Urteil des HessVGH vom 28.04.1992

VGH Kassel: rumänien, eidesstattliche erklärung, eltern, abstammung, muttersprache, ausstellung, brasilien, rumänisch, schlüssiges verhalten, auskunftsperson

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Gericht:
Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
7. Senat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 UE 2324/85
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 Abs 1 BVFG, § 1 Abs 2
Nr 3 BVFG, § 2 Abs 1 BVFG,
§ 2 Abs 2 BVFG, § 6 BVFG
(Zuständigkeit bei Aufenthaltswechsel eines
Vertriebenenausweisbewerbers; Vermutung für Verlassen
des Aussiedlungsgebietes aus vertreibungsbedingten
Gründen)
Tatbestand
Der Kläger, der römisch-katholischer Konfession ist, wurde am 26. August 1938 in
B (Rumänien) geboren, wuchs dort auf und behielt dort auch in der Folgezeit
Wohnung. Am 3. Juni 1978 heiratete der Kläger die aus Pakistan stammende und
in Brasilien wohnhafte. Am 22. November 1978 flog der Kläger mit einem am 7. Juli
1978 ausgestellten rumänischen Reisepaß für im Ausland wohnhafte Staatsbürger,
in dem als Wohnort "B" eingetragen und in den ein entsprechendes Ausreisevisum
vom selben Tage eingestempelt war, zunächst nach L, wo er sich ca. einen Monat
aufhielt, und sodann weiter nach Brasilien. Ende Mai 1979 flog der Kläger, der am
21. Mai 1979 vom deutschen Generalkonsulat in R d J einen Sichtvermerk für
Besuchszwecke und vom dortigen französischen Generalkonsulat ein Transitvisum
erhalten hatte, ohne seine Ehefrau nach P, von wo aus er am 17. Juni 1979 nach
Deutschland einreiste. Am 18. Oktober 1983 wurde der Kläger in F von seiner
(weiterhin abwesenden) Ehefrau geschieden. Der Kläger ist inzwischen in den
deutschen Staatsverband eingebürgert.
Unter dem 2. August 1979 beantragte der Kläger unter Vorlage eines ausgefüllten
Formularantrags die Ausstellung eines Vertriebenenausweises "A". Dem Antrag
waren ein Lebenslauf vom selben Tage, Geburts- und Heiratsurkunde betreffend
den Kläger sowie dessen Reifeprüfungszeugnis beigefügt. Ende Oktober 1979
reichte der Kläger die vor einem Notar abgegebene eidesstattliche Versicherung
des vom 25. Oktober 1979 nach, Ende November den unter dem 9. November
1979 ausgefüllten Ergänzungsbogen "Volkszugehörigkeit", ein Schulzeugnis
betreffend den Besuch der dritten Klasse im Schuljahr 1947/48, drei Quittungen
des Kassenwarts der Erzbistums-Schule für Knaben "S J" in B vom 26. November
1945, 8. Februar 1946 und 21. August 1946 sowie ein Diplom betreffend die
Absolvierung der Medizinischen Fakultät zu B im Jahre 1964 und außerdem Mitte
Dezember 1979 die ebenfalls vor einem Notar abgegebene eidesstattliche
Versicherung des Cousins des Klägers vom 23. November 1979 und ein eigenes
Volksschulabschlußzeugnis vom 11. August 1952. Unter dem 7. Mai 1980 nahmen
die Heimatauskunftstelle Rumänien und unter dem 19. Januar 1981 die
Heimatortskartei für Deutsche aus Ost- und Südosteuropa zu dem Antrag des
Klägers Stellung. Am 24. Juni 1980 bzw. am 17. Juli 1980 wurden auf Ersuchen der
Beklagten die Auskunftspersonen durch das Amtsgericht Landshut und durch das
Amtsgericht München eidlich als Zeugen vernommen. Anläßlich einer persönlichen
Vorsprache bei der Beklagten am 7. August 1980 sowie mit Schriftsatz vom 18.
Februar 1981 ergänzte der Kläger sein Vorbringen, wobei er sich insbesondere auf
seine Abstammung väterlicherseits von seiner 1848 in D geborenen Urgroßmutter
berief; zur Glaubhaftmachung legte er Lichtbilder ihrer Geburtsurkunde und ihres
Grabes, einen Abdruck eines - seinen Angaben zufolge - von der Familie
herrührenden Wappensiegels sowie ein in W aufgegebenes, mit unterzeichnetes
und an seine Großmutter anläßlich deren Hochzeit gerichtetes
Glückwunschtelegramm vor, außerdem eine Quittung des Direktors des
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Glückwunschtelegramm vor, außerdem eine Quittung des Direktors des
Verstaatlichten Lyzeums Sf. Josif in B vom 26. November 1945. Schließlich wurde
am 28. April 1981 vom Landratsamt S in Amtshilfe als weitere Auskunftsperson die
Ehefrau des, angehört.
Mit Bescheid vom 20. Mai 1981 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit der
Begründung ab, daß die für eine Anerkennung erforderlichen Tatsachen weder
bewiesen noch glaubhaft gemacht seien.
Hiergegen erhob der Kläger mit am 10. Juni 1981 eingegangenem Schreiben
Widerspruch, den er anläßlich einer persönlichen Vorsprache beim
Regierungspräsidium D am 22. September 1982 und im übrigen schriftsätzlich
ausführlich begründete. Hierzu legte er seinen Vater betreffenden
Pensionsfestsetzungsbeschluß des Volksrats des Sektors I in B vom 22. Juni 1977
sowie jeweils vor einem Notar abgegebene eidesstattliche Versicherungen des
vom 1. Oktober 1981 und des vom 14. Juni 1983 vor, ferner Auszüge aus dem
Geburtsbuch der Stadt Frankfurt am Main vom 30. Juli 1769 betreffend die
Urururgroßmutter des Klägers, aus dem Heiratsbuch 1788 bis 1797 betreffend die
vorgenannte Urururgroßmutter und den Urururgroßvater aus dem Taufbuch von
1798 betreffend die Schwester des Ururgroßvaters des Klägers, aus dem Tauf- und
Geburtsbuch von 1800 betreffend den Ururgroßvater des Klägers und aus dem
Heiratsbuch 1821 wiederum betreffend die bereits erwähnte Schwester des
Ururgroßvaters des Klägers und schließlich Briefe seines Vaters vom 4 Oktober
1981 und 28. Juni 1983 sowie seines Onkels vom 27. Juni 1983, die beide noch in B
leben. Die Heimatauskunftstelle Rumänien nahm unter dem 16. April 1982 erneut
Stellung. Am 26. März 1982 bzw. am 6. Oktober 1983 wurden auf Ersuchen der
Beklagten die Auskunftspersonen durch das Amtsgericht Straubing und durch das
Amtsgericht Friedberg eidlich als Zeugen vernommen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 1983 wies das Regierungspräsidium
D den Widerspruch des Klägers zurück, weil ein Bekenntnis des Vaters des Klägers
zum deutschen Volkstum nicht glaubhaft gemacht und - selbst wenn man dessen
deutsche Volkszugehörigkeit gleichwohl unterstelle - jedenfalls eine dahingehende
Prägung des Klägers durch seinen Vater nicht ersichtlich sei.
Mit Schriftsatz vom 14. November 1983, der am 23. November 1983 einging,
erhob der Kläger Klage. Zu deren Begründung setzte er sich ausführlich mit den
angegriffenen Bescheiden - insbesondere mit der dort vorgenommenen
Beweiswürdigung - auseinander und trug u.a. ergänzend vor, mit seiner
geschiedenen Ehefrau lediglich eine Scheinehe geschlossen zu haben, um
Rumänien mit dem Ziel Deutschland verlassen zu können. Hierzu legte er eine
eigene eidesstattliche Erklärung vom 21. November 1983 und weitere
eidesstattliche Versicherungen der Zeugen und vom 20. bzw. 30. Januar 1984 und
eine undatierte Erklärung der vor. Außerdem reichte der Kläger eine
Stellungnahme des Prälaten, des Bischöflichen Beauftragten für
Heimatvertriebenen-Seelsorge in der Diözese R, vom 24. Mai 1985 betreffend die
"Katholische Erzbistumsschule für Knaben St. Josef in B zu den Akten.
Der Kläger beantragte sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 1981 und den Widerspruchsbescheid des
Regierungspräsidiums D vom 31. Oktober 1983 aufzuheben und die Beklagte zu
verpflichten, ihm einen Vertriebenenausweis "A" auszustellen.
Die Beklagte beantragte mit näherer Begründung, wobei sie vor allem geltend
machte, der Kläger habe aus vertreibungsfremden Gründen Rumänien verlassen,
die Klage abzuweisen.
Durch Urteil vom 3. Oktober 1985 - zugestellt am 23. Oktober 1985 - wies das
Verwaltungsgericht die Klage ab. Zur Begründung wurde näher dargelegt, daß
dahingestellt bleiben könne, ob der Kläger, bei dem es sich um einen sog.
Spätgeborenen handle, als deutscher Volkszugehöriger Rumänien verlassen habe,
weil - ungeachtet des "wohl nicht glaubhaft gemacht(en)" Bekenntnisses seines
Vaters zum deutschen Volkstum - sich jedenfalls nicht feststellen lasse, daß der
Kläger vorrangig und überwiegend durch seinen Vater im deutschen Volkstum
geprägt worden sei.
Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 14. November 1985, der am
folgenden Tage eingegangen ist, Berufung eingelegt.
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Zur Begründung legt er Kopie eines Erinnerungsblattes an die Erstkommunion
seiner Urgroßmutter am 12. Oktober 1862 und eine vor einem Notar abgegebene
eidesstattliche Versicherung des vom 25. September 1986 vor. Außerdem wendet
er sich im einzelnen - jedoch überwiegend unter wörtlicher Wiederholung seines
erstinstanzlichen Vorbringens - gegen die von seiten der Beklagten und vom
Verwaltungsgericht vorgenommene Würdigung seiner Darlegungen, der von ihm
vorgelegten Unterlagen und der durchgeführten Ermittlungen, insbesondere der
Bekundungen der eidlich vernommenen Zeugen. Der Kläger regt an, ihn selbst
sowie die Zeugen und Auskunftspersonen - und zwar auch die von der
Heimatauskunftstelle Rumänien befragten - durch das Berufungsgericht zu
vernehmen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 3. Oktober
1985 nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie legt weitere Stellungnahmen der Heimatauskunftstelle Rumänien vom 11.
