Urteil des HessVGH vom 17.04.1991

VGH Kassel: mitbestimmungsrecht, kontrolle, gerät, erfüllung, gebäude, form, bpv, schnittstelle, verfügung, datum

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Gericht:
Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Fachsenat für
Bundespersonalvertretungssachen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
BPV TK 3279/90
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
BPersVG, § 75
Abs 3 Nr 15
BPersVG, § 75
Abs 3 Nr 1
BPersVG
(Zur Mitbestimmung bei Änderung des Bedienens von
Zeiterfassungsgeräten)
Tatbestand
Seit 1978 sind die Bediensteten des F. amtes in D. (F.) verpflichtet, zur Kontrolle
der gleitenden Arbeitszeit (GLAZ) bei Dienstbeginn und nach Dienstende
diejenigen Zeiterfassungsgeräte zu benutzen, die den jeweiligen Gebäuden
zugeordnet sind, in denen der Dienst beginnt oder endet. Die Gebäude auf dem
weitläufigen Gelände A. ... wurden jedoch als ein einheitlicher Gebäudekomplex
angesehen.
Mit Schreiben vom 12.2.1988 leitete der Beteiligte dem Antragsteller den Entwurf
einer Hausblattverfügung mit Änderungen dieser Regelung und der Bitte um
Mitwirkung gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG zu. Der Entwurf hatte im
wesentlichen folgenden Wortlaut:
"Die mit Verfügung ... vom 31.01.1978 getroffene Regelung, wonach Gebäude
'A. ... 'als ein Gebäudekomplex gelten, läßt sich nicht mehr aufrecht erhalten. Sie
wird daher mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Es darf künftig nur noch das
Zeiterfassungsgerät benutzt werden, das dem jeweiligen Arbeitsplatz am
nächsten gelegen ist. Wird der Dienst ausnahmsweise an anderer Stelle
aufgenommen (z.B. von Arbeitsuntersuchern oder bei Besprechungen) kann das
dieser Stelle nächstgelegene Gerät benutzt werden.
Wir weisen aus gegebenem Anlaß ferner darauf hin, daß der Weg zwischen
Parkplatz bzw. Fahrradabstellplatz und Zeiterfassungsgerät bei Dienstbeginn und -
ende nicht zur Arbeitszeit zählt. Somit ist es unzulässig, das Zeiterfassungsgerät
-- bei Dienstbeginn vor dem Abstellen des Fahrzeugs
-- bei Dienstende nach Abholen des Fahrzeugs zu bedienen.
Ist ein Zeiterfassungsgerät defekt, so ist der Beginn oder das Ende der
Arbeitszeit handschriftlich in die Arbeitszeitkarte einzutragen ... "
Mit Schreiben vom 17.2.1988 reichte der Antragsteller dem Beteiligten den
Vorgang mit dem Hinweis zurück, daß die beabsichtigte Hausblattverfügung eine
mitbestimmungspflichtige Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des
Verhaltens der Beschäftigten (§ 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG), eine Änderung in der
Anwendung einer technischen Einrichtung zur Überwachung des Verhaltens der
Beschäftigten (§ 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG) sowie eine Änderung der
Arbeitszeitlage (§ 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG) enthalte. Gleichzeitig bat er, das
Mitbestimmungsverfahren einzuleiten.
Der Beteiligte teilte ihm hierauf mit, daß er die vorgesehene Maßnahme als
gebilligt ansehe, weil sich der Antragsteller nicht innerhalb der in § 72 Abs. 2
BPersVG vorgesehenen Frist zur Sache geäußert habe. Die sachlich nicht
begründete Forderung nach Beteiligung im Rahmen mehrerer
Mitbestimmungstatbestände stelle keine Sacherörterung im Rahmen des
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Mitbestimmungstatbestände stelle keine Sacherörterung im Rahmen des
Mitwirkungstatbestandes gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG dar. Deshalb werde die
Hausblattverfügung in der vorgesehenen Form veröffentlicht, was unter dem
Datum des 18.3.1988 im Hausblatt Nr. 24 vom 23.3.1988 geschah.
