Urteil des HessVGH vom 27.09.1994

VGH Kassel: fristlose kündigung, treu und glauben, kündigungsfrist, verlängerung der frist, gespräch, vertreter, gemeindeverwaltung, fristbeginn, gemeindeordnung, organisation

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
Fachsenat für
Personalvertretungssachen
(Land)
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
TL 1511/94
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
626 Abs 2 S 2 BGB, §
166 Abs 1 BGB, § 54 Abs
2 S 1 BAT, § 54 Abs 2 S
2 BAT
(Außerordentliche Kündigung - Kündigungsfrist -
Zurechnung der Kenntnis maßgebender Tatsachen des
amtierenden Bürgermeisters - Frist für
Zustimmungsersetzung)
Tatbestand
Der Antragsteller möchte erreichen, daß durch eine verwaltungsgerichtliche
Entscheidung die Zustimmung des Beteiligten zu 1. zu der außerordentlichen
Kündigung des Beteiligten zu 2. ersetzt wird.
Der Beteiligte zu 2. ist bei der Gemeinde C. angestellt. Er bearbeitet im
Liegenschaftsamt der Gemeinde unter anderem Fälle der Vermietung und
Verpachtung gemeindlicher Liegenschaften. Er ist Vorsitzender des Beteiligten zu
l., des Personalrats der Gemeindeverwaltung C..
Am Abend des 1. April 1993 kam es zu einem Gespräch zwischen dem vom
Verwaltungsgericht als Zeugen gehörten Herrn B. und dem ehrenamtlichen
Beigeordneten der Gemeinde C., Herrn P., in dessen Verlauf Herr B. sich bei Herrn
P. dafür bedankte, daß der Gemeindevorstand ihm eine gemeindliche Wohnung
zugesprochen hatte. An dem Gespräch nahm auch der vom Verwaltungsgericht
als Zeuge gehörte Herr K. teil. In das Gespräch, das ca. eine Stunde gedauert
haben soll, schaltete sich der Beteiligte zu 2. ein und äußerte sinngemäß, er
verstehe nicht, wie man so etwas beschließen könne. Im Beisein des
ehrenamtlichen Beigeordneten P. und der beiden anderen Zeugen soll der
Beteiligte zu 2. dann gesagt haben "im Gemeindevorstand sitzen nur Idioten." Dies
teilte der ehrenamtliche Beiordnete P. nach den eigenen Angaben des
Antragstellers (Seite 2 des Schriftsatzes des Hessischen Städte- und
Gemeindebundes vom 3. August 1993) dem Ersten Beigeordneten am 2. April
1993 nachmittags mit. Am 5. April 1993 kam der Antragsteller aus dem Urlaub
zurück und wurde von dem Ersten Beigeordneten über den Vorfall unterrichtet. Am
7. April 1993 bestätigte der ehrenamtliche Beigeordnete P. dem Antragsteller den
obigen Sachverhalt, der dann am 13. April 1993 dem Gemeindevorstand
vorgetragen wurde. Dieser beschloß am gleichen Tage ohne vorherige Anhörung
des Beteiligten zu 2. dessen außerordentliche Kündigung.
Am 14. April 1993 beantragte der Antragsteller die kurzfristige Einberufung des
Beteiligten zu 1., der dann am 15. April 1993 durch den Antragsteller über die vom
Gemeindevorstand beschlossene außerordentliche Kündigung des Beteiligten zu
2. informiert und um Zustimmung ersucht wurde. Nach einer ersten Beratung bat
der Beteiligte zu 1. um Fristverlängerung bis zum 19. April 1993.
Am 16. April 1993 wurde der Beteiligte zu 2. von dem Antragsteller über die
fristlose Kündigung informiert.
Mit Schreiben vom 19. April 1993, eingegangen bei der Gemeinde C. am gleichen
Tage, erklärte der Beteiligte zu 1. gegenüber dem Gemeindevorstand,
bezugnehmend auf das Gespräch vom 15. April 1993 verweise er, der Beteiligte zu
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bezugnehmend auf das Gespräch vom 15. April 1993 verweise er, der Beteiligte zu
1., nochmals auf den besonderen Kündigungsschutz eines Mitglieds des
Personalrats, hier sogar des Vorsitzenden. Nach einem weiteren Gespräch mit
diesem sei der Personalrat einstimmig der Meinung, daß die aufgeführten Gründe
eine Kündigung nicht rechtfertigten. Der Personalrat bitte deshalb um Überprüfung
aller Vorwürfe und um Rücknahme des Beschlusses des Gemeindevorstands.
