Urteil des HessVGH vom 24.01.2008

VGH Kassel: grundsteuer, satzung, erneuerung, erlass, beitragspflicht, teilanfechtung, innenverhältnis, beschränkung, vollstreckung, genehmigung

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
8. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8 N 1058/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 47 Abs 2 S 1 VwGO, Art
20 Abs 1 GG
Normenkontrolle: Festsetzung des Hebesatzes für die
Grundsteuer B; Beitragspflicht für die Erneuerung von
Straßen
Tenor
Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsteller je zur Hälfte zu tragen.
Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragsteller können die
Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der
festgesetzten Kosten abwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller sind Eheleute und bewohnen gemeinsam ein im Eigentum der
Antragstellerin zu 2. stehendes Hausgrundstück im Gemeindegebiet der
Antragsgegnerin. Sie wenden sich mit dem vorliegenden Normenkontrollantrag
gegen die von der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin in ihrer Sitzung am
12. Dezember 2006 mit 27 gegen zehn Stimmen beschlossene Haushaltssatzung
für das Haushaltsjahr 2007, insbesondere gegen die darin in § 5 Nr. 1 lit. b)
enthaltene Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer B auf 260 v. H..
Der Antragsteller zu 1., der in der Öffentlichkeit als "sachverständiger Bürger für
Gebühren- und Beitragsrecht" auftritt, setzt sich seit Jahren für den Erlass einer
Straßenbeitragssatzung durch die Antragsgegnerin ein und hat den
Beschlussgremien der Antragsgegnerin im Jahre 2001 auch einen eigenen
Satzungsentwurf vorgelegt, der wiederholt Gegenstand von Beratungen dieser
Gremien gewesen ist.
Der Beschlussfassung der Gemeindevertretung über die Haushaltssatzung vom
12. Dezember 2006 war eine Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der
Gemeindevertretung am 2. Dezember 2006 vorausgegangen, in der sich der
Ausschuss unter anderem mit dem von einer Fraktion vorgeschlagenen Erlass
einer Straßenbeitragssatzung befasste. Das Protokoll dieser Ausschusssitzung
enthält hierzu Folgendes:
"U. K. stellt fest, dass die Straßenbeitragssatzung in der gewünschten
Form nicht verabschiedet werden kann. Als Lösung schlägt er vor, den Hebesatz
der Grundsteuer B von derzeit 240 v. H. auf 260 v. H. anzuheben und die daraus
resultierenden Mehreinnahmen von 100.832,00 Euro für Zinsen und Tilgung zu
verwenden. Die Erneuerungsmaßnahmen laut Prioritätenlisten von 2.500.000,00
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verwenden. Die Erneuerungsmaßnahmen laut Prioritätenlisten von 2.500.000,00
Euro werden in den Jahren 2007 bis 2011 mit jeweils 500.000,00 Euro veranschlagt.
Der durchschnittliche Hebesatz im Hochtaunuskreis liegt bei 253 v. H.. Eine
Zweckbindung der Steuereinnahmen ist allerdings nicht möglich…
Beschluss:
Es wird beschlossen, den Hebesatz der Grundsteuer B im Haushaltsjahr
2007 von 240 v. H. auf 260 v. H. anzuheben, um die notwendigen
Straßenerneuerungen mit Kosten von 2.500.000,00 Euro zu finanzieren.
Die Kosten werden in den Jahren 2007 bis 2011 mit jeweils 500.000,00 Euro
veranschlagt.
Beratungsergebnis: 7 Ja-Stimme (n), 0 Gegenstimme(n), 2
Stimmenthaltung(en)".