Daraufhin hat der Antragsteller am 28.11.1988 bei dem Verwaltungsgericht
Darmstadt das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet. Er
hat geltend gemacht, daß durch die Hausblattverfügung des Beteiligten nicht nur
die Schnittstelle zwischen Arbeitszeit und Wegezeit bestimmt werde, wie der
Beteiligte meine. Es werde vielmehr angeordnet, welches Zeiterfassungsgerät von
wem zu bedienen sei, und es werde geregelt, wie zu verfahren sei, wenn die
Geräte defekt seien. Beide Anordnungen enthielten eindeutig
Verhaltensregelungen im Sinne des § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG. Weil die Geräte
generell zur technischen Überwachung des Verhaltens der Beschäftigten geeignet
seien, sei auch jede Änderung des bestehenden Verfahrens
mitbestimmungspflichtig nach § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG.
Der Antragsteller hat beantragt,
festzustellen, daß der Beteiligte sein Mitbestimmungsrecht aus § 75 Abs. 3
Nrn. 15 und 17 BPersVG dadurch verletzt habe, daß er die Bedienung der
Zeiterfassungsgeräte im Fernmeldetechnischen Zentralamt ohne die Beteiligung
des Antragstellers geändert habe.
Der Beteiligte hat beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Er hat erwidert: Seine Anordnung stelle keine Verhaltensregelung im Sinne von §
75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG dar, sondern bestimme den Ort, an dem die
Dienstgeschäfte begännen, und präzisiere damit die Erfüllung der von den
Beschäftigten geschuldeten Leistung. Ein Mitbestimmungsrecht nach der
genannten Vorschrift stehe der Personalvertretung nur zu, wenn allgemeine
Regeln des nicht arbeitsbezogenen Verhaltens aufgestellt würden. Mit der
streitbefangenen Anordnung sei auch die technische Einrichtung
"Zeiterfassungsgeräte" nicht geändert worden. Die Festlegung, welches Gerät der
einzelne Beschäftigte bedienen müsse, bewirke gegenüber dem bisherigen
Zustand ferner keine erweiterte oder andersartige Überwachung. Eine
Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG könne nur bejaht werden, wenn
die Maßnahme eine intensivere oder inhaltlich andere Überwachung ausgelöst
hätte.
Das Verwaltungsgericht -- Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen --
hat dem Antrag mit Beschluß vom 22.5.1990 stattgegeben und ausgeführt:
Zu Unrecht gehe der Beteiligte davon aus, daß die von ihm vorgesehene
Maßnahme nach § 72 Abs. 2 Satz 1 BPersVG als gebilligt gelte, weil sich der
Antragsteller nicht innerhalb der in dieser Vorschrift vorgesehenen Frist zur Sache
geäußert habe. Es würde den Sinn der Fiktion dieser Vorschrift umkehren, wenn
man in einem durch den Dienststellenleiter eingeleiteten Mitwirkungsverfahren die
Forderung der Personalvertretung nach der stärkeren Beteiligungsform einer
Nichtäußerung bzw. dem Vortrag von Tatsachen oder der Darlegung einer
Rechtsauffassung gleichstellen wollte, die sich offensichtlich keinem der
gesetzlichen Mitwirkungstatbestände zuordnen ließen. Deutlicher als durch den
Hinweis auf ein nach seiner Auffassung bestehendes Mitbestimmungsrecht könne
der Personalrat die Nichtbilligung einer ihm zur Mitwirkung unterbreiteten
Maßnahme kaum ausdrücken.
An der begehrten Feststellung habe der Antragsteller ein evidentes rechtliches
Interesse, denn die durch den Beteiligten inzwischen vollzogene Maßnahme wirke
fort. Werde die Verletzung eines Mitbestimmungsrechts festgestellt, habe der
Beteiligte die Maßnahme rückgängig zu machen.
