Urteil des HessVGH vom 08.09.1992

VGH Kassel: trennung, verfügung, apotheker, ausstattung, drogerie, gestaltung, bevölkerung, arzneimittel, begriff, behörde

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
11. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 UE 611/91
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 21 Abs 1 S 1 ApoG vom
15.10.1980, § 1 Abs 2 Nr 6
ApoG vom 15.10.1980, § 4
Abs 5 ApoBetrO 1987
(Räumliche Abtrennung zwischen den Betriebsräumen
einer Apotheke zu anderweitig gewerblich genutzten
Räumen)
Tatbestand
Der Kläger ist Apotheker und betreibt seit dem 14. Oktober 1980 im Erdgeschoß
des Kaufhauses H in F Ecke Z/S gasse die K Apotheke. Die Apotheke ist sowohl
über einen Zugang von der S gasse aus als auch vom Kaufhaus H aus über zwei
Glastüren von zwei Meter bzw. 1,50 Meter Breite erreichbar. Anläßlich mehrerer
Betriebsprüfungen in der Apotheke des Klägers, die am 13. Oktober 1980, 28.
Januar 1992, 6. Februar 1984, 3. September 1985, 18. Juli 1987, 22. Juli 1987 und
30. November 1987 durchgeführt wurden, stellten die Beauftragten des Beklagten
fest, daß die an sich selbsttätig schließenden Türen zwischen dem Kaufhaus H und
der Apotheke des Klägers offengehalten bzw. durch Holzkeile in offenem Zustand
festgestellt waren. Ausweislich eines Vermerks vom 3. September 1985 war am 2.
September 1985 die Tür des einen Durchganges vom Kaufhaus zur Apotheke
entfernt, während die Türen des zweiten Durchganges festgestellt und zu Regalen
umgearbeitet worden waren. Diese Maßnahmen wurden auf entsprechende
Beanstandung hin von dem Kläger jedoch wieder rückgängig gemacht und der
ursprüngliche, der Betriebserlaubnis zugrunde liegende Zustand wieder
hergestellt.
Mit Bescheid vom 27. November 1988 ordnete das Regierungspräsidium in D nach
vorheriger Anhörung des Klägers an, daß der Kläger die im Einrichtungsplan für
seine Apotheke mit Eingang Kaufhaus bezeichneten Türen in der Ruhestellung in
geschlossenem Zustand zu halten habe. Der Kläger habe dieser Anordnung
spätestens zwei Wochen nach Bekanntgabe Folge zu leisten. Zugleich wurde für
den Fall der Zuwiderhandlung die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von
500,-- DM angedroht. Zur Begründung der auf §§ 21 Apothekengesetz, 4 Abs. 5
Apothekenbetriebsordnung, 64 Abs. 1 und 69 Abs. 1 Satz 1 Arzneimittelgesetz
gestützten Verfügung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Betriebsräume der
Apotheke seien von anderweitig gewerblich genutzten Räumen durch Wände oder
Türen abzutrennen. Dieser Pflicht sei der Kläger durch das Offenhalten der beiden
Zugänge zum Kaufhaus H hin nicht nachgekommen.
Gegen diese ihm am 30. Dezember 1988 zugestellte Verfügung legte der Kläger
mit Schreiben vom 6. Januar 1989 am 11. Januar 1989 Widerspruch ein, den er im
wesentlichen damit begründete, durch das Vorhandensein von Türen zwischen der
Apotheke und den Räumen des Kaufhauses sei dem Erfordernis der räumlichen
Trennung ausreichend Rechnung getragen.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 20.
Juni 1989 als unbegründet zurück und führte im wesentlichen aus, künstlich
offengehaltene Türen zwischen dem Kaufhaus und der Apotheke gewährleisteten
nicht die erforderliche organisatorische und optische Trennung. Durch das Gebot
der Trennung von Apotheken und anderweitig genutzten Räumen werde die
besondere Funktion der Apotheke hervorgehoben und verdeutlicht, daß es sich bei
Arzneimitteln um Waren besonderer Art handele. Der Widerspruchsbescheid wurde
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Arzneimitteln um Waren besonderer Art handele. Der Widerspruchsbescheid wurde
dem Kläger zu Händen seines Bevollmächtigten am 23. Juni 1989 zugestellt.
Am 7. Juli 1989 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er die
Aufhebung der Verfügung vom 27. November 1988 und des dazu ergangenen
Widerspruchsbescheides erstrebt. Zur Begründung führte er unter Berufung auf
ein Rechtsgutachten des Rechtsanwalts Dr. S zur Verfassungsmäßigkeit von § 4
Abs. 7 des Entwurfs einer Verordnung über den Betrieb von Apotheken vom 23.
