Urteil des HessVGH vom 28.07.1987

VGH Kassel: ersatzvornahme, öffentliche sicherheit, angemessene frist, gefahr, anforderung, kennzeichen, abschleppen, androhung, ausführung, fahrstreifen

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
11. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
11 UE 2736/86
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 28 Abs 1 SOG HE, § 26
SOG HE
(Leerfahrtkosten als erstattungsfähige Abschleppkosten)
Gründe
Der Kläger stellte am 12.10.1982 gegen 16.30 Uhr seinen PKW Marke VW-Golf,
amtliches Kennzeichen F-.., im Erich-Ollenhauer-Ring in Frankfurt am Main in einer
durch Verkehrszeichen 283 zu § 41 StVO entsprechend ausgewiesenen absoluten
Halteverbotszone ab. Ausweislich der dienstlichen Erklärung des
Polizeiobermeisters S. vom 28.10.1983 blockierte das fragliche Fahrzeug - neben
anderen ebenfalls verbotswidrig abgestellten Fahrzeugen - den rechten äußeren
Fahrstreifen zwischen der Zufahrt Hammarskjöldring und der Feuerwehrauffahrt
zum Nordwestzentrum, Wodurch es während des zu dieser Zeit herrschenden
Berufsverkehrs im Einmündungsbereich Hammarskjöldring/Erich-Ollenhauer-Ring
immer wieder zu gefährlichen Ausweichmanövern kam, weil Verkehrsteilnehmer zu
plötzlichen Brems- und Spurwechselmanövern veranlaßt wurden. Der
Vollzugspolizeibeamte POM S. beauftragte daraufhin das Abschleppunternehmen
S. in Frankfurt am Main damit, den PKW des Klägers abzuschleppen. Vor Eintreffen
des Abschleppfahrzeugs kehrte der Kläger jedoch zu seinem Fahrzeug zurück und
fuhr damit fort. Das Abschleppunternehmen stellte der Beklagten daraufhin für die
Leerfahrt Kosten in Höhe von 51,00 DM in Rechnung.
Mit Bescheid vom 29.09.1983 forderte der Beklagte den Kläger unter Bezugnahme
auf § 28 HSOG zur Erstattung dieser Kosten auf.
Den hiergegen am 13.10.1983 erhobenen Widerspruch des Klägers wies der
Regierungspräsident in Darmstadt mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.1984 im
wesentlichen mit folgender Begründung zurück: Die Zuständigkeit der
Vollzugspolizei für die angeordnete Maßnahme ergebe sich aus §§ 1 Abs. 2 S. 1,
44 Abs. 1 HStG, 44 Abs. 2 StVO. Der Polizeipräsident in Frankfurt am Main sei
auch berechtigt, die Zahlung der für die Leerfahrt entstandenen Kosten gemäß §
28 HSOG zu verlangen. Der Widerspruchsführer sei gemäß §§ 12, 14 Abs. 1 HSOG
sowohl als Führer wie auch als Eigentümer beziehungsweise Halter des
abzuschleppenden Fahrzeugs für die durch das verbotswidrige Abstellen des
Fahrzeugs eingetretene Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
verantwortlich, die der Polizeipräsident im Wege der Ersatzvornahme nach §§ 24,
26 HSOG habe beseitigen dürfen. Das Fahrzeug des Widerspruchsführers sei in der
durch Verkehrszeichen 283 zu § 41 StVO ausgewiesenen absoluten
Halteverbotszone abgestellt gewesen. Vorschriftszeichen gemäß § 41 StVO
enthielten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wenn schon
dem Verbot zuwider gehandelt worden sei, auch ein Gebot an den
Verkehrsteilnehmer, den verkehrswidrigen Zustand sobald als möglich zu
beseitigen. Es handele sich um verkehrsregelnde Anordnungen in Form von
Allgemeinverfügungen, die gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sofort vollziehbar seien
mit der Folge, daß das Abschleppen eines verkehrsordnungswidrig abgestellten
Kraftfahrzeugs grundsätzlich ohne eine besondere, dem Fahrzeughalter oder -
führer bekanntzumachende Gebotsverfügung angeordnet und durchgeführt
werden dürfe. Die Ersatzvornahme durch Beauftragung eines
Abschleppunternehmens habe hier auch ohne vorherige schriftliche Androhung
durchgeführt werden dürfen, weil in dem ordnungswidrigen Parken bereits eine
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durchgeführt werden dürfen, weil in dem ordnungswidrigen Parken bereits eine
Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu erblicken sei und im übrigen
das Fahrzeug des Widerspruchsführers den rechten Fahrstreifen voll blockiert und
somit den nachfolgenden fließenden Verkehr in erheblichem Maße behindert und
gefährdet habe. Nachfolgende Fahrzeugführer seien durch das plötzlich
auftauchende Hindernis zu gefährlichen Brems- und Spurwechselmanövern
veranlaßt worden. Das habe immer wieder zu gefährlichen Ausweichmanövern
sowie weiteren unfallträchtigen Verkehrssituationen geführt. Die Ersatzpflicht des
Widerspruchsführers entfalle auch nicht deshalb, weil er sein Fahrzeug vor
Eintreffen des Abschleppfahrzeuges selbst entfernt habe. Dies folge daraus, daß
die Beauftragung des Abschleppunternehmens, in der der Beginn der
Ersatzvornahme zu erblicken sei und für die das Verhalten des
Widerspruchsführers kausal gewesen sei, nicht mehr habe rückgängig gemacht
werden können, als der Widerspruchsführer zu seinem Fahrzeug zurückgekehrt sei.