Nach § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG habe die Personalvertretung bei der Regelung
der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten
mitzubestimmen. Die Anordnung des Beteiligten betreffe weder das
Arbeitsverhalten der Beschäftigten noch die Erfüllung konkreter dienstlicher
Aufgaben und auch nicht die Bestimmung der Schnittstelle zwischen Arbeits- und
Wegezeit, wie der Beteiligte meine. Entscheidend für die Beantwortung der Frage
nach der Mitbestimmung des Antragstellers bleibe der Umstand, daß der
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nach der Mitbestimmung des Antragstellers bleibe der Umstand, daß der
Beschäftigte bei gleitender Arbeitszeit Beginn und Ende seiner täglichen
Arbeitszeit grundsätzlich selbst bestimmen könne und daß diese Flexibilität
zwingend seine Mitwirkung bei der Kontrolle der erbrachten Arbeitsleistung
erfordere. Die Reglementierung dieser Mitwirkung diene der Ordnung in der
Dienststelle, denn nur so lasse sich die Gleitzeitregelung aufrecht erhalten.
Nach § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG habe die Personalvertretung nicht nur bei der
Einführung technischer Überwachungseinrichtungen mitzubestimmen, sondern
auch bei ihrer Anwendung. Deshalb würden Änderungen in der Anwendung vom
Mitbestimmungstatbestand ebenfalls erfaßt. Eine solche Änderung liege hier darin,
daß der Beschäftigte verpflichtet sei, nur noch das seinem Arbeitsplatz am
nächsten gelegene Zeiterfassungsgerät zu bedienen. Hiervon abgesehen habe
sich die Kontrolle auch inhaltlich verändert. Es mache ein Unterschied, ob der
Beschäftigte die Zeiterfassungsgeräte so bedienen könne, daß die Wegezeit als
Arbeitszeit gelte, oder ob dies ausgeschlossen sei.
Gegen diesen ihm am 17.10.1990 zugestellten Beschluß hat der Beteiligte mit
anwaltlichem Schriftsatz vom 12.11.1990 Beschwerde eingelegt, die am folgenden
Tag beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangen ist. Er hat die
Beschwerde nach Verlängerung der Begründungsfrist um einen Monat mit am
14.1.1991 (Montag) eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag in der gleichen
Form begründet. Er trägt vor:
Der Tatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG sei nicht erfüllt. Die Beschäftigten
könnten auch weiterhin entsprechend der Gleitzeit die Lage ihrer täglichen
Arbeitszeit selbst bestimmen. Er -- der Beteiligte -- habe im Rahmen seines
Direktionsrechts lediglich den Begriff des Gebäudes entgegen der bisherigen
Praxis modifiziert. Er habe damit zum Ausdruck gebracht, was nach der
Arbeitszeitordnung ohnehin gesetzliche Pflicht sei, daß nämlich die Arbeitszeit
grundsätzlich am Arbeitsplatz beginne und ende. Die Maßnahme beziehe sich
damit allein auf die von den Beschäftigten geschuldete Arbeitsleistung. -- Die
Definition dessen, was als Gebäude zu verstehen sei, habe auch mit der
Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen im Sinne des § 75 Abs. 3 Nr.
17 BPersVG nichts zu tun; insbesondere sei durch die Hausblattverfügung vom
23.3.1988 die Anwendung der bereits eingeführten Zeiterfassungsgeräte nicht
verändert worden. Das gelte sowohl für die allgemeine Handhabung als auch für
den Verwendungszweck. Die Beschränkung der Geräte, die von den Beschäftigten
benutzt werden dürften, berühre den Schutzzweck der gesetzlichen Vorschrift
nicht. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts gehe fehl, weil die Mitbestimmung
nicht an dienstrechtliche Pflichten anknüpfe. Die Anwendung der
Zeiterfassungsgeräte habe sich auch nicht qualitativ (inhaltlich) verändert, wie das
Verwaltungsgericht meine. Man habe nur die seitherige Praxis abgestellt, die
Benutzung solcher Zeiterfassungsgeräte zu dulden, die sich an äußerster Stelle
des Gebäudekomplexes in Richtung Wohnung befänden.