Am 20. April 1993 hat der Antragsteller das verwaltungsgerichtliche
Beschlußverfahren eingeleitet. Er ist der Auffassung, erst am 13. April 1993, dem
Tag, an dem der Gemeindevorstand einstimmig die fristlose Kündigung des
Beteiligten zu 2. beschlossen hat, habe die in den §§ 626 Abs. 2 BGB, 54 Abs. 2
BAT geregelte Zwei-Wochen-Frist zu laufen begonnen, so daß das
Beschlußverfahren rechtzeitig eingeleitet worden sei.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Zustimmung des Beteiligten zu 1. zur außerordentlichen Kündigung gegenüber
dem Beteiligten zu 2. zu ersetzen.
Der Beteiligte zu 2. hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er hält den bei dem Verwaltungsgericht gestellten Antrag für verspätet. Im übrigen
bestreitet er, die ihm vorgeworfene Äußerung getan zu haben. Außerdem trägt er
vor, das Zustimmungsverfahren sei nicht wirksam eingeleitet worden, denn der
Antragsteller behaupte nicht, dem Beteiligten zu 1. die kündigungsrelevanten
Umstände dargelegt zu haben.
Der Beteiligte zu l., der keinen Antrag gestellt hat, hat vorgetragen, der Beteiligte
zu 2. habe nach seiner Erinnerung die Entscheidung des Gemeindevorstands
hinsichtlich der Wohnungsvergabe ungefähr mit den Worten kommentiert, für ihn
sei diese Entscheidung mit normalem Menschenverstand nicht mehr
nachvollziehbar. Darauf habe der ehrenamtliche Beigeordnete P. gefragt, ob der
Beteiligte zu 2. der Meinung sei, im Gemeindevorstand säßen nur Idioten. Die
Formulierung stamme somit von Herrn P. selbst. Der Beteiligte zu 2. sei am 16.
April 1993 seitens des Antragstellers über den Vorwurf und die bereits gefällte
Entscheidung des Gemeindevorstands informiert worden. Eine Anhörung habe
nicht stattgefunden. Dies sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar.
Das Verwaltungsgericht hat den ehrenamtlichen Beigeordneten P. und die
weiteren Teilnehmer des Gesprächs, die Herren B. und K., als Zeugen darüber
gehört, ob der Beteiligte zu 2. an dem fraglichen Abend in der Gaststätte geäußert
hat: "Im Gemeindevorstand sitzen nur Idioten".
Mit Beschluß vom 9. März 1994 hat das Verwaltungsgericht dem Antrag
stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, Kündigungsberechtigter sei der
Gemeindevorstand. Auf dessen Kenntnis komme es auch für den Beginn der
Kündigungsfrist an. Diese Frist sei daher eingehalten worden. Die Beweisaufnahme
habe ergeben, daß die Äußerungen des Beteiligten zu 2. am 1. April 1993
gegenüber dem Gemeindevorstandsmitglied P. gefallen seien. Damit liege eine
Tatsache vor, die die außerordentliche Kündigung rechtfertige.
Gegen den am 25. April 1994 zugestellten Beschluß hat der Beteiligte zu 2. am 25.
Mai 1994 Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung er vorträgt, der
Antragsteller habe bisher nicht substantiiert dargelegt, daß er den Beteiligten zu 1.
rechtzeitig und eingehend darüber unterrichtet habe, ihm, dem Beteiligten zu 2.,
außerordentlich kündigen zu wollen. Der Antragsteller behaupte lediglich, er habe
den Beteiligten zu 1. in der Sitzung am 15. April 1993 über die vom
Gemeindevorstand beschlossene außerordentliche Kündigung informiert und
gebeten, die erforderliche Zustimmung zu erteilen. Weiterhin rügt der Beteiligte zu
2. nach wie vor, daß die Kündigungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten
sei. Er bestreite energisch, gegenüber den Zeugen P., B. und K. geäußert zu
haben: "Im Gemeindevorstand sitzen nur Idioten." Richtig sei vielmehr, daß diese
Bemerkung in suggestiver Fragestellung vom Zeugen P. stamme. In dem
kontrovers geführten Gespräch zwischen ihm, dem Beteiligten zu 2., und den
Zeugen sei er nicht als Beschäftigter der Gemeinde C. tätig geworden. Das
Gespräch habe lange nach Dienstschluß stattgefunden. Der Gesprächsort sei auch
nicht die Gemeindeverwaltung gewesen. Was er in seiner Freizeit mache und
äußere, berühre sein Arbeitsverhältnis nicht. Die Fachkammer folge unkritisch den
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äußere, berühre sein Arbeitsverhältnis nicht. Die Fachkammer folge unkritisch den
widersprüchlichen Aussagen der Zeugen.
