Urteil des HessVGH vom 28.11.1996

VGH Kassel: lehrer, pflichtstundenzahl, entlastung, wohnsitz im ausland, rechtsverordnung, ermächtigung, gesetzliche vermutung, angemessenheit, vergleich, hessen

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
1. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 N 2408/94
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 131 Verf HE, Art 132
Verf HE, § 47 VwGO, § 93
Abs 2 PersVG HE, § 40 Abs
2 PersVG HE
(Normenkontrolle der Verordnung über die Ermäßigung der
Pflichtstundenzahl für Personalratsmitglieder im
Schulbereich: eingeschränkte gerichtliche Kontrolle;
spezialgesetzliche, abschließende Regelung über die
Freistellung im Schulbereich)
Tatbestand
I.
Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist die Frage, ob die
verordnungsrechtlichen Regelungen über die Ermäßigung der Pflichtstundenzahl
für Mitglieder des Hauptpersonalrats der Lehrer gültig sind.
Das Hessische Personalvertretungsgesetz vom 24. März 1988 (GVBl. I S. 103) -
HPVG -, zuletzt geändert durch Art. 4 des 6. Gesetzes zur Änderung
dienstrechtlicher Vorschriften vom 21. Dezember 1994 (GVBl. I S. 810), sieht in §
91 Abs. 1 vor, daß die Lehrer, Erzieher, Sozialpädagogen sowie die sonstigen in
Erziehung und Unterricht tätigen Personen in den allgemeinbildenden und
beruflichen Schulen sowie in den Studienseminaren und berufspädagogischen
Fachseminaren eigene Personalvertretungen wählen. Neben diesen Personalräten
sind bei den Staatlichen Schulämtern für diese Beschäftigten Gesamtpersonalräte
zu bilden (§ 91 Abs. 3 Satz 1 HPVG), die u.a. bei Maßnahmen, die für die
Beschäftigten mehrerer Dienststellen von allgemeiner Bedeutung sind sowie bei
Abordnungen und Versetzungen innerhalb des Dienstbezirks eines Staatlichen
Schulamts anstelle des Personalrats zu beteiligen sind (§ 91 Abs. 4 HPVG). Als
Stufenvertretungen werden gebildet Bezirkspersonalräte der Lehrer bei den
Regierungspräsidien und der Hauptpersonalrat der Lehrer bei dem
Kultusministerium (§ 92 Abs. 1 HPVG).
Die Sitzungen der Personalvertretungen der Lehrer finden grundsätzlich außerhalb
der Unterrichtszeit statt. Dies gilt nicht für die Sitzungen der Gesamtpersonalräte,
der Bezirkspersonalräte und des Hauptpersonalrats (§ 93 Abs. 1 HPVG).
Personalratsmitglieder haben, soweit sie Geschäfte des Personalrats außerhalb
ihrer Arbeitszeit erledigen müssen, einen Anspruch auf Dienstbefreiung
entsprechend der aufgewandten Zeit (§ 40 Abs. 2 Satz 2 HPVG). Mitglieder des
Personalrats sind von ihrer dienstlichen Tätigkeit freizustellen, wenn und soweit es
nach Umfang und Art der Dienststelle zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer
Aufgaben erforderlich ist (§ 40 Abs. 3 Satz 1 HPVG). Gemäß § 51 Abs. 1 HPVG
gelten diese Regelungen für die Stufenvertretungen entsprechend. Zur
Umsetzung dieser Regelungen für den Bereich der Schulen wird der zuständige
Fachminister in § 93 Abs. 2 HPVG ermächtigt, durch Rechtsverordnung in den
Fällen des § 40 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Sätze 1 und 2 HPVG die
Pflichtstundenzahl in angemessener Weise zu ermäßigen.
Von dieser Ermächtigung hat der Hessische Kultusminister mit der Verordnung
über die Ermäßigung der Pflichtstundenzahl für Personalratsmitglieder im
Schulbereich vom 14. Juli 1994 (GVBl. I S. 346) unter Aufhebung der bisher
geltenden Verordnung vom 9. Juni 1992 (GVBl. I S. 229) Gebrauch gemacht und §
5 wie folgt neu gefaßt:
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Die Vorsitzende oder der Vorsitzende des Hauptpersonalrats der Lehrer wird von
der Unterrichtsverpflichtung in vollem Umfang freigestellt. Bei den übrigen
Mitgliedern des Hauptpersonalrats der Lehrer wird die wöchentliche
Pflichtstundenzahl um die Hälfte abzüglich zweier Wochenstunden ermäßigt. Das
Stundendeputat für die Aufgaben und Tätigkeiten nach § 1 beträgt 30
Wochenstunden.
In § 1 dieser Verordnung ist geregelt, daß für die Tätigkeit als Vorsitzender, als
Stellvertreter und Schriftführer im Personalrat sowie für die Wahrnehmung
besonderer Aufgaben die Personalvertretungen ein Stundendeputat erhalten, über
dessen Verteilung sie in eigener Zuständigkeit entscheiden. Ermäßigungen der
Pflichtstundenzahl aus dem Stundendeputat werden zusätzlich zu der für
Mitglieder festgesetzten Ermäßigung gewährt.
Folge dieser Neuregelung ist, daß durch die Herabsetzung des Stundendeputats
von 40 auf 30 Wochenstunden und den Abzug einer weiteren Wochenstunde im
Rahmen der Ermäßigung der wöchentlichen Pflichtstundenzahl für Mitglieder des
Hauptpersonalrats der Lehrer die Entlastung im Bereich des Hauptpersonalrats
um insgesamt 34 Stunden gekürzt worden ist.
Zur Begründung hatte das Hessische Kultusministerium im Schreiben vom 7. Juni
1994 an den Vorsitzenden des Hauptpersonalrats der Lehrer folgendes
ausgeführt: "Nach der im Hessischen Gleichberechtigungsgesetz getroffenen
Regelung sind an allen Staatlichen Schulämtern jeweils eine Frauenbeauftragte
und eine ihr zugeordnete Mitarbeiterin zu bestellen. Somit werden unter
Beachtung der Zusammenlegung von Staatlichen Schulämtern mindestens 24
Stellen für Frauenbeauftragte und 24 Stellen für Mitarbeiterinnen benötigt, die
nach der Vorgabe des Gesetzgebers vom Ressort zu erwirtschaften sind. Ich
beabsichtige daher, die erforderlichen Stellen für die Frauenbeauftragten aus den
Schulkapiteln in das Kapitel 0452 Staatliche Schulämter umzusetzen. Für die
Mitarbeiterinnen der Frauenbeauftragten müssen 24 BAT-Stellen geschaffen
werden, und zwar durch Umwandlung freier Planstellen der Besoldungsstellen A 14
oder A 13 BBesO. Die Anzahl der umzuwandelnden Planstellen beträgt 17 oder 18
Stellen. Die insgesamt erforderlichen Stellen (24 Stellen + mindestens 17 Stellen)
sollen in vollem Umfang durch Kürzung der Anrechnungsstunden der
Personalvertretungen ausgeglichen werden.
