Urteil des HessVGH vom 10.05.2010

VGH Kassel: empfang, öffentlich, rundfunk, internet, unechte rückwirkung, gebühr, gleichheit im unrecht, gerät, radio, aufwand

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
10. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 A 1808/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 20 Abs 3 GG, § 2 Abs 2
RdFunkGebStVtr HE, § 7
Abs 1 RdFunkGebStVtr HE,
Art 2 Abs 1 GG, Art 5 Abs 1
GG
(Rundfunkgebührenpflicht für einen internetfähigen PC)
Leitsatz
1. Bei den über das Internet verbreiteten Rundfunkdarbietungen handelt es sich um
Rundfunk i.S.d. Rundfunkgebührenstaatsvertrages.
2. Ein internetfähiger PC ist ein Rundfunkempfangsgerät i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1
RGebStV und wird gemäß § 1 Abs. 2 RGebStV zum Empfang bereit gehalten, weil mit
ihm ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunkdarbietungen über
das Internet empfangen werden können.
3. Die Rundfunkgebührenpflicht für internetfähige PC`s begegnet keinen
verfassungsrechtlichen Bedenken.
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt
am Main vom 27. Januar 2009 – 11 K 623/08.F – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen.
Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages
abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in entsprechender Höhe Sicherheit
leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit es um die Erhebung der Rundfunkgebühren
für März 2007 in Höhe von 5,52 € geht. Im Übrigen wird die Revision nicht
zugelassen.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird endgültig auf
21,67 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zur Zahlung von
Rundfunkgebühren für seinen heimischen internetfähigen PC.
Am 2. Januar 2007 meldete der Kläger in Anbetracht der zum 1. Januar 2007
geänderten Rechtslage den PC bei der Gebühreneinzugszentrale - GEZ - der
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten an. Der Kläger verfügt weder über ein
Radio- noch über ein Fernsehgerät; beide schaffte er vor geraumer Zeit ab und
zahlte daher keine Rundfunk- und Fernsehgebühren mehr.
Mit Bescheid vom 01. Juli 2007 setzte der Südwestrundfunk Stuttgart für den
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Mit Bescheid vom 01. Juli 2007 setzte der Südwestrundfunk Stuttgart für den
Zeitraum Januar bis einschließlich März 2007 Rundfunkgebühren in Höhe von 16,56
€ nebst eines Säumniszuschlags in Höhe von 5,11 € gegen den Kläger fest.
Dagegen erhob der Kläger unter dem 16. Juli 2007 Widerspruch. Zur Begründung
führte er aus, der Gebührenbescheid sei rechtswidrig, weil die
Ermächtigungsgrundlage – Art. 4 und 5 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages
(RGebStV) – grundgesetzwidrig sei. Bei den auf den Internetseiten der öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten verbreiteten Inhalten handele es sich nicht um
Rundfunk i.S.d. Art. 5 Abs. 1 Satz 2, zweiter Halbsatz GG. Die Vorschriften des
RGebStV seien zudem verfassungswidrig, weil die darin festgelegte Erhebung einer
Rundfunkgebühr für den Computer in die Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG
und Art. 2 Abs. 1 GG eingreife. Die Einbeziehung der internetfähigen PC’s in die
Gebührenpflicht sei weder zweckmäßig noch erforderlich, da die Gruppe
derjenigen, die einen PC, aber kein Radio hätten, sehr überschaubar sei und daher
nicht in nennenswerter Weise zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
beitragen könne. Die Regelung sei auch nicht erforderlich. Zudem sei es
unverhältnismäßig, wegen nur geringer Mehreinnahmen eine kleine Gruppe von
Bürgern in ihren Grundrechten massiv einzuschränken. Auch der Gedanke des
Gleichheitsgrundsatzes fordere keine Einbeziehung der PC’s in die
Gebührenpflicht, da ein PC-Benutzer mitnichten einem Radio- oder Fernsehnutzer
gleichzustellen sei. Bei einem PC stehe der Empfang öffentlich-rechtlicher Audio-
oder Videoproduktionen nie im Vordergrund.
Im Jahr 2007 verzog der Kläger in den Bereich des Beklagten und meldete sich mit
Wohnsitz unter seiner derzeitigen Anschrift an.
Mit Bescheid vom 05. Februar 2008 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den
Bescheid des Südwestrundfunks vom 01. Juli 2007 zurück. Zur Begründung führte
er aus, jeder Rundfunkteilnehmer habe grundsätzlich für jedes von ihm zum
Empfang bereit gehaltene Gerät eine Grundgebühr und für jedes Fernsehgerät
eine Fernsehgebühr zu entrichten. Er - der Kläger - betreibe ein neuartiges
Rundfunkempfangsgerät und sei deswegen zur Zahlung verpflichtet. Mit dem 8.
Rundfunkgebührenstaatsvertrag sei die Gebührenpflicht seit dem 01. Januar 2007
nun auch für internetfähige PC’s festgelegt.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 05. März 2008 - eingegangen beim
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am selben Tage - hat der Kläger dagegen
Klage erhoben. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruch
wiederholt und vertieft sowie geltend gemacht, der Gebührenbescheid sei sowohl
formell als auch materiell rechtswidrig. Zum einen fehle es an einer
Rechtsgrundlage für die erhobene Gebühr, weil Rundfunk i.S.d. Art. 5 Abs. 1 GG die
Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art für die Allgemeinheit mit
Hilfe elektrischer Schwingungen sei; der Rundfunkteilnehmer sei hier „passiver
Empfänger“, während im Internetradio ein Datenaustausch stattfinde. Zudem
erfolge das über den PC zu empfangende Informationsangebot der öffentlich-
rechtlichen Sendeanstalten zeitversetzt und nicht – wie von § 1 Abs. 1 Satz 1
RGebStV vorausgesetzt – zeitgleich. Es lägen überwiegend für den Einzelnen
abrufbare Inhalte vor, ein echter Livestream werde jedoch gerade nicht geboten.
Der Bescheid sei darüber hinaus auch materiell rechtswidrig. Er verstoße gegen
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 a.E. GG und verletze den Einzelnen in seinem Recht auf
Informationsfreiheit, weil der Informationszugang des Bürgers von der Entrichtung
einer Gebühr abhängig gemacht werde. Der Bescheid verstoße weiter auch gegen
das in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geregelte Grundrecht auf Meinungsfreiheit, weil
durch diese Gebühr der Einzelne in seiner Freiheit, sich im Internet zu äußern und
seine Meinung kund zu tun, behindert werde. Ferner beinhalte der Bescheid auch
einen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Er - der Kläger - benutze den PC als
Kommunikationsmittel mit der EDV-Anlage seines Büros. Durch die Erhebung der
Gebühr werde er dadurch in seiner täglichen Arbeit als Rechtsanwalt einer
Gebührenpflicht unterworfen. Zudem liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor.