Im übrigen sei der Abschleppwagen eigens für das Fahrzeug des
Widerspruchsführers angefordert worden. Der Fahrer des Abschleppwagens habe
deshalb auch nicht damit beauftragt werden können, ein anderes
verkehrsbehindernd abgestelltes Fahrzeug abzuschleppen, so daß sich eine
Leerfahrt nicht habe vermeiden lassen.
Am 19.03.1984 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er die
Aufhebung des Kostenbescheides und des dazu ergangenen
Widerspruchsbescheides erstrebt. Zur Begründung machte er geltend, er habe
wegen des Vorfalls bereits ein "Strafmandat" über 63,00 DM ordnungsgemäß
bezahlt. Die Forderung sei im übrigen auch verjährt. Schließlich habe der Fahrer
des Abschleppwagens ein anderes unmittelbar hinter ihm abgestelltes Fahrzeug
abgeschleppt, das ebenfalls im Halteverbot gestanden habe. Das
Abschleppunternehmen dürfe deshalb die Kosten nicht zweimal berechnen.
Der Kläger beantragte sinngemäß,
den Kostenbescheid des Polizeipräsidenten in Frankfurt am Main vom
29.09.1983 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des
Regierungspräsidenten in Darmstadt vom 23.02.1984 aufzuheben.
Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wiederholte er im wesentlichen die Ausführungen im
Widerspruchsbescheid und führte weiter aus, daß entgegen der Darlegung des
Klägers das für das Abschleppen des klägerischen Fahrzeugs angeforderte
Abschleppfahrzeug kein anderes Kraftfahrzeug abgeschleppt habe. Es sei vielmehr
leer zurückgefahren, wie sich aus den Auftragsbüchern der
Abschlepparbeitsgemeinschaft (AAG) ergebe, wonach am 12.10.1982 gegen 16.30
Uhr vier Abschleppfahrzeuge für vier abschleppende Fahrzeuge mit den amtlichen
Kennzeichen F-.., F-.., F-.. und HG-.. zum Erich-Ollenhauer-Ring beordert worden
seien.