Der Beteiligte zu 2. beantragt,
den Beschluß des Verwaltungsgerichts Kassel - Fachkammer für
Personalvertretungssachen (Land) - vom 9. März 1994 aufzuheben und den
Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er trägt vor, das Mitbestimmungsverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt
worden. Die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten. Die von der
Fachkammer vernommenen Zeugen hätten übereinstimmend bestätigt, daß der
Beteiligte zu 2. die fragliche Äußerung getan habe. Soweit im übrigen die
Zeugenaussagen in geringem Umfang nicht miteinander übereinstimmten, sei
dies verständlich, da die Beweisaufnahme ein Jahr nach dem Ereignis
stattgefunden habe, was zwangsläufig zu gewissen Erinnerungslücken führe, zumal
zwei der Zeugen 64 bzw. 65 Jahre alt seien. Die grobe Beleidigung des
Gemeindevorstandes rechtfertige eine außerordentliche Kündigung. Es sei nicht
erheblich, daß der Beteiligte zu 2. den Gemeindevorstand außerhalb der
regelmäßigen Arbeitszeit beleidigt habe. Maßgebend sei, daß er ihn beleidigt habe,
und nicht nur gegenüber Dritten, sondern auch gegenüber einem Mitglied des
Gemeindevorstandes selbst, nämlich dem vernommenen Zeugen P..
Der Beteiligte zu 1. stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze und den darüber hinausgehenden Inhalt der
Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß erhoben worden.
Sie ist auch begründet, denn der Antrag des Antragstellers, die Zustimmung des
Beteiligten zu 1. zu der außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 2. zu
ersetzen, hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche
Kündigung liegen wegen Ablaufs der in den §§ 626 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BGB, 54
Abs. 2 Sätze 1 und 2 des Bundes-Angestelltentarifvertrags - BAT - geregelten
zweiwöchigen Kündigungsfrist nicht vor. Die Frist begann jedenfalls zu laufen, als
der Erste Beigeordnete als amtierender Bürgermeister am 2. April 1993 Kenntnis
von den zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Tatsachen erhielt, so
daß sie bereits abgelaufen war, als am 20. April 1993 der auf Ersetzung der
Zustimmung des Personalrats gerichtete Antrag des Antragstellers bei dem
Verwaltungsgericht einging.
Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 HPVG bedarf die außerordentliche Kündigung von
Mitgliedern der Personalvertretungen der Zustimmung der zuständigen
Personalvertretung. Verweigert die zuständige Personalvertretung die
Zustimmung, so kann das Verwaltungsgericht sie nach Satz 2 der Vorschrift auf
Antrag des Dienststellenleiters ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung
unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Diese Voraussetzung
liegt hier nicht vor, denn die außerordentliche Kündigung des Beteiligten zu 2. ist
unter Berücksichtigung aller Umstände nicht gerechtfertigt, weil der Antragsteller
die in den §§ 626 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BGB, 54 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BAT
geregelte zweiwöchige Kündigungsfrist nicht eingehalten hat. Bei dieser Frist
handelt es sich um eine gesetzliche Ausschlußfrist (vgl. Hess. VGH, Beschluß vom
21. Dezember 1983 - BPV TK 21/83 - Hess. VGRspr. 1984, 60 ff., 62; Bay. VGH,
Beschluß vom 13. Mai 1982 - Nr. 17 C 82 A.244 und 17 C 82 A.908 - VGH 35 nF I,
80 ff., 82; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluß vom 19. Dezember 1983 - CL 19/82
- HSGZ 1984; 187; BAG, Urteile vom 28. Oktober 1971 - 2 AZR 32/71 - BAG AP §
626 BGB Ausschlußfrist Nr. 1 = NJW 1972, 463, 6. Juli 1972 - 2 ZR 386/71 - BAG AP
a.a.O. Nr. 3, Beschluß vom 18. August 1977 - 2 ABR 19/77 - NJW 1978, 661, Urteil
vom 5. Mai 1977 - 2 AZR 297/76 - NJW 1978, 723, Urteil vom 10. Juni 1988 - 2 AZR
25/88 - NJW 1989, 733; Schirrmacher, in Maneck/ Schirrmacher, Hessisches
Bedienstetenrecht, 7. Aufl., Stand: Februar 1994, Rdnr. 9 zu § 66 HPVG;
Uttlinger/Breier/Kiefer/ Hoffmann/Pühler, Bundes-Angestelltentarifvertrag, Ordner
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Uttlinger/Breier/Kiefer/ Hoffmann/Pühler, Bundes-Angestelltentarifvertrag, Ordner
11, Stand: 1. Juli 1994, Erläuterung 6 zu § 54 BAT). Dies bedeutet, daß der
Arbeitgeber, wenn er sein Kündigungsrecht nicht verlieren will, innerhalb der Frist
nicht nur den Zustimmungsantrag beim Personalrat stellen, sondern bei
Verweigerung der Zustimmung auch das Verfahren auf Ersetzung der
Zustimmung beim Verwaltungsgericht einleiten muß (vgl. Hess. VGH, a.a.O., Seite
62; Bay. VGH, a.a.O., Seite 82; Schirrmacher, a.a.O., Rdnr. 9 zu § 66 HPVG;
Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 7. Aufl., 1992, § 125 IV.4.d, Seite 999).