Mai 1985 im wesentlichen aus, § 4 Abs. 5 der Apothekenbetriebsordnung halte
sich nicht im Rahmen der Ermächtigungsnorm des § 21 Apothekengesetz und sei
daher unwirksam. § 21 Abs. 2 Nr. 6 Apothekengesetz ermächtige den
Verordnungsgeber lediglich zu Regelungen, die die Beschaffenheit, Ausstattung
und Einrichtung von Apothekenbetriebsräumen beträfen. Erfaßt werde danach nur
die innere Gestaltung von Apothekenräumen. Die Frage der Trennung einer
Apotheke von Räumen eines Kaufhauses durch Türen sei hingegen ein Problem
des äußeren Erscheinungsbildes und werde damit nicht von § 21 Abs. 2 Nr. 6
Apothekengesetz erfaßt. Das Vorhandensein von Türen zwischen der Apotheke
und dem Kaufhaus H gewährleiste hinreichend die gebotene Trennung und werde
von den Kunden auch als solche wahrgenommen, wenn sie vom Kaufhaus
kommend die Apotheke betreten würden. Anders als die Apotheke seien die
einzelnen Abteilungen des Kaufhauses nicht durch offene Türen voneinander
getrennt. Im übrigen biete das Kaufhaus H im Bereich der Apotheke nur
Parfümeriewaren an, so daß auch im Hinblick auf das vorhandene Sortiment keine
Verwechslungsgefahr bestehe.
Der Kläger beantragte,
den Bescheid des Beklagten vom 27. Dezember 1988 sowie den
Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 1989 aufzuheben und die Hinzuziehung des
Prozeßbevollmächtigten des Klägers im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezog er sich im wesentlichen auf die Ausführungen in der
angefochtenen Verfügung und dem Widerspruchsbescheid und trug ergänzend
vor, die Auffassung des Klägers, § 4 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung sei nicht
von der Ermächtigungsgrundlage des § 21 Abs. 2 Nr. 6 Apothekengesetz gedeckt,
gehe fehl. Das vom Kläger zur Bekräftigung seiner Rechtsauffassung vorgelegte
Gutachten sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig; denn es beziehe sich auf
Regelungen eines Entwurfs, der in dieser Fassung nicht Gesetz oder Verordnung
geworden sei. Der Begriff der Beschaffenheit in § 4 Abs. 5
Apothekenbetriebsordnung erfasse auch die Begrenzung des
Apothekenbetriebsraumes, habe hingegen mit dem äußeren Erscheinungsbild
nichts zu tun. Ergänzend wies der Beklagte darauf hin, daß die verschiedenen
Verkaufsabteilungen des Kaufhauses H durch Drehkreuze und mithin deutlicher
voneinander getrennt seien als die lediglich durch Glastüren erfolgte Trennung
zwischen dem Kaufhaus und der Apotheke des Klägers.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main wies die Klage durch Urteil vom 9.
Januar 1991 ab, nachdem die Beteiligten zuvor auf die Durchführung einer
mündlichen Verhandlung verzichtet hatten. Die als Anfechtungsklage statthafte
Klage sei zwar zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtene Verfügung sei
zutreffend auf § 4 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung gestützt worden. Diese
Vorschrift halte sich entgegen der Annahme des Klägers im Rahmen der ihr
zugrunde liegenden Ermächtigungsgrundlage des § 21 Abs. 2 Nr. 6
Apothekengesetz, der den Verordnungsgeber zu Regelungen über die Größe,
Beschaffenheit, Ausstattung und Einrichtung von Apothekenbetriebsräumen
ermächtige. Zwar finde sich in dem Apothekengesetz hinsichtlich des hier einzig
einschlägigen Begriffs der Beschaffenheit keine nähere Definition. Unter
Anwendung der allgemeinen Auslegungsregeln und unter Berücksichtigung von
Sinn und Zweck der Regelung unter Einbeziehung der geltenden Grundsätze über
das Apothekenwesen folge jedoch, daß zur Beschaffenheit eines Raums in
Abgrenzung zu den weiteren Begriffen Ausstattung und Einrichtung nicht nur die
innere Gestaltung von Apothekenbetriebsräumen gehöre, sondern auch die einen
Raum umschließenden Begrenzungen begrifflich eingeschlossen seien, da sie Art
und Ausmaß des geschlossenen Raumes in besonderem Maße kennzeichneten.
