Urteil des HessVGH vom 27.01.2004

VGH Kassel: rasse, ermächtigung, halter, verordnung, daten, zahl, vorsorge, zugehörigkeit, wohnung, ausbildung

Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
11. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 N 520/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 71a Abs 1 S 2 SOG HE
1990
(Vermutung der Gefährlichkeit von Hunderassen bzw. -gruppen
bei Vorliegen objektiver Anhaltspunkte)
Leitsatz
§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 - 4, 5 bis 8, 10 und 11 HundeVO, wonach bei Hunden der in
diesen Bestimmungen aufgeführten Rassen einschließlich ihrer Kreuzungen eine
Gefährlichkeit vermutet wird, ist durch § 71a Abs. 1 HSOG gedeckt.
Die gesetzliche Ermächtigung in § 71 a Abs. 1 HSOG zum Erlass von Geboten und
Verboten zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren für Menschen
und Tiere und zur Listung von Hunderassen und -gruppen, bei den wegen des
Vorliegens menschen- oder tiergefährdenden Eigenschaften eine Gefährlichkeit
vermutet wird, ist mit dem Gleichbehandlungsgebot und den verfassungsrechtlichen
Grundsätzen des Vorbehalts des Gesetzes und der Bestimmtheit von Rechtsnormen
vereinbar.
In § 71a Abs. 1 Satz 2 HSOG wird die Vermutung der Gefährlichkeit von Hunden nicht
aus der Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen oder Gruppen oder allein aus
rassespezifischen Merkmalen abgeleitet, sondern aus für die Hunderasse oder -gruppe
charakteristischen gefahrbegründenden Eigenschaften, deren mögliche Ursachen
(rassespezifische Merkmale, Zucht, Haltung, Ausbildung oder
Abrichtung) in der Bestimmung nur beispielhaft aufgeführt sind, und die auch auf der
Grundlage von Erfahrungen und statistischen Erhebungen festgestellt werden können.
Als vermutlich gefährlich im Sinne von § 71a Abs. 1 Satz 2 HSOG darf eine Hunderasse
oder -gruppe dann behandelt werden, wenn objektive Anhaltspunkte vorliegen, aus
denen sich zumindest die Möglichkeit einer Schädigung von Menschen oder Tieren
durch Hunde dieser Rasse oder Gruppe entnehmen lässt.
Aufgrund der Herabsenkung der Gefahrenschwelle von der Gefahrenabwehr zur
Gefahrenvorsorge ist der Verordnungsgeber befugt, von Hunden möglicherweise
ausgehenden Gefahren in möglichst weit gehender Weise zu begegnen und zur
Ausschaltung etwaiger Restrisiken strenge Maßstäbe an das Verhalten von Hunden
anzulegen. Hierbei dürfen wissenschaftlich oder statistisch abschließend
gesicherte Feststellungen nicht verlangt werden. Vielmehr darf der Verordnungsgeber
auch bei umstrittenen oder noch ungeklärten Erkenntnislagen von der ihm durch § 71a
Abs. 1 HSOG eingeräumten Ermächtigung Gebrauch machen.
Auf bloße Vermutungen, Hypothesen, vage Hinweise oder auf sonstige, nicht im
Zusammenhang mit dem tatsächlichen Gefährdungspotential von Hunden stehende
Gesichtspunkte, wie etwa die Herkunft einer Hunderasse oder ihre Akzeptanz in der
Bevölkerung, kann die Vermutung der Gefährlichkeit dagegen nicht gestützt werden.
Für die in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 - 4, 5 bis 8, 10 und 11 HundeVO gelisteten
Hunderassen und ihre Kreuzungen ergeben sich zureichende Anhaltspunkte für ihre
vermutliche Gefährlichkeit nicht aus fachwissenschaftlichen Erkenntnissen über das
Vorliegen entsprechender rassespezifischer Merkmale oder aus Hinweisen auf eine bei
den betroffenen Rassen und Gruppen betriebene züchterische Selektion
besonders aggressiven Verhaltens, wohl aber aus Statistiken über Vorfälle mit Hunden
dieser Rassen und ihrer Kreuzungen und aus Ergebnissen von mit diesen Hunden
durchgeführten Wesensprüfungen.
Die Nichtberücksichtigung anderer Hunderassen oder -gruppen in § 2 Abs. 1 Satz 2
HundeVO, bei denen ebenfalls eine auffällige Häufung von Beißvorfällen festzustellen ist
( z.B. Schäferhunde, Dobermänner, Rottweiler) ist wegen der wesentlich größere
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( z.B. Schäferhunde, Dobermänner, Rottweiler) ist wegen der wesentlich größere
Verbreitung dieser Hunde nicht zu beanstanden.
Die unterschiedliche Dauer der Erlaubnis für die Haltung von Listenhunden und für die
Haltung der gefährlichen Hunde nach § 2 Abs. 2 HundeVO nach § 3 Abs. 1 Satz 2
HundeVO ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar.
§ 7 Satz 3, letzter Satzteil HundeVO, wonach die sachverständige Person oder Stelle
der zuständigen Stelle mitteilt, dass eine positive Wesensprüfung nicht bescheinigt
worden ist, ist durch die gesetzliche Ermächtigung gemäß § 71a Abs. 1 HSOG gedeckt.
§ 15 Abs. 6 HundeVO, wonach die zuständige Behörde der für die Erhebung der
Hundesteuer zuständigen Stelle innerhalb der Gemeinde Namen und Anschriften von
Halterinnen und Haltern gefährlicher Hunde mitteilt, findet seine Rechtsgrundlage in §
22 Abs. 2 Nr. 3 HSOG, wonach die Gefahrenabwehr- und Polizeibehörden
personenbezogene Daten an Behörden und öffentliche Stellen auf
Grund tatsächlicher Anhaltspunkte für die Wahrnehmung einer sonstigen
Gefahrenabwehraufgabe durch die empfangende Stelle übermitteln können.
Tatbestand
Die Antragsteller sind Halterinnen bzw. Halter von Hunden folgender Rassen bzw.
Gruppen: Pitbull Terrier bzw. Pitbull-Terrier Mischling (Antragsteller zu 1.,
Antragstellerin zu 9., Antragsteller zu 13.), Staffordshire-Terrier (Antragsteller zu 2.
bis 4., Antragstellerin zu 12.), Staffordshire-Bullterrier (Antragsteller zu 1. und 15.),
Bullterrier (Antragstellerin zu 14.), American Bulldog (Antragstellerin zu 5.), Dogo
Argentino (Antragsteller zu 6.), Fila Brasileiro (Antragstellerin zu 7.), Kangal bzw.
Karabash (Antragsteller zu 8.), Mastiff (Antragsteller zu 10.), Mastino Napoletano
(Antragstellerin zu 11.).
Die Antragsteller greifen mit ihren am 27. Februar 2003 bzw. am 7. April 2003
eingegangenen Normenkontrollanträgen Vorschriften der
Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden (HundeVO)
vom 22. Januar 2003 (GVBl. I S. 54) an.
Die für das vorliegende Verfahren bedeutsamen Bestimmungen haben folgenden
Wortlaut:
§ 1
Halten und Führen von Hunden
(3) Gefährliche Hunde darf nur halten, wem eine Erlaubnis durch die zuständige
Behörde erteilt worden ist.
§ 2
Gefährliche Hunde
(1) Gefährlich sind Hunde, die durch Zucht, Haltung, Ausbildung oder Abrichtung
eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust,
Schärfe oder eine andere in ihren Wirkungen vergleichbare, mensch- oder
tiergefährdende Eigenschaft besitzen. Für folgende Rassen und Gruppen von
Hunden sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden wird
eine Gefährlichkeit vermutet:
1. Pitbull-Terrier oder American Pitbull Terrier,
2. American Staffordshire-Terrier oder Staffordshire Terrier,
3. Staffordshire-Bullterrier,
4. Bullterrier,
5. American Bulldog,
6. Dogo Argentino,
7. Fila Brasileiro,
8. Kangal (Karabash),
9. Kaukasischer Owtscharka,
10. Mastiff,
11. Mastino Napoletano.
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(2) Gefährlich sind auch die Hunde, die
1. einen Menschen gebissen oder in Gefahr drohender Weise angesprungen
haben, sofern dies nicht aus begründetem Anlass geschah,
2. ein anderes Tier durch Biss geschädigt haben, ohne selbst angegriffen worden
zu sein, oder die einen anderen Hund trotz dessen erkennbarer artüblicher
Unterwerfungsgestik gebissen haben oder
3. durch ihr Verhalten gezeigt haben, dass sie unkontrolliert andere Tiere hetzen
oder reißen.
§ 3
Erteilung und Widerruf der Erlaubnis
(1) Die Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes darf nur erteilt werden,
wenn die Halterin oder der Halter
1. das 18. Lebensjahr vollendet hat,
2. zuverlässig ist,
3. sachkundig ist,
4. eine positive Wesensprüfung für den Hund nachweist,
5. nachweist, dass der Hund artgerecht gehalten wird und die erforderlichen
Maßnahmen getroffen worden sind, damit von ihm keine Gefahren für Leben,
Gesundheit, Eigentum oder Besitz ausgehen,
6. nachweist, dass der Hund mit einem Chip nach § 12 gekennzeichnet ist,
7. nachweist, dass für den Hund nach Maßgabe einer gesetzlichen Regelung eine
Haftpflichtversicherung abgeschlossen worden ist,
8. nachweist, dass die bereits fällig gewordene Hundesteuer entrichtet worden ist.
9. Die Erlaubnis ist bei Hunden nach § 2 Abs. 1 auf zwei Jahre zu befristen; bei
10. den übrigen gefährlichen Hunden kann die Erlaubnis für einen Zeitraum von bis
zu vier Jahren erteilt werden.
11. …
§ 7
Wesensprüfung
Die Wesensprüfung wird von einer vom Regierungspräsidium Darmstadt im
Benehmen mit dem Verband für das Deutsche Hundewesen e.V. und der
Landestierärztekammer Hessen benannten sachverständigen Person oder Stelle
vorgenommen. Sie hat nach Standards zu erfolgen, die vom Regierungspräsidium
Darmstadt im Benehmen mit dem Verband für das Deutsche Hundewesen e.V.
und der Hessischen Landestierärztekammer festgelegt worden sind. Die
sachverständige Person oder Stelle stellt eine Bescheinigung über eine positive
Wesensprüfung zur Vorlage bei der Erlaubnisbehörde aus oder teilt der
zuständigen Behörde mit, dass eine positive Wesensprüfung nicht bescheinigt
worden ist.
§ 8
Führen eines Hundes
… (3) Gefährliche Hunde dürfen nur einzeln geführt werden.
§ 9
Leinen- und Maulkorbzwang
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(1) Außerhalb des eingefriedeten Besitztums oder der Wohnung der Halterin oder
des Halters sind gefährliche Hunde an der Leine zu führen. Hiervon ausgenommen
sind Hunde mit positiver Wesensprüfung. Leine, Halsband und Halskette müssen
so beschaffen sein, dass der Hund sicher gehalten werden kann. Die Leine darf nur
so lang sein, dass keine Gefahr von dem Hund ausgehen kann, höchstens jedoch
zwei Meter.
§ 10
Sicherung von Grundstücken
(1) Grundstücke oder Zwinger, auf oder in denen ein gefährlicher Hund gehalten
wird, sind zu kennzeichnen. Außerdem sind sie so einzuzäunen und zu sichern,
dass Personen außerhalb dieser Grundstücke und Zwinger nicht gefährdet werden,
insbesondere ein Entweichen des Hundes ausgeschlossen ist. Gleiches gilt für
Wohnungen, in denen ein gefährlicher Hund in einer Wohnung gehalten wird.(2)
Alle Zugänge zu dem eingefriedeten Besitztum oder der Wohnung sind mit
deutlich sichtbarem Warnschild in Signalfarbe mit der Aufschrift “Vorsicht Hund!”
zu versehen.(3) Abs. 1 und 2 gelten nicht für Hunde mit positiver Wesensprüfung.
§ 13
Abgabeverbote für gefährliche Hunde
Handel, Erwerb sowie die Abgabe von gefährlichen Hunden sind verboten, wenn die
Wesensprüfung nicht positiv war; zulässig bleibt die Abgabe an und die Annahme
eines gefährlichen Hundes durch Tierheime in gemeinnütziger oder öffentlicher
Trägerschaft.
§ 14
Sicherstellung und Tötung von Hunden
(1) Die zuständige Behörde kann die Sicherstellung sowie die Verwahrung nach
den §§ 40 und 41 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und
Ordnung anordnen, wenn die nach dieser Verordnung bestehenden Verbote oder
Gebote nicht eingehalten werden oder den Anordnungen oder Auflagen der
zuständigen Behörde nicht nachgekommen wird.…
§ 15
Mitwirkungs- und Mitteilungspflichten
(1) Erhält die Halterin oder der Halter Kenntnis davon, dass es sich bei ihrem oder
seinem Hund um einen gefährlichen Hund handeln könnte, hat sie oder er der
Räumlichkeiten, Einrichtungen und Freianlagen eine verhaltensgerechte und
ausbruchsichere Unterbringung ermöglichen, so dass die körperliche
Unversehrtheit von Menschen oder Tieren nicht gefährdet wird. (2) Die Halterin
oder der Halter ist verpflichtet, die nach dieser Verordnung erforderlichen
Feststellungen und Begutachtungen zuzulassen und alle dafür notwendigen
Unterlagen und Bescheinigungen vorzulegen sowie alle für die Durchführung eines
Erlaubnis-, Untersagungs- oder Sicherstellungsverfahrens erforderlichen Daten an
die zuständige Behörde und die zur Sachverhaltsermittlung eingeschalteten
Sachverständigen oder sachverständigen Stellen zu übermitteln.(3) Wer einen
gefährlichen Hund veräußert oder abgibt, hat der Erwerberin oder dem Erwerber
oder der oder dem Annehmenden mitzuteilen, dass es sich um einen solchen
Hund handelt.(4) Der zuständigen Behörde sind innerhalb einer Woche
anzuzeigen:
1. Handel, Erwerb, Abgabe und Aufgabe der Haltung eines gefährlichen Hundes
unter Angabe von Namen, Anschriften neuer und früherer Halterinnen und Halter
und der Ort der Haltung des Hundes, falls dieser von der Anschrift der Halterin
oder des Halters abweicht,
2. durch die Halterin oder den Halter Zuzug, Wegzug oder Umzug der Halterin
oder des Halters eines gefährlichen Hundes sowie dessen Abhandenkommen oder
Tod.(5) Die bisher zuständige Behörde hat die neu zuständige Behörde über die
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Tod.(5) Die bisher zuständige Behörde hat die neu zuständige Behörde über die
Sachverhalte nach Abs. 2 unter Angabe der Namen der Halterinnen und Halter der
Hunde zu unterrichten.(6) Die zuständige Behörde teilt der für die Erhebung der
Hundesteuer zuständigen Stelle innerhalb der Gemeinde Namen und Anschriften
von Halterinnen und Haltern gefährlicher Hunde mit.…
Die Antragsteller tragen zur Begründung ihrer Normenkontrollanträge vor, die
Listung bestimmter Hunderassen und -gruppen in § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO
könne, nachdem der Verordnungsgeber die vorangegangene inhaltsgleiche
Regelung der HundeVO vom 10. Mai 2002 mit Rücksicht auf die neuere
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgehoben und durch die jetzige
Regelung ersetzt habe, auch nicht auf die mit Blick auf diese Rechtsprechung
erlassene Vorschrift in § 71a HSOG gestützt werden. Es bestünden bereits Zweifel
am ordnungsgemäßen Zustandekommen des Gesetzes. § 71a HSOG sei auch
materiell rechtswidrig. Die hierin statuierte unwiderlegliche
Gefährlichkeitsvermutung verstoße gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürften an einen Hund
keine weiter gehenden Anforderungen mehr gestellt werden, wenn sich durch eine
Wesensprüfung seine Ungefährlichkeit herausgestellt habe. Unter diesen
Umständen sei nicht nur eine Gefahr, sondern auch ein wo möglicher
Gefahrenverdacht ausgeräumt. Das von dem Antragsgegner insoweit bemühte
Restrisiko sei zur Rechtfertigung einer unwiderleglichen Gefährlichkeitsvermutung
untauglich. Ein solches Restrisiko gehe wegen der Unberechenbarkeit tierischen
Verhaltens jederzeit von jedem Hund aus. Die gesetzliche Bestimmung sei
weiterhin mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz unvereinbar. Sie knüpfe bei der
Gefährlichkeitsvermutung für bestimmte Hunderassen bzw. -gruppen an
rassespezifische Merkmale an, deren Existenz fachwissenschaftlich längst
widerlegt sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei wegen
des fehlenden Nachweises eines Kausalzusammenhangs zwischen der
übersteigerten Aggression eines Hundes und seiner Rassezugehörigkeit die
Bestimmung bestimmter Hunderassen als gefährlich nicht mit dem allgemeinen
Gefahrenabwehrrecht zu begründen. Vielmehr sei eine besondere gesetzliche
Grundlage zur Gefahrenvorsorge erforderlich, in der der Gesetzgeber die
Einführung etwaiger "Rasselisten” selbst zu verantworten habe. Statt einer solchen
Liste enthalte § 71a HSOG lediglich eine Aufzählung unbestimmter Begriffe und
überlasse die nähere Bestimmung der Rassen in unzulässiger Weise der Exekutive.