Zum einen liege eine ungleiche Behandlung darin, dass dem Internetnutzer beim
Live-Streaming angesichts der erforderlichen Telekommunikationsverbindung –
anders als dem normalen Rundfunk- und Fernsehteilnehmer – der Zugang nicht
immer gewährleistet werden könne. Außerdem sei das klassische
Rundfunkangebot nahezu überall frei zu empfangen, während ein
Breitbandinternetanschluss noch nicht überall verfügbar sei. Eine weitere
gravierende Ungleichbehandlung liege darin, dass für Radio- und Fernsehgeräte
einerseits und internetfähige PC’s andererseits gleichermaßen das Vorhalteprinzip
zum Tragen komme, obwohl PC’s angesichts ihrer multifunktionalen Verwendung
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zum Tragen komme, obwohl PC’s angesichts ihrer multifunktionalen Verwendung
in erster Linie zu anderen Zwecken gekauft und vorgehalten würden. Eine weitere
Ungleichbehandlung liege darin, dass mit einigem Aufwand Schwarzseher und –
hörer verfolgt würden, nicht aber Internetnutzer. Außerdem sei eine
Ungleichbehandlung auch darin zu sehen, dass Lehrer und andere öffentliche
Bedienstete von der Rundfunkgebühr für neuartige Rundfunkempfangsgeräte
ausgenommen seien, während Heimarbeiter und Selbständige der
Gebührenpflicht unterlägen. Schließlich verstoße der Bescheid auch gegen Art. 2
Abs. 1 GG, weil durch die Rundfunkgebühren die Nutzungsmöglichkeiten des PC’s
eingeschränkt würden, da damit zwangsläufig eine Einschränkung der individuellen
Kommunikations- und anderweitigen Nutzungsmöglichkeiten des Gerätes
verbunden sei. Die damit verbundenen Grundrechtseingriffe seien in keiner Weise
verhältnismäßig. Zweck der Gebührenerhebung auch für PC’s könne sowohl die
generelle Finanzausstattung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur
Erfüllung ihrer Verpflichtungen als auch die unmittelbare Finanzierung des
öffentlich-rechtlichen Online-Angebots sein. Angesichts des geringen Anteils der
neuartigen Rundfunkgebühren am Gesamtgebührenaufkommen sei diese Gebühr
jedoch schon nicht geeignet, diese Zwecke zu erreichen. Außerdem sei die
grundsätzlich vom Gebührengesetzgeber vorgesehene Identität zwischen
Gebührenpflichtigem und Angebotsbegünstigtem nicht gewahrt, da insbesondere
geschäftliche Nutzer den PC nicht zum Empfang des Internetrundfunks benutzten.
Der Rundfunkempfang am Arbeitsplatz durch Angestellte sei vielmehr sogar ein
Abmahnungs- oder Kündigungsgrund. Die Gebührenausstattung der öffentlich-
rechtlichen Rundfunkanstalten sei zudem sehr hoch und in jeder Hinsicht
ausreichend, so dass die Zusatzeinnahmen durch die neuartigen
Rundfunkgebühren nicht erforderlich seien. Außerdem gäbe es mildere und
geeignetere Mittel, um eine Sicherstellung der Finanzierung des öffentlichen
Rundfunks zu erreichen. So könne der Internetrundfunk nutzerabhängig vergütet
werden – etwa mit Hilfe eines Passwortzugangs. Zudem beinhalte die
Gebührenpflicht für internetfähige PC’s einen Rückwirkungstatbestand, da der
Kläger seinen PC schon mehrere Jahre nutze. Schließlich seien Live-Streams im
Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nur von untergeordneter Bedeutung.
Die Bürger würden daher doppelt belastet, durch die Kosten für die
Breitbandinternetverbindung einerseits und die Rundfunkgebühren andererseits.
Die Einführung einer Rundfunkgebühr für internetfähige PC’s errichte eine
staatliche Zugangshürde für ein an sich kostenfreies Angebot.
Der Kläger hat beantragt,
den Gebührenbescheid des Beklagten vom 01. Juli 2007, Aktenzeichen -0315 G
10072007-420/0158909/06/PAV/22769-07.07, in der Fassung des
Widerspruchsbescheids vom 05. Februar 2008 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er geltend gemacht, durch die Digitalisierung sei heute kein
Unterschied mehr gegeben zwischen einem Rundfunkempfang über herkömmliche
Empfangsgeräte und dem über das Internet. Die Rundfunkgebührenpflicht knüpfe
seit jeher an den Besitz des Rundfunkempfangsgerätes an – unabhängig von der
tatsächlichen Nutzung. Dies sei gerechtfertigt durch die besondere Bedeutung des
Rundfunks in einem demokratischen Staat. Nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts sei der öffentlich-rechtliche Rundfunk zugleich
„Medium“ und „Faktor“ der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung und für
die Demokratie von konstitutiver Bedeutung. Ihm obliege die Grundversorgung der
Gesellschaft, die ihn verpflichte, die gesamte Bandbreite der öffentlichen Meinung
darzustellen und zugleich quantitativ die Menschen auch tatsächlich dort zu
erreichen, wo sie Unterhaltung und Informationen abrufen. Angesichts der
fortschreitenden technischen Entwicklung könne der öffentlich-rechtliche Rundfunk
diese Aufgabe nur erfüllen, wenn ihm die jeweils aktuellen Übertragungswege zur
Verfügung stehen. Er sei deshalb auf Verfassungsebene berechtigt, an neuartigen
Kommunikationsformen und -techniken teilzuhaben. Die Digitalisierung der
Übertragungswege sowie die Verbreitung bestehender Rundfunkprogramme via
Internet seien letztlich nur neue technische Übertragungswege und gehörten
deshalb zum Kernbereich der dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom
Bundesverfassungsgericht zugesprochenen Bestands- und Entwicklungsgarantie.
Durch die Gebührenpflicht auch für Internet-PC’s solle der öffentlich-rechtliche
Rundfunk auch dann noch in die Lage versetzt werden, seinen gesellschaftlichen
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Rundfunk auch dann noch in die Lage versetzt werden, seinen gesellschaftlichen
Auftrag zu erfüllen, wenn immer weniger klassische Radio- und Fernsehgeräte
vorhanden seien. Die Aspekte der Abgabengleichheit und der
Abgabengerechtigkeit erforderten die Heranziehung auch der Nutzer neuartiger
Empfangsgeräte zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, um „eine
Flucht in neuartige“ Geräte zu verhindern. Ein Verstoß gegen Art. 12 und Art. 2 GG
sei nicht erkennbar, da beide Grundrechte nicht schrankenlos gewährleistet seien
und ein etwaiger Eingriff in den Schutzbereich sich jedenfalls im Rahmen dieser
dem Grundrecht auferlegten Beschränkung halte. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG sei
ebenfalls zu verneinen, Anhaltspunkte für eine willkürliche Regelung seien nicht
erkennbar.
Mit Urteil vom 27. Januar 2009 hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main der
Klage stattgegeben und den Gebührenbescheid des Südwestrundfunks vom 01.
Juli 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 05.
Februar 2008 aufgehoben; außerdem hat es die Berufung zugelassen. Zur
Begründung heißt es in dem Urteil, der PC des Klägers sei nicht
rundfunkgebührenpflichtig, da er jedenfalls nicht zum Empfang bereit gehalten
werde. Ein internetfähiger PC sei ein multifunktionales Gerät, aus dessen bloßem
Besitz – anders als bei herkömmlichen Radio- und Fernsehgeräten – nicht auf ein
Bereithalten zum Empfang geschlossen werden könne. Da der Kläger geltend
mache, seinen PC nicht zum Empfang von Rundfunkdarbietungen zu benutzen,
und die Nutzung eines internetfähigen PC’s zum Rundfunkempfang auch im
privaten Bereich immer noch die Ausnahme darstelle, treffe den Beklagten
insoweit die Darlegungs- und Beweislast. Dieser Darlegungspflicht sei er nicht
nachgekommen.
Gegen dieses ihm am 25. Mai 2009 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit
Schriftsatz vom 05. Juni 2009 – eingegangen beim Verwaltungsgericht Frankfurt
am Main per Telefax am selben Tage – Berufung eingelegt, die er mit Schriftsatz
vom 14. Juli 2009 – eingegangen beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof am
selben Tage – begründet hat. Er macht geltend, der Gesetzgeber habe keineswegs
zum 1. Januar 2007 eine neuartige Gebühr für internetfähige PC’s eingeführt.