Um die erforderliche Einsparung von 41 Stellen zu erreichen, beabsichtige ich
folgende Kürzungen vorzunehmen:
HPRLL
Summe
a) Mitgl. 1 Std. weniger
24 Stdn.
b) Deputat v. 40 auf 30 Stdn.
10 Stdn. 34 Stdn.
BPRLL
a) Mitgl. 2 Stdn. weniger
144 Stdn.
b) Deputat von 30 auf 20 Stdn.
10 Stdn. 154 Stdn.
GPRLL
a) Mitgl. 1 Std. weniger
150 Stdn.
(nur Staffel 9-11 und 12-14 Mitgl.)
b) Deputat von 15 auf 13 Stdn. = 48 Stdn.
bzw. von 20 auf 18 Stdn.
198 Stdn.
Örtl. Schulpersonalrat (ab 5 Mitgl.)
a) Vorsitzende 1 Std. weniger =
319 Stdn.
b) Deputate 1 Std. weniger =
319 Stdn. 638 Stdn.
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1024 Stdn.
= 40,96 Stellen."
Diese Aufstellung ist vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 21. August 1996
dahingehend berichtigt worden, daß bei dem Bezirkspersonalrat der Lehrer die
Kürzung 140 bzw. 30 Stunden, also insgesamt 170 Stunden betrage, die
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Kürzung 140 bzw. 30 Stunden, also insgesamt 170 Stunden betrage, die
Gesamteinsparung demgemäß 1.040 Stunden ausmache, was 41,6 Stellen
entspreche.
Die Verordnung ist gemäß § 8 am Tage nach der Verkündung, am 15. Juli 1994, in
Kraft getreten.
Der Antragsteller hat als Studienrat eine Pflichtstundenzahl von 23
Wochenstunden zu unterrichten. Er ist Mitglied des Hauptpersonalrats der Lehrer.
Bisher erhielt er auf der Grundlage der Rechtsverordnung 1992 für seine
Personalratstätigkeit eine Ermäßigung von 10,5 Wochenstunden (23:2 = 11,5 - 1 =
10,5). Aufgrund der derzeitigen Rechtslage (Rechtsverordnung 1994) erhält er eine
Ermäßigung von 9,5 Wochenstunden (23:2 = 11,5 - 2 = 9,5).
Am 6. September 1994 hat der Antragsteller das Normenkontrollverfahren mit
dem Antrag eingeleitet,
festzustellen, daß § 5 Sätze 2 und 3 der Verordnung über die Ermäßigung der
Pflichtstundenzahl für Personalratsmitglieder im Schulbereich vom 14. Juli 1994
ungültig ist.
Zur Begründung trägt er vor, der Antrag sei zulässig, da er durch die
angegriffenen Regelungen einen Nachteil erleide und weitere Nachteile zu
erwarten seien. Die durch § 5 Satz 2 der Verordnung gewährte Ermäßigung der
Pflichtstundenzahl falle um eine Stunde geringer aus als nach der bisherigen
Rechtslage. Aufgrund der Regelung des § 5 Satz 3 der Verordnung seien für ihn
weitere Nachteile zu erwarten, da eine Neuverteilung der Deputatstunden im
Hauptpersonalrat zu erfolgen habe und er nicht berücksichtigt zu werden drohe.
Ferner erblicke er einen Nachteil darin, daß er vermehrt die Erforderlichkeit seiner
personalvertretungsrechtlichen Tätigkeit gegenüber der Dienststelle nachweisen
müsse. Schließlich sei ein Nachteil darin zu sehen, daß er infolge der
unzureichenden Entlastung von Lehraufgaben unter Verstoß gegen § 40 Abs. 3
Satz 3, § 64 Abs. 1 HPVG in seinem beruflichen Werdegang in
unverhältnismäßiger, nämlich nicht erforderlicher Weise beeinträchtigt werde.
Die angegriffenen Regelungen seien mit höherrangigem Gesetzesrecht
unvereinbar. Sie hielten sich nicht im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des §
93 Abs. 2 HPVG. Diese Bestimmung ermächtige dem Verordnungsgeber lediglich
dazu, in den Fällen des § 40 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Sätze 1 und 2 HPVG über die
Ermäßigung der Pflichtstundenzahl Regelungen zu treffen. Demgemäß sei der
Verordnungsgeber nicht befugt gewesen, entgegen der gesetzlichen Regelung in §
51 Abs. 2 HPVG, wonach bei einem aus 25 Mitgliedern bestehenden
Hauptpersonalrat 4 Mitglieder von ihrer dienstlichen Tätigkeit ganz freizustellen
seien, in § 5 der Verordnung zu bestimmen, daß lediglich der Vorsitzende des
Hauptpersonalrats in vollem Umfang freizustellen sei und das Stundendeputat 30
Wochenstunden betrage. Bei Anwendung der den Verordnungsgeber bindenden
gesetzlichen Regelung in § 51 Abs. 2 HPVG hätte die Entlastung um 3,5 Stunden
höher ausfallen müssen. Entgegen der von der Fachkammer für
Personalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main im
Beschluß vom 13. Mai 1993 - 1 L 6006/93(V) - vertretenen Auffassung verdränge
die Ermächtigungsnorm des § 93 Abs. 2 HPVG die Vorschrift des § 51 Abs. 2 HPVG
nicht als speziellere Norm.
Die angegriffenen Regelungen seien auch deshalb nicht von der Ermächtigung des
§ 93 Abs. 2 HPVG gedeckt, weil die Entlastung für die Personalratsarbeit nicht in
"angemessener Weise", nämlich so erfolgt sei, wie es nach Umfang und Art der
Dienststelle zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben
erforderlich sei. Hierbei sei der Verordnungsgeber an die gesetzlichen
Freistellungsstaffeln des § 40 Abs. 4 und § 51 Abs. 2 HPVG als gesetzliche
Vermutung für die erforderliche Freistellung gebunden. Im übrigen beruhten diese
Freistellungsstaffeln auf langjährigen Erfahrungswerten, die auch der
Bundesgesetzgeber in § 46 Abs. 4 BPersVG zugrundegelegt habe. Da sich die
gesetzlichen Aufgaben der Personalräte seit der Neufassung des Hessischen
Personalvertretungsgesetzes vermehrt hätten und dem auch die Entwicklung im
Schulbereich entspreche, sei der Verordnungsgeber nicht befugt gewesen, den
gesetzlich festgelegten Freistellungsumfang für den Schulbereich zu reduzieren.