August 1986 und der Heimatortskartei für Deutsche aus Ost- und Südosteuropa
vom 8. April 1987 sowie von ihr selbst eingeholte Stellungnahmen ehemals in B
wohnhafter Ärzte und Apotheker deutscher Volkszugehörigkeit vor, u.a. des und
der Frau, jeweils vom 24. Juli 1987, und ferner auszugsweise Kopie des
"Reiseführer(s) durch B, herausgegeben von aus dem Jahre 1942. Die Beklagte
verteidigt im einzelnen das angegriffene Urteil und regt an, zur Situation der
katholisch-deutschen Schulen in Rumänien nach 1928/29 im allgemeinen und der
Schule St. Josef in B im besonderen eine nochmalige Stellungnahme der
Heimatauskunftstelle Rumänien herbeizuführen sowie zu den damaligen
Lebensumständen der Ärzte deutscher Volkszugehörigkeit in B als Zeugen zu
vernehmen.
Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, er wolle zwar nicht bestreiten, daß der Kläger eine Scheinehe zum
Zweck der Ausreise aus Rumänien geschlossen habe; indessen sei der Kläger - wie
sich aus dem Akteninhalt im einzelnen entnehmen lasse - rumänischer
Volkszugehöriger, weil die elterliche Familie nicht deutsch geprägt gewesen sei,
sondern allenfalls eine deutschfreundliche Einstellung und überdies eine starke
Hinwendung zum französischen Kulturkreis gezeigt habe.
Der Magistrat der Stadt F, wohin der Kläger bereits im Verlaufe des
Widerspruchsverfahrens verzogen ist, hat der Fortführung des
Verwaltungsverfahrens durch die Beklagte unter dem 30. Januar 1992 ausdrücklich
zugestimmt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter
anstelle des Senats und ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der
Beteiligten wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze (einschließlich 4
Hefter mit vom Kläger vorgelegten Anlagen hierzu), die über den Kläger von der
Beklagten geführten Vertriebenenausweisakten (2 Hefter) und die vom
Regierungspräsidium D geführte einschlägige Widerspruchsakte Bezug
genommen, die allesamt Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
In Anbetracht des Einverständnisses der Beteiligten kann der Berichterstatter
anstelle des Senats und ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 125 Abs. 1
S. 1 i.V.m. 87a Abs. 2 u. 3, 101 Abs. 2 VwGO).
Die Berufung hat im wesentlichen Erfolg.
Sie ist frist- und formgerecht eingelegt und auch sonst zulässig.
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Die Berufung ist auch weitgehend begründet, denn das Verwaltungsgericht hat die
auf Ausstellung eines Vertriebenenausweises "A" gerichtete Klage zu Unrecht in
vollem Umfang abgewiesen. Der von der Beklagten erlassene Verwaltungsakt und
der hierauf bezügliche Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums D sind
nämlich rechtswidrig, soweit die Ausstellung eines Vertriebenenausweises jeder Art
abgelehnt wurde, mit der Folge, daß die Beklagte - bei Zurückweisung der
Berufung im übrigen - zu verpflichten ist, dem Kläger zwar nicht den
Vertriebenenausweis "A", wohl aber den Vertriebenenausweis "B" auszustellen (§
113 Abs. 4 S. 1 VwGO).
Einem dahingehenden Verpflichtungsausspruch gegenüber der Beklagten steht
nicht entgegen, daß der Kläger schon während des Widerspruchsverfahrens in die
Stadt F umgezogen ist, denn die Beklagte ist gleichwohl nach wie vor zur
Ausstellung eines Vertriebenenausweises betreffend den Kläger befugt. Ihre
Zuständigkeit, die bis zum Ausstellungszeitpunkt fortbestehen muß (OVG
Nordrhein-Westfalen, U. v. 20. April 1989 - 14 A 2303/87 -, NJW 1989, 2906 = ROW
1990, 52), ergibt sich gegenwärtig - wenn nicht schon aus allgemeinen
Grundsätzen des Vertriebenenrechts - jedenfalls aus einer mindestens analogen
Anwendung des § 3 Abs. 3 HVwVfG. Grundsätzlich hat der Wegzug desjenigen, der
den Erlaß eines Verwaltungsakts begehrt, aus dem örtlichen
Zuständigkeitsbereich der zur Entscheidung hierüber berufenen Behörde freilich
zur Folge, daß gegen den Rechtsträger dieser Behörde mangels fortbestehender
Passivlegitimation Verpflichtungsklage nicht erhoben werden kann (vgl. z.B. zur
Einbürgerung BVerwG, U. v. 31. März 1987 - 1 C 32/84 -, NJW 1987, 2179 = EZAR
601 Nr. 4, zur Aufenthaltserlaubnis Hess. VGH, U. v. 10. Juni 1983 - 7 OE 6/83 - u.
zur Erteilung der Fahrerlaubnis Kopp, VwVfG, 5. Aufl. 1991, Rdnr. 45). Abweichend
hiervon war allerdings für die Rechtslage vor Inkrafttreten der
Verwaltungsverfahrensgesetze unter Rückgriff auf besondere
verwaltungsverfahrensrechtliche Grundsätze des Bundesvertriebenengesetzes -
insbesondere auf den Vorrang des Grundsatzes nach möglichst schneller
Entscheidung vor demjenigen auf Entscheidung durch eine ortsnahe Behörde -
anerkannt, daß ein Aufenthaltswechsel im Verwaltungsverfahren die Fortdauer der
örtlichen Zuständigkeit der Ausstellungsbehörde für den Vertriebenenausweis
nicht berührte (BVerwG, B. v. 22. November 1973 - VIII ER 400/73 -, VerwRspr. 26
(1976), 117, u. U. v. 16. März 1977 - VIII C 58.76 -, BVerwGE 52, 167 = Buchholz
412.3 § 1 BVFG Nr. 20; Hess. VGH, U. v. 24. April 1980 - VII OE 34/77 -; vgl. ferner
Ziff. 2 des Erlasses des Hessischen Ministers des Innern als Staatsbeauftragten für
das Flüchtlingswesen vom 17. November 1964, StAnz. S. 1425). Ob hieran noch
festgehalten werden kann, nachdem § 1 Abs. 1 Nr. 2 HVwVfG auch die Ausführung
des Bundesvertriebenengesetzes durch die Gemeinden und Gemeindeverbände
erfaßt (vgl. BVerwG, U. v. 28. Juli 1976 - VIII C 90.75 -, Buchholz 412.3 § 16 BVFG
Nr. 2) und nachdem § 3 Abs. 3 HVwVfG nunmehr bestimmt, daß bei einer
Änderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände im Laufe des
Verwaltungsverfahrens die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren
dann fortführen kann, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der
einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die
zuständige Behörde zustimmt, erscheint fraglich (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen,
U. v. 20. April 1989 - 14 A 2303/87 -, a.a.O., u. VG Regensburg, B. v. 8. August
1988 - RO 9 K 87 2324 -, NVwZ 1989, 184), bedarf indessen hier keiner
abschließenden Entscheidung; offenbleiben kann deshalb insbesondere, ob § 3
Abs. 3 HVwVfG überhaupt für Änderungen der zuständigkeitsbegründenden
Umstände während des Widerspruchsverfahrens unmittelbar oder analog gilt.
Denn ungeachtet dessen hat jedenfalls im vorliegenden Fall der Magistrat der
Stadt F als nunmehr zuständige und überdies demselben Bundesland
angehörende Behörde (vgl. Abschn. II Nr. 1 des Erlasses des Hessischen Ministers
des Innern vom 25. August 1953, StAnz. S. 786) der Fortführung des
Verwaltungsverfahrens durch die Beklagte unter dem 30. Januar 1992 ausdrücklich
zugestimmt, und die übrigen Erfordernisse des § 3 Abs. 3 HVwVfG für eine
Verfahrensfortführung liegen schon in Anbetracht des weit fortgeschrittenen
Verfahrensstadiums ohnehin vor. Unter diesen Umständen ergibt sich die Befugnis
der Beklagten zur Ausstellung des Vertriebenenausweises für den Fall der
unmittelbaren oder mindestens entsprechenden Anwendbarkeit des § 3 Abs. 3
HVwVfG auf die vorliegende Fallkonstellation aus dieser Vorschrift, für den Fall ihrer
Unanwendbarkeit hingegen aus den dann jedenfalls insoweit fortgeltenden, oben
angesprochenen besonderen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen des
Bundesvertriebenengesetzes (vgl. Hess. VGH, Ue. v. 23. März 1992 - 7 UE
1005/86 - u. v. 26. März 1992 - 7 UE 1683/85 -).
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Nach § 15 Abs. 2 Nrn. 1 u. 2 i.V.m. Abs. 2 BVFG erhalten Heimatvertriebene zum
Nachweis ihrer Vertriebeneneigenschaft den Ausweis "A" und Vertriebene, die nicht
Heimatvertriebene sind, den Ausweis "B". Der Kläger ist zwar Vertriebener im
Sinne des § 1 BVFG, aber kein Heimatvertriebener im Sinne des § 2 BVFG. Er hat
infolgedessen lediglich einen Anspruch auf Ausstellung des Ausweises "B" - wobei
davon auszugehen ist, daß ein darauf abzielendes Begehren als minus in seinem
weitergehenden Klageantrag enthalten ist, weil der Anspruch auf Ausstellung des
Ausweises "A" an das bloße Vorliegen zusätzlicher qualifizierender
Voraussetzungen geknüpft ist und auf der Rechtsfolgenseite nur zusätzliche
Vergünstigungen in geringem Umfang auslöst (vgl. Häußer/Kapinos/Christ, Die
Statusfeststellung nach dem Bundesvertriebenengesetz, 1990, Abschn. C § 2,
Rdnr. 18) -; der vom Kläger im vorliegenden Verfahren primär verfolgte Anspruch
auf Ausstellung des Ausweises "A" steht ihm hingegen nicht zu (vgl. zum
Verhältnis dieser beiden Arten der Ausweise auch BVerwG, U. v. 2. Dezember
1986 - 9 C 6.86 -, Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 47).
Nach § 1 BVFG setzt die Vertriebeneneigenschaft, soweit sie nicht durch Ableitung
vom Ehegatten gemäß § 1 Abs. 3 BVFG fingiert wird, voraus, daß der Betreffende
im dafür jeweils maßgebenden Zeitpunkt deutscher Staatsangehöriger oder
deutscher Volkszugehöriger gewesen ist. Der Senat hat sich zwar nicht die
erforderliche Überzeugungsgewißheit von einer deutschen Staatsangehörigkeit
des Klägers zu verschaffen vermocht, wohl aber von dessen deutscher
Volkszugehörigkeit.
