Urteil des HessVGH vom 10.11.1987

VGH Kassel: parkhaus, grundstück, park and ride, geschlossene bauweise, firma, bahnhof, besonnung, belichtung, bauarbeiten, auflage

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
3. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 TG 3059/87
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 34 BBauG, § 6 BauNVO, §
8 Abs 2 BauO HE 1976, §
63 Abs 3 BauO HE 1976
Leitsatz
Erfolgloses Baustoppbegehren eines Reihenhauseigentümers gegen ein mit einem
Bauwerksabstand von 37 m von seinem Haus geplantes Parkhaus
Gründe
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung
des Antragsgegners zur Stillegung von Bauarbeiten an einem Parkhaus. Er ist
Miteigentümer des mit drei Reihenhäusern bebauten Grundstücks Gemarkung B.
C., Flur 19, Flurstück 39/1 (A-straße 4) und hat das Sondereigentum an dem am
südlichsten gelegenen Reihenhaus. Die Beigeladene ist Eigentümerin des 4.646
qm großen Grundstücks Gemarkung B. C., Flur, 19, Flurstück 16 (B-straße 54), auf
dem ein Parkhaus errichtet werden soll. Das Grundstück des Antragstellers liegt im
Geltungsbereich des 1971 wirksam gewordenen Bebauungsplans "S-graben" und
ist als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. Die Grenze des Bebauungsplans
verläuft westlich der A-straße. Im Anschluß daran folgen unbebaute Grundstücke.
Etwa 20 m südlich des Grundstücks des Antragstellers biegt die A-straße nach
Osten ab und bildet auch hier die Grenze des allgemeinen Wohngebiet es. Die sich
südlich davon anschließenden Grundstücke - der Block zwischen A-straße, N-
straße und B-straße - ist als Mischgebiet ausgewiesen. Dort befinden sich die
Grundstücke der Firma M., die als Möbel- und Teppichmarkt genutzt werden. Die
Grenze des Bebauungsplans wurde im Westen deshalb festgelegt, weil das
westlich angrenzende Gelände bis zur weiter westlich verlaufenden B-straße
ursprünglich für eine Umgehungsstraße (B 8) vorgesehen war. Das Grundstück der
Beigeladenen erstreckt sich südwestlich des Grundstücks des Antragstellers auf
der anderen Seite der A-straße. Es ist in östlicher Richtung stark hängig und
gehört auch zu den Grundstücken, die ursprünglich für den Bau der
Umgehungsstraße vorgesehen waren. Seine nordöstliche Spitze ist von dem
Grundstück des Antragstellers etwa 6 m entfernt. Im Westen grenzt es an die B-
straße; daran schließt sich weiter in westlicher Richtung das Bahnhofsgebäude
sowie die Bundesbahnstrecke Limburg-Frankfurt an. Das Bahnhofsgelände und
das sich in westlicher Richtung anschließende Gebiet liegen im Geltungsbereich
des aus dem Jahre 1974 stammenden Bebauungsplans "G-gebiet" und sind als
Gewerbegebiet ausgewiesen.
Mit Vorbescheid vom 14. April 1986 stellte der Antragsgegner der Beigeladenen
die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Parkhauses auf dem
vorgenannten Grundstück in Aussicht.
Am 24. März 1987 erstattete die Firma W. G. Beratungsgesellschaft mbH in L./R.
im Auftrage der Firma D. und W., der Entwurfsverfasserin für das Parkhaus, ein
schalltechnisches Gutachten über das Parkhaus. Aufgabe des Gutachtens war die
Berechnung der von dem Parkhaus ausgehenden Schallimmissionen und eine
Prognose der zu erwartenden Schallimmissionen für das angrenzende
Wohngebjet. Die Gutachter kamen zu dem Ergebnis, daß der Beurteilungspegel für
die Nachtzeit ca. 39 dB (A) betrage, so daß der Immissionsrichtwert von 40 dB (A)
in 55 m Abstand für einen achtstündigen Nachtzeitraum beim Betrieb des
Parkhauses eingehalten werde. Der Tagesimmissionsrichtwert werde auf jeden Fall
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Parkhauses eingehalten werde. Der Tagesimmissionsrichtwert werde auf jeden Fall
eingehalten.