Auch die durchweg fehlerhaften und in sich widersprüchlichen statistischen
Erhebungen des Antragsgegners seien nicht geeignet, eine Hyperaggressivität
bestimmter Hunderassen zu belegen. Der Bericht des Hessischen
Landeskriminalamts über Vorfälle mit gefährlichen Hunden im Jahre 2002 belege,
dass Beißvorfälle unabhängig von der Rasse vorkämen und die Schwere der
Verletzungen bei Menschen und Tieren nicht in Abhängigkeit zu der Hunderasse
stehe. Aus statistischen Daten über Beißvorfälle mit Hunden könnten ohnehin
keine Rückschlüsse gezogen werden, da mangels Erkenntnissen über den
Hundebestand ein Abgleich mit der Größe der jeweiligen Hundepopulation nicht
möglich sei. Diese Statistiken seien überdies mit erheblichen Mängeln behaftet. Es
handele sich um rein deskriptive Statistiken mit der Angabe absoluter und relativer
Häufigkeiten, ohne dass die Ergebnisse mit den notwendigen statistischen
Methoden einer Bewertung unterzogen worden seien. Wegen zahlreicher
Abweichungen bei den in verschiedenen Statistiken ausgeworfenen Zahlen seien
diese statistischen Erhebungen unverwertbar. Das Fehlen der nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Nachweis eines
Gefahrenverdachts notwendigen objektiven Anhaltspunkte könne nicht durch
allgemeine Erwägungen zur Nichtakzeptanz bestimmter Hunderassen in der
Bevölkerung ersetzt werden. Die Hinweise des Antragsgegners auf eine angebliche
übersteigerte Angriffslust, eine besondere Schmerzunempfindlichkeit und
Widerstands- und Beißkraft sowie ein vermeintlich furchteinflößendes Äußeres mit
der Gefahr falscher Reaktionen unerfahrener Personen beruhten sämtlich auf
kynologisch unhaltbaren Pauschalurteilen. Der Antragsgegner habe es nicht
vermocht, seine Annahmen durch gesicherte wissenschaftliche Feststellungen zu
untermauern. Er ziehe sich vielmehr auf nicht näher präzisierte allgemeine
Erfahrungen und Erkenntnisse eigener Fachleute zurück. Auch diese von dem
Antragsgegner selbst vorgelegten Aussagen eigener Fachkundiger rechtfertigten
die Aufnahme in die Rasseliste nicht. In der Stellungnahme der Hessische
Polizeischule - Fachbereich Diensthundwesen - vom 20. Mai 2000 werde im
Gegenteil bezüglich der American Staffordshire Terrier ein Verbot auffälliger
Zuchtlinien für ausreichend erachtet, im Übrigen aber, wie bei den Rassen
Bullterrier, Dogo Argentino, Fila Brasileiro und Kaukasischer Owtscharka, ein mit
der Kastration verbundenes generelles Zuchtverbot für nicht notwendig
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der Kastration verbundenes generelles Zuchtverbot für nicht notwendig
bezeichnet. Für die Rassen Mastiff und Mastino Napoletano werde sogar
festgestellt, dass eine Einstufung als gefährlich aus kynologischer und
ethologischer Sicht nicht zu rechtfertigen sei. Unter diesen Umständen gebe es
keinen sachlich gerechtfertigten Grund für die Differenzierung der in § 2 Abs. 1
Satz 2 HundeVO bestimmten Rassen und Gruppen und anderen Hunderassen, wie
z.B. Schäferhund und Rottweiler.
Mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sei weiterhin § 3 Abs. 1 Satz 2 HundeVO, soweit
hierin die Dauer der Erlaubnisfrist für Hunde nach § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO auf
zwei Jahre befristet werde, während die Erlaubnis bei den anderen gefährlichen
Hunden auf die Dauer von bis zu vier Jahren ausgestellt werden könne. Ein
sachlicher Grund, der es rechtfertigen könne, einen unauffälligen Listenhund
hinsichtlich der Dauer der Erlaubnis schlechter zu stellen als einen tatsächlich
gefährlichen Hund, sei nicht erkennbar.
Für die von dem Verordnungsgeber vertretene Rechtsauffassung, der Wesenstest
sei bei Listenhunden nach Ablauf der Erlaubnis alle zwei Jahre zu wiederholen, gebe
es keine Rechtfertigung. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem
Grundsatzurteil vom 3. Juli 2002 darauf hingewiesen, dass an Hunde bestimmter
Rassen nach Bestehen eines Wesenstests keine weiteren Anforderungen an die
Hundehaltung gestellt werden dürften. Auch das Verwaltungsgericht Gießen sei in
einem Urteil vom 6. Oktober 2003 davon ausgegangen, dass auf der Grundlage
von § 3 Abs. 1 Nr. 4 HundeVO jeweils nur eine positive Wesensprüfung
nachgewiesen werden müsse.
§ 7 Satz 3 letzter Satzteil HundeVO erweise sich deshalb als nichtig, weil es an der
notwendigen Rechtsgrundlage für die hierin normierte Verpflichtung der
sachverständigen Person oder Stelle fehle, der zuständigen Stelle mitzuteilen,
dass eine Bescheinigung über eine positive Wesensprüfung nicht ausgestellt
worden sei. Die Durchführung der Wesensprüfung beruhe auf einer rein
privatrechtlichen Vereinbarung zwischen Prüfer und Hundehalter bzw.
Hundehalterin. Es sei deshalb allein Sache der Vertragsparteien, die Übermittlung
eines negativen Ergebnisses der Wesensprüfung zu verabreden. Eine
Gefahrenabwehrverordnung könne in dieses privatrechtliche Verhältnis nicht
eingreifen. Durch den in § 9 HundeVO normierten Maulkorb- und Leinenzwang für
Hunde, die die Wesensprüfung nicht oder noch nicht bestanden hätten, und das
Gebot in § 8 Abs. 3 HundeVO, gefährliche Hunde nur einzeln zu führen, werde die
allgemeine Handlungsfreiheit in unzulässiger Weise beschränkt. Der generelle
Leinen- und Maulkorbzwang stehe überdies dem Sozialverhalten der Hunde
entgegen und sei mit dem Tierschutzrecht unvereinbar. § 9 Abs. 1 HundeVO
verstoße darüber hinaus insoweit gegen das Übermaßverbot, als auf das
befriedete Besitztum nur der Halterin bzw. des Halters abgestellt werde. Für die
Statuierung einer Anleinpflicht auf jedwedem fremden Besitztum sei ein
einleuchtender Grund nicht ersichtlich.
§ 15 Abs. 6 HundeVO sei deshalb unwirksam, weil der zuständigen Behörde durch
eine Gefahrenabwehrverordnung ohne besondere Rechtsgrundlage nicht die
Verpflichtung auferlegt werden könne, der für die Erhebung der Hundesteuer
zuständigen Stelle Namen und Anschriften von Halterinnen und Haltern von
gefährlichen Hunden mitzuteilen. Diese Bestimmung diene in unzulässiger Weise
allein der Erleichterung der Erhebung der kommunalen "Kampfhundesteuern" und
greife in nicht zu rechtfertigender Weise in das Recht der Hundehalterinnen und
Hundehalter auf informationelle Selbstbestimmung ein.
Die Antragsteller zu 1. bis 11. beantragen,
§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2, 3, 5, 6, 7, 8, 10 und 11 HundeVO für nichtig zu
erklären,
hilfsweise,
§ 3 Abs. 1 Nr. 4 HundeVO, soweit der Antragsgegner die Auffassung vertritt, für
unter § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO fallende Hunde, die eine Wesensprüfung
bestanden haben, sei nach Ablauf der Erlaubnis jeweils eine neue positive
Wesensprüfung nachzuweisen, § 3 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz HundeVO, § 7 Satz 3,
letzter Satzteil HundeVO, § 9 Abs. 1 Satz 1 HundeVO bezüglich der Begrenzung
auf das befriedete Besitztum und die Wohnung der Halterin oder des Halters eines
gefährlichen Hundes und § 15 Abs. 6 HundeVO für nichtig zu erklären,
weiter hilfsweise,
festzustellen, dass die HundeVO hinsichtlich der vorgenannten Regelungen
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festzustellen, dass die HundeVO hinsichtlich der vorgenannten Regelungen
rechtswidrig ist.
Die Antragsteller zu 12. bis 15. beantragen,
§ 1 Abs. 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 4, § 3 Abs. 1 Satz 2, § 7 Satz 3,
letzter Satzteil, § 9 Abs. 1 Satz 1, § 10 Abs. 1 und 2, § 13, § 14 Abs. 1 sowie § 15
Abs. 1 bis 6 HundeVO, soweit hiermit Hunde nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 4
gemeint sind, für nichtig zu erklären.
Der Antragsgegner beantragt,
die Anträge abzulehnen.
Er trägt vor, die angefochtenen Regelungen der HundeVO hielten einer rechtlichen
Überprüfung stand. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO ausgesprochene Vermutung
der Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen sei durch die mit Rücksicht auf die
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur niedersächsischen Gefahrtier-
Verordnung ergangene Regelung nach § 71a HSOG gedeckt. Der Gesetzgeber
habe der Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die allgemeine
Gefahrenabwehrermächtigung nicht ausreiche, um zur Verbesserung des
Schutzes der Bevölkerung vor von Hunden ausgehenden Gefahren allein an die
Rassezugehörigkeit anzuknüpfen, dadurch Rechnung getragen, dass der
Verordnungsgeber durch § 71a HSOG ermächtigt werde, Regelungen zur Vorsorge
gegen von Hunden ausgehende Gefahren für Menschen und Tiere zu treffen und
zu diesem Zweck Rassen und Gruppen von Hunden und deren Kreuzungen zu
bestimmen, bei denen aufgrund statistischer Erhebungen, Erfahrungen,
rassespezifischer Merkmale, Zucht, Haltung, Ausbildung und Abrichtung eine über
das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder
aufgrund einer anderen in ihrer Wirkung vergleichbaren mensch- oder
tiergefährdenden Eigenschaft eine Gefährlichkeit vermutet wird. Von dieser
Ermächtigung sei durch die hier streitgegenständliche Verordnung vom 22. Januar
2003 Gebrauch gemacht worden.
§ 71a HSOG sei formell ordnungsgemäß zu Stande gekommen und erweise sich
auch in materieller Hinsicht als rechtmäßig.
Entgegen der Ansicht der Antragsteller habe das Bundesverwaltungsgericht nicht
gefordert, dass die Benennung einzelner Rassen in dem Gesetz selbst erfolgen
müsse. Lediglich die Grundsatzentscheidung, Bestimmungen zur Vorsorge gegen
von Hunden ausgehende Gefahren zu erlassen, müsse im Gesetz getroffen
werden. Die Detailregelungen könnten dem Verordnungsgeber überlassen werden.
Dies sei auch sinnvoll, um kurzfristig auf Veränderungen reagieren und
Hunderassen in die Liste aufnehmen bzw. sie aus der Liste streichen zu können.
Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor. Der
vorgenommenen Differenzierung zwischen den in § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO
benannten Rassehunden und anderen gefährlichen Hunden lägen sachliche
Gesichtspunkte zu Grunde. Der Verordnungsgeber müsse Hunderassen, von
denen Gefahren ausgingen, nicht gleich behandeln. Er dürfe sich vielmehr darauf
beschränken, besonders aufgefallenen Risiken zu begegnen und Erfahrungen zu
sammeln. Es sei richtig, dass die hessische Verordnung von einem Restrisiko auch
bei positiv wesensgeprüften Hunden ausgehe und sie deshalb den erhöhten
Anforderungen bei der Führung nach § 8 HundeVO unterwerfe. Aus dem gleichen
Grund werde die Erlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 HundeVO nur befristet erteilt.
Hiergegen seien indessen keine Beanstandungen zu erheben, denn es seien eine
Reihe von Fällen gemeldet worden, in denen positiv wesensgeprüfte Hunde durch
Beißattacken auf Menschen und Tiere auffällig geworden seien.
Bei allen in § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO benannten Hunden könne eine
Gefährlichkeit vermutet werden. Bei den Hunden der gelisteten Rassen handele es
sich sämtlich um große und kräftige, ursprünglich nicht in Deutschland
beheimatete Wach-, Schutz- und Hirtenhunde, die furchteinflößend wirkten, einen
ausgeprägten Schutztrieb besäßen und Fremden gegenüber misstrauisch oder
gar angriffslustig seien. Die Gefährlichkeit des Staffordshire-Bullterriers sei
insbesondere deshalb zu vermuten, weil dieser Hund ursprünglich für Hunde- und
Bärenkämpfe gezüchtet worden sei. Ebenfalls als Kampfhund gezüchtet worden
sei der American Staffordshire Terrier, zu dem auch der Staffordshire Terrier
gehöre. Hunde dieser Rassen hätten einen starken Unterkiefer und verfügten über
große Beißkraft, so dass sie lebensgefährliche Verletzungen verursachen könnten.
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große Beißkraft, so dass sie lebensgefährliche Verletzungen verursachen könnten.
Der American Bulldog, ein Hund molossoiden Typs, sei gleichfalls als Kampfhund
gezüchtet und verwendet worden und verfüge über eine entsprechend große
Körperkraft. Der Dogo Argentino sei als Jagd- und Wachhund gezüchtet und auf
großen Rinderfarmen in Argentinien eingesetzt worden. Er gelte als
schmerzunempfindlich und widerstandsfähig bis zur Selbstaufopferung. Sein
massiger und muskulöser Kopf wirke furchteinflößend. Unerfahrene Personen
könnten durch falsche Reaktionen den Wach- und Schutzinstinkt des Hundes und
damit ein Zubeißen auslösen. Der Fila Brasileiro, eine aus Brasilien stammende,
zum Wachdienst gezüchtete Doggenrasse, verfüge über eine starke Bemuskelung
und durch seinen massigen Schädel und sein breites Maul über eine
furchteinflößende Gestalt. Er gelte als angriffslustig. Der Kangal, ein anatolischer
Hirtenhund, habe einen ausgeprägten Schutztrieb und verhalte sich Fremden
gegenüber misstrauisch. Falsche Reaktionen von unerfahrenen Personen könnten
zu Angriffen des Hundes führen. Der Pitbull-Terrier sei ein Kampfhund mit
knochenzermalmendem Biss, dessen anhaltender, bis zur Erschöpfung dauernder
Kampfeswille bekannt sei. Der Mastiff, ein großer, schwerer Schutz- und Jagdhund
mit furchteinflößender Gestalt, reagiere auf Fremde angriffslustig. Der Mastino
Napoletano besitze auf Grund seiner Herkunft als Nachfahre der römischen
Kampfhunde eine enorm wuchtige und starke Knochenart.
Die Landesregierung stütze sich dabei auf über Jahre gemachte Erfahrungen, auf
die statistisch zu Tage getretene Auffälligkeit der gelisteten Rassen und auf die
Beratung durch eigene Fachleute. Erkenntnisse, die sich darüber hinaus aus der
Fachliteratur ergäben, bedürften keiner weiteren Bestätigung. Mit der Verpflichtung
der Hessischen Landesregierung, Vorsorge gegen von gefährlichen Hunden
drohende Gefahren zu betreiben, sei es unvereinbar, Regelungen auf strikt
abgesicherte Forschungsergebnisse stützen oder auf solche Erkenntnisse warten
zu müssen. Dass die gelisteten Hunderassen an ihrer Population gemessen
überdurchschnittlich häufig an Beißattacken beteiligt seien, habe der Hessische
Verwaltungsgerichtshof schon in seiner vorangegangenen Entscheidung vom 29.
August 2001 festgestellt. Das Bundesverwaltungsgericht habe statistische
Methoden zum Nachweis von Gefahren ausdrücklich gebilligt. Das Land gehe bei
der Benennung der Hunderassen keinesfalls willkürlich vor. Die in der Verordnung
vom 10. Mai 2002 aufgeführten Rassen Bullmastiff, Bordeaux Dogge, Mastin
Espaniol, Tosa Inu und die Kreuzungen dieser Rassen seien gestrichen worden, da
es keine Beißvorfälle mit Hunden dieser Rassen gegeben habe und der Anteil nicht
bestandener Wesensprüfungen bei ihnen unter 3% gelegen habe. Aus der Statistik
sei ersichtlich, dass auch andere Hunde, insbesondere Deutsche Schäferhunde
und Rottweiler, durch Übergriffe auf Menschen und andere Hunde in Erscheinung
getreten seien. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei es aber nicht gerechtfertigt, den
Deutschen Schäferhund in die Liste aufzunehmen. Es handele sich um eine in
Deutschland seit langem gezüchtete und gehaltene Hunderasse. Sie sei hier weit
verbreitet und genieße in der Allgemeinheit hohe Akzeptanz. Ihre Population
betrage, wie von dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in seiner
Vorentscheidung festgestellt worden sei, ein Mehrfaches sämtlicher in § 2 Abs. 1
Satz 2 HundeVO gelisteter Hunderassen. Bei Züchtern und Haltern bestehe ein
größerer Erfahrungsschatz bezüglich des Charakters und des Verhaltens von
Deutschen Schäferhunden als bei Hunden, die hier erst seit kürzerer Zeit
beheimatet seien. Personen reagierten Deutschen Schäferhunden gegenüber
unbefangener, so dass es seltener zu Beißvorfällen komme. Anderes gelte für den
Rottweiler, bei dem bei "Meutehundhaltung" ein Gefährdungsrisiko bestehe, das
sich bei einem tödlich verlaufenen Vorfall in Rheinland-Pfalz bereits realisiert habe.
