Urteil des HessVGH vom 25.01.1991

VGH Kassel: wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, öffentliches interesse, überwiegendes interesse, auflage, gaststätte, vollziehung, lärmschutzwand, hessen, dokumentation, realisierung

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
14. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
14 TH 3595/90
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 80 Abs 1 S 1 VwGO, § 80
Abs 2 Nr 4 VwGO, § 80 Abs
5 VwGO, SperrzeitV HE
Sperrzeitverkürzung - Wiederherstellung der
aufschiebenden Wirkung eines Nachbarwiderspruchs -
Auswirkungen der verweigerten Mitwirkung bei
Realisierung von Lärmschutzauflagen
Gründe
Die Beschwerde ist begründet; denn das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von den Nachbarn der
beigeladenen Gaststättenbetreiberin erhobenen Widerspruchs gegen die für sofort
vollziehbar erklärte Sperrzeitverkürzung zu Unrecht abgelehnt.
Anders als in dem Sachverhalt, der dem durch Beschluß des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs vom 24. November 2989 entschiedenen Verfahren - 8 TH
3414/89 - zugrunde lag - dort ist dem Antrag der jetzigen Beigeladenen auf
Anordnung der sofortigen Vollziehung der Sperrzeitverkürzung auf der Grundlage
der damals dem beschließenden Senat fehlenden Erkenntnisse über das Maß der
von der Gaststätte ausgehenden und den jetzigen Antragstellern zumutbaren
Geräuschemissionen bzw. Immissionen nach Beweislastgrundsätzen stattgegeben
worden -, steht nunmehr nach dem zwischen den Beteiligten unstreitigen Ergebnis
des vom Technischen Überwachungs-Verein Hessen e.V. am 21. Dezember 1989
ausgestellten Lärmgutachtens (Bl. 620 ff. der Beiakten) fest, daß die auch für ein
weniger störungsempfindliches Gebiet geltenden Immissionsrichtwerte jedenfalls
im Zeitpunkt der in der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember 1989
durchgeführten Messung überschritten worden sind. Da die zum Schutze der
Nachbarschaft in der Auflage Nr. 2 Satz 2 des hier streitbefangenen Bescheides
vom Antragsgegner selbst für erforderlich gehaltenen Maßnahmen, namentlich die
beispielhaft genannte und von dem Sachverständigen empfohlene Errichtung
einer Lärmschutzwand, bisher nicht befolgt worden sind, streitet nach der jetzigen
Aktenlage eine weder vom Antragsgegner noch von der Beigeladenen erschütterte
Vermutung dafür, daß die Antragsteller als Nachbarn durch den von der
Gaststätte ausgehenden Lärm jedenfalls nach der regelmäßig um 1 Uhr
beginnenden Sperrzeit - nur dieser Zeitraum ist Gegenstand der hier
vorzunehmenden Beurteilung, so daß der Hinweis des Antragsgegners in einem
Schreiben vom 3. August 1990 an den Prozeßbevollmächtigten der Antragsteller,
bei Lärmbelästigungen handele es sich nicht um ein spezielles Problem der
Sperrzeitverkürzung sondern eher um ein solches des allgemeinen
Gaststättenbetriebes (Bl. 15 der Gerichtsakten), auf sich beruhen kann, - in
unzumutbarer Weise gestört werden.
Darauf, aus welchen Gründen bisher die Erfüllung der dem Schutz der Nachbarn
vor Lärmbeeinträchtigungen dienenden Auflage gescheitert ist, kommt es nicht
an. Insbesondere ist ein Rechtsanspruch auf Mitwirkung der Antragsteller bei der
der Beigeladenen obliegenden Einhaltung der Auflage nicht ersichtlich, so daß die
Beigeladene aus der - aus welchen Gründen auch immer erfolgten - Weigerung der
Antragsteller, dem Bau einer Lärmschutzwand zuzustimmen, in diesem Verfahren
keine für sich günstigen Rechtsfolgen herleiten kann.
Bei dieser sich dem Senat darstellenden Sachlage besteht für die Anordnung der
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Bei dieser sich dem Senat darstellenden Sachlage besteht für die Anordnung der
sofortigen Vollziehung der Sperrzeitverkürzung weder ein öffentliches Interesse
noch ein überwiegendes Interesse eines Beteiligten.
Da vor der letzten Möglichkeit der Beigeladenen, am 26. und 27. Januar 1991 von
der auf den 31. Januar 1991 befristeten Sperrzeitverkürzung - eine weitere auf ein
Jahr befristete Sperrzeitverkürzung ab 1. Februar 1991 ist nach Kenntnis des
Gerichts mindestens beabsichtigt - noch einmal Gebrauch zu machen, den
Antragstellern auch ein Rechtsschutzbedürfnis an einer streitigen Entscheidung
über ihren Eilantrag nicht abgesprochen werden kann, war dem
Aussetzungsbegehren stattzugeben, ohne daß es einer Würdigung der übrigen
von den Antragstellern erhobenen Einwände bedarf.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 159 Satz 1 VwGO, 100
Abs. 1 ZPO. Gesichtspunkte, die es billig erscheinen lassen, die außergerichtlichen
Kosten der Beigeladenen, die nach § 154 Abs. 3 VwGO eine eigene
Kostentragungspflicht für das Verfahren im ersten Rechtszug trifft, für
erstattungsfähig zu erklären, sind nicht ersichtlich (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 14
Abs. 1 i.V.m. §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 20 Abs. 3 GKG. Da im hier zu entscheidenden
Verfahren - wiederum anders als in dem Verfahren 8 TH 3414/89 - auf der
Antragstellerseite drei Personen mit jeweils dem gleichen Interesse am Ausgang
des Verfahrens stehen - nur auf die sich für die Antragsteller ergebende
Bedeutung der Sache ist bei der Streitwertfestsetzung abzustellen -, ist der in
Eilverfahren zu halbierende sogenannte Auffangstreitwert von 6.000,00 DM
dreifach anzusetzen. Die Befugnis, den vom Gericht der ersten Instanz
festgesetzten Streitwert von Amts wegen zu ändern, ergibt sich aus § 25 Abs. 1
Satz 3 GKG.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.