Mit Teilbaugenehmigung vom 23. April 1987 erteilte der Antragsgegner sich selbst
als Bauherrn die Genehmigung zur Ausführung von Rohbauarbeiten für ein
Parkhaus auf dem vorgenannten Grundstück. Das geplante Parkhaus ist als "Park-
and Ride-Anlage" für den Bahnhof B. C. konzipiert und enthält insgesamt 212
Stellplätze, die sich in vier versetzten Halbetagen auf 8 Parkdecks verteilen. Das
Parkhaus hat die Außenmaße von 43 m x 33,50 m. Zufahrt und Ausfahrt zum
Parkhaus erfolgen von der dem Grundstück des Antragstellers abgewandten B-
straße. Während das in einer Höhe von 205,83 über NN liegende Haus des
Antragstellers eine Firsthöhe von ca. 10 m erreicht, hat die seinem Grundstück
zugewandte Nordseite des Parkhauses - ebenfalls von der A-straße aus gemessen
- eine Höhe von 11,30 m. Das geplante Parkhaus und das Wohnhaus des
Antragstellers haben einen geringsten Bauwerksabstand von etwa 37 m.
Die Teilbaugenehmigung ist mit zahlreichen "Auflagen, Bedingungen und
Hinweisen" versehen, die unter Nr. 24 bestimmen, daß ein Immissionsrichtwert
von 40 dB (A) in 55 m Abstand nachts und 55 dB (A) am Tage nach DIN 18.005
nicht überschritten werden dürfe. Nr. 26 bestimmt, daß über die Schließung der
Außenfassade an der Nord-Ost-Seite in der endgültigen Baugenehmigung
entschieden werde.
Gegen die Teilbaugenehmigung, mit deren Ausnutzung bereits begonnen worden
ist, erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 8. Mai 1987 Widerspruch, über den
bisher noch nicht entschieden worden ist.
Am 27. Mai 1987 hat der Antragsteller bei dem Vorwaltungsgericht Wiesbaden im
Wege der einstweiligen Anordnung den Erlaß eines Baustopps begehrt. Er hat
vorgetragen, ein Anordnungsgrund sei gegeben, da mit dem Bau des Parkhauses
bereits begonnen worden sei und mit der Fertigstellung des Bauwerks nicht mehr
rückgängig zu machende vollendete Tatsachen geschaffen würden. Er habe auch
einen Anordnungsanspruch, da die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig
sei und gegen nachbarschützende Vorschriften verstoße. Darüber hinaus werde er
durch die Ausnutzung der Baugenehmigung schwer und unerträglich in seinem
Eigentumsrecht getroffen. Das nach § 34 BBauG bauplanungsrechtlich zu
beurteilende Vorhaben verstoße gegen diese Vorschrift. Das Parkhausgrundstück
werde durch die reine Wohnbebauung im Bereich der A-straße geprägt. In einem
solchen Gebiet dränge sich das Parkhaus wie ein Fremdkörper hinein. Dabei
müsse berücksichtigt werden, daß das Parkhaus 8 Parketagen habe und die Höhe
seines Grundstücks um 17 m übertreffe. Das Parkhaus lasse die gebotene
Rücksichtnahme auf die umliegende Wohnbebauung vermissen. Er werde dadurch
auch schwer und unerträglich in seinem Eigentum getroffen, weil eine Besonnung
seines Grundstücks nicht mehr erfolgen könne, soweit die Sonne einen Winkel von
38 Grad nicht überschreite. Schließlich werde die Frischluftzufuhr zu dem
Grundstück erheblich beeinträchtigt, weil der Parkhauskomplex insoweit wie eine
künstliche Barriere wirke. Daß sich die Errichtung dieses Vorhabens erheblich auf
die Grundstückssituation auswirke, ergebe sich daraus, daß eine Vermietung
seines Reihenhauses nicht mehr zu dem bisherigen Mietzins von 800,-- DM pro
Monat, sondern nur- noch zu etwa 400,-- DM monatlich möglich sei. Bei der