Eine räumliche Begrenzung sei in besonderem Maße geeignet, die
Unterschiedlichkeit von Räumen bzw. deren Zwecksetzung hervorzuheben
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Unterschiedlichkeit von Räumen bzw. deren Zwecksetzung hervorzuheben
und/oder zu unterstreichen. Die Ziel- und Zwecksetzung des Apothekengesetzes
decke sich insoweit mit der Wortinterpretation. Denn dem Apotheker obliege als
Hauptaufgabe die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer
ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Diesem Ziel dienten
unter anderem hohe Anforderungen an die Qualifikation von Apothekern und eine
Reihe in § 21 Apothekengesetz genannter qualitätssichernder Maßnahmen. Das
Apothekengesetz sei danach nicht zuletzt auch ein Verbraucherschutzgesetz, das
zu diesem Zweck den Apotheker zur Sicherung der ordnungsgemäßen
Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gewissen Einschränkungen der
wirtschaftlichen Handlungsfreiheit unterwerfe. Dazu gehöre unter anderem, daß
durch die Erhaltung des überkommenen und bewährten Erscheinungsbildes von
Apotheken der Unterschied zu anderen Sparten des Einzelhandels für den Kunden
unzweideutig erkennbar bleiben müsse. Die Erhaltung der Warnfunktion sei mithin
ein Teil des ordnungsgemäßen Betriebes einer Apotheke. Auch wenn der Begriff
der äußeren Gestaltung im Apothekengesetz nicht ausdrücklich erwähnt sei, habe
sie doch ihren anerkannten Stellenwert, wie insbesondere die Bestimmungen
betreffend die Lage von Apotheken oder betreffend die Dienstbereitschaft zeigten.
Für den ordnungsgemäßen Betrieb einer Apotheke sei angesichts der deutlich
wahrnehmbaren Warnfunktion für den Apothekenkunden auch nötig, daß
Apotheken und andere Gewerbebetriebe nur bei hinreichend deutlicher Trennung
nebeneinander geführt werden dürften. Es folge daher unter Zugrundelegung des
in § 21 Abs. 2 Ziffer 6 Apothekengesetz aufgeführten Begriffes der Beschaffenheit
auch aus der Natur der Sache bzw. aus den Grundsätzen des Apothekenwesens,
daß eine solche räumliche Trennung mit einer Regelung des äußeren
Erscheinungsbildes einer Apotheke verbunden sei. § 4 Abs. 5
Apothekenbetriebsordnung sei demzufolge lediglich eine sich im Rahmen der
Ermächtigungsnorm haltende Konkretisierung, die im Einklang mit dem Willen des
Gesetzgebers stehe. Unbeachtlich sei in diesem Zusammenhang das von dem
Kläger vorgelegte Gutachten zur Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 7 des
Entwurfs einer Apothekenbetriebsordnung vom 23. Mai 1985, denn die dort
vorgesehene weitergehende Regelung habe in die hier maßgebliche Fassung der
Apothekenbetriebsordnung keinen Eingang gefunden. Die streitbefangene
Anordnung stehe im Einklang mit § 4 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung, der die
Abtrennung durch Wände und Türen fordere. Aus diesem gleichberechtigten
Nebeneinander von Wänden und Türen folge, daß der Verordnungsgeber davon
ausgehe, daß die Trennung durch eine Tür ähnlich manifest sein müsse, wie durch
eine Wand. Diesem Erfordernis könne nur dadurch Rechnung getragen werden,
daß die Türen in Ruhestellung geschlossen seien. Ohne Bedeutung sei, daß die
Apotheke des Klägers ein sich vom Warenangebot des Kaufhauses H
unterscheidendes Warensortiment führe. Im übrigen erscheine es zweifelhaft, ob
ohne deutliche bauliche Abtrennung durch Türen oder Wände für Kaufhauskunden
der grundsätzliche Unterschied im Sortiment augenfällig sei, da Apotheken neben
Arzneimitteln auch eine Fülle von Kosmetika und Körperpflegemitteln sowie nicht
rezeptpflichtige Heilmittel vertreiben würden. Anderenfalls könnte leicht der zu
fordernde eindeutig wahrnehmbare Unterschied zwischen einzelnen Abteilungen
des Kaufhauses und den einen besonderen gesetzlichen Auftrag erfüllenden
Apotheken verwischt werden. Das gelte in Fällen der vorliegenden Art besonders
deshalb, weil sich die Kundschaft einer in einem Kaufhaus befindlichen Apotheke
zwangsläufig anders zusammensetzen dürfte, als die Kundschaft einer
ausschließlich von einer Straße aus betretbaren Apotheke. Auch die Androhung
eines Zwangsgeldes begegne keinen rechtlichen Bedenken.
Das Urteil wurde dem Kläger zu Händen seiner Bevollmächtigten am 31. Januar
1991 zugestellt.
Mit der am 28. Februar 1991 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein
Begehren aus dem Klageverfahren weiter. Der Kläger vertritt weiterhin die
Auffassung, ein Verstoß gegen § 4 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung in
Verbindung mit § 21 Abs. 2 Nr. 6 Apothekengesetz liege nicht vor, da zum einen
die Rechtsverordnung mangels Übereinstimmung mit der
Ermächtigungsgrundlage nicht rechtswirksam sei und zum anderen der
Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 der Verordnung nicht betroffen sei. Die nach §
4 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung geforderte Abtrennung der Betriebsräume
durch Wände oder Türen falle nicht unter den hier einzig in Frage kommenden
Begriff der Beschaffenheit, wozu § 3 Abs. 6 Apothekenbetriebsordnung nähere
Einzelheiten enthalte. Das gesetzgeberische Ziel sei es, einen ordnungsgemäßen
Apothekenbetrieb und eine einwandfreie Herstellung und Prüfung von
Arzneimitteln in der Apotheke sicherzustellen. Einzelregelungen des baulichen
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Arzneimitteln in der Apotheke sicherzustellen. Einzelregelungen des baulichen
Erscheinungsbildes und darauf abzielende Anordnungen seien nur insoweit vom
gesetzgeberischen Ziel erfaßt, wie sie im Hinblick auf die Ordnung des
Apothekenbetriebes und die Qualität der Arzneimittelherstellung erforderlich seien.