Zu diesem Vorbringen nahm der Kläger in der Folgezeit nicht Stellung, obwohl er
durch das Verwaltungsgericht dazu aufgefordert worden war.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 01.09.1986
ab, nachdem es die Beteiligten zuvor zu dieser Verfahrensweise gehört hatte. Es
führte im wesentlichen aus: Die Klage sei unbegründet, denn der
streitgegenständliche Kostenbescheid und der dazu ergangene
Widerspruchsbescheid seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen
Rechten. Dies ergebe sich im einzelnen aus den zutreffenden Ausführungen in den
angefochtenen Bescheiden, auf deren Inhalt Bezug genommen werde. Ergänzend
sei darauf hinzuweisen, daß der von dem Beklagten angenommene erzwungene
Spurwechsel für sich genommen bereits eine konkrete Gefährdung im Sinne des
Polizeirechts darstelle. Ferner seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß die
eingeleitete Ersatzvornahme keine Kosten verursacht habe, für das beklagte Land
gemäß § 81 HSOG hätte in Vorlage treten können, weil an Stelle des Wagens des
Klägers ein anderes Fahrzeug abgeschleppt worden wäre. Das diesbezügliche
Vorbringen, das im übrigen erstmals mit der Klageerhebung vorgetragen worden
sei, habe der Kläger in keiner Weise durch Tatsachen untermauert. Wenn es
tatsächlich so gewesen wäre, sei es vernünftigerweise nicht zu erklären, weshalb
der Kläger seinen Widerspruch nicht einmal begründet habe und bisher keinerlei
konkrete Anhaltspunkte für seinen Vortrag gebracht habe, auf die das Gericht
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konkrete Anhaltspunkte für seinen Vortrag gebracht habe, auf die das Gericht
eigene Nachforschungen hätte gründen können. Dem stehe der dezidierte Vortrag
des Beklagten gegenüber, daß ausweislich der Auftragsbücher der
Abschlepparbeitsgemeinschaft zum Vorfallszeitpunkt vier Abschleppfahrzeuge für
vier mit amtlichen Kennzeichen benannte Kraftfahrzeuge zu der fraglichen Stelle
angefordert worden seien. Dazu habe der Kläger nicht Stellung genommen. Dem
Gericht sei aus zahlreichen Verfahren im übrigen bekannt, daß die Bediensteten
des Beklagten jeweils so viele Abschleppfahrzeuge anforderten, wie Fahrzeuge
ihrer Ansicht nach eine akute Gefahrenlage verursachten. Anders wäre auch ein
effektives Einschreiten zur Beseitigung der konkreten Gefahr nicht gewährleistet
und möglicherweise der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mangels Geeignetheit
zur Beseitigung der Gefahr nicht gewahrt. Die Kammer habe deshalb keine
Veranlassung, die Richtigkeit des Beklagtenvortrags in Zweifel zu ziehen.
Schließlich sei nicht ersichtlich, unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt und nach
welchen Vorschriften der Anspruch verjährt sein sollte.
Gegen diesen ihm am 10.09.1986 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger
am 06.10.1986 Berufung eingelegt, zu deren Begründung er erneut vorträgt, sein
Fahrzeug sei nicht abgeschleppt worden und er könne deshalb auch nicht zu den
Kosten für eine solche Maßnahme herangezogen werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main - V/1 E
666/84 - vom 01.09.1986 abzuändern und den Kostenbescheid des
Polizeipräsidenten in Frankfurt am Main vom 29.09.1983 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidenten in Darmstadt vom
23.02.1984 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung, wobei er im wesentlichen auf seine
Ausführungen im Verwaltungsverfahren und im ersten Rechtszug verweist bzw.
diese wiederholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt
der Gerichtsakten sowie die einschlägigen Behördenakten (1 Heft), die
Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Die Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die als
Anfechtungsklage zulässige Klage zu Recht durch den angefochtenen
Gerichtsbescheid als unbegründet abgewiesen; denn die streitbefangene
Kostenanforderung in der Fassung des Widerspruchsbescheides des
Regierungspräsidenten in Darmstadt ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht
in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die auf § 28 Abs. 1 HSOG gestützte
Kostenanforderung beruht auf einer rechtmäßig eingeleiteten Ersatzvornahme und
ist entgegen der Ansicht des Klägers - weder dem Grunde noch der Höhe nach -
zu beanstanden. Nach § 28 Abs. 1 HSOG hat die Kosten der Ersatzvornahme zu
tragen, wer nach §§ 12 bis 14 verantwortlich ist. Kostenersatz nach § 28 Abs. 1
HSOG kann jedoch nur für eine rechtmäßig vorgenommene bzw. eingeleitete
Ersatzvornahme verlangt werden, von der hier auszugehen ist. Die
Ersatzvornahme nach § 26 HSOG dient als Zwangsmittel im Sinne von § 25 HSOG
der Durchsetzung polizeilicher Verfügungen und setzt deshalb regelmäßig eine die
Verpflichtung zur Erfüllung einer vertretbaren Handlung beinhaltende
Grundverfügung, die es im Wege der Ersatzvornahme durchzusetzen gilt, voraus.