Nachdem die Gemeindevertretung in ihrer Sitzung am 12. Dezember 2006 die
Haushaltssatzung 2007 mit einer entsprechenden Änderung des
Grundsteuerhebesatzes beschlossen und in § 3 Nr. 4 der Satzung den
Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen auf die Haushaltsstelle
6310.969900 – Straßenerneuerung nach Prioritätenliste – auf 2.000.000,00 Euro
festgesetzt hatte, genehmigte der Landrat des Hochtaunuskreises mit Schreiben
vom 29. März 2007 diese Satzung gemäß § 103 Abs. 2 HGO mit der
Einschränkung, dass die Genehmigung für die zu Lasten des Haushaltsjahres 2011
veranschlagten Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 500.000,00 Euro bei
der Haushaltsstelle 6310.969900 – Straßenerneuerung nach Prioritätenliste –
versagt wurde. Die beschlossene Haushaltssatzung, die keine
Zweckbindungsvermerke für die Einnahmen aus der Grundsteuer B nach § 17
GemHVO 1974 enthält, und die Genehmigung wurden im Usinger Anzeiger vom
10. April 2007 veröffentlicht und lagen in der Zeit vom 23. April 2007 bis 2. Mai
2007 (einschließlich) im Bürgerbüro der Gemeindeverwaltung öffentlich aus.
Mit einem am 22. Mai 2007 beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof
eingegangenen Schriftsatz vom 5. Mai 2007 hat der Antragsteller zu 1. – zunächst
nur im eigenen Namen und ohne anwaltliche Vertretung – den vorliegenden
Normenkontrollantrag gestellt. Nachdem er mit Schreiben des Berichterstatters
vom 23. Mai 2007, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, auf das
Vertretungserfordernis nach § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO und die Notwendigkeit einer
Präzisierung des Antrags hingewiesen worden war, hat er mit Schriftsatz seines
Bevollmächtigten vom 30. Juli 2007, auf den ebenfalls Bezug genommen wird, den
Antrag begründet. Er begehre die Feststellung der Unwirksamkeit der von der
Gemeindevertretung der Antragsgegnerin am 12. Dezember 2006 für das
Haushaltsjahr 2007 beschlossenen Haushaltssatzung und bezwecke damit auf
eine Art Umweg, die Gegenseite zum Erlass einer Straßenbeitragssatzung zu
veranlassen. Er hält die Haushaltssatzung – soweit sie kommunalaufsichtsrechtlich
unbeanstandet geblieben sei – "im Hinblick auf den straßenfinanzierten
Relevanzbereich" für nichtig und meint, neben der Antragstellerin zu 2., die ihm
mit Schreiben vom 12. September 2007 Prozessvollmacht erteilt hat und als
alleinige Grundstückseigentümerin grundsteuerpflichtig ist, sei auch er selbst
antragsbefugt, weil er im Innenverhältnis zu ihr aufgrund seiner höheren Einkünfte
die Steuerlast faktisch trage. Die Antragsteller halten die Erhöhung der
Grundsteuer B zur Deckung der mit Straßenerneuerungsarbeiten verbundenen
Ausgaben für system- und damit rechtswidrig, weil § 11 Abs. 3 KAG zeige, dass der
Gesetzgeber die in Rede stehenden straßenbezogenen Kosten dem
beitragsrechtlichen Instrumentarium zugeordnet habe, so dass diese
Kostenpositionen nicht im Steuerrecht beheimatet seien. Zwar zwinge § 11 Abs. 1
KAG die Kommunen nicht zu einer entsprechenden Beitragserhebung. Jedenfalls
dann, wenn die dem Beitragsrecht systematisch zugeordneten Maßnahmen über
eine besondere Steuerart – wie hier die Grundsteuer B – finanziert werden sollten,
liege darin aber ein Rechtsverstoß mit verfassungsrechtlicher Dimension, weil bei
der Finanzierung durch Einnahmen aus einer bestimmten Steuerart keine dem
Beitragsrecht typischerweise zugrunde liegende Anknüpfung an die mit der Kosten
verursachenden Maßnahme verbundenen abstrakten Vorteile des
Abgabenpflichtigen stattfinde.