Auch in Hessen habe es vermehrt Beißvorfälle mit Rottweilern gegeben. Es werde
deshalb gegenwärtig geprüft, ob Rottweiler in die Liste der gefährlichen Hunde
aufzunehmen seien.
Die unterschiedliche Erlaubnisdauer in § 3 Abs. 1 Satz 2, letzter Satzteil HundeVO
habe der Verordnungsgeber für zweckdienlich erachtet. Die Unterscheidung gehe
davon aus, dass nach den vorliegenden Erfahrungen und den geführten Statistiken
Listenhunde durch Beißvorfälle und einen hohen Anteil an nicht bestandenen
Wesensprüfungen aufgefallen und darüber hinaus auch nach positiver Testung
durch Beißattacken in Erscheinung getreten seien. Darüber hinaus handele es sich
um eine Kann-Vorschrift.
Hinsichtlich der von den Antragstellern beanstandeten Unterrichtung der örtlichen
Ordnungsbehörde durch den Sachverständigen über eine negative Wesensprüfung
nach § 7 Satz 3, letzter Satzteil könne der Eindruck entstehen, die Testperson sei
allein aufgrund der Verordnung verpflichtet, das negative Ergebnis der
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allein aufgrund der Verordnung verpflichtet, das negative Ergebnis der
Ordnungsbehörde mitzuteilen. Tatsächlich werde aber kein Sachverständiger
gezwungen, ohne das Einverständnis des Hundehalters bzw. der Hundehalterin
das negative Ergebnis einer Wesensprüfung der Behörde zur Kenntnis zu geben.
Nach den geltenden Vorgaben zur Durchführung der Wesenstests müsse der
Hundehalter bzw. die Hundehalterin vor Durchführung der Wesensprüfung sein
bzw. ihr Einverständnis mit der Übermittlung des negativen Ergebnisses an die
Behörde geben. Die Regelung sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass die
Ordnungsbehörden Kenntnis über die gefährlichen Hunde erhalten müssten, die
bei Wesensprüfungen versagt hätten.
Mit der weiterhin hinsichtlich der Beschränkung der Ausnahme von der
Anleinpflicht auf das befriedete Besitztum und die eigene Wohnung des Halters
bzw. der Halterin angefochtenen Regelung § 9 Abs. 1 Satz 1 HundeVO solle
verhindert werden, dass der gefährliche Hund in allgemein zugänglichen Bereichen
und Räumlichkeiten ohne Leine geführt werde. Die Bestimmung schließe zwar
ihrem Wortlaut nach auch aus, einen gefährlichen Hund mit Zustimmung des
Inhabers des Hausrechts auf dessen befriedeten Besitztum frei laufen zu lassen.
Zur Ahndung solch ungefährlicher Verstöße gegen die Anleinpflicht sei die
Ordnungsbehörde aber nicht gehalten.
§ 15 Abs. 6 HundeVO normiere in nicht zu beanstandender Weise eine
Mitteilungspflicht der örtlichen Ordnungsbehörde an die örtliche Steuerbehörde
hinsichtlich des Namens und der Anschrift von Halterinnen und Haltern
gefährlicher Hunde. Die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
zulässige erhöhte Besteuerung von Kampfhunden könne nur greifen, wenn die den
Ordnungsbehörden bekannten Daten über Halterinnen und Halter gefährlicher
Hunde zugänglich gemacht würden.
Dem Senat lagen die das vorliegende Verfahren betreffenden Gerichtsakten und
die Gerichtsakten der Verfahren 11 N 2751/02 und 11 N 2837/02 vor. Diese
Vorgänge waren, wie die von dem Senat verwerteten Erkenntnisquellen (2
Leitzordner), Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung. Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakten und auf den Inhalt der Verhandlungsniederschrift vom 27. Januar
2004 (Bl. 351 - 355 der Gerichtsakten) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gegen Vorschriften der HundeVO vom 22. Januar 2003 gerichteten
Normenkontrollanträge bleibt ohne Erfolg.
A.
Der von den Antragstellern zu 1. bis 11. hilfsweise gestellte Antrag, die Nichtigkeit
von § 3 Abs. 1 Nr. 4 HundeVO insoweit feststellen zu lassen, als der Antragsgegner
die Auffassung vertritt, für Listenhunde nach § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO müsse
nach Ablauf einer nach bestandener Wesensprüfung erteilten Erlaubnis erneut eine
positive Wesensprüfung nachgewiesen werden, erweist sich bereits als unzulässig.
Die Nichtigkeit einer Rechtsnorm kann nur insgesamt oder für einen abtrennbaren
Teil der Vorschrift begehrt werden, nicht aber bezüglich einer von einer Behörde
hierzu vertretenen Rechtsauffassung. Das Rechtsschutzziel ist hier überhaupt
nicht auf die Feststellung der Gültigkeit einer Rechtsvorschrift, sondern auf die
Klärung gerichtet, ob eine von der Exekutive vorgenommene Auslegung dieser
Vorschrift rechtmäßig ist. Diese Klärung kann nicht im Normenkontrollverfahren,
sondern nur im Rahmen des Normvollzuges nach Erhebung einer Anfechtungs-
oder Verpflichtungsklage, ggf. auch einer Feststellungsklage (vgl. § 43 Abs. 2 Satz
1 VwGO), erfolgen.
Im Übrigen sind die Normenkontrollanträge der Antragsteller zulässig.
Bei den von den Antragstellern beanstandeten Bestimmungen der HundeVO vom
22. Januar 2003 handelt es sich um im Rang unter dem Landesgesetz stehende
Rechtsvorschriften, die gemäß §§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, 15 Abs. 1 des Hessischen
Gesetzes zur Ausführung der VwGO von dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof
auf ihre Gültigkeit zu überprüfen sind.
Die in § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO für die Stellung des Antrages bestimmte Zwei-
Jahres-Frist ist gewahrt.
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Den Antragstellern steht weiterhin auch die gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für
die Zulässigkeit des Normenkontrollantrages erforderliche Antragsbefugnis zu.
Alle Antragsteller sind Eigentümer und Halter von Hunden, die zu einer der in § 2
Abs. 1 Satz 2 HundeVO gelisteten Rasse bzw. zur Kreuzung einer solchen Rasse
(vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz HundeVO) gehören. Sie können folglich
sämtlich geltend machen, zumindest in ihrem nach Art. 2 Abs. 1 GG
verfassungsrechtlich verbürgten Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit durch
die in der HundeVO normierten Regelungen für alle Hundehalter und darüber
hinaus auch durch die besonderen Anforderungen an die Haltung eines
gefährlichen Hundes betroffen zu sein, die für sie unmittelbar auf Grund der in § 2
Abs. 1 Satz 2 HundeVO geregelten Vermutung der Gefährlichkeit der gelisteten
Rassen und ihrer Kreuzungen gelten (Erlaubnispflicht nach §§ 1 und 3 HundeVO,
Zuverlässigkeit und Sachkunde nach §§ 5 und 6 HundeVO, Wesensprüfung nach §
7 HundeVO, Führen eines gefährlichen Hundes nach § 8 HundeVO, Leinenzwang
nach § 9 Abs. 1 HundeVO, Sicherung von Grundstücken und Wohnungen nach § 10
HundeVO, Kennzeichnung nach § 12 HundeVO, Abgabeverbot nach § 13
HundeVO, Mitwirkungs- und Mitteilungspflichten nach § 15 HundeVO). Die
Antragsteller sind ungeachtet der Tatsache, dass sie mit § 7 Satz 3, letzter
Satzteil HundeVO, § 9 Abs. 1 Satz 1 HundeVO und § 10 Abs. 1 und 2 HundeVO
Regelungen angreifen, die sie derzeit noch nicht belasten, uneingeschränkt
antragsbefugt. Die in § 7 Satz 3, letzter Satzteil HundeVO bestimmte Mitteilung
der sachverständigen Person oder Stelle an die zuständige Behörde über einen
nicht bestandenen Wesenstest betrifft die Antragsteller augenblicklich nicht, denn
die von ihnen gehaltenen Hunde haben sämtlich den Wesenstest bestanden. Aus
dem gleichen Grund gilt für sie auch der Leinenzwang gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1
HundeVO (§ 9 Abs. 1 Satz 2 HundeVO) und die Sicherungspflicht nach § 10 Abs. 1
und 2 HundeVO nicht (§ 10 Abs. 3 HundeVO). Die Antragsteller sind aber
möglicherweise künftig von diesen Bestimmungen betroffen. Es ist nämlich
möglich, dass auf Grund der Befristung der Erlaubnis auf zwei Jahre (vgl. § 3 Abs. 1
Satz 2 HundeVO) ggf. erneut durchzuführende Wesensprüfungen kein positives
Ergebnis erbringen und die Antragsteller auch den Bestimmungen unterliegen, die
nur für Halter von gefährlichen Hunden mit negativ verlaufenen
Wesensüberprüfungen gelten. Dass ein Antragsteller durch eine Norm in
absehbarer Zeit verletzt werden kann, reicht nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für die
Annahme der Antragsbefugnis aus.
Da die Feststellung der Nichtigkeit der angegriffenen Bestimmungen für die
Antragsteller aus den dargelegten Gründen rechtlich und tatsächlich vorteilhaft ist,
ist auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die Normenkontrollanträge zu
bejahen.
B.
Dem im oben dargestellten Umfang zulässigen Normenkontrollantrag kann
indessen in der Sache kein Erfolg beschieden sein.
I.
Nicht zu beanstanden sind zunächst die von den Antragstellern angefochtenen
Regelungen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 - 4, 5 bis 8, 10 und 11 HundeVO, wonach
bei Hunden der in diesen Bestimmungen aufgeführten Rassen einschließlich ihrer
Kreuzungen eine Gefährlichkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 HundeVO vermutet
wird. Diese Regelungen sind durch die gesetzliche Vorschrift in § 71a Abs. 1 HSOG
gedeckt.
Über die Rechtsgültigkeit der Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 HundeVO
(Kaukasischer Owtscharka) hat der Senat nicht zu befinden, weil diese Regelung
nicht Gegen- stand des vorliegenden Normenkontrollverfahrens ist und sie mit den
angefochtenen Vorschriften in § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO nicht in einer solch
untrennbaren Verbindung steht, dass auch sie zwangsläufig in die Entscheidung
über die Gültigkeit dieser Vorschriften einbezogen werden müsste (vgl. hierzu
BVerfG, Urteil vom 12. November 1958 - 2 BvL 2/56 u.a., BVerfGE 8, 274 [301]).
Nach der durch Art. 1 Nr. 2 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des HSOG -
Gesetz zur Einführung einer Pflichthaftpflichtversicherung für erlaubnispflichtige
Hunde - vom 26. November 2002 (GVBl. I S. 704) eingefügten Bestimmung des §
71a HSOG können Gefahrenabwehrverordnungen auch Gebote und Verbote zur
Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren für Menschen und Tiere
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Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren für Menschen und Tiere
enthalten. Zu diesem Zweck können sie Rassen und Gruppen von Hunden und
deren Kreuzungen bestimmen, bei denen auf Grund von statistischen Erhebungen,
Erfahrungen, rassespezifischen Merkmalen, Zucht, Haltung, Ausbildung oder
Abrichtung eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft,
Angriffslust, Schärfe oder aufgrund einer anderen in ihrer Wirkung vergleichbaren
menschen- oder tiergefährdenden Eigenschaft eine Gefährlichkeit vermutet wird.
1.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit von § 71a Abs. 1
HSOG sind nicht zu erheben.
a)
Das Gesetz zur Einführung einer Pflichthaftpflichtversicherung für
erlaubnispflichtige Hunde vom 26. November 2002 ist entgegen der Ansicht der
Antragsteller formell ordnungsgemäß zu Stande gekommen. Der Antragsgegner
hat den Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens in seiner Antragserwiderung vom 2.
Mai 2003 umfassend dargestellt. Diese Darstellung lässt Mängel bei dem
Zustandekommen des Gesetzes nicht erkennen. Die Antragsteller haben hierzu
auch lediglich unbestimmte Zweifel geäußert, die nach den Erläuterungen des
Antragsgegners nicht weiter präzisiert wurden.
b)
Auch in materieller Hinsicht gibt § 71a Abs. 1 HSOG zu keinen Beanstandungen
Anlass.
Die von den Antragstellern bezüglich dieser Vorschrift zunächst bemängelte
Einordnung der dem Verordnungsgeber übertragenen Ermächtigung zum Erlass
von Geboten und Verboten zur Gefahrenvorsorge in den Kreis der
Gefahrenabwehrverordnungen ("Gefahrenabwehrverordnungen können auch
Gebote und Verbote zur Vorsorge gegen von Hunden ausgehenden Gefahren für
Menschen und Tiere enthalten") lässt keinen die Rechtsgültigkeit der Bestimmung
in Frage stellenden Fehler erkennen. Insoweit könnte dem Gesetzgeber allenfalls
vorgehalten werden, Verordnungen zur Vorsorge gegen von Hunden ausgehende
Gefahren nicht mit einer eigenständigen Bezeichnung, etwa als
"Gefahrenvorsorgeverordnungen", versehen und diese Verordnungen
gesetzessystematisch von den Gefahrenabwehrverordnungen getrennt zu haben.
Hierbei handelt es sich aber bloße Förmlichkeiten, aus denen für die
Rechtsgültigkeit der Bestimmung nichts entnommen werden kann. Inhaltlich ist
durch die eindeutige Gesetzesfassung klargestellt, dass es sich bei der auf der
Grundlage von § 71a Abs. 1 HSOG ergehenden Verordnung nicht um eine
Verordnung zur Gefahrenabwehr, sondern um eine solche zur Gefahrenvorsorge
im Vorfeld der Abwehr bereits bestehender Gefahren handelt.
Auch im Übrigen hält § 71a Abs. 1 HSOG einer rechtlichen Überprüfung Stand. Die
Bestimmung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Zu Unrecht sehen die Antragsteller in der in § 71a Abs. 1 Satz 2 HSOG
enthaltenen gesetzlichen Ermächtigung zur Bestimmung von Hunderassen oder -
gruppen, bei denen auf Grund der hierin beschriebenen menschen- oder
tiergefährdenden Eigenschaften eine Gefährlichkeit vermutet wird, den
Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.
Der aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Gleichheitssatz enthält für den Gesetzgeber
die allgemeine Weisung, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart
entsprechend verschieden zu behandeln. Er ist erst verletzt, wenn sich ein
vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich
einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung
nicht finden lässt. Insoweit steht dem Gesetzgeber weitgehende
Gestaltungsfreiheit zu. Insbesondere darf er ohne Verletzung des
Gleichbehandlungsgebots auf Typisierungen und Generalisierungen zurückgreifen.
Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz kommt nur dann in Betracht,
wenn eine ungleiche Behandlung von Sachverhalten nicht mehr mit einer am
Gerechtigkeitsgedanken und an den sonstigen Wertentscheidungen der
Verfassung orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist und mangels
einleuchtender Gründe als objektiv willkürlich zu betrachten ist (vgl. BVerfG,
Beschlüsse vom 10. Mai 1972 - 1 BvR 286/65 -, BVerfGE 33, 171 [189], und vom
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Beschlüsse vom 10. Mai 1972 - 1 BvR 286/65 -, BVerfGE 33, 171 [189], und vom
10. Oktober 1978 - 2 BvL 3/78 -, BVerfGE 49, 280 [283]).
Eine solche sachlich nicht mehr vertretbare Differenzierung hat der Gesetzgeber in
§ 71a Abs. 1 Satz 2 HSOG nicht vorgenommen.
Der von den Antragstellern in diesem Zusammenhang geäußerte Einwand, das
Gesetz lasse eine durch keinerlei wissenschaftliche Erkenntnisse und tatsächliche
Belege abgesicherte Vermutung der Gefährlichkeit von Hunden allein auf Grund
ihrer Zugehörigkeit zu einer Hunderasse oder -gruppe zu und beinhalte deshalb
eine verfassungsrechtlich unzulässige Differenzierung, geht fehl. Die
Argumentation der Antragsteller ist schon deshalb nicht tragfähig, weil sie dem
Gesetzgeber zu Unrecht unterstellt, er habe bei der Ermächtigung zum Erlass
einer auf bestimmte Hunderassen und Hundegruppen ausgerichteten
Vermutungsregelung ausschließlich und einseitig allein an die Zugehörigkeit zu der
betreffenden Rasse oder Gruppe oder an besondere, diesen Hunderassen oder -
gruppen beigelegte rassespezifische Merkmale, wie dem für die Rasse
charakteristischen äußeren Erscheinungsbild (Größe, Gewicht), den physischen
Eigenschaften der Hunderasse (Muskel- und Beißkraft) oder vererbten besonderen
Verhaltensmustern (hohe Aggressionsbereitschaft, niedrige Reizschwelle, fehlende
Beißhemmung), angeknüpft. Eine solche monokausale Herleitung der
Gefährlichkeit von Hunden aus der Rasse- oder Gruppenzugehörigkeit bzw. aus
rassespezifischen Merkmalen im vorgenannten Sinne ist § 71a Abs. 1 HSOG nicht
zu entnehmen.