Dagegen könne dem in § 21 Abs. 1 Apothekengesetz festgeschriebenen Ziel der
gesetzlichen Regelung nicht entnommen werden, daß in einer Anordnung auch
das äußere bauliche Erscheinungsbild geregelt werden könne. Die gemäß § 4 Abs.
5 Apothekenbetriebsordnung vorgesehene Abtrennung der Betriebsräume durch
Wände oder Türen sei demzufolge von der Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt.
Wände und Türen beträfen eindeutig nicht den inneren Gestaltungsbereich der
Apotheke, sondern im wesentlichen das Erscheinungsbild nach außen.
Ebensowenig werde durch die Abtrennung mit Wänden oder Türen ein
ordnungsgemäßer Betrieb der Apotheke und die Qualität der dort herzustellenden
und abzugebenden Arzneimittel sichergestellt. Da § 4 Abs. 5 der Verordnung
schon dem Wortlaut nach nicht von der Ermächtigungsnorm gedeckt sei, gelte das
erst recht für die Auslegung dieser Vorschrift durch das Verwaltungsgericht,
derzufolge die Türen geschlossen sein müßten. Aber auch bei Zugrundelegung der
von dem erstinstanzlichen Gericht vertretenen Auffassung sei eine für die Käufer
ohne weiteres ersichtliche optische Abgrenzung der Apothekenbetriebsräume zu
dem Kaufhaus H hinreichend gewährleistet. Die angefochtenen Bescheide seien
darüber hinaus rechtswidrig, weil das Gebot geschlossener Türen den Kläger in
seinem Grundrecht aus Art. 12 verletze. Eine solche Einschränkung sei weder aus
Gründen des Gemeinwohls geboten noch zu dem Zweck, den ordnungsgemäßen
Betriebsablauf der Apotheke sicherzustellen. Darüber hinaus habe der Beklagte
auch verkannt, daß ihm hinsichtlich der getroffenen Anordnungen ein
Ermessensspielraum zustehe. Ergänzend nimmt der Kläger auf das
erstinstanzliche Vorbringen Bezug.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 9.
Januar 1991 - V/3 E 1753/89 - den Bescheid des Beklagten vom 27. Dezember
1988 sowie dessen Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 1989 aufzuheben,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und bezieht sich im übrigen im wesentlichen
auf seine erstinstanzlichen Ausführungen. Ergänzend führt er aus,
verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angewendete Norm bestünden nicht. §
4 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung bewege sich im Rahmen der
Ermächtigungsgrundlage des § 21 Abs. 2 Nr. 6 Apothekengesetz. Das Gebot
geschlossener Türen beruhe auf sachgerechten und vernünftigen Erwägungen.
Selbst wenn sich das äußere Erscheinungsbild der Apotheken im Laufe der Zeit
gewandelt habe, dürfe nicht übersehen werden, daß sich aus der Aufgabe der
Apotheken wesentliche Unterschiede zu anderen gewerblichen Betrieben ergäben,
zu deren Bewahrung und Verdeutlichung nicht zuletzt der § 4 Abs. 5
Apothekenbetriebsordnung diene. Auch Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Es
sei ohnehin streitig, ob § 69 Arzneimittelgesetz den Behörden überhaupt ein
Entschließungsermessen einräume. Ungeachtet dessen wäre hier durch die
eindeutige Regelung des § 4 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung das Ermessen
insoweit auf Null reduziert. Auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei
gewahrt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten des Beklagten (1 Hefter)
Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die als
Anfechtungsklage zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Denn die
angefochtene Verfügung des Beklagten in der Fassung des
Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen
Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage für die von dem Beklagten getroffene Anordnung, die
Verbindungstüren der Apothekenbetriebsräume zu dem Kaufhaus H in der
Ruhestellung in geschlossenem Zustand zu halten, ist § 4 Abs. 5 der Verordnung
über den Betrieb von Apotheken (Apothekenbetriebsordnung -ApBetrO-) vom 9.
Februar 1987 (BGBl. I S. 547) i. V. m. § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 6 des Gesetzes
über das Apothekenwesen (ApoG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.