Es kann dahinstehen, ob die Kündigungsfrist bereits am 1. April 1994 zu laufen
begann, dem Tag, an dem der ehrenamtliche Beigeordnete P., der ja selbst
Mitglied des Gemeindevorstands war, die Auseinandersetzung mit dem Beteiligten
zu 2. erlebte, in deren Verlauf es zu der streitigen Äußerung des Beteiligten zu 2.
gekommen sein soll, denn jedenfalls begann die Kündigungsfrist zu laufen, als am
2. April 1993 der Erste Beigeordnete von den zur Kündigung berechtigenden
Tatsachen Kenntnis erhielt. Der Lauf der Kündigungsfrist wurde auch nicht
gehemmt, so daß der Antragsteller bis zum 16. April 1993 bei dem
Verwaltungsgericht den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Personalrats
hätte stellen müssen.
Dazu ist im einzelnen folgendes zu bemerken:
Die Frist begann jedenfalls am 2. April 1993 zu laufen, denn an diesem Tag erfuhr
der Erste Beigeordnete, der wegen des Urlaubs des Antragstellers amtierender
Bürgermeister war (vgl. § 47 Satz 1 HGO), von den für die Kündigung
maßgebenden Tatsachen. Diese Kenntnis des amtierenden Bürgermeisters ist
dem Gemeindevorstand, der nach § ,73 Abs. 1 Satz 1 HGO die
Gemeindebediensteten anstellt, befördert und entläßt, zuzurechnen.
Nach dem Wortlaut der §§ 626 Abs. 2 Satz 2 BGB, 54 Abs. 2 Satz 2 BAT beginnt
die Frist in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Kündigungsberechtigte von den
für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Diese Kenntnis kann
er auch durch einen Vertreter, Zustellungsbevollmächtigten oder anderen
Empfangsberechtigten rechtswirksam erlangen (vgl. § 164 Abs. 3 BGB). § 73 Abs.
1 Satz 1 HGO und die genannten Kündigungsvorschriften schließen dies nicht aus.
Es kommt nicht darauf an, ob sämtliche Mitglieder des Gemeindevorstands oder
eine beschlußfähige Anzahl höchstpersönlich Kenntnis hat. Vielmehr muß es dem
Gemeindevorstand als dem kündigungsberechtigten Organ der Gemeinde
zugerechnet werden, wenn dasjenige Mitglied des Gemeindevorstands, das ihn
vertritt, also der Bürgermeister (§§ 70 Abs. 1 Satz 1, 71 Abs. 1 Sätze 1 und 2
HGO) oder der Erste Beigeordnete als dessen allgemeiner Vertreter (§ 47 Satz 1
HGO), Kenntnis von den die außerordentliche Kündigung rechtfertigenden
Tatsachen erhält. Die Frage, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen es dem
Organ Gemeindevorstand zuzurechnen ist, daß ein Organteil - hier der amtierende
Vorsitzende des Organs - über wichtige Informationen verfügt, ist von der Frage zu
unterscheiden, wer über das Ergreifen von Maßnahmen zu befinden hat und
gegebenenfalls welche Maßnahmen ergriffen werden.
Daß es nach hessischem Gemeinderecht dem Gemeindevorstand zu zurechnen
ist, wenn der Bürgermeister bzw. - im Falle seiner Verhinderung - der Erste
Beigeordnete als allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters von Tatsachen
Kenntnis erhält, die zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, ergibt eine
Gesamtschau der einschlägigen Regelungen der Hessischen Gemeindeordnung.
In § 73 Abs. 1 Satz 1, wonach der Gemeindevorstand die Gemeindebediensteten
anstellt, befördert und entläßt, ist nicht ausdrücklich geregelt, ob die Kenntnis des
(amtierenden) Bürgermeisters von zur Kündigung berechtigenden Tatsachen dem
Gemeindevorstand zuzurechnen ist. Auch § 71 HGO, der die Vertretung der
Gemeinde betrifft, enthält dazu keine ausdrücklichen Regelungen. Während dort
im einzelnen bestimmt ist, unter welchen Voraussetzungen und durch wen
Erklärungen mit Wirkung für die Gemeinde abgegeben werden, sind in diese
Vorschrift - und auch in andere Vorschriften der Hessischen Gemeindeordnung -
keine ausdrücklichen Regelungen darüber aufgenommen worden, unter welchen
Voraussetzungen gegenüber dem Gemeindevorstand abzugebende Erklärungen
als diesem zugegangen anzusehen sind. Die Antwort auf diese Frage ergibt sich
jedoch mit hinreichender Klarheit aus verschiedenen Vorschriften der Hessischen
Gemeindeordnung. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 HGO ist der Gemeindevorstand die
