Urteil des HessVGH vom 06.01.1994

VGH Kassel: auflage, satzung, laden, umbau, einverständnis, eigentümer, öffentlich, genehmigung, stadt, hof

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
3. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 UE 2631/92
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 917 BGB, § 67 Abs 7 S 1
BauO HE
(Ablösepflicht für Stellplätze)
Gründe
I.
Der Kläger, der sich gegen die Heranziehung zu Stellplatzablösebeträgen wendet,
ist Eigentümer des Grundstücks M straße in I, Flur, Flurstück. Unter dem
04.09.1986 erhielt er die Baugenehmigung zum Umbau der Scheunendurchfahrt
seines Hauses in einen Laden (Bl. 1 der Behördenakte - BA -). Gemäß § 96 Abs. 4
HBO 1978 enthält die Baugenehmigung die bestandskräftige Auflage Nr. 8, die
lautet: "Aufgrund des § 67 (2) der HBO i.d.F. vom 16.12.1977 wird die Anlage von 6
befestigten Stellplätzen auf dem Baugrundstück mit rechtlich gesicherter Zufahrt
von der E straße aus gefordert. Ist dies nicht möglich, sind für die 6 Stellplätze
gem. § 5 der Satzung der Stadt I über Stellplätze und Garagen Ablösebeiträge an
die Stadt zu entrichten."
Der Magistrat der Beigeladenen hatte mit Schreiben vom 20.08.1986 (Bl. 42 BA)
zuvor sein Einverständnis mit der Ablösung erforderlicher und nicht vorhandener
Stellplätze erklärt.
Der Beklagte forderte den Kläger mit Bescheid vom 23.02.1989 (Bl. 54 BA) zur
Zahlung eines Ablösebetrages in Höhe von 11.250,-- DM (6 x 1.875,-- DM) an die
Beigeladene auf und drohte für den Fall der Nichtzahlung unter Fristsetzung ein
Zwangsgeld in Höhe von 500,-- DM an. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben
vom 12.03.1989 (Bl. 57 BA) Widerspruch ein und beantragte unter dem gleichen
Datum bei der Beigeladenen die Stundung der Ablösungsbeträge, die abgelehnt
wurde. Mit Bescheid vom 15.01.1991 (Bl. 78 BA) berichtigte der Beklagte den
verlangten Ablösungsbetrag auf 10.350,-- DM.
Das Regierungspräsidium K wies den klägerischen Widerspruch gegen die
Zahlungsaufforderung vom 23.02.1989 i.d.F. vom 15.01.1991 mit
Widerspruchsbescheid vom 11.11.1991 zurück (Bl. 3 der Gerichtsakte - GA -). Zur
Begründung wurde ausgeführt, auf dem klägerischen Grundstück seien zwar
befestigte Flächen für 5 Stellplätze vorhanden, diese seien im Rechtssinne jedoch
nicht nutzbar, weil der Nachweis einer öffentlich-rechtlich gesicherten Zufahrt über
die Nachbarparzelle von der E straße aus nicht erbracht worden sei. Ein
Notwegerecht könne der Kläger insoweit nicht geltend machen, da ursprünglich
eine eigene Tordurchfahrt zum Hof von der M straße aus vorhanden gewesen sei.
Die Bauaufsichtsbehörde habe daher mit Einverständnis der Beigeladenen den
streitbefangenen Ablösebetrag dem Grunde und der Höhe nach gemäß § 67 Abs.
7 HBO 1978 i.V.m. der Satzung der Stadt I über Stellplätze und Garagen vom
13.11.1985 (Stellplatzsatzung - Bl. 76 BA -) zu Recht gefordert.
Das Verwaltungsgericht Kassel hat die am 27.11.1991 erhobene Klage mit Urteil
vom 16.11.1992 mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe die
bestandskräftige Auflage Nr. 8 der Baugenehmigung vom 04.09.1986 nicht erfüllt.