Die Anknüpfung an das Merkmal der Rasse oder Gruppe im Zusammenhang mit
der Gefährlichkeit von Hunden ist entgegen der Ansicht der Antragsteller kein
Beleg dafür, dass der Gesetzgeber die Vermutung, dass es sich bei Hunden
bestimmter Rassen bzw. Gruppen um gefährliche Hunde handelt, allein aus der
Zugehörigkeit zu der betreffenden Rasse oder Gruppe oder aus dem Vorliegen
besonderer, gerade für diese Rasse oder Gruppe charakteristischer Eigenschaften
oder Merkmale ableiten wollte.
Eine solche Auslegung ist schon mit dem eindeutigen Wortlaut des § 71a Abs. 1
Satz 2 HSOG nicht zu vereinbaren. Hierin wird die Vermutung der Gefährlichkeit
von Hunden gerade nicht aus der bloßen Zugehörigkeit von Hunden zu
bestimmten Rassen oder Gruppen oder aus für die Hunderasse oder -gruppe
spezifischen Merkmalen entnommen.
Das Gesetz spricht weder selbst für bestimmte Hunderassen oder -gruppen das
Verdikt der Gefährlichkeit aus, noch leitet es aus der Listung einer Hunderasse
oder -gruppe durch den Verordnungsgeber als solcher unmittelbare Folgerungen
in Bezug auf die Gefährlichkeit von Hunden dieser Rasse oder Gruppe ab. Es stellt
vielmehr durch das Erfordernis, dass der Hund einer Hunderasse oder -gruppe
angehören muss, bei der aufgrund statistischer Erhebungen, Erfahrungen,
rassespezifischer Merkmale, Zucht, Haltung, Ausbildung oder Abrichtung
menschen- oder tiergefährdender Eigenschaften der zu ihr gehörenden
Hundeindividuen festgestellt wurden, an die Feststellung der vermutlichen
Gefährlichkeit von Hunderassen und -gruppen besondere materielle
Anforderungen.
Diese Feststellung erschöpft sich nach dem vorstehend wiedergegebenen,
eindeutigen Wortlaut der Bestimmung auch nicht etwa in der Ermittlung von
etwaigen, für die jeweilige Hunderasse oder -gruppe charakteristischen
rassespezifischen Merkmalen. Rassespezifische Merkmale sind vielmehr nur einer
von mehreren Umständen, die das Gesetz als mögliche Ursache für mensch- oder
tiergefährdende Eigenschaften anführt. Von den in § 71a Abs. 1 Satz 2 HSOG
genannten weiteren Gründen, aus denen sich eine über das natürliche Maß
hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder eine sonstige in ihrer
Wirkung vergleichbare gefahrbegründende Eigenschaft des Hundes ergeben kann,
hat allenfalls noch die Zucht eine indirekte Verbindung zu - insoweit durch gezielte
Selektion bestimmter physischer Merkmale oder Verhaltensweisen und damit
durch bewusste Veränderungen natürlicher Eigenschaften entstandenen -
rassespezifischen Merkmalen. Die in der Vorschrift weiterhin aufgeführten Kriterien
für die Vermutung der Gefährlichkeit (statistische Erhebungen, Erfahrungen,
Haltung, Ausbildung, Abrichtung) haben zu genetisch bedingten Faktoren keinen
Bezug. Vielmehr greifen sie an einen zu Fehlprägungen des Hundes führenden
menschlichen Einfluss bei der Haltung und Ausbildung unabhängig von einer
möglichen genetischen Disposition bzw. an tatsächlichen Feststellungen und
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möglichen genetischen Disposition bzw. an tatsächlichen Feststellungen und
Erfahrungen über eine erkennbar gewordene Gefährlichkeit von Hunden
bestimmter Rassen oder Gruppen an.
Mit der Aufzählung einer ganzen Reihe von sowohl mit der genetischen
Vorbelastung als auch mit der auf die Herausbildung gefährlicher Eigenschaften
abzielenden Erziehung und Sozialisation von Hunden zusammenhängenden
Faktoren, insbesondere aber durch die Berücksichtigung auch statistischer
Erhebungen und praktischer Erfahrungen hat der Gesetzgeber zu erkennen
gegeben, dass es für ihn überhaupt nicht entscheidend auf die Feststellung der
letztlich nur beispielhaft aufgezählten Ursachen für die Gefährlichkeit des Hundes
ankommt. Maßgebend ist nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung
vielmehr allein, ob eine Rasse oder Gruppe von Hunden - aus welchen Gründen
auch immer - eine für Menschen oder Tiere gefahrbegründende Eigenschaft
tatsächlich besitzt. Soweit ein solches, über das natürliche Maß hinausgehendes
Gefahrenpotential tatsächlich festzustellen ist, ist es bedeutungslos, welche
Ursache, ggf. im Zusammenwirken mit anderen Faktoren, diesem Sachverhalt im
Einzelnen zu Grunde liegt.
Mit dieser von den Gründen für die Gefährlichkeit von Hunderassen und -gruppen
letztlich abstrahierenden Betrachtungsweise wurde in § 71a Abs. 1 Satz 2 HSOG
an die weitgehend inhaltsgleiche Definition der "gefährlichen Hunde" in § 2 Abs. 1
Satz 1 der HundeVO vom 10. Mai 2002 angeknüpft, der in das geltende Recht an
gleicher Stelle und inhaltlich unverändert übernommen wurde. Damit hat der
Gesetzgeber gerade nicht auf die frühere Fassung des § 2 Abs. 1 Satz 1 in der
Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde vom 15. August 2000
zurückgegriffen, die die Gefährlichkeit von Hunden allein aus rassespezifischen
Merkmalen und der Zucht herleitete ("Gefährlich sind Hunde, bei denen aufgrund
rassespezifischer Merkmale oder Zucht eine gesteigerte Aggressivität und
Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren anzunehmen ist").
Die Rassen- oder Gruppenzugehörigkeit von Hunden in § 71a Abs. 1 Satz 2 HSOG
dient somit nicht - wie von den Antragstellern fälschlich angenommen - als
sachliche Grundlage für die Feststellung einer vermutlichen Gefährlichkeit von
Hunden dieser Rasse oder Gruppe. Die Rasse- oder Gruppenzugehörigkeit wird
vielmehr allein als formelles Differenzierungskriterium verwendet, um die
bestimmten Rassen und Gruppen zugehörigen Hunde von anderen Hunden
unterscheiden und auf besondere, für die Rasse oder Gruppe spezifische
gefahrbegründende Eigenschaften untersuchen zu können. Ergibt sich hierbei,
dass einzelne Hunderassen oder Hundegruppen ein besonderes, für sie
charakteristisches Gefahrenpotential in sich bergen, ist die Listung dieser
Hunderassen und -gruppen und ihre gegenüber anderen Hunden unterschiedliche
Behandlung als "gefährliche Hunde" aufgrund der dem Gesetzgeber auch unter
dem Blickwinkel des Gleichbehandlungsgebots erlaubten Generalisierung und
Typisierung unbedenklich (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2002 - BVerwG 6
CN 4.01 - , S. 21, 22 des
Urteilsabdrucks).
Aus den dargelegten Gründen können die Antragsteller der Regelung in § 71a Abs.
1 HSOG nicht mit Erfolg den Hinweis des Bundesverwaltungsgerichts in seinem
Urteil vom 3. Juli 2002 - BVerwG 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 [354], entgegen
halten, dass sich nach dem Erkenntnisstand der Fachwissenschaft allein aus der
Zugehörigkeit zu einer Rasse, einem Typ oder einer entsprechenden Kreuzung
nicht ableiten lasse, dass von den Hundeindividuen tatsächlich Gefahren ausgehen
(vgl. auch Urteile vom 18. Dezember 2002 - BVerwG 6 CN 3.01 -, Buchholz 402.41
Allgemeines Polizeirecht Nr. 72
Vorpommern> und - BVerwG 6 CN 1.02 -, Buchholz 402.41 Allgemeines
Polizeirecht Nr. 73 sowie vom 20.
August 2003 - BVerwG - 6 CN 3.02 - ). Mit
diesen Ausführungen hat das Bundesverwaltungsgericht lediglich beanstandet,
dass in Regelungen einiger Landesverordnungen die Gefährlichkeit von Hunden
unmittelbar aus der Rasse- bzw. Gruppenzugehörigkeit abgeleitet oder aber durch
die Normenkontrollgerichte eine abstrakte Gefahr allein mit Blick auf
rassebedingte Eigenschaften bejaht wurde. Dagegen hat es ausdrücklich gebilligt,
dass in landesrechtlichen Regelungen in einer § 71a Abs. 1 HundeVO
vergleichbaren Weise unter Berücksichtigung verschiedener, womöglich auch
genetischer Faktoren auf das tatsächliche Vorliegen gefährdender Eigenschaften
bei Hunden gelisteter Rassen oder Gruppen abgestellt wird.
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Auf die Zugehörigkeit eines Hundes zu einer bestimmten Rasse oder zur Gruppe
einer Kreuzung mit dieser Rasse als Unterscheidungskriterium abzustellen, war
dem Gesetzgeber auch nicht etwa deshalb verwehrt, weil eine Differenzierung
anhand dieses Merkmals überhaupt nicht möglich wäre und es folglich von
vornherein an einem nach Art. 3 Abs. 1 GG erforderlichen vernünftigen und
sachlich tragfähigen Grund für die vorgenommene Unterscheidung fehlen würde.
Die Einteilung von Hunden nach Rassen, d.h. nach Gruppen von Hunden, die sich
in bestimmten Merkmalen von anderen Hunden unterscheiden und diese
Merkmalsvariationen vererben, ist jedenfalls auf der Basis nach außen sichtbarer
Besonderheiten mit dem Ziel der Bildung von Zuchtlinien (genetisch homogene
Teilpopulationen von Rassen) grundsätzlich anerkannt und entspricht der gängigen
Auffassung und Praxis von Züchtern und Hundeverbänden. Auf dieser Grundlage
erfolgt auch die Anerkennung von Rassen durch den internationalen Verband
Federation Cynologique International - FCI - (vgl. hierzu etwa Irene Stur, Institut für
Tierzucht und Genetik der Veterinärmedizinischen Universität Wien,
Stellungnahme zu Fragen zum Thema der besonderen Gefährlichkeit von Hunden
auf Grund der Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen, URL: http://www.hund-und-
halter.de/arbeitspapiere/material/seiten/arb-pap-011.html). Allerdings werden
(American) Pitbull-Terrier, American Bulldogs und Kangals von der FCI nicht als
Rassen anerkannt (vgl. A., a.a.O.; Hessische Polizeischule - Fachbereich
Diensthundwesen -, interne Stellungnahme vom 20. Mai 2000 an das Hessische
Ministerium des Innern und für Sport) mit der Folge, dass es für diese Hunde auch
in Deutschland keine durch den Verband des Deutschen Hundewesens (VDH)
legitimierten Zuchtstandards gibt. Gleichwohl sind auch eine Unterscheidung der
oben genannten Hunde von anderen Hunden an Hand geläufiger und faktisch
anerkannter äußerer Merkmale und eine Bezeichnung als Gruppe im Sinne von § 2
Abs. 1 Satz 2 HundeVO grundsätzlich möglich (vgl. VerfGH Rheinland-Pfalz, Urteil
vom 4. Juli 2001 - B 12/00 u.a., NVwZ 2001, 1273 [1274]).
Die Einwendung, dass es keine Möglichkeit gibt, Hunde molekularbiologisch einer
Rasse oder Gruppe zuzuordnen, und dass die Ermittlung der Rasse bzw.
Gruppenzugehörigkeit insbesondere wegen sich des durch Zucht und Kreuzungen
rasch verändernden Erscheinungsbildes der verschiedenen Hunderassen
Schwierigkeiten bereiten kann (vgl. A., a.a.O.; O., Institut für Tierzucht und
Vererbungsforschung der Tierärztlichen Hochschule Hannover,
Molekulargenetische Identifikation von Hunderassen, Stellungnahme vom 21. März
2001 an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof im Verfahren 11 N 2497/00;
derselbe, Anhörung vor dem Abgeordnetenhaus von Berlin, Wortprotokoll
GesSozMi 14/19 vom 22. März 2001, S. 7, 8, 38) betrifft die Feststellung der
Rasse- bzw. Gruppenzugehörigkeit im Einzelfall und steht der generellen
Verwendung von Rassemerkmalen zur Unterscheidung von Hunden nicht
entgegen.
Gleiches gilt, soweit in der Verordnung auch Kreuzungen der benannten Rassen
und Gruppen untereinander sowie mit anderen Hunden in die Vermutungsregelung
einbezogen werden. Insoweit kann im Regelfall - zumindest unter Zuhilfenahme
von Sachverständigen - hinreichend sicher festgestellt werden, dass ein Hund
nach seinem äußeren Erscheinungsbild trotz Einkreuzung anderer Rassen die
markanten Merkmale einer der gelisteten Hunderassen zeigt. Für evtl.
Zweifelsfälle bei der Zuordnung eines Hundes zu einer Rasse oder Gruppe bietet
die der zuständigen Behörde insoweit zufallende Beweislast ein ausreichendes
Korrektiv (vgl. Urteil des Senats vom 29. August 2001, a.a.O., mit weiteren
Nachweisen).
Erfolglos machen die Antragsteller weiterhin geltend, § 71a Abs. 1 HSOG verstoße
gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und damit gegen das aus Art. 20
Abs. 3 GG herzuleitende Rechtsstaatsprinzip, weil Hunde von gelisteten Rassen
und Gruppen auch nach Bestehen der Wesensprüfung als gefährliche Hunde
betrachtet und besonderen Anforderungen unterworfen würden.
Die gesetzliche Regelung enthält selbst keine Bestimmungen darüber, welche
Anforderungen in einer Gefahrenabwehrverordnung an bestimmte Hunderassen
oder -gruppen zu stellen sind und ob und ggf. in welcher Weise eine Vermutung
der Gefährlichkeit etwa durch Wesensüberprüfungen widerlegt werden kann. Ein
Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz kann deshalb allenfalls dem
Verordnungsgeber vorgeworfen werden.
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§ 71a Abs. 1 Satz 2 HSOG verstößt weiterhin auch nicht deshalb gegen
Verfassungsrecht, weil der Gesetzgeber die in eine Liste aufzunehmenden
Hunderassen und Hundegruppen, deren Gefährlichkeit aus einem oder mehreren
der in § 71a Abs. 1 Satz 1 HSOG genannten Gründe zu vermuten ist, nicht selbst
näher bestimmt hat.
Die vorgenannten Regelungen selbst zu treffen, war der Gesetzgeber mit Blick auf
den - dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG und dem
Parlamentsvorbehalt nach Art. 118 der Hessischen Verfassung entspringenden -
Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes nicht gehalten. Dieser verlangt über die
Forderung nach einer gesetzlichen Grundlage für Grundrechtseingriffe hinaus, dass
alle wesentlichen Fragen vom Parlament selbst entschieden und nicht anderen
Normgebern überlassen werden (BVerfG, Urteil vom 8. April 1997 - 1 BvR 48/94 -,
BVerfGE 95, 267 [307, 308]; BVerwG, Urteil vom 15. April 1999 - BVerwG 3 C 25.98
-, BVerwGE 109, 29 [37]).
Diesen Erfordernissen hat der Gesetzgeber mit der Regelung in § 71a Abs. 1 Satz
2 HSOG genügt. Er hat hierin die von dem Verordnungsgeber bei der Feststellung
der vermutlichen Gefährlichkeit von Hunderassen und -gruppen anzulegenden
Maßstäbe und damit die grundlegenden Voraussetzungen für deren Listung in
ausreichender Weise selbst bestimmt. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung
des Gesetzgebers, unter Anlegung dieser Maßstäbe über die Aufnahme
bestimmter Hunderassen oder -gruppen in die Liste selbst zu entscheiden, ergibt
sich aus dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes nicht. Diese
konkretisierende Festlegung gehört nicht zu den wesentlichen, dem Parlament in
Bezug auf Grundrechtseingriffe vorbehaltenen Entscheidungen und kann deshalb
dem Verordnungsgeber überlassen werden. Eine solche ins Einzelne gehende
Festsetzung im Gesetz selbst wäre auch nicht sinnvoll, da eine rasche Anpassung
der Liste an sich womöglich verändernde Notwendigkeiten und Erkenntnisse
sachgerecht nur im Gesetzesvollzug möglich ist.
Ebenso wenig war der Gesetzgeber aus dem Gesichtspunkt des Vorbehalts des
Gesetzes gehalten, die in § 71a Abs. 1 Satz 1 HSOG enthaltene Ermächtigung
zum Erlass von Geboten und Verboten zur Vorsorge gegen von Hunden
ausgehende Gefahren konkretisierend auszugestalten.
Aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seiner
Grundsatzentscheidung vom 3. Juli 2002 - BVerwG 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347
ff., folgt nichts Gegenteiliges. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem
vorbezeichneten Urteil lediglich eine sachgebietsbezogene Entscheidung des
Gesetzgebers darüber verlangt, "ob, mit welchem Schutzniveau und auf welche
Weise Schadensmöglichkeiten vorsorgend entgegen gewirkt werden soll, die nicht
durch ausreichende Kenntnisse belegt, aber auch nicht auszuschließen sind", und
hat überdies darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber "die etwaige Einführung
sog. Rasselisten selbst zu verantworten" habe (a. a. O., S. 355).
Diesen Anforderungen entspricht § 71a Abs. 1 HSOG. Der Gesetzgeber hat - unter
ausdrücklicher Bezugnahme auf die dargestellte Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts (vgl. die Gesetzesbegründung, Landtagsdrucks.
15/4586 vom 12. November 2002) - in Satz 1 der Vorschrift die Gefahrenschwelle
von der Gefahrenabwehr zur Gefahrenvorsorge abgesenkt und damit das
Schutzniveau und die zum Zwecke der Vorsorge zu ergreifenden Maßnahmen
ausreichend bestimmt. Außerdem ist er in Satz 2 durch die Ermächtigung zur
Bestimmung von Rassen und Gruppen von Hunden, bei denen aus den in der
Bestimmung angeführten Gründen eine Gefährlichkeit zu vermuten ist, auch der
weiteren Forderung des Bundesverwaltungsgerichts nachgekommen, wonach der
Gesetzgeber die Aufstellung sog. Rasselisten selbst zu verantworten habe. Eine
Verpflichtung, die Rassen und Gruppen selbst zu bestimmen, ergibt sich für den
Gesetzgeber dagegen auch aus den von dem Bundesverwaltungsgericht
aufgestellten Grundsätzen nicht.
Der Senat vermag schließlich einen Verstoß gegen Verfassungsrecht auch nicht
unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Bestimmtheitsgebotes
festzustellen.
Der für den Bereich der Bundesgesetzgebung in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG
normierte und für die Ländergesetzgebung entsprechend geltende
Bestimmtheitsgrundsatz gebietet, dass gesetzliche Ermächtigungen der Exekutive
zur Vornahme belastender Verwaltungsakte nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und
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zur Vornahme belastender Verwaltungsakte nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und
Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt sind, so dass die Eingriffe messbar
und in gewissem Umfang für den Staatsbürger voraussehbar und berechenbar
werden. Welche Bestimmtheitsanforderungen im einzelnen erfüllt sein müssen,
hängt von den Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstandes sowie der
Intensität der Maßnahme ab. Die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm muss der
Grundrechtsrelevanz der Regelung entsprechen, zu der ermächtigt wird. An den
Bestimmtheitsgrad der Ermächtigungsnorm müssen um so höhere Anforderungen
gestellt werden, je erheblicher in die Rechtstellung der Betroffenen eingegriffen
wird. Diese Grundsätze verwehren es dem Gesetzgeber aber nicht, bei der
Ermächtigung zum Erlass belastender Verwaltungsakte - wie in § 71a Abs. 1 HSOG
geschehen - in gewissem Umfang Generalklauseln und unbestimmte
Rechtsbegriffe zu verwenden und der Exekutive die Auswahl hinsichtlich der auf ein
hinreichend bestimmt umrissenes Gesetzesziel zu treffenden Maßnahmen zu
überlassen. Auch und insbesondere für Eingriffsermächtigungen im Bereich der
Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge muss sich der Gesetzgeber zwangsläufig
abstrakter und unbestimmter Formulierungen bedienen, um die
Verwaltungsbehörden in die Lage zu versetzen, besonderen Umständen des
einzelnen Falles gerecht zu werden (vgl. BVerfG, Urteile vom 12. November 1958 -
2 BvL 2/56 u. a., BVerfGE 8, 274 [311], vom 5. August 1966 - 1 BvF 1/61 -, BVerfGE
20, 150 [158 ff.] und vom 20. Oktober 1981 - 1 BvR 640/80 -, BVerfGE 58, 257
[277]; Staatsgerichtshof des Landes Hessen, Urteil vom 10. Mai 1989 - P.St. 1073
-, ESVGH 40, 1 [5]).
Diesen Bestimmtheitsanforderungen werden die in § 71a Abs. 1 Satz 2 HSOG als
Grundlage für die Vermutung der Gefährlichkeit von Hunderassen und
Hundegruppen normierten Tatbestandmerkmale gerecht. Diese
Tatbestandsmerkmale umschreiben die Voraussetzungen, unter denen eine
Gefährlichkeit von Hunderassen bzw. Hundegruppen vermutet werden kann, in
ausreichend deutlicher Form. Eine gewisse Unschärfe der von dem Gesetzgeber in
§ 71a Abs. 1 Satz 2 HSOG verwendeten Begriffe ist im Hinblick darauf
hinzunehmen, dass es sich letztlich nur um beispielhaft genannte Anhaltspunkte
für das allein maßgebliche Vorliegen gefahrbegründender Eigenschaften von
Hunderassen oder -gruppen handelt (zum Merkmal der "rassespezifischen
Merkmale" vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2002 - BVerwG 6 CN 1.02 -,
Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 73
Schleswig-Holstein>).
Das Ausmaß der Grundrechtseingriffe, die mit den auf § 71a Abs. 1 Satz 1 HSOG
beruhenden Verboten und Geboten verbunden sind, rechtfertigen es nicht, an die
Bestimmtheit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage weitergehende
Anforderungen zu stellen. Die Frage, ob § 71a Abs. 1 Satz 1 HSOG mit Rücksicht
auf die hierdurch legitimierten Eingriffe in die Grundrechtssphäre von
Hundehalterinnen und Hundehaltern noch hinreichend bestimmt genug gefasst
ist, könnte sich allenfalls bei Anordnung eines absoluten Halteverbots und der
ausnahmslosen Sicherstellung von Hunden bestimmter Rassen oder Gruppen
stellen. Ein solches striktes Halteverbot gibt das Gesetz indessen nicht vor. Ein
solches Verbot ist im Übrigen auch nicht auf der Basis der gesetzlichen
Ermächtigung durch die in Streit stehende HundeVO verhängt worden.
2.
Die von den Antragstellern beanstandete Listung von Hunderassen in § 2 Abs. 1
Satz 2 Nr. 1 - 4, 5 bis 8, 10 und 11 HundeVO begegnet keinen rechtlichen
Bedenken. Die Vorschriften entsprechen den Anforderungen des § 71a Abs. 1
HSOG und erweisen sich auch ansonsten als rechtmäßig.
a)
Die Bestimmung der in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 - 4, 5 bis 8, 10 und 11 HundeVO
benannten Hunderassen und Hundegruppen ist als Maßnahme zur
Gefahrenvorsorge im Sinne von § 71 a Abs. 1 Satz 1 HSOG durch Satz 2 der
Regelung gerechtfertigt, denn eine Gefährlichkeit konnte ohne Rechtsfehler für alle
in Nrn. 1 - 4, 5 bis 8, 10 und 11 dieser Bestimmung aufgeführten Rassen und
Gruppen vermutet werden.
Als vermutlich gefährlich im Sinne von § 71a Abs. 1 Satz 2 HSOG darf eine
Hunderasse oder -gruppe dann behandelt werden, wenn objektive Anhaltspunkte
vorliegen, aus denen sich zumindest die Möglichkeit einer Schädigung von
Menschen oder Tieren durch Hunde dieser Rasse oder Gruppe entnehmen lässt
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Menschen oder Tieren durch Hunde dieser Rasse oder Gruppe entnehmen lässt
(vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2002 - BVerwG 6 CN 3.01 -, Buchholz
402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 72
Vorpommern>). Wissenschaftlich abschließend gesicherte Feststellungen können
für Regelungen zur Vorsorge gegen Gefahren nicht verlangt werden. Auch bei
umstrittenen oder noch ungeklärten Erkenntnislagen kann der Verordnungsgeber
vielmehr von der ihm durch § 71a Abs. 1 HSOG eingeräumten Ermächtigung
Gebrauch machen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. Februar 2002 - 1 BvR 1676/01 -
, DVBl. 2002, 614 [615]). Auf bloße Vermutungen, Hypothesen oder vage Hinweise
kann die Vermutung der Gefährlichkeit dagegen trotz der Absenkung der
Gefahrenschwelle auf die Vorsorge gegen Gefahren nicht gestützt werden. Ebenso
wenig können zur Begründung einer nach § 71a Abs. 1 Satz 2 HSOG ergehenden
Regelung sonstige, nicht im Zusammenhang mit dem tatsächlichen
Gefährdungspotential von Hunden stehende Gesichtspunkte, wie etwa die
Herkunft einer Hunderasse oder ihre Akzeptanz in der Bevölkerung, heran
gezogen werden. Derartige Aspekte können zwar auf Grund des weiten, letztlich
durch politische Entscheidungen geprägten Gestaltungsspielraums des
Gesetzgebers durchaus in die Ermächtigung zum Erlass von Maßnahmen zur
Vorsorge gegen von Hunden ausgehende Gefahren einfließen (vgl. BVerwG, Urteil
vom 3. Juli 2002 - BVerwG 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 [353]). Diese
Gesichtspunkte haben in § 71a Abs. 1 HSOG indessen keinen Niederschlag
gefunden und können folglich bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer auf
Grund dieser Bestimmung erlassenen Verordnungsregelung keine
Berücksichtigung finden.
Den vorgenannten Erfordernissen ist für alle im vorliegenden
Normenkontrollverfahren in Frage stehenden Hunderassen und -gruppen genügt.
Für alle diese Rassen und Gruppen ist die Vermutung, dass ihnen zugehörige
Hunde menschen- oder tiergefährdende Eigenschaften besitzen, durch objektive
und stichhaltige Anhaltspunkte belegt. Diese Anhaltspunkte ergeben sich zwar
nicht aus fachwissenschaftlichen Erkenntnissen über das Vorliegen
entsprechender rassespezifischer Merkmale oder aus Hinweisen auf eine bei den
betroffenen Rassen und Gruppen betriebene züchterische Selektion besonders
aggressiven Verhaltens. Die Gefährlichkeit der in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 - 4, 5 bis
8, 10 und 11 HundeVO gelisteten Hunderassen und -gruppen wird aber durch
vorliegende statistische Erhebungen ausreichend belegt.
Fachwissenschaftlich ließe sich die Vermutung der Gefährlichkeit der in den
vorgenannten Vorschriften gelisteten Hunderassen und -gruppen nur dann
bestätigen, wenn durch fundierte Aussagen von Kynologen, Zoologen,
Veterinärmedizinern oder anderen Sachverständigen eine besondere
Gefährlichkeit dieser Rassen und Gruppen hinreichend belegt wäre. Derartige
Erkenntnisse liegen indessen nicht vor.
Zunächst fehlt es weiterhin an ausreichenden wissenschaftlichen Belegen dafür,
dass eine über das natürliche Maß hinausgehende Gefährlichkeit von Hunden auf
"rassespezifische Merkmale" im oben genannten Sinne zurückgeführt werden
kann.
An eine bestimmte Rasse oder Gruppe von Hunden gebundene aggressive
Verhaltensmuster gibt es erkennbar nicht. Eine Vorprägung von Hunden
bestimmter Rassen oder Rassekreuzungen zu außergewöhnlich aggressivem
Verhalten gegenüber Menschen und Tieren, die ihre Grundlage in der Entstehung
dieser Rasse durch zufällige genetische Veränderungen ("genetische Zufallsdrift")
oder durch Selektion bestimmter Eigenschaften für den Einsatz zu bestimmten
Zwecken (Hüte-, Jagd-, Schutz-, Kampfhunde) haben könnte, ist nach wie vor auf
fachwissenschaftlicher Basis nicht zu begründen.
Die dem Senat vorliegenden Stellungnahmen von Fachwissenschaftlern und mit
der Ausbildung und Züchtung von Hunden befassten Praktikern kommen im
Gegenteil letztlich übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass sich das
Gefährdungspotential von Hunden nicht schlicht an Hand einer für seine Rasse
charakteristischen genetischen Disposition zu aggressivem Verhalten ablesen
lässt. Das zu beobachtende Verhalten des Hundes gegenüber Menschen und
Tieren ist danach vielmehr Ausfluss einer ganzen Reihe unterschiedlicher Faktoren,
zu denen neben den Erbanlagen und dem Geschlecht des Hundes insbesondere
die Haltung, Ausbildung und Erziehung gehören (z.B. A., a.a.O.; Arbeitskreis der
diensthundehaltenden Verwaltungen des Bundes und der Länder, unveröffentlichte
Stellungnahme vom 20. März 2001 an den Vorsitzenden des Ausschusses für
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124
Stellungnahme vom 20. März 2001 an den Vorsitzenden des Ausschusses für
Gesundheit, Soziales und Migration des Abgeordnetenhauses Berlin zum Gesetz
über das Halten und Führen von Hunden in Berlin, S. 5; B., C. und D. in der
Publikation" 'Kampfhunde'? Gefährliche Hunde ?" des Verbandes für das deutsche
Hundewesen (VDH) e.V., 3. Aufl., 1998; E., "Warum beißt der Hund ?", in:
Deutsches Tierärzteblatt 9/2000, S. 905 f.; F., "… damit wir uns verstehen - Die
Erziehung des Familienhundes", 2. Aufl., o.J., S. 237; G., Textbeitrag zu den
Themen "Gefährlichkeit von bestimmten Hunderassen und Instrumente zur
Abwehr von Hundegefahren", in: Gesellschaft zur Förderung kynologischer
Forschung - GFK -,15. Rundschreiben-Juni 2002, S. 38). Eine ungewöhnliche
Aggressionsbereitschaft wurde nur bei einzelnen Zuchtlinien von Hunderassen, u.
a. beim Deutschen Schäferhund und beim Roten Cocker-Spaniel, beobachtet (vgl.
G., a.a.O., S. 228; F. , a.a.O.; J.: Gutachten zur Frage einer gesteigerten
Aggressivität von Hunden bestimmter Rassen aufgrund rassespezifischer
Merkmale, abgedruckt in der Publikation "'Kampfhunde' ? Gefährliche Hunde ?" des
Verbandes für das deutsche Hundewesen (VDH) e.V., 3. Aufl.,1998; Hessische
Polizeischule - Fachbereich Diensthundwesen -, a.a.O.). Bestimmte, auf ein
gesteigertes Aggressionspotential ganzer Hunderassen hindeutende
Untersuchungsergebnisse werden wegen der diesen Untersuchungen zu Grunde
liegenden schmalen Datenbasis als nicht aussagekräftig betrachtet (vgl. im
Einzelnen: A., a. a. O.).
Die vom Antragsgegner zur Stützung seiner gegenteiligen Ansicht benannten
gutachterlichen Äußerungen (vgl. Antwort des Hessischen Ministers des Innern und
für Sport auf eine kleine Anfrage der Abgeordneten A. vom 29. Oktober 2001,
Landtagsdrucks. 15/2521) rechtfertigen keine andere Beurteilung.
In dem Gutachten der Sachverständigengruppe Tierschutz und Heimtierzucht des
Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Auslegung von
§ 11b des Tierschutzgesetzes (Verbot von Qualzüchtungen) wird angemerkt, eine
aggressive Verhaltensstörung könne grundsätzlich in vielen Rassen und
Zuchtlinien auftreten, zeige sich jedoch besonders ausgeprägt in bestimmten
Zuchtlinien der Bullterrier, American Staffordshire Terrier und Pitbull-Terrier.
Abgesehen davon, dass sich diese Feststellungen nur auf einzelne der in § 2 Abs.
1 Satz 2 HundeVO gelisteten Rassen und darüber hinaus lediglich auf einzelne
Zuchtlinien innerhalb dieser Rassen beziehen, ergibt sich aus der angeführten,
pauschal gehaltenen Aussage kein verwertbarer Anhaltspunkt dafür, dass
tatsächlich genetische oder züchterische Eingriffe zu der Steigerung des
Aggressionspotentials geführt haben.
In dem im Senatsurteil vom 29. August 2001 - 11 N 2497/00 - auszugsweise
wiedergegebenen Gutachten von J. zur Frage einer gesteigerten Aggressivität von
Hunden bestimmter Rassen aufgrund rassespezifischer Merkmale, a. a. O., heißt
es, dass Aggressivität ein züchterisch mehr oder weniger stark gewichtetes
Selektionsmerkmal sein und auch nur in einzelnen Linien gewollt oder ungewollt
vorkommen könne. Überdies könne übersteigerte Aggression als Angstbeißer-
Reaktion (keine direkte Aggressivität) Folge einer Wesensschwäche sein, die
gehäuft im Zusammenhang mit Massenvermehrungen derzeit modischer Rassen
anzutreffen sei, oder aber Folge einer Stimmungsübertragung durch den
Hundehalter sein. Auch diese Stellungnahme besagt nichts Wesentliches dazu, in
welchem Umfang natürliche Anlagen oder züchterische Eingriffe unabhängig von
sonstigen Einflüssen zu aggressiven Verhaltensweisen bei Hunden führen bzw.
hierzu beitragen. Die Aussagen des genannten Gutachters sind - worauf der Senat
in seinem Urteil hingewiesen hat - auch deshalb einschränkend zu bewerten, weil
dieser an anderer Stelle seines Gutachtens ausdrücklich angemerkt hat, dass
"trotz erkennbarer Tendenzen" eine Einteilung in gefährliche und ungefährliche
Rassen deshalb problematisch sei, weil die Beteiligung einzelner Rassen sehr
wesentlich davon beeinflusst werde, "wie viele verantwortungslose und aggressive
Personen sich Hunde dieser betreffenden Rasse anschaffen".