Verwaltungsbehörde der Gemeinde. Dementsprechend ist in § 71 Abs. 1 Satz 1
HGO geregelt, daß der Gemeindevorstand die Gemeinde vertritt. Der
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HGO geregelt, daß der Gemeindevorstand die Gemeinde vertritt. Der
Gemeindevorstand besteht aus dem Bürgermeister als Vorsitzenden, dem Ersten
Beigeordneten und weiteren Beigeordneten (§ 65 Abs. 1 HGO). Der Bürgermeister
bereitet die Beschlüsse des Gemeindevorstands vor und führt sie aus, soweit nicht
Beigeordnete mit der Ausführung beauftragt sind. Er leitet und beaufsichtigt den
Geschäftsgang der gesamten Verwaltung und sorgt für den geregelten Ablauf der
Verwaltungsgeschäfte (§ 70 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HGO). Erklärungen der
Gemeinde werden im Namen des Gemeindevorstands durch den Bürgermeister
oder dessen allgemeinen Vertreter, innerhalb der einzelnen Arbeitsgebiete durch
die dafür eingesetzten Beigeordneten abgegeben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 HGO). Aus
dem Umstand, daß der Bürgermeister bzw. sein allgemeiner Vertreter als
Vorsitzender des Gemeindevorstands den Geschäftsgang der gesamten
Verwaltung leitet und den Zugang von Mitteilungen und Erklärungen aller Art an
den Gemeindevorstand regelt (Posteingangsstelle, Eingangsregistratur,
Eingangsstempel), und auch Erklärungen für den Gemeindevorstand mit Wirkung
für die Gemeinde abgibt (vgl. § 71 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HGO), ist zu schließen,
daß auch Erklärungen, die gegenüber dem Gemeindevorstand abgegeben werden,
schon dann als diesem zugegangen anzusehen sind, wenn sie dem Bürgermeister
als dem Vorsitzenden des Gemeindevorstands zugegangen sind.
Dies wird bestätigt durch den Umstand, daß in Hessen die einzelnen Ämter der
Gemeindeverwaltung lediglich Untergliederungen bzw. Handlungseinheiten des
Gemeindevorstands sind, so daß Erklärungen des Bürgers gegenüber dem
Gemeindevorstand schon dann als diesem zugegangen angesehen werden
müssen, wenn ein zuständiger Bediensteter des Gemeindevorstands sie erhalten
hat. Dies wird besonders deutlich bei fristauslösenden Erklärungen, die Bürger
gegenüber dem Gemeindevorstand abgeben (z.B. Genehmigungsanträge nach §
19 BauGB). Sind diese bei der Eingangsstelle der Gemeindeverwaltung oder dem
Bürgermeister eingegangen, sind sie dem Gemeindevorstand zugegangen.
Nehmen die zuständigen Bediensteten des Gemeindevorstands bzw. dieser selbst
gleichwohl nicht oder verspätet davon Kenntnis, so läuft die Frist trotzdem. Die
Gemeinde muß dann die Nachteile der allein von ihr zu verantwortenden
Organisationsstruktur der Gemeindeverwaltung tragen, ohne daß dies zu Lasten
der Bürger geht.
Entsprechendes gilt, wenn es nicht auf den Zugang von Erklärungen ankommt, die
gegenüber dem Gemeindevorstand abgegeben werden, sondern auf Tatsachen,
die der Gemeindevorstand erfahren muß, um bestimmte Maßnahmen in die Wege
zu leiten.
Dies bedeutet hier, daß jedenfalls dann, wenn der Bürgermeister als Vorsitzender
des Gemeindevorstands (§ 70 Abs. 1 Satz 2 HGO) bzw. der Erste Beigeordnete als
sein allgemeiner Vertreter (§ 47 Satz 1 HGO) Kenntnis von Tatsachen erhält, die
eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, diese Kenntnis dem für die
Kündigung zuständigen Organ, dem Gemeindevorstand, zuzurechnen ist.
Auch die Grundsätze der Vertretung im Rechtsverkehr bestätigen dieses Ergebnis.
Nach § 166 Abs. 1 BGB kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des
Vertreters "in Betracht", soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch
die Kenntnis gewisser Umstände beeinflußt werden. Die rechtlichen Folgen der
Einleitung des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Beschlußverfahrens durch
den Antragsteller werden dadurch beeinflußt, daß der Vertreter des
Gemeindevorstands - hier der Erste Beigeordnete - bereits am 2. April 1993
Kenntnis von den Tatsachen erhielt, die (gegebenenfalls) zur außerordentlichen
Kündigung berechtigten.