Diese seien vielmehr schon seit jeher unter den umfassenden Gerätebegriff des §
1 Abs. 1 RGebStV zu subsumieren, jedoch bis zum 31. Dezember 2006 von der
Gebührenzahlung befreit gewesen. Mit der Aufhebung dieses
Befreiungstatbestandes zum 1. Januar 2007 sei die Gebührenpflicht für
internetfähige PC’s in den Fällen wieder aufgelebt, in denen im nichtprivaten
Bereich nur ein internetfähiger Computer und kein herkömmliches Empfangsgerät
bereitgehalten werde. Damit werde die Gebührenpflicht auf die Fälle begrenzt, in
denen keine herkömmlichen Empfangsgeräte bereit gehalten würden. Nachdem
nunmehr über die Webseiten der einzelnen öffentlich-rechtlichen Anstalten fast
alle Radioprogramme live gestreamt würden, sei für eine Ausnahmeregelung kein
Raum mehr. Diese Regelung sei auch verhältnismäßig, d.h. erforderlich, geeignet
und angemessen, um das gesamte System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
weiterhin gewährleisten zu können und eine „Flucht aus der Rundfunkgebühr“ zu
verhindern. Es gebe – entgegen der Auffassung des Klägers – auch kein milderes
Mittel etwa in Form einer vor Empfang eines öffentlich-rechtlichen
Rundfunkprogramms vorzunehmenden Registrierung, da ein PC im Sinne des
RGebStV auch dann noch zum Empfang bereit gehalten werde und demgemäß
gebührenpflichtig sei, wenn damit nur private Programme empfangen werden
könnten. Den Empfang privater Rundfunksendungen ebenfalls von einer
vorherigen Registrierung abhängig zu machen, begegne verfassungsrechtlichen
Bedenken. Da es dem Beklagten demnach nahezu unmöglich sei, einen
Nutzungsnachweis zu führen – wie vom Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
gefordert – sei es im Interesse der Gesamtveranstaltung Rundfunk gerechtfertigt,
für die Gebührenpflicht allein an die Nutzungsmöglichkeit anzuknüpfen. Das vom
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main geforderte finale Tatbestandselement,
wonach nicht allein die bloß abstrakte technische Möglichkeit des
Rundfunkempfangs ausreiche, sondern ein Gerät nur dann zum Empfang bereit
gehalten werde, wenn zugleich eine gewisse Zweckbestimmung des Bereithaltens
gegeben sei, lasse sich dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 S. 2 RGebStV nicht
entnehmen. Bezüglich herkömmlicher Empfangsgeräte habe die Rechtsprechung
bislang auch allein auf die bloße Nutzungsmöglichkeit abgestellt und lediglich zwei
Ausnahmen anerkannt: die originalverpackten Rundfunkgeräte im Rahmen von
Sonderverkaufsaktionen von Lebensmitteldiscountern sowie Funkpeilgeräte, die
auf Grund fernmelderechtlicher Vorschriften nicht zum Rundfunkempfang benutzt
werden dürfen.
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Mit Schreiben vom 29.10.2009 hat er weiter ausgeführt, Rundfunk bedeute schon
seinem Wortlaut nach „Rundum“funken, also im Gegensatz zur
Individualkommunikation die Übermittlung an eine verstreute, unbestimmte und
beliebige Vielzahl von Empfängern. Da jeder PC ohne nennenswerten Aufwand als
Empfangsgerät in Betrieb genommen werden könne, werde er auch zum Empfang
bereit gehalten.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 27. Januar 2009 –
11 K 623/08.F – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, mit seiner Auslegung des RGebStV versuche der Beklagte
angesichts technischer Neuerungen in unzulässiger Weise, gleichsam einen
präventiven Gebührentatbestand zu schaffen. Wenn der Gesetzgeber glaube, die
Gesamtveranstaltung öffentlich-rechtlicher Rundfunk schützen zu müssen, müsse
er dafür geeignete Instrumente schaffen im Sinne einer vom Empfang
abgekoppelten Umlage. Im Übrigen sei nach wie vor zweifelhaft, ob der
Rundfunkempfang via Internet als Rundfunk im Sinne des RGebStV anzusehen sei.
Wesentliches Merkmal sei die Existenz eines klar abgrenzbaren Senders und einer
für den Sender nicht überschaubaren Vielzahl von Empfängern. Demgegenüber
frage der Nutzer des Internetradios aktiv Daten vom jeweiligen Bereitsteller ab.
Der weite Gerätebegriff des § 1 Abs. 1 RGebStV eröffne den öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten in unzulässiger Weise die Möglichkeit, durch eine Erweiterung
der Verbreitungswege eine Erweiterung der Gebühren auslösenden Tatbestände
zu schaffen. Durch die Gebührenerhebung für neuartige Empfangsgeräte werde
die Entscheidung des Einzelnen, auf eine Nutzung des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks zu verzichten, unterlaufen. Zudem begegne der angefochtene
Gebührenbescheid auch verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Anknüpfung der
Gebührenpflicht an eine Legitimation würde demgegenüber zu sachgerechten
Ergebnissen führen und dem Grundsatz der Gebührengerechtigkeit dienen. Als
milderes Mittel zur generellen Gebührenpflicht biete sich etwa die „Gebührenpflicht
gegen Mitteilung“ an, wenn dem Nutzer eines internetfähigen PC’s bereits bei der
Anmeldung die Möglichkeit gegeben werde, anzukreuzen, ob er über seinen PC
auch Rundfunkleistungen abzurufen beabsichtige. Im Übrigen sei es unter dem
Blickwinkel der Lastengleichheit ungerechtfertigt, dass angesichts der
Gebührenbefreiung für Zweitgeräte ein einzelner Selbständiger die gleiche Gebühr
zu zahlen habe wie ein potentiell milliardenschweres Unternehmen. Die in
Anbetracht der herkömmlichen Empfangsgeräte vom Gesetzgeber als sicher
anzunehmende regelmäßige Nutzung von Radios und TV-Geräten sei Grundlage
für die an die bloße Nutzungsmöglichkeit anknüpfende Gebührenpflicht gewesen;
diese Annahme sei jedoch bei internetfähigen PC’s angesichts ihrer
multifunktionalen Möglichkeiten nicht mehr gerechtfertigt. Schließlich sei der
Gebührentatbestand auch nicht hinreichend bestimmt, da die Gebühr erhoben
werde auf der Grundlage eines Befreiungstatbestandes und eines unbestimmten
Rechtsbegriffs.
Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (1 Heft) haben vorgelegen und sind
Gegenstand der Beratung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-
und Streitstandes wird auf diese Unterlagen sowie auf die gewechselten
Schriftsätze und den darüber hinaus gehenden Inhalt der Gerichtsakten Bezug
genommen, die der Beratung ebenfalls zugrunde gelegen haben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof kann über die Berufung durch Beschluss entscheiden,
weil er sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für
erforderlich hält (§ 130a Satz 1 VwGO). Die Beteiligten sind dazu vor Ergehen der
Entscheidung mit förmlich zugestellter Verfügung vom 8. März 2010 gehört
worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme (§ 130a Satz 2 i.V.m. § 125
Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt
am Main vom 27. Januar 2009 ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung
des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage.
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Der Gebührenbescheid des Südwestrundfunks vom 1. Juli 2007 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 5. Februar 2008 ist rechtmäßig und
verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil er für
den streitigen Zeitraum Januar bis März 2007 nach den Vorschriften des
Rundfunkgebührenstaatsvertrages - RGebStV - vom 31. August 1991 (GVBl. I S.
367) in der Fassung des Achten Rundfunkgebührenstaatsvertrages vom 08./15.
Oktober 2004 (GVBl. I 2005, S. 118) bzw. in der zum 1. März 2007 in Kraft
getretenen Fassung des Neunten Rundfunkgebührenstaatsvertrages vom 8.
August 2006 (GVBl. I 2007, S. 206) zur Zahlung von Rundfunkgebühren verpflichtet
ist.
1. Die Bescheide sind formell rechtmäßig; insbesondere wurde auch der
Widerspruchsbescheid von der zuständigen Landesrundfunkanstalt erlassen. Nach
§ 7 Abs. 5 Satz 1 RGebStV wird die Gebührenschuld durch die nach § 7 Abs. 1
RGebStV zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt, d.h. durch diejenige, in
deren Bereich das Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereit gehalten wird.