Dafür, daß der Kläger im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt seiner Ausreise aus
Rumänien im Jahre 1978 (vgl. BVerwG, U. v. 22. August 1979 - 8 C 17.79 -,
BVerwGE 58, 269 = Buchholz 412.3 § 1 BVFG Nr. 22) neben der rumänischen auch
die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, besteht keinerlei Anhalt. Zwar hätte der
Kläger gemäß § 4 RuStAG durch Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit
erworben, wenn ein Elternteil Deutscher gewesen wäre; dies behauptet der Kläger
indessen nicht einmal, und seinen Angaben ist auch nicht zu entnehmen, daß
seine Mutter oder sein Vater zu irgendeiner Zeit im ehemaligen deutschen
Reichsgebiet gelebt haben.
Der Senat hat indes die hinreichend sichere Erkenntnis gewonnen, daß der Kläger
im hierfür maßgeblichen Zeitpunkt deutscher Volkszugehöriger gemäß § 6 BVFG
gewesen ist. Nach dieser Vorschrift ist deutscher Volkszugehöriger, wer sich in
seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis
durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur
bestätigt wird. Für das Vorliegen des Bekenntnisses kommt es grundsätzlich auf
den Zeitpunkt unmittelbar vor Beginn der in dem betreffenden Gebiet allgemein
gegen die deutsche Bevölkerung gerichteten Verfolgungs- und
Vertreibungsmaßnahmen an (BVerwG, U. v. 13. März 1974 - VIII C 24.73 -,
Buchholz 412.3 § 1 BVFG Nr. 13 = BayVBl. 1975, 450; Häußer/Kapinos/Christ,
a.a.O., Abschn. C § 6, Rdnr. 18; Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht,
1991, Art. 116 GG, Rdnr. 20; Häußer, Aktuelle Probleme bei der Statusfeststellung
nach dem Bundesvertriebenengesetz, DÖV 1990, 918 (921)), für B - wo sowohl der
Kläger als auch seine beiden Elternteile geboren sind und fortwährend gelebt
haben bzw. noch leben - mithin auf die Zeit kurz vor der Kriegserklärung
Rumäniens an Deutschland im August 1944 (vgl. Teil I D 5. des Merkblatts Nr. 1 für
Rumänien vom 11. März 1970, Beilage zum Amtlichen Mitteilungsblatt des
Bundesausgleichsamts, Nr. 2 (1970), S. B 21, sowie BVerwG, U. v. 26. Februar
1987 - 3 C 39.86 -, BVerwGE 77, 65 = Buchholz 427.3 § 230a LAG Nr. 11, u.
Häußer/Kapinos/Christ, a.a.O., Abschn. C § 6, Rdnr. 19, u. Abschn. D VI, Rdnrn. 14
f.). Da der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt gerade sechs Jahre alt wurde und
demzufolge noch nicht selbst bekenntnisfähig war, handelt es sich bei ihm um
einen sog. Frühgeborenen und nicht - wie das Verwaltungsgericht unzutreffend
angenommen hat - um einen sog. Spätgeborenen, dessen Geburtstag nach dem
Beginn der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen liegt (vgl. zur Abgrenzung
Häußer/Kapinos/Christ, a.a.O., Abschn. C § 6, Rdnrn. 39 u. 46, sowie Hess. VGH, U.
v. 26. März 1992 - 7 UE 1683/85 -, jeweils m.w.N.). Die Volkszugehörigkeit
frühgeborener bekenntnisunfähiger Kinder ist allein nach formalen
Zurechnungskriterien zu beurteilen; dabei wird einem in der Familie lebenden Kind
die in ihr zur maßgeblichen Zeit vorhandene volkstumsmäßige Bekenntnislage
zugerechnet, die dann volksdeutsch war, wenn entweder beide Elternteile
deutsche Volkszugehörige waren oder - bei ethnisch gemischten Ehen - der dem
deutschen Volkstum zugehörende Elternteil für die Bekenntnislage in der Familie
seinerzeit prägend war; entgegen den Ausführungen der Widerspruchsbehörde
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seinerzeit prägend war; entgegen den Ausführungen der Widerspruchsbehörde
und des Verwaltungsgerichts kommt es auf die Prägung und spätere Entwicklung
des Kindes selbst grundsätzlich nicht an, insbesondere dürfen hieraus keine
Schlüsse gegen eine deutsche Volkszugehörigkeit des Kindes gezogen werden
(BVerwG, Ue. v. 11. Dezember 1974 - VIII C 97.73 -, Buchholz 412.3 § 6 Nr. 27, v.
2. Dezember 1986 - 9 C 6.86 -, a.a.O., v. 23. Februar 1988 - 9 C 41.87 -, BVerwGE
79, 73 = Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 54, u. v. 21. Juni 1988 - 9 C 282.86 -,
Buchholz 412.3 § 1 BVFG Nr. 39 = NJW 1988, 2914, sowie B. v. 20. Februar 1991 -
9 B 247.90 -, Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 65 = DÖV 1991, 509; Hess. VGH, Ue. v.
11. August 1988 - 4 UE 274/84 - u. v. 23. März 1992 - 7 UE 1005/86 -;
Häußer/Kapinos/Christ, a.a.O., Abschn. C § 6, Rdnrn. 39 f.; Hailbronner/Renner,
a.a.O., Art. 116 GG, Rdnr. 28). Die danach erforderlichen Voraussetzungen liegen
in bezug auf den Kläger zur Überzeugung des Senats vor.
Zwar vermag der Senat nicht festzustellen, daß die Mutter des Klägers im
maßgeblichen Zeitpunkt Volksdeutsche gewesen ist. Der Senat ist jedoch
aufgrund des eigenen Vortrags des Klägers, der von ihm vorgelegten und sonst in
das Berufungsverfahren eingeführten Unterlagen sowie der Aussagen der eidlich
vernommenen Zeugen unter Berücksichtigung der für den Kläger bestehenden
Beweisnot hinreichend sicher, daß der Vater des Klägers sich seinerzeit zum
deutschen Volkstum bekannt und die Bekenntnislage in der Familie dahingehend
geprägt hat. Die Angaben des Klägers, die Bekundungen der Zeugen und die
Erklärungen der übrigen Auskunftspersonen erachtet der Senat jedenfalls in den
wesentlichen und entscheidungserheblichen Punkten für glaubhaft. Soweit sich bei
einem Vergleich der Äußerungen verschiedener Personen oder derselben Person
in verschiedenen Verfahrensstadien gewisse Unstimmigkeiten ergeben, lassen
diese sich weitgehend auflösen. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß die
relevanten Vorgänge schon zu Beginn des Ausweisverfahrens mehrere Jahrzehnte
zurücklagen, daß demzufolge Kenntnisse aus eigener Wahrnehmung nur in
beschränktem Umfang erwartet werden können und solche wie auch aus anderen
Quellen herrührende Umstände naturgemäß in der Erinnerung verblassen. Der
Senat sieht danach entgegen dem Verwaltungsgericht weder Veranlassung dafür,
einige der unter Eid bekundeten Angaben der Zeugen als Gefälligkeitsaussagen
herabzuwürdigen, noch drängen sich weitere erfolgversprechende Ermittlungen -
etwa in Anlehnung an die Beweisanregungen der Beteiligten - auf.
Die 1906 in B geborene und 1980 dort verstorbene Mutter - ihr Geburtsname
lautete - war von Beruf Apothekerin. Der Senat hat sich nicht die erforderliche
Überzeugungsgewißheit davon verschaffen können, daß sie sich - bestätigt durch
mindestens eines der in § 6 BVFG genannten Merkmale - mittels ausdrücklicher
Erklärung oder mittels schlüssigen Verhaltens zum deutschen Volkstum bekannt
hat (vgl. BVerwG, B. v. 17. Februar 1984 - 3 B 46.81 -, Buchholz 427.207 § 5 7.
FeststellungsDV Nr. 65; Häußer/Kapinos/Christ, a.a.O., Abschn. C § 6, Rdnrn. 23
ff.). Ein solches Bekenntnis stellt der für Dritte wahrnehmbar zum Ausdruck
gebrachte Wille dar, selbst Angehöriger des deutschen Volkes als einer national
geprägten Kulturgemeinschaft zu sein und keinem anderen Volkstum
anzugehören, sich dieser Kulturgemeinschaft also vor jeder anderen Kultur
verbunden zu fühlen (BVerwG, Ue. v. 19. Januar 1977 - VIII C 22.76 -, BVerwGE 52,
7 = Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 34, u. v. 15. Mai 1990 - 9 C 51.89 -, Buchholz
412.3 § 6 BVFG Nr. 64 = IFLA 1991, 94; Häußer/Kapinos/Christ, a.a.O., Abschn. C §
6, Rdnrn. 13, 16 f.). Hierbei kommt Angaben bezüglich der Volkszugehörigkeit
gegenüber amtlichen Stellen - namentlich bei Volkszählungen - besondere
Bedeutung zu (vgl. BVerwG, Ue. v. 26. April 1967 - VIII C 30.64 -, BVerwGE 26, 344
= Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 5, v. 11. Dezember 1974 - VIII C 97.73 -, a.a.O., u.
v. 27. Juni 1985 - VIII C 30.83 -, Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 44, sowie B. v. 5.
Februar 1990 - 9 B 283.89 -, Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 63 = NVwZ-RR 1991,
353; ferner Hess. VGH, U. v. 16. Oktober 1980 - VII OE 38/79 -). Der Kläger hat
zum Verhalten seiner Mutter bei Volkszählungen in Rumänien keine eigenen
Angaben gemacht. Der Zeuge hat am 6. Oktober 1983 unter Eid bekundet, die
Mutter des Klägers habe sich bei Volkszählungen in Rumänien in den Jahren 1930,
1948 und 1956 jeweils zur rumänischen Nationalität bekannt. Soweit der Zeuge
am 24. Juni 1980 ausgesagt hat, die Eltern des Klägers seien bei den
Volkszählungen in B in den Jahren 1930 und 1948 "als Deutsche eingetragen"
worden, hat er dies sogleich dahingehend klargestellt, daß die Mutter sich hierbei
zur "deutsche(n) Sprache und rum. Bürgerschaft" bekannt habe. Im Einklang
hiermit hat der Kläger seine Mutter in seinem Formularantrag vom 2. August 1979
und anläßlich seiner persönlichen Vorsprache bei der Widerspruchsbehörde am 4.