Oktober 1980 (BGBl. I S. 1993). Nach § 4 Abs. 5 ApBetrO müssen die
Betriebsräume von anderweitig gewerblich oder freiberuflich genutzten Räume
durch Wände oder Türen abgetrennt sein. Diese in dieser Form erstmalig in die
Apothekenbetriebsordnung 1987 aufgenommene Bestimmung stellt eine
ausdrückliche Klarstellung der schon zuvor bestehenden Rechtslage dar, wie sie
sich aus § 3 Abs. 6 Satz 1 der Apothekenbetriebsordnung vom 7. August 1968
(BGBl. I S. 939), zuletzt geändert durch Art. 3 der Verordnung vom 3. Mai 1985
(BGBl. I S. 746) bereits ergab, wonach Betriebsräume nach Lage, Größe und
Einrichtung so beschaffen sein mußten, daß ein ordnungsgemäßer
Apothekenbetrieb, insbesondere die einwandfreie Herstellung, Prüfung,
Aufbewahrung und Abgabe von Arzneimitteln gewährleistet war (vgl. Hess. VGH,
Urteil vom 12. Dezember 1991 - 11 UE 1488/89 - S. 11/12 des Umdrucks). § 4
Abs. 5 ApBetrO fordert die Abtrennung durch Wände und Türen. Aus dieser
Formulierung hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil mit Recht
die Schlußfolgerung gezogen, aus dem gleichberechtigten Nebeneinander von
Wänden und Türen folge, daß der Verordnungsgeber davon ausgehe, daß die
Trennung durch eine Tür ähnlich manifest sein müsse, wie durch eine Wand.
Diesem Erfordernis könne nur durch in Ruhestellung geschlossene Türen Rechnung
getragen werden. Die geforderte strikte Trennung zwischen Apotheke und
anderweitigen Gewerberäumen sei hingegen nicht gegeben, wenn Türen zwar
vorhanden, jedoch während der Öffnungszeiten der Apotheke ständig offen seien.
Diesen Ausführungen ist uneingeschränkt zuzustimmen, denn bei ständig
geöffneten Türen würde die ansonsten für den Kunden eindeutig ersichtliche und
wahrnehmbare Trennung zwischen normalen Gewerberäumen und einer Apotheke
nicht mehr gewährleistet sein. Pfeil/Pieck/Blume, Apothekenbetriebsordnung, 5.
Aufl. 1987, Rdnr. 17 zu § 4 führen dazu zutreffend folgendes aus:
"Der Verpflichtung, die Apothekenbetriebsräume durch Wände oder Türen von
anderweitig genutzten Räumen abgetrennt zu halten, wird nicht bereits dadurch
entsprochen, daß sich zwischen beiden Betrieben Türen befinden, wenn diese
während des Betriebes der Apotheke und anderweitigem Betrieb regelmäßig,
zumeist oder auch nur öfters nicht geschlossen sind und somit einen
unmittelbaren räumlichen Zusammenhang und eine unzulässige Betriebseinheit
zwischen Apotheke und weiterem Gewerbebetrieb begründen...
Die vom Verordnungsgeber gewollte Trennung ist keine formale, die durch
organisatorische Maßnahmen letztlich wieder aufgehoben oder in ihr Gegenteil
verkehrt werden kann, sondern muß eine solche sein, die tatsächlich eine
Trennung zwischen den Betrieben bewirkt, die durch eine im Einzelfall zu öffnende
Türe überwunden werden darf. Eine während der Öffnungszeiten der Apotheke
regelmäßig geöffnete Tür verstößt gegen § 4 Abs. 5, weil eine solche Tür einer
Öffnung oder einem Durchgang entspricht, die vom Verordnungsgeber jedoch
nach Entstehungsgeschichte, Wortlaut und Sinngehalt der Vorschrift nicht gewollt
ist. Soweit für das Publikum zwischen der Apotheke und den anderen Räumen eine
unmittelbare Verbindung in Form einer Türe besteht, muß gewährleistet sein, daß
diese Tür in Ruhestellung grundsätzlich geschlossen ist."
Bei Cyran/Rotter, Apothekenbetriebsordnung, 4. Aufl. (Stand: 1. August 1988),
Anmerkung 130 zu § 4 wird ausgeführt:
"Die geforderte strikte Trennung zwischen Apotheke und anderweitigem
Gewerberaum ist nicht gegeben, wenn sich zwischen den Betrieben zwar eine Tür
befindet, diese jedoch während der Öffnungszeiten der Apotheke offen ist.
Dagegen ist es nicht zu beanstanden, wenn sich zwischen Apotheke und
anderweitigem Gewerberaum eine geschlossene Tür befindet, die auch von
Kunden geöffnet wird."
Eine ähnliche Auffassung hat auch das Landesberufsgericht für Apotheker in
Karlsruhe, Urteil vom 28. November 1984 - LBG 5/84 - (Pharmazeutische Zeitung
1985, S. 712 ff.) noch unter Geltung der Apothekenbetriebsordnung vom 7. August
1968 vertreten. Dort wird u. a. ausgeführt:
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"Nach § 3 Abs. 6 ApBetrO müssen die Betriebsräume der Apotheke nach Lage,
Größe und Einrichtung so beschaffen sein, daß ein ordnungsgemäßer
Apothekenbetrieb, insbesondere die einwandfreie Herstellung, Prüfung, Lagerung
und Abgabe von Arzneimitteln, gewährleistet ist. Ein ordnungsgemäßer
Apothekenbetrieb liegt nicht vor, wenn in der Apotheke außer den
apothekenüblichen Arzneimitteln auch Waren vorrätig gehalten und abgegeben
werden, die zwar in Drogerien, nicht aber in Apotheken verkauft werden dürfen.
