Urteil des HessVGH vom 26.04.1991

VGH Kassel: werkstatt, anbau, landschaft, halle, abnahme, waldabstand, verordnung, verwaltungsrecht, gerichtsakte, gemeinde

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
3. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 UE 3556/88
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 6 Abs 2 S 1 NatSchG HE,
§ 5 NatSchG HE
(Landschaftsschutz; Werkstattanbau an Flugzeughalle;
Gemeinwohl)
Tatbestand
Der Kläger ist u. a. Eigentümer des im Außenbereich und im Geltungsbereich der
Landschaftsschutzverordnung "Taunus" (LSchVO) vom 20.01.1976 (StAnz. S. 294)
liegenden Grundstücks in H., Gemarkung L., Flur ..., Flurstück .... Zu dem dort
stattfindenden Segelflugbetrieb gehören eine 34,20 m lange und 12,74 m breite
Halle mit einer Sammelgrube sowie eine Baracke, die abgerissen werden soll.
Unter dem 09.05.1984 beantragte der Kläger eine landschaftsschutzrechtliche
Genehmigung für einen südwestlichen Anbau an die bestehende Halle mit 12,30 m
Länge, 12,74 m Breite und etwa 5,80 m Höhe. Der Abstand zum südöstlich über
einen Weg hin gelegenen Wald beträgt etwa 14 m. Der das bestehende
Hallengebäude um etwa 1,50 m überragende Anbau soll im sogenannten
Untergeschoß eine Werkstatt und Remise mit Heizung und zwei Öltanks zu je 2000
1 und im darüberliegenden Erdgeschoß Räume für Unterricht und Hallensport,
Lager, Bibliothek mit Dienstraum sowie eine Spüle mit Warmwasserbereitung
enthalten.
Die frühere Bezirksdirektion für Forsten und Naturschutz in Darmstadt --
Außenstelle ... -- lehnte den genannten Antrag als obere Naturschutzbehörde mit
Verfügung vom 13.01.1987 mit der Begründung ab, der geplante Anbau sei nicht
notwendig. Das Vorhaben schädige den Naturhaushalt und das Landschaftsbild
und beeinträchtige den Erholungswert. Den klägerischen Widerspruch gegen diese
Verfügung lehnte die Bezirksdirektion mit Widerspruchsbescheid vom 01.09.1987
mit einer in der Sache gleichgerichteten Begründung ab. Die geplante
Werkstattgröße sei nicht erforderlich. Schulungen könnten in den Ortschaften
durchgeführt werden. Unterstellmöglichkeiten bei schlechtem Wetter böten die
vorhandenen Baulichkeiten in ausreichendem Maße. Im übrigen sei es nicht
unbedingt erforderlich, im Außenbereich schwierigere Reparaturen wie auch einen
vollständigen Aufbau reparierter Flugzeuge zur Abnahme durch einen Bauprüfer in
der Werkstatt vorzunehmen.
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat der am 02.10.1987 erhobenen
Verpflichtungsklage nach einem Ortstermin der Berichterstatterin, bei dem sie fünf
Dias anfertigte, mit Urteil vom 20.06.1988 stattgegeben. Das Verwaltungsgericht
ist dabei davon ausgegangen, daß der landschaftsschutzrechtliche
Genehmigungsantrag im Zusammenhang mit einer "Bauvoranfrage vom
20.02.1986" gestellt worden sei. In der Sache ist das Verwaltungsgericht von einer
Naturschädigung und einer Beeinträchtigung des Naturgenusses im Sinne des § 3
Abs. 1 LSchVO durch den streitbefangenen Hallenanbau ausgegangen. Das
Vorhaben sei gleichwohl nach § 3 Abs. 6 LSchVO wegen überwiegender Gründe
des Gemeinwohls genehmigungsfähig. Die sinnvolle klägerische Freizeitgestaltung
unterfalle dem Gemeinwohl. Der Kläger habe sich mit der streitbefangenen
Baulichkeit auf den für seine Zwecke notwendigen Umfang beschränkt. Es sei der
geringst mögliche Eingriff gewählt worden. Dies gelte für die Aufenthalts- und
Schulungsräume wie auch für die Größe der Werkstatt zu Reparatur- und
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Schulungsräume wie auch für die Größe der Werkstatt zu Reparatur- und
Abnahmezwecken durch einen Bauprüfer. Der Kläger müsse sich nicht darauf
verweisen lassen, ein Flugzeug zur Abnahme im Freien oder in der bestehenden
