleichermaßen. Dies gilt
unabhängig davon, ob die an dem Rechtsgeschäft beteiligte Behörde mit der
durch seine Rechtsfolgen begünstigten identisch ist oder nicht.
Im Übrigen besteht eine Erstattungspflicht gemäß § 84 Abs. 1 AuslG auch nicht für
Zeiträume, in denen einem Ausländer nach Ablauf einer Aufenthaltsgenehmigung
diese nicht verlängert, sondern für den weiteren Verbleib im Bundesgebiet lediglich
noch Duldungen erteilt werden. Dies gilt selbst dann, wenn - wie hier bei der
Verpflichtung der Klägerin vom 19. Februar 1993 - die Übernahme des
Lebensunterhalts eines Ausländers für unbefristete Zeit, also letztlich bis zu seiner
Ausreise erklärt worden ist. Indem die Verpflichtung gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1
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Ausreise erklärt worden ist. Indem die Verpflichtung gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1
AuslG ebenso wie der in § 14 Abs. 1 Satz 2 AuslG erwähnte Nachweis zur
Übernahme der Lebenshaltungskosten dazu dienen, durch Beseitigung des
Regelversagungsgrundes des § 7 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 i. V. m. § 46 Nr. 6 AuslG
sowie des Pflegefallrisikos die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung an den
Ausländer zu ermöglichen, ist ihr erkennbarer Zweck allein darauf beschränkt, die
rechtlichen Voraussetzungen für einen ausschließlich rechtmäßigen Aufenthalt des
Ausländers im Bundesgebiet zu schaffen. Dies entspricht auch der Absicht des
sich verpflichteten "Gastgebers", der mit seiner Verpflichtung einen rechtmäßigen
Aufenthalt des Ausländers und keinen im Sinne des Gesetzes unrechtmäßigen,
weil lediglich geduldeten Verbleib (siehe hierzu: Kanein/Renner, a. a. O., Rdnr. 2 zu
§ 56 AuslG; Kloesel/Christ/ Häußer, a. a. O., Rdnr. 4 zu § 55; GK-AuslR, Stand: Juni
1997, Rdnr. 5 zu § 55) ermöglichen will, der unter einer andauernden Pflicht des
Ausländers steht, das Bundesgebiet verlassen zu müssen (§ 56 Abs. 1 AuslG).
Gleiches gilt für die Ausländerbehörde: Auch für sie kann die Verpflichtung eines
Dritten gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG ausschließlich den Zweck erfüllen, einem
Ausländer einen rechtmäßigen Aufenthalt zu ermöglichen bzw. zu verlängern.
Sozialhilfebedürftigkeit sowie eine nicht gesicherte private Versorgung eines
Ausländers im Krankheitsfall und bei Pflegebedürftigkeit sind aber keine
gesetzlichen Versagungsgründe für die Erteilung einer Duldung, so dass eine
entsprechende Verpflichtung eines Dritten für einen nur geduldeten Aufenthalt
eines Ausländers auch nicht verlangt werden kann und die Zeit eines solchen nicht
rechtmäßigen Aufenthalts von einem Erstattungsanspruch nach § 84 Abs. 1 Satz 1
AuslG nicht erfasst wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein gesetzlicher Anspruch
auf Erteilung einer Duldung besteht, also etwa nach § 54 und § 55 Abs. 2 AuslG
jedem Ausländer eine Duldung ohne Auflagen und Bedingungen (§ 56 Abs. 3 Satz
2 AuslG) erteilt werden muss (so auch: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.
März 1997 - 1 S 1143/96 -, a. a. O.; VG München, Urteil vom 1. September 1994 -
M 15 K 93.2737 -, a. a. O.).
Für die von der Klägerin aufgenommene Flüchtlingsfamilie P. bestand ein solcher
Rechtsanspruch auf Erteilung von Duldungen nach Ablauf der ihr erteilten Visa
gemäß § 55 Abs. 2 AuslG, da das Hessische Ministerium des Innern und für
Europaangelegenheiten mit Erlass vom 7. Mai 1992 (- II A 51 - 23 d -) einen
Abschiebestopp für Personen aus Bosnien-Herzegowina gemäß § 54 AuslG
angeordnet und - für den hier streitgegenständlichen Zeitraum - mit Erlass vom
22. September 1993 (- II A 51 - 23 d -) bis zum 31. März 1994 verlängert hatte.
Damit durfte aber der weitere Verbleib der Familie im Bundesgebiet über die
Geltungsdauer ihrer Visa hinaus nicht von der Verpflichtung eines Dritten ihren
Lebensunterhalt zu tragen oder von sonstigen Auflagen oder Bedingungen
abhängig gemacht werden. Auch deshalb besteht eine Erstattungspflicht der
Klägerin gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG über den genehmigten Aufenthalt der
Familie P. hinaus für die Zeit ihres nur noch geduldeten Aufenthalts im
Bundesgebiet nicht.