Beurteilung des Parkhauses müsse schließlich auch berücksichtigt werden, daß
neben dem Parkhaus noch ein ebenerdiger Parkplatz mit 112 Stellplätzen, eine
Buswendeschleife und eine Fußgängerunterführung vorgesehen seien. Das von
dem Antragsgegner eingeholte Lärmgutachten berücksichtige nicht, daß das
Parkhaus oben offen sei, die An- und Abfahrt nicht erfaßt werde und ein
ebenerdiger Parkplatz mit 112 Parkplätzen vorhanden sei. Schließlich seien der
Busverkehr in der Buswendeschleife sowie die "schwarz parkenden" Fahrzeuge
außer acht gelassen worden. Darüber hinaus sei in dem Gutachten zu Unrecht
eine kürzeste Entfernung für die Geräuschbelästigung von 55 m anstatt von 27 m
zugrundegelegt worden. Auch werde die Spitzenbelastung von 91 dß (A)
gebührend berücksichtigt.
Der Antragsteller hat beantragt,
dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, die
Bauarbeiten zur Errichtung eines Parkhauses auf dem Grundstück B-straße 54,
Flur 19, Flurstück 16, in B. C. bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den
Widerspruch des Antragstellers gegen die dem Kreisausschuß des Landkreises
Limburg-Weilburg erteilte Baugenehmigung stillzulegen.
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Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hat die angefochtene Teilbaugenehmigung verteidigt und ausgeführt, der
Gebjetscharakter des Parkhausgrundstücks werde durch das geplante
Gewerbegebiet westlich des Bahnhofsgeländes sowie das östlich des
Parkhausgrundstücks gelegene Mischgebiet geprägt. In einem derartigen Gebiet
sei ein Parkhaus auch unter Beachtung des Gebots der Rücksichtnahme
hinsichtlich des klägerischen Wohngrundstücks zulässig. Von dem Parkhaus habe
der Antragsteller keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu erwarten, wie das
eingeholte schallschutztechnische Gutachten ergeben habe. Das Grundstück des
Antragstellers werde lärmmäßig wesentlich stärker von dem südlich davon
gelegenen Teppichbodenmarkt beeinträchtigt. Das schallschutztechnische
Gutachten habe zu Recht einen Abstand von 55 m zu dem Wohnhaus des
Antragstellers zugrundegelegt, da im Bereich der Zu- und Ausfahrt mit den
höchsten Belästigungen zu rechnen sei. Da das Gutachten von einer offenen
Bauweise ausgehe, tatsächlich jedoch eine geschlossene Bauweise vorgesehen
sei, führe dies noch zu einer Verbesserung der Lärmwerte. Entgegen der
Auffassung des Antragstellers dürften andere Vorhaben nicht mit in das
vorliegende Verfahren einbezogen werden. Darüber hinaus seien von diesem
Vorhaben keine zusätzlichen Beeinträchtigungen zu erwarten, weil das Parkhaus
insoweit eine Abgrenzungsfunktion einnehme. Die Lärmsituation werde sich nach
Errichtung des Parkhauses nicht verschlechtern, sondern verbessern.
Die Beigeladene hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat die Auffassung des Antragsgegners unterstützt, daß das
Parkhausgrundstück durch ein Gewerbegebiet und ein Mischgebiet geprägt werde.
Das Parkhaus werde keinen Fremdkörper darstellen, weil es nur in einem
Teilbereich über die B-straße hinausrage und erheblich niedriger als der Bahnhof
selbst sei. Der Antragsteller müsse sich entgegenhalten lassen, daß bei dem
Erwerb seines Grundstücks im Bereich des seit etwa 100 Jahren bestehenden
Bahnhofs bereits ein erheblicher Pendlerverkehr bestanden habe.