Nach § 7 Abs. 5 Satz 2 RGebStV können Bescheide über rückständige
Rundfunkgebühren unter anderem auch von der Landesrundfunkanstalt im
eigenen Namen erlassen werden, in deren Anstaltsbereich der
Rundfunkteilnehmer zur Zeit des Erlasses des Bescheides wohnt. Diese Regelung
dient der Verwaltungsvereinfachung bei Wohnsitzänderungen und umfasst deshalb
nach Sinn und Zweck zur Überzeugung des Senats das Recht der infolge eines
Umzuges zuständig gewordenen Landesrundfunkanstalt, auch über einen bereits
erhobenen Widerspruch zu entscheiden. Denn die der Landesrundfunkanstalt des
neuen Wohnsitzes mit dieser Regelung zugesprochene Kompetenz zum Erlass
sowohl des Gebühren- als auch des Widerspruchsbescheids umfasst als Minus das
Recht, in ein bereits laufendes Widerspruchsverfahren einzutreten.
2. Sowohl der Gebührenbescheid des Südwestrundfunks als auch der
Widerspruchsbescheid des Beklagten sind auch materiell rechtmäßig. Der Kläger
ist für den hier streitigen Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 31. März 2007 nach den
Vorschriften des Rundfunkgebührenstaatsvertrages für seinen internetfähigen PC
zur Zahlung einer monatlichen Grundgebühr von 5,52 € verpflichtet; außerdem
wurde infolge der Nichtzahlung zu Recht ein Säumniszuschlag in Höhe von 5,11 €
gegen ihn festgesetzt.
Rechtsgrundlage für die Erhebung der Rundfunkgebühr ist § 2 Abs. 2 Satz 1
RGebStV. Danach hat jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich der Regelungen der
§§ 5 und 6 für jedes von ihm zum Empfang bereit gehaltene
Rundfunkempfangsgerät eine Grundgebühr zu entrichten. Rundfunkteilnehmer ist
nach § 1 Abs. 2 RGebStV, wer ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereit
hält (Satz 1). Ein Rundfunkempfangsgerät wird dann zum Empfang bereit
gehalten, wenn damit ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand
Rundfunkdarbietungen, unabhängig von Art, Umfang und Anzahl der
empfangbaren Programme, unverschlüsselt oder verschlüsselt, empfangen
werden können (Satz 2). Rundfunkempfangsgeräte im Sinne des
Rundfunkgebührenstaatsvertrages sind nach § 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV
technische Einrichtungen, die zur drahtlosen oder drahtgebundenen, nicht
zeitversetzten Hör- oder Sichtbarmachung oder Aufzeichnung von Rundfunk
(Hörfunk und Fernsehen) geeignet sind.
Danach ist der Kläger für den von ihm vorgehaltenen internetfähigen PC
rundfunkgebührenpflichtig. Sein PC ist ein Rundfunkempfangsgerät, das zum
Empfang bereit gehalten wird und dessen Einbeziehung in die
Rundfunkgebührenpflicht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.
a) Die über das Internet als Livestream empfangbaren Darbietungen sind
„Rundfunk“ i.S.d. Rundfunkgebührenstaatsvertrages.
Rundfunk gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV im Spannungsfeld zwischen den
Printmedien einerseits und den verschiedenen Arten der Individualkommunikation
andererseits ist jede an eine unbestimmte Vielzahl von Personen gerichtete
drahtlose oder drahtgebundene Übermittlung von Gedankeninhalten. Maßgeblich
sind dabei die Merkmale „Verbreitung“, „Allgemeinheit“ und „Darbietung“,
während die verwendete Übertragungstechnik (analog oder digital) und die
Übertragungsmedien (Satellit, Kabel oder terrestrisch) von untergeordneter
Bedeutung sind (Schlemmer, in Epping/Hillgruber, Beckscher-Online-Kommentar,
Art. 5 GG, Rdnrn. 66 ff.). Der Umstand, dass die als Livestream zu empfangenden
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Art. 5 GG, Rdnrn. 66 ff.). Der Umstand, dass die als Livestream zu empfangenden
Rundfunkdarbietungen über das Internet leicht zeitversetzt – typischerweise 2 bis 6
Sekunden (Wikipedia: Streaming-Media – Datenübertragungsrate;
http://de.wikipedia.org/ wiki/ Streaming_ Media, vom 22. Januar 2010) – und erst
nach Aufbau einer Datenleitung durch den Nutzer empfangen werden können,
ändert nichts daran, dass es sich auch dabei um eine „Rundfunkdarbietung“
handelt. Zum einen lassen sich auch zwischen analog und digital übertragenen
Rundfunkprogrammen über Satellit oder Kabel leichte zeitliche Differenzen
feststellen (vgl. Wikipedia, Digital Video Broadcasting, http://de.wikipedia.org/
wiki/Digital_ Video_Broadcasting, Stichwort Technik, vom 23. April 2010), ohne
dass deshalb Zweifel an deren Eigenschaft als Rundfunk aufgekommen wären.
Zum anderen wird trotz der leichten Zeitverzögerung das gleiche, aktuell auch mit
Hilfe herkömmlicher Empfangsgeräte zu empfangende Programm an eine
unbestimmte Anzahl von Personen übermittelt. Es ist daher nicht ersichtlich, aus
welchem Grund der Empfang von Rundfunkdarbietungen allein auf Grund des
technisch anderen Übertragungsweges aus der Definition als „Rundfunk“
herauszunehmen sein sollte.
b) Der internetfähige PC des Klägers wird auch zum Empfang bereit gehalten.
aa) Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV wird ein Gerät zum Empfang bereit gehalten,
wenn es ohne besonderen technischen Aufwand in der Lage ist, Rundfunk zu
empfangen. Das ist für den Rundfunkempfang über das Internet zu bejahen. Zwar
bedarf es einer besonderen Player-Software; diese ist jedoch kostenlos im Internet
verfügbar und lässt sich zumindest für mit dem Internet vertraute Personen ohne
besondere Kenntnisse installieren, zumal für die einzelnen Schritte stets auch
Hilfestellung angeboten wird (vgl. die aktuelle Version - 23. April 2010 - von BR-
online, Rundfunktechnik, Verbreitung via Internet, die mit Stand 05. Mai 2008 als
Anlage 5 zum Schriftsatz des Klägers vom 27. August 2008 zu den Akten gereicht
wurde, Bl. 111 d. GA.). Der Umstand, dass die dahinterstehende Technik, wie der
Prozessbevollmächtigte geltend macht, technisch aufwändig ist, ist insoweit nicht
maßgeblich, denn § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV stellt darauf ab, dass das Gerät vom
Nutzer zum Empfang bereit gehalten wird. Entscheidend ist deshalb allein, ob aus
seiner Sicht ein besonderer zusätzlicher Aufwand erforderlich ist, was angesichts
der im Internet zur Verfügung gestellten Downloads zu verneinen ist.
bb) Der vom Kläger im privaten Bereich vorgehaltene internetfähige PC wird auch
trotz seiner Multifunktionalität zum Rundfunkempfang bereit gehalten.
Ausschlaggebend für die Erhebung der Rundfunkgebühr ist insoweit auf Grund des
eindeutigen Wortlauts des § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV allein die m ö g l i c h e
Nutzung des Gerätes zum Rundfunkempfang, unabhängig davon, ob und in
welchem Umfang der Teilnehmer damit tatsächlich Rundfunkleistungen empfängt.
Denn entscheidend ist die objektive Zweckbestimmung des Gerätes zum
Empfang, die bei herkömmlichen Empfangsgeräten angesichts ihrer
Monofunktionalität auf der Hand liegt. Dementsprechend hat das
Bundesverfassungsgericht die Gebührenpflicht für herkömmliche Geräte in
Anknüpfung an die bloße Nutzungsmöglichkeit in Anbetracht der besonderen
Bedeutung des Rundfunks für ein demokratisches Staatswesen für rechtens
erachtet. Denn die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Rundfunkfreiheit diene
der freien, individuellen und öffentliche Meinungsbildung. Diese vollziehe sich als
Voraussetzung sowohl der Persönlichkeitsentfaltung als auch der demokratischen
Ordnung in einem Prozess der Kommunikation, der ohne Medien, die
Informationen und Meinungen verbreiten und selbst Meinungen äußern, nicht
aufrechterhalten werden könne. Freie Meinungsäußerung könne daher nur in dem
Maße gelingen, wie der Rundfunk seinerseits frei, umfassend und wahrheitsgemäß
informiere (BVerfG, Urteil vom 22. Februar 1994, - 1 BvL 30/88 -, juris, Rdnrn. 140
ff.). Wenn sich der Gesetzgeber im Interesse der freien Meinungsbildung
entschließe, die Rundfunkveranstaltung ganz oder teilweise öffentlich-rechtlichen
Anstalten anzuvertrauen, müsse er diesen auch die finanziellen Mittel zur
Verfügung stellen und in diesem Zusammenhang sei es gerechtfertigt, die
Leistungspflicht der Empfänger allein an die bloße Nutzungsmöglichkeit
anzuknüpfen, weil sie der Aufrechterhaltung eines Rundfunkangebotes diene, wie
es von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gefordert werde, und im Gesamtinteresse liege
(BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 1992 - 1 BvR 1586/89, 1 BvR 487/92 -, juris,
Rdnrn. 71 und 81).