Dem steht auch nicht § 8 Abs. 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes in der
Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 1997 (BGBl. I S. 2022 - AsylbLG -)
entgegen, wonach Leistungen nach diesem Gesetz auch an Ausländer, die eine
Duldung nach § 55 AuslG besitzen (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG), nicht gewährt
werden, soweit der erforderliche Lebensunterhalt anderweitig, insbesondere
aufgrund einer Verpflichtung nach § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG gedeckt wird.
Abgesehen davon, dass § 8 AsylbLG erst am 1. Juni 1997 in Kraft getreten ist (Art.
7 § 3 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes vom
26. Mai 1997 - BGBl. I S. 1130), also auf den hier streitbefangenen Zeitraum keine
Anwendung findet, betrifft diese Vorschrift lediglich die Leistungsberechtigung nach
dem Asylbewerberleistungsgesetz und enthält keinerlei Regelungen hinsichtlich
der Wirksamkeit der Verpflichtung oder hinsichtlich der zeitlichen Dauer der
Erstattungspflicht nach § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG.
Sofern innerhalb der vorstehend dargelegten zeitlichen Beschränkungen während
der vorgesehenen Aufenthaltsdauer des Ausländers bzw. während der
Geltungsdauer der erteilten Aufenthaltsgenehmigung Erstattungsansprüche einer
öffentlichen Stelle gegenüber dem sich Verpflichtenden entstehen, die zu einer
unzumutbaren finanziellen Belastung, etwa zu einer hohen jahrelangen
Verschuldung oder gar zum finanziellen Ruin des Erstattungspflichtigen führen, ist
diese Problematik anhand der hierzu von der Rechtsprechung entwickelten
Grundsätze im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen und gegebenenfalls zu lösen (vgl.
z. B.: BVerfG, Beschluss vom 19. Oktober 1993 - 1 BvR 67/89 u. a. -, BVerfGE 89,
214 = NJW 1994, 36 = JZ 1994, 408 = ZBB 1994, 155 = ZIP 1993, 1775; BGH,
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214 = NJW 1994, 36 = JZ 1994, 408 = ZBB 1994, 155 = ZIP 1993, 1775; BGH,
Urteil vom 24. Februar 1994 - IX ZR 93/93 - BGHZ 125, 206 = JZ 1994, 905 = ZIP
1994, 520; Rittstieg: Grenzen der Verpflichtung nach § 84 AuslG, InfAuslR 1994, 48;
Christ: Wirksamkeit von Verpflichtungserklärungen gemäß § 84 AuslG, InfAuslR
1996, 216). Da hier ein Erstattungsanspruch des Beklagten aufgrund der
vorstehend genannten Gründe ohnehin nicht gegeben ist, besteht für den
erkennenden Senat allerdings keine Veranlassung hierauf näher einzugehen,
zumal es hier nur um einen relativ geringen Erstattungsbetrag geht.
Der Senat nimmt das vorliegende Berufungsverfahren - auch wenn es für seine
Entscheidung nicht mehr erheblich ist - jedoch zum Anlass, darauf hinzuweisen,
dass er mit der zum Teil in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung
die Ansicht vertritt, dass für die Ausländerbehörde bzw. für die Auslandsvertretung
eine Hinweis- und Aufklärungspflicht gegenüber dem sich verpflichtenden Bürger
besteht (vgl.: OLG Düsseldorf, Urteil vom 9. Juli 1992 - 10 U 2/92 -, a. a. O.; VG
Frankfurt am Main, Urteil vom 27. Mai 1997 - 6 E 2716/96 (V) -; Brunner, a. a. O.,
S. 23, Fn. 20). Eine solche Pflicht der Behörde folgt aus den allgemeinen
Grundsätzen der Rechts- und Sozialstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 1, Abs. 3 und Art. 28
Abs. 1 GG). Auch wenn § 25 Satz 1 VwVfG bzw. § 25 Satz 1 HVwVfG, wonach die
Behörde die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die
Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen soll, nach seinem Wortlaut
auf die Erklärung einer Verpflichtung nach § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG ebensowenig
unmittelbar angewendet werden kann wie Satz 2 dieser Vorschriften, weil die darin
erwähnte Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden
Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten in der Regel nur auf Verlangen zu
erfolgen braucht (BT-Drucks. 7/910, 49), besteht dennoch - unter Berücksichtigung
des Schutzbedürfnisses des in der Regel nicht rechtskundigen Bürgers, der eine
Verpflichtungserklärung nach § 84 Abs. 1 AuslG abgibt - eine Pflicht der
Ausländerbehörde bzw. der Auslandsvertretung, über die Folgen und Risiken einer
solchen Verpflichtungserklärung umfassend aufzuklären. Durch die enge Fassung
des § 25 VwVfG bzw. § 25 HVwVfG werden nämlich weitergehende, auf allgemeinen
Rechtsgrundsätzen beruhende Pflichten der Behörden nicht ausgeschlossen
(BVerwG, Urteil vom 16. September 1980 - 1 C 52.75 -, BVerwGE 61, 15 (20);
Urteil vom 16. September 1980 - 1 C 89.79 -, BVerwGE 61, 40 (42 f.) = DVBl.