In der von dem Antragsgegner überreichten Stellungnahme der Hessischen
Polizeischule - Fachbereich Diensthundwesen - an das Hessische Ministerium des
Innern und für Sport vom 20. Mai 2000 wird lediglich für den Pitbull-Terrier (§ 2 Abs.
1 Satz 2 Nr. 1 HundeVO) von einer bis heute andauernden, von einem
"bestimmten Klientel" betriebenen Züchtung auf "gameness" (anhaltender
Kampfeswille bis zur Erschöpfung, auch bei schwerer körperlicher Verletzung)
berichtet. Welche erkennungsdienstlichen, statistischen oder sonstigen
Erkenntnisse zu dieser Schlussfolgerung geführt haben, geht aus der
Stellungnahme indessen nicht hervor. Bei anderen Rassen und Gruppen, wie bei
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Stellungnahme indessen nicht hervor. Bei anderen Rassen und Gruppen, wie bei
dem American Staffordshire Terrier (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HundeVO) und dem
Staffordshire Bull Terrier (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 HundeVO), werden dagegen im
Gegenteil züchterische Bemühungen zur Selektion sozialverträglicher
Wesensmerkmale konstatiert.
Auch Größe, Gewicht, Muskelkraft und sonstige physische Eigenschaften erlauben
es nach derzeitiger Sachlage nicht, die in § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO gelisteten
Rassen hinsichtlich ihrer Gefährlichkeit in einer für die anzustellende
Gefahrenprognose hinreichenden Weise von anderen Hunden abzugrenzen. Zwar
entspricht es wissenschaftlicher und praktischer Erkenntnis, dass größere und
schwerere Hunde bei Attacken, aber auch etwa beim bloßen Anspringen, wegen
ihrer Masse schwerere Verletzungen oder Beeinträchtigungen, vor allem bei
Kindern, hervorrufen können. Dieser Umstand gilt aber für alle großen und
schweren Hunde unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse
oder Gruppe. Überdies variieren Größe und Gewicht der Hundeindividuen auch
innerhalb von Rassen und Gruppen zum Teil beträchtlich. Die auf Menschen und
Tiere einwirkende Kraft ist schließlich auch noch von weiteren, kaum fassbaren
Umständen (Trainingszustand u.a.) abhängig (vgl. etwa A., a.a.O.; B.,
"Stellungnahme zu dem Entwurf der Polizeiverordnung des Ministeriums Ländlicher
Raum über das Halten gefährlicher Hunde in Baden-Württemberg" vom 4. April
1991, übersandt durch den "Club für Molosser e.V", Egling; E., Anhörung vor dem
Abgeordnetenhaus von Berlin, Wortprotokoll GesSozMi 14/19 vom 22. März 2001,
S. 42, 43). Auch in bezug auf die Beißkraft ist ein greifbarer Unterschied zwischen
Individuen verschiedener Hunderassen und -gruppen nicht feststellbar (vgl. etwa
D., Anhörung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und
Naturschutz des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 19. April 2002,
Ausschussprotokoll 13/562, S. 32.; U., ebenda, S. 36; Arbeitskreis der
diensthundehaltenden Verwaltungen des Bundes und der Länder, Stellungnahme
vom 20. März 2001 zum Gesetz über das Halten und Führen von Hunden in Berlin,
S. 5).
Der Senat vermag in Folge dessen - zumindest auf der Grundlage der verfügbaren
Erkenntnismittel - nicht der Einschätzung des Antragsgegners zu folgen, wonach
die in § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO ausgesprochene Vermutung der Gefährlichkeit
bestimmter Hunderassen auf Grund besonderer, durch Herkunft, Zucht und
Verwendung entstandener physischer und ethologischer Eigenschaften
gerechtfertigt sei. Die diesbezüglichen Annahmen des Antragsgegners beruhen
nicht auf gesicherten Erkenntnissen, sondern auf bloßen Beschreibungen
angeblich gefahrbegründender Merkmale der oben genannten Hunderassen und
zum Teil auf subjektiv eingefärbten Bewertungen ("furchteinflößende Gestalt",
"knochenzermalmender Biss"), die allein nicht geeignet sind, die erwähnten
sachverständigen Äußerungen zu entkräften. An gesicherten Hinweisen mangelt
es auch insoweit, als der Antragsgegner vorträgt, ein auf Furcht oder Unsicherheit
beruhendes Verhalten von Personen den Hunden gegenüber wirke sich gerade bei
Individuen der gelisteten Rassen und Gruppen als besonders gefahrbegründend
aus. Weitere Erkenntnisse, die die Gefährlichkeit der in die Liste gemäß § 2 Abs. 1
Satz 2 HundeVO aufgenommenen Hunderassen bzw. Hundegruppen auf Grund
rassespezifischer Merkmale belegen könnten, hat der Antragsgegner auch auf die
gerichtliche Verfügung vom 28. April 2003 im Verfahren 11 N 910/03 nicht
benennen können.
Darüber hinaus lässt sich auch nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen, dass
Hunde der in § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO genannten Rassen oder ihrer Kreuzungen
erheblich häufiger als andere Hunde durch selektive Auswahl bei der Zucht oder
entsprechende Ausbildungs- bzw. Haltungsmethoden bewusst zu aggressivem
Verhalten gegenüber Menschen und Tieren abgerichtet werden. Allerdings gibt es
deutliche Hinweise darauf, dass bestimmte Rassen und Gruppen von Hunden -
u.a. auch die in der Verordnung gelisteten Rassen und Gruppen - vor allem im
kriminellen Milieu und von gewaltbereiten Gruppierungen und Personen oder von
besonders ängstlichen Hundehaltern - zu "Kampfhunden" oder "Imponierhunden"
herangezogen und gehalten oder zu diesem Zweck aus dem Ausland bezogen
werden (vgl. etwa Irene Stur, a. a. O.; E., Anhörung vor dem Abgeordnetenhaus
von Berlin, Wortprotokoll GesSozMi 14/19 vom 22. März 2001, S. 45; B.: "Hunde in
Berlin", Redebeitrag zur Anhörung der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen
vom 21. August 2000, URL: http://www.hund-und-halter.de/arbeitpapiere/
material/seiten/ arb-pap-002.html; R., "Hyperaggressivität beim Hund aus der
Sicht des praktizierenden Tierarztes", in: Der praktische Tierarzt 5/1992, S. 413;
sowie Antwort des Hessischen Ministers des Innern und für Sport auf eine kleine
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sowie Antwort des Hessischen Ministers des Innern und für Sport auf eine kleine
Anfrage der Abgeordneten S. vom 29. Oktober 2001, Landtagsdrucks. 15/2521).
Es liegen indessen keinerlei Studien vor, die hinreichend belegen würden, dass
gerade die in der Verordnung aufgeführten Hunderassen und -gruppen von den
genannten Personengruppen als Kampf- oder Imponierhunde missbraucht und zu
einem unnatürlich aggressiven Verhalten gegenüber Mensch und Tier angehalten
würden. Auch die von dem Antragsgegner übermittelten Jahresberichte über
"Vorfälle mit 'gefährlichen Hunden'" des Hessischen Landeskriminalamtes aus den
Jahren 2001 und 2002 enthalten insoweit neben der Mitteilung von Daten über die
Verübung von Straftaten unter Verwendung gefährlicher Hunde lediglich allgemein
gehaltene Hinweise auf die Vorliebe bestimmter Personenkreise, Hunde einzelner
Rassen als Kampfhunde zu halten und ggf. als Tatmittel einzusetzen (vgl.
Jahresbericht 2001, Abschnitt 5.1).
Die Vermutung der Gefährlichkeit der in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 - 4, 5 bis 8, 10
und 11 HundeVO benannten Hunderassen und Hundegruppen ist indessen durch
stichhaltiges statistisches Material untermauert.
Ohne weiteres belegen die zur Verfügung stehenden statistischen Daten die
Gefährlichkeit von Pitbull Terriern bzw. American Pitbull Terriern (§ 2 Abs. 1 Satz 2
Nr. 1 HundeVO) und American Staffordshire Terriern bzw. Staffordshire Terriern (§
2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HundeVO) einschließlich der Kreuzungen dieser Rassen. Dass
Hunde dieser Rassen und ihrer Kreuzungen tatsächlich zu übermäßiger Aggression
neigen, zeigt sich mit hinreichender Deutlichkeit in den Ergebnissen der vom
Antragsgegner vorgelegten statistischen Übersichten und aus anderem
statistischen Material.
Der Antragsgegner hat für den Zeitraum 26. August 2000 bis 30. Juni 2003
umfassende statistische Auswertungen über Vorfälle mit Hunden, in deren Folge
Menschen verletzt und andere Hunde verletzt oder getötet wurden, und über im
gleichen Zeitraum bestandene bzw. nicht bestandene Wesensprüfungen
vorgelegt. Diese jeweils nach Hunderassen und Kreuzungen von Hunderassen
aufgeschlüsselten Zahlen weisen sowohl für den (American) Pitbull Terrier als auch
den (American) Staffordshire Terrier und für ihre Kreuzungen eine ins Auge
fallende Häufung von Vorfällen bei gleichzeitiger hoher Rate an Versagern bei den
Wesensprüfungen aus.
(American) Pitbull Terrier (Zahl der erlaubnispflichtigen Hunde am 30. Juni 2003:
762) waren danach in dem genannten Zeitraum an insgesamt 29 Vorfällen,
Kreuzungen von (American) Pitbull Terriern (Zahl der erlaubnispflichtigen Hunde
am 30. Juni 2003: 815) an insgesamt 26 Vorfällen beteiligt, bei denen 5 bzw. 4
Personen leicht und 4 bzw. 7 Personen mittelschwer verletzt wurden. Ein Mensch
wurde durch einen (American) Pitbull Terrier-Mischling schwer verletzt. 14 Hunde
wurden von (American) Pitbull Terriern, 8 Hunde von Mischlingen dieser Rasse
verletzt. Jeweils 6 Hunde wurden von (American) Pitbull Terriern und (American)
Pitbull Terrier-Mischlingen getötet.
Der Anteil von Hunden mit nicht bestandener Wesensprüfung bewegte sich bei
dem (American) Pitbull Terrier bei 5,79 %, bei den Kreuzungen dieser Gruppe bei
4,31 %.
(American) Staffordshire Terrier (Zahl der erlaubnispflichtigen Hunde dieser Rasse
am 30. Juni 2003: 1051) wurden im gleichen Zeitraum insgesamt 36 mal auffällig,
Hunde von (American) Staffordshire Terrier-Kreuzungen (Zahl der
erlaubnispflichtigen Hunde am 30. Juni 2003: 900) 23 mal. Hierbei wurden 10 bzw.
2 Menschen leicht, 6 bzw. 4 Personen mittelschwer und 4 bzw. 2 Menschen schwer
verletzt. Im Beobachtungszeitraum vom 26. August 2000 bis 30. Juni 2003 wurden
11 Hunde von (American) Staffordshire Terriern und 12 Hunde von Mischlingen
dieser Rasse verletzt. (American) Staffordshire Terrier töteten während des
erfassten Zeitraums 5, (American) Staffordshire Terrier-Mischlinge 4 Hunde.
Auch aus anderen Quellen ergeben sich Hinweise darauf, dass (American)
Staffordshire Terrier und (American) Pitbull Terrier häufiger als andere Hunde
durch Beißattacken auf Menschen und andere Hunde aufgefallen sind. In dem
bereits erwähnten Gutachten von J. in der Publikation: " 'Kampfhunde' " ?
Gefährliche Hunde ?" des Verbandes für das deutsche Hundewesen (VDH) e.V.,
1998, wird u.a. darauf hingewiesen, dass insbesondere American Staffordshire
Terrier und Pitbull Terrier relativ häufig wegen ihrer gesteigerten Aggressivität
gegenüber Menschen und Tieren in Erscheinung treten. Aus den anlässlich einer
Umfrage des Deutschen Städtetages im Jahre 1997 erhobenen Daten folgt, dass
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Umfrage des Deutschen Städtetages im Jahre 1997 erhobenen Daten folgt, dass
im Zeitraum 1991 bis 1995 Pitbull Terrier 320 mal auffällig geworden sind. Die
gleiche Aufstellung weist zudem 160 Vorfälle mit "Terriern" aus. Es ist davon
auszugehen, dass es sich bei den hier involvierten Hunden vor allem um
Staffordshire Terrier gehandelt hat. In dem Jahresbericht 2002 "Vorfälle mit
'gefährlichen Hunden' " des Hessischen Landeskriminalamtes wird von 10 von
insgesamt 55 Fällen mit Verletzungsfolgen für Menschen und Hunde durch
Hundebisse berichtet, die durch American Staffordshire Terrier bzw. Staffordshire
Terrier verursacht wurden. Hunde der Gruppe Pitbull Terrier bzw. American Pitbull
Terrier waren in 7 Fällen an Übergriffen auf Menschen und andere Hunde beteiligt.
Bei den von dem Antragsgegner mit Schriftsatz vom 5. August 2003 mitgeteilten
Fällen, in denen sich positiv wesensgeprüfte Hunde im Nachhinein als bissig
erwiesen haben, handelt es sich durchweg um Hunde der genannten Rassen bzw.
Gruppen oder ihrer Kreuzungen.
Obwohl im Vergleich zu den American Staffordshire Terriern und den Pitbull
Terriern weniger eindeutig, liegen auch für Staffordshire Bullterrier (§ 2 Abs. 1 Satz
2 Nr. 3 HundeVO) und Bullterrier (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 HundeVO) deutliche
Hinweise für eine übersteigerte mensch- und tiergefährdende Aggressivität vor,
die die Vermutung der Gefährlichkeit von Hunden dieser Rassen rechtfertigen.
Nach der von dem Antragsgegner überreichten Statistik ist allerdings während des
untersuchten Zeitraums vom 26. August 2000 bis 30. August 2003 in Hessen
lediglich ein einziger Staffordshire Bullterrier durch einen Beißvorfall in Erscheinung
getreten, bei dem ein Mensch leicht verletzt wurde (Zahl der erlaubnispflichtigen
Hunde dieser Rasse und ihrer Kreuzungen am 30. Juni 2003: 361). Die nach der
Umfrage des Deutschen Städtetages im Jahre 1997 erstellte Übersicht führt
dagegen für den Zeitraum 1991 bis 1995 bei Staffordshire Bullterriern 169 Vorfälle
auf. Überdies weisen die Ergebnisse der Wesensprüfungen in Hessen auch bei
dieser Hunderasse eine recht hohe Versagerquote aus. Von insgesamt mit
Staffordshire Bullterriern und Mischlingen dieser Rasse durchgeführten 760
Wesensprüfungen verliefen 30 negativ (dies entspricht einem Anteil von 3,95 %).
Bei den Bullterriern und Bullterrier-Kreuzungen (Zahl der erlaubnispflichtigen
Hunde am 30. Juni 2003: 498) sind nach der von dem Antragsgegner gefertigten
Statistik während des erfassten Zeitraums von drei Jahren insgesamt 8
Beißvorfälle zu verzeichnen. Hierbei wurden 5 Menschen leicht verletzt, 2 Hunde
verletzt und einer getötet. Die Umfrage des Deutschen Städtetages erbrachte für
den Zeitraum 1991 bis 1995 169 Vorfälle, an denen Bullterrier beteiligt waren.
Auch Bullterrier und Kreuzungen dieser Rasse fallen relativ häufig bei
Wesensprüfungen durch (20 von insgesamt 742 durchgeführten Prüfungen, das
sind 2,69 %).
Für die anderen in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 bis 8, 10 und 11 HundeVO aufgeführten
Hunderassen und -gruppen (American Bulldog, Dogo Argentino, Fila Brasileiro,
Kangal (Karabash), Mastiff und Mastino Napoletano) lassen die von dem
Antragsgegner vorgelegten Statistiken ähnlich deutliche Anhaltspunkte für das
Vorliegen eines übersteigerten Aggressionspotentials nicht erkennen. Hunde
dieser Rassen bzw. Gruppen sind während des dreijährigen
Beobachtungszeitraums entweder überhaupt nicht (Fila Brasileiro, Mastiff) oder
nur in sehr wenigen Fällen durch Beißattacken auf Menschen und andere Hunde in
Erscheinung getreten. Entsprechendes gilt für die absolute Zahl der Hunde, die bei
Wesensprüfungen negativ abgeschnitten haben. Gleichwohl ist die Listung auch
dieser Rassen und Gruppen von Hunden nicht zu beanstanden.