Hieraus folgt, daß die Betriebsräume von Apotheke und Drogerie keine Einheit
bilden dürfen.
Eine solche Einheit liegt vor, wenn ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang
zwischen Apotheke und Drogerie besteht und diese bei Anlegung eines objektiven
Maßstabes einen Betrieb darstellen. Dabei vermögen bei Vorliegen eines
unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs von Apotheke und Drogerie im
Regelfall nur Drehtüren zwischen beiden oder das Fehlen jeder Verbindung eine
solche Betriebseinheit auszuschließen, wie dem Sinn und Zweck der Regelung des
§ 12 ApBetrO zu entnehmen ist... Bei Apotheke und Drogerie des Beschuldigten
besteht ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang. Der Drogerieraum schließt
unmittelbar an den Apothekenraum an und ist von diesem lediglich durch eine
zweiteilige, nichtautomatisierte Glasschiebetür getrennt. Diese führt jedoch zu
keiner wirklichen Trennung der beiden Betriebe, da sie wegen der Umständlichkeit
des Öffnungsvorgangs öfter nicht geschlossen ist, wie die
Besichtigungen...erwiesen haben. Dadurch wirken Apotheke und Drogerie nicht nur
optisch als eine Einheit, sondern sie sind es auch tatsächlich."
Den vorstehenden Ausführungen ist vollinhaltlich zuzustimmen, da nur sie der
vom Verordnungsgeber verfolgten Intention, eine strikte Trennung der
Apothekenbetriebsräume von sonstigen Gewerberäumen zu erreichen,
hinreichend Rechnung tragen.
Der so verstandene § 4 Abs. 5 ApBetrO steht - entgegen der Auffassung des
Klägers - auch im Einklang mit § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 6 ApoG als
gesetzlicher Ermächtigungsgrundlage für die genannte Regelung.
Durch § 21 Abs. 1 Satz 1 ApoG ist der Bundesminister für Jugend, Familie und
Gesundheit ermächtigt worden, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des
Bundesrates eine Apothekenbetriebsordnung zu erlassen, um einen
ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheken, Zweigapotheken und
Krankenhausapotheken zu gewährleisten und um die Qualität der dort
herzustellenden und abzugebenden Arzneimittel sicherzustellen. Nach § 21 Abs. 2
Nr. 6 ApoG können in der Rechtsverordnung nach Abs. 1 Regelungen getroffen
werden über die Größe, Beschaffenheit, Ausstattung und Einrichtung der
Apothekenbetriebsräume. § 4 Abs. 5 ApBetrO 1987 ist von dieser
Ermächtigungsgrundlage unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der
gesetzlichen Regelung, einen ordnungsgemäßen Apothekenbetrieb zu
gewährleisten, gedeckt.
In dem bereits erwähnten Urteil des Hess. Verwaltungsgerichtshofs vom 12.
Dezember 1991 - 11 UE 1488/89 - ist dazu in Anlehnung an die Rechtsprechung
des Bundesverwaltungs- und Bundesverfassungsgerichts folgendes ausgeführt
worden:
"Welchen Anforderungen eine Apotheke in räumlicher, personeller und sonstiger
Hinsicht genügen muß, um einen ordnungsgemäßen Apothekenbetrieb zu
gewährleisten, kann nicht ohne Berücksichtigung der in § 1 Abs. 1 ApoG, der
Grundnorm des Apothekenrechts, den Apothekern übertragenen öffentlichen
Aufgabe der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung
mit Arzneimitteln bestimmt werden. Hiernach sind Apotheken zwar auch
Gewerbebetriebe und dienen privatwirtschaftlichen Erwerbsinteressen; zugleich -
und dies macht ihre Besonderheit aus - sind sie wegen der Funktion, die sie im
öffentlichen Interesse erfüllen, Gewerbebetriebe besonderer Art. Aufgrund der
ihnen gesetzlich garantierten Monopolstellung bei dem Verkauf von Arzneimitteln
haben sie erhebliche wirtschaftliche Vorteile. Als Kehrseite ihrer Monopolstellung
sind sie zahlreichen Sonderbestimmungen unterworfen. Hauptaufgabe der
Apotheker ist nach wie vor...die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung
der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln (BVerfGE
17, 232 (239); BVerwG NJW 1986, 2388 (2389)), hinter der das Streben nach
Gewinn zurückzutreten hat (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluß vom 3. Januar