Oktober 1982 jeweils als rumänische Volkszugehörige bezeichnet und auch in dem
unter dem 9. November 1979 ausgefüllten Ergänzungsbogen "Volkszugehörigkeit"
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unter dem 9. November 1979 ausgefüllten Ergänzungsbogen "Volkszugehörigkeit"
durch Ankreuzen erklärt, daß sie sich nicht zum deutschen Volkstum bekannt
habe. In bezug auf die Mutter des Klägers lassen sich auch keine hinreichend für
ein subjektives Bekenntnis sprechenden objektiven Bestätigungsmerkmale
feststellen, so daß die deutsche Volkszugehörigkeit der Mutter des Klägers auch
nicht zu vermuten ist. Freilich stehen die beiden Teile des Tatbestandes des § 6
BVFG nicht beziehungslos nebeneinander, sondern es wohnt den
Bestätigungsmerkmalen neben ihrer objektiven Funktion gleichzeitig ein
subjektives Element inne mit der Folge, daß ihnen eine wichtige Indizwirkung in
bezug auf das subjektive Bekenntnis zukommt und daß bei Ausweisbewerbern aus
den Vielvölkerstaaten - wozu auch Rumänien gehört - die deutsche
Volkszugehörigkeit widerlegbar zu vermuten ist, sofern mindestens zwei
Bestätigungsmerkmale und keine Umstände vorliegen, durch die deren
Indizwirkung entkräftet wird (BVerwG, Ue. v. 20. Januar 1987 - 9 C 90.86 -,
Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 49, u. v. 12. April 1988 - 3 C 48.87 -, Buchholz
412.207 § 5 7. FeststellungsDV Nr. 66; vgl. ferner BVerfG, B. v. 16. Dezember 1981
- 1 BvR 898/79 u.a. -, BVerfGE 59, 128, BVerwG, Ue. v. 27. September 1982 - 8 C
62.81 -, BVerwGE 66, 168 = Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 42, u. v. 15. Juli 1986 - 9
C 9.86 -, BVerwGE 74, 336 = Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 46, sowie Hess. VGH, U.
v. 11. April 1986 - VII OE 22/80 -). Die Mutter des Klägers war, wie der Zeuge am
17. Juli 1980 ausdrücklich bekundet hat, rumänischer Abstammung. Auch ihre
Muttersprache ist von den Zeugen und am 24. Juni 1980 bzw. am 6. Oktober 1983
jeweils mit Rumänisch angegeben worden. Hierauf dürfte es auch zurückzuführen
sein, daß der Kläger selbst in seinem Formularantrag vom 2. August 1979 sowie
die Zeugen am 24. Juni 1980 und in dem anläßlich seiner Vernehmung am 17. Juli
1980 zunächst ausgefüllten Fragebogen (Bl. 89 des I. Bandes der
Vertriebenenausweisakten) Deutsch und Rumänisch als Muttersprache des
Klägers bezeichnet haben; gemeint war offensichtlich - so wie es die
Auskunftsperson am 28. April 1981 ausdrücklich formuliert hat - "Deutsch nach
dem Vater (und) Rumänisch nach (der) Mutter". Zwar besuchte die Mutter des
Klägers offensichtlich eine deutsche oder deutschenglische (Mädchen-)Schule und
beherrschte infolgedessen die deutsche Sprache recht gut oder sogar perfekt, wie
vom Kläger vorgetragen und jeweils von mehreren Zeugen (vgl. zum einen am 23.
November 1979, am 17. Juli 1980 und am 1. Oktober 1981 und 26. März 1982
sowie zum anderen (wie vor) und am 6. Oktober 1983) bestätigt worden ist, und
dies mag auch für den Kläger Veranlassung gegeben haben, seine Mutter im
Ergänzungsbogen "Volkszugehörigkeit" vom 9 November 1979 dem deutschen
Sprach- und Kulturkreis zuzurechnen. Für die Bejahung des Vorliegens von
Bestätigungsmerkmalen in dem Sinne, daß die oben genannte Vermutung
ausgelöst wird, reichen die betreffenden Umstände indessen für sich allein nicht
aus.
Anders verhält es sich dagegen hinsichtlich des am 24. April 1907 geborenen
Vaters des Klägers, der seit Geburt ständig in B lebt und dort als Arzt berufstätig
war; dessen deutsche Volkszugehörigkeit im dafür maßgeblichen Zeitpunkt steht
für den Senat mit der erforderlichen Überzeugungsgewißheit fest.
Der Senat gelangt aufgrund der ihm vorliegenden Zeugenaussagen bereits
hinreichend sicher zu der Feststellung, daß der Vater des Klägers seinerzeit sowohl
durch ausdrückliche Erklärung als auch durch schlüssiges Verhalten in mehrfacher
Hinsicht ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum abgelegt hat.
Was das - wie oben dargelegt - besonders bedeutsame Verhalten des Vaters des
Klägers bei Volkszählungen angeht, so hat der Zeuge schon in seiner
eidesstattlichen Versicherung vom 1. Oktober 1981 angegeben, habe "sich bei
Volkszählungen immer als Deutscher eintragen lassen". Bei seiner eidlichen
Vernehmung am 26. März 1982 hat seine Aussage dahingehend konkretisiert, daß
- wie er glaube - 1930, 1945 und 1956 in Rumänien Volkszählungen stattgefunden
hätten und daß - wie er aus Gesprächen mit dem Kläger und dessen Eltern wisse -
der Kläger und dessen Vater sich bei den Volkszählungen jeweils als Deutsche und
zur deutschen Muttersprache bekannt hätten. Der Zeuge hat bei seiner eidlichen
Vernehmung am 6. Oktober 1983 bekundet, daß 1930, 1948 und 1956 in
Rumänien Volkszählungen stattgefunden hätten und daß sich der Vater des
Klägers hierbei jeweils zur deutschen Nationalität und zur deutschen
Muttersprache bekannt habe; der Zeuge hat weiter ausgesagt, anläßlich der
Volkszählungen von 1948 und 1956 hätten sie gemeinsam darüber beraten,
welche Risiken und Gefahren sie persönlich und ihre Familien eingingen, und bei
dieser Gelegenheit habe ihm der Vater des Klägers erzählt, sich 1930 ebenfalls
schon zum deutschen Volkstum bekannt zu haben. Auch wenn der Zeuge sich an
39
schon zum deutschen Volkstum bekannt zu haben. Auch wenn der Zeuge sich an
die Daten der Volkszählungen nicht mehr sicher erinnern kann und insbesondere -
abweichend von dem Zeugen - die mittlere der genannten Volkszählungen auf
1945 und nicht auf 1948 datiert, so haben die beiden vorgenannten Aussagen
dem Senat jedenfalls die sichere Überzeugung vermittelt, daß der Vater des
Klägers sich bei der Volkszählung im Jahre 1930 zur deutschen Nationalität und
Muttersprache bekannt hat und daß sich an dieser seiner Einstellung bis zum hier
maßgeblichen Zeitpunkt im August 1944 nichts geändert hat (vgl. BVerwG, B. v.
29. Juni 1989 - 9 B 7.89 -, Buchholz 412.3 § 1 BVFG Nr. 43 = NJW 1989, 2906). Daß
beide Zeugen ihr Wissen jeweils (nur) aus Gesprächen mit dem Vater des Klägers
bezogen haben, führt - entgegen der Auffassung der Beklagten und des
Verwaltungsgerichts - nicht zur Unglaubhaftigkeit der betreffenden Angaben; dies
gilt um so mehr, als beide Zeugen im Jahre 1912 geboren, mithin im etwa gleichen
Alter wie der Vater des Klägers sind und außerdem seit Mitte der 30er Jahre bis
Ende der 70er bzw. der 50er Jahre engen Kontakt mit den Eltern des Klägers
hatten, wie dies beide im einzelnen bekundet haben. Nachvollziehbar und deshalb
glaubhaft und überzeugend sind insbesondere die oben aufgeführten
Bekundungen des Zeugen zu Anlaß und Umständen, die zu Erzählungen des
Vaters des Klägers über sein Volkszählungsverhalten ihm gegenüber geführt
haben. In Anbetracht dessen fällt auch nicht entscheidend ins Gewicht, daß der
Kläger ausdrücklich eigenen Vortrag hierzu nicht gehalten und eine besondere
Erklärung seines Vaters zu dessen Volkszählungsverhalten nicht beigebracht hat;
bei seinen diesbezüglich geäußerten Vorbehalten hat das Verwaltungsgericht
nämlich nicht hinreichend berücksichtigt, daß einer solchen Erklärung aufgrund der
engen verwandtschaftlichen Beziehung ohnehin nur weit geringere Bedeutung
beigemessen werden könnte wie den unter Eid geäußerten Bekundungen der
beiden mit dem Kläger weder verwandten noch verschwägerten Zeugen und und
daß überdies eine Zeugenaussage nicht deshalb unglaubhaft ist, weil der Zeuge
Umstände bekundet, die von den Verfahrensbeteiligten bisher nicht behauptet
worden sind (BVerwG, U. v. 15. Juli 1986 - 9 C 8.86 -, Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr.
45 = NJW 1987, 1159); im übrigen hat der Kläger die betreffenden Angaben der
Zeugen durch mehrfache Bezugnahme hierauf durchaus zum Gegenstand seines
eigenen Vorbringens gemacht. Unter diesen Umständen kommt es auf die
Aussage des Zeugen nicht mehr entscheidend an, der in seiner eidesstattlichen
Versicherung vom 23. November 1979 noch angegeben hatte, bei der
Volkszählung im Jahre 1930 sei der Vater des Klägers als Deutscher und mit
deutscher Muttersprache registriert worden, während er bei seiner eidlichen
Vernehmung am 24. Juni 1980 bekundete, 1930 seien die Eltern des Klägers "als
Deutsche eingetragen" worden und der Vater des Klägers habe sich zur
"deutsche(n) Sprache und rumänische(n) Bürgerschaft" bekannt. Deshalb braucht
weder näher darauf eingegangen zu werden, daß der Zeuge mit dem Kläger
verwandt ist und bei der Volkszählung im Jahre 1930 erst 7 Jahre alt war, noch
bedarf es der vom Kläger zum Zwecke der Aufklärung der aufgezeigten
Widersprüche angeregten Vernehmung dieses Zeugen durch das
Berufungsgericht.