Die Antragsgegnerin tritt dem Antrag entgegen und meint, beiden Antragstellern
fehle die erforderliche Antragsbefugnis (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Der
Antragsteller zu 1. sei nicht selbst Steuerschuldner und daher von der Festsetzung
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Antragsteller zu 1. sei nicht selbst Steuerschuldner und daher von der Festsetzung
der Hebesätze für die Grundsteuer B nicht unmittelbar betroffen. Auch der
Antragstellerin zu 2. fehle die Antragsbefugnis, weil sie mit dem Antrag nicht
eigene Interessen geltend mache, sondern lediglich das öffentliche Interesse an
der Einhaltung des Gemeindehaushaltsrechts, das jedoch lediglich das rechtliche
Innenverhältnis der Kommune regele, also Innenrecht der Gemeinde darstelle und
damit hinsichtlich einer möglichen Verletzung für die Bürgerinnen und Bürger einer
Gemeinde im Außenverhältnis nicht rügefähig sei. Wegen weiterer Einzelheiten des
Vorbringens der Antragsgegnerin wird auf die Schriftsätze ihres Bevollmächtigten
vom 27. August und 25. September 2007 Bezug genommen
Die Beteiligten sind mit Schreiben des Berichterstatters vom 28. September 2007
darauf hingewiesen worden, dass der Senat beabsichtige, über den
Normenkontrollantrag ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden (§ 47 Abs. 5
Satz 1 VwGO). Sie haben sich hierzu nicht geäußert.
Dem Senat liegen die die streitgegenständliche Haushaltssatzung betreffenden
Akten der Antragsgegnerin vor, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II.
Der Normenkontrollantrag ist unzulässig, weil den Antragstellern die erforderliche
Antragsbefugnis fehlt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
Das Fehlen der Antragsbefugnis ist offensichtlich, soweit die Antragsteller
begehren, die angegriffene Haushaltssatzung der Antragsgegnerin insgesamt und
nicht lediglich hinsichtlich der Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer B
in § 5 Nr. 1 lit. b) der Satzung aufzuheben. Die Antragsteller sind im weiteren
Verlauf des Normenkontrollverfahrens zwar nicht auf die in der an den
Antragsteller zu 1. gerichteten Eingangsbestätigung des Berichterstatters vom 23.
Mai 2007 enthaltene Aufforderung eingegangen, das Antragsbegehren zu
präzisieren. In der durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt formulierten
Antragsbegründung vom 30. Juli 2007 ist offen geblieben, ob die Haushaltssatzung
insgesamt angegriffen werden soll oder nur eine Teilanfechtung in Bezug auf die
Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer B beabsichtigt war. Während im
zweiten Absatz der Antragsbegründung auf Seite 1 des Schriftsatzes vom 30. Juli
2007 davon die Rede ist, man begehre "die Feststellung der Unwirksamkeit einer
Haushaltssatzung, die der Gemeinderat der Gegenseite am 12. Dezember 2006
für das Haushaltsjahr 2007 beschlossen hat", lässt der letzte Absatz dieses
Schriftsatzes auf Seite 4 auch den Schluss auf eine – allerdings inhaltlich nicht
ausreichend eingegrenzte – Teilanfechtung zu. Da die anwaltlich vertretenen
Antragsteller jedoch keinen förmlichen Antrag formuliert und auch inhaltlich nicht
präzisiert haben, welche Bestimmungen der angegriffenen Haushaltssatzung sie
für unwirksam halten, geht der Senat bei seiner Entscheidung davon aus, dass
keine wirksame Beschränkung des Antrags auf eine Teilanfechtung der
Haushaltssatzung erfolgt ist. Es liegt aber auf der Hand, dass die Antragsteller
nach ihrem gesamten Vorbringen allenfalls durch die in § 5 Nr. 1 lit. b) dieser
Satzung erfolgte Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer B im Sinne des
§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt sein oder verletzt werden
könnten, so dass ihnen für eine darüber hinausgehende Anfechtung der Satzung
aus diesem Grunde die Antragsbefugnis fehlt (vgl. zur rechtlichen Betroffenheit
durch Teilregelungen einer Rechtsnorm und ihren verfahrensrechtlichen Folgen
nach der Novellierung des § 47 VwGO Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., Rdnr. 51 und
121 zu § 47 VwGO m. w. N.; zur alten Rechtslage nach § 47 VwGO a. F. BVerwG, B.