Der Antragsgegner hat, wie in der mündlichen Verhandlung nochmals bekräftigt
worden ist, diejenigen Hunderassen und -gruppen in die Vermutungsregelung nach
§ 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO einbezogen, bei denen Beißvorfälle mit
Verletzungsfolgen für Menschen oder Tiere gemeldet wurden, oder bei denen zwar
keine Vorkommnisse der vorgenannten Art zu verzeichnen waren, bei denen aber
die Versagerquote bei den Wesensprüfungen 3 % oder mehr betrug. Diese
Bewertungskriterien für die Annahme der vermutlichen Gefährlichkeit einer
Hunderasse oder -gruppe, sind durch die gesetzliche Ermächtigung des § 71a Abs.
1 HSOG gedeckt. In Folge der Herabsenkung der Gefahrenschwelle von der
Gefahrenabwehr zur Gefahrenvorsorge ist der Verordnungsgeber befugt, von
Hunden möglicherweise ausgehenden Gefahren in möglichst weit gehender Weise
zu begegnen und zur Ausschaltung etwaiger Restrisiken strenge Maßstäbe an das
Verhalten von Hunden anzulegen.
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Die genannten Bewertungskriterien treffen für sämtliche in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 5
bis 8, 10 und 11 HundeVO bezeichneten Rassen einschließlich ihrer Kreuzungen
zu.
Dogo Argentino, Kangal (Karabash), Mastiff und Mastino Napoletano (§ 2 Abs. 1
Satz 2 Nrn. 6,8,10 und 11) fielen während des Beobachtungszeitraums sowohl
durch Beißvorfälle als auch durch eine Versagerquote von mehr als 3 % auf (Dogo
Argentiono im Schnitt 6,67 %, Kangal (Karabash) im Schnitt 6,98 %; Mastiff im
Schnitt 11,69 %; Mastino Napoletano im Schnitt 13,46 %). Bei dem Fila Brasileiro
(§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 HundeVO) sind zwar keine Vorfälle zu verzeichnen; die
Durchfallerquote liegt aber über dem von dem Antragsgegner zu Grunde gelegten
Grenzwert (im Schnitt 9,59 %). Umgekehrt wurden zwar alle während des
dreijährigen Beobachtungszeitraum wesensgeprüften Hunde der Rasse American
Bulldog bzw. Mischlinge dieser Rasse (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 HundeVO) positiv
getestet. American Bulldogs und Kreuzungen dieser Rasse fielen jedoch mehrfach
durch Beißattacken auf Menschen und Tiere auf.
Der Senat sieht sich an der Verwertung der von dem Antragsgegner eingereichten
statistischen Übersichten durch die methodischen und inhaltlichen Einwände der
Antragsteller gegen diese Statistiken nicht gehindert.
Eine Verwertung der vorgelegten Statistiken über Vorfälle mit Hunden und über die
Ergebnisse durchgeführter Wesensprüfungen verbietet sich zunächst nicht aus
methodischen Gründen. Die Antragsteller bemängeln insoweit vor allem, es
handele sich um rein deskriptive Statistiken mit der Wiedergabe absoluter und
relativer Häufigkeiten, ohne dass die Ergebnisse mit Rücksicht auf vor allem bei
kleinen Populationen zu erwartende Zufallsbefunde stochastisch untermauert und
entsprechend bewertet worden seien. Dieser Einwand greift nicht durch. Er
berücksichtigt nicht den besonderen Charakter der Gefahrenvorsorge, der gerade
durch die Berücksichtigung auch solcher Sachverhalte gekennzeichnet ist, die
(noch) nicht vollständig aufgeklärt wurden oder sich einer abschließenden
Feststellung sogar gänzlich entziehen. Ein Gefahrenverdacht kann folglich auch
dann hinreichend statistisch belegt sein, wenn Erhebung und Auswertung der
Daten mit Unsicherheiten und Ungenauigkeiten behaftet sind. Weitergehende
Schritte zur statistischen Absicherung der ermittelten Ergebnisse, wie die Bildung
repräsentativer Gruppen oder die Ausweitung der Wesensprüfung auf nicht als
gefährlich geltende Hunde, sind nicht erforderlich und würden wegen der hiermit
zwangsläufig verbundenen zeitlichen Verzögerung die mit der Ermächtigung zu
Maßnahmen der Gefahrenvorsorge verbundenen Zwecke gerade in Frage stellen.
Maßgeblich ist damit allein, dass die Gefahrenvermutung überhaupt durch
ausreichende statistische Anhaltspunkte belegt ist. Diese Voraussetzung ist auch
bei den in Hessen nur noch mit vergleichsweise wenigen Exemplaren vertretenen
Hunderassen und -gruppen so lange erfüllt, als noch Beißvorfälle mit Hunden
dieser Rassen oder Gruppen zu verzeichnen sind oder der Anteil von negativ
verlaufenen Wesensprüfungen bei Tieren dieser Rassen oder Gruppen weiterhin bei
3% oder höher liegt. Der Verordnungsgeber ist also nicht gehalten, trotz
fortbestehender Verdachtsmomente auf die weitere Listung einer Hunderasse
oder -gruppe allein deshalb zu verzichten, weil deren Population - womöglich
gerade wegen der ergriffenen Maßnahmen zur Begegnung der bei ihr vermuteten
Gefährlichkeit - in starkem Maße abgenommen hat.
Die vorliegenden Statistiken leiden auch an keinen ihre Verwertbarkeit
ausschließenden inhaltlichen Mängeln.
Der von den Antragstellern angeführte Umstand, dass die Zahlen der
Wesensprüfungen in den Hundestatistiken (Übersichtsblätter über gemeldete
Vorfälle mit Hunden) von den entsprechenden Zahlen in den gesondert
ausgeworfenen Statistiken über Wesensprüfungen (Meldebögen für Hunde)
differieren, erklärt sich daraus, dass Hundestatistiken die Anzahl sämtlicher in dem
betreffenden Erhebungszeitraum durchgeführten und nicht bestandenen
Prüfungen mit gefährlichen Hunden unter Einschluss der nach § 2 Abs. 2 HundeVO
erfassten Hunde aufführen, während die Übersichten über die Wesensprüfungen
lediglich die Zahlen und die Ergebnisse für die nach der derzeitigen Fassung der
HundeVO gelisteten Hunderassen und -gruppen sowie für die früheren
Listenhunde (Bullmastiff, Bordeaux Dogge, Mastin Espagnol, Tosa Inu) enthalten.
Die von dem Antragsgegner überreichten Hundestatistiken für die Quartale
4/2002, 1/2003 und 2/2003 sowie die von ihm übermittelten (Teil-
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4/2002, 1/2003 und 2/2003 sowie die von ihm übermittelten (Teil-
)Jahresübersichten der Hundestatistiken und Statistiken über Wesensprüfungen für
die Zeiträume 26. August 2000 - 31. Dezember 2000, 1. Januar 2001 - 31.
Dezember 2001, 1. Januar 2002 - 31. Dezember 2002 und 1. Januar 2003 - 30. Juni
2003 beinhalten zwangsläufig nur die während des betreffenden
Erhebungszeitraums gemeldeten Vorfälle mit Hunden bzw. nur die in diesem
Zeitraum durchgeführten Wesensprüfungen. Insoweit ist es verständlich, dass bei
den Ergebnissen der Wesensprüfungen die prozentualen Anteile der nicht
bestandenen Prüfungen bei den Hunderassen und -gruppen in den verschiedenen
Statistiken zum Teil erheblich divergieren.
Der für die Zuverlässigkeit der Statistiken maßgebliche Abgleich der
aufgenommenen Daten für die einzelnen Zeiträume lässt demgegenüber keine
nennenswerte Abweichungen erkennen. In den für die oben genannten Zeiträume
erstellten (Teil-)Jahresübersichten und in den Gesamtstatistiken für den gesamten
Erfassungszeitraum 24. August 2000 - 30. Juni 2003 bzw. 26. August 2000 - 30.
Juni 2003 stimmen die Zahlen für die - hier allein in Frage stehenden - Listenhunde
nach § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO in sämtlichen Statistiken mit geringfügigen
Abweichungen überein. Auch ein Widerspruch der in den vorgenannten Statistiken
enthaltenen Zahlen der durchgeführten und nicht bestandenen Wesensprüfungen
zu den entsprechenden, im Vermerk des zuständigen Sachbearbeiters im
Hessischen Ministerium des Innern und für Sport vom 13. Oktober 2003 für den
Zeitraum 15. Juli 2000 bis 30. Juni 2003 wieder gegebenen Werten ist nicht
feststellbar. Die Angaben in diesem Vermerk (320 Durchfaller bei insgesamt 7.918
Wesensprüfungen) beziehen sich erkennbar nur auf die unter § 2 Abs. 1 Satz 2
HundeVO fallenden Listenhunde. Sie decken sich mit der den gleichen Zeitraum
erfassenden Übersicht über durchgeführte Wesensprüfungen und stimmen auch
mit der entsprechenden Statistik für den Zeitraum 26. August 2000 - 30. Juni 2003
überein (Gesamtzahl der Prüfungen 8030, hiervon 326 nicht bestanden). Einzelne
Unstimmigkeiten (z.B. ist die in der Hundestatistik 26. August 2000 - 30. Juni 2003
angegebene Zahl nicht bestandener Wesensprüfungen bei dem Staffordshire
Bullterrier (22) geringer als in der Hundestatistik 24. August 2000 - 30. Juni 2003
(29); die in der vorgenannten Gesamtstatistik angegebene Zahl der insgesamt
getöteten Staffordshire Terrier (12) ist geringer als die Addition der betreffenden
Zahlen aus den Quartalen 3/02, 1/03 und 2/03 (32)), beruhen erkennbar auf
Übertragungsfehlern und beeinträchtigen die Zuverlässigkeit der statistischen
Daten in ihrer Gesamtheit nicht.
Im Übrigen verbleiben auch nach der mündlichen Verhandlung nicht zureichend
erklärbare Divergenzen zwischen den Bestandszahlen der erlaubnispflichtigen
Hunde bzw. der Zahl der Wesensprüfungen einerseits und der Anzahl der
getöteten Tiere andererseits. Insoweit haben die Antragsteller etwa darauf
hingewiesen, dass die Gesamtzahl der getöteten Tiere in der Hundestatistik für
den Zeitraum 24. August 2000 - 30. Juni 2003 (47) wesentlich unter der im
Vermerk vom 13. Oktober 2003 genannten Zahl von 399 liegt und dass sich die
angegebene Zahl der laut Vermerk vom 13. Oktober 2003 im Zeitraum 24. August
2000 - 30. Juni 2003 auf Grund der HundeVO getöteten Tiere (399) schwerlich mit
der im gleichen Vermerk genannten geringeren Zahl der nicht bestandenen
Wesensprüfungen im Zeitraum 15. Juli 2000 - 30. Juni 2003 (320) vereinbaren
lässt. Ob diese Abweichungen darauf beruhen, dass unterschiedliche
Datenbestände ausgewertet wurden (etwa können bei den Bestandszahlen der
erlaubnispflichtigen Hunde auch andere Abgänge als die Tötung eingeflossen
sein), oder ob die differierenden Zahlen auf Fehler bei der Erfassung der getöteten
Tiere zurückzuführen sind, kann dahin gestellt bleiben. Diese möglichen
Unstimmigkeiten lassen keine Rückschlüsse darauf zu, dass auch die für die
Beurteilung der Vermutungsregelung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO allein
maßgeblichen Zahlen über Vorfälle mit Hunden und über durchgeführte
Wesensprüfungen mit beachtlichen Fehlern behaftet sind. Sonstige erhebliche
Mängel bei der Erhebung der in die Hundestatistiken und die Statistiken über
durchgeführte Wesensprüfungen eingeflossenen Daten sind während des
Normenkontrollverfahrens nicht zu Tage getreten. Für die Richtigkeit der von
Seiten der Antragsteller aufgestellten Behauptung, die von dem Antragsgegner
vorgenommene Unterteilung in durch Hunde verursachte leichte, mittlere und
schwere Verletzungen bei Menschen sei undurchsichtig und es würden bei den
leichten Verletzungen auch Bagatellvorfälle wie das bloße Anspringen erfasst,
haben sich keine bestätigenden Anhaltspunkte gefunden. Ebenso wenig vermag
der Senat zu erkennen, dass die Durchführung der Wesensprüfungen nach den
hierzu von dem Regierungspräsidium Darmstadt entwickelten Standards mit so
erheblichen Fehlern behaftet ist, dass eine statistische Berücksichtigung der
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erheblichen Fehlern behaftet ist, dass eine statistische Berücksichtigung der
Ergebnisse dieser Testungen nicht möglich wäre. Der von den Antragstellern
weiterhin kritisierte Umstand, dass die Anzahl der auf Grund der HundeVO
getöteten Hunde weit über den vergleichbaren Zahlen in anderen Bundesländern
liege, betrifft die - gegenüber der Praxis in den anderen Bundesländern womöglich
konsequentere - Umsetzung der Verordnung und hat zu der hier allein
interessierenden Frage der Zuverlässigkeit der vorgelegten Statistiken keinen
Bezug.
Die nach alledem durch die gesetzliche Ermächtigung des § 71a HSOG gedeckte
Listung von Hunderassen und -gruppen in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 - 4, 5 bis 8, 10
und 11 HundeVO ist auch nicht aus anderen Gründen zu beanstanden.
Den Vorschriften kann zunächst nicht entgegen gehalten werden, die hierin
ausgesprochene Vermutung der Gefährlichkeit von Hunden der gelisteten Rassen
und Gruppen verstoße deshalb gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, weil
diese Vermutung nicht widerlegt werden könne.
Richtig ist, dass die Verordnung einen Hund, der zu einer der in § 2 Abs. 1 Satz 2
HundeVO bestimmten Rassen oder Gruppen gehört, als "gefährlichen Hund"
behandelt. Diese rechtliche Einordnung ist - anders als bei anderen Hunden
gemäß § 2 Abs. 2 HundeVO - nicht von einem bereits nach außen in Erscheinung
getretenen aggressiven Verhalten des Tieres abhängig. Die rechtliche Einstufung
als "gefährlicher Hund" als solche kann - im Gegensatz zur früheren Regelung in §
2 Abs. 1 Nr. 2 der Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde vom 15. August
2000 - auch nicht im Nachhinein durch eine positiv verlaufene Wesensprüfung
nach § 7 HundeVO beseitigt werden; insbesondere ist die Haltung eines positiv
wesensgeprüften Hundes nach wie vor nach §§ 1 Abs. 3, 3 HundeVO
erlaubnispflichtig (dies gilt im Übrigen auch für die auffällig gewordenen Hunde
nach § 2 Abs. 2 HundeVO).
Ungeachtet dessen verstößt § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO nicht gegen das
Übermaßverbot.
Zu berücksichtigen ist, dass eine positiv verlaufene Wesensprüfung rechtlich nicht
folgenlos bleibt, sondern zu Erleichterungen bei der Haltung eines gefährlichen
Hundes führt. Positiv wesensgeprüfte Hunde sind vom Leinenzwang befreit (§ 9
Abs. 1 Satz 2 HundeVO). Die Vorschriften über die Grundstückssicherung nach §
10 Abs. 1 und 2 HundeVO und die Einschränkungen beim Handel, beim Erwerb und
bei der Abgabe des Hundes nach § 13 HundeVO gelten mit der Vorlage einer
Bescheinigung über eine positive Wesensprüfung nicht mehr.
Dieses differenzierte Regelungssystem ist mit Blick auf die Absenkung der
Gefahrenschwelle in § 71a HSOG nicht zu bemängeln. Der Gesetzgeber
beabsichtigte, im Interesse eines möglichst weit reichenden Schutzes der
Öffentlichkeit vor Gefahren durch gefährliche Hunde ein auch nach positiv
verlaufener Wesensprüfung fortbestehendes Restrisiko auszuschalten (vgl.
Kabinettsvorlage vom 12. April 2002 - LPP 72 - L - 021 - a - 02 - 07 zur Erstfassung
der HundeVO vom 10. Mai 2002). Er ist hierbei zu Recht davon ausgegangen, dass
die Wesensprüfung auch bei wissenschaftlich fundierter und sorgfältig
durchgeführter Testung jeweils nur ein annäherndes Bild des augenblicklichen
Verhaltens des Hundes im Sinne einer "Momentaufnahme" vermitteln kann, deren
Ergebnis überdies durch spätere Ereignisse (z.B. Halterwechsel, Änderung der
Haltungsbedingungen, krankhafte Veränderungen bei dem Hund) wertlos werden
kann (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 20. Juni 2002 - 4 D 89/00.NE
-). Diese Annahme wird durch die Benennung von insgesamt 8 Fällen aus dem
Zeitraum März 2001 bis November 2002 durch den Antragsgegner bestätigt, in
denen positiv wesensgeprüfte Hunde durch Beißvorfälle in Erscheinung getreten
sind. Jedenfalls mit Rücksicht auf die durch § 71a HSOG ermöglichten Regelungen
zur Vorsorge gegen von Hunden ausgehende Gefahren begegnet es unter dem
Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes keinen Bedenken, dass die in
§ 2 HundeVO genannten Hunde, bei denen typischerweise bzw. durch bereits
offenbarte Aggressivität eine übersteigerte Aggression zu vermuten ist, dauerhaft
als gefährlich eingestuft werden und ihre Haltung besonderen Anforderungen
unterworfen wird.