Für die auf dem klägerischen Grundstück möglichen 5 Stellplätze bestehe keine
rechtlich gesicherte Zufahrt von der E straße aus. Das bauaufsichtliche
Zahlungsverlangen sei daher berechtigt, zumal die Beigeladene zuvor ihr
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Zahlungsverlangen sei daher berechtigt, zumal die Beigeladene zuvor ihr
Einverständnis mit der Ablösung erklärt habe. Nach den §§ 6 und 7 der
Stellplatzsatzung sei der verlangte Ablösebetrag auch der Höhe nach richtig
berechnet worden. Die Zwangsgeldandrohung sei ebenfalls nicht zu beanstanden.
Da der Kläger unterlegen sei, bestehe kein Anlaß, die Hinzuziehung seines
Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Kläger hat gegen das ihm am 03.12.1992 zugestellte verwaltungsgerichtliche
Urteil am 10.12.1992 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist er auf fünf
vorhandene Stellplätze, wenn es ihm wegen ungeklärter Eigentumsverhältnisse
auch noch nicht gelungen sei, eine die Überfahrt sichernde Baulast vom
zukünftigen Eigentümer des Flurstücks 3 zu erhalten. Der Kläger verweist dazu auf
einen Rechtsstreit des Käufers S. gegen die Beigeladene, in dem es um eine
städtebaurechtliche Genehmigung des Kaufvertrags nach § 144 BauGB geht, und
der nach Klageabweisung im ersten Rechtszug beim Hessischen
Verwaltungsgerichtshof unter dem Aktenzeichen 4 UE 2574/92 noch anhängig ist.
Der Kläger ist überdies der Ansicht, bezüglich des Flurstücks stehe ihm ein
Notwegerecht nach § 917 Abs. 1 BGB zu. Ein Ausschluß dieses Überfahrtrechts
nach § 918 Abs. 1 BGB liege nicht vor, da er die bisherige Verbindung des
Grundstücks zur Mittelstraße durch Umbau der Scheunendurchfahrt zu einem
Laden nicht willkürlich aufgehoben habe. Da fünf anfahrbare Stellplätze vorhanden
seien, sei es allenfalls gerechtfertigt, den Heranziehungsbescheid für die Ablösung
eines Stellplatzes aufrechtzuerhalten. Es sei im übrigen ermessensfehlerhaft, daß
sich der Beklagte auf die fehlende öffentlich-rechtliche Sicherung beziehe, anstatt
die Primärerfüllung auf dem Baugrundstück gelten zu lassen. Der Beklagte habe
rechtsfehlerhaft auch nicht berücksichtigt, daß die Stellplatzablösung eine der
Erteilung der Baugenehmigung vorgreifliche Entscheidung sei, die in einem
besonderen, dem Baugenehmigungsverfahren zwischengeschalteten Verfahren zu
treffen sei. Dieses Zwischenverfahren sei nicht dadurch ersetzt, daß die
Beigeladene der Ablösung der Stellplatzpflicht zugestimmt habe.
Der Kläger ist schließlich der Auffassung, der Beklagte habe bei der Berechnung
der Stellplatzpflicht nur bauliche Veränderungen für eine Nutzfläche von etwa 50
qm ansetzen dürfen, d. h. den durch die Änderung entstehenden zusätzlichen
Bedarf, der mit 6 Stellplätzen überhöht angenommen worden sei. Nach § 48 Abs.
1 HVwVfG könne die Rücknahme der rechtswidrigen Baugenehmigung insoweit
verlangt werden, als sie die Auflage von 6 Stellplätzen enthalte. Ohnehin sei es in
entsprechender Anwendung des § 242 BGB ein unzulässiges gemeindliches
Handeln gegen eigenes vorausgegangenes Tun, wenn die Beigeladene, der der
streitbefangene Ablösebetrag zufließen solle, die städtebaurechtliche Zustimmung
zu dem Grundstücksverkauf des Flurstücks verweigere, obwohl der Käufer S. bereit
wäre, ein Durchfahrtsrecht zugunsten des Klägers öffentlich-rechtlich durch
Baulast zu sichern. Es liege an der Beigeladenen, dafür zu sorgen, daß der neue
Eigentümer im Grundbuch eingetragen werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 16. November
1992 - 2/3 E 1581/91 - und den Bescheid des
Beklagten vom 23. Februar 1989 i.d.F. vom 15. Januar
1991 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums
K vom 11. November 1991 aufzuheben
und den Beklagten zu verpflichten, ihn von der
Heranziehung von Stellplatzbeiträgen freizustellen
sowie die Hinzuziehung der Bevollmächtigten zum Vorverfahren
für erforderlich zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide und das
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Der Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide und das
verwaltungsgerichtliche Urteil. Nach seiner Ansicht besteht kein klägerisches
Notwegerecht auf dem Flurstück, da sich der Kläger durch eine eigene
Baumaßnahme des Zugangs von der öffentlichen Wegefläche (M straße) auf sein
rückwärtiges Grundstück beraubt habe. Die Verweisung auf die behördlich erteilte
Baugenehmigung könne hier nicht von Bedeutung sein, da der Bauherr ja nicht
verpflichtet gewesen sei, von der Baugenehmigung Gebrauch zu machen. In der
vom Kläger vorgetragenen Weise bestehe im Rahmen des § 67 HBO kein
bauaufsichtlich auszuübendes Ermessen, weshalb der angefochtene Bescheid
auch nicht wegen geltend gemachter Ermessensfehler aufzuheben sei.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie hat im Berufungsverfahren auch keine
Stellungnahme abgegeben.