Flugzeughalle aufzubauen. Dasselbe gelte auch für Schulungen in Gaststätten
oder anderen Räumlichkeiten in der Ortslage. Der geplante Anbau beeinträchtige
die Landschaft nur unwesentlich, was durch Gestaltungs- und
Bepflanzungsauflagen ausgeglichen werden könne. Diese Auflagen blieben der zu
erteilenden Genehmigung vorbehalten.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 08.08.1988 zugestellte
verwaltungsgerichtliche Urteil am 31.08.1988 Berufung eingelegt. Der Beklagte ist
wie das Verwaltungsgericht der Ansicht, der geplante Anbau greife nachteilig in die
natürliche Pflanzenwelt und andere natürliche Verhältnisse ein und sei deshalb
geeignet, die Natur zu schädigen und den Naturgenuß zu beeinträchtigen. Im
übrigen meint der Beklagte aber, das Verwaltungsgericht habe das Vereinswohl
nicht mit dem Gemeinwohl gleichsetzen dürfen. Der Kläger beschränke sich mit
dem geplanten Anbau nicht auf den unabweisbar notwendigen Umfang. Eine
Grundfläche von etwa 12 x 12 m sei weder aus Unterbringungs-, noch aus
Schulungsgründen noch zur Durchführung von Reparaturen oder zur Abnahme von
Flugzeugen erforderlich.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 20. Juni 1988 -- VIII E
1148/87 -- abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger ist der Auffassung, der Genehmigungsantrag beschränke sich auf den
zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Flugbetriebs notwendigen Umfang.
Der Verein verfolge mit der Förderung des Sports gemeinnützige Zwecke im Sinne
des § 52 AO. Gegenüber 1965 seien der Verein und der Segelflugbetrieb
gewachsen. Eine Werkstattgröße von 15 m x 4 m, die ein Bediensteter des
Luftfahrtbundesamtes dem Beklagten auf telefonische Anfrage genannt haben
solle, sei für den Kläger nicht ausreichend. Bisher würden sämtliche Reparaturen in
der Werkstatt des Klägers in W. ausgeführt, wozu die Flugzeuge in L. zerlegt und
nach Wiesbaden gebracht werden müßten. Die Nutzung des geplanten Anbaus
führe zu einer sinnvollen Ausnutzung von Wartezeiten bei wetterbedingten
Unterbrechungen des Betriebs an den Wochenenden. Die Ausnutzung von
Wartezeiten gelte für Reparaturen wie für Schulungen. In der belegten Halle sei für
Unterricht kein Raum. Das Ausweichen in die Ortslage sei für Schulungen nicht
möglich bzw. nicht zumutbar. Zu berücksichtigen sei überdies, daß anderen
Vereinen ebenfalls Vereinsheime zugestanden würden. Zur unauffälligen
Einbettung des Gebäudes in die Landschaft sei verschiedener Grünbewuchs
vorgesehen.
Dem Senat liegen zwei Hefter einschlägige Behördenakten des Beklagten und fünf
Dias sowie die die Beseitigung von acht Wohnwagen auf dem Segelfluggelände
betreffende Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Wiesbaden VIII E 113/86 vor.
Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung
gewesen. Auf ihren Inhalt wird ebenso wie auf die gewechselten Schriftsätze der
Beteiligten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte
der Verpflichtungsklage auf Erteilung einer landschaftsschutzrechtlichen
Genehmigung nach § 3 Abs. 1, 2, 3 Nr. 4 i.V.m. § 5 Abs. 3 Nr. 5 LSchVO nicht
stattgeben dürfen.
Das unter dem 09.05.1984 gestellte klägerische Genehmigungsbegehren stellt
einen Antrag auf Erteilung einer landschaftsschutzrechtlichen Genehmigung nach
§ 3 LSchVO dar, der in etwa im zeitlichen Zusammenhang mit einer zuvor unter
dem 15.03.1984 bei der Bauaufsichtsbehörde des ... reises gestellten und noch
unbeschiedenen Bauvoranfrage eingereicht worden ist. Zur Klarstellung sei darauf
hingewiesen, daß ein späteres klägerisches Schreiben vom 20.02.1986 keine
erneute Bauvoranfrage darstellt, wie der Kläger mit Schreiben vom 11.05.1986
klargestellt hat.