Der hier vertretenen Auffassung steht auch die Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts im Ergebnis nicht entgegen. Das Bundesarbeitsgericht hat
zwar zutreffend darauf hingewiesen, daß § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB und § 54 Abs. 2
Satz 2 BAT nach ihrem Wortlaut für den Fristbeginn ausschließlich auf die Kenntnis
des Kündigungsberechtigten abstellen (BAG, Entscheidung vom 7. September
1983 - 7 AZR 196/82 -). Es hat aber bereits in seinem Urteil vom 5. Mai 1977 (- 2
AZR 297/76 - NJW 1978, 723 f.) betont, daß die bisherige Rechtsprechung, wonach
ausnahmsweise für den Fristbeginn die Kenntnis eines Dritten genüge, der keine
Entlassungsbefugnis habe, dahin zu verstehen sei, daß der Kündigungsberechtigte
sich die Kenntnis eines Dritten nach Treu und Glauben dann zurechnen lassen
müsse, wenn dessen Stellung im Betrieb nach den Umständen des Einzelfalles
erwarten lasse, er werde den Kündigungsberechtigten von dem
Kündigungssachverhalt unterrichten. Der Kündigungsberechtigte dürfe sich dann
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Kündigungssachverhalt unterrichten. Der Kündigungsberechtigte dürfe sich dann
nicht auf seine erst später erlangte Kenntnis berufen, wenn dies darauf beruhe,
daß die Organisation des Betriebs zu einer Verzögerung des Fristbeginns führe,
obwohl eine andere Organisation sachgemäß und zumutbar wäre. Es hat im Urteil
vom 5. Mai 1977 (a.a.O. Seite 724 linke Spalte) unter anderem folgendes
ausgeführt:
"a) Die Zweiwochenfrist des § 626 II BGB, die eine Ausschlußfrist ist, soll dem
Kündigenden für seine Überlegung zur Verfügung stehen, ob er den ihm bekannt
gewordenen Sachverhalt zum Anlaß für eine außerordentliche Kündigung nehmen
will. Diese Frist ist kurz bemessen, wenn berücksichtigt wird, daß in den zwei
Wochen je nach Lage des Falles vielerlei Umstände in Betracht zu ziehen sind, die
Zeit in Anspruch nehmen. Daraus folgt, daß der Begriff des
Kündigungsberechtigten eng auszulegen ist. Das ist der wesentliche Grund dafür,
daß die vom Senat entwickelte Ausnahmelösung nur in seltenen Fällen zum Zuge
kommt. Herschel hat in seiner Anmerkung zum Urteil vom 28.10.1971 (AR-Blattei
"Kündigung VIII" Entsch. 31) richtig erkannt, daß der Senat zur Lösung von Fällen
beitragen wollte, in denen der Arbeitgeber seinen Betrieb so organisiert, daß
hieraus eine Verzögerung des Fristbeginns entstehen kann, obwohl eine andere
Organisation sachgemäß und zumutbar gewesen wäre. Zu denken ist etwa an die
vor allem bei großen Unternehmen und Verwaltungen mögliche Gestaltung, daß
der Leiter eines nachgeordneten Betriebs bzw. Betriebsteils oder einer
nachgeordneten Dienststelle keine Personalbefugnis, insbesondere nicht das
Recht zur außerordentlichen Kündigung der ihm unterstellten Mitarbeiter, hat.
Wenn nach den Umständen des Einzelfalles die tatsächliche Stellung dieses in
seiner Funktion dem Arbeitgeber angenäherten Mitarbeiters im Betrieb oder in der
Dienststelle erwarten läßt, daß er die eigentlich kündigungsberechtigte Person,
also den Arbeitgeber oder denjenigen, der die volle "Personalhoheit" ausübt, von
seiner Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen unterrichtet, dann
muß der Kündigungsberechtigte sich diese Kenntnis nach Treu und Glauben
zurechnen lassen. Würde der Kündigungsberechtigte einen durch diese Art der
Organisation verursachten späteren Fristbeginn für sich in Anspruch nehmen,
dann würde er sich mit ,seinem eigenen Verhalten in Widerspruch setzen. Das
"spezifische Organisationsrisiko" würde dem Arbeitnehmer als dem
Kündigungsempfänger überbürdet, der ein berechtigtes Interesse daran hat, in
einer knapp bemessenen Zeit zu wissen, ob ein gegebenen Sachverhalt zur
außerordentlichen Kündigung führt (so Herschel AR-Blattei "Kündigung VIII" Entsch.
31, unter Hinw. auf Esser, Schuldr. 11, 3. Aufl., S. 429 Fußn. 15)."
Genügt unter bestimmten Umständen die Kenntnis eines mit
arbeitgeberähnlichen Befugnissen ausgestatteten Dritten, so gilt dies erst recht
für einen Vertreter.