Mit Beschluß vom 9. September 1987 hat das Verwaltungsgericht den Antrag
abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Teilgenehmigung für das
Parkhaus verstoße nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften. Das Vorhaben
füge sich gemäß § 34 BauGB nach Art und Maß der baulichen Nutzung in die
Eigenart der näheren Umgebung ein. Das Parkhausgrundstück werde geprägt
durch den Bahnhof mit seinen Gleisanlagen sowie den Teppichmarkt im Osten,
während die nordöstliche Wohnbebauung keine prägende Wirkung mehr zeige. Es
müsse daher als Mischgebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung angesehen
werden, in dem Parkhäuser zulässig seien. Von dem Parkhaus gingen auch keine
unzumutbaren Beeinträchtigungen auf das Grundstück des Antragstellers aus.
Das im Verwaltungsverfahren eingeholte Lärmgutachten ergebe, daß die
geltenden Richtwerte eingehalten würden. Die Angriffe des Antragstellers gegen
dieses Gutachten hinsichtlich der gewählten Entfernung und der Bedeutung des
Spitzenwertes griffen nicht durch. Eine Verletzung des Antragstellers in seinem
Recht auf ausreichende Belichtung u nd Besonnung sei ebenfalls nicht gegeben.
Gegen diesen Beschluß hat der Antragsteller am 29. September 1987 Beschwerde
eingelegt, die am 19. Oktober 1987 dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof
vorgelegt und von dem Antragsteller mit am 2. November 1987 eingegangenem
Schriftsatz begründet worden ist. Der Antragsteller ist der Auffassung, das
Verwaltungsgericht habe den für § 34 BBauG maßgebenden Gebietscharakter
unzutreffend bestimmt. Der Bahnhof und die Gleisanlage müßten außer Betracht
bleiben, während die Wohnhäuser in der A- und N-straße miteinbezogen werden
müßten, wodurch der Wohngebietscharakter auch unter Berücksichtigung des
Teppichmarktes noch überwiege. Beim Übergang von Wohngebiet zu Gewerbe-
und Mischgebiet müsse auf den unmittelbar benachbarten Charakter des
Wohngebietes erhöht Rücksicht genommen werden. Bisher sei das Wohnen in der
A-straße trotz der Auswirkungen des Bahnhofsbereichs durchaus erträglich
gewesen, weil der Bahnhof sehr erhöht und nahezu völlig verdeckt durch eine
Böschung liege. Die Belästigungen durch den Teppichmarkt seien minimal, weil er
in erster Linie von der B-straße aus angefahren werde. Diese Beeinträchtigungen
seien erheblich geringer als die jetzt durch das Parkhaus zu erwartenden. Der von
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seien erheblich geringer als die jetzt durch das Parkhaus zu erwartenden. Der von
den Gutachtern ermittelte Wert von maximal 39,2 de (A) rufe ein gewisses
Unbehagen hervor, weil er nur knapp unter dem zulässigen Wert liege. Es sei
zweifelhaft, ob die Gutachter alle für die Wertberechnung erheblichen Umstände
wie beispielsweise Türenschlagen und Kaltstarten berücksichtigt hätten. Im übrigen
wiederholt und vertieft der Antragsteller sein Vorbringen über die Beeinträchtigung
seines Grundstücks in der Frischluftzufuhr, durch Abgase und in der Belichtung.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er nimmt Bezug auf seinen bisherigen Vortrag und den angefochtenen Beschluß.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt ihrer
gegenseitigen Schriftsätze Bezug genommen.