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Die behördliche Versagung der landschaftsschutzrechtlichen Genehmigung ist
nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO). In natur- und landschaftsschutzrechtlicher Hinsicht fehlt es schon
an einem ordnungsgemäßen Eingriffs- und Ausgleichsplan gem. § 1 der
Verordnung über Eingriffe in Natur und Landschaft und die Pflicht zur Pflege von
Grundstücken vom 04.08.1982 (GVBl. I S. 213). Selbst wenn der Kläger nunmehr
im Prozeß erklärt hat, er wolle verschiedene Grünmaßnahmen am Bauwerk und in
seiner Nähe vornehmen, ändert dies nichts daran, daß Angaben über die Qualität
der inanspruchgenommenen Grundstücksflächen fehlen, ebenso ein
Bepflanzungsplan und Angaben über den zeitlichen Ablauf möglicher
Ausgleichsmaßnahmen. Dabei ist zu beachten, daß bei einer Verpflichtungsklage
auf Erteilung einer Genehmigung für einen Natureingriff auch im
landschaftsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren der gem. § 6 Abs. 2 Satz 1
HENatG materiell-rechtlich erforderliche ausreichende Ausgleich spätestens im
Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung dargestellt und belegt sein muß
(vgl. Hess. VGH, Urteile vom 28.09.1989 -- 3 UE 259/87 -- und -- 3 UE 356/85 --
RdL 1990, 15 und 16). Wegen der Vorgreiflichkeit der landschaftsschutzrechtlichen
Genehmigung obliegt die Beachtung der Eingriffs- und Ausgleichsregelung der §§ 5
ff. HENatG und der zugehörigen Verordnung vom 04.08.1982 nicht der
Bauaufsichtsbehörde (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 09.03.1989 -- 3 UE 801/86 --
NVwZ-RR 1989, 468 = RdL 1989, 175), auch nicht nach § 7 Abs. 3 HENatG, der in
diesen Fällen ebensowenig wie § 7 Abs. 1 Satz 1 HENatG eine
Konzentrationswirkung zugunsten der Bauaufsicht entfaltet (vgl. Hess. VGH, Urteil
vom 21.09.1981 -- IV OE 32/79 -- Hess.VGRspr. 1982, 59).
Unabhängig davon stehen dem streitbefangenen Hallenanbau materiell-rechtliche
Vorschriften entgegen. Nach § 3 Abs. 1 LSchVO ist es verboten, im
Landschaftsschutzgebiet Veränderungen vorzunehmen, die geeignet sind, die
Natur zu schädigen, zu verunstalten oder den Naturgenuß zu beeinträchtigen. Der
Hallenanbau würde hier jedenfalls zu einer unzulässigen Naturschädigung führen.
Die Natur, nicht nur in einem Landschaftsschutzgebiet, wird dann geschädigt,
wenn in die natürliche Pflanzenwelt oder andere natürliche Verhältnisse nachteilig
eingegriffen wird (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 08.05.1985 -- NuR 1986, 298). Dies
ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine Teilfläche dem früheren
naturnahen Zweck entzogen und individuellen Freizeitzwecken zugeführt wird (vgl.
Hess. VGH, Beschluß vom 12.04.1979 -- IV TH 23/79 -- HessVGRspr. 1979, 90 und
Beschluß vom 18.01.1988 -- IV TH 2124/84 --). Für die Naturschädigung ist es nicht
erforderlich, daß die Veränderung dabei im Landschaftsbild negativ in Erscheinung
tritt (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 23.03.1977 -- IV OE 36/75 -- HessVGRspr. 1977,
51 = RdL 1977, 245). Trotz der Vorbelastung von Natur und Landschaft durch das
bereits vorhandene Hallengebäude stellt der verhältnismäßig große zweistöckige
Anbau mit einer überbauten Grundfläche von gut 150 qm hier noch eine ins
Gewicht fallende Naturschädigung dar, die auch nicht dadurch entfällt, daß mit
Errichtung des Anbaus eine alte baufällige Baubaracke (vgl. einen früheren
Widerspruchsbescheid vom 23.01.1986 -- Bl. 4 der Gerichtsakte VIII E 113/86)
beseitigt werden soll.