Außer bei Volkszählungen hat sich der Vater des Klägers ausweislich der auch
insoweit glaubhaften Angaben der Zeugen und bei zwei weiteren Gelegenheiten
gegenüber amtlichen rumänischen Stellen zum deutschen Volkstum bekannt. Der
Zeuge hat diesbezüglich am 26. März 1982 bekundet, er habe während des
zweiten Weltkrieges - also vor oder kurz nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt im
August 1944 - einmal den rumänischen Reisepaß des Vaters des Klägers gesehen,
und darin sei dieser als Volksdeutscher bezeichnet gewesen. Nachdem die
betreffende Zeugenaussage weder von der Beklagtenseite noch vom
Beigeladenen in tatsächlicher Hinsicht in Zweifel gezogen worden ist, muß davon
ausgegangen werden, daß sich der Vater des Klägers anläßlich der Ausstellung
des Passes gegenüber der dafür zuständigen rumänischen Behörde als deutscher
Volkszugehöriger ausgegeben hat. Dadurch wird sein im vorstehenden Absatz
abgehandeltes Volkszählungsverhalten im Ergebnis bestätigt, und zwar
unabhängig davon, ob die Paßausstellung vor oder kurz nach August 1944 erfolgt
ist, weil jedenfalls für eine zwischenzeitliche Änderung des Bekenntnisses des
Vaters des Klägers keinerlei Anhaltspunkte vorliegen. Entsprechendes gilt, soweit
der Zeuge am 6. Oktober 1983 ausgesagt hat, daß der Vater des Klägers vor 1958
mehrere Aussiedlungsanträge gestellt habe, in denen er sich als Deutscher
bezeichnet habe, und daß er, der Zeuge, u.a. einige derartige Anträge selbst
gesehen habe. Auch wenn diese jeweils nach August 1944 gestellt worden sein
sollten, so lassen die darin gemachten Angaben auf ein schon vorher vorliegendes
Bekenntnis des Vaters des Klägers zum deutschen Volkstum schließen.
40
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Des weiteren entnimmt der Senat einer Gesamtwürdigung der hierzu
abgegebenen zahlreichen Erklärungen von Zeugen und sonstigen
Auskunftspersonen, daß das Bekenntnis des Vaters des Klägers zum deutschen
Volkstum im maßgeblichen Zeitpunkt auch sonst nach außen hin sichtbar
geworden ist, und zwar nicht nur gegenüber dem Bekanntenkreis angehörenden
Personen sondern auch - obwohl es dessen entgegen der im
Widerspruchsbescheid vertretenen Auffassung rechtlich gar nicht bedarf (BVerwG,
U. v. 27. September 1982 - 8 C 62.81 -, a.a.O.) - gegenüber sonstigen Dritten.
Allerdings ist der Beklagten zuzugeben, daß den weitgehend unsubstantiierten
Angaben des Zeugen vom 25. Oktober 1979, der Vater des Klägers sei als
Deutscher anerkannt gewesen, und vom 17. Juli 1980, der Kläger und seine Eltern
seien als deutsche Familie bekannt gewesen, in diesem Zusammenhang
wesentliche Bedeutung nicht beigemessen werden kann. Gleiches gilt im Ergebnis
- wegen dessen ansonsten teilweise widersprüchlichen Angaben - hinsichtlich der
Erklärung des Zeugen in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 23. November
1979, der Vater des Klägers sei "lange als Deutscher anerkannt (gewesen), was
ihm während der Zeit nach dem Krieg verschiedene Schwierigkeiten gebracht"
habe. Indessen hat auch der insgesamt in jeder Hinsicht glaubwürdige Zeuge am
6. Oktober 1983 bekundet, daß der Vater des Klägers sich an seinem Arbeitsplatz
als Arzt zum Deutschtum bekannt hat, und am 14. Juni 1983 hat dieser Zeuge an
Eides statt versichert, in weiten Kreisen sei bekannt gewesen, daß der Vater des
Klägers sich "bei jeder Gelegenheit zum deutschen Volkstum bekannte", was durch
eine massive Anzahl deutschstämmiger Patienten bestätigt worden sei, und
wegen seines Deutschtumsbekenntnisses habe der Vater des Klägers nach
Beendigung des zweiten Weltkrieges keine Privatpraxis betreiben dürfen. Hinzu
kommt noch die Angabe der Auskunftsperson in ihrer eidesstattlichen
Versicherung vom 28. April 1981, sie habe bei einem Klinikaufenthalt in B in den
70er Jahren aus Gesprächen mit Ärzten entnommen, daß der Vater des Klägers
"dort zu den Deutschen gerechnet wurde". Auch wenn die Bekundungen des
Zeugen sich nicht zweifelsfrei auf den maßgeblichen Zeitpunkt beziehen, sondern
die Zeit bis 1958 betreffen können, und die Erkenntnisse der Auskunftsperson sich
auf einen eindeutig späteren Zeitraum beziehen, so kann - insbesondere aus den
Angaben des Zeugen - doch immerhin der Rückschluß gezogen werden, daß auch
zur maßgeblichen Zeit ein Bekenntnistatbestand vom Vater des Klägers
wenigstens schlüssig gesetzt worden ist.
Daß der Kläger selbst substantiierten Vortrag zu dem vorgenannten Verhalten
seines Vaters nicht gehalten hat, steht - wie oben an anderer Stelle bereits
aufgezeigt - der Annahme eines ausdrücklich oder schlüssig erklärten
Bekenntnisses seines Vaters zum deutschen Volkstum ebensowenig entgegen wie
der Umstand, daß sein Vater den von der Heimatauskunftstelle Rumänien laut
deren Stellungnahmen vom 7. Mai 1980, 16. April 1982 und 11. August 1986
(nebst Anlagen), von der Heimatortskartei für Deutsche aus Ost- und
Südosteuropa laut deren Stellungnahmen vom 19. Januar 1981 und 8. April 1987
sowie von der Beklagten mit Schreiben vom 22. Juni 1987 befragten früher in B
wohnhaften Ärzten deutscher Volkszugehörigkeit weit überwiegend nicht bekannt
ist und daß er in der neun Namen umfassenden Liste von Ärzten in dem von im
Jahre 1942 herausgegebenen "Reiseführer durch B" gleichfalls nicht enthalten ist.
Die Heimatauskunftstelle Rumänien und die Beklagte stützen sich in diesem
Zusammenhang vor allem auf Angaben des von 1934 bis 1976 in B als Arzt
tätigen, der unter dem 24. Juli (richtig wohl: Juni) 1987 der Beklagten mitgeteilt hat,
er sei dem Vater des Klägers "im obigen Zeitraum bei den häufigen
gesellschaftlichen Veranstaltungen im R - und V Heim, der deutschen L, dem B
Turnverein, der Vereine "E", "T", Siebenbürger - verein, Deutscher S-C B. ... nie
begegnet", und der Vater des Klägers habe sich auch an den täglich zwischen
16.00 und 19.00 Uhr von deutschen Ärzten in der Poliklinik, S S H für mittellose
deutsche Volkszugehörige geleisteten Gratiskonsultationen nicht beteiligt.
Abgesehen davon, daß die Stellungnahme des insofern auffällig erscheint, als die
angesprochenen deutschen Vereine allesamt - andererseits aber auch nur sie - in
dem bereits erwähnten Reiseführer aufgeführt sind und dort auch die fraglichen
Gratiskonsultationen genannt sind, erscheinen die daraus von der Beklagten
gezogenen Schlußfolgerungen für den Senat jedenfalls nicht als überzeugend.
Selbst wenn man nämlich die in das Wissen des gestellten Tatsachen als wahr
unterstellt - weshalb übrigens auch dessen von der Beklagten angeregte
Vernehmung als Zeugen unterbleiben kann -, folgt daraus lediglich, daß der Vater
des Klägers seinerzeit nicht am Vereinsleben der deutschen Volkszugehörigen in B
teilgenommen hat. Hätte er dies getan, so läge ein zusätzliches Indiz zugunsten
seiner deutschen Volkszugehörigkeit vor; aus der Nichtteilnahme kann
42
43
44
seiner deutschen Volkszugehörigkeit vor; aus der Nichtteilnahme kann
demgegenüber zulasten des Vaters des Klägers kein Rückschluß gezogen werden,
weil es nach der Lebenserfahrung durchaus Personen gibt, die aufgrund ihrer
persönlichen Einstellung der Mitgliedschaft in Vereinen generell ablehnend
gegenüberstehen oder die aufgrund anders gelagerter Interessen jedenfalls keine
Verbindung zu den in dem fraglichen Reiseführer bezeichneten Vereinen
aufgenommen haben. So verhielt es sich offenbar bei dem Vater des Klägers, der
dem klägerischen Schriftsatz vom 15. September 1990 zufolge eben "kein
Sportler" und schon deshalb nicht in einem deutschen Sportverein war.
Entsprechendes gilt für die von der Auskunftsperson und in dem fraglichen
Reiseführer erwähnten Gratiskonsultationen für mittellose Deutsche, zumal aus
den dem Senat hierzu vorliegenden Unterlagen nicht zu entnehmen ist, daß sich
hieran etwa alle oder auch nur die Mehrzahl der seinerzeit in B lebenden Ärzte
deutscher Volkszugehörigkeit beteiligt haben. Was die in jenem Reiseführer von
1942 abgedruckte Liste von Ärzten angeht, so ist diese offensichtlich nicht
vollständig, was bereits daraus erhellt, daß - worauf der Kläger zu Recht und
wiederholt hingewiesen hat - vn den im Rahmen seines Ausweisverfahrens
namentlich benannten zahlreichen Ärzte deutscher Volkszugehörigkeit lediglich
und darin enthalten sind. Der Reiseführer beschränkt sich zudem - unter
ausdrücklicher Ausgrenzung der jüdischen Ärzte - auf "alle deutschblütigen". Diese
Formulierung läßt überdies - trotz der Verwendung des Wortes "alle" - entgegen
der von der Heimatauskunftstelle Rumänien unter dem 16. April 1982 vertretenen,
jedoch unbelegt gebliebenen Auffassung - nicht zweifelsfrei erkennen, daß sowohl
die selbständigen als auch die angestellten Ärzte deutscher Volkszugehörigkeit
allesamt erfaßt worden sind. Der Vater des Klägers war aber - wie insbesondere
aufgrund des im Widerspruchsverfahren vorgelegten
Pensionsfestsetzungsbeschlusses vom 22. Juni 1977 hinreichend sicher feststeht,
so daß insoweit entgegen dem angegriffenen Bescheid vom 20. Mai 1981 von
einer Schutzbehauptung keine Rede sein kann - Zeit seines Lebens als
angestellter Arzt an staatlichen Kliniken tätig gewesen und hat hierbei bis zu seiner
Pensionierung mit Ablauf des 31. Mai 1977 ein Gesamtdienstalter von 45
Dienstjahren erreicht.