Ferner muß die Ersatzvornahme nach § 27 Abs. 1 HSOG, außer bei unmittelbar
bevorstehender Gefahr, vorher schriftlich angedroht werden, wobei für die
Vornahme der Handlung eine angemessene Frist zu bestimmen ist. Darüber
hinaus kommt die Ersatzvornahme als Teil des Rechtsinstituts der sogenannten
"unmittelbaren Ausführung", für das in Literatur und Rechtsprechung bisweilen
auch der Begriff "sofortiger Vollzug" Verwendung findet, in Betracht. Kennzeichen
dieser besonderen Erscheinungsform der Anwendung von Zwangsmitteln ist, daß
die polizeiliche (Grund-)Verfügung, die Androhung des Zwangsmittels sowie
dessen Festsetzung und Ausführung in einem Akt zusammenfallen bzw.
zusammengefaßt sind (vgl. Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl.
1985, § 25, 7 b, S. 441; Rasch, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl.
1982, § 5 a MEPolG, Rdnr. 4; Meixner, HSOG, § 25 Rdnr. 4, jeweils m.w.N.). Wie der
erkennende Senat in seinem Urteil vom 24. November 1984 - 11 UE 1177/84 - mit
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erkennende Senat in seinem Urteil vom 24. November 1984 - 11 UE 1177/84 - mit
näherer Begründung ausgeführt hat, gibt es im hessischen Polizeirecht eine sich
rechtlich als Ersatzvornahme darstellende "Unmittelbare Ausführung", die ohne
den Erlaß einer entsprechenden polizeilichen Grundverfügung oder lediglich mit
einer Fiktion derselben auskommt und einen Kostenersatzanspruch gegenüber
dem Polizeipflichtigen gemäß § 28 Abs. 1 HSOG auszulösen vermöchte, wegen
Fehlens einer dem § 44 Abs. 1 des Preußischen Polizeiverwaltungsgesetzes
entsprechenden oder diesem vergleichbaren Regelung im HSOG nicht, und es
kann diese Lücke in der gesetzlichen Regelung auch nicht (mehr) im Wege
lückenausfüllender Gesetzesinterpretation geschlossen werden. Die hiernach
erforderliche, die Handlungspflicht des Klägers zum Entfernen des Fahrzeugs
begründende und im Wege der Ersatzvornahme durchzusetzende (Grund-
)Verfügung ist im vorliegenden Fall in dem Vorschriftszeichen 283 zu § 41 StVO zu
sehen. Vorschriftszeichen nach der Straßenverkehrsordnung, von denen ein
Halteverbot ausgeht, enthalten nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts und des erkennenden Senats (vgl. BVerwG NJW 1978,
656 f; Hess. VGH, Urteil vom 17. Februar 1987 - 11 UE 1193/84 -) zugleich das
Gebot, bei verbotswidrigem Halten oder nach Ablauf der Zeit, während derer das
Halten gestattet ist, alsbald wegzufahren, wobei dieses Gebot in zumindest
entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO grundsätzlich sofort
vollziehbar ist. Bei dem in Rede stehenden Verkehrszeichen handelt es sich auch
um eine polizeiliche Verfügung im Sinne von § 24 Abs. 1 HSOG. Zuständig für die
Aufstellung derartiger Verkehrszeichen sind nach § 44 Abs. 1 StVO die
Straßenverkehrsbehörden. Das sind die nach Landesrecht zuständigen unteren
Verwaltungsbehörden oder die Behörden, denen durch Landesrecht die Aufgaben
der Straßenverkehrsbehörde zugewiesen sind. Im Lande Hessen sind dies die
allgemeinen Polizeibehörden (§ 62 Abs. 1 Satz 1 HSOG i.V.m. § 1 Nr. 5 der
Verordnung über die Zuweisung der Aufgaben der Gefahrenabwehr an die
allgemeinen Polizeibehörden - ZuweisungsVO - vom 18. Juli 1972).
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil
vom 17. Februar 1987 - 11 UE 1193/84 -) bedurfte es vor der Durchführung bzw.