Hinsichtlich des landschaftsschutzrechtlichen Verstoßes kommt dem klägerischen
Begehren auf Errichtung des geplanten Hallenanbaus nicht die Regelung des § 3
Abs. 6 2. Alt. LSchVO zugute, wonach verbunden mit bestimmten zusätzlichen
Anforderungen überwiegende Gründe des Gemeinwohls nach einer Abwägung eine
Zulassung in der Weise erfordern können, daß eine Genehmigung zu erteilen ist.
Der Senat hatte in seiner bisherigen Rechtsprechung noch keinen hinreichenden
Anlaß, vertiefend darauf einzugehen, ob und gegebenenfalls inwieweit
privatnützige Baulichkeiten im Landschaftsschutzgebiet über die
Gemeinwohlklausel des § 3 Abs. 6 LSchVO errichtbar sind. Selbst wenn man davon
ausgeht, daß bei Natureingriffen auch bestimmte in der Rechtsordnung an anderer
Stelle privilegierte Privatinteressen, die gewissermaßen zu öffentlichen Belangen
erstarkt sein können, in Gemeinwohlabwägungen einzustellen sind (vgl. Schmidt-
Aßmann NuR 1979, 3 f.; Rehbinder in Meyer-Stolleis, Staats- und
Verwaltungsrecht, 2. Aufl. 1986, S. 368 Fn. 25), könnte der Kläger hier mit seinem
Verpflichtungsbegehren keinen Erfolg haben. Die im wesentlichen lediglich eine
gewisse finanzielle Förderung darstellende bzw. ermöglichende Anerkennung der
Gemeinnützigkeit nach steuerrechtlichen Maßstäben führt nicht ohne weiteres
dazu, daß damit schon überwiegende Gemeinwohlbelange in
landschaftsschutzrechtlicher Hinsicht zu bejahen sind.
Der zweistöckige Hallenanbau mit einer überbauten Grundfläche von gut 150 qm
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Der zweistöckige Hallenanbau mit einer überbauten Grundfläche von gut 150 qm
ist im Verhältnis zur Vereinstätigkeit des Klägers und für den Segelflugbetrieb
unter Beachtung der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs im
Landschaftsschutzgebiet jedenfalls nicht unabweisbar notwendig. Es ist nichts
hinreichend dafür vorgetragen oder sonst erkennbar, daß der Kläger mit dem
Hallenanbau Gemeinwohlbelangen nachkommt. So ist es unter Beachtung der
Schutzgüter des Natur- und Landschaftsschutzrechts nicht einzusehen, warum
eine Werkstatt für die Reparatur von Segelflugzeugen von W. nach L. in ein
Landschaftsschutzgebiet verlegt werden soll. Dasselbe gilt für mehrere der
verschiedenen Nutzungszwecke, die der Kläger im Laufe des Verwaltungs- und
Gerichtsverfahrens genannt hat, wie die Durchführung von
Mitgliederversammlungen, Schulungen, Flugzeugabnahmen, Hallensport,
Übernachtungen oder das Unterbringen der sich in 30 Jahren angesammelten
Akten. Wer schon in landschaftlich besonders schützenswerten Bereichen
zusammen mit anderen einer individuellen Freizeitbetätigung mit Fahrzeugen und
Fluggeräten nachgehen darf und dazu bereits einen nicht unbedeutenden
Baukomplex errichten konnte, hat bei einer Zunahme der Vereinsmitglieder und
der Vereinstätigkeit angesichts des allseits ohnehin steigenden
Landschaftsverbrauchs keine sich verdichtenden Zugriffsrechte auf besonders
geschützte zusätzliche Naturflächen, sondern muß die eine oder andere
Unbequemlichkeit in Kauf nehmen, den Organisationsablauf darauf abstellen und
dies den Vereinsmitgliedern nahebringen. Der Senat geht dabei davon aus, daß
sich mindestens in dörflich geprägten Gebieten angesichts des allgemeinen
Rückgangs landwirtschaftlicher Betriebe anderweitige Unterstellmöglichkeiten in
nicht landschaftsschutzsensiblen Bereichen finden und entsprechende Miet- oder
Pachtmöglichkeiten eröffnen dürften, etwa in der bebauten Ortslage (vgl. Hess.