Dies stelle eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots der Personalräte und
des Benachteiligungsverbots gemäß § 64 Abs. 1 HPVG dar.
Entgegen der vom Antragsgegner zur Begründung herangezogenen
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Entgegen der vom Antragsgegner zur Begründung herangezogenen
haushaltsrechtlichen Erwägungen sei es unzulässig, die Bemessung der
Entlastung für Personalräte aufgrund außerhalb des Personalvertretungsgesetzes
liegender Kriterien zu bestimmen. Im übrigen unterliege der Anspruch auf
Ermäßigung der Pflichtstundenzahl der Personalräte nicht einem
haushaltsrechtlichen Vorbehalt.
Der Antragsgegner tritt dem Antrag entgegen. Die angegriffenen Vorschriften
seien mit höherrangigem Recht vereinbar, hielten sich insbesondere im Rahmen
der Ermächtigung des § 93 Abs. 2 HPVG. Die festgesetzten Stundenermäßigungen
seien auch angemessen. Dies ergebe sich zum einen aus einer von ihm
vorgenommenen Länderumfrage, auf die wegen der Einzelheiten Bezug
genommen wird (S. 3 des Schriftsatzes vom 30. Mai 1995). Des weiteren sei die
Verminderung der Ermäßigung der Pflichtstundenzahl auch deshalb angemessen,
weil sich die Aufgaben der Stufenvertretungen seit der Novellierung des
Hessischen Personalvertretungsgesetzes 1992 reduziert hätten. Wie eine
Auswertung der Tagesordnungen des Hauptpersonalrats der Lehrer für den
Zeitraum 9. Juni 1990 bis 14. Juli 1994 ergebe, sei die Anzahl der
durchzuführenden Stufenverfahren kontinuierlich zurückgegangen, und zwar von
179 Stufenverfahren in den zwei Jahren vor der Verordnung 1994 auf 71
Stufenverfahren in den anschließenden zwei Jahren; wegen der Einzelheiten wird
auf S. 6 f. des Schriftsatzes des Antragsgegners vom 12. August 1996 Bezug
genommen. Angesichts dieser Entwicklung stelle die Reduzierung der
Stundenermäßigung durch die angegriffenen Bestimmungen eine großzügige
Regelung dar. Der Antragsteller erhalte aufgrund der von ihm angegriffenen
Regelungen eine Pflichtstundenermäßigung von 9,5 Stunden, was einer
Freistellung von der Unterrichtsverpflichtung an zwei Tagen pro Woche in etwa
entspreche. Da die Sitzungen des Hauptpersonalrats nur 14-tägig stattfänden,
verblieben dem Antragsteller und den anderen Hauptpersonalratsmitgliedern in
der darauffolgenden Woche ein voller Tag für die Nachbereitung der letzten
Sitzung und ein voller Tag für die Vorbereitung der nächsten Sitzung. Im übrigen
ergebe sich aus dem dargelegten Zahlenverhältnissen, daß haushaltsrechtliche
Erwägungen zwar der Anlaß für die Neuregelung, nicht aber ihr Grund gewesen
seien.
Im übrigen könne die Frage der Angemessenheit nicht losgelöst von
haushaltsrechtlichen Erwägungen beurteilt werden. Die Haushaltslage und der
Schülerzuwachs der nächsten Jahre zwängen den Antragsgegner zu
einschneidenden Sparmaßnahmen, wie z.B. Einsparungen von 400 nicht
unterrichtswirksamen Stellen, Erhöhung der Pflichtstunden sowie Reduzierung der
Anrechnungsstunden. Ab dem Schuljahr 1995/96 würden Anrechnungsstunden für
schulische Aufgaben und Funktionen um rund 20 v.H., Anrechnungsstunden für
Schulleiterinnen und Schulleiter sowie deren Vertretungen um 10 v.H. gekürzt, wie
sich im einzelnen aus der Presseinformation des Hessischen Kultusministeriums
vom 4. Mai 1995 ergebe. Aufgrund der Rechtsverordnung 1992 habe der
Gesamtumfang der Entlastung für Personalratstätigkeit im Schulbereich in Hessen
9518,67 Wochenstunden betragen; dies entspreche 380 Lehrerstellen. Die
Einsparungen durch die Rechtsverordnung 1994 um 1024 Stunden, also um 41
Stellen ergebe eine Kürzung von 10,75 v.H. Gemessen an der 20prozentigen
Kürzung der Anrechnungsstunden für schulische Aufgaben und Funktionen könne
die bei den Personalräten vorgenommene Kürzung um 10,75 v.H. nicht als
unangemessen bezeichnet werden. Die Kürzung liege auch im konkreten Fall des
Antragstellers nicht höher. Er habe eine Pflichtstundenzahl von 23
Wochenstunden. Bisher habe er für seine Personalratstätigkeit eine Ermäßigung
von 10,5 Wochenstunden und jetzt aufgrund der angegriffenen Regelungen von 9,5
Wochenstunden erhalten. Dies ergebe eine Kürzung um 9,52 v.H.
Der Antragsteller tritt dem Vorbringen des Antragsgegners entgegen,
insbesondere hinsichtlich der Verwertbarkeit der Länderumfrage wegen der
unterschiedlichen Bedingungen und gesetzlichen Ausgestaltungen in den
einzelnen Bundesländern. Er vertritt ferner die Auffassung, die vergleichende
Fallstudie zur Angemessenheit der Pflichtstundenentlastung sei wegen des rein
zahlenmäßigen Vergleichs der Beteiligungsfälle nicht aussagekräftig. Im übrigen
bestreitet er - ohne nähere Konkretisierung - eine eingetretene Minderbelastung
des Hauptpersonalrats der Lehrer nach der Novellierung des Hessischen
Personalvertretungsgesetzes. Des weiteren äußert er Zweifel an der
Verwertbarkeit der tatsächlichen Angaben in den Fallstudien des Antragsgegners
zur Angemessenheit der Entlastung, da diese nicht vor dem Inkrafttreten der
Verordnung erstellt und nicht mit der Personalvertretung erörtert worden seien.
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Verordnung erstellt und nicht mit der Personalvertretung erörtert worden seien.
Schließlich sei es nicht Aufgabe des Dienstherrn, die Arbeitsbelastung der
Personalvertretungen zu ermitteln.
