Urteil des HessVGH vom 27.03.1986

VGH Kassel: beförderung, energie, qualifikation, naturschutz, referat, vorläufiger rechtsschutz, berufliche tätigkeit, öffentliches amt, landwirtschaft, berufserfahrung

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
1. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 TG 678/86
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 33 Abs 2 GG, Art 134
Verf HE, § 8 Abs 1 S 1 BG
HE, § 9 Abs 1 Nr 4 BG HE, §
19 Abs 2 BG HE
(Besetzung einer Spitzenposition in einem
Landesministerium; Auswahl unter Beamtenbewerbern
unterschiedlicher Besoldungsgruppen)
Gründe
I.
Der Antragsteller ist als Regierungsdirektor
(Besoldungsgruppe A 15 BBesG) Referent für Naturschutzrecht (Referat II A 2)
beim Hessischen Minister für Umwelt und Energie. Zuvor war er ausweislich der
vom Antragsgegner vorgelegten Geschäftsverteilungspläne in den Jahren 1981,
1982 und 1984 Referent für Forst-, Jagd- und Naturschutzrecht im ehemaligen
Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz. Es handelte sich um ein
Referat, das die Rechtsangelegenheiten einschließlich der rechtlichen Bearbeitung
von Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften sowie Prozeßführung
und -überwachung aus den Aufgabenbereichen Forsten, Naturschutz, Fischerei
und Jagdwesen umfaßte. Im Jahre 1978 war der Antragsteller als Hilfsreferent und
Vertreter des Referenten im Referat "Naturschutz, Naturparke, Wildparke"
beschäftigt. Auf eine entsprechende Stellenausschreibung vom 10.12.1985 hin
bewarb sich der Antragsteller um den Dienstposten des Justitiariats (Referat I B 1
"Rechtliche-Grundsatzfragen") im neu zu schaffenden Ministerium für Umwelt und
Energie. Mit Wirkung vom 01.01.1986 wurde der Antragsteller in das
neugeschaffene Ministerium versetzt.
In der Sitzung der gemeinsamen Personalräte beim
Hessischen Minister für Landwirtschaft und Forsten, Hessischen Sozialminister,
Hessischen Minister für Umwelt und Energie sowie Hessischen Minister für
Wirtschaft und Technik beantragte der Antragsgegner die Zustimmung zur
Versetzung des Beigeladenen vom Umweltbundesamt in Berlin zum Hessischen
Minister für Umwelt und Energie unter gleichzeitiger Beförderung zum Leitenden
Ministerialrat (Besoldungsgruppe B 3 BBesG). Der Beigeladene ist seit dem
01.03.1983 bei dem Umweltbundesamt in Berlin tätig, zuletzt als
Wissenschaftlicher Rat (Besoldungsgruppe A 13 BBesG). Er ist dort im Fachgebiet
"Grundsatzangelegenheiten, - Recht, Planung, Wirtschaft - Sonderabfälle" im
Fachbereich "Abfall-Wasserwirtschaft" beschäftigt. Daneben nimmt der
Beigeladene die Funktion des Justitiars im Umweltbundesamt wahr, die etwa 50 %
seiner Tätigkeit ausmacht.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 07.02.1986,
bei dem Verwaltungsgericht in Wiesbaden eingegangen am 10.02.1986, hat der
Antragsteller den Erlaß einer einstweiligen Anordnung beantragt und hierzu im
wesentlichen vorgetragen:
Mit der begehrten einstweiligen Anordnung wolle er
seinen Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung bei der Auswahl der
Bewerber durch den Antragsgegner sichern lassen. Die beabsichtigte Besetzung
des Dienstpostens mit dem Beigeladenen sei in zweifacher Hinsicht fehlerhaft. Es
treffe nicht zu, daß der Beigeladene beim Umweltbundesamt als Justitiar tätig sei.
Er sei vielmehr in einen Fachreferat mit wasserrechtlichen Fragen beschäftigt. Es
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Er sei vielmehr in einen Fachreferat mit wasserrechtlichen Fragen beschäftigt. Es
entspreche lediglich einer internen Übung des Umweltbundesamtes, den jeweils
jüngsten Juristen mit Justitiariatsarbeiten zu beschäftigen. Im Umweltbundesamt
fielen allerdings wenige Rechtsangelegenheiten an. Dem Personalrat sei eine
umfangreiche Liste von Veröffentlichungen des Beigeladenen vorgelegt worden,
die aber nicht verifizierbar sei. Die für ihre Vollständigkeit bekannte "Karlsruher
Juristische Bibliographie" verzeichne lediglich drei Aufsätze des Beigeladenen zum
Schulrecht. Der Antragsgegner habe sich demnach bei der Auslese der Bewerber
nicht an den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung im Sinne
des § 8 Abs. 1 Satz 1 HBG orientiert. Wie sehr sich der Antragsgegner hierüber
hinweggesetzt habe, zeige die Äußerung des Staatssekretärs im Hessischen
Ministerium für Umwelt und Energie in der Personalratssitzung, die zu besetzende
Stelle erfordere keinen Bewerber mit Verwaltungserfahrung, weil es sich um
fachrechtliche Angelegenheiten handele. Demgegenüber weise der
Organisationsplan des Hessischen Ministeriums für Umwelt und Energie eindeutig
etwas anderes aus, das Justitiariat sei gerade nicht mit fachrechtlichen Aufgaben
ausgestattet. Vielmehr sei davon auszugehen, daß es übergreifend allgemeine
Rechtsangelegenheiten zu bearbeiten habe, wie auch in seiner Benennung
"Rechtliche Grundsatzfragen" zum Ausdruck komme.