Mit Blick auf dahingehende Erwägungen in den Stellungnahmen der
Heimatauskunftstelle Rumänien vom 7. Mai 1980 und der Heimatortskartei für
Deutsche aus Ost- und Südosteuropa vom 19. Januar 1981 sei bemerkt, daß auch
nicht notwendig gegen ein im maßgeblichen Zeitpunkt nach außen hin sichtbar
gewordenes Deutschtumsbekenntnis des Vaters des Klägers spricht, daß er von
der im Januar 1945 durchgeführten Deportation Rumäniendeutscher zu
Zwangsarbeit in die damalige Sowjetunion verschont blieb. Diese
Vertreibungsmaßnahmen erfaßten zwar u.a. 17- bis 45jährige Männer (vgl.
Häußer/Kapinos/Christ, a.a.O., Abschn. D VI, Rdnr. 15, u. Teil I D 5. b) des
Merkblatts Nr. 1, a.a.O., S. B 21), und der Vater des Klägers war damals 37 Jahre
alt. Indessen wurden von den seinerzeit nach Umsiedlung in das frühere Deutsche
Reich, nach Einberufung zur Waffen-SS und nach einer erheblichen
Fluchtbewegung noch in Rumänien verbliebenen ca. 400.000 Volksdeutschen (vgl.
hierzu im einzelnen Häußer/Kapinos/Christ, a.a.O., Abschn. D VI, Rdnrn. 12 - 15, u.
Teil I A 1. b), D u. E I. 1. des Merkblatts Nr. 1, a.a.O., S. B 4, B 19 - B 21) lediglich
75.000 oder 80.000 verschleppt, während es zu einer allgemeinen Ausweisung der
Volksdeutschen nicht gekommen ist. Bei alledem erscheint es durchaus plausibel,
wenn der Kläger - im übrigen von seiten der Beklagten und des Beigeladenen
unwidersprochen - geltend macht, sein Vater sei möglicherweise wegen seiner Ehe
mit einer rumänischen Volkszugehörigen damals einer Verschleppung entgangen.
In bezug auf den Vater des Klägers läßt sich schließlich das Vorliegen mehrerer der
in § 6 BVFG genannten Merkmale feststellen, so daß das oben bejahte Bekenntnis
zum deutschen Volkstum in der gesetzlich gebotenen Weise bestätigt wird.
Hierbei vermag der Senat der vom Kläger herausgestellten Abstammung seines
Vaters von einer aus F stammenden Familie bei der Prüfung des
Bestätigungsmerkmals "Abstammung", welches die bei den vorhergehenden
Generationen gegebenen ethnischen Merkmale betrifft (BVerwG, U. v. 28. Februar
1979 - 8 C 61.78 -, Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 37), freilich keine entscheidende
Bedeutung zuzuerkennen. Allerdings erscheint - insbesondere aufgrund der vom
Kläger vorgelegten Auszüge aus alten Geburts-, Tauf- und Heiratsbüchern der
Stadt F in Verbindung mit den Briefen des Vaters des Klägers und dessen Bruders
vom 28. und 27. Juni 1983 - hinreichend belegt, daß die Großmutter des Vaters
des Klägers mütterlicherseits eine geborene oder war, deren Vater in F geboren ist
und von dessen Vorfahren ebenfalls einige dort geboren sind bzw. dort geheiratet
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und von dessen Vorfahren ebenfalls einige dort geboren sind bzw. dort geheiratet
haben. Indessen kommt der Abstammung des Vaters des Klägers von der
genannten Großmutter für das betreffende Bestätigungsmerkmal deshalb kein
sonderliches Gewicht zu, weil diese Großmutter ihrerseits einen Ehegatten
rumänischer Herkunft geheiratet hat und weil die Großeltern des Vaters des
Klägers väterlicherseits offensichtlich beide rumänischer Abstammung gewesen
sind, so daß das rumänische Element - bezogen auf den Vater des Klägers - mit
drei Vierteln deutlich überwiegt mit der Folge, daß jedenfalls das
Bestätigungsmerkmal "Abstammung" hinsichtlich des Vaters des Klägers nicht als
erfüllt angesehen werden kann. Zur Vermeidung von Mißverständnissen sei
hiermit jedoch ausdrücklich klargestellt, daß es im vorliegenden Zusammenhang
nicht darum geht, ob und in welchem Umfang sich die Abstammung des Vaters
des Klägers von der betreffenden Großmutter mütterlicherseits auf das
persönliche Bekenntnisverhalten des Vaters des Klägers und auf die
Bekenntnislage der Familie im maßgebenden Zeitpunkt ausgewirkt hat.
Das Bestätigungsmerkmal "Sprache" lag demgegenüber im maßgebenden
Zeitpunkt in der Person des Vaters des Klägers zur Überzeugung des Senats vor.
Eine Gesamtwürdigung der insoweit vorliegenden Erkenntnisquellen führt nämlich
zu dem Ergebnis, daß der Vater des Klägers die deutsche Sprache nahezu
fehlerfrei beherrscht und sich ihrer - sofern mit Blick auf den jeweiligen
Gesprächspartner möglich - weit überwiegend bedient hat. In seiner brieflichen
Erklärung vom 28. Juni 1983 hat Deutsch als seine Muttersprache bezeichnet und
außerdem angegeben, daß in seinem Hause "Deutsch als Umgangssprache
gesprochen" worden sei. Auch der Onkel des Klägers, ein Bruder seines Vaters, hat
unter dem 27. Juni 1983 schriftlich erklärt, ihre Muttersprache sei Deutsch und in
ihrer Familie sei deutsch gesprochen worden. Die Glaubhaftigkeit dieser Angaben
wird dadurch bestätigt, daß die beiden vorgenannten handgeschriebenen
Schriftstücke - ebenso wie der Brief des Vaters des Klägers vom 4. Oktober 1982 -
in ordentlichem, wenngleich nicht völlig fehlerfreiem Deutsch abgefaßt sind. Im
Einklang hiermit haben die Zeugen am 17. Juli 1980 und am 6. Oktober 1983
Deutsch als die Muttersprache des Vaters des Klägers bezeichnet und weiter
bekundet, dieser habe fließend deutsch gesprochen. Wenn der Zeuge
demgegenüber am 24. Juni 1980 die Muttersprache des Vaters des Klägers mit
"Deutsch - Rumänisch" angegeben hat, so dürfte dies - wie oben in bezug auf den
Kläger bereits dargelegt - darauf zurückzuführen sein, daß der Vater des Vaters
des Klägers rumänischer Volkszugehöriger war. Jedenfalls hat auch der Zeuge bei
der vorgenannten Vernehmung bekundet, der Vater des Klägers habe fließend
deutsch, rumänisch hingegen mit Akzent gesprochen, und außerdem hat
insbesondere noch der Zeuge der zwischen 1934 und 1977 etwa einmal pro
Woche Kontakt zu den Eltern des Klägers hatte, am 26. März 1982 ausgesagt, der
Vater des Klägers habe die deutsche Sprache in Wort und Schrift sicher
beherrscht. Weiterhin hat der Kläger schon in seinem Lebenslauf vom 2. August
1979 angegeben, während seiner Kindheit sei "im Hause nur deutsch gesprochen"
worden. Hierzu steht nicht in maßgebendem Widerspruch, daß der Kläger im
Ergänzungsbogen "Volkszugehörigkeit" vom 9. November 1979 auf die Frage nach
der bevorzugten Umgangssprache innerhalb der Familie "Deutsch und Rumänisch"
geantwortet hat; die Anführung auch der rumänischen Sprache dürfte nämlich
darauf beruhen, daß die Mutter des Klägers Rumänin war. Demgemäß haben etwa
die Zeugen am 24. Juni 1980 und am 6. Oktober 1983 sowie die Auskunftsperson
am 28. April 1981 bekundet, die Eltern des Klägers hätten sich untereinander der
deutschen oder der rumänischen Sprache bedient, mit den Kindern habe der
Vater hingegen deutsch gesprochen. All dies führt letztlich zu der Überzeugung
des Senats, daß jedenfalls der Vater des Klägers im hier maßgeblichen Zeitpunkt
innerhalb der Familie weit überwiegend deutsch gesprochen hat, ausgenommen
zeitweise mit seiner Ehefrau und regelmäßig mit den nur der rumänischen
Sprache mächtigen Angehörigen des Personals. Auf letzteren Umstand hat
insbesondere der in jeder Hinsicht glaubwürdige Zeuge in seiner eidesstattlichen
Versicherung vom 14. Juni 1983 aufmerksam gemacht; die hiergegen vom
Beigeladenen mit Schriftsatz vom 23. Februar 1987 unter Hinweis auf die
grundsätzlich deutschstämmige Erzieherin oder Hausgehilfin erhobenen Bedenken
überzeugen deshalb nicht, weil den glaubhaften Angaben des Klägers zufolge in
der Familie seinerzeit noch eine Wäscherin und ein Fahrer beschäftigt waren. Auch
der insgesamt glaubwürdige Zeuge hat im Einklang mit der vom Senat
gewonnenen Überzeugung sowohl am 1. Oktober 1981 als auch am 26. März 1982
bekundet, daß in der Familie überwiegend deutsch und nur wenig rumänisch
gesprochen worden sei. Der Bejahung des Bestätigungsmerkmals "Sprache" in der
Person des Vaters des Klägers steht nach alledem auch nicht entgegen, daß die
Eltern des Klägers der Aussage des Zeugen vom 17. Juli 1980 zufolge "in der
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Eltern des Klägers der Aussage des Zeugen vom 17. Juli 1980 zufolge "in der
Öffentlichkeit häufiger rumänisch gesprochen (haben), um nicht aufzufallen"; in
diesem Zusammenhang darf nämlich nicht außer Betracht gelassen werden, daß
die Familie in B, mithin im rumänischen Altreich und nicht in einem überwiegend
von deutschen Volkszugehörigen bewohnten Gebiet gelebt hat.
Der Senat neigt auch dazu - ohne allerdings hierüber eine abschließende
Entscheidung zu treffen -, daß das Bestätigungsmerkmal "Erziehung" in bezug auf
den Vater des Klägers gegeben ist. Immerhin ist in der Klageschrift vorgetragen,
der Vater des Klägers sei im "deutschen Sinne erzogen" worden, und ferner heißt
es in der eidesstattlichen Erklärung des Zeugen vom 25. Oktober 1979, er - wobei
der Vater des Klägers gemeint sein dürfte - habe "von seinen Eltern eine deutsche
Erziehung genossen". Schließlich hat der Zeuge am 26. März 1982 ausgesagt, der
Vater des Klägers habe eine deutsche Schule besucht, wobei er, der Zeuge, indes
näheres nicht wisse; demgegenüber hat freilich der Kläger die Rubrik betreffend
den Schulbesuch seines Vaters im Ergänzungsbogen "Volkszugehörigkeit" vom 9.
