Urteil des HessVGH vom 22.03.1991

VGH Kassel: wiederherstellung der aufschiebenden wirkung, aufschiebende wirkung, gaststätte, gefahr, vollziehung, lokal, verfügung, wiedergabe, aufschub, formerfordernis

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
14. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
14 TH 491/91
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 4 Abs 1 Nr 1 GastG, § 15
Abs 2 GastG, § 80 Abs 3 S
1 VwGO, § 80 Abs 5 VwGO
(Zum Sofortvollzug des Widerrufs einer
Gaststättenerlaubnis wegen Drogenmißbrauchs; hier:
Begründungserfordernis)
Tatbestand
Der Antragsteller wendet sich gegen eine Verfügung, durch die ihm die Erlaubnis
zum Betrieb seiner Gaststätte, in der es zu Drogenmißbrauch gekommen sein
soll, sofort vollziehbar widerrufen wurde.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden
Wirkung des dagegen erhobenen Widerspruchs abgelehnt; mit der Beschwerde
verfolgt der Antragsteller sein Aussetzungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet; denn das Verwaltungsgericht hat zu Recht den
Antrag abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die für
sofort vollziehbar erklärte Widerrufsverfügung wiederherzustellen.
Auch nach Auffassung des beschließenden Senats überwiegt auf der Grundlage
des im vorliegenden Eilverfahren allein möglichen Erkenntnisstandes das
öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung
das Betriebsfortführungsinteresse des Antragstellers.
Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, daß sich die
Widerrufsverfügung im Rahmen einer summarischen Beurteilung des
Sachverhalts, wie er sich dem Gericht erster und zweiter Instanz nach Aktenlage
darstellt, als offensichtlich rechtmäßig erweist und daß auch die Anordnung der
sofortigen Vollziehung formell und materiell dem Begründungserfordernis genügt.
Auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts -- sowohl in
tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht --, die zu der Annahme führen, daß
der Antragsteller die für den Betrieb einer Gaststätte erforderliche Zuverlässigkeit
im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Gaststättengesetzes nicht besitzt, ist zu
verweisen, ohne daß es dazu einer weiteren -- auch durch das
Beschwerdevorbringen nicht veranlaßten -- Begründung bedarf (§ 122 Abs. 2 Satz
3 der Verwaltungsgerichtsordnung -- VwGO -- in der ab 1. Januar 1991 geltenden
Fassung vom 17. Dezember 1990, BGBl. I S. 2809).
Mit der Beschwerde werden keine gegenüber dem erstinstanzlichen Vorbringen
neuen Gesichtspunkte geltend gemacht, die eine dem Antragsteller günstigere
Entscheidung rechtfertigen könnten. Weder verfängt der Einwand fehlerhafter
Begründung der Sofortvollzugsanordnung noch streiten angesichts der fehlenden
Erfolgsaussichten des Widerspruchs wirtschaftliche oder andere Gesichtspunkte für
ein Interesse des Antragstellers, seine Gaststätte bis zur Entscheidung in der
Hauptsache weiter betreiben zu können.
Die Antragsgegnerin hat in einer dem Formerfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1
VwGO genügenden Weise -- wenn auch knapp so doch ausreichend -- das
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VwGO genügenden Weise -- wenn auch knapp so doch ausreichend -- das
öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung mit der vom Lokal des
Antragstellers fortwährend ausgehenden Gefahr des Drogenmißbrauchs,
insbesondere für junge Menschen, begründet, die einen Aufschub des Vollzugs
nicht dulde. Gegen diese Begründung, die sich entgegen dem Vorwurf des
Antragstellers nicht in der Wiedergabe des Gesetzeswortlauts erschöpft und die
sich auch nicht als stereotype, formelhafte oder nichtssagende Wendung darstellt,
ist nichts zu erinnern. So ist es auch unschädlich, daß der Gesichtspunkt des
Drogenmißbrauchs (Handel bzw. Konsum) in der Gaststätte sowohl zur Annahme
der Unzuverlässigkeit des Antragstellers geführt hat als auch zur Begründung des
Sofortvollzugs herangezogen worden ist. Abgesehen davon, daß es aus
Rechtsgründen nicht erforderlich ist, den Sofortvollzug in jedem Falle auf
andersartige als die den Verwaltungsakt selbst tragenden Gesichtspunkte zu
stützen (vgl. dazu Kopp, VwGO, 9. Aufl. 1988, § 80 Rdnr. 52 m.w.N.), ist im
vorliegenden Fall die zum Widerruf der Erlaubnis zum Betrieb eines
Gaststättengewerbes führende gaststättenrechtliche Unzuverlässigkeit des
Antragstellers angenommen worden, weil er für den Betäubungsmittelmißbrauch
in seinem Lokal einstehen muß; der Sofortvollzug ist angeordnet worden, damit
den mit einem solchen Mißbrauch verbundenen Gefahren wirksam und damit
sofort begegnet werden kann. Es liegt in der Eigenart der hier die
Unzuverlässigkeit des Antragstellers begründenden Tatsache -- nämlich: der
Betäubungsmittelmißbrauch in einem Lokal --, daß sie zum einen kausal als
Anknüpfungspunkt für die Widerrufsverfügung dient, zum anderen, quasi final, als
ein das besondere Vollzugsinteresse rechtfertigender Gesichtspunkt zu
berücksichtigen ist.
Der Umstand, daß der Antragsteller durch die Schließung der Gaststätte
erhebliche wirtschaftliche Einbußen erleidet und seine bisherige Erwerbsquelle
verliert, vermag nichts daran zu ändern, daß wegen der Größe der bei einem
Weiterbetrieb der Gaststätte drohenden Gefahr dem öffentlichen Interesse an der
sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung der Vorrang gebührt.
Schließlich kann der Antragsteller mit dem Einwand, eine solche Gefahr bestünde
schon wegen der in der Vergangenheit erfolgten Durchsuchung der Gaststätte
nicht mehr, weil "interessierte Kreise" allein dadurch vor weiterem Drogenhandel in
dem Lokal des Antragstellers abgeschreckt würden, nicht gehört werden. Dieser
Denkansatz ist allenfalls insoweit zutreffend, als es unter dem Eindruck eines
behördlichen Verfahrens zu einem zeitweisen Stillstand des
Betäubungsmittelmißbrauchs in der Gaststätte kommen könnte; die vom
Antragsteller daraus hergeleitete Folgerung, daß eine mit dem Erlaubniswiderruf
zu verhindern geltende Gefahr gar nicht mehr bestünde, ließe jede
Widerrufsverfügung obsolet erscheinen und würde dem Gastwirt ein "Schlupfloch"
aus seiner Verantwortung eröffnen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.