Der Beteiligte beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß und entgegnet: Der Beteiligte habe mit
der streitigen Verfügung nicht definiert, was ein Gebäude sei, sondern bestimmt,
welche Stechuhr ein Beschäftigter zu bedienen habe. Während es dem
Beschäftigten früher freigestanden habe, an welchem Gerät er seine Gleitzeitkarte
abstempeln lasse, weise ihm der Beteiligte nunmehr ein ganz bestimmtes Gerät
zu. Die allgemeine Handhabung einer technischen Einrichtung, worunter auch die
Änderung der Benutzung falle, sei nach § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG ebenfalls
mitbestimmungspflichtig.
Wegen des Sachverhalts und des Streitstands im übrigen wird auf das
Sitzungsprotokoll des erstinstanzlichen Gerichts sowie auf die zu den Akten
gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde des Beteiligten ist zulässig. Sie ist statthaft, form- und fristgerecht
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Die Beschwerde des Beteiligten ist zulässig. Sie ist statthaft, form- und fristgerecht
erhoben und ordnungsgemäß begründet worden. Sie muß jedoch in sachlicher
Hinsicht erfolglos bleiben.
Das Verwaltungsgericht ist mit Recht von der Zulässigkeit des Antrags
ausgegangen. Für den Antrag besteht insbesondere ein Rechtsschutzinteresse,
obwohl die streitige Maßnahme bereits vollzogen ist. Da die vom Beteiligten
herbeigeführte Situation als Dauerzustand fortwirkt, kann von einer Erledigung der
Hauptsache im Sinne eines abgeschlossenen, der Vergangenheit angehörenden
Sachverhalts keine Rede sein. Durch die Vollziehung der Maßnahme ohne
Zustimmung des Antragstellers hat sich im Gegenteil dessen Interesse an der
Feststellung von Mitbestimmungsrechten sogar noch verstärkt, wie sich aus § 69
Abs. 1 BPersVG ergibt. Wird deshalb die Verletzung von Mitbestimmungsrechten in
Fällen der vorliegenden Art rechtskräftig gerichtlich festgestellt, so ist der
Dienststellenleiter verpflichtet, die Maßnahme rückgängig zu machen, wozu er
notfalls durch Anordnungen der Dienstaufsicht angehalten werden muß (vgl.
BVerwG, Beschluß vom 15.12.1978 -- 6 P 13.78 --, Buchholz 238.3 A § 76 BPersVG
Nr. 1 = PersV 1980 S. 145 = ZBR 1980 S. 159). Es kommt somit nicht darauf an,
ob sich ein gleicher oder ähnlicher Sachverhalt mit den hier anstehenden
personalvertretungsrechtlichen Streitfragen zukünftig zwischen den Beteiligten mit
einiger, mehr als nur geringfügiger Wahrscheinlichkeit wiederholen kann, wie dies
nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in den Fällen der
Hauptsacheerledigung erforderlich ist.
Das in erster Instanz zur Entscheidung gestellte, auf die Feststellung gerichtete
Begehren, daß der Beteiligte Mitbestimmungsrechte dadurch verletzt hat, daß er
ohne Zustimmung des Antragstellers eine andere Bedienung der
Zeiterfassungsgeräte anordnete, trägt der verfahrensrechtlichen Situation
hinreichend Rechnung (vgl. dazu BVerwG, Beschluß vom 27.3.1990 -- 6 P 34.87 --,
amtl. Entscheidungsabdruck S. 3/4 und 13/14).
Der vorstehende Antrag ist auch jedenfalls insoweit begründet, als das
Mitbestimmungsrecht aus § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG in Frage steht. Eine
Verletzung des Mitbestimmungsrechts aus § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG ist
abweichend von der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts zu verneinen.