Schließlich sei es kein Geheimnis, daß der
Antragsgegner sich bei seiner Auswahl von sachfremden Auswahlgesichtspunkten
habe leiten lassen, nämlich bestimmten, hier naheliegenden politischen
Anschauungen. Mit der Auswahl des Beigeladenen unter Vernachlässigung aller
sachgerechten Kriterien verletze der Antragsgegner die ihm gegenüber dem
Antragsteller obliegende beamtenrechtliche Fürsorgepflicht; gegenüber seinen
eigenen Beamten habe der Dienstherr sich in besonderem Maße von
Gerechtigkeit und Wohlwollen leiten zu lassen.
Der Erlaß der beantragten einstweiligen Anordnung sei
auch eilbedürftig, weil eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, daß
die Rechtsverwirklichung des Antragstellers ohne den vorläufigen Rechtsschutz
vereitelt werde. Eine Klage in der Hauptsache könne die Ernennung des
Beigeladenen nicht verhindern, sie würde sich danach vielmehr erledigen.
Der Antragsteller hat beantragt,
dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO
vorläufig zu verbieten,
den am 10.12.1985 ausgeschriebenen Dienstposten des Justitiariats im
Referat I B 1 des Hessischen Ministeriums
für Umwelt und Energie zu besetzen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hat die Auswahl des Beigeladenen verteidigt und dazu ausgeführt:
Der Antragsteller habe weder einen Anspruch auf Umsetzung auf die
ausgeschriebene Stelle noch auf Beförderung, sondern nur ein Recht auf
sachgerechte Beurteilung seiner Bewerbung unter den Gesichtspunkten des
gleichen Zuganges nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Die
Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen sei nicht zu beanstanden, er -
der Antragsgegner - sei insbesondere nicht von unrichtigen Tatsachen
ausgegangen. Tatsächlich habe der Beigeladene im Umweltbundesamt seit dem
01.03.1983 die Aufgaben des Justitiars wahrgenommen, wenn ein Rechtsreferat im
Stellenplan des Umweltbundesamtes auch nicht ausgewiesen sei. Das habe allein
historische Gründe, Mitte 1984 seien zur Entlastung des Beigeladenen einer
weiteren juristischen Mitarbeiterin Teile der Justitiariatsaufgaben im
Umweltbundesamt übertragen worden. Neben den umweltrechtlichen
Angelegenheiten seien Aufgaben aus den Rechtsgebieten des öffentlichen Rechts
sowie des Zivil- und Strafrechts, einschließlich der Prozeßführung, zu bearbeiten
gewesen.
Diese mehrjährige, vielseitige Tätigkeit sowohl in verwaltungs- als auch in
umweltrechtlichen Fachfragen sei in den dienstlichen Beurteilungen des
Beigeladenen jeweils mit "gut" bewertet worden.
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Die Unterstellungen hinsichtlich der Veröffentlichungen des Beigeladenen seien
unzutreffend. Der Beigeladene habe 19 bereits veröffentlichte Arbeiten sowie drei
weitere Arbeiten erstellt; die demnächst erscheinen sollten.
Keineswegs sei die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen politisch
motiviert gewesen, jedenfalls sei er nicht Mitglied der Partei der Grünen. Die
besondere Qualifikation des Beigeladenen ergebe sich daraus, daß er beide
juristischen Staatsexamina mit der Note "gut" abgelegt habe. Er habe mit der
Note "sehr gut" im Verfassungs- und Verwaltungsrecht promoviert. Ein
Zweitstudium der Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Umweltpolitik habe er
mit der Note "sehr gut" als Diplom-Politologe abgeschlossen. Auch sein beruflicher
Werdegang als Mitarbeiter beim Deutschen Juristentag sowie beim Max-Planck-
Institut für Bildungsforschung und ein Lehrauftrag an der Technischen
Fachhochschule in Berlin für das Fach "Umweltrecht" sprächen für den
Beigeladenen. Demgegenüber stelle sich die Qualifikation des Antragstellers in
mehrfacher Hinsicht als geringer dar. Er habe zwar eine längere Berufserfahrung,
sei aber weder promoviert noch habe er vergleichbare Examina vorzuweisen. Er
habe lediglich einen Aufsatz veröffentlicht. Insgesamt sei er weder gleich noch gar
höherqualifiziert als der Beigeladene.
Der Beigeladene hat im erstinstanzlichen Verfahren keinen Antrag gestellt; er hat
lediglich auf seine eidesstattliche Versicherung vom 16.02.1986 verwiesen.
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat mit Beschluß vom 25.02.1986 - VIII G 92/86
- dem Antrag stattgegeben und dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen
Anordnung vorläufig untersagt, den am 10.12.1985 ausgeschriebenen
Dienstposten des Justitiariats im Referat I B 1 des Hessischen Ministeriums für
Umwelt und Energie zu besetzen.