Bei internetfähigen PC’s liegt die Verwendung zum Rundfunkempfang angesichts
der bei ihnen vorhandenen Multifunktionalität zwar nicht derart auf der Hand wie
bei herkömmlichen Geräten; vielmehr mag es sein, dass viele Nutzer die
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bei herkömmlichen Geräten; vielmehr mag es sein, dass viele Nutzer die
zahlreichen Möglichkeiten dieser Geräte nur zu einem Teil nutzen und
dementsprechend auch die Rundfunkempfangsmöglichkeiten nicht von allen in
Anspruch genommen werden. Die daraus vom Verwaltungsgericht Frankfurt am
Main in seiner angegriffenen Entscheidung gezogene Schlussfolgerung, bei
multifunktionalen Geräten müsse die tatsächliche Nutzung angesichts des in der
gesetzlichen Regelung mit den Worten „zum Empfang bereit hält“ zum Ausdruck
kommenden finalen Tatbestandselements durch die Rundfunkanstalt
nachgewiesen werden, hält der Senat jedoch nicht für zutreffend. Der
internetfähige PC erfüllt - wie ein herkömmliches Rundfunkempfangsgerät -
objektiv das Merkmal des „Zum-Empfang-Bereithaltens“. Dazu ist nicht
erforderlich, dass die Möglichkeit, mit dem PC Rundfunkdarbietungen zu
empfangen, die einzige Nutzungsmöglichkeit des internetfähigen PC’s ist. Auch
herkömmliche Rundfunkempfangsgeräte bieten dem Nutzer vielfach weitere
Funktionen wie etwa das Abspielen von CD’s, DVD’s oder Schallplatten sowie das
Aufnehmen von Sendungen usw. Maßgeblich ist deshalb allein, dass der PC a u c h
den Empfang von Rundfunkdarbietungen ermöglicht, denn letztlich handelt es sich
lediglich um einen neuen, anderen Übertragungsweg für Rundfunkdarbietungen.
Gleichwohl ist Anknüpfungspunkt für die Rundfunkgebühr damit nicht der bloße
Besitz des Gerätes; erforderlich ist darüber hinaus nach dem Wortlaut des § 1 Abs.
2 Satz 2 RGebStV auch eine objektiv feststellbare Zweckbestimmung des
Bereithaltens „zum Empfang“. Ob dieses Tatbestandsmerkmal vorliegt ist jedoch
nicht nach der tatsächlichen Verwendung des Benutzers zu beurteilen, sondern
nach objektiven Gesichtspunkten. Demzufolge wird ein internetfähiger PC zum
Empfang bereit gehalten, wenn er in seiner Komplexität mit allen Funktionen
genutzt werden kann, auch wenn im Einzelfall nicht sämtliche Möglichkeiten
ausgenutzt werden mögen. An dieser objektiven Zweckbestimmung zum Empfang
fehlt es in den bislang von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen.
Navigationsgeräte, die zum Rundfunkempfang geeignet, aber nicht zugelassen
sind, sind nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 26.
Februar 1988, - 7 C 34/87 -, juris, Rdnr. 14), denen sich der Senat anschließt, aus
Rechtsgründen von der Gebührenpflicht befreit. Denn es widerspräche dem
Rechtsstaatsprinzip, denjenigen, die sich einem fernmelderechtlichen Verbot
entsprechend rechtstreu verhalten, allein weil sie ein solches Gerät besitzen, eine
objektiv rechtswidrige Zweckbestimmung zu unterstellen und sie damit denjenigen
gleich zu stellen, die ein solches Gerät tatsächlich verbotswidrig nutzen. Soweit die
Rechtsprechung außerdem solche Geräte von der Rundfunkgebührenpflicht
ausgenommen hat, die von einem Handelsunternehmen ohne Prüfung oder
Vorführung zum Kauf angeboten werden, werden diese Geräte schon objektiv nicht
zum Rundfunkempfang, sondern als Handelsware zum Verkauf an den endgültigen
Nutzer bereit gehalten, so dass auch ihre Herausnahme aus der
Rundfunkgebührenpflicht gerechtfertigt erscheint. Die überragende Bedeutung, die
der Rundfunk - wie oben ausgeführt - nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts für eine moderne Demokratie hat, rechtfertigt es
jedoch, für die Gebührenpflichtigkeit unabhängig von den individuellen
Gewohnheiten des Nutzers an die objektive Empfangsmöglichkeit des bereit
gehaltenen Gerätes anzuknüpfen (vgl. vgl. dazu ähnlich Bay. VGH, Urteil vom 19.
Mai 2009, - 7 B 08.2922 -, juris, Rdnr. 26, der maßgeblich auf den bloßen Besitz
eines empfangstauglichen Gerätes abstellt; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.
März 2009, 7 A 10959/08 -, juris, Rdnr. 30 und OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil
vom 1. Juni 2009, - 8 A 732/09 -, juris, Rdnr. 74, die für den internetfähigen PC von
einer Vermutung des Bereithaltens zum Rundfunkempfang ausgehen).
Eine Auslegung des § 1 Abs. 2 Satz 2 RGebStV, wonach Internetfähige PC’s
grundsätzlich zu den Rundfunkempfangsgeräten zu zählen sind, entspricht im
Übrigen auch dem Willen des Gesetzgebers, denn mit dem im Achten
Rundfunkgebührenstaatsvertrag eingefügten § 5 Abs. 3 RGebStV hat er festgelegt,
dass für sog. „neuartige Rundfunkempfangsgeräte“, d.h. insbesondere für
Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet
wiedergeben, im nicht ausschließlich privaten Bereich unter bestimmten
Umständen keine Rundfunkgebühr zu entrichten ist. Diese
Zweitgerätegebührenbefreiung wäre überflüssig, wenn nicht auch zum
Rundfunkempfang objektiv geeignete PC’s unter den umfassenden Gerätebegriff
des § 1 Abs. 1 RGebStV zu subsumieren wären (vgl. dazu die ausführlichen
Darlegungen des OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O., Rdnrn. 21 ff.).
c) Die einschlägigen Regelungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrages begegnen
auch keinen durchgreifenden, verfassungsrechtlichen Bedenken.
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aa) Die allein an das Bereithalten des Geräts anknüpfende
Rundfunkgebührenpflicht für internetfähige PC’s verletzt weder die
Informationsfreiheit noch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG).
bb) Insoweit kann offen bleiben, ob die Rundfunkgebührenpflicht für internetfähige
PC’s in den Schutzbereich dieser Grundrechte eingreift.
Das Grundrecht auf Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz GG
schützt das Recht des Einzelnen, sich aus allgemein zugänglichen Quellen
ungehindert zu unterrichten. Eine Quelle ist dann allgemein zugänglich, wenn sie
technisch geeignet und dazu bestimmt ist, einem individuell nicht bestimmbaren
Personenkreis Informationen zur Verfügung zu stellen (BVerfG, Beschluss vom 3.