Dem Senat liegt die einschlägige Behördenakte des Beklagten mit fünf Lichtbildern
vor. Sie ist Gegenstand der Beratung gewesen. Auf ihren Inhalt wird ebenso wie auf
die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Senat kann gemäß § 130 a VwGO durch Beschluß entscheiden, weil er die
klägerische Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche
Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat einen
klägerischen Anspruch auf Aufhebung der streitbefangenen Zahlungsanforderung
und auf Freistellung von der Ablösepflicht zu Recht verneint. Zur Begründung
nimmt der Senat gemäß § 130 b VwGO Bezug auf die zutreffenden
Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts.
Die Berufungsbegründung rechtfertigt eine dem Kläger günstigere Entscheidung
nicht. Die Zahlungspflicht wurzelt dem Grunde nach in der bestandskräftigen
Auflage Nr. 8 zur Baugenehmigung vom 04.09.1986. Wenn eine Auflage, wie hier,
mangels Anfechtung in Bestandskraft erwachsen ist, kommt es nach einhelliger
Rechtsprechung auf ihre mögliche Rechtswidrigkeit nicht mehr an (vgl. z. B.
BVerwG, Urteil vom 13.07.1979 - 4 C 67.76 - BRS 35 Nr. 126 a.E.; Hess. VGH,
Urteil vom 07.12.1981 - 4 OE 1/81 - BRS 38 Nr. 137; VGH Bad.-Württ., Urteil vom
05.05.1976 - BRS 30 Nr. 108). Für die Nichtigkeit der Auflage ist hier nichts
ersichtlich und nichts vorgetragen. Dazu müßte ein schwerwiegender und
offensichtlicher Rechtsfehler im Sinne des § 44 Abs. 1 HVwVfG vorliegen, was nicht
der Fall ist. Im Hinblick auf die Anforderungen des § 67 HBO an erforderliche
Stellplätze ist sogar von der Rechtmäßigkeit der Auflage Nr. 8 auszugehen. Soweit
nach den Angaben des Klägers bereits vor dem Umbau eigengenutzte und
vermietete Flächen von 480 qm auf dem Grundstück bestanden und zu
berücksichtigen ist, daß zugehörige Stellplätze auf dem Hof von der M - und der E
straße aus anfahrbar waren, war der Beklagte berechtigt, die Zahl der nach Wegfall
der Scheunendurchfahrt rechtlich zu sichernden Stellplätze für vier Wohnungen
einschließlich einer Steuerberatungspraxis einzubeziehen und für den
neugeschaffenen Laden gemäß den Richtzahlen für den Stellplatzbedarf im
Anhang der städtischen Stellplatzsatzung vom 13.11.1985 zwei weitere Stellplätze
zu fordern. Im Hinblick auf den Besucherverkehr der Steuerberatungspraxis könnte
der zu sichernde und gegebenenfalls abzulösende Stellplatzbedarf eher zu niedrig
als zu hoch eingeschätzt worden sein. Die Satzung der Beigeladenen über
Stellplätze und Garagen vom 13.11.1985 läßt formelle oder materielle
Rechtsfehler nicht erkennen. Soweit sich die Anzahl der Stellplätze nach § 5 der
Satzung nach der "beigefügten Anlage 1" richtet, die wesentlicher Bestandteil der
Satzung sei, ist für die Öffentlichkeit und den Rechtsverkehr hinreichend deutlich
und bestimmt, daß damit die in unmittelbarem Anschluß an die Satzung
mitveröffentlichten "Richtzahlen für den Stellplatzbedarf" gemeint sind, auch wenn
dieser Anhang nicht ausdrücklich noch einmal als Anlage 1 bezeichnet worden ist.