Die das Parkhaus betreffenden Bauakten des Antragsgegners sowie die von der
Beigeladenen vorgelegten Pläne waren Gegenstand der Beratung.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, denn das
Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen
Anordnung zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller hat zwar einen Anordnungsgrund
dargetan, denn der Antragsgegner, der auch gleichzeitig Bauherr ist, hat bereits
mit den Bauarbeiten begonnen, so daß die Gefahr besteht, daß vollendete
Tatsachen geschaffen und damit die Durchsetzung von Rechten des Antragstellers
vereitelt oder zumindest erschwert werden kann. Er hat jedoch keinen
Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2
ZPO). Die angefochtene Teilbaugenehmigung verstößt weder gegen
nachbarschützende noch gegen nichtnachbarschützende Vorschriften des
öffentlichen Baurechts. Das Parkhaus, das als Bauvorhaben eines Landkreises von
der verfahrensrechtlichen Sonderregelung des § 107 HBO nicht erfaßt wird,
sondern dem allgemeinen baurechtlichen Genehmigungsverfahren unterworfen
ist, beurteilt sich gemäß § 236 BauGB bauplanungsrechtlich nach den Vorschriften
des BauGB. Bei der Teilbaugenehmigung handelt es sich um eine Entscheidung
vor dem 1. Juli 1987 über die Zulässigkeit eines Vorhabens, die wegen des
Widerspruchs des Antragstellers noch nicht unanfechtbar geworden ist.
Da das zur Bebauung vorgesehene Grundstück weder im Geltungsbereich eines
Bebauungsplans noch im Außenbereich, sondern innerhalb eines im
Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt, findet § 34 BauG8 Anwendung. Das
Parkhaus des Antragsgegners ist nach dieser Bestimmung zulässig, denn es fügt
sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der zu
überbauenden Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die
Eigenart der näheren Umgebung wird hauptsächlich durch die vorhandene
Bebauung geprägt, jedoch dürfen - entgegen der Auffassung des Antragstellers -
andere städtebaulich relevante Umstände, die für die Beurteilung der
städtebaulichen Situation von Bedeutung sind, nicht außer acht gelassen werden.
Der für die Beurteilung des Parkhauses maßgebliche räumliche Umkreis, innerhalb
dessen die tatsächlich vorhandene städtebauliche Situation zu bewerten ist, wird
hier gebildet durch die N-straße im Osten, die D-straße im Westen, die L-straße im
Norden und die B-straße im Süden, weil sich die mit der Benutzung des
Parkhauses verbundenen Beeinträchtigungen insoweit noch auswirken können.
Der in diesem Zusammenhang erhobenen Forderung des Antragstellers, bei der
Bestimmung des Gebjetscharakters einen wesentlich weiteren Umkreis
miteinzubeziehen, kann nicht gefolgt werden. Der Antragsteller hat weder
Tatsachen vorgetragen noch sind Anhaltspunkte aus den Akten ersichtlich, daß
sich der Betrieb des Parkhauses in einer über die vorgenannte Abgrenzung
hinausgehenden Entfernung noch auswirken kann. Im vorstehend umgrenzten
Gebiet wird die Bebauung geprägt durch die Wohnbebauung im Nordosten, den
großen, gewerblich genutzten Baukomplex der Firma M. (Teppichboden) im Osten
sowie das Bahnhofsgelände nebst den entlang der D-straße vorhandenen
Gewerbebetrieben im Westen. Dabei kommt dem Bahnhofsgelände und den
Betriebsgebäuden der Firma M. größere Bedeutung als den im Nordosten
gelegenen Wohnbauten zu, weil sie näher als die Wohnbebauung an das Parkhaus
heranreichen. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht dieses Gebiet als
Mischgebiet im Sinne des § 6 BauNVO angesehen. Mischgebiete dienen dem
Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht
wesentlich stören. In einem derartigen Gebiet sind Parkhäuser grundsätzlich
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wesentlich stören. In einem derartigen Gebiet sind Parkhäuser grundsätzlich
zulässig.
Parkhäuser sind oberirdische Anlagen im Unterschied zu Tiefgaragen, die
unterirdische Anlagen sind. Sie werden in § 7 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO lediglich für
Kerngebiete im Zusammenhang mit Tankstellen genannt, wobei sich die Regelung
nur auf die Zulässigkeit von Tankstellen erstreckt. Parkhäuser sind als Garagen
oder als Bauwerke zur Schaffung von Stellplätzen gemäß § 12 Abs. 1 BauNVO in
allen Baugebieten grundsätzlich mit den sich aus den Absätzen 2 bis 6 dieser
Vorschrift ergebenden Einschränkungen zulässig.
Das Parkhaus des Antragsgegners wird auch den Anforderungen des
baurechtlichen Gebots der Rücksichtnahme gerecht. Diesem Gebot, das in dem
Begriff des "Einfügens" im Sinne des § 34 BauGB aufgeht, kommt
nachbarschützender Charakter zu, soweit in besonders qualifizierter und sogleich
individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar
abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Die Anforderungen, die an
das Gebot der Rücksichtnahme zu stellen sind, hängen wesentlich von den
konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Dabei hat eine Interessenabwägung
stattzufinden, die sich daran orientieren muß, was einerseits dem
Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen
billigerweise zuzumuten ist (BVerwG, U. v. 23. Mai 1986 - 4 C 34.85 - Buchholz
406.11 § 34 BBauG Nr. 114). Bei der Beantwortung der Frage, in welchem Umfang
§ 34 Abs. 1 BauGB Drittschutz vermittelt, kann auf die entsprechende Anwendung
des 15 Abs. 1 BauNVO zurückgegriffen werden, wonach bauliche Anlagen u.a.
unzulässig sind, wenn von ihnen Störungen ausgehen können, die nach der
Eigenart der Baugebiete im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung
unzumutbar sind (Hoss. VGH, B. v. 17. Februar 1986 - 4 TG 2004/86 - u. U. v. 17.
November 1986 - 4 OE 68/83 - zu § 34 Abs. 1 BBauG). Nach der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, kann um so mehr
Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung
derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute
kommt, umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, um so
weniger Rücksicht zu üben, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit
seinem Vorhaben verfolgten Interessen sind. Das Parkhaus des Antragsgegners
wird diesen Anforderungen gerecht. Dies gilt insbesondere für den zwischen den
Beteiligten besonders umstrittenen Punkt der von dem Parkhaus ausgehenden
Lärmbeeinträchtigungen. Der Antragsgegner hat durch Auflage im Bauschein
einen Immissionsrichtwert von höchstens 40 dß (A) in der Nacht und 55 dB (A) am
Tage festgesetzt. Damit hat er den Tageswert zugrundegelegt, den die
Rechtsprechung für ein von anderen Störfaktoren nicht vorbelastetes Wohngebiet
im Sinne der §§ 3 und 4 BauNVO als Grenze eines noch zumutbaren
Straßenverkehrslärms ansieht (BVerwG, U. v. 22. Mai 1987, DVBl.1987, 907). Der
in dieser Entscheidung genannte zumutbare Nachwert wird hier sogar um 5 dB (A)
unterschritten. Dies ist vom Ansatz her nicht zu beanstanden. Allerdings ist der
Senat der Auffassung, daß es sich bei dem Grundstück des Antragstellers nicht
um ein unvorbelastetes Wohngrundstück handelt. Die Situation des Grundstücks
wird vielmehr dadurch geprägt, daß es im Grenzbereich zu dem im Westen
anschließenden Gewerbegebiet und der dort.verlaufenden Bahnlinie sowie dem im
Süden angrenzenden Mischgebiet liegt. Das nur etwa 90 m von der Bahnlinie und
etwa 60 bis 80 m von dem Bahnhofsvorplatz entfernt liegende Grundstück des
Antragstellers ist mit dem durch den Bahnbetrieb, dem zu dem Bahnhof an- und
abfahrenden Fahrzeugverkehr sowie dem durch den Betrieb des Teppichmarktes
der Firma M. hervorgerufenen Fahrzeugverkehr vorbelastet, so daß die
vorgenannten Lärmwerte für unbelastete Wohngebiete hier nicht herangezogen
werden dürften, sondern höhere Werte in Ansatz zu bringen wären. Es bedarf
jedoch im vorliegenden Fall keiner näheren Konkretisierung der dem Antragsteller
zumutbaren Lärmwerte, weil der Antragsgegner durch Auflage die für den
Antragsteller auf jeden Fall zumutbaren Werte von 40 dB (A) in der Nacht und 55
dB (A) am Tage sichergestellt hat, so daß ein Betrieb des Parkhauses mit darüber
hinausgehenden Beeinträchtigungen wegen Verstoßes gegen die Auflage
unzulässig wäre und Abhilfemaßnahmen des Antragsgegners erfordert. Es bedarf
daher keiner Stellungnahme zu dem vom Antragsteller auch im
Beschwerdeverfahren erhobenen Bedenken gegen das im Verwaltungsverfahren
eingeholte Lärmgutachten.