Einleitung der Ersatzvornahme hier auch weder einer vorherigen schriftlichen
Androhung nebst Fristsetzung nach § 27 Abs. 1 HSOG noch einer vorläufigen
Veranschlagung des Kostenbetrages nach § 28 Abs. 2 HSOG; denn das
verbotswidrige Parken des Klägers stellte als Verstoß gegen die oben genannte
polizeiliche Gebotsverfügung in Form eines Verkehrszeichens eine Gefahr für die
öffentliche Sicherheit dar, die sich, solange der Verkehrsverstoß andauerte,
(sogar) zu einer Störung der öffentlichen Sicherheit im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1
HSOG verdichtet hatte. In solchen Fällen bedarf es im Hinblick auf die bereits
verwirklichte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung der vorherigen
Androhung eines Zwangsmittels nach § 27 Abs. 1 HSOG nicht, ohne daß es darauf
ankommt, ob durch das verbotswidrig abgestellte Fahrzeug eine konkrete Störung
im Sinne einer Verkehrsbehinderung verursacht worden ist oder nicht.
Bei der Einleitung des in Rede stehenden Abschleppvorganges durch die
Beauftragung des Abschleppunternehmens bzw. die Anforderung des Fahrzeugs
des Abschleppdienstes durch den Polizeivollzugsbeamten S. ist auch der
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt worden, der im hier gegebenen
Zusammenhang besagt, daß der durch das Abschleppen des Fahrzeugs
entstehende Nachteil nicht außer Verhältnis zu dem dadurch erreichten Erfolg
stehen darf. Die angeordnete Maßnahme, also das Abschleppen des Fahrzeugs im
Wege der Ersatzvornahme ohne vorherige Androhung des Zwangsmittels muß
also geeignet, erforderlich und angemessen gewesen sein, um den angestrebten
Zweck zu erreichen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Daß die Einleitung
der Abschleppmaßnahme durch den Beklagten im vorliegenden Fall geeignet war,
den bei Einleitung der Ersatzvornahme noch andauernden Verstoß gegen das
behördlich angeordnete absolute Halteverbot zu beenden, steht außer Frage und
bedarf daher keiner weiteren Begründung. Die Einleitung der Ersatzvornahme war
auch erforderlich, weil ein anderes, ebenso wirksames, die Rechtsstellung des
Betroffenen aber geringer einschränkendes Mittel zu dem hier maßgeblichen
Zeitpunkt der Anordnung der Ersatzvornahme nicht ersichtlich war. Der durch die
Einleitung des Abschleppvorgangs entstehende bzw. zu erwartende Nachteil für
den Kläger stand auch nicht außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg. Zwar
dauerte der Verkehrsverstoß hier bei Einleitung der Abschleppmaßnahme durch
Anforderung eines Abschleppfahrzeugs erst wenige Minuten an. Insoweit ist jedoch
zu berücksichtigen, daß ausweislich der seitens des Klägers unwidersprochen
gebliebenen dienstlichen Erklärung des POM S. vom 28. Oktober 1983 das
fragliche Fahrzeug - neben anderen ebenfalls verbotswidrig abgestellten
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fragliche Fahrzeug - neben anderen ebenfalls verbotswidrig abgestellten
Fahrzeugen - den rechten äußeren Fahrstreifen zwischen der Zufahrt
Hammarskjöldring und der Feuerwehrauffahrt zum Nord-West-Zentrum blockierte,
wodurch es während des zu dieser Zeit herrschenden Berufsverkehrs im
Einmündungsbereich Hammarskjöldring/Erich-Ollenhauer-Ring immer wieder zu
gefährlichen Ausweichmanövern kam, weil Verkehrsteilnehmer zu plötzlichen
Brems- und Spurwechselmanövern veranlaßt wurden. Angesichts dieser konkreten
Umstände, insbesondere der von dem klägerischen Fahrzeug ausgehenden
konkreten Behinderung bzw. Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer in der Zeit
des Berufsverkehrs, erscheint dem Senat im vorliegenden Fall die Dauer des
Verkehrsverstoßes von wenigen Minuten als ausreichend - um die Einleitung der
Ersatzvornahme insoweit zu rechtfertigen. Denn die eingeleitete
Abschleppmaßnahme diente der Beseitigung einer gravierenden Störung der
öffentlichen Sicherheit, deren unverzügliche Beendigung auch unter
Berücksichtigung der für den Betroffenen zu erwartenden Nachteile im
überwiegenden öffentlichen Interesse lag.