v. 4 Juni 1991 – 4 NB 35.89 –, BVerwGE 88, 268 = juris Rdnrn. 19 ff.: trotz
bestehenden Nachteils fehlendes Rechtsschutzinteresse).
Der Normenkontrollantrag ist darüber hinaus auch insoweit wegen fehlender
Antragsbefugnis der Antragsteller unzulässig, als er auf die Feststellung der
Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer B in § 5 Nr. 1 lit. b) der Satzung
gerichtet ist.
Dem Antragsteller zu 1. fehlt die erforderliche Antragsbefugnis insoweit schon
deshalb, weil er nicht Schuldner der Grundsteuer B ist und deshalb durch diese
Regelung nicht selbst und unmittelbar betroffen ist. Dass er aufgrund seines
höheren Einkommens im Innenverhältnis zur Antragstellerin zu 2. möglicherweise
gehalten ist, an der Erfüllung ihrer Steuerschuld gegenüber der Antragsgegnerin
durch einen eigenen Beitrag mitzuwirken, reicht für eine mögliche
Rechtsverletzung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 n. F. nicht aus (Kopp/Schenke,
a. a. O., Rdnrn. 52 zu § 47 VwGO m. w. N.).
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Im Übrigen dürfte, was hier allerdings letztlich keiner Entscheidung bedarf, dem
Antragsteller zu 1. auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für den
Normenkontrollantrag fehlen, weil er sein eigentliches Ziel, die Antragsgegnerin
zum Erlass der von ihm für erforderlich gehaltenen Straßenbeitragssatzung zu
zwingen, mit einer Normerlassklage unmittelbar verfolgen könnte, wobei es auf die
Erfolgsaussichten einer solchen Klage im vorliegenden Zusammenhang nicht
ankommt (vgl. zur Zulässigkeit und den Rechtsschutzzielen von Normerlassklagen
BVerfG, B. v. 17. Januar 2006 – 1 BvR 541/02 u.a. – BVerfGE 115, 81 = juris
Rdnr. 49 ff.; Kopp/Schenke, a. a. O., Rdnrn. 8 a vor § 40 und 13 zu § 47 VwGO
m.w.N.). Eine Umdeutung des Normenkontrollantrags des Antragstellers zu 1. in
eine Normerlassklage, für die im Übrigen die instanzielle Zuständigkeit des
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs nach § 47 Abs. 1 VwGO wohl nicht gegeben
wäre, kommt nicht in Betracht, weil der anwaltlich vertretene Antragsteller zu 1.
sich im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 30. Juli 2007 mit der Möglichkeit
einer solchen Klage zwar theoretisch befasst, sie aber ausdrücklich nicht erhoben
hat.