Demgegenüber weist der Antragsgegner darauf hin, daß zur Begründung der
Angemessenheit der Entlastungskürzungen lediglich Material verwendet worden
sei, das der Personalvertretung bekannt sei. Dies gelte insbesondere für den im
verwaltungsgerichtlichen Beschlußverfahren des Bezirkspersonalrats der Lehrer
bei dem Regierungspräsidium Darmstadt beim Verwaltungsgericht Darmstadt
vorgelegten Schriftsatz des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 15. Dezember
1994. Der Antragsteller habe daher ausreichend Gelegenheit gehabt, sich zu dem
Tatsachenmaterial des Verordnungsgebers zu äußern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und die vom Antragsgegner
vorgelegten Verwaltungsvorgänge (25 Hefter) Bezug genommen. Sie sind
Gegenstand der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Normenkontrollantrag, über den der Senat durch Beschluß entscheidet, da er
eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 47 Abs. 6 Satz 1 VwGO),
hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist zulässig. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof ist gemäß § 47 Abs.
1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 11 Abs. 1 AG VwGO zur Entscheidung berufen, ob die zur
Überprüfung gestellten Regelungen des § 5 Sätze 2 und 3 der Verordnung über die
Ermäßigung der Pflichtstundenzahl für Personalratsmitglieder im Schulbereich vom
14. Juli 1994 (GVBl. I S. 346) mit höherrangigem Recht vereinbar sind, da es sich
um im Range unter dem Landesgesetz stehende verordnungsrechtliche
Rechtsvorschriften handelt und seiner Prüfungskompetenz die Vorbehaltsregelung
in § 47 Abs. 3 VwGO nicht entgegensteht, wonach das Oberverwaltungsgericht die
Vereinbarkeit der Rechtsvorschriften mit Landesrecht nicht prüft, soweit gesetzlich
vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das
Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist. Zwar behält Art. 132 HV die
Entscheidung darüber, ob ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung mit der
hessischen Verfassung im Widerspruch steht, dem Staatsgerichtshof vor. Nach
Wortlaut und Normzweck der Vorbehaltsklausel scheiden diejenigen Vorschriften
der hessischen Verfassung als Prüfungsmaßstab im verwaltungsgerichtlichen
Normenkontrollverfahren aus, anhand derer der Staatsgerichtshof gemäß Art. 131
HV die Verfassungsmäßigkeit der streitgegenständlichen Verordnungsregelungen
überprüfen würde. Insoweit steht das Entscheidungsmonopol ausschließlich dem
Staatsgerichtshof als Hüter und authentischen Interpreten der hessischen
Verfassung zu. Derartige spezifische landesverfassungsrechtliche
Kontrollmaßstäbe sind nicht Gegenstand der Entscheidung des Senats.
Der Antragsteller ist auch antragsbefugt. Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann nur
derjenige einen Normenkontrollantrag stellen, der durch die betreffende
Rechtsvorschrift oder deren Anwendung selbst einen Nachteil erlitten oder in
absehbarer Zeit zu erwarten hat, wobei der Begriff "Nachteil" jede
Beeinträchtigung rechtlich geschützter Individualinteressen umfaßt (vgl. BVerwGE
56, 172 (175); Hess. VGH, Beschluß vom 29. August 1990 - 6 N 3630/87 -; Kopp,
a.a.O. Rdnr. 25 m.N.).
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Zwar folgt die Antragsbefugnis
entgegen der Annahme des Antragstellers nicht bereits daraus, daß er im
Vergleich zu den entsprechenden Vorgängervorschriften der angegriffenen
Verordnungsregelungen nunmehr deshalb schlechter gestellt ist, weil die
Stundenermäßigung geringer ausfällt. Dieser Umstand vermag einen rechtlichen
Nachteil nicht zu begründen. Zunächst ist die Vorgängerregelung durch § 7 der
Verordnung F. 1994 aufgehoben worden mit der Folge, daß sie als
Vergleichsmaßstab wegfällt. Im übrigen ist ungeklärt, ob die Vorgängerregelung im
Sinne von § 93 Abs. 2 HPVG eine angemessene oder etwa eine zu günstige
Entlastung gewährt hatte. Der Antragsteller hat jedoch in den Anforderungen des §
47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genügender Weise behauptet, die ihm aufgrund der
angegriffenen verordnungsrechtlichen Regelungen zustehende Ermäßigung seiner
Unterrichtsverpflichtung sei unzureichend, da sie hinter dem zurückbleibe, was ihm
aufgrund der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zustehe. Hiervon
ausgehend erscheint eine Verletzung der Rechte des Antragstellers durch die
angegriffenen Vorschriften oder deren Anwendung möglich. Denn in diesem Fall
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angegriffenen Vorschriften oder deren Anwendung möglich. Denn in diesem Fall
wäre er zur Erteilung von Unterricht über das Maß dessen hinaus verpflichtet, das
ihm der Gesetzgeber im Blick auf seine Personalratstätigkeit abverlangt. Darin
läge jedenfalls ein Verstoß gegen sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG/Art. 2 Abs.
1 HV.
Die Antragsbefugnis und das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers kann auch
nicht deshalb verneint werden, weil im Falle des Erfolgs des Antrags § 5 Sätze 2
und 3 der Verordnung unwirksam wären, er mithin überhaupt keine
Pflichtstundenermäßigung für seine Personalratstätigkeit erhielte. Denn er kann
sich - wie dargelegt - auf seinen mittelbar aus § 93 Abs. 2 HPVG ergebenden
Anspruch auf "angemessene" Entlastung berufen. Deshalb steht der Annahme der
Antragsbefugnis auch nicht entgegen, daß sich der Antragsteller gegen die
Gültigkeit einer für ihn günstigen Regelung wendet.
Der Antrag ist unbegründet.
Die angegriffenen Regelungen des § 5 Sätze 2 und 3 der Verordnung sind mit
höherrangigem Recht vereinbar. Ihr Erlaß beruht auf der gesetzlichen
Ermächtigung des § 93 Abs. 2 HPVG. Hiernach ermäßigt der zuständige
Fachminister in den Fällen des § 40 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 und 2 HPVG
die Pflichtstundenzahl in angemessener Weise durch Rechtsverordnung.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber dieser gesetzlichen Rechtsgrundlage
zum Erlaß der angegriffenen verordnungsrechtlichen Bestimmungen bestehen
nicht; solche sind auch nicht geltend gemacht worden. Insbesondere genügt § 93
Abs. 2 HPVG den rechtstaatlichen Anforderungen an die hinreichende
Bestimmtheit einer gesetzlichen Ermächtigungsnorm. Zwar ergeben sie sich im
vorliegenden Fall nicht aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, da diese
bundesverfassungsrechtliche Norm, wonach Inhalt, Zweck und Ausmaß der
erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt sein müssen, auf den hessischen
Landesgesetzgeber keine Anwendung findet (vgl. BVerfGE 34, 52 (58 ff.); Hess.