Als unverhältnismäßig erweist sich § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO auch nicht mit Blick
auf die für Halterinnen und Halter gelisteter Hunde verbundenen Rechtsfolgen.
Wie bereits dargelegt, folgt aus der Benennung einer Hunderasse oder -gruppe in
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Wie bereits dargelegt, folgt aus der Benennung einer Hunderasse oder -gruppe in
§ 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO nicht, dass ein Hund dieser Rasse oder Gruppe nicht
erworben oder gehalten werden darf. Die Haltung dieser als gefährlich
qualifizierten Hunde wird lediglich von einer Erlaubnis abhängig gemacht, für deren
Erteilung neben anderen Voraussetzungen u.a. die Zuverlässigkeit und Sachkunde
der Halterin oder des Halters und der Nachweis einer positiven Wesensprüfung
erforderlich ist (vgl. § 3 Abs. 1 Nrn. 2 bis 4 HundeVO). Handel, Erwerb und Abgabe
sind bei Listenhunden wie bei anderen gefährlichen Hunden gemäß § 13 HundeVO
nur im Falle einer negativ verlaufenen Wesensprüfung verboten. Die Haltung
positiv wesensgeprüfter gefährlicher Hunde unterliegt bis auf die in § 8 HundeVO
genannten besonderen Anforderungen (Führung nur einzeln und außerhalb des
eingefriedeten Besitztums nur nach Erteilung der Erlaubnis nach § 1 Abs. 3
HundeVO, Führung nur durch eine mindestens 18 Jahre alte, geeignete Person)
keinen weiteren Einschränkungen. Die für die Halterinnen und Halter mit der
Listung ihrer Hunde verbundenen rechtlichen Beschränkungen erweisen sich damit
- wiederum mit Rücksicht auf die gesetzliche Ermächtigung zur Gefahrenvorsorge -
als nicht so einschneidend, dass der Verordnungsgeber aus Gründen der
Verhältnismäßigkeit auf diese Maßnahme hätte verzichten und sich hätte darauf
beschränken müssen, nur bereits auffällig gewordene Hunde als gefährlich zu
behandeln.
Die Regelungen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 - 4, 5 bis 8, 10 und 11 HundeVO
erweisen sich ferner ungeachtet der Tatsache als rechtmäßig, dass der
Verordnungsgeber andere Hunderassen und -gruppen, deren Hunde nach der
vorgelegten Statistik im Beobachtungszeitraum gleichfalls häufig durch
Beißattacken mit Verletzungsfolgen für Menschen und Tiere in Erscheinung
getreten sind (vor allem Dobermann, Rottweiler, Deutscher Schäferhund und
sonstige Schäferhunde) nicht in die Vermutungsregelung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2
HundeVO aufgenommen hat. Diese Begrenzung stellt keine mit dem allgemeinen
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Benachteiligung derjenigen
Hundehalter dar, die von der Listung ihrer Hunde in § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO
und den damit verbundenen Einschränkungen und Belastungen betroffen sind.
Der Senat hat schon in seinem Urteil vom 29. August 2001 - 11 N 2497/00 -,
ESVGH 52, 41 [49], die unterbliebene Listung anderer auffällig gewordener
Hunderassen und -gruppen mit Rücksicht auf die wesentlich größere Verbreitung
dieser Hunde nicht beanstandet. Für den Deutschen Schäferhund könne - so der
Senat in seinem Urteil - nach der von der schleswig-holsteinischen
Landesregierung zur Beantwortung einer kleinen Anfrage verwendeten Statistik
des Verbandes für das Deutsche Hundewesen e. V. (vgl. Landtags-Drs. Schleswig-
Holstein 15/247) davon ausgegangen werden, dass die Population der Deutschen
Schäferhunde mindestens zehnmal so groß sei wie die Populationen aller
"gelisteten" Hunderassen zusammengenommen. Bei diesen Proportionen könne
es mit Blick auf das Opportunitätsprinzip nach § 5 Abs. 1 HSOG nicht als
systemwidrig und damit als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz angesehen
werden, dass der Verordnungsgeber Deutsche Schäferhunde und andere auffällig
gewordene Hunderassen wie etwa Rottweiler und Dobermann nicht "gelistet",
sondern bei diesen Rassen die Einbeziehung in ein Erlaubnisverfahren von der
individuellen Gefährlichkeit des einzelnen Hundes nach Maßgabe des § 2 Abs. 2
Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde vom 15. August 2000 abhängig
gemacht habe.
Neuere Erkenntnisse, die vorliegend Anlass für eine hiervon abweichende
Beurteilung geben würden, liegen nicht vor. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass der
Verordnungsgeber den ihm zustehenden, mit Rücksicht auf die Absenkung der
Gefahrenschwelle in § 71a HSOG besonders weiten Gestaltungsspielraum
willkürlich oder nach sachwidrigen Gesichtspunkten ausgeübt hätte.
Der ihm durch die Rechtsprechung des Senats auferlegten Verpflichtung, seine
Einschätzung unter Berücksichtigung neuer Erkenntnisse und Erfahrungen selbst
unter Kontrolle zu halten und korrigierend tätig zu werden, soweit sich seine
Beurteilung aufgrund neuer Daten als von Anfang an falsch oder als überholt
erweisen sollten (Seite 40 des Urteilsabdrucks, insoweit in der amtlichen
Sammlung nicht abgedruckt), ist der Verordnungsgeber nachgekommen. Er hat
verschiedene, in der Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde vom 15.
August 2000 unter § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b), d), j) und l) gelistete Hunderassen
bzw. -gruppen (Bullmastiff, Bordeaux Dogge oder Dogue de Bordeaux, Mastin
Espaniol und Tosa Inu) mit der Begründung gestrichen, bei diesen Rassen und
Gruppen seien keine Beißvorfälle zu verzeichnen gewesen und der Anteil an
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Gruppen seien keine Beißvorfälle zu verzeichnen gewesen und der Anteil an
negativen Wesensprüfungen habe unter 3% betragen. Zugleich hat der
Antragsgegner erklärt, er prüfe derzeit die Aufnahme von Rottweilern in die
"Rasseliste". Dieses Vorgehen belegt, dass dem Verordnungsgeber erkennbar
auch nicht daran gelegen ist, lediglich in Deutschland nicht verbreitete, hier als
fremdartig empfundene Hunderassen und -gruppen herauszuheben, um deren
Haltung zu unterbinden oder zu verringern. Die ihm von der Antragstellerseite
insoweit unterstellten sachwidrigen Absichten vermag der Senat nicht zu
erkennen.
II.
Die von den Antragstellern weiterhin (hilfsweise) angefochtene Regelung in § 3
Abs. 1 Satz 2 HundeVO ist rechtmäßig.
Die im ersten Halbsatz dieser Bestimmung zwingend vorgeschriebene Befristung
der Erlaubnis zum Halten eines Hundes, der zu den in § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO
gelisteten Rassen bzw. Gruppen oder einer ihrer Kreuzungen gehört, ist nicht etwa
deshalb mit dem Gleichbehandlungsgebot nach Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, weil
bei den übrigen - d.h. nach § 2 Abs. 2 HundeVO als solche bestimmten -
gefährlichen Hunden die Erlaubnisdauer auf bis zu vier Jahre ausgedehnt werden
kann. Diese Differenzierung ist durch sachlich einleuchtende Gründe
gerechtfertigt.
Der Verordnungsgeber hat die Erlaubnisdauer für Listenhunde nach § 2 Abs. 1
Satz 2 HundeVO deshalb auf zwei Jahre begrenzt, weil er allen Hunden dieser
Rassen und Gruppen eine potentielle Gefährlichkeit unterstellt, während er andere
Hunde als grundsätzlich ungefährlich einstuft und nur ausnahmsweise, nach
tatsächlich offenbartem aggressiven Verhalten, von einer Gefährlichkeit ausgeht.
Er hat es folglich als erforderlich angesehen, dass das Vorliegen der
Erlaubnisvoraussetzungen bei den unter § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO fallenden
Hunden in einem festen zeitlichen Abstand von jeweils zwei Jahren untersucht wird.
Bei den anderen Hunden hat er dagegen eine Begrenzung der Erlaubnisdauer auf
vier Jahre für ausreichend angesehen und hat es im Übrigen der zuständigen
Behörde überlassen, die Erlaubnis unter Berücksichtigung der Schwere des
Beißvorfalles, der Sachkunde und Zuverlässigkeit der Halterin bzw. des Halters
und sonstiger Gesichtspunkte ggf. kürzer zu befristen. Diese Überlegungen sind
nachvollziehbar und lassen unsachliche Erwägungen für die vorgenommene
Differenzierung nicht erkennen.
Weiter gehende Überlegungen, ob es statt der in § 3 Abs. 1 Satz 2 HundeVO
vorgenommenen Unterscheidung nicht sachgerechter gewesen wäre, eine für alle
gefährlichen Hunde gleichermaßen geltende Regelung bezüglich der Dauer der
Erlaubnis zu treffen, hat der Senat nicht anzustellen. Vielmehr hat er nur zu
prüfen, ob der Vorschrift an der Sache orientierte, vernünftige Erwägungen zu
Grunde liegen.
III.
Erfolglos beanstanden die Antragsteller weiterhin die Vorschrift in § 7 Satz 3,
letzter Satzteil HundeVO, wonach die sachverständige Person oder Stelle der
zuständigen Stelle mitteilt, dass eine positive Wesensprüfung nicht bescheinigt
worden ist. Diese Bestimmung ist durch die gesetzliche Ermächtigung gemäß §
71a Abs. 1 HSOG gedeckt.
§ 7 Satz 3, letzter Satzteil HundeVO steht in engem Zusammenhang mit der
Regelung in § 3 Abs. 1 Nr. 4 HundeVO, die der Halterin bzw. dem Halter eines
gefährlichen Hundes aufgibt, zur Erteilung einer Erlaubnis zum Halten des Hundes
eine positive Wesensprüfung nachzuweisen. Verläuft die Wesensprüfung negativ
und vermag die Halterin bzw. der Halter folglich den Nachweis einer positiven
Prüfung gegenüber der zuständigen Behörde nicht zu erbringen, muss die
Behörde wegen der ggf. notwendig werdenden Sicherungsmaßnahmen
zwangsläufig auch von dem negativen Ausgang der Wesensprüfung unterrichtet
werden. Die dem Prüfer nach § 7 Satz 3, letzter Satzteil HundeVO auferlegte
Verpflichtung zur Mitteilung des negativen Prüfungsergebnisses ist damit
wesentlicher Bestandteil des in der Verordnung auf der Grundlage von § 71a Abs.
1 HSOG normierten Erlaubnisverfahrens und ist damit ebenfalls von dieser
gesetzlichen Ermächtigung gedeckt.
Bei dem Prüfer handelt es sich entgegen der Ansicht der Antragsteller auch nicht
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Bei dem Prüfer handelt es sich entgegen der Ansicht der Antragsteller auch nicht
etwa um eine Privatperson, der ohne besondere gesetzliche Grundlage keine
Anzeige- oder Meldepflichten auferlegt werden darf. Vielmehr ist die
sachverständige Person oder Stelle durch das Erfordernis einer positiven
Wesensprüfung als Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis in das
Verwaltungsverfahren einbezogen und nimmt auf der Grundlage der im Benehmen
mit dem Verband für das Deutsche Hundewesen e.V. und der
Landestierärztekammer Hessen erfolgten Bestellung Aufgaben wahr, die dem
Rechtskreis der Verwaltung zuzuordnen sind. Für die Auferlegung von
Verpflichtungen aus einem solchen Aufgabenbereich ist eine eigenständige
Rechtsgrundlage nicht erforderlich.
IV.
Die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 1 HundeVO, wonach gefährliche Hunde (ohne
positive Wesensprüfung, vgl. § 9 Abs. 1 Satz 2 HundeVO) außerhalb des
befriedeten Besitztums oder der Wohnung der Halterin oder des Halters an der
Leine zu führen sind, begegnet entgegen der Ansicht der Antragsteller keinen
Bedenken.
Die Anordnung des strikten Leinenzwangs für diese Hunde ist durch den weiten
Regelungsspielraum des Verordnungsgebers gedeckt (Urteil des Senats vom 29.
August 2001 - 11 N 2497/00 -, ESVGH 52, 41 [52]) und verstößt auch nicht etwa
deshalb gegen das Übermaßverbot, weil der in der Regelung normierte
Ausnahmebereich nicht auch auf fremdes befriedetes Besitztum und fremde
Wohnungen erweitert wurde.
Mit der Begrenzung der Ausnahme vom Leinenzwang für gefährliche Hunde auf
das - eigene - befriedete Besitztum der Hundehalterin oder des Hundehalters und
ihre/seine eigene Wohnung wollte der Verordnungsgeber in erster Linie
sicherstellen, dass Personen und Tiere in allgemein zugänglichen Räumlichkeiten
wie Treppenhäuser, Flure, Aufzüge und Zuwege in und zu Mehrfamilienhäusern
nicht von gefährlichen Hunden geschädigt werden (vgl. Anwendungshinweise des
Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 3. Juli 2001 - LPP 72 - L -
021 - a - 02 - 27 - zu § 9). Durch die Regelung werden nach ihrem Wortlaut
allerdings auch Wohnungen und befriedete Besitztümer von dritten Personen und
damit nicht allgemein zugängliche Bereiche in die Anleinpflicht einbezogen.
Hiergegen sind indessen keine rechtlichen Bedenken zu erheben. Die
Beschränkung der Ausnahme vom Leinenzwang auf den eigenen Bereich der
Hundehalterin/des Hundehalters steht in engem Zusammenhang mit seiner
Verpflichtung, das Grundstück oder die Wohnung, auf dem bzw. in der der (nicht
positiv wesensgeprüfte) gefährliche Hund gehalten wird, gegen ein ungewolltes
Entweichen des Tieres zu sichern (§ 10 HundeVO). Eine entsprechende
Sicherungspflicht besteht für den Eigentümer oder Besitzer eines anderen
Grundstücks oder einer anderen Wohnung, wo sich der Hund aufhält, nicht. Es
besteht deshalb ein Bedürfnis, diese Bereiche anderweitig, nämlich durch die
Anleinpflicht, gegen Gefahren durch den gefährlichen Hund abzusichern.
V.
Als rechtmäßig erweist sich die von den Antragstellern ebenfalls beanstandete
Regelung des § 15 Abs. 6 HundeVO, wonach die zuständige Behörde der für die
Erhebung der Hundesteuer zuständigen Stelle innerhalb der Gemeinde Namen
und Anschriften von Halterinnen und Haltern gefährlicher Hunde mitteilt. Diese
Bestimmung findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 22 Abs. 2 Nr. 3 HSOG,
wonach die Gefahrenabwehr- und Polizeibehörden personenbezogene Daten an
Behörden und öffentliche Stellen auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte für die
Wahrnehmung einer sonstigen Gefahrenabwehraufgabe durch die empfangende
Stelle übermitteln können. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, denn die erhöhte
Besteuerung für gefährliche Hunde dient der Eindämmung der Haltung solcher
Hunde und deshalb zumindest mittelbar der Gefahrenabwehr (vgl. Hess.VGH,
Beschluss vom 29. Mai 2001 - 5 N 92/00 -, HSGZ 2001, 346 [348]).
Der Hinweis der Antragsteller auf das Recht der Hundehalterinnen und
Hundehalter auf informationelle Selbstbestimmung geht fehl. Dieses Recht ist
nicht schrankenlos, sondern steht unter dem Vorbehalt der Einschränkung zu
Gunsten - hier anzuerkennender - überwiegender Allgemeininteressen (vgl.
BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 2001 - 2 BvR 152/01 -, NJW 2002, 2164). Zu
dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung, der der öffentlichen
Gewalt - selbst bei schwerwiegenden Interessen der Allgemeinheit - schlechthin
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Gewalt - selbst bei schwerwiegenden Interessen der Allgemeinheit - schlechthin
entzogen ist (vgl. BVerfG, a.a.O.), gehört die hier in Frage stehende Übermittlung
von persönlichen Daten auf Grund der Haltung eines gefährlichen Hundes
offensichtlich nicht.
VI.
Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit der von den Antragstellern zu 12. bis 15.
darüber hinaus - ohne vertiefende Begründung - beanstandeten Regelungen in §§
8 Abs. 3, 10 Abs. 1 und 2, 13, 14 Abs. 1 HundeVO sowie § 15 Abs. 1 bis 6
HundeVO, soweit Hunde gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 11 HundeVO betroffen
sind, sind nicht ersichtlich.
VII.
Die Kosten des Verfahrens haben die Antragsteller zu je 1/5 zu tragen, da sie im
Verfahren unterlegen sind (§§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO
entsprechend).
VIII.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Entscheidung wirft
keine Rechtsfragen auf, die im Anschluss an das Urteil des Senats vom 29. August
2001 - 11 N 2497/00 - und der Grundsatzrechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts in den zitierten Entscheidungen einer weiteren
grundsätzlichen Klärung bedürfen.
Die Streitwertfestsetzung ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).
BESCHLUSS
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60.000 Euro festgesetzt (§ 13 Abs. 1
Satz 2 GKG in Verbindung mit § 5 ZPO).Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 25
Abs. 3 Satz 2 GKG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.