In den Gründen hat es im wesentlichen seine Bedenken an der sachgemäßen
Ermessensausübung seitens des Antragsgegners bei der Entscheidung über die
Besetzung der fraglichen Stelle dargelegt. Allein der Umstand, daß einem Inhaber
einer A 15-Stelle der Inhaber einer A 13-Stelle unter Beförderung zum Leitenden
Ministerialrat vorgezogen werden solle, sei im Rahmen einer Laufbahnbeförderung
ungewöhnlich. Daran ändere auch nichts die Hervorhebung der Leistungen des
Beigeladenen, zumal die angeblich schlechtere Qualifikation des Antragstellers nur
pauschal behauptet werde. Die guten Examensnoten und die gute Beurteilung des
Beigeladenen allein rechtfertigten jedenfalls nicht das Übergehen eines wesentlich
dienstälteren und ranghöheren Beamten.
Gegen diesen ihm am 25.02.1986 zugestellten Beschluß hat der Antragsgegner
mit Schriftsatz vom 10.03.1986, bei dem Verwaltungsgericht in Wiesbaden
eingegangen am selben Tage, Beschwerde eingelegt und zur Begründung
ausgeführt:
Das Verwaltungsgericht blockiere mit seiner Entscheidung die Besetzung der
Stelle, ohne einen Weg aufzuzeigen, wie rechtsfehlerfrei verfahren werden solle.
Der Antragsteller habe Beurteilungs- oder Ermessensfehler bei der
Auswahlentscheidung nicht glaubhaft gemacht. § 19 Abs. 3 HBG habe für
Laufbahnbeförderungen in Fällen der vorliegenden Art eine - erheblich
erschwerende - Verfahrensregelung getroffen, ohne sie generell zu verbieten.
Allerdings komme es im vorliegenden Verfahren allein auf die Besetzung der Stelle
an, sie sei zwar als Dienstposten der Besoldungsgruppe B 3 ausgewiesen, es
könne sich in Laufe des personalvertretungsrechtlichen Verfahrens sowie des
Verfahrens nach § 19 Abs. 3 HBG aber durchaus ergeben, daß der Beigeladene
nicht zum Leitenden Ministerialrat, sondern zum Ministerialrat oder
Regierungsdirektor ernannt werde.
Wenn es auch weder üblich noch im Rahmen der Ermessensausübung geboten
sei, die Nichtberücksichtigung von Mitbewerbern im einzelnen darzulegen, so
stehe er nicht an, den Antragsteller abzuwerten. Er habe über Jahre hinweg im
damaligen Hessischen Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz
stets nur ein relativ kleines Rechtsgebiet bearbeitet; vorher sei er lediglich
Hilfsreferent gewesen. Seine beiden juristischen Staatsprüfungen habe er mit der
Note "befriedigend" bestanden, er sei nicht promoviert, habe sich mit einer
Ausnahme nicht durch wissenschaftliche Veröffentlichungen hervorgetan und
könne auch kein abgeschlossenes Zweitstudium aufweisen.
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Die Besetzung der Justitiarstelle sei äußerst dringlich, die anfallenden juristischen
Arbeiten könnten derzeit nur kommissarisch von anderen Mitarbeitern miterledigt
werden. Im übrigen sei die einstweilige Anordnung zu weitgehend bzw. zu
unbestimmt, weil sie die Besetzung der Stelle vorläufig allgemein untersage. Eine
Bestätigung der einstweiligen Anordnung komme für den Antragsgegner wie für
den Beigeladenen einer negativen Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung
gleich.
Vor der Entscheidung über die Besetzung des Dienstpostens sei ein umfassender
Vergleich der dienstlichen Beurteilungen des Beigeladenen und des Antragstellers
vorgenommen worden, der eindeutig zugunsten des Beigeladenen ausgegangen
sei. Der Beigeladene sei in seiner dienstlichen Beurteilung vom 21.12.1984 sowohl
im Rahmen seiner Tätigkeit im Fachgebiet als auch im Justitiariat des
Umweltbundesamtes mit "gut" beurteilt worden. Dabei seien u.a. seine hohe
Belastbarkeit und die erfolgreiche Wahrnehmung von Verantwortungs- und
Leitungsfunktionen hervorgehoben worden, so daß er zum Vorgesetzten gut
geeignet sei. Demgegenüber lasse die "hausinterne" letzte Beurteilung des
Antragstellers anläßlich seiner Beförderung zum Regierungsdirektor aus dem Jahre
1980 eine gewisse Zurückhaltung erkennen; sie beziehe sich nur auf das relativ
enge Aufgabengebiet des Antragstellers und enthalte keine Aussage in Richtung
auf eine breit angelegte oder höherwertige Tätigkeit. Danach habe sich der
Antragsteller während seiner damaligen Tätigkeit als loyaler, zuverlässiger und für
seine Aufgaben engagierter und zu selbständigere Handeln befähigter Mitarbeiter
bewährt. Neben vielseitigen berufsbezogenen Kenntnissen hätten seine
besonderen überdurchschnittlichen Leistungen seiner Ausbildung entsprechend
auf juristischem Gebiet gelegen. Nach allem könnten den vom Verwaltungsgericht
herangezogenen Gesichtspunkten des Dienstalters und der Ranghöhe - auch mit
Rücksicht auf den Aspekt der "Hausbewerbung" und des wohlverstandenen
Interesses des Antragstellers an seiner Beförderung - keine ausschlaggebende
Bedeutung zukommen.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den Antrag des Antragstellers
auf Erlaß
einer einstweiligen Anordnung abzulehnen,
hilfsweise,
dem Antragsteller aufzugeben, binnen einer vom Gericht zu bestimmenden
Frist Klage
in der Hauptsache zu erheben.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zu Recht habe das Vordergericht auf den befremdlichen Umstand hingewiesen,
daß nach der Entscheidung des Antragsgegners der fragliche Dienstposten eines
Gruppenleiters einem Berufsanfänger der Besoldungsgruppe A 13 übertragen
werden solle. Eine derartige Stellenbesetzung widerspreche deutlich allen
beamtenrechtlichen Grundsätzen. Der Antragsgegner könne sich demgegenüber
auch nicht auf die Regelung des § 19 Abs. 3 HBG berufen, der eindeutig eine
Ausnahmeregelung normiere. Daß eine entsprechende Ausnahmesituation
vorliege, müsse der Dienstherr beweisen. Allein der Gesichtspunkt der Qualifikation
sei grundsätzlich kein Ausnahmegrund im Sinne des § 19 Abs. 3 HBG. In diesem
Zusammenhang könne die Entscheidung des Antragsgegners auch nicht losgelöst
von der Bewertung des Dienstpostens betrachtet werden, dem stehe schon die
Ausschreibung als solche entgegen.