1981, 109 = BayVBl. 1981, 59 = ZAR 1982, 51). Dies gilt insbesondere für
weitergehende Fürsorge-, Betreuungs- und Belehrungspflichten, die aus dem auch
das öffentliche Recht beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben entwickelt
worden sind, und zwar auch dann, wenn ein Anspruch nicht auf einem
Rechtsgeschäft, sondern auf einer Rechtsnorm beruht (BT-Drucks. 7/910, 49;
BVerwG, Urteil vom 8. März 1956 - I A 3.34 -, BVerwGE 3, 119 (203) = DVBl. 1956,
574 = NJW 1956, 1250 = MDR 1956, 632; Urteil vom 19. Juni 1968 - V C 23.62 -,
BVerwGE 30, 46 (48) = DVBl. 1968, 654 = MDR 1968, 1033 = Buchholz 427.3 zu §
295 LAG Nr. 1 = VerwRspr. 20, 228; Urteil vom 31. Januar 1974 - 2 C 36.70 -,
Buchholz 273.5 zu § 81 HessBG Nr. 1 (16 f.)).
Angesichts des möglichen Umfangs des Erstattungsanspruchs nach § 84 Abs. 1
Satz 1 AuslG, der, indem er auch die Kosten für den Krankheitsfall und die
Pflegebedürftigkeit einschließt, weit über das hinausgeht, was im allgemeinen
Sprachgebrauch unter dem Begriff Lebensunterhalt üblicherweise verstanden wird,
reicht allein die gesetzliche Konkretisierung nicht aus, die dem in der Regel nicht
rechtskundigen Bürger ohnehin nicht bekannt sein dürfte. Ohne eine umfassende
und sachgemäße Belehrung durch die Ausländerbehörde bzw. die
Auslandsvertretung ist der sich verpflichtende Bürger in der Regel nicht in der
Lage, den Umfang der entstehenden Erstattungspflicht und die damit
verbundenen möglichen finanziellen Auswirkungen zu erkennen und abzuschätzen.
Das bedeutet aber auch, dass die Belehrung im Gegensatz zur Auskunft, die
allgemein nur auf Anfrage durch die Behörde zu erteilen ist, von Amts wegen zu
erfolgen hat.
Um dem Schutzbedürfnis des Bürgers vor Übervorteilung Rechnung zu tragen,
müssen zur Erfüllung der Belehrungspflicht dem sich verpflichtenden Bürger alle
im Gesetz beispielhaft aufgezählten zu erstattenden Aufwendungen sowie
aufgrund des jeweiligen Einzelfalles alle darüber hinausgehenden naheliegenden
Erstattungsmöglichkeiten, die nach Lage der Dinge nicht von vornherein
ausgeschlossen sind, erläutert werden. Insbesondere ist eine auf den Einzelfall
bezogene Belehrung über die möglichen finanziellen Auswirkungen der
Verpflichtung nach § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG notwendig (vgl.: BVerwG, Urteil vom
26. Oktober 1966 - V C 10.65 -, BVerwGE 25, 191 (198 f.) = MDR 1967, 329). Dies
schließt auch die Information des sich verpflichtenden Bürgers darüber ein, dass
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schließt auch die Information des sich verpflichtenden Bürgers darüber ein, dass
eine Möglichkeit zur Abdeckung oder Verminderung einzelner Erstattungsrisiken
durch Abschluss einer entsprechenden Versicherung nicht besteht. Das gilt
jedenfalls dann, wenn die Behörde selbst definitiv Kenntnis von der tatsächlichen
Unmöglichkeit eines entsprechenden Versicherungsschutzes hat, wie z. B. hier im
Hinblick auf einen fehlenden Krankenversicherungsschutz für
Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina, über den die nachgeordneten
Behörden durch Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für
Europaangelegenheiten vom 20. November 1992 (- II A 5 - 23 d -) unterrichtet
worden sind.