StGH ESVGH 21, 1 (19); 19, 141 (145)); sie ergeben sich auch nicht aus Art. 107
HV, da diese Bestimmung selbst keine materiell-rechtlichen Voraussetzungen
enthält. Jedoch genügt § 91 Abs. 2 HPVG selbst diesen strengeren Anforderungen
des Bundesverfassungsrechts, jedenfalls aber den allgemeinen rechtsstaatlichen
Anforderungen (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG). Durch den Verweis in
dieser Bestimmung auf § 40 Abs. 2, 3 HPVG hat der Gesetzgeber die dort
hergestellte Relation zwischen dem erforderlichen Zeitaufwand für die
personalvertretungsrechtliche Tätigkeit und dem Umfang des
Freistellungsanspruchs selbst zum Gegenstand seines Normprogramms gemacht.
Hieran muß sich der zuständige Fachminister als Verordnungsgeber bei der ihm
übertragenen Ermäßigung der Pflichtstundenzahl in angemessener Weise
orientieren.
Von der ihm eingeräumten Befugnis hat der Hessische Kultusminister als
zuständiger Fachminister Gebrauch gemacht, indem er mit den angegriffenen
Regelungen für den Bereich des Hauptpersonalrats der Lehrer den ihm
übertragenen Auftrag des Gesetzgebers dergestalt umgesetzt hat, daß der
Vorsitzende von der Unterrichtsverpflichtung im vollen Umfang freigestellt wird, bei
den übrigen Mitgliedern die wöchentliche Pflichtstundenzahl um die Hälfte
abzüglich zweier Wochenstunden ermäßigt und ein zusätzliches Stundendeputat
von 30 Wochenstunden zur Verfügung gestellt wird.
Die angegriffenen Bestimmungen halten sich ferner im Rahmen der gesetzlichen
Ermächtigung, die Ermäßigung der Pflichtstundenzahl für die Mitglieder des
Hauptpersonalrat der Lehrer "angemessen" zu ermäßigen.
Normative Anhaltspunkte dafür, was der Gesetzgeber unter diesem Begriff
versteht, liefert die Bezugnahme auf § 40 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Sätze 1 und 2
HPVG. Für den hier interessierenden Schulbereich kommt insbesondere der in § 40
Abs. 3 Satz 1 HPVG verankerte legislative Grundgedanke zum Tragen, wonach
Mitglieder des Personalrats von ihrer dienstlichen Tätigkeit freizustellen sind, wenn
und soweit es nach Umfang und Art der Dienststelle zur ordnungsgemäßen
Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Indem der Gesetzgeber in § 93 Abs. 2
HPVG unter Bezugnahme auf diese allgemeine Regelung dem Kultusminister
aufgegeben hat, für den Schulbereich die Ermäßigung der Pflichtstundenzahl in
angemessener Weise im Wege der Verordnung zu regeln, hat er zum einen
entschieden, daß dieser Grundsatz auch für den Schulbereich Anwendung finden
soll und zugleich festgelegt, welches der gebotene und allein zulässige Maßstab für
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soll und zugleich festgelegt, welches der gebotene und allein zulässige Maßstab für
den Umfang der Pflichtstundenermäßigung ist: Die Freistellung muß in zeitlicher
Hinsicht dem Zeitaufwand entsprechen, der für die Personalratstätigkeit
erforderlich ist. Nichts anderes meint ersichtlich der in § 93 Abs. 2 HPVG
verwendete Relationsbegriff der "angemessenen" Ermäßigung der
Pflichtstundenzahl. Die Freistellungsentscheidungen im Einzelfall (§ 40 Abs. 2, 3
HPVG) müssen ebenso wie die allgemeine Pflichtstundenermäßigung durch den
Kultusminister einerseits dem gesetzgeberischen Anliegen Rechnung tragen, die
ordnungsgemäße Durchführung der personalvertretungsrechtlichen Aufgaben
sicherzustellen, und andererseits unter Berücksichtigung der Pflicht zu sparsamer
Haushaltsführung beachten, daß Lehrer, wie alle anderen Beamten, verpflichtet
sind, sich mit voller Hingabe ihrem Beruf zu widmen, d.h. u.a. die
vorgeschriebenen Pflichtstunden zu halten. Zum anderen hat der Gesetzgeber in §
93 Abs. 2 HPVG entschieden, daß die Ermäßigung für Personalratsmitglieder im
Schulbereich nicht nach dem Modell des § 40 Abs. 2, 3 HPVG mittels
Einzelfreistellung/ Dienstbefreiung auf Antrag und unter Nachweis des jeweiligen
Zeitaufwands im konkreten Fall, sondern in generalisierender und
pauschalisierender Weise vom Kultusminister durch allgemeine
Pflichtstundenermäßigungen vorzunehmen ist. Dieses Regelungsmodell dient
ersichtlich nicht nur wie in den Fällen des § 40 Abs. 4, § 51 Abs. 2 HPVG dazu, bei
bestimmter Größe einer Dienststelle auf Erfahrungswerten beruhende
Freistellungen ohne Einzelnachweis zu gewähren, sondern darüber hinaus wegen
der bereichsspezifischen Besonderheiten der Verhältnisse an Schulen die
längerfristige Stundenplanung und die Unterrichtsversorgung dadurch
sicherzustellen, daß das kurzfristige Freistellen von Personalratsmitgliedern mit
der Folge des Ausfalls von Unterrichtsstunden oder jedenfalls der Notwendigkeit,
Vertreter hierfür zu finden, entbehrlich wird.
Entgegen der vom Antragsteller unter Berufung auf Kommentarliteratur (Dobler,
in: Maneck/Schirrmacher, Hessisches Bedienstetenrecht, Stand: Januar 1994, § 93
Rdnr. 37) vertretenen Auffassung ist die Freistellungsregelung in § 51 Abs. 2 HPVG,
wonach in Stufenvertretungen u.a. ab 25 Mitgliedern 4 Mitglieder von ihrer
dienstlichen Tätigkeit ganz freizustellen sind, im Rahmen der
Pflichtstundenermäßigungen für Lehrer auf der Grundlage des § 93 Abs. 2 HPVG
nicht anwendbar. Die Annahme, für die Mitglieder der Stufenvertretungen der
Lehrer finde § 51 Abs. 2 HPVG in der Weise Anwendung, daß der
Verordnungsgeber an diese Freistellungsstaffeln als Mindestentlastung gebunden
sei und § 93 Abs. 2 HPVG dazu diene, in den Fällen des § 40 Abs. 2, 3 HPVG im
Blick auf die Besonderheiten im Schulbereich darüber hinaus besondere
Regelungen zu treffen, nicht aber von § 51 Abs. 2 HPVG zu Lasten der
Personalvertretung abzuweichen, trifft nicht zu; sie ist mit geltendem Recht
unvereinbar. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, der Gesetzessystematik und dem
Zweck der Ermächtigungsgrundlage des § 93 Abs. 2 HPVG.