Die Auflage Nr. 8 beachtet mit den nur hilfsweise geforderten Ablösebeiträgen in
Übereinstimmung mit § 67 Abs. 7 Satz 1 HBO 1978 auch die Nachrangigkeit der
Zahlungspflicht. Mit dem zuvor eingeholten Einverständnis der beigeladenen
Gemeinde zur hilfsweise geforderten Ablösung sind die diesbezügliche
Tatbestandsvoraussetzung des § 67 Abs. 7 Satz 1 HBO 1978 und nach Sinn und
Zweck die Anforderungen eines vorgeschalteten Zwischenverfahrens bei der
Gemeinde erfüllt, das in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom
19.06.1981 - IV OE 70/80 - Hess.VGRspr. 1982, 17 = BRS 38 Nr. 135
angesprochen worden ist. Der Kläger ist zu seinem rechtlichen Vorteil mit der
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angesprochen worden ist. Der Kläger ist zu seinem rechtlichen Vorteil mit der
Auflage Nr. 8 auf die hilfsweise gegebene Zahlungsmöglichkeit nach der
städtischen Stellplatzsatzung hingewiesen worden. Andernfalls hätte die begehrte
Baugenehmigung für den Umbau der Scheunendurchfahrt zu einem Laden nicht
erteilt werden können. Es ist nicht ersichtlich, welchen Sinn und welche
weiterreichenden rechtlichen Folgen ein förmlicher und ausgedehnter gestaltetes
gemeindliches Zwischenverfahren zur Herstellung des kommunalen
Einverständnisses mit einer Stellplatzablösung hätte haben können. Für die
Bauaufsichtsbehörde war die Vorlage des gemeindlichen Einverständnisses vom
20.08.1986 als Verwaltungsakt notwendig und trotz aller Verfahrenskürze
ausreichend.
Angesichts dieser Umstände steht dem Kläger gegenüber der Stellplatzauflage
kein Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts nach § 48
Abs. 1 HVwVfG zu, zumal ein solcher Anspruch zusätzlich eine behördliche
Ermessensreduzierung auf Null voraussetzen würde, wofür hier angesichts der
rechtlich ungeklärten Stellplatzsituation auf dem klägerischen Grundstück ins
Gewicht fallende Anhaltspunkte fehlen.
Wegen der Zahlungsanforderung kann sich der Kläger nicht auf eine tatsächliche
Erfüllung der Stellplatzpflicht für fünf Fahrzeuge berufen. Eine benutzbare und
rechtlich gesicherte Zufahrt besteht zu seinem Flurstück nicht. Die frühere
Scheunendurchfahrt ist gesperrt und durch einen Laden ersetzt worden. Ein
grundbuchrechtlich oder baulastmäßig gesichertes Überfahrtsrecht über das
Flurstück ist dem Kläger bisher nicht eingeräumt worden.
Im Zusammenhang mit der Erteilung und Ausnutzung der Baugenehmigung
fordert jedoch die bestandskräftige Auflage Nr. 8 zu Recht vom Kläger ein
gesichertes Zufahrtsrecht für die in erster Linie tatsächlich zu errichtenden
notwendigen Stellplätze unter Bezugnahme auf § 67 Abs. 2 HBO. Ist dies im
zeitlichen Zusammenhang nicht oder nur unter nicht unmittelbar behebbaren
großen Schwierigkeiten möglich, steht die Ablösung als Erfüllungssurrogat bereit (§
