Urteil des HessVGH vom 12.05.1987

VGH Kassel: veranlagung, grundstück, teilung, quelle, immaterialgüterrecht, zivilprozessrecht, bebauungsplan, garage, ermittlungsverfahren, dokumentation

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
5. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 TH 1563/86
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 131 BBauG, § 133 BBauG
Leitsatz
Es bleibt offen, ob eine ausschließlich im Hinblick auf eine künftig zu erwartende
Veranlagung zu einem Erschließungsbeitrag vorgenommene Grundstücksteilung wegen
Rechtsmißbrauch unbeachtet bleiben muß, so daß der Verteilung des Aufwandes und
der Veranlagung die Grundstücksfläche zugrunde zu legen ist, die als das erschlossene
Grundstück anzusehen wäre, wenn die Teilung nicht stattgefunden hätte.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den
Bescheid vom 30. Juni 1983 abgelehnt, mit dem die Antragsgegnerin den
Antragsteller zu einem Erschließungsbeitrag für die Straße "Im Vogelsang"
bezüglich seines Grundstücks Flur 15 Flurstück 5C/11 herangezogen hat. Auch der
Senat hat keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen
Bescheides (§ 80 Abs. 4, 5 VwGO).
Der Senat kann im wesentlichen auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses
des Verwaltungsgerichts Bezug nehmen (Art. 2 § 7 EntlG vom 31. März 1978 -
BGBl. I S. 446 i. d. F. des Art. 1 Nr. 1 Beschleunigungsgesetz vom 04. Juli 1985 -
BGBl. I S. 1274).
Gewisse Zweifel ergeben sich nur hinsichtlich der Frage, ob die Verteilung des
Aufwandes unter Aussparung der Flurstücke 29/9, 31/13, 31/11, 31/9 und 31/7
rechtmäßig ist. Zwar sind die diesen Parzellen vorgelagerten, an die Straße "Im
Vogelsang" angrenzenden Parzellen trotz der im Bebauungsplan Nr. 8
vorgesehenen Baugrenzen selbständig bebaubar. Auf dem kleinsten dieser
Grundstücke, der Parzelle 31/8, läßt sich zumindest eine Garage errichten. Es ist
aber fraglich, ob eine ausschließlich im Hinblick auf die zu erwartende Veranlagung
zu Erschließungsbeiträgen vorgenommene Grundstücksteilung als beachtlich
angesehen werden oder ob sie unberücksichtigt bleiben muß. Letzteres wäre unter
dem Aspekt in Erwägung zu ziehen, daß die Ausübung rechtlicher
Handlungsmöglichkeiten - hier der Grundstücksteilung - nicht mißbräuchlich
geschehen darf, und daß der Mißbrauch vor dem Recht keine Anerkennung finden
darf. Indessen muß die Frage, ob die hier in Rede stehenden Grundstücksteilungen
tatsächlich in dem angegebenen Sinne rechtsmißbräuchlich waren und welche
Konsequenz ggfs. daraus zu ziehen wäre, nicht geklärt werden, weil dies im
vorliegenden Fall keinesfalls die Anordnung vorläufigen Rechtsschutzes zur Folge
haben könnte.
Denn selbst wenn die vorgenommenen Grundstücksteilungen unbeachtlich sein
sollten, könnte dies nicht dazu führen, die ursprünglich ein Grundstück bildenden
vorderen und hinteren Parzellen als Einheit der Verteilung zugrunde zu legen.
Diese Einheiten liegen nämlich zwischen zwei Erschließungsanlagen und sind nach
den Festsetzungen des Bebauungsplanes an jeder dieser Straßen unter
Einhaltung der Baugrenzen selbständig und etwa gleichgewichtig bebaubar, so daß
sich der Eindruck aufdrängt, es handele sich planerisch um zwei voneinander
unabhängige Grundstücke. In einem solchen Fall erstreckt sich die
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unabhängige Grundstücke. In einem solchen Fall erstreckt sich die
Erschließungswirkung der Erschließungsanlage nur auf eine Teilfläche des
Grundstücks (BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1985 - 8 C 30.84 -, BVerwGE 71, 363 =
DVBl. 85, 1180 = HSGZ 86, 33 = KStZ 86, 51 = NVwZ 86, 305 = DÖV 86, 379; für
unbeplante Grundstücke siehe auch Beschluß des Senats vom 14. Februar 1986 -
5 TH 2439/84 -, KStZ 86, 116 = HSGZ 86, 173 = NVwZ 86, 587).
Die Ausstrahlung der Erschließungswirkung der Straße "Im Vogelsang" reicht nach
der bei summarischer Prüfung gewonnenen Ansicht des Senats bis zur Hälfte der
Gesamtfläche aus der jeweiligen vorderen und hinteren Parzelle. Nur die
Flächendifferenz zwischen der grundbuchmäßigen Grundstücksfläche und der
Hälfte dieser Gesamtfläche könnte noch in die Verteilungsfläche einbezogen
werden. Dies würde allenfalls zu einer geringfügigen Verringerung des
Beitragssatzes führen. Die etwaige Mehrbelastung wird aber dadurch kompensiert,
daß die Antragsgegnerin das Flurstück 37/12 mit 2.506 qm und das Flurstück 30/1
mit 2.498 qm voll in die Verteilungsfläche einbezogen hat, obwohl dies nach den
vorstehenden Grundsätzen nur teilweise hätte erfolgen dürfen.
Bei summarischer Prüfung erscheint auch die Abrechnungsweise rechtsfehlerfrei.
Soweit der Antragsteller diesbezüglich auf staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren
gegen Verantwortliche der Antragsgegnerin hinweist, geben die
Einstellungsverfügungen der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Kassel vom
25. November 1986 und vom 27. Januar 1987 keinerlei Anlaß zu Zweifeln.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über
den Streitwert beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 2, 14 (analog) GKG; dabei ging der
Senat wegen der geringeren Bedeutung des Eilverfahrens von einem Drittel des
streitigen Erschließungsbeitrages aus.
Dieser Beschluß ist nicht anfechtbar.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.