Urteil des HessVGH vom 12.10.1987

VGH Kassel: haus, wohnung, sozialhilfe, vorrang, anstalten, arbeitsgemeinschaft, wechsel, gestaltung, wartung, krankheit

1
2
3
4
5
Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
9. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 TP 1593/87
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 68 Abs 1 BSHG, § 69 Abs
2 S 3 BSHG, § 3a BSHG, §
69 Abs 2 S 1 BSHG, § 3
Abs 2 S 3 BSHG
(Übernahme der notwendigen Pflegekosten, wenn der
Hilfeempfänger in der eigenen Wohnung leben will;
Anspruch auf weibliche Pflegekraft)
Gründe
I.
Die Antragstellerin will die Gewährung von Prozeßkostenhilfe für die von ihr zum
Verwaltungsgericht Kassel erhobene Klage V/3 E 2098/86 unter Beiordnung von
Rechtsanwalt P./S. erreichen. Mit ihrer Klage erstrebt die Antragstellerin
zusätzliche Sozialhilfeleistungen.
Die im Jahre 1963 geborene Antragstellerin leidet an einer Tetraspastik. Sie ist
infolgedessen geh- und stehunfähig und bei praktisch allen Verrichtungen im
Ablauf des täglichen Lebens auf Hilfe angewiesen. Sie benötigt insbesondere Hilfe
beim An- und Auskleiden, beim Waschen und bei sonstiger Körperpflege, bei der
Nahrungsaufnahme, bei der Verrichtung der Notdurft, beim Zubettgehen und bei
sämtlichen hauswirtschaftlichen Tätigkeiten. Sie bedarf nach den Feststellungen
der Amtsärztin Dr. Remschmidt dauernder Beaufsichtigung und der Hilfe beim
Transport zur und von der Universität, wo die Antragstellerin einem Studium
nachgeht. Bis zum 28. Februar 1986 lebte sie in dem Konrad-Biesalski-Haus in M.,
einem Wohnheim für behinderte und nichtbehinderte Studenten. Die Kosten
hierfür, die vom Landeswohlfahrtsverband Hessen aufgebracht wurden, beliefen
sich auf monatlich 3.500,-- DM.
Am 1. März 1986 zog die Antragstellerin aus dem Konrad-Biesalski-Haus aus und
bezog in M. eine eigene Wohnung.
Am 13. Januar 1986 beantragte die Antragstellerin bei der Beklagten, die Kosten
für die notwendige häusliche Pflege durch ausschließlich weibliche Pflegekräfte zu
übernehmen, wobei von einem durch das Gesundheitsamt des Landkreises
Marburg-Biedenkopf bestätigten Pflegebedarf von 15 Stunden täglich auszugehen
sei. Die Kosten hierfür bezifferte die Antragstellerin mit monatlich 6.830,79 DM.
Durch Bescheid vom 20. Februar 1986 erklärte die Beklagte sich bereit, die Kosten
der erforderlichen Pflege bis zu einem Höchstbetrag von monatlich 2.300,-- DM zu
übernehmen. Die Beklagte vertrat die Auffassung, daß für diesen Betrag drei
Zivildienstleistende zu je 680,-- DM monatlich beschäftigt werden könnten.
Darüberhinaus könnten von diesem Betrag die Kosten für eine weibliche Hilfskraft
finanziert werden, die wöchentlich fünf Stunden lang bei einem Stundenlohn von
12,-- DM zur Verfügung stehe.
Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 4. März 1986 Widerspruch,
den sie damit begründete, daß sie mit einem Betrag von monatlich 2.300,-- DM
den notwendigen Pflegebedarf nicht decken könne. Zahlreiche Pflegeleistungen,
die in ihrem Fall notwendig seien, erstreckten sich auf den Intimbereich. Aus
moralischen und religiösen Gründen könne sie männliche Pflegekräfte in diesem
Bereich nicht akzeptieren. Bei einem wöchentlichen Pflegebedarf von 105 Stunden
benötige sie zwei Vollzeitkräfte à 40 Stunden und eine nebenamtliche Kraft für 25
Stunden. Hieraus ergäben sich monatliche Gesamtkosten von 6.830,-- DM, wobei
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
Stunden. Hieraus ergäben sich monatliche Gesamtkosten von 6.830,-- DM, wobei
in diesem Betrag noch keinerlei Kosten für Ausfallzeiten wie Urlaub, Krankheit oder
ähnliches enthalten seien. Seit dem 24. März 1986 werde sie von drei Frauen
versorgt, die sie im Rahmen eines Berufsfindungs-Projektes, das von der Stadt
Marburg finanziert werde, jeweils 25 Stunden in der Woche betreuten. Dieser
Einsatz sei für sie - die Antragstellerin - für die Dauer des Projektes kostenlos.
Darüberhinaus benötige sie aber noch eine Vollzeitkraft, deren monatliche
Gesamtkosten sich auf 2.324,-- DM zuzüglich einer Tariferhöhung von. 3,5 %
beliefen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 1986 half der Landkreis Marburg-
Biedenkopf dem Rechtsbehelf der Antragstellerin insoweit ab, als ihr die
nachgewiesenen Kosten für Pflegepersonen bis zu einem monatlichen
Höchstbetrag von 2.500,-- DM vom 1. März 1986 an zugesichert wurden. Im
übrigen wies der Landkreis Marburg-Biedenkopf den Rechtsbehelf zurück.
In den Gründen des Widerspruchsbescheides wird ausgeführt, der Antragstellerin
sei es grundsätzlich zumutbar, während der Zeit ihres Studiums in einem
Studentenwohnheim zu wohnen. Ihre Entscheidung, aus dem Konrad-Biesalski-
Haus auszuziehen, könne nicht dazu führen, daß der Sozialhilfeträger erhebliche
Mehrkosten aufbringen müsse. Bei der gegebenen Sachlage sei es der
Antragstellerin zumutbar, die überwiegende Pflege durch Zivildienstleistende
durchführen zu lassen. Dem Wunsch der Antragstellerin, ausschließlich weibliche
Pflegekräfte zu beschäftigen, könne wegen der dadurch entstehenden
unverhältnismäßigen Mehrkosten nicht entsprochen werden.
Hiergegen hat die Antragstellerin am 4. November 1986 Klage zum
Verwaltungsgericht Kassel erhoben - V/3 E 2098/86 - und ergänzend vorgetragen,
es verletze ihre Grundrechte aus Art. 1 und 2 des Grundgesetzes, ihr männliche
Pflegekräfte aufzudrängen. Angesichts ihrer Hilfsbedürftigkeit sei sie besonderen
Risiken, insbesondere im sexuellen Bereich, bei einem Einsatz männlicher
Pflegekräfte ausgeliefert. Für die Frage, welche Pflegekosten angemessen im
Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 3 BSHG seien, müsse nach § 3 BSHG zum einen die
konkrete Situation des Hilfeempfängers berücksichtigt und zum anderen beachtet
werden, daß der Sozialhilfeträger nach 3 a BSHG verpflichtet sei, darauf
hinzuwirken, daß der Hilfeempfänger außerhalb von Heimen und Anstalten die
erforderliche Hilfe erhalte.
Die Antragstellerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 1986 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides des Landkreises Marburg-Biedenkopf vom 2. Oktober
1986 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Kosten für Pflege durch
ausschließlich weibliche Pflegekräfte zu übernehmen.
Zugleich hat die Antragstellerin die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unter
Beiordnung von Rechtsanwalt P. für das Klageverfahren beantragt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, durch den Einsatz von hauptamtlichen weiblichen
Pflegekräften nach der Beendigung des gegenwärtig noch laufenden
Berufsfindungsprojektes entständen Kosten von ca. 7.000,-- DM monatlich. Diese
Kosten wären unverhältnismäßig hoch (§ 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG) und überstiegen
die Kosten für den stationären Aufenthalt der Antragstellerin im Konrad-Biesalski-
Haus erheblich. Der Vorrang der ambulanten Hilfe gemäß § 3 a BSHG finde bei
derart unverhältnismäßig hohen Kosten seine Grenzen.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Prozeßkostenhilfe durch Beschluß vom
15. Mai 1987 - V/3 P 2106/86 - abgelehnt und in den Gründen seiner Entscheidung
ausgeführt, die von der Antragstellerin beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine
hinreichende Erfolgsaussicht.