Es bestünden bereits erhebliche Zweifel, ob der Beigeladene sich überhaupt
ordnungsgemäß entsprechend den Bedingungen der Ausschreibung beworben
habe, die Information für die Entscheidung des Personalrats sei unvollständig,
teilweise auch falsch gewesen; schließlich sei auch an keiner Stelle vorgetragen,
daß mit dem Beigeladenen ein Einstellungsgespräch geführt worden sei.
Hinsichtlich der Qualifikation des Beigeladenen sei darauf hinzuweisen, daß von
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Hinsichtlich der Qualifikation des Beigeladenen sei darauf hinzuweisen, daß von
den insgesamt 22 Titeln seiner Veröffentlichungsliste 18 das Schulrecht und drei
umweltrechtliche Fragen beträfen, ein Titel sei identisch mit seiner Diplomarbeit.
Demgegenüber habe der Antragsteller, der seit der Gründung der Zeitschrift
"Natur und Recht" im Jahre 1979 deren ständiger Mitarbeiter sei, eine
Veröffentlichungsliste von 17 Titeln mit umweltrechtlich einschlägigen Arbeiten
aufzuweisen, eine weitere Urteilsanmerkung werde im nächsten Heft dieser
Zeitschrift erscheinen. Der Vergleich der Examensnoten habe nur eine relative
Aussagekraft, er könne allenfalls von Bedeutung sein, wenn zwischen zwei
Berufsanfängern auszuwählen sei. Auch der Antragsteller habe die Promotion
geplant, sei jedoch aus Zeitgründen nicht in der Lage gewesen, weil er unmittelbar
nach dem zweiten Staatsexamen in die Forstverwaltung eingetreten sei.
Die bisherige Tätigkeit des Antragstellers sei unvollständig und falsch vorgetragen
worden. Er sei im ehemaligen Hessischen Ministerium für Landwirtschaft, Forsten
und Naturschutz für sämtliche Rechtsangelegenheiten (mit Ausnahme von
Personal und Haushalt) zuständig gewesen. Die Forstabteilung habe die gesamte
hessische Staatsforstverwaltung gesteuert, die 6.000 Beschäftigte, über
200.000.000,-- DM Jahresumsatz gehabt, das größte Grundeigentum und die
größte Jagdfläche der Bundesrepublik Deutschland sowie umfangreiches
Fischereieigentum gehabt habe. Vor seiner Tätigkeit als Referent sei er nicht nur
Hilfsreferent im Referat "Naturschutz usw.", sondern gleichzeitig auch Hilfsreferent
für "Landschaftspflege" gewesen; er habe schon damals referatsübergreifende
Themen sowie alle Rechtsangelegenheiten seiner Abteilung bearbeitet.
Die Qualifikation des Antragstellers ergebe sich auch aus den Referenzen des
Landesforstmeisters Prof. Dr. F., der über sieben Jahre Vorgesetzter des
Antragstellers gewesen sei, sowie des Leitenden Ministerialrats Dr. Z., der
Gruppenleiter des Antragstellers gewesen sei und in dessen Gruppe er nach der
Umorganisation des Ministeriums vom 01.10.1980 als für die
Ministerialforstabteilung zuständiger Rechtsreferent gearbeitet habe.
Schließlich müsse die besondere Eilbedürftigkeit der Stellenbesetzung bestritten
werden. Der Antragsgegner habe nicht vorgetragen, welche Prozesse von
grundsätzlicher umweltrechtlicher Bedeutung anhängig seien. Im übrigen sei das
Ministerium für Umwelt und Energie mit acht Volljuristen besetzt, ein weiterer solle
als Gruppenleiter eingestellt werden; demgegenüber verfüge das Ministerium für
Landwirtschaft und Forsten faktisch nur noch über vier Juristen, von denen zwei
reine Fachangelegenheiten bearbeiteten. Der Beigeladene sei auch nach wie vor
beim Umweltbundesamt als beamteter Mitarbeiter beschäftigt, so daß nicht
ersichtlich sei, welche Interessen durch den Fortbestand der einstweiligen
Anordnung geschädigt werden könnten.