Zu Unrecht rügt der Antragsteller, das Parkhaus nehme seinem
Wohnhausgrundstück die ausreichende Besonnung und Belichtung.
Nachbarschützende Vorschriften sind insoweit nicht verletzt. Ein Verstoß gegen
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Nachbarschützende Vorschriften sind insoweit nicht verletzt. Ein Verstoß gegen
den hier allein in Betracht kommenden Belichtungsabstand nach § 8 Abs. 2 Satz 1
HBO liegt nicht vor. Die ausreichende Besonnung des Grundstücks des
Antragstellers wird unabhängig davon, ob § 8 Abs. 2 oder § 63 Abs. 3 Satz 1 HBO
nachbarschützenden Charakter haben, gewährleistet, weil das Parkhaus nur die
Besonnung am Nachmittag beeinträchtigen kann. Der Belichtungsabstand muß
nach der Rechtsprechung des Hess. VGH so bemessen sein, daß ein
Lichteinfallwinkel von 45 Grad alter Teilung nicht überschritten wird (vgl. Hess.
VGH, U. v. 20. Februar 1980 - IV OE 49/77 - HessVGRspr. 1980, 33 ff.).
Anhaltspunkte dafür, daß diese Voraussetzungen hier nicht vorliegen, sind von
dem Antragsteller weder geltend gemacht worden noch sonstwie ersichtlich.
Soweit der Antragsteller schließlich rügt, von dem Parkhaus seien unzumutbare
Beeinträchtigungen seines Grundstücks durch Abgase und eine Behinderung der
Frischluftzufuhr zu erwarten, hat er diese pauschalen Behauptungen nicht in einer
den Anforderungen des § 920 Abs. 2 ZPO entsprechenden Weise glaubhaft
gemacht.
Rechtlich unerheblich ist auch das Vorbringen des Antragstellers, der Parkhausbau
müsse im Zusammenhang mit anderen Baumaßnahmen, insbesondere der
Errichtung weiterer Parkplätze sowie der Schaffung einer Buswendeschleife
gesehen werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Vorhaben tatsächlich
geplant sind, sie stehen jedenfalls in keinem rechtlichen Zusammenhang mit der
Errichtung des Parkhauses. Dem Antragsteller bleibt es insoweit unbenommen,
gegen diese Vorhaben - gegebenenfalls im gerichtlichen Verfahren vorzugehen.
Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO
zurückzuweisen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß §
162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, denn sie hat das Verfahren durch ihren Vortrag
wesentlich gefördert.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1, 14 Abs. 1
(analog) und 25 Abs. 1 GKG. Der Senat hält den vom Verwallungsgericht
zugrundegelegten und um ein Drittel verminderten doppelten Auffangwert des §
13 Abs. 1 Satz 2 GKG auch für das Beschwerdeverfahren für angemessen.
Hinweis: Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 Satz 1 VwGO, 25 Abs. 2
Satz 2 GKG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.