Gegen diesen der Antragstellerin am 22. Mai 1987 zugestellten Beschluß richtet
sich ihre am 2. Juni 1987 eingegangene Beschwerde, mit der sie ihr
Prozeßkostenhilfegesuch weiterverfolgt und vorträgt, die im Rahmen des
Berufsfindungsprojektes der Arbeitsgemeinschaft "Arbeit und Leben e.V." bisher
eingesetzten weiblichen Pflegekräfte schieden zum Juli 1987 aus. Ein erneuter
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
eingesetzten weiblichen Pflegekräfte schieden zum Juli 1987 aus. Ein erneuter
Einsatz von Praktikantinnen sei nach der Auskunft der Leiterin dar
Arbeitsgemeinschaft in absehbarer Zeit nicht möglich. Auch habe sich
herausgestellt, daß die Praktikantinnen wegen ihres meist sehr jugendlichen Alters
den Anforderungen der Pflegesituation oft nicht gewachsen seien.
Die Beklagte tritt der Beschwerde entgegen und trägt vor, der Antragstellerin sei
angeboten worden, wieder eine Wohnung im Konrad-Biesalski-Haus zu nehmen,
obwohl dies mit einem Mehrkostenaufwand von 1.000,-- DM monatlich verbunden
wäre. Der Wunsch der Antragstellerin nach ambulanter Pflege könne nur mit
unverhältnismäßig hohen Kosten erfüllt werden. Hierzu sei sie - die Beklagte - nicht
verpflichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der die
Antragstellerin betreffenden Behördenakten der Beklagten, die Akten des
Verwaltungsgerichts Kassel V/3 E 2098/86 und auf die in diesem Verfahren
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
Nach §§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO ist der Antragstellerin in dem Umfang
Prozeßkostenhilfe zu gewähren, in dem ihre Klage Aussicht auf Erfolg bietet.
Nach Auffassung des Senats hat die Antragstellerin einen Sachverhalt glaubhaft
gemacht, aufgrund dessen ihr vom 1. März 1986 an Leistungen in der in der
Entscheidungsformel genannten Höhe als Hilfe zur Pflege nach den §§ 68, 69 Abs.
2 Satz 3 BSHG zustehen.
Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit darüber, daß die Antragstellerin, die
wegen einer Tetraspastik steh- und gehunfähig ist, bei praktisch allen
Verrichtungen des täglichen Lebens der Hilfe bedarf und daß sie etwa 15 Stunden
täglich auf eine fremde Pflegekraft angewiesen ist, solange sie in einer eigenen
Wohnung lebt. Dies wird auch durch das amtsärztliche Gutachten der bei dem
Gesundheitsamt des Landkreises Marburg-Biedenkopf tätigen Ärztin Dr.
Remschmidt vom 2. Januar 1986 bestätigt.
Nach § 68 Abs. 1 BSHG ist Personen, die infolge Krankheit oder Behinderung so
hilflos sind, daß sie nicht ohne Wartung und Pflege bleiben können, Hilfe zur Pflege
zu gewähren. Nach § 69 Abs. 2 Satz 1 BSHG soll der Träger der Sozialhilfe darauf
hinwirken, daß diese Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen
nahestehen, oder im Wege der Nachbarschaftshilfe übernommen wird. Ist anstelle
der Wartung und Pflege durch nahestehende Personen im Sinne von § 69 Abs. 2
Satz 1 BSHG die Heranziehung einer besonderen Pflegekraft erforderlich, so sind
hierfür nach § 69 Abs. 2 Satz 3 BSHG die angemessenen Kosten zu übernehmen.