Der Beigeladene hält die Beschwerde des Antragsgegners unter Bezugnahme auf
dessen Ausführungen für begründet. Ergänzend trägt er vor, der Dienstherr dürfe
im Rahmen sachgerechter Beurteilung darüber entscheiden, welchen
Gesichtspunkten er bei der Besetzung einer Stelle das größere Gewicht beimesse
und welchen Bewerber er für den geeigneteren halte. Der Antragsgegner habe bei
seiner Entscheidung auf persönliche Qualifikationsmerkmale sowie auf die für eine
übergreifende Tätigkeit der fraglichen Art erforderliche breit angelegte fachliche
Qualifikation abgestellt. Angesichts der eindeutigen Stellungnahmen des
Antragsgegners könne der Antragsteller überhaupt nicht mit seiner Auswahl
rechnen. Es fehle daher schon das Rechtsschutzinteresse.
Auch fehle dem Antragsteller die erforderliche Antragsbefugnis. Es gehe ihm in
Wahrheit nicht darum, eigene Rechte durchzusetzen, sondern eine von ihm als
Einschränkung seines Kompetenzbereichs empfundene Organisationsmaßnahme
zu verhindern bzw. zu verzögern, nämlich die Einrichtung eines übergreifenden
Justitiariats.
Der Antragsteller habe auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, weil
er keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen habe, die für einen Ermessens-
oder Beurteilungsfehler des Antragsgegners bei der Auswahlentscheidung
sprechen könnten.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne das Betreiben des nach
§ 19 Abs. 3 HBG vorgesehenen Verfahrens nicht bereits als solches als
"ungewöhnlich" angesehen werden. Die unterschiedliche Ranghöhe unter den
Bewerbern könne zwar durchaus eines von mehreren Kriterien sein, sei aber nicht
unter allen Umständen ausschlaggebend und vorrangig, da
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unter allen Umständen ausschlaggebend und vorrangig, da
Personalentscheidungen in erster Linie nach der persönlichen Qualifikation und der
Eignung für die zu besetzende Stelle zu treffen seien. Insoweit sei zu
berücksichtigen, daß er weitere fünf Jahre Berufserfahrung außerhalb des
öffentlichen Dienstes in verwaltungsähnlichen Bereichen gesammelt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die nach §§ 146, 147 VwGO zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist nur
teilweise, nämlich in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang, begründet; im
wesentlichen erweist sie sich als unbegründet.
Der Antragsgegner hat in seinem Beschwerdevorbringen klargestellt, daß es ihm -
offenbar anders als während des erstinstanzlichen Verfahrens zunächst nur um die
Besetzung des Dienstpostens mit dem Beigeladenen geht, nicht auch um dessen
gleichzeitige Beförderung durch Übertragung eines Amtes der Besoldungsgruppe
B 3. Indessen gelten für die Vergabe eines höher bewerteten Dienstpostens mit
dem Ziel der Beförderung nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden
Senats dieselben Grundsätze, die auch im Falle einer (gleichzeitigen) Beförderung
anzuwenden sind. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO können die Verwaltungsgerichte
eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Gefahr droht, daß durch die
Veränderung eines bestehenden Zustandes (Vergabe des Dienstpostens des
Referenten I B 1 beim Hessischen Minister für Umwelt und Energie an den
Beigeladenen) die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers (Anspruch auf
fehlerfreie Ermessensausübung durch den Dienstherrn bei der
Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe) vereitelt oder wesentlich
erschwert werden könnte. Entgegen der Auffassung des Beigeladenen fehlt dem
Antragsteller nicht das Rechtsschutzbedürfnis; sein Antrag stellt weder einen
Mißbrauch der Rechtspflege dar, noch kann er sein Ziel auf einfacherem Wege
erlangen (vgl. Finkelnburg, Vorläufiger Rechtsschutz im
Verwaltungsstreitverfahren, 2. Aufl. 1979, RN 100 ff). Der Antragsteller ist auch
antragsbefugt, er macht seinen "Bewerbungsverfahrensanspruch" bei der
Dienstpostenvergabe geltend (vgl. Senatsbeschluß vom 18.02. 1985, NJW 1985,
1103 = DRiZ 1985, 259 betr. Beförderung).
Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der
Antragsgegner beabsichtigt, worauf er im Beschwerdeverfahren erneut
hingewiesen hat, den genannten Dienstposten sowohl aus dienstlichen Gründen
als auch im öffentlichen Interesse alsbald zu besetzen. Er hält diese Maßnahme
sogar für äußerst dringlich. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch
glaubhaft gemacht. Jeder Bewerber um einen höherbewerteten Dienstposten hat
einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung über dessen Vergabe, die
sich am Leistungsprinzip und an der Bestenauslese, gemessen an den
Anforderungen des Dienstpostens, zu orientieren hat (so zuletzt Senatsbeschluß
vom 10.04.1985 - 1 TG 516/85 - unter Hinweis auf den Senatsbeschluß vom
18.02.1985, a.a.O.).