Oktober 1969, 1 BvR 46/65 -, juris Rdnr. 35). Damit geht jedoch nicht zugleich das
Recht einher, auf diese Informationen kostenlos zugreifen zu können. Denn die
Informationsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG sichert als Abwehrrecht nur den
Zugang zu allgemein zugänglichen Informationsquellen gegen staatliche
Beschränkungen (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001, - 1 BvR 2623/95, 1 BvR
622/99 -, juris, Rdnr. 55). Ein staatlich festgesetztes Entgelt für den Empfang von
Rundfunkdarbietungen könnte daher allenfalls dann eine Verletzung der
Informationsfreiheit nach sich ziehen, wenn diese Gebühr darauf abzielte oder
wegen ihrer Höhe objektiv dazu geeignet wäre, nutzungswillige Interessenten
davon abzuhalten, sich Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen zu
beschaffen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. September 1999, - 1 BvR
1013/99 -, juris, Rdnr. 11).
Das Recht auf freie Meinungsäußerung i.S.d. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet
jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern, d.h. frei zu sagen, was er
denkt, auch wenn er für seine Meinung keine nachprüfbaren Gründe angibt oder
angeben kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. Juni 1982, - 1 BvR 1376/79 -, juris, Rdnr.
13).
Davon ausgehend knüpft die Rundfunkgebührenpflicht für internetfähige PC’s
weder an die Inanspruchnahme ansonsten kostenlos im Internet verfügbarer
Informationen an noch steht sie in einem Zusammenhang mit
Meinungsäußerungen des Klägers in Foren, Blogs oder ähnlichen Einrichtungen.
Die vom Kläger behauptete Beeinträchtigung seiner Informations- oder
Meinungsäußerungsfreiheit beruht allenfalls darauf, dass er auf Grund seiner freien
Entscheidung statt eines Radios und eines PC’s lediglich einen internetfähigen PC
und damit ein Gerät betreibt, das - dank moderner technischer Entwicklungen -
zahlreiche Funktionen miteinander verbindet und dem Nutzer damit die
Anschaffung zweier Geräte erspart. Wenn eine dieser Funktionen gebührenpflichtig
ist, kann daraus allein noch nicht hergeleitet werden, dass diese Gebührenpflicht
dem Nutzer auch in Bezug auf alle anderen Nutzungsmöglichkeiten eine Gebühr
abverlangt. Denn Anknüpfungspunkt für die Gebührenpflicht ist insoweit nicht das
Gerät als solches, sondern die jeweils betrachtete, mögliche Funktion. Die
umfassende Nutzung eines internetfähigen PC’s ändert nichts daran, dass der
(mögliche) Rundfunkempfang gebührenpflichtig ist, die übrigen Funktionen
hingegen gebührenfrei in Anspruch genommen werden können. Der Senat
verkennt dabei nicht, dass jeder Nutzer eines internetfähiger PC’s mit dem Erwerb
des Gerätes damit immer zugleich auch Rundfunkteilnehmer wird und der
Gebührenpflicht unterliegt, wenn er nicht bereits für klassische
Rundfunkempfangsgeräte gebührenpflichtig ist. Dies ist jedoch die Konsequenz
aus der vom Markt gewünschten Multifunktionalität der Geräte und der daraus
resultierenden erweiterten Nutzungsmöglichkeiten dieser PC’s einschließlich des
hinzugetretenen neuen Übertragungsweges für Rundfunkdarbietungen. Die
Gebührenpflichtigkeit internetfähiger PC’s betrifft die sonstigen, kostenlos
angebotenen Internetnutzungen deshalb allenfalls als mittelbare Folge und ist
damit bloßer Reflex einer nicht entsprechend ausgerichteten gesetzlichen
Regelung (vgl. dazu BVerfG, Kammerbeschluss vom 31. August 2009, - 1 BvR
3275/07 -, juris Rdnr. 11).
cc) Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob die Einbeziehung internetfähiger PC’s in
die Rundfunkgebührenpflicht in Anbetracht der Tatsache, dass sie zwar nicht auf
sonstige - rundfunkunabhängige - Inhalte abzielt, faktisch jedoch durchaus
geeignet ist, den Zugriff auf andere, kostenlos im Internet verfügbare Funktionen
zu erschweren, einen Eingriff in diese Grundrechte darstellt. Denn unabhängig
davon, ob die Rundfunkgebührenpflicht für internetfähige PC’s in die Grundrechte
auf Informations- bzw. Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG eingreift, ist
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auf Informations- bzw. Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG eingreift, ist
ein solcher Eingriff jedenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt (vgl. dazu OVG
Rheinland-Pfalz, a.a.O. Rdnrn. 37 ff., 41; OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O., Rdnrn.
111 ff., 118; Bay. VGH, a.a.O., Rdnrn. 36 ff.), weil sowohl die Informations- als auch
die Meinungsfreiheit ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen - Art. 5 Abs. 2
GG - finden. Darunter sind alle Gesetze zu verstehen, die sich nicht speziell gegen
die Medien oder eine bestimmte Meinung richten, sondern dem Schutz eines
schlechthin, ohne Rücksicht auf bestimmte Informationen oder Meinungen zu
schützenden Rechtsguts dienen, das dem Grundrechtsschutz der Medien nicht
nachsteht. Dabei sind grundrechtsbeschränkende Gesetze im Lichte des
eingeschränkten Grundrechts auszulegen, unter Abwägung der Bedeutung des
eingeschränkten Grundrechts und der Bedeutung des Schutzgutes, dem das
grundrechtsbeschränkende Gesetz dient. Eine auf ein solches Gesetz gestützte
hoheitliche Maßnahme muss die Erfordernisse des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wahren (BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 1994 - 1
BvR 1595/92, 1 BvR 1606/92 -, juris, Rdnr. 39, st. Rspr.).
dd) Davon ausgehend ist die Gebührenpflicht für internetfähige PC’s
verhältnismäßig. Sie ist insbesondere geeignet und erforderlich, um die
Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen - ein gleich
geeignetes milderes Mittel ist nicht zu erkennen - und die Maßnahme ist auch
angemessen, d.h. verhältnismäßig im engeren Sinne.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat der Staat dem
öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Anbetracht seiner überragenden Bedeutung für
die freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung eine positive Ordnung zu
geben, die es ihm erlaubt, in Konkurrenz zu den privaten Sendern die Vielfalt der
Meinungen und Themen aufzunehmen und wiederzugeben, die in der Gesellschaft
eine Rolle spielen. Zu diesem Zweck ist eine Finanzierung erforderlich, die den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Stand versetzt, die ihm zukommende
Funktion im dualen System, d.h. im Nebeneinander von öffentlich-rechtlichem und
privatem Rundfunk, zu erfüllen, und ihn zugleich wirksam davor schützt, dass die
Entscheidung über die Finanzausstattung zu politischer Einflussnahme genutzt
wird. Als die diesen Anforderungen entsprechende Finanzierung hat das
Bundesverfassungsgericht die Gebührenfinanzierung angesehen, die es dem
öffentlich-rechtlichen Rundfunk gestattet, unabhängig von Einschaltquoten und
Werbeaufträgen ein Programm anzubieten, das den verfassungsrechtlichen
Anforderungen an ihn entspricht (BVerfG, Urteil vom 22. Februar 1994, - 1 BvL
30/88 -, juris, Rdnrn. 140, 142, 147, 148).
(1) Die Einbeziehung der internetfähigen PC’s in die Rundfunkgebührenpflicht ist
geeignet, diese vom Bundesverfassungsgericht geforderte Finanzierung
sicherzustellen, weil sie in Anbetracht der erweiterten Übertragungswege die
Ausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit den erforderlichen Mitteln
unabhängig von Werbeeinnahmen sicherstellt. Soweit der Kläger meint, in
Anbetracht der Tatsache, dass es sich um ein wenig genutztes Medium handele,
sei es nicht gerechtfertigt, dieses durch allgemein verbindliche Gebühren zu
finanzieren, teilt der Senat diese Ansicht nicht. Denn es geht hier nicht um die
Finanzierung des „Internetradios“ als solches, sondern um die Einbeziehung eines
neuen Übertragungsweges in die allgemeine Finanzierung des öffentlich-
rechtlichen Rundfunks, zumal diese Art des Rundfunkempfangs zunimmt (vgl. van
Eimeren/Frees, ARD/ZDF Studie 2009, Media Perspektiven 7/2009 – veröffentlicht
im Internet).