Der Antragstellerin zu 2. fehlt die erforderliche Antragsbefugnis für ihren
Normenkontrollantrag ebenfalls auch insoweit, als sich der Antrag lediglich auf die
Feststellung der Unwirksamkeit der Festsetzung des Hebesatzes für die
Grundsteuer B in § 5 Nr. 1 lit. b) der Satzung richtet. Zwar überschreitet die
Satzung mit der Festsetzung des Hebesatzes den Bereich des reinen Innenrechts
der Gemeinde, weil durch die Festsetzung des Hebesatzes die Höhe der konkreten
Steuerlast der betroffenen Bürger beeinflusst wird, so dass insoweit der Hinweis
der Antragsgegnerin auf die prinzipielle Beschränkung des Rügerechts der
Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf Verletzungen des Gemeindehaushaltsrechts
nicht durchgreifen dürfte. Jedoch ist von der Antragstellerin zu 2. nicht einmal
ansatzweise dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass die im Hinblick auf den
absehbaren Straßenerneuerungsaufwand erfolgte Anhebung des Hebesatzes für
die Grundsteuer B um 20 Punkte (= ca. 7,8 %) sie übermäßig belaste und ihre
Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtige, was zu einer nicht mehr
hinnehmbaren erdrosselnden Wirkung der Grundsteuer und damit zu einem das
Gebot sozialer Steuerpolitik nach Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz verletzenden
Übermaß führen könnte (Bay. VGH, Beschluss vom 21. Februar 2006 – 4 ZB
05.1171 - = juris, Rdnr. 13 m. w. N.). Mithin erscheint eine Verletzung eigener
Rechte der Antragstellerin zu 2. durch die angegriffene Festsetzung des
Hebesatzes, der nach der Anhebung auf dem durchschnittlichen Niveau der im
Hochtaunuskreis üblichen Hebesätze für die Grundsteuer B liegt, jetzt und in
absehbarer Zukunft ausgeschlossen.
Obgleich es wegen der Unzulässigkeit des Normenkontrollantrags hierauf für die
Entscheidung nicht ankommt, sieht sich der Senat zu dem Hinweis veranlasst,
dass eine Straßenerneuerungssatzung, wie sie der Antragsteller zu 1.
vorgeschlagen hat, mit der Rechtsprechung des für Abgabenrecht zuständigen 5.
Senats des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs nicht vereinbar wäre. Mit
Beschluss vom 21. Dezember 2006 – 5 TG 2329/06 – (RdL 2007, 105 =
Gemeindehaushalt 2007, 70 = KStZ 2007, 113), durch den die Ablehnung eines
Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Anliegerwiderspruchs
gegen einen Vorausleistungsbescheid bestätigt worden ist, hat der 5. Senat seine
bisherige Rechtsprechung zur Beitragspflicht für die Erneuerung von Straßen
bekräftigt und erneut klargestellt, dass die Beitragserhebung für eine schlichte
Erneuerung von Verkehrsanlagen zwar keine über die Wiederherstellung der
Neuwertigkeit hinausgehende Verbesserung voraussetzt, jedoch im Unterschied
zu verbessernden Um- und Ausbaumaßnahmen an zwei Voraussetzungen
gebunden ist: die grundlegende Erneuerungsbedürftigkeit der Verkehrsanlage und
den Ablauf einer der normalen Nutzungsdauer entsprechenden Zeitspanne. Dabei
ist konkret auf den Abnutzungsgrad und die normale Nutzungsdauer derjenigen
Verkehrsanlage abzustellen, für die Beiträge oder Vorausleistungen von den
jeweiligen Anliegern erhoben werden. Die nach dieser Rechtsprechung
erforderliche konkrete Betrachtungsweise schließt es aus, aufgrund von
Durchschnitts- oder Erfahrungswerten – wie dies der Antragsteller zu 1. anstrebt –
für sämtliche Anlieger des gesamten Straßennetzes einer Gemeinde eine
Beitragspflicht oder eine Pflicht zu Vorausleistungen unabhängig vom
Erhaltungszustand und der üblichen Lebensdauer der einzelnen Verkehrsanlagen,
durch die ihre Grundstücke erschlossen werden, zu statuieren. Der Ablauf einer
bestimmten Zeitspanne seit der Herstellung der Verkehrsanlage ist nach dieser
