Urteil des HessVGH vom 01.07.1986

VGH Kassel: anwaltskosten, vertretung, beteiligter, vertrauensverhältnis, kündigung, quelle, vertreter, verwandtschaft, verschulden, offizialmaxime

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
10. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
10 D 2654/85
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 166 VwGO, § 114 ZPO, §
121 ZPO
(Prozeßkostenhilfe: Kostenübernahme bei Anwaltswechsel)
Gründe
I.
Der erkennende Senat hat durch Beschluß vom 28.01.1986 - auf entsprechenden
Antrag der Kläger -, diesen für die Durchführung des Berufungsverfahrens
Prozeßkostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt D., Gießen, zur Vertretung
beigeordnet. Mit Schriftsatz vom 07.05.1986 haben sich die nunmehr
Bevollmächtigten für die Kläger gemeldet, während die bisherigen Vertreter der
Kläger mitgeteilt haben, daß sie die Kläger nach deren Kündigung des
Mandatsverhältnisses nicht mehr vertreten. Unter dem 26.06.1986 haben die
jetzigen Bevollmächtigten der Klägerin beantragt,
die bislang gewährte Prozeßkostenhilfe auch weiterhin zu gewähren und
Rechtsanwalt B., Gießen, nunmehr beizuordnen.
Die Auswechselung der Beiordnung haben sie damit begründet, daß sie zum
jetzigen Bevollmächtigten ein besseres Vertrauensverhältnis hätten, insbesondere
seien andere Mitglieder der Familie und der Verwandtschaft durch den
beizuordnenden Rechtsanwalt vertreten worden. Sie versprächen sich von der
Wahrnehmung ihrer Interessen durch diesen Anwalt einen größeren Erfolg.
II.
Der Antrag ist abzulehnen. Zwar kann ein Beteiligter einen anderen zu seiner
Vertretung bereiten Anwalt beauftragen. Das Gericht hat eine entsprechende
weitere Beiordnungspflicht jedoch nur dann, wenn der bisher beigeordnete Anwalt
ohne ein Verschulden der Partei wegfällt, etwa weil jener das Mandat ohne einen
von dem Beteiligten zu vertretenen Grund niedergelegt oder weil der Beteiligte
jenem aus einem triftigen Grund gekündigt hat (vgl.
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 39. Aufl.. § 121 Anm. 2 A;
Wieczorek, ZPO, 2. Aufl., § 116
Rz A II a 2; RG, Beschluß vom 18.05.1904, JW 1904, 368). Nach Ansicht des
erkennenden Senats liegt ein triftiger Grund für einen Mandatswechsel nur dann
vor, wenn ein Beteiligter, der, weil ihm Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt werden
kann, seine Prozeßkosten selbst tragen muß, trotz der hierdurch entstehenden
höheren Anwaltskosten infolge der Entstehung zumindest einer weiteren
Verhandlungsgebühr sich vernünftigerweise veranlaßt sieht, einen anderen
Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen. Die von
den Klägern mit Schriftsatz vom 26.06.1986 auf entsprechende gerichtliche
Nachfrage dargelegten Gründe für den Mandatswechsel erfüllen diese
Anforderungen nicht. Von der rechtlichen Qualifikation her sind alle Rechtsanwälte
grundsätzlich als gleichwertig anzusehen, so daß ein Antragsteller zumal im von
der Offizialmaxime beherrschten Verwaltungsstreitverfahren den Mandatswechsel
nicht damit begründen kann, der bisher von ihm ausgewählte Anwalt werde nicht
mit dem gleichen Erfolg seine Interessen vertreten, wie der nunmehr ausgewählte.
Die Kläger haben auch nicht dargetan, daß ihr bisheriger Bevollmächtigter aus
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Die Kläger haben auch nicht dargetan, daß ihr bisheriger Bevollmächtigter aus
bestimmten Gründen nicht mehr ihr Vertrauen genießt. Allein die Tatsache, daß
der neue Mandatsträger bereits andere Personen in entsprechenden
Rechtsstreitigkeiten vertreten hat, wird einen Verfahrensbeteiligten, dem
Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt worden ist, vernünftigerweise im Hinblick auf die
erhöhten Anwaltskosten nicht veranlassen, sich diesen als neuen
Bevollmächtigten zu wählen.
Der Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs.
2 ZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.