Der Beteiligte zu 2. als der von einer außerordentlichen Kündigung bedrohte
Gemeindebedienstete konnte erwarten, daß der ehrenamtliche Beigeordnete P. -
wie durch diesen am Abend der Auseinandersetzung angedroht - den Ersten
Beigeordneten als amtierenden Bürgermeister und dieser den allein
kündigungsberechtigten Gemeindevorstand umgehend über die für eine
Kündigung maßgebenden Tatsachen unterrichten würde, so daß - folgt man dem
Bundesarbeitsgericht - der Gemeindevorstand sich die Kenntnis des Ersten
Beigeordneten nicht nur aufgrund der oben erläuterten kommunalrechtlichen
Vertretungsregelungen, sondern auch nach Treu und Glauben zurechnen lassen
muß. Es kann nicht zu einer Hemmung und damit letztlich einer Verlängerung der
Kündigungsfrist führen, daß das Gremium "Gemeindevorstand" erst am 13. April
1993 über den Vorfall unterrichtet wurde. Auch im vorliegenden Fall würde das
Organisationsrisiko dem Beteiligten zu 2. als dem Kündigungsempfänger
überbürdet, der ein berechtigtes Interesse daran hat, in einer knapp bemessenen
Zeit zu wissen, ob der gegebene Sachverhalt zur außerordentlichen Kündigung
führt (vgl. auch BAG, Urteil vom 10. Juni 1988 - 2 AZR 25/88 - NJW 1989, 733).
Auch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Mai 1994 - 2 AZR
930/93 - steht der hier vertretenen Rechtsauffassung nicht entgegen. Das
Bundesarbeitsgericht hat die im Urteil vom 20. April 1977 - 4 AZR 778/75 - (PersV
1979, 32 ff., Seite 35 rechte Spalte unten/Seite 36 linke Spalte oben) noch offen
gelassene Frage, ob eine bayerische Gemeinde es sich zurechnen lassen muß daß
ihr Erster Bürgermeister die Kündigungsgründe vor der Sitzung des für
Personalangelegenheiten eingerichteten Ausschusses kannte, nunmehr im
Ergebnis verneint. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Mai 1994
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Ergebnis verneint. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Mai 1994
ist hier schon deshalb nicht einschlägig, weil das Bundesarbeitsgericht die Frage,
ob die Kenntnis von Tatsachen, die zur Kündigung berechtigen, der Gemeinde
zuzurechnen ist, für das bayerische Gemeinderecht zu beurteilen hatte, die Frage
nach dem hessischen Gemeinderecht jedoch so zu beantworten ist, wie oben im
einzelnen ausgeführt wurde. Es kommt hinzu, daß die Hessische
Gemeindeordnung - anders als Art. 43 Abs. 1 Satz 2 der Bayerischen
Gemeindeordnung - einen für Personalangelegenheiten eingerichteten Ausschuß
nicht vorsieht und ein derartiges oder vergleichbares Gremium für
Personalangelegenheiten bei der Gemeinde C. auch nicht existiert. Insofern
unterscheidet sich der der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18. Mai
1994 zugrundeliegende Fall wesentlich von demjenigen, über den der Fachsenat
hier befinden muß.
Die zweiwöchige Kündigungsfrist begann auch nicht deshalb erst nach dem 2. April
1993 zu laufen, weil der Sachverhalt erst nach dem 2. April 1993 ausreichend
geklärt worden wäre, um eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Zwar
hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, daß die den Fristbeginn auslösende
"Kenntnis" des Kündigungsberechtigten eine sichere, positive Kenntnis der für die
Kündigung maßgebenden Tatsachen sein müsse (BAG, Urteil vom 6. Juli 1972 - 2
AZR 386/71 - BAG AP § 626 BGB Ausschlußfrist Nr. 3; vgl. auch das Urteil vom 10.
Juni 1988, a.a.O.). Dies bedeutet aber nicht, daß die Frist erst dann zu laufen
beginnt, wenn der Arbeitgeber den sicheren Beweis für ein zur fristlosen Kündigung
berechtigendes vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers erbringen kann.
Entscheidend ist insofern lediglich die Kenntnis, die dem Kündigenden eine
Entscheidung dahin erlaubt, ob ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
zugemutet werden kann oder nicht (Bay. VGH, a.a.O., Seite 86). Andernfalls wäre
die in § 626 Abs. 2 BGB und § 54 Abs. 2 BAT geregelte Kündigungsfrist in ihrer
Bedeutung stark eingeschränkt, weil es kaum Fälle außerordentlicher Kündigungen
geben dürfte, in denen der zur außerordentlichen Kündigung berechtigende
Sachverhalt völlig unzweifelhaft feststeht. Es widerspräche auch dem Zweck der
Ausschlußfrist, die Verwirkung des Kündigungsrechts zeitlich zu fixieren, wenn der
Kündigungsberechtigte ihren Beginn nach seinem Gutdünken durch weitere
Ermittlungen hinausschieben könnte, die er nicht mehr benötigt, um sich ein
hinreichend klares Urteil über die Zumutbarkeit einer Vertragsfortsetzung bilden
zu können (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 1975 - II ZR 104/73 - NJW 1976,
797). Hier gingen der Erste Beigeordnete und der Antragsteller selbst von der - wie
das BAG formuliert - "sicheren, positiven Kenntnis" der für die Kündigung
maßgebenden Tatsachen aus, denn der Gemeindevorstand beschloß am 13. April
1993 einstimmig die fristlose Kündigung des Beteiligten zu 2., ohne daß der Erste
Beigeordnete, der Antragsteller, der Gemeindevorstand oder ein Beauftragter
dem Beteiligten zu 2. vorher Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben. Für
die Einschätzung, daß es sich um eine derartige sichere, positive Kenntnis des
Ersten Beigeordneten handelte, spricht auch der Umstand, daß der Vorfall nicht
von einem sonstigen Zeugen, sondern von einem ebenfalls dem
Gemeindevorstand angehörenden ehrenamtlichen Beigeordneten erlebt und dem
Ersten Beigeordneten geschildert worden ist.
Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in den zitierten Urteilen vom 6. Juli 1972 und
10. Juni 1988 entschieden, daß im Falle der Arbeitgeberkündigung, die Frist in der
Regel erst beginne, nachdem der Arbeitnehmer über den Vorfall angehört sei, der
zur Kündigung führen solle. Die Ausschlußfrist sei jedenfalls so lange gehemmt,
wie der Kündigungsberechtigte "aus verständigen Gründen" mit der gebotenen Eile
noch Ermittlungen über den Kündigungssachverhalt anstelle und der
Kündigungsgegner dies erkennen könne. Dies hat das Bundesarbeitsgericht damit
begründet, unter den Tatsachen, die für die Kündigung maßgebend seien, seien im
Sinne der Zumutbarkeitserwägungen sowohl die für als auch die gegen die
Kündigung sprechenden Umstände zu verstehen. Die Kenntnis der für den
Arbeitnehmer und gegen die Kündigung anzuführenden Tatsachen werde der
Arbeitgeber in aller Regel erst dann haben, wenn er dem Arbeitnehmer
Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe. Diese Erwägungen vermögen hier
den Lauf der Kündigungsfrist jedoch nicht zu hemmen, denn der
Gemeindevorstand hatte die Entscheidung, den Beteiligten zu 2. fristlos zu
kündigen, bereits getroffen, als der Antragsteller am 16. April 1993 mit dem
Beteiligten zu 2. über die fristlose Kündigung sprach. Der Beschluß des
Gemeindevorstands betreffend die fristlose Kündigung des Beteiligten zu 2. war
bereits am 13. April 1993 gefaßt worden. Es kommt hinzu, daß der Beteiligte zu 2.
lediglich "informiert" wurde, der Bürgermeister demnach das Gespräch mit dem
Beteiligten zu 2. nicht suchte, um etwaige Zweifel hinsichtlich des Hergangs der
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Beteiligten zu 2. nicht suchte, um etwaige Zweifel hinsichtlich des Hergangs der
Auseinandersetzung auszuräumen.
Für den Fristbeginn ist es nicht erheblich, daß der Bürgermeister nach der
Rückkehr aus seinem Urlaub selbst noch einmal dem Zeugen P. angehört hat,
denn der Erste Beigeordnete war als amtierender Bürgermeister bereits am 2.
April 1993 von dem Zeugen P. informiert worden.
Der Fristablauf ist auch nicht durch die Anhörung des Personalrats, des Beteiligten
zu 1., gehemmt worden (vgl. Schaub, a.a.O., § 125 IV. 4. e, Seite 999), denn die §§
626 Abs. 2 BGB, 54 Abs. 2 BAT machen den Beginn der Kündigungsfrist nicht
davon abhängig, daß der Personalrat Kenntnis von den die Kündigung
rechtfertigenden Tatsachen hat.
Die Kündigungsfrist wurde schließlich nicht dadurch beeinflußt, daß der Beteiligte
zu 1., der erstmals am 15. April 1993 durch den Antragsteller über die vom
Gemeindevorstand beschlossene außerordentliche Kündigung des Beteiligten zu
2. informiert und um Zustimmung ersucht worden war, nach einer ersten Beratung
um Fristverlängerung bis zum 19. April 1993 bat, die ihm nach dem Akteninhalt
gewährt wurde. Zum einen war diese Fristverlängerung unzulässig, da sich aus §
66 Abs. 1 Satz 2 HPVG ergibt, daß das Verwaltungsgericht die Zustimmung des
Personalrats auf Antrag des Dienststellenleiters unter den oben genannten
Voraussetzungen ersetzen kann, wenn die Personalvertretung sich nicht innerhalb
von drei Arbeitstagen nach Eingang des Antrags des Dienststellenleiters dazu
äußert, ob sie der außerordentlichen Kündigung zustimmt. Bei der Frist von drei
Arbeitstagen handelt es sich nach dem Inhalt des Gesetzes um eine zwingend zu
beachtende Frist, die nicht verlängert werden kann. Zum anderen ist die
Kündigungsfrist durch die Verlängerung der Frist zur Stellungnahme des
Personalrats auch deshalb nicht gehemmt worden, weil die Kündigungsfrist der §§
626 Abs. 2 BGB, 54 Abs. 2 BAT in ihrem Lauf von der in § 66 Abs. 1 Satz 2 HPVG
geregelten Frist zur Stellungnahme des Personalrats unabhängig ist.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.