Die Frage, welche Kosten für Pflegekräfte "angemessen" sind, die der
Pflegebedürftige selbst herangezogen hat, ist unter Berücksichtigung der
Besonderheiten des Einzelfalles, insbesondere unter Berücksichtigung des im
konkreten Fall erforderlichen Pflegebedarfs und der örtlichen Verhältnisse zu
beantworten (§ 3 Abs. 1 BSHG). Dabei soll nach § 3 Abs. 2 BSHG Wünschen des
Hilfeempfängers, die sich auf die Gestaltung der Hilfe richten, entsprochen werden,
soweit sie angemessen sind und keine unvertretbaren Mehrkosten erfordern.
Nach der Auffassung des Senats ist es der Antragstellerin nicht zumutbar, sich im
wesentlichen durch Zivildienstleistende pflegen zu lassen, wie dies von der
Beklagten aus Gründen der Kostenersparnis vorgeschlagen wurde. Bei dem
Ausmaß der Hilfsbedürftigkeit der Antragstellerin läßt es sich nicht von der Hand
weisen, daß sich ein erheblicher Teil der Pflegeleistung auf den Intimbereich
erstreckt oder zumindest mit engem Körperkontakt zu der Antragstellerin
verbunden ist. Es ist verständlich und auch berechtigt, wenn die Antragstellerin
den Wunsch hat, für diese Pflegeleistungen ausschließlich weibliche Hilfskräfte
heranzuziehen. Da sich die Pflegeleistungen, die den Intimbereich treffen, wie etwa
das Aufsuchen der Toilette, auch über den gesamten Tag verteilen und zeitlich
nicht im voraus festlegen lassen, kommt im wesentlichen nur der Einsatz
weiblicher Pflegekräfte in Betracht.
Der Einsatz von Zivildienstleistenden hätte für die Antragstellerin auch den
Nachteil, daß sich nicht nur - wie dies in ihrem Fall unvermeidlich ist - drei
27
28
29
30
31
Nachteil, daß sich nicht nur - wie dies in ihrem Fall unvermeidlich ist - drei
Pflegekräfte bei der Betreuung abwechseln müssen, sondern daß durch die
zeitliche Befristung des Zivildienstes zusätzliche Wechsel bei den Pflegepersonen
eintreten. Die Antragstellerin ist bei ihrer völligen körperlichen Hilflosigkeit aber
darauf angewiesen, zu ihren Pflegekräften ein Vertrauensverhältnis aufzubauen,
das bei einem häufigen Wechsel der Pflegepersonen nicht zu erreichen ist.
Für die Frage, welche Pflegekosten "angemessen" im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 3
BSHG sind, ist aber auch zu prüfen, ob und inwieweit eine stationäre
Unterbringung des Pflegebedürftigen möglich und zumutbar wäre und ob hierdurch
wesentliche Einsparungen bei den Pflegekosten erreicht werden könnten. Zwar ist
in § 3 a BSHG der Vorrang der offenen Hilfe im Vergleich zu der Hilfe in Anstalten,
Heimen und gleichartigen Einrichtungen bestimmt. Jedoch bedeutet die in § 3 a
BSHG vorgesehene Verpflichtung des Sozialhilfeträgers, darauf hinzuwirken, daß
die erforderliche Hilfe soweit wie möglich außerhalb von Anstalten und Heimen
gewährt wird, nicht, daß der Sozialhilfeträger in jedem Fall verpflichtet wäre, für
einen Hilfebedürftigen, der in seiner eigenen Wohnung leben will, die erforderliche
Pflege im häuslichen Bereich sicherzustellen. Der Gesetzgeber hat mit dem in § 3
a BSHG enthaltenen Zusatz "soweit wie möglich" zum Ausdruck gebracht, daß der
Hilfeempfänger nicht in jedem Fall einen Anspruch auf die sogenannte offene Hilfe
hat. Vielmehr läßt sich diesem Zusatz entnehmen, daß der Sozialhilfeträger bei
der Entscheidung zwischen der Hilfe in Einrichtungen oder offener Hilfe im Einzelfall
auch die finanziellen Belastungen berücksichtigen darf, die mit dieser
Entscheidung verbunden sind. So kann bei Pflegebedürftigen - wie im Fall der
Antragstellerin - das Angewiesensein auf fremde Leistung und Pflege ein solches
Ausmaß erreichen, daß bei einer ambulanten Pflege unverhältnismäßig hohe
Kosten entstehen und in solchen Fällen der stationären Betreuung der Vorrang zu
geben ist (vgl. Schellhorn/Jirasek/Seip, Komm. zum Bundessozialhilfegesetz, 12.