Das Hessische Personalvertretungsgesetz enthält in seinem Ersten Teil in den §§ 1
bis 83 (allgemeine) Regelungen über die Rechtsverhältnisse der
Personalvertretungen, für die keine Besonderheiten gelten und in seinem Zweiten
Teil in den §§ 84 bis 110 besondere Vorschriften für einzelne Zweige des
öffentlichen Dienstes, u.a. für Schulen und für den Hessischen Rundfunk. Für sie
gelten gemäß § 84 HPVG die Vorschriften des Ersten Teils insoweit sinngemäß, als
im folgenden nichts anderes bestimmt ist. In den §§ 91 bis 96 HPVG sind
besondere Regelungen für Schulen getroffen worden, die den Besonderheiten
dieses Bereichs Rechnung tragen sollen. Namentlich gilt dies für § 93 Abs. 2, der -
wie bereits oben dargelegt - mit der Ermächtigung des Kultusministers zum Erlaß
einer normativen allgemeinen Regelung der Freistellung von Lehrern zum einen
erreichen will, daß bereits bei Aufstellung der Stundenpläne die
Unterrichtsverpflichtungen der Personalratsmitglieder für das gesamte Schuljahr
im voraus berücksichtigt werden können, kurzfristige Freistellungen mit der Folge
der Notwendigkeit von Vertretungen nicht erforderlich werden, und zum anderen
die Personalratsmitglieder ähnlich wie bei den Freistellungsstaffeln des § 40 Abs. 4,
§ 51 Abs. 2 HPVG mit dem Nachweis der Erforderlichkeit einer Freistellung im
Einzelfall befreit werden sollen. In § 93 Abs. 2 HPVG hat der Gesetzgeber
systemgerecht nur auf die Freistellungsgrundnorm des § 40 Abs. 2, 3 HPVG, nicht
aber auf die abstrakten Freistellungsstaffeln der §§ 40 Abs. 4, 51 Abs. 2 HPVG
verwiesen und den Kultusminister ermächtigt, diese legislative Grundnorm durch
eine spezielle, sachbereichsspezifische, zugleich allgemeine und generelle
Freistellungsregelung im Rahmen einer Rechtsverordnung für den Schulbereich
umzusetzen. Daneben können die allgemeinen Freistellungsstaffeln nicht zur
Anwendung kommen. Für § 40 Abs. 4 HPVG folgt dies zusätzlich aus der
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Anwendung kommen. Für § 40 Abs. 4 HPVG folgt dies zusätzlich aus der
Überlegung, daß diese Regelung im Schulbereich bereits deshalb nicht zur
Anwendung kommen kann, weil es in Hessen keine Schulen gibt, in denen mehr
als 300 Lehrer tätig sind. Zusammenfassend ergibt sich, daß § 93 Abs. 2 HPVG
eine spezielle und abschließende Regelung der Freistellung von
Personalratsmitgliedern im Schulbereich darstellt, neben der für den Bereich der
allgemeinen öffentlichen Verwaltung geltende allgemeine Regelungen wie § 51
Abs. 2 HPVG keine Anwendung finden (so auch zutreffend VG Frankfurt am Main -
Fachkammer für Personalvertretungssachen -, Beschluß vom 13. Mai 1993 - 1 L
6006/93 (V) -).
Die in den angegriffenen Bestimmungen des § 5 Sätze 2 und 3 der Verordnung
vom Kultusminister als zuständigem Fachminister festgelegten Ermäßigungen für
die Mitglieder des Hauptpersonalrat der Lehrer am Maßstab der Angemessenheit
im Sinne des § 93 Abs. 2 HPVG unterliegen nur eingeschränkter
verwaltungsgerichtlicher Kontrolle. Die Verwaltungsgerichte sind nicht berechtigt,
die Angemessenheit der Pflichtstundenermäßigung, die vom Kultusminister in
Wahrnehmung der ihm vom Gesetzgeber in § 93 Abs. 2 HPVG übertragenen
Regelungsbefugnis festgelegt worden sind, im einzelnen nachzuprüfen, da sie
ansonsten, gegebenenfalls durch Beweisaufnahme festzustellen hätten, ob eine
bestimmte Ermäßigungsgröße "angemessen" ist, letztlich also anstelle des hierzu
berufenen Kultusministers verbindlich darüber befinden würden, in welcher Höhe
die Pflichtstundenzahl der Mitglieder des Hauptpersonalrat der Lehrer für ihre
Tätigkeit herabzusetzen ist.
Vielmehr hat der Gesetzgeber dem zuständigen Fachminister in § 93 Abs. 2 HPVG
einen Regelungsauftrag unter Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs
"angemessen" erteilt und ihm damit eine Einschätzungsprärogative, die einer
Beurteilungsermächtigung funktional vergleichbar ist, eingeräumt. Dies ergibt sich
nach Auffassung des Senats aus folgenden Erwägungen:
Die sachspezifische Besonderheit im Vergleich zu anderen Fällen von
Verordnungsermächtigungen besteht hier darin, daß dem Kultusminister nicht nur
wegen seiner Sachnähe und seiner Fachkompetenz die konkrete Ausgestaltung
der Pflichtstundenermäßigung übertragen worden ist; vielmehr umfaßt der ihm
vom Gesetzgeber erteilte Regelungsauftrag Elemente einer zukunftsbezogenen
Einschätzung, basierend auf Erfahrungswerten der Vergangenheit, sowie der
Generalisierung und Pauschalisierung, dem eine nachträgliche gerichtliche
Vollkontrolle in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung (hier: zeitliche Belastung
durch den Umfang personalvertretungsrechtlicher Tätigkeit) nicht gerecht würde.
Damit würde dem Normzweck nicht entsprochen werden, den der Gesetzgeber mit
der Erteilung des Regelungsauftrages an den Kultusminister in § 93 Abs. 2 HPVG
verfolgt, nämlich aufgrund der diesem bekannten Erfahrungswerte der
Vergangenheit eine zukunftsbezogene allgemeine, zugleich aber
pauschalisierende Regelung zu treffen, um den Einzelnachweis entbehrlich zu
machen und die Unterrichtsplanung mittelfristig zu ermöglichen sowie je nach dem
aktuellen und sich ständig verändernden personalvertretungsrechtlichen
Arbeitsanfall der unterschiedlich hohen zeitlichen Inanspruchnahme durch eine
Entlastungspauschale Rechnung tragen zu können. Diese Entscheidung des
Gesetzgebers ist im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zu
respektieren, was Auswirkungen auf die Kontrolldichte haben muß (vgl. aus der
neueren Rechtsprechung BVerwG, Urteil vom 26. April 1995, BVerwGE 99, 355 ff. -
Fall der Regelung der Höhe des Kaufkraftausgleichs für Beamte mit Wohnsitz im
Ausland durch ministerielle Bestimmung -; s. zur Abgrenzung auch Urt. vom 21.