VGH, Urteil vom 28.09.1989 -- 3 UE 346/85 -- RdL 1990, 15).
Zusätzlich sei darauf hingewiesen, daß der Hallenanbau von der die Landschaft
belastenden Nutzungsintensität her nicht einfach eine bloße Erweiterung des
vorhandenen Hallengebäudes darstellt. Es handelt sich auch um eine qualitativ
gewichtige Vergrößerung und Intensivierung der Nutzung. Das streitbefangene
Vorhaben geht offenbar dahin, auf einen Ganzjahresbetrieb mit beheizten
Werkstatt- und Aufenthaltsräumen überzugehen, wenn nicht gar zu
Übernachtungen. Wenn die eingereichten Bauzeichnungen Übernachtungszwecke
auch nicht ausdrücklich ausweisen, wird in der Bauvoranfrage vom 15.03.1984 ihre
vermeintliche Notwendigkeit gleichwohl eingehend dargelegt. Zu beachten ist
auch, daß der mit der Gemeinde H. abgeschlossene Erschließungsvertrag vom
14.05.1980 in § 2 von der Ingebrauchnahme eines Wohnhauses spricht.
Festzuhalten bleibt dabei, daß auch ohne eine Übernachtungs- oder gar
Wohnnutzung der durch den geplanten Anbau ermöglichte Ganzjahresbetrieb mit
beheizten Werkstatt- und Aufenthaltsräumen zusätzlichen Fahrverkehr im
Landschaftsschutzgebiet anziehen und zusätzliche Naturstörungen im Umfeld des
Gebäudes eintreten ließe, abgesehen von den vermehrten
Entsorgungsproblemen.
Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, daß ein Ganzjahresbetrieb in beheizten
Werkstatt- und Aufenthaltsräumen auch das Problem des fehlenden Waldabstands
(§ 8 Abs. 16 HBO 1990) in einem anderen und dem Kläger ungünstigeren Licht
erscheinen und einen Genehmigungsanspruch entfallen läßt. Darauf hatte bereits
das Hessische Forstamt B in seiner Stellungnahme von 14.08.1984 hingewiesen.
Nach Nr. I 2 des Gemeinsamen Erlasses des Hessischen Ministers des Innern und
des Hessischen Ministers für Landesentwicklung, Umwelt, Landwirtschaft und
Forsten betreffend bauliche Anlagen in der Nähe des Waldes vom 19.07.1983
(StAnz. S. 1762) ist für den erforderlichen Waldabstand die Wuchshöhe der
aufstehenden Bäume im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung
maßgebend. Dabei werde ein Abstand über 35 m (Baumhöhe eines Altholzes)
hinaus in der Regel nicht erforderlich sein. Dieser grundsätzlich erforderliche
Sicherheitsabstand wird hier mit etwa 14 m Waldabstand erheblich unterschritten,
wobei die vorgesehenen Werkstatt- und Aufenthaltsräume das Sicherheitsproblem
erheblich verschärfen. Insbesondere bei schlechtem Wetter, wo nach den Angaben
des Klägers in den streitbefangenen Räumlichkeiten Schulungen durchgeführt
werden sollen, ist eine besondere Gefährdung einer Vielzahl von Personen durch
umstürzende Bäume zu befürchten. Dabei ist der vom Kläger mit der Gemeinde
H. am 08.06.1973 geschlossene sogenannte Haftausschließungsvertrag nicht
geeignet, die öffentlich-rechtlichen Anforderungen an den gemäß § 8 Abs. 16 HBO
1990 erforderlichen Waldabstand entfallen zu lassen. Im Rahmen der
Gemeinwohlbetrachtungen nach § 3 Abs. 6 LSchVO kann diese an sich im
Bauordnungsrecht angesiedelte Vorschrift auch zur Fallentscheidung mit
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Bauordnungsrecht angesiedelte Vorschrift auch zur Fallentscheidung mit
herangezogen und dem klägerischen Vorhaben entgegengehalten werden.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß der Kläger nach alledem auch keinen
Anspruch auf eine Befreiung nach den §§ 4 Satz 3, 31 Abs. 1 BNatschG hat.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.