Urteil des HessVGH vom 06.04.2001

VGH Kassel: wiedereinsetzung in den vorigen stand, vorläufiger rechtsschutz, auflage, rechtsmittelbelehrung, bad, datum, aserbaidschan, berg, verfügung, verschulden

1
2
3
Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
3. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 UZ 450/01.A
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 78 Abs 4 AsylVfG 1992, §
166 VwGO, § 117 ZPO
(PKH-Antrag für Zulassungsantragsverfahren -
fristwahrender Antrag beim OVG/VGH)
Tatbestand
Mit Urteil vom 4. Januar 2001 -- 2 E 3551/98.A -- hat das Verwaltungsgericht die
Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 3 ihres Bescheides vom 15.10.1998
verpflichtet, festzustellen, dass hinsichtlich des Klägers zu 1.
Abschiebungshindernisse nach § 53 Abs. 6 AuslG vorliegen, die einer Abschiebung
nach Aserbaidschan (einschließlich der Enklave Berg-Karabach) entgegenstehen
und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit Schreiben ohne Datum, das beim
Verwaltungsgericht am 06.02. und beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof am
09.02.2001 eingegangen ist, haben die Kläger Antrag auf Prozesskostenhilfe und
die Beiordnung eines Rechtsanwalts für ein noch einzuleitendes Verfahren auf
Zulassung der Berufung gegen das ihnen am 23. Januar 2001 zugestellte Urteil
gestellt.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und auf Beiordnung eines
Rechtsanwalts wird abgelehnt, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet
keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Kläger haben bisher keinen Antrag für
die Zulassung der Berufung gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO gestellt. Ein
solcher Antrag könnte nunmehr nur noch rechtswirksam gestellt werden, wenn den
Klägern antragsgemäß Prozesskostenhilfe gewährt und ein Rechtsanwalt
beigeordnet würde und dieser unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand (§ 60 VwGO) noch einen zulässigen Zulassungsantrag stellen
könnte. Das ist nicht der Fall.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu
stellen (§ 166 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO). Das ist dasjenige
Gericht, bei dem der Rechtsstreit schwebt oder anhängig werden soll, für den
Prozesskostenhilfe beantragt wird (VGH Bad.-Württ., B. v. 16.07.1982 -- 1 S
1206/82 -- DÖV 1982, S. 868; OVG NW, B. v. 12.12.1991 -- 8 E 889/91 -- NWVBl.
1992 S. 374; Bader, NJW 1998 S. 409 <410>, derselbe in Bader/Funke-
Kaiser/Kunze/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 1999 § 166
Rdnr. 25; Happ in Eyermann/Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, 10. Auflage §
124 a Rdnr. 4; ebenso für das Zulassungsverfahren nach § 146 Abs. 4 VwGO Jank,
Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., § 26 Rdnr. 553).
Abweichend von der hier vertretenen Auffassung werden vom VGH Baden-
Württemberg im Beschluss vom 10.06.1998 (-- A 9 S 1269/98 --) und von
Redeker/von Oertzen (VwGO, 13. Aufl. § 166 Rdnr. 9 B) das Verwaltungsgericht als
allein zuständiger Adressat des PKH-Antrags angesehen, während Seibert (in
Sodan/Ziekow, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, Band 2, Stand: Juli
2000 § 124 Rdnrn. 109 und 110) die Auffassung vertritt, dass der PKH-Antrag
fristwahrend sowohl beim Verwaltungsgericht wie beim OVG gestellt werden kann.
Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Wie dargelegt, ist das Prozessgericht, bei
dem der Antrag zu stellen ist, dasjenige Gericht, bei dem der Rechtsstreit schwebt
oder anhängig werden soll, für den Prozesskostenhilfe beantragt wird (§§ 117 Abs.
4
5
6
7
oder anhängig werden soll, für den Prozesskostenhilfe beantragt wird (§§ 117 Abs.
1 Satz 1, 119, 127 Abs. 1 Satz 2 ZPO; vgl. Hartmann in
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 56. Auflage § 117
Rdnr. 12 und 13). Das Prozesskostenhilfeverfahren ist als Prozessrecht striktes
Recht, das einer entsprechenden Anwendung der Vorschriften über die
Zuständigkeitsregelung des Zulassungsverfahrens nicht zugänglich ist.
Prozessgericht für den Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß § 78 Abs. 4 Satz
1 AsylVfG ist nach alledem der Hessische Verwaltungsgerichtshof bei dem der auf
das noch einzuleitende Zulassungsantragsverfahren bezogene PKH-Antrag erst
nach Ablauf der 2-Wochen-Frist des § 78 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG eingegangen ist.
Der Antrag kann auch deshalb keinen Erfolg haben, weil er nicht mit
ausreichenden Unterlagen zur Glaubhaftmachung seiner Voraussetzungen
eingereicht worden ist. Gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 2 ZPO sind dem
Antrag eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse auf dem dafür vorgesehenen Vordruck sowie entsprechende Belege
beizufügen. Die von den Antragstellerin in ihrem Antrag abgegebene Versicherung
an Eides statt, dass sie mittellos seien und derzeit nur Leistungen für
Asylbewerber bezögen, reicht dazu nicht aus. Die Antragsteller sind darauf durch
Verfügung vom 27.02.2001 hingewiesen worden.
Den Antragstellern kann für die Einrichtung eines Zulassungsantrags auch nicht
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO) gewährt werden. Die
Antragsteller haben nicht dargetan, dass sie ohne ihr Verschulden an der
rechtzeitigen Einreichung eines ordnungsgemäßen Antrags gehindert gewesen
waren (§ 60 Abs. 1 VwGO). Für die Antragsteller war aus der Rechtsmittelbelehrung
ohne Weiteres erkennbar, dass der Antrag auf Zulassung der Berufung innerhalb
von zwei Wochen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder Rechtslehrer
einzulegen gewesen wäre. War das aus finanziellen Gründen nicht möglich, waren
die Antragsteller gehalten, sich bei den in der Rechtsmittelbelehrung genannten
Gerichten zu erkundigen, bei welchem Gericht innerhalb der Frist der Antrag auf
Prozesskostenhilfe zu stellen war, der bei dem Urkundsbeamten der
Geschäftsstelle hätte zu Protokoll gegeben werden können. In diesem Fall wäre es
Sache des Urkundsbeamten, darauf hinzuwirken, dass alle erforderlichen
Erklärungen seitens der Antragsteller abgegeben werden (vgl. Bader,
Zulassungsberufung und Zulassungsbeschwerde nach der 6. VwGO-Novelle, NJW,
a.a.O.). Dass die Antragsteller dies nicht versucht haben, stellt eine schuldhafte
Obliegenheitsverletzung dar, die der Gewährung von Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand bei einer späteren Stellung eines Zulassungsantrags durch einen
Rechtsanwalt nach § 60 Abs. 1 VwGO entgegenstehen dürfte.
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b Abs. 1 AsylVfG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.