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Gewinn zurückzutreten hat (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluß vom 3. Januar
1980, BVerfGE 53, 96 (98)). An diesem Sachverhalt ändert auch die Tatsache
nichts, daß angesichts der außerordentlich gestiegenen Zahl der Apotheken und
der gesunkenen durchschnittlichen Umsatzrenditen Apotheker zunehmend
bemüht sind, durch Erweiterung des Umsatzes bei dem Randsortiment und eine
an modernen Marktstrategien orientierte Ausgestaltung der Schaufenster (und
Verkaufsflächen sowie des Eingangsbereiches) ihre Rendite zu erhöhen. Mögen
diese Bestrebungen - gerade bei sogenannten Center-Apotheken - unter
privatwirtschaftlichen, an Umsatzsteigerung und Gewinnerzielung orientierten
Aspekten nachvollziehbar sein; mit dem gesetzlich festgelegten Berufsbild des
Apothekers und mit der ihm übertragenen öffentlichen Aufgabe der
ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung sind sie jedenfalls dann nicht mehr
vereinbar, wenn wesentliche legislative Zwecke, die mit baulichen
Gestaltungsvorschriften verfolgt werden, nicht mehr oder jedenfalls nicht
hinreichend sicher erreicht werden können. Zur Erfüllung der dem Apotheker
persönlich (vgl. §§ 1 Abs. 1, 4 ApBetrO) übertragenen Aufgabe einer
ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung (§ 1 Abs. 1 ApoG) gehört nicht nur der
Verkauf, sondern auch und vor allem Information und Beratung über Arzneimittel,
deren Wirkungen und Gefahren einschließlich ihres Suchtpotentials und ihrer
sonstigen Nebenwirkungen sowie deren sachgerechter Anwendung, soweit dies im
Einzelfall geboten ist. In der Apothekenbetriebsordnung 1987 werden diese
Informations- und Beratungspflichten des Apothekers aus Gründen der
Klarstellung (vgl. den allgemeinen Teil der amtlichen Begründung;
Pfeil/Pieck/Blume, a. a. O., § 20 Anm. 1) ausdrücklich benannt (§ 4 Abs. 1 Satz 2, §
20 Abs. 1 ApBetrO 1987). Die ordnungsgemäße Wahrnehmung der dem
Apotheker obliegenden Beratungs- und Informationspflichten setzt zum einen
voraus, daß die Offizin hierzu objektiv geeignet ist und zum anderen, daß sie
angesichts der Sensibilität, zum Teil Intimität der möglichen Gegenstände der
Beratungsgespräche auch aus der Sicht des Kunden diese Funktion erfüllen kann.
Diesen Voraussetzungen genügt eine Offizin nicht, die wegen des Fehlens einer
räumlichen Abtrennung zur Ladenstraße hin den ein offenes, vertrauensvolles
Beratungsgespräch ermöglichenden geschützten Raum vermissen läßt... Zum
anderen kann die Apotheke der Klägerin bei der von ihr angestrebten baulichen
Gestaltung und Präsentation nicht die vom Gesetz zugewiesene Funktion erfüllen,
nach außen hin gegenüber den Kunden deutlich zu machen, daß es sich hierbei
nicht um einen gewöhnlichen Gewerbebetrieb, sondern um eine Einrichtung
handelt, die der Erhaltung bzw. Herstellung der menschlichen Gesundheit zu
dienen bestimmt ist und in der Waren besonderer Art angeboten werden (vgl. auch
Pfeil/Pieck/Blume, a. a. O., § 4 Anm. 7). Hierdurch soll den Gefahren, die durch
einen unkritischen und übermäßigen Gebrauch von Arzneimitteln entstehen
können, entgegengewirkt werden (vgl. hierzu auch die amtliche Begründung zu § 4
ApBetrO 1987)...."
Im Hinblick auf diese Ziel- und Zwecksetzung des Apothekengesetzes hält sich die
Regelung des § 4 Abs. 5 ApBetrO im Rahmen der gesetzlichen
Ermächtigungsgrundlage und ist dort - wie das Verwaltungsgericht zutreffend
angenommen hat - unter den Begriff "Beschaffenheit" einzuordnen. Denn zur
Beschaffenheit eines Raumes - in Abgrenzung zu den weiteren Begriffen
Ausstattung und Einrichtung - gehört nicht nur die innere Gestaltung von
Apothekenbetriebsräumen, sondern dazu gehören auch dessen äußere
Begrenzungen, da sie Art und Ausmaß des geschlossenen Raumes in besonderem
Maße kennzeichnen. Gerade die räumliche Begrenzung ist in hohem Maße
geeignet, die Unterschiedlichkeit von Räumen und die Zwecksetzung von Räumen
zu verdeutlichen bzw. zu unterstreichen.