November 1979 nicht ausgefüllt. Der Senat braucht eine abschließende
Entscheidung zum Vorliegen des Bestätigungsmerkmals "Erziehung" deshalb nicht
zu treffen - und demzufolge insoweit auch keine weiteren Ermittlungen anzustellen
-, weil jedenfalls - wie dargelegt - das Bestätigungsmerkmal "Sprache" erfüllt ist
und darüber hinaus - wie noch ausgeführt werden wird - weitere objektive
Umstände das subjektive Deutschtumsbekenntnis des Vaters des Klägers
bestätigen.
Der Senat hat sich aufgrund der ihm vorliegenden Erkenntnisquellen insbesondere
die erforderliche Überzeugungsgewißheit davon zu verschaffen vermocht, daß das
Bestätigungsmerkmal "Kultur" in der Person des Vaters des Klägers im
maßgeblichen Zeitpunkt erfüllt war. Seine diesbezügliche Überzeugung hat der
Senat aus mehreren Einzelaspekten genommen, die jeder für sich bereits das
Bestätigungsmerkmal ausfüllen, und zwar daraus, daß der Vater des Klägers seine
Herkunft von deutschen Vorfahren erkennbar hochgehalten, daß er regelmäßig
Kontakt mit anderen deutschen Volkszugehörigen gepflegt, daß er deutsches
Schrifttum gelesen und daß er dem Kläger eine deutsche Erziehung zu vermitteln
versucht hat. Vorausgeschickt sei, daß die im folgenden herangezogenen
Erkenntnisquellen, soweit sie sich auf die Zeit nach August 1944 beziehen oder
einen Bezugszeitraum nicht zweifelsfrei erkennen lassen, gleichwohl für
entsprechende Rückschlüsse geeignet sind, weil jedenfalls für zwischenzeitliche
Veränderungen nichts dargetan oder ersichtlich ist. Der Kläger hat wiederholt
vorgetragen, daß die Abstammung von oder die Lebensweise und Bekenntnislage
seines Vaters maßgeblich bestimmt hat. Dies wird durch die glaubhaften
Bekundungen mehrerer Zeugen bzw. Auskunftspersonen (am 1. Oktober 1981
und 26. März 1982, am 14. Juni 1983 und am 28. April 1981) bestätigt, die
angegeben haben, in der elterlichen Wohnung des Klägers seien Bilder der
erwähnten Großmutter des Vaters des Klägers aufgehängt gewesen und
außerdem habe es dort Bücher mit dem Familienwappen des betreffenden
Geschlechts gegeben. Der Vater des Klägers hat des weiteren unter dem 28. Juni
1983 erklärt, Beziehungen zu anderen namentlich bezeichneten Familien (u.a.
und) gepflegt zu haben. Zwar werden Zeitraum und Umfang dieser Beziehungen
nicht näher substantiiert. Für die Glaubhaftigkeit dieser Angaben spricht indessen,
daß der Kläger selbst in seinem Lebenslauf vom 2. August 1979 derartige
Kontakte bestätigt und dabei teilweise dieselben Personen (u.a.) genannt hat
sowie daß einige der Zeugen und Auskunftspersonen ebenfalls dazu ausgesagt
haben, wobei die angeführten Namen teilweise, aber nicht in vollem Umfang
deckungsgleich sind, was die Glaubhaftigkeit noch verstärkt (Zeuge am 17. Juli
1980: und; Zeuge am 23. November 1979: und Zeuge am 6. Oktober 1983: u.a.;
Auskunftsperson am 28. April 1981:). Übereinstimmend haben mehrere Zeugen
und Auskunftspersonen ferner bekundet, der Vater des Klägers habe deutsche
Literatur - und zwar medizinische wie auch klassische - besessen und auch
deutsche Zeitungen bzw. Zeitschriften gehalten, wobei jedenfalls die letzteren
seitens des Vaters selbst in seiner Erklärung vom 28. Juni 1983 und vor allem
seitens des Zeugen am 26. März 1982 teilweise auch namhaft gemacht worden
sind (z.B. "B Tagblatt" und dessen Nachfolgeorgan "Neuer Weg", "B Deutsche
Post"). Im Hinblick darauf teilt der Senat nicht die von der Widerspruchsbehörde
geäußerte Auffassung, den vorgenannten Umständen komme deshalb
maßgebliche Bedeutung nicht zu, weil auch Beziehungen zu rumänischen
Volkszugehörigen bestanden hätten und auch rumänisches Schrifttum vorhanden
gewesen sei. Schließlich haben der Vater des Klägers und dessen Onkel in ihren
Briefen vom 28. bzw. 27. Juni 1983 erklärt, der Kläger habe durch seine
Großmutter mütterlicherseits und durch seinen Vater eine deutsche Erziehung
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Großmutter mütterlicherseits und durch seinen Vater eine deutsche Erziehung
genossen. Für die Glaubhaftigkeit dieser Angaben spricht zum einen, daß im
Hause eine deutschstämmige Erzieherin angestellt war - wie vor allem die Zeugen
am 23. November 1979 und am 6. Oktober 1983 weitgehend übereinstimmend
angegeben haben -, und zum anderen, daß der Kläger ab 1945 die Volksschule
und später das Gymnasium "S J" besucht hat, dessen Träger zunächst die
römisch-katholische Kirche war, obwohl der Kläger seinen unbestrittenen Angaben
zufolge auch eine nähergelegene Schule in staatlicher oder anderweitiger
kirchlicher Trägerschaft ohne jeden Deutschunterricht hätte besuchen können.
Die Eignung dieses Umstands als letztlich für den Kläger sprechendes Indiz hängt
übrigens nicht davon ab, in welchem Umfang und in welchen Zeitraum an der
vorgenannten Schule im einzelnen deutschsprachiger Unterricht stattgefunden
hat und ab wann die Schule vom rumänischen Staat in seine Trägerschaft
übernommen wurde. Auf den hierüber von den Beteiligten geführten
umfangreichen Streit kommt es deshalb nicht an - mit der Folge, daß weitere
Ermittlungen auch insoweit entbehrlich sind -, weil selbst bei aus der Sicht des
Klägers ungünstigster tatsächlicher Betrachtungsweise aufgrund der
Stellungnahmen der Heimatauskunftstelle Rumänien vom 7. Mai 1980 (nebst
Anlagen), der Heimatortskartei für Deutsche aus Ost- und Südosteuropa vom 19.
Januar 1981 und des Prälaten vom 24. Mai 1985 jedenfalls feststeht, daß die vom
Kläger besuchte Schule für in Bukarest lebende deutsche Volkszugehörige
gegründet und von solchen - neben rumänischen Volkszugehörigen - auch
besucht worden ist, und weil aus dem vom Kläger vorgelegten Zeugnis betreffend
den Besuch der dritten Klasse im Schuljahr 1947/48 jedenfalls hervorgeht, daß
zumindest Schreiben und Grammatik sowie Lesen in deutscher Sprache
unterrichtet wurden; allein dies rechtfertigt aber schon die vorgenannte
Indizwirkung, ohne daß deshalb dem Schulbesuch als solchem
Bekenntnischarakter in der einen oder anderen Richtung zuzumessen ist.
In der mithin ethnisch gemischten Ehe der Eltern des Klägers war der dem
deutschen Volkstum zugehörende Vater im maßgeblichen Zeitpunkt für die
Bekenntnislage in der Familie prägend. Der Senat braucht in diesem
Zusammenhang nicht zu entscheiden, ob in der Regel eine Prägung der Familie
durch den Vater und nur ausnahmsweise durch die Mutter anzunehmen ist (so
BVerwG, U. v. 11. Dezember 1974 - VIII C 97.73 -, a.a.O.). Denn aufgrund der
vorstehend getroffenen Feststellungen zur Volkszugehörigkeit des Vaters des
Klägers und der sonst vorliegenden Erkenntnisquellen steht die volksdeutsche
Prägung der familiären Bekenntnislage durch den Vater des Klägers mit der
erforderlichen Überzeugungsgewißheit für den Senat positiv fest. Dies folgt
zunächst daraus, daß innerhalb der Familie - wie oben aufgezeigt - weit
überwiegend deutsch und nur wenig rumänisch gesprochen wurde. Die deutsche
Prägung der Familie zeigt sich weiter darin, daß der Vater - mit Billigung seiner
Ehefrau - seiner Herkunft von deutschen Vorfahren Ausdruck verliehen und daß die
Familie vielfältige Kontakte mit anderen deutschen Volkszugehörigen gepflegt hat,
daß deutsches Schrifttum gehalten wurde und dem Kläger eine deutsche
Erziehung vermittelt werden sollte, wobei nicht zuletzt die Anstellung einer
deutschstämmigen Erzieherin Beachtung verdient (vgl. BVerwG, U. v. 21. Juni 1988
- 9 C 282.86 -, a.a.O.). Der dominierende Einfluß des Vaters innerhalb der Familie
wird schließlich daran sichtbar, daß der Kläger seinen glaubhaften Angaben
zufolge, obgleich seine Mutter orthodoxen Glaubens war, nach römisch-
katholischem Ritus getauft und in eine von der römisch-katholischen Kirche
getragene Schule geschickt wurde; dies entspricht der vom Vater des Klägers
fortgeführten familiären Tradition, denn ausweislich des im Berufungsverfahren in
Kopie vorgelegten Erinnerungsblatts betreffend die Erstkommunion der schon
mehrfach erwähnten oder am 12. Oktober 1862 war auch diese römisch-
katholischer Konfession. Darauf, ob der Kläger selbst, der mithin nach der
Bekenntnislage der Familie zu Beginn der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen
deutscher Volkszugehöriger war, bis hin zu seiner Selbständigkeit eine
deutschtumsmäßige Prägung erfahren hat, kommt es jedenfalls im vorliegenden
Zusammenhang nicht an.