67 Abs. 7 HBO), was die Auflage Nr. 8 ebenfalls regelt.
Der Beklagte, der nach den §§ 67, 83 HBO nicht nur das Recht, sondern auch die
Pflicht hat, in rechtlich einwandfreier Form für erforderliche Stellplätze oder für die
Durchsetzung kompensatorischer Auflagen zu sorgen, ist nicht darauf verwiesen,
vom Kläger lediglich in Aussicht gestellte baulastgesicherte Überfahrtsrechte
abzuwarten und sich mit jahrelangen Verzögerungen zufriedenzugeben. Es ist
dem Beklagten nicht zumutbar, etwa den Ausgang des bei einem anderen Senat
des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs noch anhängigen Berufungsrechtsstreits
4 UE 2574/92 über die sanierungsrechtliche Genehmigung des Grunderwerbs des
Käufers S. abzuwarten, zumal die Beigeladene diesen Rechtsstreit im ersten
Rechtszug gewonnen hat und nichts dafür erkennbar oder vorgetragen worden ist,
sie verweigere die sanierungsrechtliche Genehmigung mißbräuchlich, um im
vorliegenden Rechtsstreit Ablösezahlungen des Klägers zu erhalten. Die
Stellplatzpflicht bzw. die Ablösezahlungen soll zeitnah und wirksam im
Zusammenhang mit einer baulichen Ausnutzung sicherstellen, daß die damit
verbundenen Auswirkungen für die Sicherheit, Ordnung und Leichtigkeit des
Verkehrs in rechtlich einwandfreier Form aufgefangen werden. Man kann hier
bauordnungsrechtlich gerade im Zusammenhang mit § 67 HBO von einem Gebot
der Konfliktbewältigung sprechen, das es verbietet, die bauliche Nutzung sofort
ausüben zu lassen und die rechtliche Sicherung und Bewältigung der
Verkehrsfolgen in eine ungewisse Zukunft zu verlagern. Der Kläger hatte
gegenüber der früheren Grundstückseigentümerin des Flurstücks mehrere Jahre
Zeit, sich durch Baulast nach § 109 HBO ein Überfahrtsrecht zu sichern, was aus
Gründen, die der Beklagte nicht zu vertreten hat, fehlgeschlagen ist. Für diesen
Fall war und ist es gerade der Sinn und Zweck der in der bestandskräftigen Auflage
Nr. 8 hilfsweise dem Grunde nach bereits festgelegten Ablösepflicht, für eine
geregelte Konfliktbewältigung zu sorgen. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, sich
weiter vertrösten zu lassen und zeitraubende zusätzliche Versuche der
Primärerfüllung der Stellplatzpflicht abzuwarten. Mithin ist es auch kein
Ermessensfehler im Sinne des § 67 Abs. 2 HBO, wenn der Beklagte nach
mehreren erfolglos verstrichenen Jahren die tatsächliche Nutzbarkeit rechtlich
gesicherter Stellplätze nicht mehr abwartet und den subsidiär einspringenden
Ablösebetrag fordert.
Für die Erfüllung der Stellplatzpflicht für fünf der geforderten sechs Stellplätze kann
sich der Kläger nicht auf ein Notwegerecht nach § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen.
sich der Kläger nicht auf ein Notwegerecht nach § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen.
Nach § 918 Abs. 1 BGB ist ein Notwegerecht über das Flurstück 99/3 hier
ausgeschlossen. Die Verpflichtung zur Duldung eines Notwegs tritt nicht ein, wenn
die bisherige Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine
willkürliche Handlung des Eigentümers aufgehoben wird. Willkürlich handelt, wer
sich etwa bei Vornahme baulicher Maßnahmen einen vorhandenen Weg
abschneidet, ohne sich einen anderen Zugang zu schaffen (MünchKomm.-Säcker,
§ 918 Rdnr. 2). Das ist hier der Fall. Der Kläger hat die frühere Scheunendurchfahrt
mit einem Laden gesperrt und damit die Zugangsnot durch eigene Handlung
herbeigeführt. Es liegt ein Fall der Verursachung, wenn nicht des Verschuldens
gegen sich selbst vor. Dem Kläger stand es zur Vermeidung der Ablösezahlung
frei, die mit Auflagen bewehrte Baugenehmigung nicht oder erst dann
auszunutzen, wenn ihm die rechtlich gesicherte Herstellung von Stellplätzen und
ihrer Zufahrt tatsächlich möglich war.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.