Legt man diese Grundsätze dem vorliegenden Fall zugrunde, so wird der
"Bewerbungsverfahrensanspruch" des Antragstellers im Falle der Vergabe des
genannten Dienstpostens an den Beigeladenen verletzt. Die Auswahl des
Beigeladenen als zukünftiger Inhaber des genannten Dienstpostens erweist sich
gegenüber dem Antragsteller als ermessensfehlerhaft.
Wenn auch der Bewerber um eine Beförderungsstelle grundsätzlich keinen
Rechtsanspruch auf Beförderung hat, so kann er doch auf Grund der
Fürsorgepflicht des Dienstherrn verlangen, nicht aus unsachlichen Erwägungen in
seinem beruflichen Aufstieg behindert zu werden. Das gleiche gilt für diejenigen
Maßnahmen, die eine Beförderung vorbereiten, wie sie die hier umstrittene
Übertragung des genannten Dienstpostens darstellt (vgl. hierzu Senatsbeschluß
vom 23.11.1982 - I TG 38/82 - unter Hinweis auf den Beschluß vom 04.05.1979 -
VII TG 1/79 -, ESVGH 29, 175 m.w.N.). Für die Auswahl unter den Bewerbern um ein
öffentliches Amt stellen die Verfassungen und das Beamtenrecht Grundsätze auf,
die bei jeder Auswahlentscheidung zu beachten sind (Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 134
HV und § 8 Abs. 1 Satz 1 HGB). Die darin angesprochenen Maßstäbe der Eignung,
Befähigung und fachlichen Leistung lassen sich als das "Leistungsprinzip"
umschreiben; es gilt auch für Beförderungen, wie insbesondere § 8 Abs. 1 Satz 1
HBG durch die Bezugnahme auf § 9 HBG (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 4 HBG) ergibt, bzw.
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HBG durch die Bezugnahme auf § 9 HBG (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 4 HBG) ergibt, bzw.
für die eine Beförderung vorbereitende Maßnahme wie die hier in Frage stehende
Dienstpostenvergabe (vgl. hierzu auch Günther, ZBR 1979, 93, 95 mit zahlreichen
Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur in FN 46). Ergänzt und im Sinne
einer Rahmenbedingung beschränkt wird das Leistungsprinzip durch das sog.
Laufbahnprinzip (vgl. hierzu Fürst, GKÖD Band I, Stand: Februar 1986, K § 23 RdNr.
8, 9). Danach vollzieht sich die berufliche Entwicklung eines Beamten im Rahmen
der Laufbahn, für die er die Befähigung erworben hat, wobei sich die verschiedenen
Ämter einer Laufbahn nach ihrem Amtsinhalt (Aufgaben) und den sich daraus
ergebenden Anforderungen an den Amtsinhaber (Schwierigkeit, Bedeutung und
Verantwortung) unterscheiden. Für die Vergabe höherwertiger Dienstposten folgt
daraus, daß Beamte die bereits eine längere Berufserfahrung in ihrer Laufbahn
aufzuweisen haben, für höherwertige Aufgaben regelmäßig besser geeignet sind
als Berufsanfänger. Die Beurteilung der Eignung, die notwendig zu einem
erheblichen Teil eine Prognose darstellt, beruht auf einer wesentlich sicheren
Grundlage, wenn sie auf Grund der Tätigkeit und der Bewährung eines Beamten in
einem niedrigeren Amt vorgenommen wird. Das muß um so mehr gelten, wenn
eine Dienstpostenvergabe mit dem Überspringen mehrerer (hier: fünf) Ämter
verbunden ist. Diese Anforderungen entsprechen nicht nur herkömmlichen
Laufbahnrecht, sondern auch der Lebenserfahrung und nicht zuletzt dem
Leistungsprinzip. Entsprechende Erwägungen gelten auch für Entscheidungen über
das weitere berufliche Fortkommen eines Beamten. Nicht ohne Grund sieht das
Gesetz deshalb gewisse Mindestdienstzeiten in einem niedrigeren Amt vor (vgl. §
19 Abs. 2 HBG), läßt aber auch Ausnahmen hiervon zu (vgl. § 19 Abs. 3 HBG),
worauf im Rahmen der Würdigung des Beschwerdevorbringens des
Antragsgegners noch zurückzukommen sein wird. Aus der grundsätzlichen
Beschränkung der Beförderungsmöglichkeiten folgt jedoch zunächst, daß eine
vorausschauende Eignungsbeurteilung nur für das nächsthöhere Amt mit der
erforderlichen Sicherheit möglich ist. Jede Fehlprognose in diesem Bereich und
hierauf beruhende Beförderung kann eine ungerechtfertigte Benachteiligung
anderer - geeigneter - Beamten darstellen. Spitzenämter bzw. entsprechende
Dienstposten, zu denen der des Referenten I B 1 zählt, können daher in der Regel
nur von Beamten erfolgreich wahrgenommen werden, die über eine längere
Berufserfahrung verfügen und sich bereits mehrere Jahre in den Aufgaben ihrer
Laufbahn bewährt haben (vgl. hierzu Fürst, a.a.O., K vor § 15 RdNr. 20).
Sprungbeförderungen bzw. die entsprechende Übertragung von Dienstposten sind
daher grundsätzlich unzulässig (vgl. § 19 Abs. 2 Satz 3 HBG). Dienstalter
(Dienstzeit) und Lebensalter können bei Auswahlentscheidungen deshalb
herangezogen werden, solange damit der Leistungsgrundsatz gewährleistet bleibt
(vgl. Fürst, a.a.O., K § 8 RN 21 und K § 23 RN 11; Senatsbeschluß vom 18.02.1985,
a.a.O.).