(2) Die Einbeziehung der PC’s in die Rundfunkgebührenpflicht durfte vom
Gesetzgeber auch als erforderlich angesehen werden, denn in Anbetracht der
steigenden Anzahl von PC-Nutzern, die den Rechner als Kommunikations- und
Medienzentrale ansehen (vgl. dazu van Eimeren/Frees, a.a.O., S. 352) und darauf
verzichten, daneben noch ein Radio- oder Fernsehgerät vorzuhalten, wäre die
andernfalls mögliche „Flucht aus der Rundfunkgebühr“ geeignet, den öffentlich-
rechtlichen Rundfunk in absehbarer Zeit in finanzielle Schwierigkeiten zu bringen,
so dass er nicht mehr in der Lage wäre, als Gegenpol zu den Privatsendern für die
Ausgewogenheit des Programms Sorge zu tragen.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist in einem Registrierungsmodell auch kein
gleich geeignetes, milderes Mittel der Rundfunkfinanzierung zu sehen. Zum einen
würde ein PC auch dann noch zum Empfang im Sinne des RGebStV bereit
gehalten, denn auch der Empfang nur privatrechtlicher Programme begründet die
Teilnahme an der Gesamtveranstaltung Rundfunk (BVerfG, Urteil vom 22. Februar
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Teilnahme an der Gesamtveranstaltung Rundfunk (BVerfG, Urteil vom 22. Februar
1994, - 1 BvL 30,88 -, Rdnr. 148). Um ein Registrierungsmodell durchzusetzen
müssten daher letztlich auch alle privaten Rundfunkveranstalter verpflichtet
werden, ein Registrierungsmodell einzurichten (vgl. ebenso OVG Rheinland-Pfalz,
a.a.O., Rdnr. 58). Außerdem sieht auch der Senat - ebenso wie der Bayerische
Verwaltungsgerichtshof - die Gefahr der Umgehung solcher Registrierungssysteme
durch die einfache Weitergabe von Nutzerkennung und Passwort (Bay. VGH,
a.a.O., Rdnr. 46). Angesichts des dem Gesetzgeber im Rahmen der
Rundfunkfinanzierung zustehenden Gestaltungsspielraums ist es daher nicht zu
beanstanden, wenn er kein neues Gebührenmodell entwickelt, sondern das alte
fortschreibt (vgl. Bay. VGH, a.a.O., Rdnr. 47)
Entsprechendes gilt für die vom Kläger genannte „Gebührenpflicht gegen
Mitteilung“. Denn damit würde der Gesetzgeber ein Gebührenmodell einführen, bei
dem der Vollzug der Gebührenpflichtigkeit letztlich in das Belieben des Pflichtigen
gestellt wäre. Eine Gebührenbelastung, die nahezu allein an die
Erklärungsbereitschaft des Zahlungspflichtigen anknüpft, erscheint jedoch
verfassungsrechtlich bedenklich, weil Kontrollen nahezu unmöglich sind und damit
die Gebührenpflicht von vornherein unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz an
einer gewissen Ineffektivität leiden würde (vgl. ebenso OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O.,
Rdnr. 71, unter Berufung auf die Entscheidung des BVerfG zur Spekulationssteuer,
Urteil vom 9. März 2004, - 2 BvL 17/02 -, juris). Der Gesetzgeber durfte daher auch
eine „Gebührenpflicht gegen Mitteilung“ als nicht geeignet, weil wenig praktikabel
ansehen.
(3) Die generelle Gebührenpflicht für internetfähige PC’s ist auch angemessen,
d.h. verhältnismäßig im engeren Sinne, denn sie dient der Finanzierung des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks und damit der Sicherstellung eines
ausgewogenen, in einer funktionierenden Demokratie besonders bedeutsamen
Rundfunk- und Fernsehprogramms. Dementsprechend erscheint es nicht
unverhältnismäßig, dass diejenigen Internetnutzer, die weder ein herkömmliches
Rundfunk- oder Fernsehgerät vorhalten noch aus persönlichen Gründen nach § 6
RGebStV von der Gebührenzahlung befreit sind, in Anbetracht der bloßen
Nutzungsmöglichkeit eines PC’s als Rundfunkempfangsgerät zur Zahlung der
Gebühr herangezogen werden (ebenso Bay. VGH, a.a.O., Rdnr. 48). Auch der
Betrag von 5,52 € pro Monat ist entgegen der Ansicht des Klägers der Höhe nach
als zumutbar anzusehen, zumal § 6 RGebStV umfangreiche
Befreiungsmöglichkeiten für natürliche Personen und deren Ehegatten im
ausschließlich privaten Bereich vorsieht.
d) Entgegen der Auffassung des Klägers verletzt die Rundfunkgebührenpflicht für
den internetfähigen PC ihn auch nicht in seinem Grundrecht auf freie
Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG. Zum einen gilt für den E-Mail-Verkehr des
Klägers mit seiner Praxis das bereits oben zu seiner Teilnahme an Internetforen
etc. Gesagte, denn auch insoweit steht die Gebührenpflicht in keinem
Zusammenhang zu dieser Art der PC-Nutzung, sondern entsteht allein, weil sich
der Kläger zum Erwerb eines multifunktionalen Gerätes entschieden hat. Zum
anderen greifen auch Steuern und ähnliche Abgaben nur dann in den
Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ein, wenn sie in engem Zusammenhang mit
der Ausübung des Berufs stehen und – objektiv – eine berufsregelnde Tendenz
deutlich erkennen lassen (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998, - 2 BvR 1876/91, 2 BvR
1083/92, 2 BvR 2188/92, 2 BvR -, juris, Rdnr. 117 m.w.N.). Gleiches gilt hier. Auch
die Rundfunkgebühr für internetfähige PC’s lässt keine berufsregelnde Tendenz
erkennen.
e) Die Erhebung der Rundfunkgebühr für internetfähige PC’s verstößt entgegen der
Auffassung des Klägers auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet der allgemeine
Gleichheitssatz dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich
Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierungen, die dem Gesetzgeber
verboten sind, dürfen auch von den Gerichten bei der Auslegung der Gesetze nicht
anerkannt werden (BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 2005, -2 BvR 167/02 –, juris,
Rdnr. 31)
Davon ausgehend stellt die Einbeziehung internetfähiger PC’s in die Gruppe der
Rundfunkempfangsgeräte keine Ungleichbehandlung dar.
Allein der Umstand, dass unterschiedliche Übertragungswege bestehen,
rechtfertigt keine unterschiedliche Behandlung beider Arten des
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rechtfertigt keine unterschiedliche Behandlung beider Arten des
Rundfunkempfangs, da es in beiden Fällen um den Empfang der gleichen
Darbietungen geht und dieser und nicht der Übertragungsweg Anknüpfungspunkt
für die Gebührenpflicht ist.
Der Umstand, dass Breitbandanschlüsse noch nicht überall vorhanden sind, ist für
den vorliegenden Fall ohne Belang, da der Kläger jedenfalls über einen solchen
Anschluss verfügt und daher kein Grund ersichtlich ist, weshalb seine
Heranziehung zur Rundfunkgebühr insofern gegen den Gleichheitssatz verstoßen
sollte.
Auch in der Anknüpfung der Gebühr an das bloße Vorhalten des PC’s ist keine
Verletzung des Gleichheitssatzes zu erkennen. Denn in Bezug auf den Empfang
von Rundfunkdarbietungen unterscheiden sich herkömmliche
Rundfunkempfangsgeräte nicht wesentlich von internetfähigen PC’s. Die
Gebührenpflicht auch für den internetfähigen PC erscheint daher nicht als
willkürliche Gleichbehandlung eines wesentlich ungleichen Sachverhalts. Will der
Betroffene die Zahlung von Rundfunkgebühren für seinen PC vermeiden, muss er
zwar nicht nur das in ihm enthaltene „herkömmliche Radiogerät“ abschaffen,
sondern zugleich auch auf alle anderen Nutzungsmöglichkeiten des PC’s
verzichten. Darin ist jedoch keine ungerechtfertigte Gleichbehandlung wesentlich
ungleicher Sachverhalte zu sehen, denn letztlich ist nur der Rundfunkempfang –
unabhängig vom Übertragungsweg – gebührbelastet, die weitere Konsequenz
jedoch der Multifunktionalität der modernen Geräte geschuldet.
Eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung vermag der Senat
auch nicht darin zu sehen, dass seitens des Geschäftsführers der GEZ geäußert
worden sein soll, es werde keine gezielte Kampagne geben, um im gewerblichen
Bereich Rundfunkteilnehmer zur Zahlung der Gebühr für PC’s aufzufordern.
Insoweit mag dahinstehen, ob es als rechtswidrig anzusehen ist, wenn die GEZ von
vornherein auf eine möglichst gleichmäßige und flächendeckende Durchsetzung
der Gebührenpflicht für internetfähige PC’s verzichtet, denn der Kläger könnte
daraus jedenfalls zu seinen Gunsten nichts herleiten. Der Gleichheitssatz vermag
eine rechtswidrige Praxis nicht zu rechtfertigen und vermittelt demzufolge keinen
Anspruch darauf, ebenfalls in rechtswidriger Weise bevorzugt zu werden - keine
Gleichheit im Unrecht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2010, - 5 B 63/09 -,
juris, Rdnr. 9).
Soweit der Kläger zudem eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu Lehrern und
anderen öffentlichen Bediensteten bemängelt, die im Gegensatz zu Heimarbeitern
und Selbständigen von der Rundfunkgebühr befreit seien, vermag der Senat auch
diese Ansicht nicht zu teilen. Die Befreiung nach § 5 Abs. 7 und 10 RGebStV betrifft
Krankenhäuser, Behindertenheime etc. bzw. öffentliche allgemeinbildende und
ihnen gleichgestellte Schulen. Insoweit sind diese Befreiungsmöglichkeiten ganz
offensichtlich dem Fürsorgecharakter der Einrichtungen bzw. dem staatlichen
Erziehungs- und Bildungsauftrag gemäß Art. 7 Abs. 1 GG geschuldet mit der Folge,
dass hier zu Recht Unterschiedliches unterschiedlich behandelt wird.
Der Kläger kann ferner auch nicht mit Erfolg bemängeln, es verstoße gegen den
Gleichheitssatz, wenn dem einzelnen Selbständigen die gleiche Gebührenlast
auferlegt werde wie einem potentiell milliardenschweren Unternehmen. Gemäß § 2
Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV ist im gewerblichen Bereich jedes
Rundfunkgerät gebührenpflichtig. Große Unternehmen werden demnach in Bezug
auf die Vorhaltung herkömmlicher Geräte durchaus in größerem Maße mit der
Rundfunkgebührenpflicht belastet als kleine Betriebe. Nur sog. neuartige
Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich (§ 5 Abs. 3
RGebStV) sind davon ausgenommen. Diese Regelung beinhaltet eine umfassende
Zweitgerätebefreiung für neuartige Rundfunkgeräte wie Rechner, Handys etc.,
solange wenigstens ein weiteres Rundfunkgerät vorgehalten wird. Damit trägt der
Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass PC’s in der Regel überwiegend zu
anderen Zwecken als zum Rundfunkempfang benutzt werden. Da dieser
Grundgedanke auf Kleinbetriebe ebenso zutrifft wie auf Großunternehmen, vermag
der Senat in dieser Gleichbehandlung keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu
sehen.
f) Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG - allgemeine
Handlungsfreiheit – vor, da jedenfalls auch dieses Grundrecht durch die
verfassungsmäßige Ordnung beschränkt ist. Diese umfasst nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Summe aller formell und
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Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Summe aller formell und
materiell verfassungsmäßigen Rechtsnormen (BVerfG, Urteil vom 16. Januar 1957,
1 BvR 253/56 -, juris, Rdnr. 17). Dazu gehört nach dem bereits oben Gesagten
auch der Rundfunkgebührenstaatsvertrag.
g) Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag verstößt entgegen der Auffassung des
Klägers auch nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG.
Rechtsgrundlage für die Gebühr ist § 2 Abs. 2 RGebStV und nicht – wie der Kläger
meint – § 5 RGebStV, der die Befreiung für Zweitgeräte regelt. § 2 Abs. 2 RGebStV
bestimmt, dass jeder, der ein Rundfunkempfangsgerät bereit hält - ein derartiges
Gerät ist nach den obigen Ausführungen auch der PC des Klägers - zur Zahlung
der Gebühr verpflichtet ist. Der Begriff des Rundfunkempfangsgerätes ist in dieser
Bestimmung angesichts der stets fortschreitenden Technik zwar bewusst offen
formuliert - sog. weiter Gerätebegriff -, jedoch mit allgemeinen
Auslegungsmethoden bestimmbar und genügt damit den Anforderungen des
Bestimmtheitsgebotes. Denn Generalklauseln und unbestimmte Begriffe sind
jedenfalls dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn - wie hier - die
üblichen Auslegungsmethoden eine zuverlässige Grundlage für ihre Auslegung und
Anwendung bieten oder sie aus einer gefestigten Rechtsprechung hinreichende
Bestimmtheit gewinnen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 1. Dezember 2009, - 4
B 37/09 -, juris, Rdnr. 5).
h) Soweit der Kläger in der Beendigung des Moratoriums für internetfähige PC’S
zum 31. Dezember 2006 einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot sieht,
vermag der Senat auch diese Ansicht nicht zu teilen. Denn im vorliegenden Fall
handelt es sich allenfalls um eine unechte Rückwirkung, da nicht ein vollständig
abgeschlossener Sachverhalt nachträglich mit einer Gebühr belegt wird, sondern
lediglich ein noch nicht abgeschlossener Sachverhalt - nämlich das Vorhalten
eines PC’s - ab einem bestimmten Zeitpunkt für die Zukunft anders behandelt
wird als bisher. Eine solche Regelung ist grundsätzlich in den Grenzen des
Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit verfassungsrechtlich zulässig;
lediglich dann, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur
Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder die
Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers
überwiegen, ist eine Regelung als unzulässig anzusehen (vgl. dazu BVerfG,
Entscheidung vom 23. März 1971, - 2 BvL 17/69 -, juris, Rdnrn. 32 ff.). Dafür
bestehen nach den oben gemachten Ausführungen jedoch keine Anhaltspunkte.
i) Der Bescheid vom 1. Juli 2007 und der Widerspruchsbescheid vom 5. Februar
2008 sind auch hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Gebühren und des
Säumniszuschlages nicht zu beanstanden. Nach § 8 Nr. 1 des
Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages - RFinStV - betrug die monatliche
Grundgebühr im hier maßgeblichen Zeitraum 5,52 €. Der gegen den Kläger
festgesetzte Säumniszuschlag in Höhe von 5,11 € beruht auf § 6 Abs. 1 der
Satzung des hessischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der
Rundfunkgebühren vom 12. November 1993 (Staatsanzeiger 1997, S. 3180) in der
Fassung vom 13. Dezember 1996 (Staatsanzeiger 1996, S. 957) i.V.m. §§ 7 Abs. 5
und 4 Abs. 7 RGebStV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m.
den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung
der Rechtssache zuzulassen, soweit es um die Erhebung der Rundfunkgebühren
für März 2007 geht. Die Bestimmungen des RGebStV wurden erst mit Inkrafttreten
des 9. Rundfunkgebührenstaatsvertrages zum 1. März 2007 nach § 10 RGebStV
für revisibel erklärt. Für Januar und Februar 2007 bezieht sich der Rechtsstreit auf
Landesrecht und damit auf nichtrevisibles Recht; ein anderer Zulassungsgrund
liegt nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 52 Abs. 3
Gerichtskostengesetz. Ihr liegt die streitige Rundfunkgebühr einschließlich des vom
Beklagten ebenfalls geltend gemachten Säumniszuschlags zugrunde.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.