Gegen die den vorstehenden Ausführungen zugrundeliegende Auslegung und
Anwendung des § 4 Abs. 5 ApBetrO und des § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 6 ApoG
als dessen Ermächtigungsgrundlage bestehen auch unter verfassungsrechtlichen
Gesichtspunkten keine Bedenken. Zwar wird die Berufsausübungsfreiheit des
Klägers (Art. 12 Abs. 1 GG) durch die streitbefangene Anordnung des Beklagten
eingeschränkt, jedoch nur in einem Randbereich und in geringer Intensität. Die
Anordnung und die ihr zugrundeliegenden Vorschriften dienen überdies
öffentlichen Interessen, denen ein ungleich höheres Gewicht beizumessen ist als
dem lediglich auf Umsatz- bzw. Gewinnsteigerung gerichteten Interesse des
Klägers. Das eingesetzte Mittel steht schließlich auch nicht außer Verhältnis zu
dem angestrebten Ziel. Dies ist offenkundig und bedarf deshalb keiner näheren
Begründung.
Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang das von dem Kläger vorgelegte
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Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang das von dem Kläger vorgelegte
Gutachten zur Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 7 des Entwurfs einer
Apothekenbetriebsordnung vom 23. Mai 1985. Das Verwaltungsgericht hat in dem
angefochtenen Urteil bereits zu Recht darauf hingewiesen, daß die dort
vorgesehene weitergehende Regelung keinen Eingang in die hier maßgebliche
Fassung der Apothekenbetriebsordnung gefunden hat. Eines näheren Eingehens
auf dieses Rechtsgutachten bedarf es deshalb nicht.
Die streitbefangene Anordnung des Beklagten ist schließlich - entgegen der
Auffassung des Klägers - auch nicht deshalb rechtswidrig, weil dem Beklagten
insoweit Ermessensfehler in bezug auf das Einschreiten selbst oder in bezug auf
das gewählte Mittel anzulasten wären. Nach§ 64 Abs. 1 des Gesetzes über den
Verkehr mit Arzneimitteln (AMG) vom 24. August 1976 (BGBl. I S. 2445) in der hier
maßgeblichen Fassung unterliegen Betriebe und Einrichtungen, in denen
Arzneimittel hergestellt, geprüft, gelagert, verpackt oder in den Verkehr gebracht
werden oder in denen sonst mit ihnen Handel getrieben wird, insoweit der
Überwachung durch die zuständige Behörde. Nach § 64 Abs. 3 AMG hat sich die
zuständige Behörde davon zu überzeugen, daß die Vorschriften über den Verkehr
mit Arzneimitteln, über die Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens und über das
Apothekenwesen beachtet werden. Zu den Vorschriften über das Apothekenwesen
gehört auch die Apothekenbetriebsordnung. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG oblag
es demzufolge hier dem Beklagten, die zur Beseitigung festgestellter Verstöße
und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen zu treffen. In
Anwendung dieser Vorschriften hat der Beklagte die hier streitbefangene
Anordnung getroffen, wobei er allerdings in der Verfügung vom 27. Dezember
1988 (S. 3) offensichtlich davon ausgegangen ist, daß die getroffene Regelung sich
zwingend aus § 4 Abs. 5 ApBetrO ergebe und insoweit kein Ermessensspielraum
vorliege. Ausführungen zur Anwendung des Auswahlermessens finden sich
insoweit auch nicht im Widerspruchsbescheid. Dies führt indessen nicht zur
Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide. Dabei bedarf es hier keiner
abschließenden Klärung der Frage, ob § 69 Abs. 1 AMG der Behörde überhaupt ein
Ermessen hinsichtlich der Frage einräumt, ob ein Tätigwerden notwendig ist
(Entschließungsermessen), denn auch wenn hier ein solches
Entschließungsermessen mit einem Teil der Literatur anzunehmen wäre (vgl.
Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Kommentar, Stand: 1. April 1991, Anm. 4 zu § 69
AMG), wäre angesichts der eindeutigen Regelung des § 4 Abs. 5 ApBetrO ein
derartiges Entschließungsermessen insoweit auf Null reduziert gewesen, weil
angesichts der strikten Regelung in § 4 Abs. 5 ApBetrO und angesichts der
Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter hier überhaupt nur eine einzige
Entscheidung, nämlich die zum Einschreiten, rechtmäßigerweise getroffen werden
konnte (vgl. zur Ermessensreduktion auf Null im einzelnen die Ausführungen bei
Kopp, VwGO, 9. Aufl. 1992, Rdnr. 6 und 8 zu § 114 m. w. N.). Soweit der Kläger
beanstandet, daß die Behörde insoweit ein Auswahlermessen nicht betätigt habe,
geht dieser Einwand ebenfalls fehl. Zwar enthält die Verfügung des Beklagten vom
27. Dezember 1988 dazu keine Ausführungen. Solche Ausführungen sind jedoch
im Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 1989 auf Seite 4 - unter Berücksichtigung
des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - nachgeholt worden. Die angefochtene
Verfügung in der Fassung des Widerspruchsbescheides begegnet schließlich auch
hinsichtlich der darin erfolgten Fristsetzung und der Androhung eines
Zwangsgeldes keinen rechtlichen Bedenken.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.