Dezember 1995, DVBl. 1996, 811 ff.; vgl. ferner Kopp a.a.O., § 114 Rdnr. 23 ff mit
zahlreichen weiteren Nachweisen).
Bei dieser Sachlage ist die verwaltungsgerichtliche Prüfung darauf beschränkt, ob
der Verordnungsgeber den unbestimmten Rechtsbegriff, den Zweck der
Ermächtigung oder den gesetzlichen Rahmen verkannt hat, von einem
unzutreffenden oder unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist,
wesentliche entscheidungsrelevante Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat
oder sich von sachfremden oder unsachlichen Erwägungen hat leiten lassen (vgl.
hierzu Kopp a.a.O. § 114 Rdnr. 30 m.w.N.). Diesen Anforderungen hat der
Verordnungsgeber bei Erlaß der angegriffenen Bestimmungen Genüge getan. Es
ist auch nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, daß sich an dieser Sachlage
zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats etwas geändert hat, so daß die Frage
des maßgeblichen Zeitpunkts keiner Entscheidung bedarf.
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Wie der Antragsgegner für den Senat überzeugend im einzelnen dargelegt hat, hat
er entsprechend der Zielsetzung des § 93 Abs. 2 HPVG auf der Grundlage der
Erfahrungen der Vergangenheit den Umfang des zur ordnungsgemäßen Erfüllung
der dem Hauptpersonalrat obliegenden Aufgaben erforderlichen Zeitaufwands als
Basis für die anzustellende Prognose über dessen voraussichtliche zukünftige
Inanspruchnahme unter der Annahme gleichbleibender Verhältnisse ermittelt und
sich hieran bei der Ermäßigung der Pflichtstundenzahl orientiert. Er hat mit
Schriftsatz vom 12. August 1996 aufgrund der Auswertung der Tagesordnungen
des Hauptpersonalrats der Lehrer und unter Vorlage der entsprechenden
Unterlagen im einzelnen dargelegt, in welchem Umfang dessen Mitglieder, also
auch der Antragsteller, im Zeitraum vom 9. Juni 1990 bis 9. Juni 1992 (Inkrafttreten
der Verordnung 1992) für ihre Personalratstätigkeit in Anspruch genommen
worden sind und dazu den Zeitraum vom 9. Juni 1992 bis 14. Juli 1994
(Inkrafttreten der Verordnung 1994) in Vergleich gesetzt. Hiernach ergibt sich -
jeweils bezogen auf einen 2-Jahres-Zeitraum - ein Rückgang bei den
Stufenverfahren von 179 auf 71, also auf ca. 35 Stufenverfahren pro Jahr. Diese
nachhaltige Verringerung der Inanspruchnahme der Mitglieder des
Hauptpersonalrats der Lehrer, die der Antragsgegner mit den Änderungen des
Hessischen Personalvertretungsgesetzes in der Fassung 1992 erklärt, war
Grundlage für die Prognose, daß sie zukünftig ihren Aufgaben auch dann
ordnungsgemäß nachkommen können, wenn die Pflichtstundenermäßigung um
ca. 10 vom Hundert geringer ausfällt. Ergänzend und bezogen auf den
Antragsteller hat er insoweit ausgeführt, daß dieser mit einer Pflichtstundenzahl
von 23 Wochenstunden nach den Bestimmungen der angegriffenen Verordnung
eine Ermäßigung von 9,5 Stunden erhalte, was bedeute, daß er an zwei Tagen pro
Woche in vollem Umfang von seinen Unterrichtsverpflichtungen freigestellt sei. Da
die Sitzungen des Hauptpersonalrat der Lehrer 14-tägig stattfänden (je ein Tag
interne und ein Tag gemeinschaftliche Sitzung), verblieben ihm in den
sitzungsfreien Wochen ein voller Tag zur Nachbereitung und ein weiterer voller Tag
zur Vorbereitung auf die nächste Sitzung.
Der Antragsteller hat gegenüber diesem detaillierten tatsächlichen Vorbringen des
Antragsgegners keine erheblichen Einwände vorgetragen. Insbesondere hat er
selbst nicht behauptet, geschweige denn dem Beweis zugängliches
Tatsachenmaterial vorgelegt, die ihm oder anderen Mitgliedern des
Hauptpersonalrats der Lehrer zustehende Pflichtstundenermäßigung reiche nicht
aus, die bei Erlaß der getroffenen Bestimmungen oder derzeit tatsächlich
anfallenden Aufgaben im Bereich dieser Stufenvertretung ordnungsgemäß
wahrnehmen zu können. Sein Hinweis auf die früher geltende weiterreichende
Entlastung ist bereits deshalb unerheblich, weil nicht feststeht, ob sie angemessen
oder zu großzügig war.
Auch seine Einwände gegen die Verwertung der Tagesordnungen des
Hauptpersonalrats der Lehrer vermögen nicht zu überzeugen. Der Antragsgegner
war nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, den Sachverhalt in
tatsächlicher Hinsicht aufzuklären, um die gebotene Prognose über den
voraussichtlichen Zeitaufwand für die Personalratstätigkeit sachgerecht ermitteln
und die ihm aufgegebene Relation zu der erforderlichen Pflichtstundenentlastung
herstellen zu können. Dies folgt nicht nur aus § 93 Abs. 2 HPVG, sondern daneben
aus dem haushaltsrechtlichen Gebot des sparsamen Einsatzes von
Haushaltsmitteln (vgl. § 7 Abs. 1 LHO). Denn für jede zusätzliche Stunde einer
Pflichtstundenermäßigung muß eine (andere) Lehrkraft die Unterrichtsstunde
übernehmen. Nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des
Antragsgegners belief sich der Gesamtumfang der aufgrund der Verordnung 1992
gewährten Pflichtstundenermäßigungen im hessischen Schulbereich auf 9.518,67
Wochenstunden, was 380 Lehrerstellen entsprochen hat. Die Verordnung 1994 hat
insoweit eine Reduzierung um 1.024 Wochenstunden (41 Lehrerstellen) bewirkt. Im
Bereich des Hauptpersonalrats der Lehrer bedeutet dies, daß die Ermäßigung von
377 Wochenstunden (entspricht 15 Lehrerstellen) auf 343 Wochenstunden
(entspricht 13,5 Lehrerstellen) zurückgeführt worden ist.