Der Heranziehung des Klägers zur Erstattung der durch die Einleitung des
Abschleppvorganges entstandenen Kosten steht nach Auffassung des Senats
auch nicht entgegen, daß es seinerzeit zu einem Abschleppen des klägerischen
Fahrzeugs nicht mehr gekommen ist, weil dieser sein Fahrzeug damals
unmittelbar vor Eintreffen des Abschleppfahrzeugs selbst von der fraglichen Stelle
weggefahren und damit den Verkehrsverstoß beendet hat. Wie das
Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, kommt es hier nicht darauf
an, ob das Fahrzeug seinerzeit tatsächlich abgeschleppt worden ist. Entscheidend
ist vielmehr, daß durch die Anforderung des Abschleppfahrzeugs die
Ersatzvornahme rechtmäßig eingeleitet worden war. Die durch die Anforderung
dieses Fahrzeugs entstandenen Kosten, für die der Beklagte in Vorlage treten
mußte, sind mithin Kosten der Ersatzvornahme im Sinne von § 28 Abs. 1 HSOG.
Zu dem Zeitpunkt, als der Kläger durch Entfernen seines PKWs von der fraglichen
Stelle den Verkehrsverstoß beendete, waren diese Kosten auch bereits angefallen,
weil das Abschleppfahrzeug bereits unterwegs war und die Anforderung zu diesem
Zeitpunkt nicht mehr rückgängig zu machen war.
Der Belastung des Klägers mit den Kosten für die Leerfahrt stehen hier auch
andere Umstände nicht entgegen. Zwar hat der Kläger im ersten Rechtszug -
allerdings ohne nähere Substantiierung - geltend gemacht, der Fahrer des
fraglichen Abschleppfahrzeugs habe ein anderes unmittelbar hinter ihm
abgestelltes Fahrzeug abgeschleppt, das ebenfalls im Halteverbot gestanden
habe. Das Abschleppunternehmen dürfe deshalb die Kosten nicht zweimal
berechnen. Der Beklagte hat daraufhin im einzelnen dargelegt, daß seinerzeit vier
Abschleppfahrzeuge für vier abzuschleppende Fahrzeuge, deren amtliche
Kennzeichen im einzelnen angegeben wurden, zum Erich-Ollenhauer-Ring beordert
worden seien. Zu diesem detaillierten Vorbringen hat der Kläger in der Folgezeit
nicht Stellung genommen, obwohl er ausdrücklich vom Verwaltungsgericht dazu
aufgefordert worden war. Der Kläger hat auch im Rahmen des
Berufungsverfahrens sein damaliges Vorbringen nicht mehr wiederholt, sondern
sich nur noch darauf berufen, daß sein Fahrzeug nicht abgeschleppt worden sei
und er deswegen nicht zu den Kosten für die Maßnahme herangezogen werden
könne. Unter diesen Umständen hält auch der Senat - wie bereits das
Verwaltungsgericht das völlig unsubstantiierte Vorbringen des Klägers, das
fragliche Abschleppfahrzeug habe seinerzeit einen anderen PKW abgeschleppt, für
nicht weiter aufklärungsbedürftig und unbeachtlich. Er sieht keine Veranlassung,
die Richtigkeit der Ausführungen der Beklagten zu dieser Frage in Zweifel zu
ziehen.
Der angegriffene Kostenbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist
nach alledem nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf
§§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde innen halb eines Monats
nach Zustellung dieser Entscheidung angefochten werden. Die Beschwerde ist bei
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nach Zustellung dieser Entscheidung angefochten werden. Die Beschwerde ist bei
dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel, Brüder-Grimm-Platz 1, durch
einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule
einzulegen. In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der
Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von der
die Entscheidung abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden - vgl. §
132 der Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. Januar 1960 (BGBl. I S. 17) und § 18
des Gesetzes vom 19. Juni 1968 (BGBl. I. S. 661).
Die Revision ist auch ohne Zulassung statthaft, wenn einer der in § 133 VwGO).
genannten Verfahrensmängel gerügt wird. In diesem Fall ist die Revision innerhalb
eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung durch einen Rechtsanwalt oder
einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule schriftlich beim Hessischen
Verwaltungsgerichtshof in Kassel, Brüder-Grimm-Platz 1, einzulegen. und
spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Die Revision muß die
angefochtene Entscheidung bezeichnen. Die Revisionsbegründung oder die
Revision muß einen bestimmten Antrag enthalten, ferner die verletzte Rechtsnorm
und die Tatsachen bezeichnen, die den gerügten Verfahrensmangel ergeben.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.