Aufl., § 3 a Anm. 8). Diese Auslegung des § 3 a BSHG stimmt auch mit den in § 3
Abs. 2 Satz 3 BSHG zum Ausdruck gekommenen Erwägungen des Gesetzgebers
überein, wonach der Sozialhilfeträger Wünschen des Hilfesuchenden nicht zu
entsprechen braucht, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten
verbunden wäre.
Im Fall der Antragstellerin sind für die Hilfe zur Pflege während der Dauer ihres
Aufenthaltes in dem Konrad-Biesalski-Haus in M. monatlich 3.500,-- DM Kosten
aufzubringen gewesen. Die Antragstellerin hat bisher nichts dafür vorgetragen,
daß schwerwiegende Gründe sie zum Auszug aus dem Konrad-Biesalski-Haus
bewogen haben. Die Rückkehr in dieses Heim steht ihr nach dem Vorbringen der
Beklagten auch weiterhin offen. Bei dieser Sachlage können jedenfalls bei
vorläufiger Prüfung der Erfolgsaussichten der erhobenen Klage - die Pflegekosten,
die über die Kosten für einen stationären Aufenthalt der Antragstellerin im Konrad-
Biesalski-Haus hinausgehen, nicht als "angemessene Kosten" der erforderlichen
Pflege im Sinne des § 69 Abs. 2 Satz 3 BSHG anerkannt werden.
Andererseits ist aber die Beklagte nach der Auffassung des Senats verpflichtet, die
Kosten, die bei einer stationären Unterbringung der Antragstellerin im Konrad-
Biesalski-Haus zu übernehmen wären, als angemessene Pflegekosten nach §§ 68
Abs. 1, 69 Abs. 2 Satz 3 BSHG anzuerkennen, sofern die Antragstellerin nachweist,
daß sie Pflegkosten in dieser Höhe für eine ambulante Pflege zu tragen hat. Nach
§ 3 Abs. 2 BSHG soll Wünschen des Hilfeempfängers, die sich auf die Gestaltung
der Hilfe richten, entsprochen werden, soweit sie angemessen sind und keine
unverhältnismäßigen Mehrkosten verursachen. Es ist kein plausibler Grund dafür
ersichtlich, der Antragstellerin für eine vorn ihr gewünschte ambulante Pflege den
Kostenbeitrag zu verweigern, der bei einer stationären Pflege aus Mitteln der
Sozialhilfe aufgebracht werden müßte. Der Umstand allein, daß die Pflegekosten
im Fall einer Heimunterbringung von dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe zu
tragen sind (§ 100 Abs. 1 Ziff. 1 BSHG), wohingegen die Hilfe zur Pflege bei einer
ambulanten Betreuung der Antragstellerin von dem örtlichen Sozialhilfeträger zu
gewähren ist (§ 97 Abs. 1 BSHG), rechtfertigt es nicht, die Kosten für eine
ambulante Betreuung bis zur Höhe der Kosten für eine Heimunterbringung als
unangemessen anzusehen.
Entsprechend dem Teil der Klage, für den hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht,
war dem Prozeßkostenhilfeantrag stattzugeben.
Einer Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bedarf es nicht,
weil Gerichtskosten in Verfahren, die die Gewährung von Sozialhilfe betreffen, nicht
erhoben werden (§ 188 Satz 2 VwGO) und ein unterliegender Beteiligter, dem
32
erhoben werden (§ 188 Satz 2 VwGO) und ein unterliegender Beteiligter, dem
außergerichtliche Kosten aufzuerlegen wären, in Verfahren, die die Gewährung von
Prozeßkostenhilfe betreffen, nicht vorhanden ist.
Dieser Beschluß ist gemäß § 152 Abs. 1 Satz 1 VwGO unanfechtbar.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.