Rechtsprechung – für sich gesehen – überhaupt kein geeigneter
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Rechtsprechung – für sich gesehen – überhaupt kein geeigneter
Anknüpfungspunkt für den Beginn einer Beitragspflicht der Anlieger. Hierzu hat der
5. Senat in dem zitierten Beschluss vom 21. Dezember 2006 folgendes ausgeführt
(juris Rdnr. 7):
"Sollte aufgrund des zeitlichen Abstandes zur Erstherstellung des...-wegs
als Erschließungsanlage die 'übliche Lebensdauer' abgelaufen gewesen sein,
vermag dies allein die Beitragserhebung für eine wiederherstellende (schlichte)
Erneuerung noch nicht zu rechtfertigen. Unabhängig von der üblichen
Lebensdauer und deren Ablauf kommt es nämlich für die Beitragsfähigkeit einer
abnutzungsbedingten schlichten Erneuerung maßgeblich darauf an, ob die
Verkehrsanlage auch tatsächlich umfassend abgenutzt war und somit den
Zustand der grundlegenden Erneuerungsbedürftigkeit erreicht hatte. Der Ablauf
der üblichen Lebensdauer stellt, wie der Senat in seinem Beschluss vom 4. April
1995 (5 TH 1264/93, NVwZ-RR 1995, 599 = HSGZ 1995, 459 …) ausgeführt hat,
nur ein Indiz dar, welches durch die Feststellung eines tatsächlich noch intakten
Zustandes der Anlage entkräftet werden kann. Die eigentliche Bedeutung dieses
Kriteriums liegt darin, zu verhindern, dass Straßen, die nur aufgrund der
Vernachlässigung der Verpflichtung des Straßenbaulastträgers zur laufenden
Instandsetzung und Unterhaltung erneuerungsbedürftig geworden sind, 'vorzeitig'
auf Kosten der Anlieger saniert werden können ..."
Mit dieser Rechtsprechung wäre es nicht vereinbar, wenn die Antragsgegnerin
Straßenbeiträge auch für die laufende Unterhaltung des kommunalen
Verkehrsnetzes (vgl. § 2 des Satzungsentwurfs des Antragstellers zu 1., Blatt 49 ff.
GA) von sämtlichen Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten in der
Gemeinde (vgl. § 6 Abs. 1 des Satzungsentwurfs) auf der Grundlage errechneter
Durchschnittswerte (vgl. § 8 des Satzungsentwurfs) erheben würde, wie der
Antragsteller zu 1. vorschlägt.
Im Übrigen verkennen die Antragsteller, dass mit der gezielten Anhebung der
Grundsteuer derselbe Personenkreis betroffen wird, der auch bei der Erhebung von
Straßenbeiträgen nach Maßgabe ihres Satzungsentwurfs abgabepflichtig wäre.
Ebenso wie die Grundsteuer, die prinzipiell von demjenigen zu erbringen ist, dem
der Steuergegenstand bei Festsetzung des Einheitswertes zugeschrieben worden
ist (§ 10 Abs. 1 GrStG), wären auch Straßenbeiträge prinzipiell von den
Grundstückseigentümern bzw. Erbbauberechtigten zu erbringen (§ 11 Abs. 7 KAG).
Durch die angegriffene Anhebung des Hebesatzes für die Grundsteuer B wird
mithin exakt derselbe Personenkreis belastet, der auch für die von den
Antragstellern für erforderlich gehaltenen Straßenbeiträge aufzukommen hätte.
Dass die Abgabepflichtigen durch die Anhebung der Grundsteuer finanziell stärker
belastet werden, als dies bei Erhebung entsprechender Straßenbeiträge oder
Vorausleistungen der Fall wäre, ist von den Antragstellern nicht dargelegt und
auch nicht ersichtlich.
Die Kosten des Normenkontrollverfahrens haben die Antragsteller nach Kopfteilen
zu tragen, da ihr Normenkontrollantrag erfolglos bleibt (§§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1
VwGO, 100 ZPO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die
Abwendungsbefugnis ergibt sich aus §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe hierfür nicht gegeben sind (§§ 47 Abs.
5 Satz 1, 132 VwGO).
Der Streitwert wird mangels eines Anhaltspunkts für eine Bezifferung des
Interesses der Antragsteller auf 5.000,00 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert.