Urteil des HessVGH vom 03.11.1997

VGH Kassel: öffentlich, amt, angestellter, hinderungsgrund, körperschaft, begriff, universität, anstalt, quelle, unabhängigkeit

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
1. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 Y 3779/97
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 22 Nr 3 VwGO, § 24 Abs 1
Nr 1 VwGO
(Entbindung vom Amt des ehrenamtlichen Richters -
Hinderungsgrund der Tätigkeit im öffentlichen Dienst)
Gründe
Der ehrenamtliche Richter ist als angestellter Hausmeister bei der Technischen
Universität D tätig. Er ist gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 22 Nr. 3 VwGO
von seinem Amt des ehrenamtlichen Richters zu entbinden, weil er als Angestellter
im öffentlichen Dienst nicht zum ehrenamtlichen Richter berufen werden kann; er
übt seine Tätigkeit nicht ehrenamtlich aus. Der Begriff des öffentlichen Dienstes im
Sinne des § 22 Nr. 3 VwGO ist weit auszulegen, umfaßt also nicht nur Bundes-,
Landes- oder Kommunaldienst, sondern auch den Dienst bei einer öffentlich-
rechtlichen Körperschaft oder Anstalt (so bereits Senatsbeschluß vom 7. Juli 1980 -
I NE 8/80 -; vgl. auch Senatsbeschluß vom 11. Juni 1981 - I NE 18/81 - betreffend
Schulhausmeister). Anknüpfungspunkt für die Auslegung des Begriffes "öffentlicher
Dienst" ist nach der Rechtsprechung zu § 22 Nr. 3 VwGO die Vorschrift des § 53
Abs. 5 Satz 1 BeamtVG, welche an die Rechtsform des Arbeitgebers als einer
juristischen Person des öffentlichen Rechts anknüpft. Diese Begriffsbestimmung
entspricht dem allgemeinen Rechtsbegriff des öffentlichen Dienstes, der in solchen
Gesetzen vorausgesetzt wird, in denen eine besondere Begriffsbestimmung fehlt
(vgl. hierzu OVG Hamburg, Beschluß vom 28. Februar 1996, DÖD 1996, 163 unter
Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1968, BVerwGE 30, 81, 84). Die weite
Auslegung des Begriffes "öffentlicher Dienst" im Sinne des § 22 Nr. 3 VwGO folgt
aus Sinn und Zweck dieser Vorschrift. Er besteht nicht nur darin, Interessen- und
Pflichtenkollisionen zu vermeiden, sowie die richterliche Unabhängigkeit zu
gewährleisten, sondern auch darin, das Gericht vor dem Verdacht zu bewahren,
daß es die Verwaltung zum Nachteil des Staatsbürgers schütze. Demgemäß
genügt allein die Tatsache der Anstellung bei einem öffentlich-rechtlichen
Dienstherrn, und zwar unabhängig davon, ob das Anstellungsverhältnis öffentlich-
rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist, um die Sperrwirkung des § 22 Nr. 3
VwGO auszulösen (vgl. hierzu OVG NW, Beschluß vom 26. April 1985, NVwZ 1986,
1029 und Beschluß des OVG Hamburg vom 28. Februar 1996, a.a.O., - jeweils mit
weiteren Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur).
Da der ehrenamtliche Richter anläßlich einer Schulungsveranstaltung des
Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 25. Oktober 1997 und bei einem Anruf am
29. Oktober 1997 beim Präsidenten dieses Gerichts auf seine Tätigkeit
hingewiesen und um Klärung der Frage gebeten hat, ob er als ehrenamtlicher
Richter tätig sein darf, bedurfte es keiner weiteren Anhörung (vgl. § 24 Abs. 3 Satz
2 VwGO).
Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 24 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.