Die letztgenannte Mitbestimmungsvorschrift bezieht sich im wesentlichen auf
solche Maßnahmen, die das Verhalten der Beschäftigten bei ihrer Tätigkeit oder ihr
allgemeines Verhalten innerhalb der Dienststelle betreffen. Anordnungen, die die
Erfüllung der dienstlichen Aufgaben der Beschäftigten regeln, also mit ihrer
Arbeitsleistung in unmittelbarem Zusammenhang stehen, oder diensttechnische
Regelungen, die den Ablauf des Dienstes gestalten, unterliegen dagegen nach
Sinn und Zweck der personalvertretungsrechtlichen Beteiligung nicht der
Mitbestimmung der Personalvertretung. Dieser Unterscheidung liegt die Erwägung
zugrunde, daß die Beschäftigten über die von ihnen gewählte Vertretung an den
sie berührenden personellen und sozialen Fragen im Wege der Mitbestimmung
beteiligt werden sollen, was aber nicht so weit gehen kann, daß die Erfüllung der
Aufgaben der Dienststelle, insbesondere die Dienstausübung im eigentlichen
Sinne, von der Mitbestimmung des Personalrats abhängt; denn diese
Angelegenheiten stehen nicht zur Disposition von Stellen, die für ihr Handeln
keiner Volksvertretung verantwortlich sind (vgl. im einzelnen BVerwG, Beschluß
vom 5.10.1989 -- 6 P 7.88 --, PersV 1990 S. 172 = ZBR 1990 S. 213 = DVBl. 1990
S. 294 = NJW 1990 S. 726). Die Pflicht zur Benutzung von Zeiterfassungsgeräten
durch die Beschäftigten soll den Dienststellenleiter -- insbesondere bei gleitender
Arbeitszeit -- in die Lage versetzen, die Einhaltung der Arbeitszeit nachhaltig zu
kontrollieren. Sie bezieht sich daher eindeutig auf die Erfüllung der Dienstpflicht
des einzelnen Beschäftigten und die von ihm zu erledigenden Aufgaben.
Entsprechende Anordnungen werden deshalb von § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG
nicht erfaßt.
Demgegenüber ist ein Mitbestimmungsrecht aus § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG zu
bejahen. Hiernach hat der Personalrat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche
Regelung nicht besteht, gegebenenfalls durch Abschluß einer Dienstvereinbarung
mitzubestimmen über die Einführung und Anwendung von technischen
Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung von
Beschäftigten zu überwachen. Der Schutzzweck der Vorschrift ist darauf gerichtet,
den von der Technisierung der Verhaltens- und Leistungskontrolle für den
Persönlichkeitsschutz der Beschäftigten ausgehenden Gefahren durch
gleichberechtigte Beteiligung der Personalvertretung zu begegnen (vgl. zu
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gleichberechtigte Beteiligung der Personalvertretung zu begegnen (vgl. zu
Umfang, Bedeutung und Tragweite dieses Rechts den Beschluß des erkennenden
Fachsenats vom 27.2.1991 -- BPV TK 2675/90 -- unter Bezugnahme auf die
einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des
Bundesarbeitsgerichts, hinsichtlich des letzteren zur im wesentlichen
gleichlautenden Bestimmung des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). Es ist ferner
unstreitig, daß Zeiterfassungsgeräte der vorliegenden Art unter die Vorschrift
fallen (vgl. Lorenzen/Haas/Schmitt, 4. Aufl., Stand: März 1991, RdNr. 195 zu § 75
BPersVG). Mitbestimmungspflichtig ist aber nicht allein die Einführung einer
technischen Überwachungseinrichtung, sondern auch ihre Anwendung. Das
Mitbestimmungsrecht bezüglich Einführung und Anwendung einer derartigen
Einrichtung wird bei sogenannten Neueinführungen in aller Regel einheitlich
ausgeübt. Soll jedoch die Anwendung (allgemeine Handhabung) einer bereits
eingeführten technischen Einrichtung geändert werden, beispielsweise durch
gegenständliche Erweiterung der Kontrolle oder eine andere Art und Weise der
Überwachung, so erfaßt die Mitbestimmung auch diese Änderungen mit der Folge,
daß ihre Durchführung von der vorherigen Zustimmung des Personalrats abhängig
ist (vgl. Galperin/Löwisch, 6. Aufl. 1982, RdNr. 148 zu § 87 BetrVG, die allerdings
die wesentliche Erweiterung einer bereits bestehenden Überwachungseinrichtung
als Neueinführung werten).