Darüber hinaus ist der Kultusminister als Verordnungsgeber aufgrund der ihm vom
Gesetzgeber in § 93 Abs. 2 HPVG übertragenen Regelungskompetenz nicht nur
verpflichtet, zu einem bestimmten Zeitpunkt für eine angemessene
Pflichtstundenermäßigung zu sorgen, die einerseits - auch - aus
haushaltsrechtlichen Gründen nicht umfangreicher als notwendig sein darf und
andererseits die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Personalratsaufgaben
gewährleisten muß, vielmehr muß er auch in der Folgezeit die Entwicklung des
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gewährleisten muß, vielmehr muß er auch in der Folgezeit die Entwicklung des
erforderlichen Zeitaufwands für die Personalratstätigkeit beobachten und ggfs. bei
erheblichen, nicht nur kurzfristigen tatsächlichen Änderungen die
Pflichtstundenermäßigung dieser Entwicklung anpassen, was auch zu einer
weiteren Reduzierung dieser Ermäßigung führen kann (vgl. z.B. Grabendorf/
Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 7. Auflage 1991, § 46 Rn. 27). Sollte also
die Annahme des Antragsgegners tatsächlich zutreffen, die in der angegriffenen
Verordnung festgelegte Pflichtstundenermäßigung für die Mitglieder des
Hauptpersonalrats der Lehrer stelle immer noch eine "großzügige" Regelung dar
(Schriftsatz vom 12. August 1996, S. 7), wird der Kultusminister von Amts wegen
zu prüfen haben, welche Folgerungen daraus unter Beachtung der vorstehend
skizzierten Erwägungen zukünftig für den Umfang der Pflichtstundenermäßigung
zu ziehen sind.
Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß - andererseits - die
jeweilige Personalvertretung das Recht hat, eine weiterreichende Entlastung zu
fordern, wenn künftig die Situation eintreten sollte, daß die
Pflichtstundenermäßigung nicht ausreicht, die personalvertretungsrechtlichen
Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen zu können. Allerdings genügen hierfür
allgemeine, nicht durch Tatsachen belegte Hinweise auf die Arbeitsbelastung, wie
der Antragsteller im Streitfall argumentiert hat nicht; vielmehr muß im einzelnen
die Erforderlichkeit einer weitergehenden Entlastung nachgewiesen werden (vgl.
Grabendorf/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, a.a.O., Rn. 26; Maneck/ Schirrmacher,
a.a.O. § 93 Rn. 28, 33; § 40 Rn. 28).
Die vom Antragsteller gegen die Verwertung des einschlägigen
Tatsachenmaterials durch das Normenkontrollgericht erhobenen Bedenken sind
sämtlich unerheblich. Diese Unterlagen sind ordnungsgemäß in das Verfahren
eingeführt worden. Der Antragsteller hatte die Möglichkeit der Akteneinsicht und
der Stellungnahme hierzu. Ob die Auswertung der Tagesordnungen des
Hauptpersonalrats der Lehrer vom Kultusministerium vor Verkündung der
angegriffenen Verordnung oder danach vorgenommen worden ist, ist für die im
vorliegenden Normenkontrollverfahren entscheidungserhebliche Frage der
Angemessenheit ohne Belang. Diese Frage hat ebensowenig Einfluß auf die
Richtigkeit und Relevanz dieser Tatsachen wie die Frage, ob insofern eine vorherige
Erörterung mit der Personalvertretung stattgefunden hat. Eine derartige
Erörterung könnte an der Authentizität des Inhalts der Tagesordnungen des
Hauptpersonalrats der Lehrer nichts ändern. Davon abgesehen sind die Bedenken
des Antragstellers auch deswegen nicht nachvollziehbar, weil ihm als Mitglied des
Hauptpersonalrats der Lehrer die Tagesordnungen seines eigenen
Personalvertretungsgremiums bekannt sind. Soweit er vorträgt, das
Kultusministerium sei nicht befugt, die Arbeitsbelastung der Personalvertretung zu
ermitteln, diese Aufgabe obliege allein der Personalvertretung selbst, ist diese
Argumentation nicht nachvollziehbar, jedenfalls soweit es - wie hier - um den
Vergleich der durchzuführenden Stufenverfahren anhand der Tagesordnungen
geht. Im übrigen kann dieser Auffassung auch aus sachlich-rechtlichen Gründen
nicht zugestimmt werden. Wie dargelegt, hat der Gesetzgeber in § 93 Abs. 2 HPVG
die Aufgabe einer angemessenen Pflichtstundenermäßigung nicht der
Personalvertretung selbst, sondern dem Kultusminister als zuständigem
Fachminister übertragen, der hierfür im übrigen gegenüber dem Parlament
verantwortlich ist.
Angesichts dieser Sachlage ist die ursprünglich vom Kultusministerium für die
Kürzung von Anrechnungsstunden gegebene Begründung der Notwendigkeit der
Erwirtschaftung der für die Frauenbeauftragten und deren Mitarbeiter/innen
erforderlichen Stellen (Schreiben vom 7. Juni 1994) für die Entscheidung
unerheblich. Der Senat weist gleichwohl darauf hin, daß mit dieser Begründung die
Angemessenheit einer Pflichtstundenermäßigung nicht zu rechtfertigen wäre, da
sie nicht an § 93 Abs. 2, § 40 Abs. 2, 3 HPVG orientiert und daher sachwidrig ist.
Hingegen tragen die vom Antragsgegner im Normenkontrollverfahren
vorgetragenen und hinreichend belegten tatsächlichen Angaben über den Umfang
der Inanspruchnahme der Mitglieder des Hauptpersonalrat der Lehrer, denen der
Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten ist und an deren Richtigkeit der
Senat keinen Anlaß zu Zweifeln hat, die Entscheidung über die Ermäßigung der
Pflichtstundenzahl in den angegriffenen Bestimmungen.
Schließlich hat der Antragsteller nicht vorgetragen, daß wesentliche
entscheidungsrelevante Gesichtspunkte bei der Festsetzung der
Pflichtstundenermäßigung unberücksichtigt geblieben sind. Entsprechende
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Pflichtstundenermäßigung unberücksichtigt geblieben sind. Entsprechende
Anhaltspunkte liegen dem Senat auch nicht vor.
Weitere Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit der angegriffenen Bestimmungen
sind weder vom Antragsteller geltend gemacht worden noch bestehen solche aus
der Sicht des Senats. Daher kann entgegen dem Begehren des Antragstellers
nicht festgestellt werden, daß die angegriffenen Regelungen im Sinne des § 93
Abs. 2 HPVG keine angemessene Pflichtstundenermäßigung vorsehen.
Als unterliegender Teil hat der Antragsteller die Kosten des
Normenkontrollverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
Die Voraussetzungen für eine Vorlage an das Bundesverwaltungsgericht gemäß §
47 Abs. 5 Satz 1 VwGO liegen nicht vor.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.