Gemessen an diesen Kriterien, hat der Antragsgegner sein Auswahlermessen für
die beabsichtigte Vergabe des Dienstpostens Referat I B 1 des Hessischen
Ministers für Umwelt und Energie an den Beigeladenen fehlerhaft ausgeübt. Auch
im Rahmen der hier allein gebotenen Beurteilung der beabsichtigten
Dienstpostenvergabe erweist sich der Umstand, daß dem Antragsteller als Inhaber
einer A 15-Stelle der Beigeladene als Inhaber einer A 13-Stelle vorgezogen werden
soll, als "ungewöhnlich". Bewertet man diesen Vorgang am Leistungs- und
Laufbahnprinzip im dargelegten Sinne, so erhält dieses unjuristische Wort im
gegebenen Zusammenhang ein erhebliches juristisches Gewicht. Auch mit
Rücksicht auf die gebotene Zurückhaltung in der Wortwahl bei der Begründung
richterlicher Entscheidungen steht der erkennende Senat nicht an, das Wort
"ungewöhnlich" zu wiederholen und sich zu eigen zu machen.
Das Beschwerdevorbringen des Antragsgegners führt zu keiner anderen
Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
Zuzugeben ist dem Antragsgegner allerdings, daß die erstinstanzliche
Entscheidung keinen Weg aufzeigt, wie rechtsfehlerfrei verfahren werden solle. Das
ist indessen nicht Aufgabe der Gerichte, sie sind grundsätzlich auf die
Rechtskontrolle im Rahmen der bei ihnen gestellten Anträge beschränkt. Im
übrigen ergibt sich das weitere Verfahren aus der Natur der Sache. Wenn die
getroffene Auswahlentscheidung für die Vergabe eines Dienstpostens von den
Gerichten beanstandet wird, so ist sie gegebenenfalls zu wiederholen, wenn das
dringende Interesse an der sofortigen Besetzung des Dienstpostens fortbesteht.
Ohne Erfolg beruft sich der Antragsgegner auf § 19 Abs. 3 HBG, der u.a.
Ausnahmen von den "Wartezeiten" für Beförderungen und von dem Verbot der
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Ausnahmen von den "Wartezeiten" für Beförderungen und von dem Verbot der
Sprungbeförderung nach § 19 Abs. 2 HBG in einem besonderen Verfahren zuläßt.
Der erkennende Senat kann es im vorliegenden Verfahren dahingestellt sein
lassen, ob es möglicherweise erforderlich oder wenigstens tunlich gewesen wäre,
die Ausnahmegenehmigung nach § 19 Abs. 3 HBG bereits vor der
Auswahlentscheidung über die Vergabe des Dienstpostens einzuholen. Jedenfalls
könnte eine derartige Entscheidung von den Gerichten im Streitfalle überprüft
werden, sie müßte dann ebenfalls an den Maßstäben des Leistungs- und des
Laufbahnprinzips gemessen werden.
Soweit der Antragsgegner sich darauf beruft, daß der Antragsteller im Verhältnis
zum Beigeladenen eine geringere Qualifikation aufweist, ist ihm zuzugeben, daß
der Antragsteller die beiden juristischen Staatsprüfungen weniger erfolgreich
abgelegt hat als der Beigeladene, nicht promoviert ist., kein abgeschlossenes
Zweitstudium aufweisen kann, sich allerdings ebenfalls, wie er vorträgt, durch
wissenschaftliche Veröffentlichungen hervorgetan hat. Indessen hat der
Antragsteller eine langjährige Erfahrung als Ministerialreferent in umweltrechtlich
relevanten Gebieten, teilweise auch als Justitiar in diesem Bereich. Seit 1981 war
er in dem früheren Hessischen Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und
Naturschutz Referent für Forst- und Naturschutzrecht. Wenn der Antragsgegner
nunmehr diesen Bereich als ein "relativ kleines Rechtsgebiet" bezeichnet, so ist
darauf hinzuweisen, daß diese Sachgebiete nach der damaligen
Geschäftsverteilung der Hessischen Landesregierung im Bereich des Hessischen
Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz den wesentlichen Teil der
umweltrelevanten Sachgebiete ausmachten. Immerhin hat der Antragsteller damit
rund fünf Jahre Berufserfahrung als "Justitiar" in einem Ministerium aufzuweisen,
während der Beigeladene eine entsprechende praktische berufliche Tätigkeit beim
Umweltbundesamt erst seit dem 01.03.1983 ausgeübt hat. Die fünfjährige
Berufserfahrung des Beigeladenen außerhalb des öffentlichen Dienstes kann
damit nicht annähernd verglichen werden. Hinsichtlich des Vergleichs der
Examensnoten neigt der erkennende Senat dazu, diese in stärkerem Maße nur bei
Neueinstellungen wegen fehlender Berufserfahrung und Bewährungsmöglichkeit zu
berücksichtigen, während er es nicht für ausgeschlossen hält, daß eine
schlechtere, aber immer noch über dem Durchschnitt liegende Examensnote
durch langjährige einschlägige Erfahrung und Bewährung in bestimmten Bereichen
in Richtung auf ein zumindest gleiches Gewicht ausgeglichen werden kann.