Für die Durchführung und den Umfang der durchgeführten Belehrung ist die
öffentliche Stelle, die einen Erstattungsanspruch geltend macht, darlegungs- und
beweispflichtig; die Belehrung wird deshalb von der Ausländerbehörde oder
Auslandsvertretung in der Regel aktenkundig zu machen sein.
Da nach der gesetzgeberischen Konzeption ein Erstattungsanspruch nur
durchgesetzt werden kann, wenn der sich verpflichtende Bürger bewusst, d. h. in
aller Regel erst aufgrund einer umfassenden und sachgemäßen Belehrung durch
die Ausländerbehörde bzw. eine Auslandsvertretung, eine Verpflichtung nach § 84
Abs. 1 Satz 1 AuslG eingegangen ist, muss eine derartige Belehrung als
notwendige tatsächliche Voraussetzung für die Geltendmachung eines
(rechtmäßigen) Erstattungsanspruchs angesehen werden. Fehlt es an dieser
tatsächlichen Voraussetzung, so ist ein entsprechender Erstattungsbescheid
rechtswidrig, verletzt den zur Erstattung herangezogenen Bürger in seinen
Rechten und ist auf Widerspruch bzw. auf Anfechtungsklage hin aufzuheben. Dabei
kommt es nicht darauf an, ob der Verpflichtete bei sachgemäßer und richtiger
Belehrung eine entsprechende Verpflichtung nicht eingegangen wäre, denn dies
wird häufig nur schwer aufzuklären sein. Es ist daher ausreichend, wenn bei
verständiger Würdigung ein Absehen von einer Verpflichtung gemäß § 84 Abs. 1
Satz 1 AuslG bei Kenntnis des außerordentlich hohen Kostenrisikos durch den
Verpflichteten nicht auszuschließen gewesen wäre. Soweit daher nicht - wie hier in
der Verpflichtungserklärung der Klägerin hinsichtlich der Krankheitskosten
geschehen - einzelne Kostenrisiken durch Spezifizierung der schriftlichen
Verpflichtungserklärung selbst ausgenommen sind, ist es treuwidrig, den
verpflichteten Bürger zur Erstattung von Kosten in Anspruch zu nehmen, obwohl er
zuvor über die außergewöhnlich hohen finanziellen Risiken, die mit dem Eingehen
einer Verpflichtung nach § 84 Abs. 1 Satz 1 AuslG verbunden sind, nicht
umfassend und sachgerecht belehrt worden ist (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom
13. Januar 1965 - V C 74.63 -, BVerwGE 23, 136 = MDR 1965, 415; Urteil vom 26.
Oktober 1966 - V C 10.65 -, a. a. O.).
Unabhängig davon, dass der Umfang der Erstattungspflicht im hier zu
entscheidenden Fall durch den Inhalt der schriftlichen Verpflichtungserklärung vom
19. Februar 1993 ausreichend spezifiziert worden ist und die Klägerin danach auch
sachgerecht belehrt worden sein dürfte, liegen die tatbestandlichen
Voraussetzungen für den Erlass eines (Leistungs-) Erstattungsbescheids nach § 84
Abs. 1 Satz 1 AuslG hier jedenfalls deshalb nicht vor, weil die Heranziehung für
eine an die Flüchtlingsfamilie P. erst am 5. Oktober 1993 gewährte Leistung des
Sozialhilfeträgers erfolgte, also für eine Zeit nach Ablauf ihrer Visa, in der sich die
Familie zudem nur noch geduldet im Bundesgebiet aufhielt (vgl.: Ausführungen auf
Seite 24 f. des Urteils).
Der Bescheid des Beklagten vom 14. Oktober 1993 und der Widerspruchsbescheid
vom 19. Juli 1994 sind somit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren
Rechten; sie sind daher gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben.
Die Entscheidung über die Kostentragungspflicht folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Danach hat der Beklagte die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen, da er
unterlegen ist.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich des Kostenausspruchs und die
Abwendungsbefugnis des Kostenschuldners folgen aus § 167 VwGO i. V. m. § 708
Nr. 11, § 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Die Revision ist aufgrund von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die
Rechtssache aufgrund der angeführten unterschiedlichen Rechtsprechung nach
Auffassung des Senats grundsätzliche Bedeutung hat.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.