Neben der demnach gegebenen deutschen Volkszugehörigkeit des Klägers im
Sinne des § 6 BVFG liegen auch die übrigen Voraussetzungen für die Zuerkennung
der Vertriebeneneigenschaft im Sinne des § 1 BVFG vor. Der Kläger ist freilich nicht
schon Vertriebener nach § 1 Abs. 1 BVFG, weil er Rumänien nicht in unmittelbarem
Zusammenhang mit den während und nach dem zweiten Weltkrieg gegen
Deutsche gerichteten Vertreibungs- und Verfolgungsmaßnahmen verlassen hat,
die jedenfalls im Zeitpunkt der Ausreise des Klägers im Jahre 1978 seit langem
die jedenfalls im Zeitpunkt der Ausreise des Klägers im Jahre 1978 seit langem
abgeschlossen waren (vgl. Häußer/Kapinos/Christ, a.a.O., Abschn. C § 1, Rdnrn. 2,
27 u. 29, u. Abschn. D VI, Rdnr. 16). Der Kläger ist jedoch Aussiedler im Sinne des
§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG. Die Aussiedlerfälle sind durch die Spätfolgen der -
beendeten - allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen gekennzeichnet; der deutsche
Volkszugehörige muß daher das Aussiedlungsgebiet wegen dieser Spätfolgen
verlassen haben, also einem fortdauernden, gegen die deutsche Bevölkerung
gerichteten Vertreibungsdruck gewichen sein; allerdings geht § 1 Abs. 2 Nr. 3
BVFG materiellrechtlich dem Grundsatz nach davon aus, daß die im
Aussiedlungsgebiet zurückgebliebene deutsche Bevölkerungsgruppe in ihrer
Gesamtheit den Spätfolgen der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen unterliegt
und daß daher zugunsten des deutschen Volkszugehörigen eine widerlegbare
Vermutung für ein Verlassen des Aussiedlungsgebiets aus vertreibungsbedingten
Gründen streitet (vgl. BVerwG, Ue. v. 15. Juli 1986 - 9 C 9.86 -, a.a.O., v. 20
Oktober 1987 - 9 C 266.86 -, BVerwGE 78, 147 = Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 53,
v. 26. April 1988 - 9 C 284.86 -, Buchholz 412.3 § 1 BVFG Nr. 38 = NVwZ-RR 1989,
51, u. v. 21. Juni 1988 - 9 C 282.86 -, a.a.O.). Diese Vermutung ist jedenfalls bei
Aussiedlern, die vor den seit Herbst 1989 begonnenen Veränderungen in den
meisten Aussiedlungsgebieten in die Bundesrepublik Deutschland gekommen
sind, nur dann widerlegt, wenn eindeutige Tatsachen vorliegen, aus denen sich das
Gegenteil von dem ergibt, was das Gesetz vermutet, die also die Möglichkeit
ausschließen, daß die gesetzliche Vermutung zutreffen könnte, und damit
durchschlagend für ein Verlassen des Aussiedlungsgebiets aus
vertreibungsfremden Gründen sprechen (BVerwG, U. v. 26. April 1988 - 9 C 284.86
-, a.a.O.). Solche Tatsachen vermag der Senat im vorliegenden Fall nicht
festzustellen. Entgegen der Auffassung der Beklagten, der der Beigeladene
übrigens nicht beigetreten ist, steht insbesondere zur Überzeugung des Senats
fest, daß der Kläger im November 1978 Rumänien nicht deshalb verlassen hat, um
mit seiner in Brasilien lebenden Ehefrau zusammenzuleben (vgl. hierzu BVerwG, U.
v. 4. Februar 1981 - 8 C 4.80 -, Buchholz 412.3 § 1 BVFG Nr. 25 = VerwRspr. 32
(1981), 913). Der Kläger hat vielmehr unter dem 21. November 1983 glaubhaft an
Eides statt erklärt, daß er im Juni 1978 die aus Pakistan stammende, damals
schon in Brasilien lebende und lediglich aus medizinischen Gründen in Rumänien
aufenthältliche mit deren Zustimmung nur deshalb geheiratet habe, um Rumänien
verlassen und nach Deutschland aussiedeln zu können. Dies haben die
Auskunftspersonen (am 30. Januar 1984), (undatiert) und (am 25. September
1986) durch - teils eidesstattliche - Erklärungen ausdrücklich bestätigt; gegen
deren Glaubwürdigkeit sprechende Umstände sind weder ersichtlich noch
vorgetragen. Durchgreifende Zweifel ergeben sich weder daraus, daß sich der
Kläger nach der Ausreise etwa einen Monat in L, sodann etwa fünf Monate bei
seiner damaligen Ehefrau in Brasilien und schließlich etwa einen weiteren Monat in
P aufhielt, bevor er am 17. Juni 1979 nach Deutschland einreiste, noch daraus, daß
die frühere Ehefrau dem Kläger dessen Angaben zufolge sowohl den Flug von B
nach Brasilien als auch den Rückflug nach P finanziert hat. Der Kläger hat nämlich
plausibel dargelegt - und auch dies wird weitestgehend durch die aus seinem Paß
ersichtlichen Eintragungen und ferner durch seine eidesstattliche Erklärung vom
21. November 1983 sowie diejenige des Zeugen vom 20. Januar 1984 belegt -, daß
er sich bereits von L aus vergeblich um einen Sichtvermerk für Deutschland
bemüht, einen solchen sowie ein Transitvisum für Frankreich dann in Brasilien erst
am 21. Mai 1979 erhalten und in P auf eine ihm schließlich von dem Zeugen
vermittelte Fahrkarte gewartet habe. Waren demnach die anderweitigen
Aufenthalte des Klägers vor seiner Einreise nach Deutschland jeweils durch
behördliche Verzögerungen oder sonstige organisatorische Schwierigkeiten
bedingt, so spricht jedenfalls die Aufenthaltsdauer in Brasilien nicht gegen den
Vortrag, die Ehe sei nur zum Zwecke der Ausreise geschlossen worden. Für diesen
Vortrag spricht im übrigen, daß Frau den Angaben in der Klageschrift zufolge gleich
nach der Eheschließung am 3. Juni 1978 nach Brasilien zurückgekehrt ist und daß
die Ehe im Oktober 1983 in Abwesenheit der Ehefrau geschieden wurde. Ist
demnach die frühere Ehefrau des Klägers ihm seinerzeit schon insoweit
entgegengekommen, als sie überhaupt zu der praktizierten Verfahrensweise
bereit war, so erscheint auch nicht unwahrscheinlich, daß sie die Flugkosten des
Klägers zunächst übernommen hat. Die vom Kläger in Rumänien erreichte
gehobene berufliche Position als Arzt ist für sich allein ebenfalls nicht geeignet, die
eingangs dieses Absatzes bezeichnete Vermutung zu widerlegen (vgl. hierzu
BVerwG, U. v. 20. Oktober 1987 - 9 C 266.86 -, a.a.O.). Dies gilt um so mehr, als
der Kläger nachvollziehbar und von den Beteiligten unwidersprochen geltend
macht, anders als in gleicher Weise qualifizierte Kollegen nicht Ober- oder Chefarzt
sondern nur Facharzt geworden und wegen seiner deutschen Volkszugehörigkeit
mit besonders schwierigen Aufgaben betraut worden zu sein. Schließlich braucht
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mit besonders schwierigen Aufgaben betraut worden zu sein. Schließlich braucht
der Senat auch nicht darüber zu befinden, ob es dem - zur Widerlegung der bereits
mehrfach erwähnten Vermutung führenden - Fall, daß sich ein im maßgebenden
Zeitpunkt bekenntnisfähiger Volksdeutscher später unter bewußter Abwendung
vom deutschen Volkstum den neuen Verhältnissen völlig angepaßt hat,
gleichzuachten ist, wenn ein frühgeborenes Kind, das zwar nach der
Bekenntnislage der Familie zu Beginn der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen
deutscher Volkszugehöriger ist, das jedoch in der Folgezeit bewußt auch nicht im
engsten Familienkreis im Sinne einer Überlieferung deutschen Volkstums erzogen
worden ist mit der Folge, daß ihm nicht einmal ein Minimum deutschen
Volkstumsbewußtseins übermittelt worden ist (vgl. BVerwG, 21. Juni 1988 - 9 C
282.86 -, a.a.O.). Auf die vorgenannte Rechtsfrage kommt es vorliegend deshalb
nicht an, weil dem Kläger jedenfalls ein Minimum deutschen
Volkstumsbewußtseins im vorgenannten Sinne überliefert wurde und er sich
hiervon bis zur Ausreise auch nicht bewußt abgewandt hat. Der Senat hat nämlich
aufgrund der ihm vorliegenden Erkenntnisquellen die hinreichend sichere
Überzeugung gewonnen, daß der Kläger mindestens verständliches Deutsch
spricht und schreibt, wie seitens der Beklagten in einem Vermerk über eine
persönliche Vorsprache des Klägers am 7. August 1980 ausdrücklich festgehalten
wurde und wie sich aus den Angaben der Zeugen vom 24. Juni 1980, vom 17. Juni
1980 und vom 26. März 1982 sowie der Auskunftsperson vom 28. April 1981
ergibt. Außerdem verkehrte der Kläger ausweislich der vorgenannten Aussagen
der Zeugen und in dem 1954 oder 1957 gegründeten "Kulturhaus Sch" in B, bei
dem es sich ausweislich der Anlage zur Stellungnahme der Heimatauskunftstelle
Rumänien vom 7. Mai 1980 jedenfalls um einen Verein handelte, in dem -
unbeschadet der Frage seiner Offenheit auch für andere rumänische
Staatsangehörige - deutsche Volkszugehörige aktiv mitwirkten. Ferner kann auf
die obigen Ausführungen zur Erziehung des Klägers im Rahmen der Abhandlung
des Bestätigungsmerkmals "Kultur" in bezug auf seinen Vater verwiesen werden.
Der demnach als Vertriebener anzusehende Kläger ist indessen nicht
Heimatvertriebener und gilt auch nicht als solcher. Die Voraussetzungen des den
originären Heimatvertriebenenstatus regelnden § 2 Abs. 1 BVFG erfüllt der Kläger
schon deshalb nicht, weil er als im Jahre 1938 Geborener am 31. Dezember 1937
oder bereits einmal vorher keinen Wohnsitz in Rumänien hatte und auch nicht
haben konnte. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BVFG, der u.a. die abgeleitete
Heimatvertriebeneneigenschaft nach dem 31. Dezember 1937 - sei es vor oder
sei es nach den allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen - geborener Abkömmlinge
eines heimatvertriebenen Elternteils fingiert, liegen in der Person des Klägers
ebenfalls nicht vor. Der insoweit allein in Betracht kommende volksdeutsche Vater
des Klägers ist nämlich mangels Vertriebeneneigenschaft selbst kein
Heimatvertriebener, und zwar schon deshalb nicht, weil er den Angaben des
Klägers zufolge seinen Wohnsitz in B offenbar zu keiner Zeit aufgegeben hat (vgl.
BVerwG, Ue. v. 2. Dezember 1986 - 9 C 6.86 -, a.a.O., u. v. 21. Juni 1988 - 9 C
282.86 -, a.a.O.).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.