Hinsichtlich der Bewertung der beruflichen Leistungen des Antragstellers und des
Beigeladenen kann im summarischen Verfahren nach § 123 VwGO von den jeweils
letzten Beurteilungen ausgegangen werden (vgl. Senatsbeschluß vom 18.02.1985,
a.a.O. unter Hinweis auf Schütz, Beamtenrecht des Bundes und der Länder,
Kommentar, Stand: Dezember 1984 § 7 RN 2 a m.w.N.). Insoweit fällt allerdings ins
Gewicht, daß die letzte Beurteilung des Antragstellers aus dem Jahre 1980
(anläßlich seiner Beförderung zum Regierungsdirektor) stammt, während die des
Beigeladenen von Ende 1984 (nach eindreivierteljähriger Tätigkeit im
Umweltbundesamt) datiert. Ob und inwieweit einem Berufsanfänger bereits in
seiner zweiten Beurteilung die Eignung zum Vorgesetzten bescheinigt werden
kann, mag dahinstehen, jedenfalls ist in der Beurteilung des Antragstellers seine
Leistung auf einem A 14-Dienstposten bewertet worden. Eine neuere Beurteilung
über seine seitdem erbrachten Leistungen auf dem A 15-Dienstposten fehlt, was
auffällt. Nur sie hätte aber nach Auffassung des erkennenden Senats Aufschlüsse
für einen Vergleich bieten und eine Nichtberücksichtigung des Antragstellers
stützen können. Eine solche Beurteilung kann jedoch nachgeholt werden, falls der
Antragsteller sich nach erneuter Ausschreibung des Dienstpostens wiederum
bewerben sollte.
Zur Klarstellung weist der erkennende Senat allerdings darauf hin, daß der
Antragsteller in dem vorliegenden Verfahren nicht glaubhaft gemacht hat, ihm
allein sei der fragliche Dienstposten zu übertragen. Das wäre nur dann der Fall,
wenn der Antragsgegner allein zu seinen Gunsten von dem ihm eingeräumten
Auswahlermessen bei der Vergabe des Dienstpostens Gebrauch machen könnte.
Das könnte nur dann angenommen werden, wenn dem Antragsteller entweder
eine entsprechende verbindliche Zusage gemacht worden wäre oder wenn er
gegenüber möglichen weiteren Bewerbern nach Eignung, Befähigung und
fachlicher Leistung der am besten qualifizierte Bewerber und der Antragsgegner
gehalten wäre, seine Auswahl nur unter diesen Bewerbern zu treffen. Der
Antragsteller hat jedoch eine entsprechende "Reduzierung des Auswahlermessens
auf Null" auf seiten des Antragsgegners zu seinen Gunsten im vorliegenden
Verfahren nicht glaubhaft gemacht. Nach Auffassung des erkennenden Senats
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Verfahren nicht glaubhaft gemacht. Nach Auffassung des erkennenden Senats
wäre es daher nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Antragsgegner zunächst keine
der auf Grund seiner Ausschreibung vom 10.12.1985 eingegangenen
Bewerbungen berücksichtigen würde, sondern den Dienstposten des Justitiariats
im Hessischen Ministeriums für Umwelt und Energie erneut ausschreiben würde.
Deshalb konnte dem Begehren des Antragstellers unter teilweiser Stattgabe der
Beschwerde nur insoweit entsprochen werden, als dem Antragsgegner bei dem
gegenwärtigen Stand untersagt wird, dem Antragsteller den Beigeladenen
vorzuziehen. Hiervon abgesehen konnte ein derartiges Verbot nur vorläufig
ausgesprochen werden; denn es findet naturgemäß sein Ende in dem Augenblick,
in dem die Bewerbung des Antragstellers unanfechtbar abgelehnt oder ein
entsprechendes Hauptsacheverfahren rechtskräftig zum Nachteil des
Antragstellers abgeschlossen ist.
Der Hilfsantrag des Antragsgegners erweist sich mangels Rechtsschutzbedürfnis
als unzulässig, zumal eine Fristsetzung zur Klageerhebung in der Hauptsache
entsprechend § 926 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 123 Abs. 3 VwGO das Erfordernis des
Vorverfahrens in beamtenrechtlichen Verfahren unterlaufen würde. Vielmehr hat
es der Antragsgegner in der Hand, den Antragsteller zur Einleitung des
Hauptsacheverfahrens zu veranlassen, indem er ihm gegenüber einen
ablehnenden Bescheid erläßt, gegen den nach Durchführung des erforderlichen
Vorverfahrens (§ 126 BRRG; § 182 HBG; §§ 68 ff. VwGO) Klage erhoben werden
kann (vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 13.01. 1986 - 1 TG 2272/85 - und Kopp,
VwGO, 6. Aufl. 1984, § 123 RN 38).
Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, da sein
Rechtsmittel überwiegend erfolglos geblieben ist (§§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 3
VwGO Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen
beruht auf § 162 Abs. 3 VwGO, der Senat hält es nicht für billig, sie einem der
Beteiligten aufzuerlegen, zumal der Beigeladene keine Anträge gestellt hat.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 20 Abs. 3 GKG.
Seine Höhe entspricht der Hälfte des Regelstreitwertes, den der erkennende Senat
auch in vergleichbaren Verfahren festsetzt.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.