Hiervon ausgehend ist ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 75 Nr. 17 BPersVG
bezüglich der Anordnung des Beteiligten, daß künftig nur noch dasjenige
Zeiterfassungsgerät benutzt werden darf, das dem jeweiligen Arbeitsplatz am
nächsten gelegen ist, zu bejahen. Es hat sich hinsichtlich Beginn und Ende der
täglichen Arbeitszeit nicht nur der Gegenstand der Kontrolle geändert, sondern
auch die Art und Weise der Überwachung. Vor der hier in Rede stehenden
Maßnahme wurde lediglich festgehalten, ob sich der Beschäftigte zu einem
bestimmten Zeitpunkt auf dem F.-Gelände befand; nunmehr wird bei Befolgung
der Anordnung dokumentiert, wann er den Arbeitsplatz erreicht oder verlassen
hat. Eine Änderung in der Art und Weise der Überwachung ist darin zu sehen, daß
der betroffene Beschäftigte zu seiner Kontrolle nicht mehr jedes beliebige
Zeiterfassungsgerät auf dem F.-Gelände benutzen darf, vielmehr gehalten ist,
dasjenige Gerät zu bedienen, das seinem Arbeitsplatz am nächsten gelegen ist.
Auf die materiell-rechtliche Zulässigkeit der Maßnahme kommt es in
personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsstreitigkeiten nicht an. Ebenso
muß außer Betracht bleiben, daß der einzelne Beschäftigte möglicherweise nur
geringfügig belastet wird, weil es hierauf auch bei der Neueinführung einer
technischen Einrichtung nicht ankommt.
Weitere Mitbestimmungsrechte kommen nicht in Betracht. Ein
Mitbestimmungsrecht gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG scheidet offensichtlich
aus, weil die Lage der Arbeitszeit unverändert geblieben ist.
Ist hiernach ein Mitbestimmungsrecht aus § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG zu bejahen,
so muß die Beschwerde erfolglos bleiben. Ein Mitbestimmungsverfahren
hinsichtlich der in Rede stehenden Maßnahme ist nicht eingeleitet worden (vgl. §
69 Abs. 2 BPersVG). Der Hinweis des Beteiligten auf § 72 Abs. 2 BPersVG läßt
bestehende Mitbestimmungsrechte unberührt. Der Umstand, daß der Fachsenat
ein Mitbestimmungsrecht aus § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG verneint hat, bleibt auf
die Entscheidung ohne Einfluß, weil der vom Verwaltungsgericht formulierte
erstinstanzliche Antrag des Personalrats, obwohl er die Vorschriften des § 75 Abs.
3 Nr. 15 und 17 BPersVG aufführt, allein dahin zu verstehen ist, daß die
Feststellung eines Mitbestimmungsrechts begehrt wird, unabhängig davon, aus
welchem gesetzlichen Tatbestand es sich ergibt. Etwas anderes hätte der
besonderen Hervorhebung bedurft (vgl. BVerwG, Beschluß vom 25.8.1986 -- 6 P
16.84 --, PersV 1987 S. 287).
...
Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil die Streitsache im Hinblick auf das
Tatbestandsmerkmal "Anwendung" in § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG grundsätzliche
Bedeutung hat (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 und § 72 Abs. 2 Nr. 1
ArbGG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.